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| Nach der glaubhaften Mitteilung des Regierungspräsidiums ... an das Gericht ist die vorgelegte, 60 Aktenseiten umfassende, streitgegenständliche Akte vollständig und existieren beim Regierungspräsidium ... keine anderen Akten oder Aktenteile zur Erweiterung des Berufskollegs für Grafikdesign an der ...-Schule. Hiervon ausgehend, versteht das Gericht den Hauptantrag so, dass ausschließlich die Einsicht in die vorgelegte Akte eingeklagt werden soll. |
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| Die so verstandene Leistungsklage ist zulässig. Bei der begehrten Akteneinsicht handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt sondern um einen Realakt, so dass eine Verpflichtungsklage nicht in Betracht kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 7.12.2001 - 3 S 334/01 -, Juris). Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis, da nach dem klägerischen Vortrag und Rechtsschutzziel nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Klägerin ihre Rechtsstellung durch die begehrte Akteneinsicht verbessern kann. |
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| Die Leistungsklage ist in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang begründet und hat insofern Erfolg. Im Übrigen ist die Klage bezüglich des Hauptantrags unbegründet und daher abzuweisen. Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung ihres auf Akteneinsicht gerichteten Antrags. |
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| Maßgeblich für die Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der durchgeführten mündlichen Verhandlung. |
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| a. Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Akteneinsicht findet sich nicht in § 29 LVwVfG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG oder § 30c Abs. 2 Satz 1 SchulG. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Nach § 30c Abs. 2 Satz 1 SchulG, der erst nach dem Ablehnungsbeschluss des Fachbereichsausschusses für Bildung und Soziales der Stadt... vom 7.5.2014, nämlich zum 1.8.2014 in Kraft getreten ist, benennt der Schulträger vor der Antragstellung nach § 30 SchulG auf Einrichtung oder Erweiterung einer Schule ein Gebiet für die regionale Schulentwicklung, auf das sich sein Antrag bezieht und beteiligt die vom Antrag berührten weiteren Gemeinden und Landkreise und andere von der schulorganisatorischen Maßnahme Berührten. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Akteneinsicht liegen nach diesen Vorschriften nicht vor. Zu dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt wird nach den glaubhaften Auskünften des Regierungspräsidiums ... kein Verwaltungsverfahren im Sinne dieser Vorschriften durchgeführt. Soweit bezüglich der Erweiterung des Berufskollegs für Grafikdesign an der ...-Schule in ... ein Verwaltungsverfahren durchgeführt und abgeschlossen wurde, wurde die Klägerin an diesem jedenfalls nicht beteiligt. |
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| Die begehrte Akteneinsicht kann von der Klägerin daher nicht auf der Grundlage von § 29 LVwVfG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG oder § 30c Abs. 2 Satz 1 SchulG beansprucht werden. |
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| b. Außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens kommt die im Ermessen der Behörde stehende Gewährung von Akteneinsicht nur in Betracht, wenn der Anspruchsteller ein "berechtigtes Interesse" geltend macht (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.6.1984 - 5 C 73/82 -, Juris; VG Potsdam, Beschluss vom 16.11.1998 - 2 L 873/98 -, Juris). Das berechtigte Interesse ist nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls dann anzuerkennen, wenn der Nachsuchende Sekundäransprüche geltend machen will und die Kenntnis des Akteninhalts Voraussetzung für die wirksame Rechtsverfolgung ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.8.1968 - IV C 235.65 -, BVerwGE 30, 154, 160; VGH Mannheim, Urteil vom 31.10.1995 - 9 S 1518/94 -, NJW 1996, 613; OVG Schleswig, Urteil vom 13.12.1994 - 4 K 1/94 -, NVwZ 1996, 408). |
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| Bei der Klägerin liegt entgegen der Auffassung des Beklagten ein berechtigtes Interesse an der begehrte Akteneinsicht vor. |
