Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Juni 2015 - M 5 K 14.4589

bei uns veröffentlicht am09.06.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die am ... 1970 geborene Klägerin stand als Lehrerin (Besoldungsgruppe A 12) in Diensten des Beklagten und war als Lehrerin an der ...-Schule in ... tätig. In der Probezeitbeurteilung vom 8. August 2011 für den Beurteilungszeitraum vom 6. November 2006 bis zum 31. Juli 2011 (eröffnet am 9.8.2011) wurde die Klägerin als „nicht geeignet“ für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit angesehen. Inhaltlich wurde u. a. ausgeführt, dass die Klägerin die Zeitplanung der Stoffverteilungspläne nicht einhielte, die Tagesvorbereitungen entsprächen nicht den gehaltenen Stunden und die praktische Umsetzung des geplanten Unterrichts gelänge der Klägerin ebenfalls nicht. Auch das Vorgehenstempo und der Anspruch seien nicht altersgemäß.

Mit Schreiben vom ... August 2011 wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe beabsichtigt sei. Ebenso wurde mit Bescheid vom ... September 2011 ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte für die Klägerin ausgesprochen, gegen das diese nicht vorging.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom ... Oktober 2011 gegen ihre Entlassung Einwendungen und führte aus, dass sie zu wenig Unterstützung und Anleitung erhalten habe. Mit Bescheid vom ... November 2011 wurde die Entlassung der Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aufgrund ihrer fachlichen Nichteignung verfügt.

Dagegen wendete sie sich mit Widerspruch vom ... Dezember 2011, der mit Widerspruchsbescheid vom ... März 2014 zurückgewiesen wurde.

Gegen die Entlassung hat die Klägerin Klage erhoben (M 5 K 14.1598), über die mit Urteil vom 9. Juni 2015 entschieden wurde.

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2014, bei Gericht eingegangen einen Tag später, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

die dienstliche Beurteilung vom 8. August 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für die Klägerin eine neue Beurteilung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.

Die Probezeitbeurteilung der Klägerin sei rechtswidrig, weil ihr unvollständige und unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt worden seien. Die Klägerin habe sowohl mit der Klassenlehrerin als auch mit anderen Kollegen gut zusammenarbeiten können. Auch ihre Tafelbilder und Arbeitsblätter seien zum Beispiel sinnvoll aufgebaut gewesen. Über Elternbeschwerden sei die Klägerin nicht informiert worden. Im Übrigen dürfe das lebendige Verhalten der Schüler der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen.

Die Regierung von Oberbayern hat für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beurteilung sei sowohl in formeller wie in materieller Hinsicht rechtmäßig. Es stelle sich außerdem die Frage, ob die Klage überhaupt zulässig sei, da die Beurteilung vom August 2011 stamme und die Klägerin ihr Recht, dagegen vorzugehen, inzwischen verwirkt habe. Auch die Einwendungen der Klägerin seien bereits ausreichend gewürdigt worden.

Das Gericht hat zur Frage des Zustandekommens der Probezeitbeurteilung für die Klägerin vom 8. August 2011 Beweis erhoben durch Einvernahme von Rektor F. sowie von Schulamtsdirektor M. als Zeugen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie insbesondere hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Niederschrift vom 9. Juni 2015 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung ihrer Probezeitbeurteilung vom 8. August 2011 für den Beurteilungszeitraum 6. November 2006 bis zum 31. Juli 2011 und Erstellung einer neuen Anlassbeurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Beurteilung vom 8. August 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - analog, da einer dienstlichen Beurteilung keine Verwaltungsaktqualität zukommt).

