Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts … vom 27.02.2015, Az.: … wird aufgehoben.

II.

Es wird festgestellt, dass das im Bescheid des Landratsamts … vom 27.08.2012 für die Nichterfüllung der darin enthaltenen Auflage Nr. 86.2 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von EUR 5.000,- nicht zur Zahlung fällig geworden ist.

III.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Fälligstellung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,- € sowie die Androhung eines weiteres Zwangsgeldes in Höhe von 5.500,- €.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. …, Gemarkung …, Gemeinde … Mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 27. August 2012 wurde den Klägern die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf diesem Grundstück genehmigt. Der südliche und südöstliche Teil des Grundstücks gehört noch zum Landschaftsschutzgebiet „Westlicher Teil des Landkreises …“.

Im Baugenehmigungsbescheid wurde unter der Auflage Nr. 86.1 eine südlich des geplanten Wohnhauses, noch im Bereich des Landschaftsschutzgebiets stehende Blutbuche mit einem Stammumfang von 2,04 m als zu erhalten festgesetzt. Unter Auflage Nr. 86.2 wurde angeordnet, dass vor dem Beginn der Erdarbeiten an dem im Freiflächengestaltungsplan rot markierten Stellen standfeste Baumschutzzäune nach DIN 18920 zu erstellen und während der gesamten Bauzeit zu erhalten seien. In den genehmigten Bauvorlagen ist die entsprechende Buche auf dem Freiflächengestaltungs- bzw. Baumbestandsplan mittels Roteintrag als solche gekennzeichnet. Zudem befinden sich an zwei Stellen, unter anderem auf halber Höhe zwischen dem Standort der Blutbuche und dem geplanten Wohnhaus, entsprechende rote Markierungen mit dem Hinweis, dass an diesen Stellen die Baumschutzzäune nach DIN 18920 aufzustellen seien. Für den Fall der Nichtbefolgung der Auflage Nr. 86.2 vor Beginn der Erdarbeiten und während der gesamten Bauzeit wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- € angedroht. Die Kläger legten keine Rechtsbehelfe gegen die Auflagen im Baugenehmigungsbescheid ein.

Nachdem die Baubeginnsanzeige unter dem 13. Juli 2013 erstattet worden war, wurde mit den Arbeiten zur Errichtung des Vorhabens begonnen.

Im Rahmen einer Ortseinsicht am 23. Februar 2015 wurde seitens des Landratsamts festgestellt, dass auf dem Baugrundstück keinerlei Baumschutzzäune nach DIN 18920 aufgestellt waren.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2015, den Klägern zugestellt am 2. März 2015, stellte das Landratsamt das Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- €, das für den Fall der Nichtbefolgung der Auflage Nr. 86.2 angedroht worden war, fällig und drohte zudem ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 5.500,- € für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus der Auflage Nr. 86.2 bis spätestens zum 13. März 2015 an.

Mit Schreiben vom 27. März 2015 erhoben die Kläger persönlich Klage gegen den Bescheid vom 27. Februar 2015. Mit weiterem Schreiben vom 29. Mai 2015 wurde die Klage begründet und hierbei insbesondere vorgetragen, dass es nicht zutreffe, dass Auflage Nr. 86.2 nicht innerhalb der gesetzten Frist erfüllt worden sei. Ein entsprechender Baumschutzzaun sei ordnungsgemäß vor Beginn der Bauarbeiten aufgestellt und während der gesamten Bauzeit erhalten worden. Lediglich während der Frostperiode im Winter 2014/2015, als keine Baumaßnahmen durchgeführt worden seien, habe der Zaun nicht gestanden. Der Zaun sei am 10. Dezember 2014 abgebaut und anschließend, vor erneutem Beginn der Bauarbeiten am 24. März 2015 wieder aufgebaut worden. Dies sei so geschehen, um nicht unnötigerweise Mietgebühren entrichten zu müssen. Der der Aufstellung des Baumschutzzauns zugrunde liegende Schutzzweck sei jederzeit gewährleistet gewesen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Landratsamts … vom 27. Februar 2015 aufzuheben und festzustellen, dass das mit Schreiben vom 27. Februar 2015 fällig gestellte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seitens des Beklagten erfolgte keine Äußerung zur Klage.

Die Kammer hat am 10. November 2016 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im hiesigen und in den Parallelverfahren (M 11 K 15.1236 und M 11 K 16.1495) sowie auf die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Bauvorlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg.

1. Der zulässige Feststellungsantrag, mit dem die Kläger festzustellen begehren, dass das im Schreiben vom 27. Februar 2015 fällig gestellte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist, ist begründet, da die Kläger die ihnen bestandskräftig auferlegte Verpflichtung einen Baumschutzzaun nach DIN 18920 aufzustellen, erfüllt haben.

Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG wird eine Zwangsgeldforderung fällig, wenn die einem im Sinne von Art. 31 Abs. 1 VwZVG Pflichtigen auferlegte Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht bis zum Ablauf der nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG zu bestimmenden Frist nicht erfüllt wird.

Das Gericht zweifelt nicht an den Angaben der Kläger, dass sie den Baumschutzzaun entsprechend der Auflage Nr. 86.2 jeweils vor Beginn der Bauarbeiten aufgestellt und nur während der Wintermonate, als keine Bauarbeiten stattfanden, abgebaut haben, um die in dieser Zeit unnötigerweise anfallende Miete einzusparen. Zum einen wurde dies vom Beklagten nicht bestritten. Zum anderen ergibt sich aus einem Lichtbild, das im Rahmen einer Baukontrolle am 20. Oktober 2014 angefertigt wurde, dass zu diesem Zeitpunkt an der Stelle, an der gemäß dem genehmigten Freiflächengestaltungsplan der Baumschutzzaun stehen sollte, tatsächlich ein Zaun vorhanden war (Bl. 61 der Behördenakte). Des Weiteren ist auf Lichtbildern unter dem 24. März 2015 die Wiederaufstellung des Zauns dokumentiert (Bl. 96 der Behördenakte). Im Übrigen ist auch das Fehlen des Baumschutzzaunes im Rahmen dieser Baukontrolle nicht bemängelt worden.

Die Tatsache, dass die Kläger den Zaun für die Zeit entfernten, in der aufgrund der Temperaturen keine Baumaßnahmen stattfanden, stellt keinen Verstoß gegen Auflage Nr. 86.2 dar. Nach ihrem objektiven Sinngehalt und dem was ein verständiger Empfänger billigerweise unter dem objektiv Erklärten verstehen durfte, ist die streitgegenständliche Auflage so auszulegen, dass der Zaun nur für die Zeit aufzustellen und zu erhalten ist, in der entsprechend dem Willen der Bauherren tatsächlich Baumaßnahmen stattfinden.

Vom Wortlaut her ist dieses Auslegungsergebnis zwar nicht eindeutig. „Bauzeit“ kann sowohl verstanden werden als die Zeit, in der tatsächlich Baumaßnahmen durchgeführt werden, als auch als der gesamte Zeitraum der Errichtung eines Vorhabens, vom erstmaligen Beginn der Bauarbeiten bis zu dessen endgültiger Fertigstellung.

Allerdings folgt aus dem Sinn und Zweck der Auflage, dass unter „Bauzeit“ die Zeit zu verstehen ist, innerhalb der aufgrund eines entsprechenden Willensentschlusses des Bauherrn tatsächlich Baumaßnahmen stattfinden. Bereits aus der Stellung der Auflage Nr. 86.2 nach der Auflage Nr. 86.1, in der die entsprechende Buche als zu erhalten festgesetzt wurde ergibt sich, dass mit der Auflage Nr. 86.2 bezweckt ist, den Erhalt dieser Buche sicherzustellen und den Baum vor Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen zu schützen. Die Gefahr einer derartigen Beeinträchtigung des Baumes besteht aber denknotwendigerweise nur solange, als tatsächlich Bauarbeiten durchgeführt werden und daher ohne sichernden Zaun die Gefahr bestünde, dass Maßnahmen den Baum in Mitleidenschaft ziehen, insbesondere weil sie zu nahe an dessen Wurzelgeflecht durchgeführt werden. In der Zeit dagegen, in der die Baumaßnahmen ruhen, ist insoweit keinerlei Gefahrenlage denkbar. Werden die Arbeiten also aufgrund einer Willensentscheidung des Bauherren unterbrochen und ruhen vollständig, kann nicht von „Bauzeit“ in diesem Sinne gesprochen werden. Hierfür spricht zudem noch die Überlegung, dass im Falle einer endgültigen Einstellung der Arbeiten, also einer Aufgabe der Errichtung des Vorhabens, die im freien Belieben des Bauherrn steht, auch nicht mehr von „Bauzeit“ gesprochen werden könnte und dementsprechend die weitere Erhaltung eines Baumschutzzaunes widersinnig wäre und daher nicht mehr verlangt werden könnte. Somit bestimmt letztlich der Bauherr aufgrund seines Entschlusses zielgerichtete Baumaßnahmen durchzuführen, wann und wie lange „Bauzeit“ ist. Es muss für den vorliegenden Fall des bewussten Ruhens und der späteren Wiederaufnahme der Bauarbeiten dasselbe wie für den Fall der endgültigen Aufgabe der Baumaßnahmen gelten.

