Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Juli 2017 - M 9 K 16.474

published on 12/07/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Juli 2017 - M 9 K 16.474
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Abweichung von der Örtlichen Bauvorschrift zur Ortsgestalt vom 26. Juli 2012 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 27. November 2014 (i.F.: OGS) zur nachträglichen Legalisierung genehmigungsabweichend mit Flachdächern ausgeführter Garagen.

Das im Eigentum der Klägerin stehende Vorhabensgrundstück FlNr. ..., Gem. S. liegt im Bereich des einfachen Bebauungsplans „S.-Nord“, der neben der Art – WR – auch das Maß der baulichen Nutzung und eine Mindestgröße für die Baugrundstücke festsetzt. Es befindet sich weiter im Geltungsbereich der OGS, Teil A.

Unter dem ... Februar 2013 erhielt die Klägerin Baugenehmigungen für die Errichtung zweier Doppelhäuser (Haus ...) und eines Einfamilienhauses (Haus ...). Alle Garagen wurden dabei mit Satteldächern geplant und auch genehmigt. Am ... Oktober 2014 hörte die Bauaufsichtsbehörde die Klägerin nach Information darüber, dass die Garagen genehmigungsabweichend gebaut worden sei, zur Sache an. Daraufhin beantragte die Klägerin unter dem ... Januar 2015 eine isolierte Abweichung (Bl. ... d. BA) von der OGS.

Am 29. Dezember 2015 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit streitgegenständlichem Bescheid, Az. 602 – 387/7, ab.

Die Beklagte sei nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayBO i.V.m. Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. f BayBO sachlich zuständig, da die Änderung der Bedachung ein verfahrensfreies Vorhaben sei. Die Ausführung der Garagen widerspreche Ziff. A.5.1., Teil A OGS, wonach Haupt- und Nebengebäude mit flachgeneigten Satteldächern oder Walmdächern mit einer allseitig gleichen Neigung von 20°-30° und mittigem First zu versehen seien. Der Bauausschuss habe dem Antrag auf Abweichung nach pflichtgemäßem Ermessen nicht zugestimmt, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen; die abweichende Ausführung laufe dem Grundkonzept der OGS zuwider. Die Beklagte habe die Garagensituation in der F.-Straße, insbesondere zwischen P.-A.-Allee und dem E.-Holz untersucht; es gebe zwar vereinzelte Flachdachgaragen, überwiegend seien aber Sattel- und Walmdachgaragen vorzufinden. Mit Ausnahme zweier Fälle seien alle im Antrag genannten Vergleichsfälle in den Jahren 1961-1994 genehmigt worden. Die beiden „Ausreißer“ seien wie folgt zustande gekommen: Die im Jahre 2008 genehmigte Flachdachgarage (TG-Abfahrt, F.-Straße 24) sei unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erfolgt; die Garage in der H.-H.-Str. 40 sei 2012 als Satteldachgarage genehmigt und genehmigungsabweichend als Flachdachgarage ausgeführt worden. Es handele sich nach alledem überwiegend um ältere Bestandsbebauungen. Die Beklagte habe die bestehende OGS 2010-2012 grundlegend überarbeitet; dies ermögliche der Gemeinde eine positive Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, mit der sie zukünftig nur noch Sattel- oder Walmdächer zulassen wolle. Die verschiedenartigen Charaktere der einzelnen Ortsteile würden durch die Trennung in zwei Teile A und B nachvollzogen. Das Ortsbild von S. werde dabei überwiegend durch Sattel- und Walmdachbebauungen auf den Wohngebäuden geprägt, die auch auf Nebengebäuden und Garagen vorzufinden seien. Es werde darauf hingewiesen, dass auch unter Geltung der alten OGS von 1996 nur noch Satteldächer auf Haupt- und Nebengebäuden erlaubt gewesen seien und seit ihrem Inkrafttreten in der F.-Straße seitens der Beklagten keiner Abweichung mehr zugestimmt worden sei. Eine Ausnahme komme nur in Betracht, wenn es der gestalterischen Einbindung diene; diese Voraussetzung liege für die streitgegenständlichen Garagen nicht vor. Eine baugenehmigungskonforme Ausführung wäre o.W. möglich gewesen; eine nachträgliche Legalisierung komme auch wegen einer Bezugsfallwirkung nicht in Betracht. Die Argumentation mit Verschattung sowie Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke könne angesichts der Dimensionen der Garagen nicht nachvollzogen werden. Die Bebauung in der R.-Straße 24 sei vonseiten der Baugenehmigungsbehörde mit einer Flachdachgarage genehmigt worden, der diesbezüglichen Abweichung sei vonseiten der Beklagten nicht zugestimmt worden.

