Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Dez. 2017 - M 5 K 16.2713

11.12.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger steht seit 16. Februar 2015 als Studienreferendar im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Dienst des Beklagten. Seinen ersten Ausbildungsabschnitt absolvierte er am Ma.-Gymnasium und dem Li.-Gymnasium. Nach den Sommerferien 2015 sollte er seinen Dienst am Mi.-Gymnasium antreten, was wegen längerer Krankheit erst zum 7. Januar 2016 erfolgte.

Nachdem dort verschiedene Konfliktsituationen auftraten, wurde dem Kläger mit sofort vollziehbarem Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 12. Februar 2016 mit Wirkung zum 15. Februar 2016 die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Es sei zu verschiedenen Vorfällen mit Kollegen und Schülern gekommen. Die Maßnahme sei notwendig zu deren Schutz und zur störungsfreien Aufrechterhaltung des Schulbetriebes. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 5 K 16.1233).

Zugleich wurde er über die Absicht informiert, ihn wegen charakterlicher Ungeeignetheit aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen. Er wurde auf die Möglichkeit zur Äußerung hingewiesen, wovon er mit Schreiben vom 18. April 2016 Gebrauch machte. Zudem wurde er auf sein Recht zur Beteiligung des Hauptpersonalrates hingewiesen, von dem kein Gebrauch gemacht wurde.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2016 wurde der Kläger zum Ablauf des 30. Juni 2016 wegen charakterlicher Ungeeignetheit aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Seit seinem Wiederantritt zum Dienst nach längerer Krankheit habe es zahlreiche Klagen und problematische Situationen aufgrund seines Verhaltens gegenüber dem Mensabetreiber, dem Hausmeister, Schülern, Lehrkräften sowie der Schulleiterin gegeben. Der Kläger habe dem Mensapächter am 28. Januar 2016 „schwarze“ Geschäfte unterstellt. Der Kläger, der mehrfach seine Mensakarte vergessen hatte, habe seine Schulden begleichen sollen. Dies habe der Kläger allerdings verweigert und stattdessen den Mensapächter sowie die hinzukommende Lehrkraft Z., die habe schlichten wollen, beleidigt. Er habe entgegen seiner Pflichten als Lehrkraft nicht rechtzeitig die Schulnoten in das Notensystem eingetragen. Bei einer Diskussion mit der Schulleiterin am 4. Februar 2016 habe er diese als „Proletin“ und „rechtsradikal“ sowie die Schule als „Nazi Schule“ bezeichnet.

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2016 hat der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 17. Mai 2016 aufzuheben.

Die Ereignisse hätten sich nicht in dieser Form zugetragen. Durch seine längere Erkrankung habe er den Zorn der Schulleiterin auf sich gezogen. Diese habe den Kläger von Anfang an unwirsch behandelt und ihm bereits während seiner Erkrankung mitgeteilt, er bereite ihr erhebliche Probleme, indem er mitten im Schuljahr seinen Dienst antreten wolle. Dass der Kläger die Noten der Schüler zu spät eingetragen habe, habe an mangelnder Kenntnis im Umgang mit dem Programm und an zu wenigen Schulcomputern gelegen. Er habe die Noten der Schüler am 25. Januar 2016 in das System eintragen wollen, sich dabei aber versehentlich selbst von seinem Arbeitsplatzrechner ausgesperrt. Die von ihm angesprochenen Kollegen hätten ihm insoweit zunächst nicht behilflich sein können, sodass der Rechner für einige Tage gesperrt gewesen sei. Zudem habe keine ausreichende Zahl von Computern zu Verfügung gestanden. Hinsichtlich des Vorfalles mit dem Mensapächter habe der Kläger lediglich ein Gespräch mit diesem gesucht und die Handhabung der gekauften Mensakarte besprechen wollen. Plötzlich habe sich die Zeugin Z. eingemischt und sich sofort auf die Seite des Mensapächters geschlagen, wodurch es zu einer Auseinandersetzung gekommen sei. Er habe die Schulleiterin nicht als „rechtsradikal“ bezeichnet, sondern als „recht radikal in ihren Ansichten“. Auch habe er sie nicht als „Proletin“ bezeichnet, sondern das Verhalten einer anderen Lehrerin als „proletenhaft“.