1. Die Klägerin hat das Recht, gegen ihre Beurteilung vorzugehen, nicht verwirkt.

Der Einwand der Verwirkung setzt neben dem Zeitablauf voraus, dass der Inhaber eines materiellen oder prozessualen Anspruchs oder Gestaltungsrechts innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 2 B 75.13 - DokBer 2014, 314 Rn. 15). Zwar datiert die Beurteilung vom 8. August 2011, Klageerhebung erfolgte erst unter dem 9. Oktober 2014, mithin mehr als drei Jahre nach deren Eröffnung. Auch die im Verbot der Führung der Dienstgeschäfte (ausgesprochen mit Bescheid vom ... September 2011) festgehaltenen Mängel, die sich in der Beurteilung wieder finden, hat die Klägerin nicht angegriffen. Allerdings hat die Klägerin gegen die mit Bescheid vom ... November 2011 verfügte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe Einwendungen erhoben, die sich auch auf die in der Beurteilung angesprochenen Mängel und Defizite beziehen. Dabei ist von Bedeutung, dass der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern erst vom ... März 2014 datiert. Folglich können Zeit- und Umstandsmoment nicht als erfüllt betrachtet werden, da die Beamtin durch ihr Vorgehen angezeigt hat, dass sie die Feststellungen der Probezeitbeurteilung ebenfalls nicht bestehen lassen möchte.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.5.1965 - II C 146.62 - BVerwGE 21, 127/129; U. v. 26.6.1980 - 2 C 8/78 - BVerwGE 60, 245 st. Rspr.). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherren zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherren vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (BVerwG, U. v. 11.1.1999 - 2 A 6/98 - ZBR 2000, 269). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherren in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt.

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die streitgegenständliche Beurteilung rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Zugrunde zu legen sind vorliegend die Art. 54 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG), die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 18.11.2010 /VV-BeamtR, FMBl. S. 264, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung - materielle Beurteilungsrichtlinien), sowie die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und den Leistungsbericht für Lehrkräfte an staatlichen Schulen in Bayern (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus v. 11. April 2005, KWMBl. S. 132, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 15. Juli 2009, KWMBl. S. 253).

b) Die Vorgaben dieser Bestimmungen sind eingehalten. Auch im Übrigen erweist sich die dienstliche Beurteilung als rechtsfehlerfrei.

aa) Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich, insbesondere wurde die Beurteilung durch den nach Ziffer 4.4 i.V.m 4.5.2 lit. a) der Richtlinien zuständigen Rektor - den Zeugen F. - der Volksschule erstellt und unterzeichnet. Die nach dieser Vorschrift vorgesehene Beteiligung der fachlichen Leitung des Schulamts erfolgte ebenfalls durch Einbeziehung des damaligen Schulrats und Zeugen M.

bb) Auch in materieller Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung. Angesichts der von den Zeugen, wobei an der Glaubhaftigkeit der Aussagen kein Anlass zu Zweifeln besteht, geschilderten eklatanten Mängel vor allem im pädagogischen und didaktischen Bereich - dem Kern der Tätigkeit eines Lehrers - ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Gesamtergebnis der Probezeitbeurteilung auf „nicht geeignet“ lautet.

Der als Zeuge in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2015 vernommene Rektor F., hat im Einzelnen erläutert, aus welchen Gründen er zu der Einschätzung und Bewertung in der Probezeitbeurteilung gelangte, die Klägerin sei für eine Übernahme ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet. Diese Feststellung konnte er anhand der acht durchgeführten Unterrichtsbesuche treffen. Der Zeuge hat angegeben, dass er bei der Klägerin vor allem im didaktischen wie auch pädagogischen Bereich erhebliche Schwächen gesehen habe. Aufgrund der disziplinarischen Probleme, die im Unterricht der Klägerin zutage traten sowie der methodischen und didaktischen Mängel sei ein weiteres erzieherisches Tätigwerden der Klägerin nicht vorstellbar. Hinzu komme, dass sich die Schwächen über einen sehr langen Zeitraum während der Probezeit gezeigt hätten. Die aufgetretenen Defizite habe er nach den jeweiligen Unterrichtsbesuchen mit der Klägerin besprochen und ihr Anleitung zur Verbesserung gegeben. Dies habe er beispielsweise im Vermerk vom ... November 2011 dokumentiert. Dort wurden insbesondere die chaotischen Zustände in der Klasse, falsche Tafelbilder und die Tatsache, dass Schüler vom Unterricht überfordert seien, dargelegt.