Da keine Zuwiderhandlung vorliegt, ist das Zwangsgeld aus der Baugenehmigung vom 27. August 2012 nicht gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG fällig geworden.

2. Der zulässige Anfechtungsantrag, mit dem die Kläger sich gegen die weitere Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 27. Februar 2015 wenden, ist ebenfalls begründet, da die Androhung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 5.500,- € im Bescheid vom 27. Februar 2015 rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG darf eine neue Zwangsmittelandrohung erst erfolgen, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Die Zwangsgeldandrohung in Höhe von 5.000,- € aus dem Baugenehmigungsbescheid vom 27. August 2012 ist vorliegend aber nicht erfolglos geblieben, da die Kläger der Auflage Nr. 86.2 dieses Bescheids nicht zuwidergehandelt haben (s.o.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 7.750,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-i.V.m Nr. 1.7.1 des Streitwertkatalogs).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläger wenden sich gegen eine Baue
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Tenor I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts … vom 03.03.2016, Az.: … verpflichtet, den Bauantrag der Kläger vom 10.01.2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbe

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläger wenden sich gegen eine Baue

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen eine Baueinstellungsverfügung.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. …, Gemarkung …, Stadt … Mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 27. August 2012 wurde den Klägern die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf diesem Grundstück genehmigt. Der südliche und südöstliche Teil des Grundstücks gehört noch zum Landschaftsschutzgebiet „Westlicher Teil des Landkreises …“.

Im Baugenehmigungsbescheid wurde unter der Auflage Nr. 86.1 eine südlich des geplanten Wohnhauses, noch im Bereich des Landschaftsschutzgebiets stehende Blutbuche mit einem Stammumfang von 2,04 m als zu erhalten festgesetzt. In den genehmigten Bauvorlagen ist die entsprechende Buche auf dem Freiflächengestaltungs- bzw. Baumbestandsplan mittels Roteintrag als solche gekennzeichnet.

Nachdem die Baubeginnsanzeige unter dem 13. Juli 2013 erstattet worden war, wurde mit den Arbeiten zur Errichtung des Vorhabens begonnen.

Bei einer Baukontrolle am 20. Oktober 2014 wurde festgestellt, dass das Vorhaben teilweise planabweichend ausgeführt wurde. Der Keller wurde größer ausgeführt, da Bereiche, die in den genehmigten Bauvorlagen als nicht unterkellert dargestellt sind, unterkellert wurden. Des Weiteren wurde auf der Nordseite eine Stützwand in einem Abstand von ca. 2 m zum Gebäude errichtet und der dahinter gelegene Bereich zum Gebäude hin abgegraben, sodass sich für diese Stelle eine größere Wandhöhe ergibt. Zudem wurde ein vorspringender Baukörper errichtet, die Terrasse auf der Südseite größer ausgeführt und zusätzlich eine Treppe installiert, die den Höhenunterschied zwischen Gelände und Terrasse erschließt. Schließlich wurde im südwestlichen Bereich, in dem ebenfalls eine Terrasse genehmigt war, an Stelle dieser ein Schwimmbecken errichtet.

Mit Schreiben vom 10. November 2014 bat das Landratsamt die Kläger um Einreichung eines Tekturantrags mit den entsprechenden Änderungen über die Stadt … bis 15. Dezember 2014 und gab den Klägern die Möglichkeit zur Stellungnahme bzgl. der für den Erlass einer etwaigen Anordnung erheblichen Tatsachen. Ein Tekturantrag, der die genannten Abweichungen beinhaltete, ging am 15. Januar 2015 bei der Stadt … ein.

Mit Bescheid vom 26. Februar 2015, den Klägern zugestellt am 27. Februar 2015, verfügte das Landratsamt, dass sämtliche Bauarbeiten an den nicht genehmigten Gebäudeteilen, d.h. an den Außenanlagen, den Stützmauern, der Terrasse und der Außentreppe einzustellen seien. Begründet wurde dies damit, dass Bedenken bzgl. der Genehmigungsfähigkeit bestünden, da Abgrabungen und Auffüllungen im Bereich der zu erhaltenden Buche vorgenommen worden seien, die augenscheinlich noch nicht abgeschlossen worden seien. Die zu erhaltende Buche erscheine durch die nicht genehmigten Bauarbeiten erheblich gefährdet.