Die Vorfälle seien nicht aufgeklärt und dem Kläger keine Gelegenheit zur vorherigen Stellungnahme gegeben worden. Dem Kläger sei die Gelegenheit zu geben, seine Prüfung abzulegen. Andernfalls käme dies einem Berufsverbot gleich.

Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es lägen verschiedene Aktennotizen und Stellungnahmen zum beleidigenden Verhalten des Klägers vor. Er hätte die Noten rechtzeitig eintragen können, da es genügend Computerarbeitsplätze gebe (insgesamt knapp 110 Rechner). Der Kläger habe ausdrücklich auf eine Einweisung in das Infoportal zur Notenverwaltung verzichtet, da er mit dem System vom Li.-Gymnasium her vertraut sei. Es habe Beschwerden von Schülern gegeben. Die Schulleiterin habe mehrfach das Gespräch mit dem Kläger gesucht und Gelegenheiten zur Stellungnahme gegeben.

Auch vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit sei die Entlassung rechtmäßig. Zwar solle einem Referendar Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden. Eine abweichende Ermessensentscheidung sei hier wegen der besonderen Fallkonstellation jedoch zulässig, da das Klägerverhalten untragbar sei. Es sei den den Schulen anvertrauten Schülern nicht zuzumuten, von einer aggressiven, seiner Vorbildfunktion nicht gerecht werdenden Lehrkraft auch nur vorübergehend und zu Ausbildungszwecken unterrichtet zu werden. Das Klägerverhalten zeige generell seine fehlende charakterliche Eignung für den Lehramtsberuf, sodass auch das Ziel der Ausbildung im Vorbereitungsdienst nicht erreicht werden könnte.

Aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. März 2017 hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom gleichen Tag die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage der gesundheitlichen Eignung des Klägers zur Tätigkeit im Beamtenverhältnis auf Widerruf als Studienreferendar an einem Gymnasium angeordnet. Mit der Begutachtung wurde PD Dr. med. P. vom Bezirkskrankenhaus K. beauftragt. Im Gutachten vom 20. Juni 2017 kommt er zu dem Schluss, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids keine auf eine Erkrankung zurückzuführende gesundheitliche Einschränkung der Eignung zur Tätigkeit im Beamtenverhältnis auf Widerruf als Studienreferendar an einem Gymnasium vorlag.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2017 Beweis erhoben über das Verhalten des Klägers im Zeitraum Ende Januar bis Ende Februar 2016 durch Einvernahme der Schulleiterin Oberstudiendirektorin L., von Studienrätin Z., Oberstudienrätin G. und Studienrat W. als Zeugen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift vom 6. März 2017 und - insbesondere zum Ergebnis der Beweisaufnahme - auf die Niederschrift vom 11. Dezember 2017 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Entlassungsbescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 17. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

1. Die streitgegenständliche Entlassung beruht auf § 23 Abs. 4 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (BeamtStG). Demnach können Beamtinnen und Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden, wobei ihnen Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal setzt die Entlassung eines Beamten auf Widerruf nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG einen sachlichen Grund voraus (BVerwG, B.v. 7.9.1980 - 2 B 8/90 - juris, Rn. 5 m.w.N.; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2017, § 23 BeamtStG, Rn. 194). Einen solchen sachlichen Grund kann das Fehlen der persönlichen, insbesondere charakterlichen Eignung des Beamten darstellen. Derartige Eignungsmängel müssen nicht positiv festgestellt werden; es genügen vielmehr bereits berechtigte Zweifel der Entlassungsbehörde, ob der Beamte die persönliche Eignung für sein Amt besitzt (BVerwG, U.v. 9.6.1981 - 2 C 48/78 - BVerwGE 62, 267 ff., juris Rn. 20). Entsprechendes gilt, wenn der Beamte auf Widerruf - wie hier - einen Vorbereitungsdienst für eine Beamtenlaufbahn ableistet. Soweit nach § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG dem Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Gelegenheit zu dessen Beendigung und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, bedeutet das lediglich eine Einschränkung des dem Dienstherrn eingeräumten weiten Ermessens dahin, dass die Entlassung nur aus Gründen statthaft ist, die mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf in Einklang stehen (BVerwG, U.v. 9.6.1981, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 3.3.1994 - 3 CS 93.3817 - juris Rn. 21; B.v. 7.1.2005 - 3 CE 07.2688 - juris Rn. 30). Der Dienstherr verfügt insoweit über einen Beurteilungsspielraum, als die Einschätzung der persönlichen und charakterlichen Eignung ein personenbezogenes Werturteil voraussetzt (VG München, U.v. 6.7.2004 - M 5 K 03.3884 - Rn. 19). Das Gericht kann die Entscheidung des Dienstherrn daher nur daraufhin überprüfen, ob sie an Beurteilungsfehlern leidet, insbesondere, ob der Dienstherr den anzuwendenden gesetzlichen Rahmen sowie die anzuwendenden Begriffe richtig erkannt, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet, den Sachverhalt richtig erfasst und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat.

