Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500.00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Mit Bescheid vom 28.4.2014 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die gaststättenrechtliche Gestattung zum Betrieb einer Schank- und einer Speisewirtschaft aus Anlass der „K.er Kerb“ für die Zeit vom 26. bis 28.7.2014. Auf den weiteren Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen.

2. Mit weiterem Bescheid vom 28.4.2014 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen „im Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG)“ die Erlaubnis zur Veranstaltung der „K.er Dorfkerb“ in der Zeit „vom Samstag, 27.07. bis Montag, 29.07.2014“ (gemeint Samstag, 26.07. bis Montag 28.07.2014).

Der Bescheid erging unter Auflagen, das Veranstaltungsende wurde für den Samstag und den Sonntag auf 24:00 Uhr, für den Montag auf 22:30 Uhr festgesetzt. Auf den weiteren Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen.

3. Am 22.5.2014 ließen die Antragsteller bei Gericht im Verfahren W 5 K 14.489 gegen den Erlaubnisbescheid nach LStVG Klage erheben mit dem sinngemäßen Antrag, den Erlaubnisbescheid aufzuheben. Auf die Klagebegründung wird Bezug genommen.

4. Zugleich ließen die Antragsteller gegen den gaststättenrechtlichen Bescheid Klage erheben, die unter dem Az. W 6 K 14.494 geführt wird.

5. Mit Bescheiden vom 1.7.2014 ordnete die Antragsgegnerin den sofortigen Vollzug des sicherheitsrechtlichen und des gaststättenrechtlichen Bescheides vom 28.4.2014 an.

6. Am 9.7.2014 ließen die Antragsteller daraufhin beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen wiederherzustellen.

Der auf den gaststättenrechtlichen Bescheid bezogene Sofortantrag wird unter dem Az. W 6 S 14.637 geführt.

Zur Antragsbegründung wurde unter Bezugnahme auf das Klagevorbringen vorgetragen, es bestehe kein öffentliches Interesse daran, die „K.er Kerb“ auf dem Festplatz inmitten eines Wohngebietes durchzuführen. Bereits in der Vergangenheit seien die Antragsteller während der Kerbtage bis spät in die Nacht hinein ohrenbetäubendem Lärm ausgesetzt gewesen. Die Anlieger würden in zwei Nächten, denen ein Arbeitstag folge, um den Schlaf gebracht. Die von der Kerb ausgehenden Immissionen seien gesundheitsschädlich. Die Werte der Freizeitlärmrichtlinie könnten nicht eingehalten werden. Ein von der Antragsgegnerin eingeholtes Gutachten bestätige dies. Dabei seien die Antragsteller bereits durch den Betrieb der am Festplatz gelegenen Festhalle unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt. Bei der Kerb handle es sich auch nicht um traditionelles Fest. Sie sei früher an anderen Plätzen veranstaltet worden. Es stünden durchaus Alternativstandorte zur Verfügung. Auf die weitere Antragsbegründung wird Bezug genommen.

Demgegenüber ließ die Antragsgegnerin beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung des Ablehnungsantrages wurde ausgeführt, die Umgebung des Festplatzes weise den Charakter eines gemischten Gebietes auf. Die Kerb sei ein Traditionsfest, das zumindest seit Jahrzehnten stattfinde. Der Veranstaltungsort sei zwischen 2005 und 2007 übergangsweise gewählt, seither aber als dauerhafte Lösung angesehen worden. Sinnvolle Alternativstandorte gebe es nicht. 2014 finde die Kerb unter Berücksichtigung der Bedenken der Antragsteller in geänderter Form statt. Sowohl beim Veranstaltungsende als auch bei den Musikdarbietungen seien neue zeitliche Grenzen gesetzt worden. Die Auflagen würden strikt eingehalten. Dadurch würden die Belange der Antragsteller ausreichend geschützt. Die Kerb sei die einzige Veranstaltung an diesem Ort, es handle sich um eine sog. seltene Veranstaltung, zudem um eine Festveranstaltung von kommunaler Bedeutung, so dass auch eine deutliche Überschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignis festgelegten Richtwerte denkbar sei.

Der Beigeladene äußerte sich im Sofortverfahren nicht. Im Klageverfahren W 5 K 14.489 stellte er die Historie und den geplanten Ablauf der Dorfkerb sowie seine Bemühungen dar, die Veranstaltung anliegerverträglich zu gestalten.

7. Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakten W 5 K 14.489, W 6 K 14.494 und W 6 S 14.637 wurden beigezogen.

II.

1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.

2. Nach § 80 Abs. 1 VwGO besitzen Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO dann, wenn die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes im öffentlichen oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, angeordnet wird. In einem solchen Fall kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat dann Erfolg, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht oder wenn triftige private Gründe des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung ein gleichwohl vorhandenes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen. Auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache kommt es nicht entscheidungserheblich an. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der sichere Erfolg oder die Aussichtslosigkeit des erhobenen Rechtsbehelfs klar zu Tage tritt. Es liegt nämlich weder im öffentlichen Interesse, dass ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt sofort vollzogen wird, noch, dass ein offensichtlich unzulässiges oder unbegründetes Rechtsmittel den sofortigen Vollzug verhindert.

So aber liegt der Fall hier. Die im Verfahren W 5 K 14.489 erhobene Anfechtungsklage hat keine Aussicht auf Erfolg. Der mit dieser Klage angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin nach Art. 19 LStVG vom 28.4.2014 verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten.