Mit Schreiben vom 27. März 2015 erhoben die Kläger persönlich Klage gegen den Bescheid vom 26. Februar 2015. Mit weiterem Schreiben vom 29. Mai 2015 wurde die Klage begründet und hierbei insbesondere geltend gemacht, dass die Einstellung der Baumaßnahmen unverhältnismäßig sei. Des Weiteren sei den Klägern keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Zudem enthalte der Bescheid keine tragfähige Begründung. Soweit der Bescheid begründet worden sei, beziehe sich diese Begründung nur auf eine angebliche erhebliche Gefährdung der geschützten Buche. Eine Gefährdung der Buche, deren Erhaltung auch von den Klägern beabsichtigt werde, habe allerdings nicht vorgelegen und es seien auch keine baumschädigenden Maßnahmen vorgesehen. Die als planabweichend beanstandeten Maßnahmen beträfen die Buche nicht, da sie nicht in unmittelbarer Nähe der Buche durchgeführt worden seien. Lediglich die Außentreppe befinde sich in unmittelbarer Nähe der Buche. Die Arbeiten an der Treppe seien aber bereits abgeschlossen. Der Bescheid lasse zudem nicht erkennen, in welcher Weise die Maßnahmen die Buche gefährden würden. Es sei im Vergleich zur genehmigten Planung keine stärkere Beeinträchtigung der Buche gegeben. Dies werde auch durch ein von den Klägern in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten belegt. Im Übrigen befänden sich alle Planabweichungen in einem Rahmen, dessen baurechtliche Zulässigkeit in einem Vorbescheid vom 7. Mai 2010 festgestellt worden sei.

Die Kläger beantragen,

den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 erwiderte der Beklagte auf die Klage. Er trug im Wesentlichen vor, dass die Kläger bei der Bauausführung erheblich von den genehmigten Plänen abgewichen seien, sodass das Vorhaben in der ausgeführten Form formell illegal sei. Dies genüge grundsätzlich für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung, sodass es auf die materielle Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens nicht mehr ankomme. Die klägerischen Ausführungen zur angeblich fehlenden Beeinträchtigung der Buche seien daher irrelevant. Bei formeller Illegalität könnten die Arbeiten regelmäßig ermessensfehlerfrei eingestellt werden, um rechtmäßige Zustände herzustellen. Das Vorhaben sei in der vorliegenden Form auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig, da die Abweichungen nicht geringfügig und daher einfach zu beurteilen seien. Die Behörde sei nicht verpflichtet, die Genehmigungsfähigkeit außerhalb des dafür vorgesehenen Genehmigungsverfahrens zu überprüfen. Über den Tekturantrag vom 15. Januar 2015 hätte noch nicht entschieden werden können, da u.a. noch die Entscheidung über die Einvernehmenserteilung der Stadt … fehlen würde. Schließlich sei eine Anhörung der Kläger gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG entbehrlich gewesen, da die Notwendigkeit einer geordneten baulichen Entwicklung es gebiete, gesetzwidrige Bauarbeiten sofort zu unterbinden und damit die Verfestigung eines bereits bestehenden bauordnungswidrigen Zustandes zu verhindern und eine sofortige Entscheidung daher im öffentlichen Interesse gelegen habe.

Die Kammer hat am 10. November 2016 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im hiesigen und in den Parallelverfahren (M 11 K 15.1235 und M 11 K 16.1495) sowie auf die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Bauvorlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Landratsamts vom 26. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die vorliegende Baueinstellungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a) BayBO.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere lässt er es nicht an einer etwaig gebotenen Anhörung fehlen, da den Klägern im Schreiben vom 10. November 2014 ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme bzgl. der planabweichenden Ausführung gemäß Art. 28 BayVwVfG gegeben wurde. Daher kann offenbleiben, ob eine Anhörung hier nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG entbehrlich war.

Auch ist der angefochtene Bescheid in materieller Hinsicht rechtmäßig.

Die Außenanlagen, auf die sich der Bescheid bezieht, wurden abweichend von den genehmigten Plänen ausgeführt, Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a) BayBO.

Auch das durch die Erfüllung des Tatbestands der vorbezeichneten Norm eröffnete Ermessen ist vorliegend in fehlerfreier Art und Weise ausgeübt worden.

Zu beachten ist, dass im Rahmen des Art. 75 BayBO die Ermessensentscheidung intendiert ist, die Richtung der Betätigung der Ermessensausübung also vom Gesetz vorgezeichnet ist, da in aller Regel ein öffentliches Interesse besteht, die Fortführung unzulässiger Arbeiten zu verhindern. Es müssen folglich im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, um eine andere Entscheidung als die Baueinstellung zu rechtfertigen (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 122. EL Januar 2016, Art. 75, Rn. 83 f.). In einem derartigen Falle eines intendierten Ermessens stellen sich an die Begründungspflicht der Ermessensentscheidung nur geringe Anforderungen. So wird der Begründungspflicht regelmäßig genügt, wenn beim Einschreiten gegen einen wegen fehlender Baugenehmigung rechtswidrigen Zustand die Behörde zum Ausdruck bringt, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit zu beseitigen ist (Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 122. EL Januar 2016, Art. 76, Rn. 310). Der vorliegende Bescheid genügt diesen Anforderungen, da er neben den Ausführungen zur Gefährdung der zu erhaltenden Buche auch darauf abstellt, dass bei der Ausführung des genehmigungspflichtigen Vorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde und die Baueinstellung deshalb angeordnet werden konnte.