Die Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 3. Februar 2016 Klage gegen den Bescheid erhoben.

Sie beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu verpflichten, die beantragte Abweichung zu erteilen.

Hintergrund für die baugenehmigungsabweichende Ausführung sei die Situation auf dem Baugrundstück. Durch die nach einer Auflage zu erhaltenden großen Buchen sei eine erhebliche Verschattung an der Südseite der Gebäude eingetreten, die durch Satteldächer auf den Garagen noch verschlimmert würde. Durch Flachdächer habe zudem eine Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke vermieden werden können. In der Umgebung sei eine Vielzahl von Flachdachgaragen vorzufinden, diese harmonierten auch besser mit den durchweg modernen Häusern und Villen. Ein dörflicher Charakter sei hier nicht gegeben. Die Klägerin habe Anspruch auf die Abweichung, die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung lägen vor. In diesem Zusammenhang könne es nicht darauf ankommen, ob die bestehenden Flachdachgaragen in der Umgebung vor Inkrafttreten der Satzung oder danach genehmigt worden seien; entscheidend seien die tatsächliche Situation und die Auswirkung auf das Ortsbild. Es handele sich nicht um ältere Bestandsbebauung, sondern Bebauung aus den 90er-Jahren. Dadurch werde die Umgebung auch deutlich geprägt, was Auswirkungen auch auf die künftige Gestaltung der zusätzlichen Gebäude habe. „Gestalterische Einbindung“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht einseitig, sondern aus Sicht eines vernünftigen Betrachters zu interpretieren sei; es müsse sich an den Gebäuden der Umgebung orientiert werden, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass sich diese Bebauung auf absehbare Zeit nicht mehr ändern werde. Die Baumsituation auf dem Grundstück sei ebenfalls zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf, dass in jüngster Zeit entsprechende Gebäude im Geltungsbereich der OGS genehmigt worden seien, stelle sich die Frage, ob die Regelung in der OGS sachgerecht sei und nicht sogar dem Schutzzweck zuwiderlaufe, womit die Grenze der gemeindlichen Gestaltungsfreiheit überschritten werde. Die streitgegenständliche Regelung gelte für das gesamte Gemeindegebiet, womit auf konkrete Unterschiede und unterschiedliche Entwicklungen nicht Rücksicht genommen werde. Im Hinblick auf die tatsächliche Situation sei nicht anzunehmen, dass sich die in Aussicht genommene Regelung in einem absehbaren Zeitraum überhaupt verwirklichen lasse. Für den Bereich A könne nicht gesehen werden, dass eine homogene Bebauung gegeben sei und eine besondere Bedeutung für das Ortsbild, weswegen die Regelung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße und von der Ermächtigung nicht gedeckt sei. Satteldächer auch für Nebengebäude zu fordern würde zudem gar zu einer deutlichen Verschlechterung des Ortsbildes führen, weil damit ein zunehmender Verdichtungseindruck entstehe.

Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Abweichung, der ablehnende Bescheid sei rechtmäßig. Die Verfahrensfreiheit ändere nichts an der Vorgabe des Art. 55 Abs. 2 BayBO. Die Bestimmung der OGS sei wirksam, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung lägen mangels atypischer Verhältnisse nicht vor. Die Flachdachgaragen in der Umgebung stellten ältere Bestandsbebauung dar. Mit der OGS wolle die Beklagte nicht nur den Bestand erhalten, sondern auch zukünftig gestalterisch dafür sorgen, dass Garagen und Nebengebäude ausschließlich mit Sattel- oder Walmdächern errichtet werden. Die Beklagte habe ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt, da keine Ungleichbehandlung vorliege; die Erteilung einer Abweichung sei wegen Fehlens besonderer atypischer Umstände abgelehnt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins; auf die Niederschrift zum Augenschein vom 12. Juli 2017 wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Abweichung von der OGS. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Die von der Klägerin gewählte Dachform bedarf einer Abweichung von der Bestimmung A.5.1. Satz 1 OGS (1.). Die Regelung ist wirksam (2.). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung sind nicht gegeben (3.).

1. Die unveränderte Beibehaltung der von der Klägerin gewählten Dachform der Garagen bedürfte einer Abweichung von A.5.1. Satz 1 OGS. Die errichteten Garagen fallen unter den in A.3.2. OGS definierten Terminus „Nebengebäude“ und sind nach A.5.1. Satz 1 OGS mit flachgeneigten Sattel- bzw. mit Walmdächern auszuführen.