3. Die Antragsteller berufen sich auf immissionsschutzrechtliche Verstöße, die sie in ihren Nachbarrechten verletzen sollen und damit auf Art. 19 Abs. 4 und 5 LStVG.

Nach Art. 19 Abs. 3 Nr. 3 LStVG bedürfen Vergnügungen der Erlaubnis, wenn zu einer Veranstaltung, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll, mehr als eintausend Besucher zugleich zugelassen werden sollen.

Liegen diese Voraussetzungen vor (wovon die Beteiligten ausgehen), ist die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 4 LStVG u. a. dann zu versagen, wenn es zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erforderlich erscheint.

Allerdings sind Art. 19 Abs. 1 bis 5 LStVG nicht anzuwenden, soweit bundesrechtliche oder besondere landesrechtliche Vorschriften bestehen (Art. 19 Abs. 9 LStVG). Besteht eine Erlaubnispflicht (oder Anordnungspflicht) nach anderen Vorschriften (z. B. nach dem GastG im Rahmen eines Volksfestes), beschränken sich Anordnungen und Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG auf den Bereich, der nicht sondergesetzlich geregelt ist (Nr. 19.2.7 der Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern über den Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (Vollz. B.ekLStVG) vom 8.8.1986 (MABl. S. 361), geändert durch Bek. vom 2.7.1992 - AllMBl S. 555). Dies ist vorliegend der Fall (vgl. B. der 6. Kammer des VG Würzburg vom 15.7.2014 Nr. W 6 S 14.637). Die Verabreichung von Speisen und Getränken stellt kein völlig untergeordnetes, sondern vielmehr das beherrschende Element der Veranstaltung dar. Wie sich aus der Beschreibung des Kerbablaufs und insbesondere auch aus der „Festplatzbelegung K.er Kerb 2013“ (S. 7 und A 11 des Gutachtens der W* vom 6.5.2014) ergibt, werden in zwei Reihen von Verkaufsständen an elf Standorten entlang des bestuhlten Gästebereichs Speisen und Getränke angeboten. Dem Verkauf der Speisen und Getränke kommt gegenüber der geplanten Musikdarbietung auf der Bühne und den aus einem Autoscooteranbieter, einem Kinderkarussell und einem „Babyflug“ bestehenden Schaustellerangeboten das klare Übergewicht, insbesondere auch hinsichtlich der Gewinnerzielung zu. Die nach § 12 GastG gestattungspflichtige Veranstaltung ruft deshalb einen gaststättenrechtlichen Regelungsbedarf hervor, der zur Anwendung des Regelungssystems des GastG führt (vgl. auch VG Würzburg, U. v. 3.7.2013 Nr. W 6 K 12.828).

Der Nachbarschutz ist in solchen Fällen im Rahmen der Gestattung nach § 12 GastG zu regeln (vgl. auch Schenk in Bengl/Berner/Emmering, LStVG, Rdnr. 43 zu Art. 19).

Nachbarschutzregelungen nach Art. 19 LStVG scheiden dann wegen des subsidiären Charakters der Vorschrift aus. Der Nachbarschutz, insbesondere auch der Lärmschutz, ist im gaststättenrechtlichen Verfahren und in dem gegen den gaststättenrechtlichen Bescheid eröffneten gerichtlichen Verfahren zu prüfen (vgl. dazu Beschluss der 6. Kammer des VG Würzburg vom 15.7.2014 Nr. W 6 S 14.637).

Der von den Antragstellern im Klageverfahren W 5 K 14. 489 angegriffene Bescheid nach Art. 19 Abs. 4 und 5 LStVG kann deshalb weder immissionsschutzrechtlich verbindliche Regelungen treffen noch einen Nachbarn in seinen diesbezüglichen Nachbarrechten verletzen.

Dass die Antragsgegnerin die Regelung des Immissions- und damit des Nachbarschutzes im Bescheid nach Art. 19 Abs. 4 LStVG vorgenommen und im gaststättenrechtlichen Bescheid nur auf diese Regelung Bezug genommen hat, hilft den Antragstellern im vorliegenden Verfahren nicht, weil es jedenfalls keinen Anspruch des Nachbarn auf Durchführung des „richtigen“ Verwaltungsverfahrens gibt.

Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf einen objektiv rechtmäßigen Bescheid. Sie haben mit ihren Rügen gegen die Veranstaltung Rechtsschutz im Klage- wie im Sofortverfahren gegen die gaststättenrechtliche Gestattung zu suchen und dort im Übrigen auch gefunden.

Soweit der Bescheid der Antragsgegnerin nach Art. 19 Abs. 4 LStVG nicht bereits der gaststättenrechtlichen Gestattung unterfallende Regelungen enthält, kommt diesen kein Nachbarschutz zu. Über ihre immissionsschutzrechtliche Belastung hinaus haben die Antragsteller auch keine Rügen erhoben.