Auch ist die Baueinstellungsverfügung nicht wegen offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit unverhältnismäßig. Im Rahmen des Art. 75 BayBO ist bereits umstritten, ob eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit der Abweichungen zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung führt. Letztlich braucht diese Frage nicht entschieden zu werden, da es sich weder um geringfügige Abweichungen handelt noch die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich feststeht (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 122. EL Januar 2016, Art. 75, Rn. 93). Insbesondere die Unterkellerung ganzer zusätzlicher Bereiche, Abgrabungen, die zur Veränderung der Wandhöhe führen, sowie die Installation eines Schwimmbeckens können nicht mehr als geringfügige Abweichungen bezeichnet werden. An der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit derartiger Abweichungen, bei deren Beurteilung die Behörde nicht gehalten ist, dieselben Maßstäbe wie im förmlichen Genehmigungsverfahren anzulegen, fehlt es zudem bereits, wenn wie hier noch die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 1 BauGB erforderlich ist, da für eine etwaige Ersetzung des Einvernehmens nach Art. 67 BayBO ein Ermessensspielraum eröffnet ist (Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 122. EL Januar 2016, Art. 76, Rn. 302 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts … vom 03.03.2016, Az.: … verpflichtet, den Bauantrag der Kläger vom 10.01.2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu ¼, der Beklagte zu ¾ zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Versagung einer Tekturgenehmigung für ein planabweichend ausgeführtes Vorhaben.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. …, Gemarkung …, Gemeinde … Mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 27. August 2012 wurde den Klägern die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf diesem Grundstück genehmigt. Der südliche und südöstliche Teil des Grundstücks gehört noch zum Landschaftsschutzgebiet „Westlicher Teil des Landkreises …“.

Nachdem die Baubeginnsanzeige unter dem 13. Juli 2013 erstattet worden war, wurde mit den Arbeiten zur Errichtung des Vorhabens begonnen.

Bei einer Baukontrolle am 20. Oktober 2014 wurde festgestellt, dass das Vorhaben teilweise planabweichend ausgeführt wurde. Der Keller wurde größer ausgeführt, da Bereiche, die in den genehmigten Bauvorlagen als nicht unterkellert dargestellt sind, unterkellert wurden. Des Weiteren wurde auf der Nordseite eine Stützwand in einem Abstand von ca. 2 m zum Gebäude errichtet und der dahinter gelegene Bereich zum Gebäude hin abgegraben, sodass sich für diese Stelle eine größere Wandhöhe ergibt. Zudem wurde ein vorspringender Baukörper errichtet, die Terrasse auf der Südseite größer ausgeführt und zusätzlich eine Treppe installiert, die den Höhenunterschied zwischen Gelände und Terrasse erschließt. Schließlich wurde im südwestlichen Bereich, in dem ebenfalls eine Terrasse genehmigt war, an Stelle dieser ein Schwimmbecken errichtet.

Mit Schreiben vom 10. November 2014 bat das Landratsamt die Kläger um Einreichung eines Tekturantrags mit den entsprechenden Änderungen über die beigeladene Gemeinde bis 15. Dezember 2014 und gab den Klägern die Möglichkeit zur Stellungnahme bzgl. der für den Erlass einer etwaigen Anordnung erheblichen Tatsachen. Unter dem 10. Januar 2015, bei der beigeladenen Stadt eingegangen am 15. Januar 2015, beantragten die Kläger die Erteilung einer Tekturgenehmigung, die die Änderungen aufgrund der abweichenden Ausführung beinhaltete.

Mit Schreiben vom 11. März 2015 verweigerte die Beigeladene die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Begründung, dass sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge sowie die Baumschutzverordnung der Beigeladenen hinsichtlich der Fällung der Buche im Südwesten nicht eingehalten sei.

Im Folgenden gab die untere Naturschutzbehörde eine negative Stellungnahme ab. Daher reichte der bevollmächtigte Planer der Kläger unter dem 20. Mai 2015, eingegangen beim Landratsamt am 21. Mai 2015, neue Pläne ein. Daraufhin gab die untere Naturschutzbehörde mit Schreiben vom 2. Juni 2015 eine positive Stellungnahme ab.

Die Baumschutzverordnung wurde durch Verordnung der Beigeladenen in der Folge aufgehoben.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 verweigerte die Beigeladene weiterhin die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, da das geänderte Vorhaben im Vergleich zur ursprünglich genehmigten Planung eine deutlich erhöhte Grundfläche und Wandhöhe aufweise.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2016 teilten die Kläger dem Landratsamt mit, dass sie ihrem bisherigen Planer die Vollmacht entzogen haben.