Bei ihm hätten sich ferner sowohl Kollegen als auch Eltern über den Unterricht der Klägerin beschwert. Das hält sich innerhalb des dem Beurteiler der dienstlichen Beurteilung zukommenden Beurteilungsspielraums, der vom Gericht nicht überprüft werden darf.

Die fachliche Eignung sei nicht gegeben, da die Beamtin aufgrund der dokumentierten und in der Beurteilung auch angesprochenen Mängel bei den Gesichtspunkten der Unterrichtsplanung und -gestaltung, des erzieherischen Wirkens sowie des Unterrichtserfolges den Anforderungen nicht zuverlässig gerecht werde. Auch die Zusammenarbeit mit Kollegen gestalte sich schwierig.

Der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vernommene Leitende Schulamtsdirektor M. gab an, dass bei der Klägerin große Mängel in der Unterrichtsgestaltung vorgelegen hätten. Bei seinen Unterrichtsbesuchen sei auch ihm die mangelnde Disziplin in der Klasse aufgefallen. Er habe die Mängel nach den Unterrichtsbesuchen stets mit der Klägerin besprochen.

Soweit die Klägerin vorbringt, es habe sich um eine besonders lebhafte und schwierige Klasse gehandelt, steht dem die Aussage des Zeugen F. entgegen, der schilderte, dass es sich um eine durchschnittlich große Klasse gehandelt habe, die keine Unterschiede zu anderen Schulklassen aufwies.

4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 5 K 14.1598 Im Namen des Volkes Urteil vom 9. Juni 2015 (§§ 116 Abs. 1, 117 Abs. 6 VwGO) 5. Kammer Sachgebiets-Nr. 1330 Hauptpunkte: En
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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 5 K 14.1598 Im Namen des Volkes Urteil vom 9. Juni 2015 (§§ 116 Abs. 1, 117 Abs. 6 VwGO) 5. Kammer Sachgebiets-Nr. 1330 Hauptpunkte: En

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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 5 K 14.1598

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Juni 2015 (§§ 116 Abs. 1, 117 Abs. 6 VwGO)

5. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1330

Hauptpunkte:

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe;

Lehrerin;

fachliche Nichteignung;

Kündigungsverbot;

Mutterschutzverordnung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Freistaat Bayern vertreten durch: Regierung von Oberbayern Prozessvertretung Bayerstr. 30, 80335 München

- Beklagter -

wegen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 5. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die am ... 1970 geborene Klägerin stand seit dem 6. November 2006 als Lehrerin für das Lehramt an Grundschulen an der M.-J.-Schule in G. in den Diensten des Beklagten. Sie war zuletzt mit einem Lehrdeputat von 8 Stunden beschäftigt.

In den Probezeitbeurteilungen vom 23. April sowie vom 25. November 2010 wurde der Klägerin jeweils das abschließende Urteil „noch nicht geeignet“ vergeben. Die Probezeit wurde mit Bescheid vom ... September 2010 bis zum 28. Januar 2011 und mit Bescheid vom ... Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 verlängert.

In der Probezeitbeurteilung vom 8. August 2011, die den Beurteilungszeitraum vom 6. November 2006 bis zum 31. Juli 2011 umfasst, der Klägerin am 9. August 2011 eröffnet, wurde ausgesprochen, dass sich die Klägerin in der Probezeit hinsichtlich ihrer Leistung, Eignung und Befähigung nicht bewährt habe und daher nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden könne. Gegen die Probezeitbeurteilung hat die Klägerin Klage erhoben (M 5 K 14.4589), über die mit Urteil vom 9. Juni 2015 entschieden wurde.

Mit Schreiben vom ... August 2011 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihre Entlassung beabsichtigt sei und mit Bescheid vom ... September 2011 ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen, das die Klägerin nicht angegriffen hat. Bei einer Fortsetzung der Lehrtätigkeit sei zu befürchten, dass die Schüler einer fachlich und pädagogisch unzureichenden Unterrichtsversorgung ausgesetzt seien und in ihrer Entwicklung nicht genügend gefordert würden. Ein weiterer Verbleib der Klägerin im Unterricht könne den Schülern nicht zugemutet werden.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom ... Oktober 2011 Einwendungen gegen die beabsichtigte Entlassung, da sie zu wenig Unterstützung und Anleitung erfahren habe.