Nach alledem war der Antrag insgesamt abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 4 VwGO. Durch die Fassung des angegriffenen Bescheides nach Art. 19 Abs. 4 LStVG hat die Antragsgegnerin den Anschein erweckt, bezüglich der Rügen der Antragsteller zum Lärm- und überhaupt zum Nachbarschutz sei eine Anfechtung des auf der Grundlage des LStVG ergangenen Bescheides der richtige Rechtsschutz. Dadurch hat die Antragsgegnerin das (voraussichtlich erfolglose) Klageverfahren W 5 K 14.489 sowie das vorliegende erfolglose Sofortverfahren herbeigeführt. Die aus der Wahl des Rechtsschutzes resultierenden Kosten sind deshalb durch Verschulden der Antragsgegnerin entstanden und konnten dieser auferlegt werden. Dem Beigeladenen konnten keine Kosten auferlegt werden, weil er keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

5. Die Streitwertentscheidung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 63 Abs. 2 GKG. Nach Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (BayVBl 2014, Beilage Januar) ist bei Klagen gegen ordnungsrechtliche Verfügungen vom Auffangstreitwert auszugehen. Für das vorliegende Sofortverfahren war dieser Wert zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2014 - 5 S 14.638

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2014 - 5 S 14.638

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2014 - 5 S 14.638 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Gaststättengesetz - GastG | § 12 Gestattung


(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden. (2) (weggefallen) (3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2014 - 5 S 14.638 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2014 - 5 S 14.638 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 14. Jan. 2015 - W 6 K 14.494

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

Tenor I. Es wird festgestellt, dass der gaststättenrechtliche Bescheid der Beklagten vom 28. April 2014 rechtswidrig gewesen ist. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außerg

Referenzen

Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass der gaststättenrechtliche Bescheid der Beklagten vom 28. April 2014 rechtswidrig gewesen ist.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die gaststättenrechtliche Gestattung der „K. Dorfkerb“ (K. Kerb) für den Beigeladenen durch die beklagte Gemeinde vom Samstag, 26. Juli 2014 bis Montag, 28. Juli 2014.

1.

Mit Bescheid vom 28. April 2014 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen gemäß § 12 GastG anlässlich der „K. Kerb“ auf Widerruf die Gestattung zum Betrieb einer Schankwirtschaft und Speisewirtschaft am 26. Juli 2014 von 15:00 Uhr bis 24:00 Uhr, am 27. Juli 2014 von 09:30 Uhr bis 24:00 Uhr und am 28. Juli 2014 von 10:00 Uhr bis 22:30 Uhr. Sie ordnete weiter an, dass die Auflagen aus dem „gesonderten Bescheid nach Maßgabe des LStVG“ zu beachten seien. Mit weiterem Bescheid vom 28. April 2014 gestattete die Beklagte dem Beigeladenen, von Samstag, 27. Juli 2014 (richtig: 26. Juli 2014) bis Montag, 29. Juli 2014 (richtig: 28. Juli 2014) die „K. Dorfkerb“ auf dem Parkplatz vor der Festhalle Kahl am Main, ...-straße ..., Kahl am Main, Fl.Nr. ...1 u. a., zu veranstalten. Die Veranstaltungszeiten wurden wie folgt festgesetzt: Samstag Musikende 23:00 Uhr, Veranstaltungsende 24:00 Uhr; Sonntag Musikende 23:00 Uhr, Veranstaltungsende 24:00 Uhr; Montag Musikende 22:15 Uhr, Veranstaltungsende 22:30 Uhr. Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt, die „K. Kerb“ sei eine Veranstaltung von besonderer historischer, kultureller und kommunaler Bedeutung und gelte daher als ein seltenes Störereignis. Um die Musikdarbietungen für die Nachbarschaft erträglich zu halten, habe der Veranstalter dafür zu sorgen, dass die vorgenannten Endzeiten der Musikdarbietungen zwingend eingehalten würden.

2.

Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2014, eingegangen bei Gericht am 23. Mai 2014, ließen die Kläger Klage erheben und (zunächst) beantragen:

Es wird festgestellt, dass der Bescheid über die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes vom 28. April 2014 (A-21) nichtig ist.

Hilfsweise:

Dieser Bescheid wird aufgehoben.

Zur Begründung ließen die Kläger im Wesentlichen ausführen: Die „K. Kerb“ sei jahrzehntelang auf anderen Plätzen veranstaltet worden. Der Festhallenplatz liege inmitten eines Wohngebiets. Dort hätte die Veranstaltung nur ausnahmsweise stattfinden sollen. Die auf das Anwesen der Kläger einwirkenden Immissionen seien nicht nur gebietsunverträglich, sondern sogar gesundheitsgefährdend. Aus einem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten ergebe sich, dass durch die Veranstaltung Geräuschpegel erzeugt würden, die gesundheitsschädigend auf die Bewohner des Anwesens der Kläger einwirkten. Dies gelte sowohl für die Tageszeit als auch für die Nachtzeit. Der veranstaltungsbedingten Lärmimmissionen könnten mit der ohnehin nicht zutreffenden Behauptung der Beklagten, es handele sich um eine historische, traditionelle Veranstaltung, den Klägern nicht zugemutet werden. Die Beklagte habe Ausweichplätze. Alternativstandorte seien nicht geprüft worden. Die Beklagte habe keine Lärmschutzauflagen über höchstzulässige Werte erlassen (siehe auch Schriftsatz vom 9.7.2014).

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2014 ließen die Kläger - nach Durchführung der Veranstaltung - beantragen:

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten hinsichtlich der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes vom 28. April 2014 rechtswidrig gewesen ist.