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| Das Regierungspräsidium ..., Abteilung Schule und Bildung, ist als aktenführende Stelle für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens zuständig, wenn ein Beschluss der Schulträgerin Stadt ... über die Erweiterung der ...-Schule nach § 30 Abs. 1 Satz 1 SchulG der Zustimmung bedarf. Soweit die Akte des Regierungspräsidiums ... im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung vorbereitende Schriftsätze, Maßnahmen und Äußerungen enthält, entfällt deren Bedeutung für die Klägerin nicht allein dadurch, dass ein ablehnender Beschluss der Schulträgerin Stadt ... Erweiterungspläne beendet. Denn die Klägerin ist als Schulträgerin eines benachbarten Berufskollegs der identischen Fachrichtung von den Erweiterungsplänen für das Berufskolleg für Grafikdesign an der ...-Schule und den in diesem Zusammenhang öffentlich gewordenen Plänen und Aussagen unmittelbar betroffen. Die Erweiterungspläne für das konkurrierende Kolleg berühren direkt ihre Interessen am Bestand und an der Entwicklung ihrer eigenen Schule. Dass es sich bei diesen Interessen um rechtlich geschützte Positionen handelt, zeigt auch der Umstand, dass die Klägerin sowohl nach dem früher heranzuziehenden § 13 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG als auch nach dem § 30c Abs. 2 Satz 1 SchulG an dem Erweiterungsverfahren für das Berufskolleg für Grafikdesign an der...-Schule beteiligt hätte werden können oder sogar beteiligt hätte werden müssen, soweit in Bedürfnisprüfungen möglicherweise mit einer Abwanderung von Schülern kalkuliert wurde, also damit, dass überwiegend Schüler aus der Privatschule der Klägerin an die ...-Schule wechseln und das mit der Erweiterung geschaffene Angebot nutzen würden. |
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| Die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung ist nicht von vornherein aussichtslos. Anhaltspunkte hierfür sind weder dargelegt noch für das Gericht ersichtlich. Nachdem die Klägerin bei der Erweiterungsplanung für das Berufskolleg für Grafikdesign an der ...-Schule in ... nicht beteiligt wurde, erscheint ihr Anliegen, überprüfen zu dürfen, inwieweit ihre Rechte durch das Vorgehen des Regierungspräsidiums verletzt wurden und ob sie unter anderem Schadensersatzansprüche geltend machen kann, nicht unbillig. Nachvollziehbar erscheint auch, dass von der Klägerin die Benennung weiterer Informationen, etwa welche Beweggründe des Beklagten vorlagen und wie im Einzelnen vorgegangen wurde, ohne Kenntnis der streitgegenständlichen Akte nicht erwartet werden kann. Dass sich die Klägerin mit der Überprüfung ihrer Amtshaftungsansprüche durch das Regierungspräsidium ... und dem hierbei festgestellten negativen Ergebnis nicht abfinden will, erscheint ebenfalls verständlich. |
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| Ein berechtigtes Interesse an der mit dem Hauptantrag begehrten Akteneinsicht liegt daher vor. |
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| c. Damit ist das Ermessen eröffnet. Eine den rechtlichen Anforderungen genügende Ermessensentscheidung des Regierungspräsidiums ... liegt bislang nicht vor. |
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| Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Handelns rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO analog). |
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| Das Regierungspräsidium ... hat sein Ermessen im Ablehnungsbescheid vom 25.7.2014 hilfsweise ausgeübt. Die hierbei zur Begründung vorgebrachten Ausführungen sind unzutreffend und daher zu einer hinreichenden Rechtfertigung der Ablehnung nicht geeignet. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist unterblieben. |
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| Die Behörde hat im Bescheid zur Begründung der Ablehnung im Ermessensweg ausgeführt, dass es sich bei der Frage, ob eine öffentliche Schule eingerichtet und genehmigt wird, um eine interne Prüfung durch die Schulverwaltung unter Berücksichtigung der Interessen und Belange des potenziellen öffentlichen Schulträgers handele. Daher könne die Akteneinsicht auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Interessen der Klägerin nicht gewährt werden. |
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| Die Äußerung verkennt die sich aus der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, § 1 PSchG) und der Genehmigung vom 13.8.2004 ergebende geschützte Rechtsstellung der Klägerin als Privatschulträgerin und die sich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG bzw. § 30c Abs. 2 SchulG ergebenden verfahrensrechtlichen Pflichten von Schulaufsichtsbehörde und öffentlichem Schulträger. Weder die grundrechtlich gesicherte Privatschulfreiheit noch die verfahrensrechtliche Stellung von privaten Schulträgern lassen eine Ausgrenzung von Privatschulen in der vom Regierungspräsidium ... zur Begründung angeführten Weise zu. Im Übrigen ergäbe sich aus der angeführten Begründung, es handele sich um ein verwaltungsinterne Prüfung der Schulverwaltung unter Einbeziehung der Interessen des potentiellen öffentlichen Schulträgers, kein überzeugender oder gar für sich allein ausschlaggebender Grund für die Ablehnung der Gewährung der begehrten Akteneinsicht. Der häufig gegebene Umstand, dass etwas verwaltungsintern geprüft wird, dürfte bei bestehendem berechtigten Interesse der Akteneinsicht in der Regel und so auch hier nicht entgegen stehen. |