Mit Bescheid des Landratsamts … vom 3. März 2016, zugestellt am 9. März 2016, wurde der Bauantrag der Kläger abgelehnt, da sich durch die Abgrabung im Bereich des Fitness-Lichtgrabens eine Wandhöhe von 12,39 m und daher eine viergeschossige Wirkung sowie durch die nun erfolgte Verbindung von Garage und Hauptgebäude, weshalb der Aufenthaltsraum in der Garage mitzurechnen sei, eine Grundfläche von 470 Quadratmetern ergebe. Beides sei in der näheren Umgebung nicht vorhanden und löse städtebauliche Spannungen aus. Hinsichtlich der Grundfläche weise der größte Bezugsfall 358 Quadratmeter auf.

Mit Schreiben vom 30. März 2016, eingegangen bei Gericht am 31. März 2016, erhoben die Kläger persönlich Klage auf Erteilung der Baugenehmigung.

Mit Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 9. Juni 2016 ließen die Kläger die Klage begründen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung hätten, da sich das Vorhaben auch in seiner geänderten Ausführung sowohl hinsichtlich Grundfläche, Wandhöhe und Geschossigkeit in die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 BauGB einfüge. Die Grundfläche des Hauptgebäudes betrage 256,74 Quadratmeter und die der Garage 55,83 Quadratmeter. Zwischen der Garage und dem Hauptgebäude bestehe keine bauliche Verbindung sondern nur aufgrund des abfallenden Geländes eine brückenartige Verbindung zwischen Garagenvor Platz und Erdgeschoss, was einer Zuwegung zwischen Garagenvor Platz und Hauptgebäude bei flachem Gelände entspreche. Auch die geplante Nutzungsänderung des Raumes unter der Garage von einer Orangerie zu einem Aufenthaltsraum führe nicht dazu, dass diese Fläche auf die Grundfläche des Hauptgebäudes anzurechnen sei. Der Beklagte habe die relevante Grundfläche falsch ermittelt, da § 19 Abs. 4 BauNVO nicht anzuwenden sei und es nur auf die nach außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes ankomme. Die Höhe von 12,39 m und eine viergeschossige Wirkung lägen nur im Bereich des Fitness-Lichtgrabens, der von der Straße aus nicht einsehbar sei, vor. Im Übrigen ergäbe sich eine Wandhöhe von maximal 11,52 m und eine maximal dreigeschossige Wirkung. Schließlich habe der Beklagte sowohl für die Höhe als auch die Grundfläche maßgebliche Gebäude in der näheren Umgebung nicht berücksichtigt. Insbesondere die Grundfläche des Gebäudes … … 30 betrage ca. 486 Quadratmeter und übersteige somit selbst die vom Landratsamt fehlerhaft angenommenen 470 Quadratmeter Grundfläche des streitgegenständlichen Vorhabens. Hinsichtlich der Höhe seien insbesondere die Gebäude … … 30 mit einer Firsthöhe von 14,39 m, … … 29 mit einer Firsthöhe von 12,12 m und …straße 4 mit einer Firsthöhe von 12,58 m, wobei die oberste Zinne des Zwerchhauses eine Höhe von 13,84 m aufweise, in der näheren Umgebung prägend.

Mit Schreiben vom 16. August 2016 erwiderte der Beklagte auf die Klage. Hingewiesen wurde darauf, dass der Ablehnungsbescheid vom 3. März 2016 nicht die Planunterlagen vom 10. Januar 2015, sondern die Planunterlagen vom 20. Mai 2015 betreffe. Im Wesentlichen berief der Beklagte sich - neben dem bereits zur Begründung des Bescheids vom 3. März 2016 Vorgebrachten - darauf, dass die vom Klägervertreter genannten Vergleichsfälle für das Vorhabengrundstück nicht prägend seien. Die Straße … … habe eine trennende Wirkung, da sie deutlich tiefer als das Baugrundstück liege und sich wie eine Schneise durch das Gebiet ziehe, sodass insbesondere das Gebäude … … 30 nicht berücksichtigt werden könne. Die von den Klägern geltend gemachten Höhenangaben zu in der Umgebung gelegenen Grundstücken seien nicht heranzuziehen, da es sich hierbei um Firsthöhen handele und bei der Bemessung der Wandhöhe auf die Traufhöhe abzustellen sei. Demnach sei eine Wandhöhe von 12,39 m in der näheren Umgebung nicht vorhanden.