Zur weiteren Begründung ließen sie vorbringen, die Gaststättenerlaubnis für den Zeitraum vom 26. bis 28. Juli 2014 habe sich durch Zeitablauf erledigt. Die Kläger hätten ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, weil die Beklagte beabsichtige, auch für die folgenden Jahre erneut vorübergehende Gaststättenerlaubnisse zur Veranstaltung der „K. Kerb“ zu erteilen. Die Beklagte habe keinerlei Überlegungen zu jeweiligen Lärmobergrenzen vorgenommen. Dies werde nicht durch die im Eilverfahren durch das Gericht gemachten Auflagen geheilt. Es sei versucht worden, die Auflagen des Gerichts zu erfüllen. Die auferlegten Grenzwerte seien aber nicht vollständig eingehalten worden. Die Tageshöchstwerte und die Spitzenwerte seien an allen drei Tagen überschritten worden. Selbstverständlich seien auch Maximalwertpegel und die Spitzenwertpegel zu berücksichtigen und dürften auch während der Tageszeit nicht vollständig vernachlässigt werden. Spitzenwertpegel von über 100 dB(A) seien gemessen worden. Diese Werte seien gesundheitsgefährdend. Die völlig inakzeptablen Tageswerte seien zu berücksichtigen. Es sei keinerlei Beschäftigung mit Alternativstandorten erfolgt.

3.

Die Beklagte ließ mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen ausführen: Die „K. Kerb“ sei ein Traditionsfest und ein seltenes Ereignis. Die Veranstaltung finde seit 2005 auf dem Platz statt. Das öffentliche Interesse überwiege, weil es sich um eine Traditionsveranstaltung handele. Auf dem Platz finde nur eine Veranstaltung im Jahr statt und sonst nichts. Aus dem vorgelegten Festablauf und dem Privatgutachten des Büros W. ergebe sich gerade, dass von einem ohrenbetäubenden Lärm nicht auszugehen sei. Dem Veranstalter liege am Herzen, die Toleranz der Anwohner nicht über Gebühr auszunutzen. Das Programm sei im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verkleinert und abgespeckt worden, wobei auch die Beendigungszeiten nach vorne verschoben worden seien. Der Anfang und das Ende der Veranstaltung finde auf diesem Platz nicht statt. Die Beklagte habe mehrfach versucht, Kompromisse zu finden. Das Büro Wölfel habe ausgeführt, dass die „K. Kerb“ als Veranstaltung von besonderer kommunaler Bedeutung und Wichtigkeit für die Gemeinschaft, Herkömmlichkeit und Tradition hier in Ausnahmefällen einmal im Jahr durchführbar sei. Auch eine deutliche Überschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte sei denkbar und möglich. Am Montag sei das Ende der Veranstaltung klar nach vorne verlegt worden. Am Kerbsonntag finde ebenfalls keine Lärmbelästigung in der Form, wie von den Klägern behauptet, statt.

Mit Schriftsatz vom 4. September 2014 ließ die Beklagte ein Schreiben sowie ein Lärmgutachten des Büros W. vom 18. August 2014 über die Geräuschpegelmessungen während der „K. Kerb“ vom 26. bis 28. Juli 2014 vorlegen. Dort sei dargelegt, dass die Mittelungspegel eingehalten bzw. zum Teil unterschritten worden bzw. Überschreitungen als geringfügig einzustufen seien. In dem Gutachten des Büros W. vom 18. August 2014 ist zusammengefasst ausgeführt, dass das Lärmmonitoring in den Abend- und Nachtstunden keine aktiven Eingriffe erfordert habe, da die relevanten Geräuschquellen Bühnenmusik um 22:00 Uhr beendet bzw. die Lautstärke der Musikanlage des Autoscooters ab 22:00 Uhr stark vermindert worden sei, so dass die maßgeblichen Geräuschimmissionen am Messort im Wesentlichen durch die Gäste auf dem Festplatz hervorgerufen worden seien. Nach Veranstaltungsende sei jedoch der Betrieb eines Kühlaggregats an einem Verkaufsstand als deutlich zu laut einzustufen gewesen. Der zulässige Mittelungspegel von 70 dB(A) für den Zeitraum Samstag 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr sei eingehalten worden. Der nach 24:00 Uhr zulässige Wert von 55 dB(A) sei unterschritten worden. Der Mittelungspegel tagsüber bis 22:00 Uhr habe über 70 dB(A) gelegen. Am Sonntag und Montag hätte der zulässige Mittelungspegel von 55 dB(A) nach 22:00 Uhr auch ohne Musikbeschallung nicht eingehalten werden können. Unter Berücksichtigung einer möglichen Messunsicherheit und Schallreflektionen an Gebäuden (maximal 1 dB) seien die Überschreitungen als geringfügig einzustufen. Die Pegel hätten an diesen beiden Tagen auch vor 22:00 Uhr weniger als 70 dB(A) betragen.

4.

Der Beigeladene verwies in seinem Schreiben vom 26. Juni 2014 in der Sache auf die Bedeutung der „K. Dorfkerb“. Mit Rücksicht auf die Anwohner sei am Sonntag auf eine Kapelle verzichtet worden. Auch am Montag spiele nur eine Blasmusik. Alles gehöre zur jahrelang liebevoll gepflegten Tradition.

5.

