Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juli 2015 - M 2 K 14.30929

bei uns veröffentlicht am22.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der 1980 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 25. März 2012 auf dem Landweg nach Deutschland ein und beantragte hier am 2. April 2012 Asyl. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt ... (BAMF) am 19. April 2012 gab er an, shiitischen Glaubens zu sein. Er sei in einer Bank in der Stadt ... angestellt gewesen und am 13. Juni 2009 bei einer Demonstration gegen den Ausgang der Präsidentschaftswahlen festgenommen, geschlagen, beschimpft, beleidigt und viermal verhört worden. Nach 10 Tagen habe er eine Erklärung unterschreiben müssen und sei anschließend freigelassen worden. Während der folgenden Monate habe er beobachtet, wie immer wieder Sicherheitsleute in die Bank gekommen seien und den Geschäftsführer befragt hätten, z. B. danach, welcher Mitarbeiter nicht zur Arbeit erschienen sei. Nach sechs Monaten sei er antragsgemäß zu einer anderen Bank in ... versetzt worden. Während einer dreiwöchigen Dienstreise nach ... habe er am 14. Februar 2011 an seiner Arbeitsstelle vom Fenster aus beobachtet, wie Demonstranten von Sicherheitskräften blutig geschlagen wurden. Er habe dann eine Tür der Bank geöffnet und dadurch fünf Demonstranten Zuflucht gewährt. Der Geschäftsführer der Bank habe ihn zunächst angeschrien und dann mit Hilfe anderer Mitarbeiter zusammen mit den fünf Demonstranten aus dem Bankgebäude gedrängt. Aus Angst vor einer erneuten Festnahme sei er untergetaucht und habe sich ca. 10 Monate lang bei Freunden in verschiedenen Städten versteckt. Dann habe er seine Schwester telefonisch gebeten, dass sein Vater seine Ausreise vorbereiten solle. In dieser Zeit hätten seine Freunde mit seiner Bankkarte das für den Lebensunterhalt benötigte Geld aus Geldautomaten gezogen. Die Sicherheitskräfte hätten bestimmt zehn Mal bei seiner Schwester und seine Eltern nach ihm gesucht und ihn sieben oder acht Mal vorgeladen. Die Vorladungen habe er nicht selbst erhalten, sie müssten sich noch im Iran befinden.

Mit Bescheid vom ... Juli 2014, zugestellt am 1. August 2014, wurden die Flüchtlingseigenschaften nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3) und Abschiebungsverbote verneint (Ziffer 4); der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung in den Iran aufgefordert, Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Ziffer 5). Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Kläger habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht.

Am 3. August 2014 erhob der Kläger Asylklage mit dem Antrag,

den Bescheid vom ... Juli 2014 in Ziffern 1, 3 und 4 aufzuheben und die Beklagte zu der Feststellung zu verpflichten, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG vorliegen.

Der Kläger sei in seiner Heimat wiederholt politisch verfolgt worden.

Mit Beschluss vom 9. September 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015 übergab der Kläger unter anderem eine Taufurkunde vom ... Februar 2015.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Bundesamtsakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass ihm unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom ... Juli 2014 die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4 Asylverfahrensgesetz mit der Folge eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuerkannt wird.

Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 a AsylVfG wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Verfolgungsgründe im Sinne des § 3 b AsylVfG) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 28 Abs. 1 a AsylVfG kann die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat. Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers nicht vor.

1. Nach dem Vortrag des Klägers kann nicht angenommen werden, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Iran befindet. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass er vorverfolgt ausgereist ist. Seine diesbezüglichen Angaben sind ungereimt und widersprüchlich. Vor allem spricht es entschieden gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben, dass er das fluchtauslösende Ereignis bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung völlig unterschiedlich dargestellt hat. Beim Bundesamt hatte er die Festnahme mit nachfolgender zehntägiger Inhaftierung auf den 13. Juni 2009 datiert und angegeben, er habe am 14. Februar 2011 bei einer weiteren Demonstration fünf Studenten Zuflucht in der Bank gewährt und sei anschließend, nachdem er mit diesen Studenten auf die Straße gedrängt worden sei, aus Angst vor einer weiteren Festnahme untergetaucht. Dagegen hat er in der mündlichen Verhandlung geschildert, er sei festgenommen worden, als er mit den fünf Studenten, die er in die Bank gelassen hatte, demonstriert habe. Auch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung anders als bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt nicht angegeben, dass er vor seiner Freilassung zwei Erklärungen, nämlich ein Geständnis und eine Blanko-Verpflichtungserklärung unterschreiben musste und erst freigelassen wurde, nachdem seine Schwester ihre Kraftfahrzeug-Besitzurkunde als Kaution hinterlegt hatte. Wenn der Kläger die Festnahme bei einer politischen Demonstration tatsächlich erlebt hätte, so hätte er dieses einschneidende Erlebnis nach Überzeugung des Gerichts beim Bundesamt und bei Gericht im Wesentlichen übereinstimmend geschildert. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht auch, dass er die seiner Schwester und seinen Eltern angeblich zugestellten Vorladungen nicht vorgelegt hat. Wäre der Kläger im Iran tatsächlich von den Sicherheitskräften so intensiv, wie von ihm behauptet, gesucht worden, hätte es sich jedenfalls nach Erhalt des ablehnenden Bescheids vom ... Juli 2014 geradezu aufgedrängt, bei seinen Eltern und seiner Schwester die angeblich zugestellten Vorladungen anzufordern und dem Gericht vorzulegen. Seine diesbezügliche Einlassung in der mündlichen Verhandlung, er habe wegen möglicher Kontrollen Angst gehabt, mit seiner Schwester zu telefonieren, überzeugt nicht. Im Übrigen werden auch die in dem angefochtenen Bescheid geäußerten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der klägerischen Angaben geteilt. Ihm wird deshalb nicht geglaubt, dass er sich als Regimegegner außerhalb des Iran aufhält und ihm eine Rückkehr in den Iran wegen seiner politischen Überzeugung nicht zuzumuten ist.