Die Kläger erklärten in der mündlichen Verhandlung, dass der maßgebliche, zur Entscheidung gestellte Bauantrag der Antrag vom 10. Januar 2015 ist und von ihrem ehemaligen Planer später gemachte Eingabeplanungen nicht berücksichtigt werden sollen.

Der Beklagte berief sich in der mündlichen Verhandlung noch darauf, dass die Abstandsflächen nicht eingehalten seien, falls das Hauptgebäude und das Garagengebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück als zwei getrennte Gebäude anzusehen seien.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 03.03.2016 zu verpflichten, den Bauantrag zum Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage auf dem Grundstück Fl. Nr. … der Gemarkung … zu genehmigen,

hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt.

Die Kammer hat am 10. November 2016 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im hiesigen und in den Parallelverfahren (M 11 K 15.1235 und M 11 K 15.1236) sowie auf die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Bauvorlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat teilweise Erfolg.

1. Bezogen auf den Hauptantrag ist die zulässige Klage unbegründet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Dies folgt aus dem Hinweis der Vertreterin des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung, dass falls das Hauptgebäude und das Garagengebäude als zwei getrennte Gebäude beurteilt werden, dann nach ihrem Dafürhalten die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO nicht eingehalten seien.

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag auch dann ablehnen, wenn das Vorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Aus dem Zusammenhang mit Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO geht hervor, dass mit den sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften solche gemeint sind, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind (Art. 59 Satz 1 BayBO). Nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. z. B. Wolf in: Simon/Busse, BayBO, 122. EL, Stand: Januar 2016, Art. 59 Rn. 96 ff. m. w. N.) kann die Bauaufsichtsbehörde weitgehend frei entscheiden, ob sie von der Ablehnungsbefugnis - die ihr Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO eröffnet - Gebrauch macht oder nicht. Das gilt unabhängig davon, ob der Wortlaut „dürfen“ in dieser Vorschrift lediglich eine schlichte Befugnis zum Ausdruck bringt, einen Bauantrag wegen der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit außerhalb des jeweiligen bauaufsichtlichen Prüfprogramms liegenden Vorschriften abzulehnen, oder eine „echte“ behördliche Ermessensentscheidung beinhaltet (Jäde, Bayerisches Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 222). Denn selbst wenn entgegen der wohl herrschenden Meinung Letzteres angenommen würde, könnten die Kläger einen etwaigen Entschluss des Beklagten, den Änderungsbauantrag wegen der vom Beklagten geltend gemachten Abstandsflächenverstöße abzulehnen, als solchen nicht rügen.

Zu beachten ist insbesondere, dass die Einführung des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO der Beseitigung der verfahrensrechtlichen Widersprüchlichkeit diente, dass einerseits u.a. die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO bei Nichtsonderbauten nicht mehr zum Prüfprogramm gehören, andererseits ein bauaufsichtliches Einschreiten aufgrund der Verpflichtung des Bauherrn gemäß Art. 55 Abs. 2 BayBO die öffentlich-rechtlichen Vorschriften einzuhalten, weiterhin möglich blieb. Mit der Einführung des vereinfachten Prüfprogramms war zwar eine Entlastung der Bauaufsichtsbehörden bezweckt. Jedoch war nicht beabsichtigt, wie auch eindeutig aus Art. 55 Abs. 2 BayBO hervorgeht, die Bauaufsichtsbehörden dazu zu zwingen, sehenden Auges rechtswidrige Baugenehmigungen zu erteilen, um dann in einem zweiten Schritt bauaufsichtlich gegen diesen rechtswidrigen Zustand einzuschreiten. Das der Behörde insoweit eingeräumte Ermessen soll mithin bereits anlässlich des Baugenehmigungsverfahrens ausgeübt werden (vgl. Wolf in: Simon/Busse, BayBO, 122. EL, Stand: Januar 2016, Art. 59 Rn. 84 f.).

Unabhängig vom Vorliegen der sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1 BayBO, scheidet ein Verpflichtungsausspruch hinsichtlich der beantragten Baugenehmigung daher aus. Das Gericht hat nämlich, aufgrund des der Regelung des Art, 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO zugrundeliegenden Zwecks, keine Befugnis die Bauaufsichtsbehörde dazu zu verpflichten, eine Baugenehmigung zu erteilen, die die Behörde selbst wegen Verstoßes gegen das Abstandsflächenrecht für rechtswidrig hält. Steht, wie hier, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Abstandsflächenverletzung im Raum, muss es letztlich bei der Bauaufsichtsbehörde verbleiben, zum einen zu prüfen, ob das Vorhaben die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO tatsächlich verletzt und zum anderen, ob sie von der Befugnis - das Gericht folgt insoweit der wohl herrschenden Meinung - den Bauantrag abzulehnen, Gebrauch macht.