Nachdem die Kläger schon am 10. April 2014 eine Klage im Verfahren W 4 K 14.338 auf Verpflichtung zu bauaufsichtlichem Einschreiten erhoben hatten (über die noch nicht entschieden ist), erhoben sie mit Schreiben vom 29. Mai 2014 in den (mittlerweile erledigten) Verfahren W 5 K 14.489 und W 5 S 14.638 (vgl. VG Würzburg, B. v. 18.7.2014 - W 5 S 14.638 - juris) Klage bzw. Sofortantrag gegen die Erlaubnis zum Veranstalten von öffentlichen Vergnügungen (Art. 19 LStVG). Im Sofortverfahren W 6 S 14.637 lehnte das Gericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des mit Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2014 angeordneten Sofortvollzugs des gaststättenrechtlichen Bescheids vom 28. April 2014 mit Beschluss vom 15. Juli 2014 unter Beachtung verschiedener Maßgaben ab (siehe VG Würzburg, B. v. 15.7.2014 - W 6 S 14.637 - juris).

In der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2015 wiederholten die Kläger sowie die Beklagte ihre zuletzt schriftsätzlich angekündigten Klageanträge. Im Übrigen wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Akten der Verfahren W 4 K 14.338, W 5 K 14.489, W 5 S 14.638 und W 6 K 14.637 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1.

Die Klage ist nach Umstellung des Klageantrages auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des gaststättenrechtlichen Gestattungsbescheides vom 28. April 2014 zulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt - wie hier nach Durchführung der Veranstaltung durch Zeitablauf - erledigt hat, auf Antrag aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn die Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben. Die Kläger haben hier ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da Wiederholungsgefahr gegeben ist. Die jährliche Kirchweihveranstaltung Ende Juli soll auch in Zukunft auf dem Platz vor dem Wohnanwesen der Kläger stattfinden. An den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen hat sich nichts geändert. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte erneut entsprechende gaststättenrechtliche Gestattungen erlassen wird.

2.

Die Klage ist begründet, weil die Gestattung vom 28. April 2014 zum Zeitpunkt ihrer Erledigung rechtswidrig gewesen ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt hat. Die Gestattung vom 28. April 2014 hat den Schutz der Kläger vor zumutbaren Lärmeinwirkungen nicht hinreichend berücksichtigt und diese dadurch in ihren Rechten verletzt.

2.1.

Gegenstand der Klage ist die gaststättenrechtliche Gestattung vom 28. April 2014 ohne Berücksichtigung der vom Gericht in seinem Beschluss vom 15. Juli 2014 (W 6 S 14.637 - juris) im Sofortverfahren angeordneten Maßgaben. Denn diese Maßgaben sind Auflagen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, die speziell auf die Zwecke des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zugeschnitten sind. Die Maßgaben dienen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Vollziehung eines Verwaltungsaktes, um als milderes Mittel die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu vermeiden. Diese Auflagen führen aber nicht dazu, die streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung in der Sache selbst zu korrigieren (vgl. BayVGH, U. v. 6.9.1990 - 22 B 90.500 - VGHE 43, 151; VGH BW, B. v. 11.1.1984 - 10 S 2773/83 - NJW 1985, 449). Die Beklagte bzw. der Beigeladene haben sich bei der Durchführung der Veranstaltung zwar nach diesen Maßgaben gerichtet, die Beklagte hat aber den streitgegenständlichen Bescheid selbst nicht in der Sache geändert.

2.2

Vorliegend ist das Gaststättenrecht anwendbar, da der Getränke- und Speisenverkauf bei der Veranstaltung keine nur untergeordnete Rolle spielt. Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung stehen nach Aktenlage die gaststättenrelevanten Leistungen im Sinne des § 1 GastG im Vordergrund, insbesondere der Ausschank von alkoholischen Getränken und die Abgabe von Speisen. Dem Verkauf der Speisen und Getränke kommt gegenüber der geplanten Musikdarbietung auf der Bühne und den Schaustellerangeboten das klare Übergewicht zu. Die Veranstaltung dient gerade auch der Einnahmebeschaffung des Beigeladenen und seiner Mitglieder aus dem Getränke- und Speisenverkauf (vgl. VG Würzburg, B. v. 18.7.2014 - W 5 S 14.638 - juris). Die parallele Genehmigung nach Art. 19 LStVG ist in Relation zum Gaststättenrecht nur subsidiär (siehe Art. 19 Abs. 9 LStVG); im Rahmen der gaststättenrechtlichen Gestattung sind auch die Fragen des Lärmschutzes zu beurteilen (vgl. VG Würzburg, B. v. 18.7.2014 - W 5 S 14.638 - juris). Im Übrigen würde das LStVG hinsichtlich des Lärmschutzes auch keine weitergehenden Vorgaben machen (vgl. VG Ansbach, U. v. 28.7.2009 - AN 4 K 08.01001 - juris).

Grundlage der Gestattung ist § 12 Abs. 1 GastG. Nach § 12 Abs. 1 GastG kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes aus besonderem Anlass unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden. Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden (§ 12 Abs. 3 GastG). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn von dem Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG können zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Auflagen getroffen werden. Die Auflagen müssen einen ausreichenden Nachbarschutz gewährleisten. Hierzu gehört, dass sich die Grenze zumutbarer bzw. unzumutbarer Belästigungen für Nachbarn und Betreiber bestimmen lässt und ihre Einhaltung aufgrund der Regelungen in der Genehmigung sichergestellt erscheint (vgl. OVG NRW, B. v. 26.7.2013 - 4 B 193/13 - NVwZ-RR 2014, 38).

