Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. März 2014 - 4 M 14.132
Tenor
I.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Erinnerungsführerin (Antragstellerin des Ausgangsverfahrens W 4 S 13.623) zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Erinnerungsverfahren wird auf 1.019,83 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Erinnerungsführerin (Antragstellerin des Ausgangsverfahrens W 4 S 13.623) wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 28. Januar 2014, mit dem die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren des Ausgangsverfahrens festgesetzt worden waren.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 1. August 2013 im Verfahren W 4 S 13.623 den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 22. Juli 2013 gegen Ziffer I des Bescheids des Landratsamtes W. vom 18. Juni 2013 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin (20 CS 13.1704) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss 14. November 2013 zurückgewiesen und entscheiden, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen hat. Der Streitwert wurde auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 19. Dezember 2013, beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangen am 7. Januar 2014, beantragte der Beigeladenenbevollmächtigte im Ausgangsverfahren W 4 S 13.623/20 CS 13.1704 die Kostenfestsetzung in Höhe von 1.019,83 EUR und zwar im Wesentlichen die Festsetzung einer 1,5 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Januar 2014 setzte der Urkundsbeamte die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen antragsgemäß auf 1.019,83 EUR zulasten der Antragstellerin fest. Die zu erstattenden Aufwendungen seien als notwendig anzuerkennen und antragsgemäß festzusetzen gewesen. Der vg. Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin am 31. Januar 2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2014, eingegangen bei Gericht per Fax am gleichen Tag, ließ die Erinnerungsführerin durch ihren Bevollmächtigten „Beschwerde“ gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Januar 2014 einlegen und vorbringen: Die „Beschwerde“ richte sich zum einen gegen die Notwendigkeit der Kosten. Die Beigeladene habe die Notwendigkeit der Beiziehung ihres Rechtsbeistands nicht begründet. Zum anderen richte sich die „Beschwerde“ gegen die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung. Nach Nr. 2300 VV RVG könne eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Der Beigeladene solle darlegen, warum der Arbeitsaufwand so umfangreich oder schwierig gewesen sein soll.
Der Urkundsbeamte half der als Erinnerung auszulegenden „Beschwerde“ nicht ab, da sie unbegründet sei. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe im vorliegenden Fall in seinem Beschluss vom 14. November 2013 einen Ausspruch im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO getroffen, so dass die zugunsten des Beigeladenen beantragte Kostenfestsetzung möglich gewesen sei, ohne dass es einer weiteren Prüfung der „Notwendigkeit der Kosten“ bedurft habe. Des Weiteren werde von Seiten des Erinnerungsführers verkannt, dass als Rechtsgrundlage für die festzusetzende Gebühr nicht die Nr. 2300 VV RVG, sondern die Nr. 3200 VVRVG anzuwenden sei. Insoweit seien aber keine Erwägungen zum Umfang und zur Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit anzustellen. Da die für das Beschwerdeverfahren zustehende 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG höher sei als die beantragte „1,5-Geschäftsgebühr“, habe auf dieser Basis (maximal) eine antragsgemäße Festsetzung der Vergütung erfolgen können.
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen im Ausgangsverfahren beantragte die Zurückweisung der Erinnerung und machte sich die Begründung des Nichtabhilfebeschlusses des Urkundsbeamten zu Eigen. Der angemeldete Gesamtbetrag eröffne einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen von Amts wegen anstelle eines geforderten, aber unberechtigten Einzelpostens ein berechtigter, gleichwohl nicht beanspruchter Posten berücksichtigt werden könne. Voraussetzung sei nur, dass zwischen beiden Positionen ihrer Art nach ein Zusammenhang bestehe, der hier angenommen werden könne.
II.
Die Erinnerung, über die das Gericht in der Besetzung entscheidet, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde - nämlich durch die Kammer - (BayVGH, B. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426 - BayVBl 2008, 417), ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 28. Januar 2014, mit dem die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen im Ausgangsverfahren auf 1.019,83 EUR zulasten der Antragstellerin festgesetzt wurden, ist nicht zu beanstanden.
Die Kammer kann die Einwendungen der Erinnerungsführerin weder hinsichtlich der „Notwendigkeit der Kosten“, also dem Grunde nach, noch hinsichtlich deren Höhe teilen.
Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO sind die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen (nur) erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei auferlegt. Diese Entscheidung ist Bestandteil der Kostenentscheidung, die das Gericht von Amts wegen im Urteil (Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 162 Rn. 16) bzw. im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Beschluss zu treffen hat. Eine derartige Entscheidung ist hier im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. November 2013 erfolgt, wenn in dessen Ziffer II. der Antragstellerin die Tragung der Kosten des Verfahrens „einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen“ - unanfechtbar - auferlegt wurde. An diese Entscheidung des Gerichts ist der Kostenbeamte gebunden. Entgegen der Ansicht der Einwendungsführerin kommt es nicht auf die „Notwendigkeit der Beiziehung eines Rechtsbeistandes“ an.
Auch hinsichtlich der Höhe ist die Kostenentscheidung nicht zu beanstanden. Denn es ist im Ausgangsverfahren für das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 der Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis - VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vom 5. Mai 2004, zuletzt geändert durch Art. 8 G. v. 11.3.2013, (BGBl I S. 434), angefallen. Denn der Unterabschnitt 1 des Abschnitts 2 des Teils 3 des Vergütungsverzeichnisses und damit die Nr. 3200 ist (auch) anzuwenden in „Verfahren über Beschwerden a) gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts wegen des Hauptgegenstands in Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes“ (vgl. Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 3 Buchst a) VV RVG). Demgegenüber ist die Nr. 2300 VV RVG im vorliegenden Fall nicht einschlägig, denn sie betrifft die Geschäftsgebühr für „außergerichtliche Tätigkeiten einschließlich der Vertretung im Verwaltungsverfahren“. Da die für das Beschwerdeverfahren der Beigeladenen im Ausgangsverfahren zustehende 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG höher war als die von deren Bevollmächtigten beantragte 1,5-fache Geschäftsgebühr, konnte auf dieser Basis (maximal) eine antragsgemäße Festsetzung der Vergütung erfolgen. Denn es gilt zwar die Antragsbindung i. S.v. § 308 Abs. 1 ZPO. Der Kostenbeamte darf mithin nicht mehr Kosten festsetzen, als der Kostengläubiger beantragt hat (vgl. OLG Brandenburg B. v. 22.12.2008 - 6 W 31/08 - beck-online). Diese Bindungswirkung gilt aber nur für den Saldo, nicht die einzelnen Kostenrechnungsposten. So ist es gerechtfertigt, eine geltend gemachte, aber unbegründete Kostenposition durch eine andere Kostenposition zu ersetzen, die der Kostengläubiger zwar nicht berücksichtigt hat, die sich aber aus dem maßgeblichen Sachverhalt ergibt (vgl. Jaspersen in Beckscher Online-Kommentar ZPO, 2014, § 104 Rn. 27) Soweit nach überwiegender Ansicht die auszutauschenden Rechnungsposten in einem sachlichen Zusammenhang stehen bzw. wesensgleich sein müssen (vgl. hierzu Jaspersen in Beckscher Online-Kommentar ZPO, a. a. O.), steht dies hier einem Austausch der Gebührenpositionen nicht entgegen, da ein solcher Zusammenhang gegeben ist.
Als Unterlegene hat die Einwendungsführerin die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts für das Erinnerungsverfahren beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG.
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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.
Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.