Der Personalrat wurde mit Schreiben vom ... November 2011 beteiligt und stimmte der beabsichtigten Entlassung mit Schreiben vom ... November 2011 zu.

In einer Stellungnahme vom ... November 2011 führte Rektor F. der M.-J.-Schule aus, dass er bei seinen Unterrichtsbesuchen bei der Klägerin gravierende Mängel festgestellt habe. Es seien Überforderungen der Schüler festzustellen, falsche Tafelbilder seien verwendet worden, die Schülerinnen und Schüler würden sich massiv fehlverhalten, ohne dass die Klägerin nachhaltig auf diese einwirke und es herrschten des Öfteren chaotische Zustände in der Klasse. Er habe nach den jeweiligen Unterrichtsbesuchen Nachbesprechungen durchgeführt und der Klägerin Möglichkeiten zur Verbesserung aufgezeigt. Mit Schreiben vom ... November 2011 legte der damalige Schulrat M. des Schulamts R. dar, dass mit der Klägerin vor dem Ablauf des Beurteilungszeitraums der dritten Probezeitbeurteilung am 25. November 2010 eine Zielvereinbarung geschlossen worden sei, weshalb die Probezeit bis zum 31. Juli 2011 verlängert worden sei. Aus den Probezeitbeurteilungen und den Anlagen sei ersichtlich, dass trotz intensiver Betreuung seit 2007 die damals schon aufgetretenen Mängel nicht hätten beseitigt werden können. Um den Unterrichtserfolg zu sichern, habe die Klassenlehrerin, in deren Klasse die Klägerin unterrichte, regulierend eingreifen müssen. Die Klägerin habe ihre Klasse nicht im Griff und lehre deshalb nur zu einem Teil der Unterrichtszeit. Sie beurteile die Situation in der Klasse falsch und könne ihr eigenes Verhalten nicht genügend reflektieren. Daher habe die lange intensive Betreuung von Schulräten, Schulleitern und erfahrenen Kolleginnen bei der Klägerin nicht zum Erfolg geführt. Eine weitere Verlängerung der Probezeit sei nicht sinnvoll, weil auch zukünftig nicht zu erwarten sei, dass die Mängel behoben werden könnten.

Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom ... November 2011 wurde die Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des 31. Dezember 2011 verfügt. Die Klägerin sei fachlich nicht geeignet. Sie hätte ausreichend Unterstützung und Anleitung erfahren. Es habe Elternbeschwerden gegeben und in der Klasse der Klägerin hätten chaotische Zustände geherrscht. Darauf sei die Klägerin in Gesprächen vor und nach der Erstellung der Probezeitbeurteilungen hingewiesen worden.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom ... Dezember 2011 Widerspruch ein, der am ... November 2013 begründet wurde. Die Regierung gehe von falschen Tatsachen aus, außerdem seien ihre Einwendungen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom ... März 2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Im Hinblick auf die mangelnde Bewährung der Klägerin sei die Probezeit bereits zweimal verlängert worden. Auch die Dauer der Probezeit sei richtig berechnet worden.

Mit Schriftsatz vom 16. April 2014, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom ... November 2011 unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids der Regierung vom ... März 2013 aufzuheben.

Die Probezeit der Klägerin habe frühestens am 24. September 2012 geendet, sie sei daher zu Unrecht vor Ablauf der Probezeit entlassen worden. Die Probezeit hätte vielmehr verlängert werden müssen. Auch Mutterschutz und die Elternzeit der Klägerin seien zu berücksichtigen. Überdies seien die aufgetretenen Schwierigkeiten nicht so gravierend gewesen. Zudem sei die Entlassungsverfügung rechtswidrig, da sie innerhalb der Vier-Monats-Frist des § 11 der Bayerischen Mutterschutzverordnung/BayMuttSchuV ausgesprochen worden und die Klägerin seinerzeit im dritten Monat schwanger gewesen sei. Sie habe ihr Kind am ... August 2011 verloren. Ein Gewicht des Fötus unter 500 g könne zum Zeitpunkt des Verlustes des Kindes nicht mehr festgestellt werden. Im Übrigen habe die Probezeitbeurteilung als Grundlage für die Entlassung nicht herangezogen werden dürfen.