Die Gestattung vom 28. April 2014 ist deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck kommenden Anforderungen, zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen verstößt. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren erhebliche Nachteile oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 kommt mit dem Verweis auf § 3 BImSchG nachbarschützender Charakter zu. Umwelteinwirkungen sind „erheblich“ i. S. v. § 3 BImSchG, wenn sie unzumutbar sind.

Die zu beachtenden erleichterten Voraussetzungen haben zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle auch die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - NVwZ-RR 2014, 955).

Bei Veranstaltungen nach § 12 GastG kann der davon ausgehende Lärm wegen der Seltenheit und gegebenenfalls Sozialverträglichkeit in größerem Maß zumutbar sein als sonstiger Gaststättenlärm. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351 mit Bezug auf BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - NJW 2003, 3699 und BVerwG, U. v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - NJW 2003, 3360) ist die Schädlichkeitsgrenze nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets. In Anbetracht der Privilegierung des Volksfestlärms kann vorliegend die Freizeitlärm-Richtlinie (Freizeitlärm-Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz - siehe NVwZ 1997, 469) als Orientierungshilfe im Sinne eines groben Anhalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls herangezogen werden, einschließlich der Regelung unter Nr. 4.4 für sogenannte seltene Ereignisse. Volks- und Gemeindefeste können als herkömmliche und allgemein akzeptierte Formen städtischen und dörflichen Zusammenlebens angesehen werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Veranstaltungen häufig in der Nähe von Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Da solche Veranstaltungen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können, dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen verbundenen Störungen von verständigen Durchschnittsmenschen in der Regel in höherem Maß akzeptiert als andere Immissionen. Bei sehr seltenen Ereignissen kann sogar von den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie abgewichen werden, falls keine geeigneten Alternativstandorte existieren; aber selbst dies gilt nicht grenzenlos. Die möglichen Erleichterungen bedeuten nicht, dass jede erhebliche Lärmbelästigung ohne weiteres hingenommen werden müsste. Auch das schutzwürdigste Volksfest sollte in der Nachtzeit nach 22:00 Uhr in der Regel wenigstens die Tagrichtwerte der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Ereignisses einhalten. Ausnahmen kann es nur in sehr seltenen, nicht mehrere Nächte andauernden Fällen geben. Deutliche Überschreitungen der Immissionsrichtwerte bis Mitternacht sind insbesondere nicht mehr zumutbar, wenn der folgende Tag ein allgemeiner Arbeitstag bzw. ein Schultag ist (siehe im Einzelnen zusammenfassend Fricke, DÖV 2013, 641; Ambs in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 12 GastG Rn. 1 sowie BayVGH, B. v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - NVwZ-RR 2014, 955; VG München, U. v. 19.10.2010 - M 16 K 10.3066 - juris; VG Halle, U. v. 23.4.2010 - 4 A 6/10 - NVwZ-RR 2010, 974; BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351; U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - NJW 1998, 401; OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - NJW 2005, 772; B. v. 13.2.2004 - 6 B 10279/04 - NVwZ-RR 2004, 485; VG Gießen, B. v. 2.7.2004 - 8 G 2673/04 - NVwZ-RR 2005, 103 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Freizeitlärm-Richtlinie sieht unter Nr. 4.4 bei seltenen Ereignissen vor, dass die Beurteilungspegel vor den Fenstern im Freien die nachfolgenden Werte nicht überschreiten sollen: Tags außerhalb der Ruhezeit (08:00 - 20:00 Uhr) einen Mittelungspegel von 70 dB(A); tags innerhalb der Ruhezeit (06:00 - 08:00 Uhr und 20:00 - 22:00 Uhr) einen Mittelungspegel von 65 dB(A); nachts (22:00 - 06:00 Uhr) einen Mittelungspegel von 55 dB(A). Geräuschspitzen sollen die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten. Des Weiteren macht die Freizeitlärm-Richtlinie unter Nr. 3 konkrete Vorgaben für die Ermittlung des Beurteilungspegels (wie etwa Berücksichtigung von Impulshaftigkeit, auffälligen Pegeländerungen, Ton- und Informationshaltigkeit, Abstellen auf die ungünstigste volle Stunde usw.).

2.3.

Die gaststättenrechtliche Gestattung vom 28. April 2014 hält diese rechtlichen Vorgaben nicht ein.

Das vorgelegte Lärmgutachten vom 6. Mai 2014 prognostizierte Schallleistungspegel der Bühnenanlage von bis zu 127 dB(A) sowie von den Autoscootern von bis zu 108 dB(A). Auf dieser Basis hat es prognostisch an den der Klägerseite benachbarten Immissionsorten eine vom Festplatz ausgehende Lärmbelastung von 64 dB(A) bzw. 68 dB(A) und von der Musikbühne ausgehenden Lärmbelastung von 80 dB(A) bzw. 84 dB(A) errechnet, insgesamt 80 dB(A) bzw. 84 dB(A).