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| Bei der nachzuholenden Ermessensentscheidung wird die Behörde zu berücksichtigen haben, dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin aus den oben angeführten Gründen besteht und dass dem nicht entgegen gehalten werden kann, dass die behördliche Prüfung keinen Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen das beklagte Land ergeben hat. Weiter wird die Behörde zu berücksichtigen haben, dass ihre bislang dem Akteneinsichtsgesuch entgegen gehaltenen Gesichtspunkte die Rechtsposition der Klägerin verkennen und daher die Ablehnung der Akteneinsicht nicht tragen. |
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| Die rechtliche Überprüfung führt dennoch nicht zu einer Ermessensreduzierung auf null. Die dem Gericht vorgelegte streitgegenständliche Akte zur Erweiterung der ...-Schule enthält Daten privater Dritter. Dafür, dass auch bezüglich dieser Daten ein berechtigtes Interesse vorliegt, hat die Klägerin Anhaltspunkte nicht vorgetragen. Solche sind für das Gericht auch nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im Gegenteil im Rahmen der vom Gericht durchgeführten Vergleichsverhandlungen zu erkennen gegeben, dass ihr eine Akteneinsicht in eine bezüglich der Daten privater Dritter anonymisierte Akte ausreichend erscheint. Die bei dieser Interessenlage eigentlich angezeigte Beschränkung des Hauptantrags auf die Gewährung von Akteneinsicht in eine bezüglich der Daten privater Dritter geschwärzte Akte ist aber unterblieben, so dass sich der Hauptantrag weiterhin auf die Gewährung von Einsicht in die vollständige Akte bezieht. Der Beklagte wird daher unter Beachtung der Bestimmungen des Landesdatenschutzgesetzes zu entscheiden haben, ob und unter welchen Beschränkungen der Klägerin bei gegebenem berechtigten Interesse die begehrte Akteneinsicht gewährt werden kann. |
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| Ein Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht besteht damit nicht. Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Gewährung von Akteneinsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. |
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| Die Klage ist mit dem Hauptantrag nur zum Teil begründet und im Übrigen unbegründet und daher abzuweisen. |
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| Über den Hilfsantrag 1 ist zu entscheiden, weil die Klägerin mit dem Hauptantrag teilweise unterlegen ist. |
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| Der auf Hinzuziehung zum Erweiterungsverfahren gerichtete Hilfsantrag 1 ist jedenfalls unbegründet und die Klage daher auch insofern abzuweisen, nachdem es gegenwärtig nach der glaubhaften Versicherung des Regierungspräsidiums ... kein Erweiterungsverfahren, zu dem die Klägerin hinzugezogen werden könnte, gibt. |
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| Über den Hilfsantrag 2 ist zu entscheiden, nachdem die Klägerin mit dem Hauptantrag teilweise und mit dem Hilfsantrag 1 ganz unterlegen ist. |
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| Der Hilfsantrag 2 ist unzulässig und die Klage daher auch insofern abzuweisen, weil der Antrag bereits im Hauptantrag enthalten ist. |
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| Nach alldem ist wie aus der Entscheidungsformel erkennbar zu entscheiden. |
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| Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Danach tragen die Beteiligten die Kosten des Verfahrens, entsprechend ihren Obsiegens- und Unterliegensanteilen, je zur Hälfte. |
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| Die Berufung ist zuzulassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen außerhalb von Verwaltungsverfahren ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nicht rechtsgrundsätzlich geklärt (vgl. §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). |
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| Beschluss vom 28. Juli 2015 |
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| Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt. |
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| Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 2 GKG. Für die begehrte Akteneinsicht ist der Auffangwert mit 5.000,- EUR anzusetzen. Die Hilfsanträge führen nicht zu einer Erhöhung. |
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