Die Regierung von Oberbayern hat mit Schreiben vom 11. Februar 2015 für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Probezeit sei ordnungsgemäß berechnet worden. Die Nichteignung der Klägerin habe nach der letzten Probezeitbeurteilung endgültig festgestanden, so dass der genaue Ablaufzeitpunkt der Probezeit nicht maßgeblich sei. Eine Verlängerung sei nicht möglich gewesen. Auch die Ansichten der Kolleginnen der Klägerin seien bei der Entlassungsentscheidung berücksichtigt worden, hätten jedoch zu keiner anderen Einschätzung geführt. Auch die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin sei in den Blick genommen worden. Die angeführten Defizite und Mängel seien auch ausreichend dokumentiert. Darüber hinaus hätten die Voraussetzungen der Entbindungsdefinition nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Zeitpunkt der Entlassungsverfügung nicht vorgelegen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift vom 9. Juni 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Entlassungsverfügung der Regierung von Oberbayern ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtlicher Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung ist im vorliegenden Fall die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Beamtenstatusgesetzes/BeamtStG i. V. m. Art. 12 Abs. 5 Leistungslaufbahngesetzes /LlbG. Danach können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Allerdings besteht für den Dienstherrn im Rahmen der „Kann - Regelung“ des § 23 Abs. 3 BeamtStG kein Handlungsermessen mehr, wenn die mangelnde Bewährung eines Beamten auf Probe feststeht, vgl. Art. 12 Abs. 5 LlbG.

Diese Entscheidung ist gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden fachlichen Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U. v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - ZBR 2002, 184). Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ist sachlich bereits dann gerechtfertigt, wenn sich während der Probezeit Zweifel an der persönlichen oder fachlichen Eignung des Beamten ergeben (BVerwG, U. v. 29.9.1960 - II C 79.59 - BVerwGE 11, 139/140). Der Feststellung der Bewährung während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens oder sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich oder fachlich gewachsen sein wird (Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2015, § 23 BeamtStG Rn. 136 m. w. N.). Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil. Letztlich kann nur die Dienstbehörde sachverständig und zuverlässig beurteilen, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen an ein konkretes Aufgabengebiet zu stellen sind und ob ein Beamter diesen Anforderungen gewachsen ist (VG München, B. v. 24.6.2013 - M 5 S 13.2475 - juris).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist gegen die Entlassungsverfügung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe rechtlich nichts zu erinnern.

a) Insbesondere haftet der Entlassungsverfügung kein formaler Mangel an. Der Hauptpersonalrat ist auf Antrag der Klägerin nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) beteiligt worden. Auch die in Art. 56 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) genannten Entlassungsfristen sind eingehalten. Die Anhörung (Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes /BayVwVfG) der Klägerin ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erfolgt. Nach dieser Bestimmung ist dem Beteiligten an einem Verwaltungsverfahren vor Erlass eines in dessen Rechte eingreifenden Verwaltungsaktes Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Klägerin wurde mit Schreiben vom ... August 2011 Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entlassung gegeben. Als Grund waren ihre mangelnden Leistungen während der Probezeit genannt, die sich aus der Probezeitbeurteilung ergäben.

b) Der Entlassungsbescheid ist auch im Rahmen der dem Gericht zukommenden Prüfung materiell nicht zu beanstanden.

Die Regierung von Oberbayern hat die Klägerin ohne Rechtsfehler wegen fehlender fachlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Aus der Begründung des Entlassungsbescheids sowie des Widerspruchsbescheids ergibt sich, dass der Beklagte nach der ihm als Dienstherr zukommenden Einschätzung davon ausgegangen ist, dass die Klägerin sich während der Probezeit nach den insofern maßgeblichen Kriterien der fachlichen Eignung nicht bewährt hat, somit nach § 10 Satz 1 BeamtStG die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nicht erfüllt und nach § 23 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BeamtStG zu entlassen war.

Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung ist in erster Linie die Probezeitbeurteilung (vgl. Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2015, § 23 BeamtStG Rn. 146). Der Umstand, dass die Probezeitbeurteilung angegriffen wurde, hindert ihre Verwertung nicht (BayVGH, B. v. 30.11.2009 - 3 Cs 09.1773 - juris). Die Beurteilung erwies sich im Verfahren M 5 K 14.4589 als rechtmäßig.

Auf die Probezeitbeurteilung vom 8. August 2011 bezieht sich der angefochtene Bescheid ausdrücklich. Darin wurde ausgeführt, an welchen Stellen sich die Defizite der Klägerin offenbarten. In allen Beurteilungsmerkmalen wurden Mängel und Fehler aufgezeigt und durch ausführliche textliche Erläuterungen verdeutlicht.

Die Rüge der Klägerin, wonach die seitens des Beklagten erhobenen Vorwürfe sich als pauschal oder unwahr darstellten bzw. nicht so gravierend gewesen seien, greift nicht durch. Der Beklagte hat seiner der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht entspringenden Aufgabe, die Grundlage seiner Entscheidung transparent zu machen (BVerfG, B. v. 15.12.1976 - 2 BvR 841/73, BVerfGE 43, 154 = NJW 1077, 1189; so auch Voitl/Luber, Leistungslaufbahngesetz, Art. 12 Rn. 34), hinreichend entsprochen (vgl. BayVGH, B. v. 30.11.2009 - 3 CS 09.1773 - juris). Sowohl die Vorfälle in der Klasse der Klägerin als auch die Versäumnisse in der Unterrichtsplanung und -gestaltung wurden nach den Unterrichtsbesuchen durch den damaligen Schulrat M. sowie den Rektor F. mit der Klägerin besprochen. Nach deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015 ließen sie der Klägerin eine intensive Betreuung zukommen und gaben Anleitung zur Verbesserung. Auch elf Hospitationen von Kolleginnen blieben fruchtlos.

Im vorliegenden Fall offenbaren ferner die dem Entlassungsbescheid zugrunde gelegten Defizite und Mängel der Klägerin, dass die Zweifel des Beklagten an der fachlichen Eignung für den Beruf einer Lehrerin und die Feststellung über den Ausschluss einer positiven Prognose gerechtfertigt sind. Dass bei der Klägerin gravierende Fehler im Unterricht auftraten, steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der Aussagen der Zeugen R. und M. in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015, an deren Glaubwürdigkeit das Gericht keine Zweifel hegt.

c) Der Einwand der Klägerin, die Probezeit hätte verlängert werden müssen, greift nicht durch. Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 2 LlbG dauert die regelmäßige Probezeit zwei Jahre. Diese kann nach Art. 12 Abs. 4 Satz 1 LlbG auf bis zu fünf Jahre verlängert werden, wenn der Beamte sich nicht bewährt hat. Die Verlängerung steht jedoch - entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten - im Ermessen des Dienstherr (Voitl/Luber, Leistungslaufbahngesetz, Art. 12 Rn. 34). Eine Pflicht des Dienstherrn, die Probezeit bei mangelnder Bewährung auf bis zu fünf Jahre auszudehnen, besteht hingegen nicht. Auch Gründe für eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Verlängerung sind weder vorgetragen noch ersichtlich (Voitl/Luber, a. a. O.). Vielmehr eröffnet Art. 12 Abs. 5 LlbG keinen Ermessensspielraum, wenn die mangelnde Bewährung feststeht.

Der Beklagte hat im Bescheid und Widerspruchsbescheid dargelegt, dass bei der Klägerin Defizite in solchem Ausmaß vorliegen, dass sie nicht behoben werden könnten (vgl. dazu Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2015, Art. 12 LlbG Rn. 29). Eine nochmalige Verlängerung der Probezeit war daher nicht angezeigt. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass der Dienstherr mit bestandskräftigem Bescheid vom ... September 2011 ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen hat.