Ausgehend von diesen Erkenntnissen, die für die Kammer plausibel sind und von den Beteiligten auch nicht substanziiert bestritten werden, ist die gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 GastG vom 28. April 2014 jedenfalls insoweit rechtswidrig, als die wenigen ursprünglich beigefügten Auflagen, insbesondere zum täglichen Veranstaltungs- und Musikende, nicht ausreichen, die auf Nachbarn einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen auf ein zumutbares Maß zu begrenzen. Insbesondere wären auch für - selbst bei unterstellt - sehr seltene Ereignisse Maximalpegel vorzusehen gewesen. Dies gilt sowohl für die nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie zu ermittelnden Mittelungspegel als auch für die Spitzenpegel. Denn auch beim schutzwürdigsten Volksfest oder der schutzwürdigsten Veranstaltung sind in der Nachtzeit nach 22:00 Uhr in der Regel wenigstens die Tagrichtwerte der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Ereignisse einzuhalten. Selbst das Vorliegen eines sehr seltenen Ereignisses erlaubt nicht, den Schutz der Nachtruhe vollständig, sondern nur im notwendigen Umfang entfallen zu lassen (vgl. VG Halle, U. v. 23.4.2010 - 4 A 6/10 - NVwZ-RR 2010, 974; BayVGH, B. v. 22.10.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351; OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - NJW 2005, 772; OVG RhPf, B. v. 13.2.2004 - 6 B 10279/04 - NVwZ-RR 2004, 485).

Nach dem von der Beklagten vorgelegten Lärmgutachten vom 6. Mai 2014 waren ausgehend von der „K. Kerb“ an den dem Anwesen der Kläger benachbarten Immissionsorten Mittelungspegelwerte von insgesamt 80 dB(A) bzw. 84 dB(A) und Spitzenpegel von weit über 100 dB(A) zu erwarten. Das Gutachten stellte daher selbst Anforderungen auf, und zwar: Festplatzbetrieb nur mit Beschränkung der Schallimmissionen lauter Fahrgeschäfte (Autoscooter) sowie Einschränkungen für die Livemusikbühne, z. B. zeitliche Begrenzung nur tagsüber und Begrenzung der Leistung der Beschallungsanlage. Die Beklagte hat diese Erkenntnisse in ihrem Bescheid nicht gewürdigt, geschweige denn ausreichende geeignete Vorkehrungen zur Lärmminimierung getroffen.

Darüber hinaus ist weiter zu beanstanden, dass es hier nach der Aktenlage um ein allgemeines Wohngebiet geht, so dass jedenfalls die Aufnahme von Grenzwerten erforderlich ist, deren Überschreitung mit einer Wohnnutzung generell unverträglich ist. Gerade Lärmpegel nach 22:00 Uhr über den Mittelungspegel von 70 dB(A) sind auch bei sehr seltenen Ereignissen im Regelfall nicht hinzunehmen. Sie liegen ohnehin schon 15 dB(A) über den zulässigen Nachtwert nach Nr. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie bei seltenen Ereignissen. Besonders gravierend fällt ins Gewicht, dass an zwei Veranstaltungstagen Schul- bzw. Arbeitstage folgen, konkret am Sonntag- und am Montagabend. Die Beschallung seitens der Bühne und seitens des Autoscooters mit unbegrenzter Lautstärke nach 22:00 Uhr ist für die Durchführung der Veranstaltung nicht unverzichtbar und muss im Hinblick auf das Ruhebedürfnis der Kläger reguliert werden. Nach der Gestattung vom 28. April 2014 durften die Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie selbst bei seltenen Ereignissen sowohl tags als auch in der Ruhezeit als auch in der Nachtzeit ganz erheblich überschritten werden, ohne dass die Gestattung dagegen wirksame Vorkehrungen vorsah. Eine gaststättenrechtliche Gestattung, die in dieser Allgemeinheit ohne weitere Begrenzung unzumutbaren Lärm zulässt, wie im Lärmgutachten vom 6. Mai 2014 prognostiziert, ist rechtswidrig (vgl. auch VG Ansbach, B. v. 12.9.2014 - AN 4 S 14.01456 - juris; VG Ansbach, B. v. 23.7.2014 - AN 10 S 14.01176 - juris; OVG NRW, B. v. 26.7.2013 - 4 B 193/13 - NVwZ-RR 2014, 38; VG Bayreuth, U. v. 2.2.2012 - B 2 K 11.482 - juris).

Ergänzend ist anzumerken, dass - zumal es sich hier um ein allgemeines Wohngebiet handelt - eine ermessensfehlerfreie Würdigung und Abwägung von Alternativstandorten (Ausweichstandorten) im Bescheid überhaupt nicht erfolgt. Ermessenserwägungen sind zumindest nicht nach außen erkennbar angestellt. Es ist auch nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Beklagten auszugehen. Allein der pauschale Hinweis auf das Vorliegen einer Traditionsveranstaltung (Herkömmlichkeit) reicht nicht, da die Kirchweihveranstaltung früher, insbesondere vor dem Jahr 2005, auch an anderen Orten stattgefunden hat.