2. Bezogen auf den Hilfsantrag ist die zulässige Klage begründet. Die Kläger haben einen Anspruch, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu verbeschieden zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Abgesehen von der Frage der Abstandsflächenrechtsverletzung, die der Behörde gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO im Rahmen der andernfalls gebundenen Entscheidung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO eine Ablehnungsbefugnis gibt, ist die Sache spruchreif.

Das Vorhaben fügt sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, insbesondere auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung.

Dabei kann letztlich offen bleiben, wie der Beklagte im Detail zu der zugrunde gelegten Grundfläche des streitgegenständlichen Vorhabens von 470 Quadratmeter kam. Selbst bei Zugrundelegung dieser Zahl hält sich das Vorhaben nämlich im von der Umgebung vorgegebenen Rahmen. Der Augenschein hat ergeben, dass auch das Gebäude … … 30 zur näheren Umgebung i.S.d § 34 Abs. 1 BauGB gehört. Zwar kann bei der Beurteilung der Frage, was zur näheren Umgebung i.d.S. gehört, u.a. einem Weg oder einer Straße aufgrund topographischer Besonderheiten eine trennende Wirkung zukommen, da hierbei sinngemäß die gleichen Grundsätze wie im Rahmen der Abgrenzung von Innenbereich nach § 34 BauGB und Außenbereich nach § 35 BauGB anzuwenden sind (Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 13. Auflage 2016, § 34, Rn. 21). Der Straße … … kommt vorliegend jedenfalls aber keine trennende Wirkung dergestalt zu, dass das Gebäude … … 30 nicht mehr zur näheren Umgebung gehören würde. Im Bereich des Gebäudes … … 30 verläuft diese Straße noch auf nahezu derselben Höhe wie die …straße, in der das Vorhabengrundstück liegt, sodass auch das Gebäude … … 30 auf derselben Höhe wie die …straße und die Auffahrt zum Grundstück der Kläger gelegen ist. Erst hinter dem Gebäude … … 30 verläuft diese Straße abschüssig nach unten. Zwischen dem Gebäude … … 30 und dem Vorhabengrundstück besteht zudem Sichtkontakt. Das Vorhabengrundstück wird mithin auch durch das Grundstück, auf dem das Gebäude … … 30 steht, geprägt. Dieses Gebäude weist laut Flächenberechnung aus dem Bayernatlas, die der Klagebegründung vom 9. Juni 2016 beigefügt ist, eine Grundfläche von ca. 485 Quadratmeter auf und übersteigt daher die vom Landratsamt angenommen 470 Quadratmeter auf dem klägerischen Grundstück. Es wirkt dem optischen Eindruck nach auch nicht kleiner. Das Einfügen nach § 34 Abs. 1 BauGB ist insoweit somit zu bejahen.

Auch bezüglich der Höhe und der Geschossigkeit fügt sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB ein. Im Rahmen des Augenscheins wurde festgestellt, dass das Vorhaben, das im Rohbau bereits im Wesentlichen errichtet ist, dreigeschossig in Erscheinung tritt. Die vom Landratsamt monierte Viergeschossigkeit im Bereich des Fitnesslichtgrabens, die nur sehr eingeschränkt von einer bestimmten Perspektive aus wahrnehmbar ist, lässt nicht den Schluss zu, dass das Gebäude insgesamt nach seinem die Umgebung prägenden Gesamteindruck eine viergeschossige Wirkung besitzt. Das Gebäude … … 30, das zur prägenden näheren Umgebung gehört (s.o.), besitzt drei Vollgeschosse, sowie ein großzügig ausgebautes Dachgeschoss. Das Anwesen … … 29, das ebenfalls zur näheren Umgebung gehört, tritt ebenso dreigeschossig in Erscheinung. Aus den insoweit allein entscheidenden örtlichen Verhältnissen (vgl. BVerwG, B. v. 27.06.2006 - 4 B 55.06) folgt, dass hinsichtlich der Höhe der Gebäude, entgegen der Auffassung des Beklagten, vorliegend nicht auf die Traufhöhe, sondern auf die Firsthöhe der Gebäude in der näheren Umgebung abzustellen ist. Die Gebäude in der näheren Umgebung, allen voran die Anwesen … … 29, … … 30, …straße 4 und …straße 6 verfügen jeweils über großzügig ausgebaute Dachgeschosse. Die Anwesen … … 29 und …straße 4 verfügen zudem über größere, auffällige Bauelemente im Dachbereich (Türme und Zwerchgiebel), die die Höhe des Haupthauses übersteigen und die in diesen Bereichen - vom Beklagten unbestritten - zu einer höheren Wandhöhe als beim klägerischen Vorhaben, das zudem nur ein Flachdach besitzt, führen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.