Der Pflicht, dem Beamten jeweils mitzuteilen, bis zu welchem Zeitpunkt die Probezeit verlängert wird (Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2015, Art. 12 LlbG, Rn. 34), hat der Beklagte ferner Genüge getan. In den Bescheiden vom ... September 2010 sowie vom ... Januar 2011 wurde der Klägerin jeweils nicht nur die Verlängerung der Probezeit, sondern auch bis zu welchem Zeitpunkt dies erfolgen solle, mitgeteilt (jeweils bis zum 28.1. bzw. bis zum 31.7.2011).

d) Soweit die Klägerin rügt, der Beklagte hätte aufgrund ihrer Schwangerschaft eine Entlassung nicht aussprechen dürfen, vermag sie damit nicht durchzudringen.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BayMuttSchV darf eine Probebeamtin während der Schwangerschaft oder vier Monate nach der Entbindung nicht entlassen werden. Nachdem die Klägerin ihr Kind am ... August 2011 verloren hatte, war sie zum Zeitpunkt der Entlassung mit Bescheid vom ... November 2011 nicht schwanger. Auch die Definition einer Entbindung ist vorliegend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (U. v. 12.12.2013 - 8 AZR 838/12 - juris), die sich auf den insofern gleich lautenden § 9 Abs. 1 Satz 1 des Mutterschutzgesetzes/MuSchG bezieht, nicht erfüllt. Unter „Entbindung“ ist grundsätzlich die „Trennung der Leibesfrucht vom Mutterleib“ zu verstehen, was bei einer Lebendgeburt vollkommen unproblematisch ist (vgl. BAG, U. v. 16.2.1973 - 2 AZR 138/72 - BAGE 25, 70; Schlachter in Erfurter Kommentar, 15. Auflage 2015, § 6 MuSchG, Rn. 2).

Für die Beurteilung, ob auch eine anderweitige Beendigung der Schwangerschaft als „Entbindung“ im Rechtssinne zu werten ist, kann § 31 Abs. 2 der Personenstandsverordnung/PStV (BGBl. I 2008 S. 2263) herangezogen werden. Danach gilt die „Leibesfrucht“ entsprechend den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO von 1977 als (tot geborenes oder in der Geburt verstorbenes) Kind, wenn sie mindestens 500g wiegt (BAG, U. v. 15.12.2005 - 2 AZR 462/04 - juris). Auch in einem solchen Fall ist von einer Entbindung auszugehen (BAG, U. v. 12.12.2013 - 8 AZR 838/12 - juris). Ein tot geborenes Kind von geringerem Körpergewicht als 500g gilt dagegen als Fehlgeburt, § 31 Abs. 3 PStV, was keine Entbindung im Sinne des Mutterschutzgesetzes darstellt. In diesem Fall einer Fehlgeburt besteht der Schutz vor Kündigungen nur während der Schwangerschaft. Dem entspricht die medizinische Terminologie und Einteilung. In der medizinischen Wissenschaft wird erstmals ab einem Gewicht des Kindes von 500g und mehr von eine Totgeburt anerkannt. Dieses Gewicht ist erst ab der 22. Schwangerschaftswoche zu erwarten (Runnebaum/Rabe, Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin Bd. 2, S. 414; Hadlock/Harrist, In utero analysis of fetal growth: a sonographic weight standard, Radiology, Oct. 1991, 181(1):129-33; Tabelle im Internet verfügbar unter http://www.bluni.de/index.php/a/schwanger_bio_gewicht; vgl. BAG, U. v. 12.12.2013 - 8 AZR 838/12 - juris).

Nach dem Vortrag der Klägerin befand sie sich Anfang August 2011 im dritten Schwangerschaftsmonat, mithin in der 8. bis 15. Schwangerschaftswoche. Daher ist nicht davon auszugehen, dass das Gewicht des Kindes mehr als 500g betrug. Dies wurde von ihr auch nicht substantiiert vorgetragen. Da es sich um eine für die Klägerin günstige Tatsache handelt, obliegt ihr insofern die materielle Beweislast. Es ist dem Beklagten weder möglich noch zumutbar, den Beweis für das damalige Gewicht des Kindes der Klägerin zu erbringen. Das liegt vielmehr ausschließlich in der Sphäre der Klägerin.

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.151,05 festgesetzt (§ 52 Abs. 6 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.