Weiter ist fraglich - braucht hier aber nicht abschließend entschieden zu werden, weil es nicht mehr entscheidungserheblich ist -, ob überhaupt ein sehr seltenes Ereignis vorliegt, wovon im Beschluss vom 15. Juli 2014 (W 6 S 14.637 - juris) noch zugunsten der Beklagten und des Beigeladen ausgegangen wurde. Denn die Kirchweihveranstaltung findet jährlich statt und zudem an drei Tagen und Nächten. Die (sehr) seltenen Ereignisse im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie beziehen sich indes nicht auf volle Kalendertage oder auf die Veranstaltung insgesamt, sondern auf die jeweilige Tages- bzw. Nachtzeit (vgl. VG Ansbach, B. v. 12.2.2014 - AN 4 S 14.01456 sowie Fricke, DÖV 2013, 641 jeweils mit weiteren Nachweisen). Die prognostizierten und von der Gestattung zugelassenen Überschreitungen der Werte der Freizeitlärm-Richtlinie betreffen an allen drei Tagen die Lärmpegel (Mittelungspegel und Spitzenpegel) sowohl in der Tagzeit als auch in der Ruhezeit als auch in der Nachtzeit. Letztlich wird es auch unter diesem Aspekt auf eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ankommen.

2.4

Das Gericht weist ergänzend - ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt - im Sinne eines „obiter dictum“ des Weiteren auf nachfolgende Aspekte hin:

Die im Beschluss vom 15. Juli 2014 im Rahmen des Sofortverfahrens (W 6 S 14.637 - juris) angeordneten Maßnahmen reichen - nach überschlägiger Prüfung - für die Zukunft voraussichtlich für sich allein nicht aus, um dem Schutzbedürfnis der Kläger vollends gerecht zu werden. Sie nahmen den Lärmimmissionen im Rahmen der Abwägung im Sofortverfahren zwar insofern die Spitze, als sie die Mittelungspegel zur Nachtzeit nach 22:00 Uhr am Samstagabend auf 70 dB(A) und Sonntag- und Montagabend jeweils auf 55 dB(A) begrenzten. Außerdem wurde das „abgespeckte“ Kerb-Programm verpflichtend auferlegt. Die gerichtlichen Maßgaben haben aber gleichwohl noch erhebliche Abweichungen von der Freizeitlärm-Richtlinie bei seltenen Ereignissen zugelassen. Dies gilt schon bei der Ermittlung des Beurteilungspegels nach Nr. 3 der Richtlinie (bislang keine Vorgaben für Zuschläge, Ruhezeit, ungünstige Stunde nachts usw.). Zudem wurden keine Geräuschspitzen festgelegt.

Die Beklagte bzw. der Beigeladene haben zwar bei der Durchführung der Veranstaltung - was anerkennenswert ist (insbesondere durch den teilweisen völlige Verzicht auf Bühnenmusik bzw. die frühere Beendigung der Musikbeschallung) - freiwillig weitere Einschränkungen vorgenommen, gleichwohl kam es noch zu gravierenden Lärmwertüberschreitungen. Nach dem Lärmgutachten vom 18. August 2014 wurden - bezogen auf die Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie nach Nr. 4.4 - samstags die Mittelungspegel tags um bis zu 5,4 dB(A), in der Ruhezeit um 13,7 dB(A) und nachts um 17,1 dB(A) überschritten; die Spitzenpegel wurden tags um 3,2 dB(A), in der Ruhezeit um 6,9 dB(A), nachts um 23,6 dB(A) überschritten. Sonntags wurden die Mittelungspegel tags eingehalten, in der Ruhezeit um 0,1 dB(A) und nachts um 3,6 dB(A) überschritten; die Spitzenpegel wurden tags eingehalten, in der Ruhezeit um 3,1 dB(A) und nachts um 10,5 dB(A) überschritten. Montags wurden die Mittelungspegel tags eingehalten, in der Ruhezeit um 6,8 dB(A) und nachts um 10,2 dB(A) überschritten; die Spitzenpegel wurden tags um 1,4 dB(A), in der Ruhezeit um 6,4 dB(A) und nachts um 26,2 dB(A) überschritten.

Selbst bei der Annahme eines sehr seltenen Ereignis und einer fehlenden zumutbaren Alternative erscheinen über die Maßgaben im Beschluss vom 15. Juli 2014 hinaus, deren Einhaltung anders als bei der Durchführung der Veranstaltung im Jahr 2014 auch tatsächlich sicher gewährleistet sein müsste, daher weitere Auflagen erforderlich, insbesondere sind neben der Berücksichtigung der Kriterien nach Nr. 3 der Richtlinie die Spitzenpegel mit Überschreitungen nachts von über 20 dB(A) zu begrenzen, gegebenenfalls gestaffelt ab 20:00 Uhr und vor allem ab 22:00 Uhr, wenn ein Schul- oder Arbeitstag folgt. Außerdem sind die Nachtwerte am Samstag von über 70 dB(A) kritisch zu sehen (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - NVwZ-RR 2014, 955).

Mit Blick auf künftige Kirchweihveranstaltungen kann pauschalierend angemerkt werden: Je weiter sich die Veranstaltung mit ihren Lärmimmissionen zulasten der Kläger von den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie bei seltenen Ereignissen entfernt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine entsprechende Gestattung erneut rechtswidrig wäre. Jedoch scheint auch nicht ausgeschlossen, die Veranstaltung durch geeignete Regelungen und Auflagen in einen für die Kläger zumutbaren Rahmen zu bringen. Gerade mit Blick auf eine längerfristig für alle Beteiligten tragbare Lösung hält das Gericht eine vorab abgestimmte, einvernehmliche Regelung für ratsam.

3.

Die Kostenentscheidung zulasten der Beklagten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da er sich mangels Antragstellung nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.