2. Die Annahme von Zweifeln an der charakterlichen Eignung des Klägers durch den Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ermessensfehler hinsichtlich der Entscheidung, den Kläger aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen, sind nicht erkennbar. Es ist insbesondere nichts gegen die Einschätzung des Beklagten einzuwenden, das Verhalten des Klägers sei nicht mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes in Einklang zu bringen, sodass ein weiteres Unterrichten auch zu Ausbildungszwecken unzumutbar sei. Der Kläger hat sich weder in der Art und Weise verhalten, wie es von einem Beamten, insbesondere von einem Lehrer mit Vorbildfunktion, zu erwarten ist, noch hat er sich für sein unangemessenes Verhalten entschuldigt bzw. ein Fehlverhalten eingesehen. Ein Eignungsmangel in gesundheitlicher Hinsicht war hingegen nach den Ausführungen des vom Gericht beauftragten Gutachters nicht anzunehmen. Nachdem auffallend war, dass der Kläger innerhalb weniger Tage gegenüber einer Vielzahl von Personen Auffälligkeiten zeigte, war der Frage nachzugehen, ob gesundheitliche Gründe für das Verhalten ausschlaggebend waren. Nach dem Gutachten von PD Dr. P. vom 20. Juni 2017 liegen beim Kläger keine gesundheitlichen Einschränkungen vor, auf die die Auffälligkeiten zurückgeführt werden könnten.

Das Fehlverhalten steht fest aufgrund der Vorfälle, die der Kläger zum Teil selbst eingeräumt hat, und die durch schriftliche Stellungnahmen der Beteiligten sowie die Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2017 dokumentiert und belegt sind. Zwar sind die Vorfälle in einem sehr kurzen Zeitraum aufgetreten, gleichwohl handelt es sich um eine augenfällige Häufung massiven Fehlverhaltens gegenüber verschiedenen Personen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Fehlverhalten bereits nach sehr kurzer Zeit an der Mi.-Schule auftrat. Die Situation stellt sich gerade nicht so dar, dass der Kläger nach einem längeren Zeitraum unproblematischen Verhaltens auffällig geworden ist, sondern dass - jedenfalls an dieser Schule - sehr zeitnah zu seinem Dienstantritt die entsprechenden Konfliktsituationen auftraten. Selbst wenn es zu entsprechenden Konfliktsituationen kommen sollte, kann von einem Beamten verlangt werden, dass er beherrscht reagiert und nicht ausfallend oder gar beleidigend wird. Das gilt selbst dann, wenn sich der Beamte ungerecht behandelt fühlen sollte. Das ist für eine gedeihliche Zusammenarbeit notwendig, da Konflikte am Arbeitsplatz und beim Umgang mit Kollegen und insbesondere mit Schülern im Alltag immer wieder auftreten. Sofern beim Kläger persönliche Differenzen mit der Schulleiterin bestanden haben sollten, hätte er diese auf sachliche Weise klären müssen.

Aus den dienstlichen Stellungnahmen und der Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass der Kläger daneben auch mit weiteren Kollegen und anderem Schulpersonal in Konflikt geraten war. Aus den Zeugenaussagen war nicht erkennbar, dass die Zeugen die Unwahrheit gesagt haben oder den Kläger (zu Unrecht) belasten wollten. Weshalb sich die Vorfälle anders zugetragen haben sollten, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert dargelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Schulleiterin dem Kläger gegenüber wie behauptet von vornherein negativ eingestellt gewesen sei, waren nicht zu erkennen. Darüber hinaus wird aus den Aktenvermerken ersichtlich, dass nicht nur gegenüber Kollegen, sondern auch gegenüber Schülern mehrfach unangemessene Äußerungen getätigt wurden.