2. A.5.1. Satz 1 OGS ist wirksam.

a) Zunächst ist festzuhalten, dass die Ermächtigungsgrundlage, Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO, verfassungskonform ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.9.2014 – 1 B 14.170 – juris) und dass Regelungen u.a. zur Vorgabe einer Dachform die Ermächtigungsgrundlage grundsätzlich nicht überschreiten (BayVGH, a.a.O.; U.v. 12.1.2012 – 2 B 11.2230 – juris).

b) Die Beklagte konnte eine derartige Regelung auch unter Berücksichtigung des im Ortsteil S. vorhandenen Baubestands treffen, ohne den Rahmen der Ermächtigungsgrundlage zu überschreiten.

Unabhängig von der Frage, ob vor Inkrafttreten der OGS bereits existente Flachdachgaragen für die Wirksamkeit der Regelungen überhaupt relevant werden können (BayVGH, U.v. 11.9.2014 – 1 B 14.170 – juris tendiert zur Ausklammerung solcher „anfänglicher Abweichler“), führt der vorhandene Baubestand aus mehreren Gesichtspunkten heraus nicht zu einem anfänglichen Wirksamkeitsproblem der OGS-Regelung im Sinne eines Abwägungsdefizits.

Bei Satzungserlass gab es im Geltungsbereich der OGS zum einen nicht derart viele Nebengebäude mit Flachdächern, dass ein quantitatives Überwiegen von Sattel- bzw. Walmdächern und damit eine entsprechende Ortsbildprägung nicht mehr auszumachen (gewesen) wären (vgl. dazu VGH BW, U.v. 11.3.2009 – 3 S 1953/07 – juris). Bereits für die nächste Umgebung, d.h. nur für den Bereich der F.-Straße zwischen E.-Holz und P.-A.-Allee, zeigen die vorgelegten Luftbilder (Bl. 47f. d. BA) und die Aufstellung der Beklagten (Bl. 45 d. BA), dass dieser durch Flach- bzw. Walmdächer geprägt ist. Danach stehen maximal 24 Flachdachgaragen (27 Bauten ./. 3, da diese ungenehmigt bzw. abweichend von der Baugenehmigung errichtet wurden) 42 Sattel- bzw. Walmdachgaragen gegenüber. Damit liegt ein deutliches Übergewicht der Sattel- bzw. Walmdächer vor, aus der sich eine maßgebliche Ortsbildprägung ableiten lässt. Dieser Eindruck hat sich auch im Augenschein bestätigt. Weiter ist – nur ergänzend und ohne dass es tragend darauf ankommt – festzuhalten, dass sich das oben angesprochene Verhältnis zwischen Flachdachgaragen auf der einen und Sattel- bzw. Walmdachgaragen auf der anderen Seiten nach den vorgelegten Luftbildern in einem größeren Umgriff noch weiter zugunsten der Sattel- bzw. Walmdachgaragen verschieben dürfte; bspw. in der H.-H.-Straße sind demnach fast ausschließlich Sattel- bzw. Walmdächer auszumachen.

Zum anderen ist zu beachten, dass Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO den Gemeinden gestattet, im eigenen Wirkungskreis örtliche Vorschriften über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern zu erlassen. Die Gemeinden sind dabei nicht auf die Abwehr verunstaltender Anlagen beschränkt, sondern haben darüber hinaus die Möglichkeit, positive Gestaltungspflege zu betreiben (BayVGH, U.v. 11.9.2014 – 1 B 14.170 – juris; VG München, VG München, U.v. 27.4.2016 – M 9 K 15.5148 – juris). Sie haben einen beträchtlichen gestalterischen Spielraum und dürfen im Rahmen der positiven Pflege der Baukultur auch einen strengen ästhetischen Maßstab anlegen (BayVGH a.a.O.; VG München, a.a.O.). Derartige gestalterische Ziele verfolgt auch die Beklagte, wie die Satzungspräambel zeigt: „Die Gemeinde S.-D. will durch planerische und gestalterische Maßnahmen das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild der einzelnen Gemeindeteile erhalten und verbessern. Dies gilt sowohl für bestehende Baugebiete als auch für neu auszuweisende Bereiche, auch wenn diese Gebiete anderen Funktionen als dem Wohnen dienen. Dabei wird insbesondere angestrebt: Die baulichen Anlagen und die sonstige Nutzung der Grundstücke sollen ein Ortsbild eigenständiger Prägung ergeben. [...]“ Auch wenn im Ortsteil S., wie die Klägerin moniert, bereits eine größere Zahl von Garagen mit Flachdächern vorhanden ist, hindert das die Beklagte von vorn herein nicht daran, im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums auch auf eine positive Gestaltung durch eine sukzessive Herstellung der Einheitlichkeit der Dachlandschaft hinzuwirken (BayVGH, B.v. 10.11.2014 – 2 ZB 13.2429 – juris; VG München, U.v. 27.4.2016 – M 9 K 15.5148 – juris). Eine derartige Entwicklung hin zu einer einheitlichen Dachlandschaft ist angesichts des weitaus geringeren Anteils von Flachdachgaragen auch ohne weiteres möglich. Dabei ist zu beachten, dass es keine Rolle spielen kann, ob sich „die Bebauung in der näheren Umgebung“ – wie von der Klägerin behauptet – auf absehbare Zeit nicht mehr ändern wird; dass diese Ansicht zu kurz greift, zeigt auch die Regelung in A.5.1. Satz 3, wonach die Formvorgabe v.a. auch für die Erneuerung der Dachkonstruktion bei bestehenden Gebäuden gilt.

3. Dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung von A.5.1. OGS gegeben wären, ist nicht dargetan und auch im Übrigen nicht ersichtlich.

Mit A.5.2. OGS enthält die Satzung selbst eine immanente Ausnahmeregelung. Diese Bestimmung stellt zwar mit der Vorgabe „wenn es der gestalterischen Einbindung dient“ eine tatbestandliche Voraussetzung auf; diese bezieht sich aber, wie auch der 1. Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläuterte, nach der Systematik der Regelung ersichtlich nur auf die Carports als einfache Stellplätze, hinsichtlich derer man die Möglichkeit eröffnen wollte, sie in bestimmten Fällen von der Verpflichtung, ein aufwändiges Satteldach errichten zu müssen, freistellen zu können. Unabhängig davon trägt die Klägerin ohnehin nichts dafür vor, dass diese Ausnahme von den gebauten Garagen erfüllt würde. Dass ein Flachdach besser zu einem modernen Haus wie einer Villa passe, kann von vorn herein kein Argument sein, da eine derartige Argumentation im Zweifel den kompletten Gebietsbereich A – der die „neueren Siedlungsbereiche“ umfasst – bzw. weite Teile davon erfassen würde und die Ausnahme so zur Regel würde.

Da sich A.5.2. OGS weiterer Aussagen enthält, kommt für den geltend gemachten Anspruch noch eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 und 3 BayBO i.V.m. A.14.1. OGS in Betracht. Danach kann die Beklagte Abweichungen von örtlichen Bauvorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Eine Abweichung verlangt einen von der Regel abweichenden Sonderfall und eine atypische Situation (VG München, U.v. 8.8.2012 – M 9 K 10.5497 – juris; U.v. 27.4.2016 – M 9 K 15.5148 – juris). Eine solche Atypik setzt einen Unterschied des zu entscheidenden Falles vom normativen Regelfall voraus (BayVGH, B.v. 5.12.2011 – 2 CS 11.1902 – juris). Demgegenüber kann sich die Atypik nicht aus vergleichbaren Fällen in der Umgebung ergeben (BayVGH a.a.O.).

Eine atypische Fallgestaltung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Vielmehr handelt es sich um den normativen Regelfall. Die Dachform der klägerischen Garagen weicht von dem nach der Satzung gewollten Erscheinungsbild ab. In einer durch Sattel- bzw. Walmdachgaragen geprägten Dachlandschaft werden die Flachdächer als Fremdkörper wahrgenommen. Die vorgetragene Verschattung der Gartenbereiche stellt keine baugrundstücksbezogene Härte dar, die bspw. aus einem besonderen Grundstückszuschnitt o.Ä. folgen kann, sondern ist ausschließlich durch die Art und Weise der Bebauung bedingt. Würde die Beklagte im Fall der Klägerin von der Anforderung, auch Nebengebäude mit einem Sattel- bzw. Walmdach auszuführen, abweichen, so wäre sie gezwungen, dies in jedem beliebigen anderen Fall ebenso zu tun. Die Einhaltung der Bestimmung könnte wegen der damit bestehenden Bezugsfallwirkung nicht mehr durchgesetzt werden (vgl. dazu z.B. BayVGH, U.v. 9.8.2007 – 25 B 05.3055 – juris; VG München, U.v. 8.6.2016 – M 9 K 15.2828 – juris). Die Beklagte hat die Erteilung einer Abweichung vorliegend zu Recht wegen des Fehlens besonderer atypischer Umstände abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.