2. Ebenso wenig konnte der Kläger das Gericht davon überzeugen, dass er aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion nicht in den Iran zurückkehren kann. Es ist nicht glaubhaft, dass der Kläger in Deutschland aus tiefer innerer Überzeugung zum christlichen Glauben übergetreten ist. Zwar drohen den zum Christentum konvertierten Muslimen im Iran durch die Glaubensausübung landesweit vom iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgehende Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 a AsylVfG, weshalb dann regelmäßig die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylVfG vorliegen. Die Annahme einer konkreten Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht (VGH Mannheim, B. v. 23.4.2014 - A 3 S 269/14 - juris Rn. 6 m. w. N.; OVG Lüneburg, B. v. 7.3.2014 - 13 LA 118/13 - juris Rn. 4 m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 24.5.2013 - 5 A 1062/12.A - juris Rn. 8 ff. m. w. N.; BayVGH, B. v. 7.5.2013 - 14 ZB 13.30082 - juris Rn. 5 m. w. N.; a. A.: VG Stuttgart, U. v. 20.9.2013 - A 11 K 5/13 -; VG Schwerin, U. v. 13.2.2013 - 3 A 1877/10 As - juris Rn. 165 ff.). Vielmehr muss glaubhaft sein, dass der Betreffende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion entsprechend lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 37 ff. m. w. N.).

Der Kläger konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass er aus tiefer innerer Überzeugung und nicht nur aus asyltaktischen Gründen zum Christentum übergetreten ist. Die erheblichen Zweifel an einem tief empfundenen Glaubenswechsel beruhen weniger darauf, dass der Kläger nicht einmal die zehn Gebote vollständig zu kennen scheint, obwohl gerade von Konvertierten zu erwarten ist, dass sie sich mit den Grundlagen ihrer neuen Religion besonders vertraut machen. Entscheidend ist, dass der Kläger die Fragen des Gerichts nach den Gründen des von ihm behaupteten Glaubenswechsels nur vage und allgemein und insgesamt nicht überzeugend beantworten konnte. Er hat dabei nur vage Begriffe wie „Freundschaft“ und „Liebe“ bemüht, während es im Islam „nur Zorn, Verrat und Diebstahl“ gebe. Wenig überzeugend war auch, dass der Kläger auf die Frage nach etwaigen durch den Glaubenswechsel bewirkten Veränderungen in seinem Leben zunächst nur auf seine Liebe zu anderen Menschen verwiesen und auf weitere Nachfrage angegeben hat, er sei früher ein sehr zorniger Mensch gewesen und heute werde er ruhig, sobald er ein Wort aus der Bibel lese. In Anbetracht dieser oberflächlichen Ausführungen konnte auch die von der Life-Church am ... Februar 2015 ausgestellte Taufurkunde, die am ... März 2015 von der gleichen freikirchlichen Gemeinde ausgestellte Mitgliederbescheinigung und die auf dem Tisch vor dem Kläger liegende Bibel das Gericht nicht davon überzeugen, dass sich der Kläger aus tief empfundener Überzeugung dem Christentum zugewendet hat.

Die nach Überzeugung des Gerichts nicht erst gemeinte Hinwendung zum Christentum führt bei einer Rückkehr des Klägers in den Iran nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu asylerheblichen Verfolgungsmaßnahmen. Selbst wenn die iranischen Behörden davon erfahren sollten, würden sie davon ausgehen, dass dies nicht erst gemeint war und allein der Förderung des Asylverfahrens dienen sollte (vgl. OVG Münster, U. v. 9.6.2011 - 13 A 947/10.A-juris RdNr. 70 ff.)

3. Im Übrigen wird gem. § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Dezember 2013 - A 5 K 122/13 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungszulassungsverfahrens.

Gründe

Der auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg hat keinen Erfolg.
Die aufgeworfene Frage,
ob eine Grundsatzentscheidung des zuständigen kirchlichen Würdenträgers, des Pfarrers, der einen ernsthaften Glaubensübertritt (eines Asylbewerbers) bejaht hat, das staatliche Gericht staatskirchenrechtlich bindet,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67; Beschl. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289) bereits ausreichend geklärt.
Ein hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr der Verfolgung aussetzt. Vielmehr kann bereits der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung erreichen. Die Beurteilung, ob eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne der genannten Vorschrift zu erfüllen, hängt aber außer von objektiven auch von subjektiven Gesichtspunkten ab. Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z.B. Leib und Leben. Als relevanten subjektiven Gesichtspunkt für die Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit ist der Umstand anzusehen, ob für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Es reicht dafür nicht aus, dass der Asylbewerber eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen - jedenfalls im Aufnahmemitgliedstaat - nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten.
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, Urt. v. 20.2.2013, a.a.O., Rn. 30; Beschl. v. 9.12.2010, a.a.O.). Der formale, kirchenrechtlich wirksam vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe reicht für die Gewinnung dieser Überzeugung jedenfalls im Regelfall nicht aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 -; Beschl. v. 9.1.2014 - A 2 S 1812/13 -; OVG Niedersachsen, 7.3.2014 - 13 LA 118/13 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.5.2013 - 5 A 1062/12.A - juris; BayVGH, Beschl. v. 12.1.2012 - 14 ZB 11.30346 - juris). Ob ein von diesem Regelfall abweichender Sonderfall vorliegt, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und ist deshalb einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylVfG.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.