Nach Aussage der Schulleiterin sei der Kläger in einer Besprechung am 4. Februar 2016 zur verspäteten Eintragung der Schulnoten aufgesprungen, habe ihre Unterlagen in Form eines Notizblattes weggenommen und den Raum verlassen. Der Kläger räumt das selbst ein und hat das entsprechende stark zerknitterte Blatt in der mündlichen Verhandlung vorgezeigt. Soweit der Kläger meint, er habe die Schulleiterin nicht als „rechtsradikal“, sondern als „recht radikal in ihren Ansichten“ bezeichnet, hat die Schulleiterin sich wiederholt an die Äußerung „rechtsradikal“ erinnert. Es hätte am Kläger gelegen, ein entsprechendes Missverständnis aufzuklären. Dahingehend sind aber nicht ansatzweise Bemühungen von seiner Seite ersichtlich. Dabei fällt auf, dass der Beamte an der Schule immer wieder Anspielungen mit rechtsradikalem Bezug geäußert hat, ohne hierfür einen konkreten Anlass zu benennen. Es passt in diesen thematischen Zusammenhang, dass der Kläger am 1. Februar 2016 im Sekretariat vor den Mitarbeitern und anwesenden Eltern laut gerufen haben soll, dies sei eine „Nazi Schule“. Dass der Kläger tatsächlich nicht „Nazi“, sondern „Bazi“ gesagt haben soll, ist wenig glaubhaft. Insbesondere hat die Schulleiterin angegeben, der Kläger habe das Wort „Nazi“ buchstabiert, also „N-A-Z-I-Schule“ gerufen. Ein Missverständnis ist daher ausschließbar.

Auch der in einer von drei Personen unterzeichneten dienstlichen Stellungnahme vom 4. Februar 2016 geschilderte Vorfall passt in diesen Kontext. Demnach sei der Kläger nach dem Gespräch mit der Schulleiterin über die Noteneintragung in ein Treffen von Kollegen in der Biologiesammlung gekommen und habe unter anderem gesagt: „Gelobt sei Jesus Christus, die Nazis sind tot; der Hausmeister hat Hans und Sophie Scholl verraten und unser Hausmeister ist noch schlimmer, daher mache ich lieber ein Bild von meinem Arbeitsplatz.“ Die zu diesem Vorfall einvernommene Zeugin G. konnte sich zwar nicht mehr an das wörtliche Zitat erinnern, hat jedoch bekundet, der Kläger habe merkwürdige Dinge gemurmelt, die mit „Nazis“ und „Hitler“ zu tun gehabt hätten. Die Zeugin G. habe sich wegen vorangegangener Erfahrungen mit dem Kläger zurückgehalten und den Kläger nicht darauf angesprochen. Sie habe im Vorfeld Gespräche zwischen Kollegen und dem Kläger mitbekommen, bei denen es unangenehm oder latent aggressiv wurde, wenn vom Kläger eine Handlung verlangt worden sei. Sie habe dies als beängstigend empfunden und den Kontakt mit dem Kläger daher gemieden. Beim streitgegenständlichen Vorfall am 4. Februar 2016 habe dann jedoch eine Kollegin den Kläger auf seine Äußerungen angesprochen und sinngemäß zur Antwort erhalten, dass sie doch in den Spiegel schauen solle, sie würde doch „aus dem Ghetto kommen“. Schließlich habe er angefangen vom Arbeitsplatz Fotos zu machen. Die Zeugin bestätigt mit ihrer Aussage nicht nur den in der dienstlichen Stellungnahme dokumentierten Vorfall, sondern auch, dass mit dem Kläger kein störungsfreies Betriebsklima möglich gewesen ist. Sie hat demnach Situationen miterlebt, in denen der Kläger gegenüber Dritten auf aggressive Weise reagiert hat. Das passt in das vom Beklagten skizzierte Bild des Klägers.

Auch hat die Zeugin Z., die beim Vorfall um den Mensabetreiber beteiligt gewesen ist, die beleidigende Haltung des Klägers ihr gegenüber nachvollziehbar und glaubhaft bekundet. Nach ihrer Aussage sei sie auf die heftige Diskussion zwischen dem Kläger und Mensapächter aufmerksam geworden und habe daher nach dem Rechten sehen wollen. Der Kläger habe dem Mensapächter vorgeworfen, seinen Betrieb schwarz zu betreiben, und ihm deutlich gemacht, dass er als Lehrer „über ihm stehe“. Als die Zeugin Z. versucht habe, die Situation zu beruhigen, habe der Kläger den oberbayerischen Dialekt der Zeugin bemängelt. Das deckt sich mit der in den Akten enthaltenen Stellungnahme des Mensabetreibers, wonach der Kläger nicht nur ihn selbst, sondern auch die Zeugin Z. beleidigt habe.

Weiterhin hat der Zeuge W., der das Notenportal der Schule betreut, bei seiner Zeugeneinvernahme glaubhaft geschildert, dass der Kläger sich ihm gegenüber unangemessen verhalten habe. Als dieser sich aus dem Portal ausgesperrt habe, sei er in unhöflicher Weise an den Zeugen herangetreten und habe verlangt, dass ihm sofort geholfen werde. Er habe den Portalzugang des Klägers aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Schulstunde nicht sofort entsperren können, dies aber etwa eine Stunde später erledigt. Der Kläger habe geäußert „mia san mia und mia san wichtig“, er könne sich selbst „verarschen“ und dass „er älter“ als der Zeuge W. sei. Nach den Schilderungen des Zeugen W. hat sich der Kläger aus nicht nachvollziehbaren Gründen despektierlich verhalten bzw. geäußert, obwohl kein vernünftiger Anlass dazu gegeben war.

Auf Grundlage dieser Vorfälle durfte der Dienstherr Zweifel an der charakterlichen Geeignetheit des Beamten hegen und diesen aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Die Bewertung des Dienstherrn, dass sich der Kläger nicht für den Lehramtsberuf eignet und daher die Ziele des Vorbereitungsdienstes nicht erreicht werden können, ist aufgrund der Vorkommnisse rechtlich nicht zu beanstanden. Wegen der gezeigten Verhaltensweisen war eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht möglich. Innerhalb kürzester Zeit sind von verschiedenen Seiten des Schulpersonals und der Schülerschaft Beschwerden an die Schulleiterin herangetragen worden. Durch seine Äußerungen und aggressiven Reaktionen hat der Kläger den Betriebsfrieden wesentlich gestört. Weder kritische Hinweise zum Lehrverhalten des Klägers - der sich als Lehramtsreferendar noch in der Ausbildung befand und daher einer fachlichen Kontrolle bzw. Anleitung bedurfte - noch eine kollegiale Zusammenarbeit waren möglich. Aus den Ausführungen der Zeugin G. war zu entnehmen, dass sich diese trotz der verhältnismäßig kurzen aktiven Dienstzeit des Klägers an der Schule bereits von den dessen aggressiven Reaktionen eingeschüchtert fühlte. Die Vorfälle rechtfertigen eine negative Prognose des Dienstherrn dahingehend, dass er zum Einen Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers für den Lehrerberuf hegt, zum Anderen den Betriebsfrieden in so erheblicher Weise gestört sieht, dass ein Verbleib des Klägers im Vorbereitungsdienst auch zum Zwecke der Ausbildung nicht tragbar erscheint. Die Erklärungen des Klägers, er sei seinerseits unangemessen behandelt worden bzw. die Schulleiterin sei ihm voreingenommen entgegengetreten, können demgegenüber nicht durchgreifen und die gezeigten Verhaltensweisen nicht rechtfertigen, da die Reaktionen - selbst wenn dies zuträfe - aufgrund der extremen Art und Weise in keinem Verhältnis dazu stehen. Hinzu kommen die unangebrachten Äußerungen hinsichtlich Schülern, die in den Akten dokumentiert sind.

Die Entlassung des Klägers ist auch verhältnismäßig und zulässig, auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass er sich im Vorbereitungsdienst befand und nach der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG Gelegenheit zu dessen Beendigung gegeben werden soll. Denn die Entlassung des Widerrufsbeamten beruht auf Gründen, die mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes in Einklang stehen. Das dem Kläger zur Last gelegte Fehlverhalten ist so schwerwiegend, dass eine weitere Tätigkeit des Beamten auch im Rahmen der Ausbildung als Lehramtsreferendar den Schülern, den Kollegen und der Schulleitung sowie dem im Schulbetrieb tätigen Personal nicht zumutbar ist.

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 23 Entlassung durch Verwaltungsakt


(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie 1. den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,2. nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Warte

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie

1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,

1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.