Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Juli 2014 - 5 K 13.4821
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger stand zuletzt als Geschäftsleiter (Besoldungsgruppe A 12) in Diensten der Beklagten.
Mit Anordnung des ersten Bürgermeisters der Beklagten vom ... April 2013 wurde mit Wirkung zum ... Juni 2013 die Umsetzung des Klägers auf eine Stabsstelle verfügt. Gegen die Umsetzung auf die Stabsstelle hat der Kläger Klage erhoben; auf das diesbezügliche Verfahren (M 5 K 13.2729) wird verwiesen. Die Tätigkeiten der Stabsstelle beinhalten allgemeine Verwaltungstätigkeit/Angelegenheiten der Arbeitsorganisation (Zeitanteil 10%), Angelegenheiten der Gemeindeverfassung und des Ortsrechtes (4%), Grundlagen der Verwaltungsorganisation (3%), allgemeine Rechtsangelegenheiten (5%), Finanzwesen (Anlagevermögen erfassen, bewerten, Anlagenbuchhaltung aufbauen sowie Aufbau und Pflege des Berichtswesens und Controlling (25%), Aufgaben im Zusammenhang mit dem Projekt der Einführung des doppischen Haushalts- und Rechnungswesens (33%) und Sonderaufgaben sowie sonstige Projekte auf Anweisung des ersten Bürgermeisters (20%).
Mit Organisationsverfügung des ersten Bürgermeisters der Beklagten vom ... Juni 2013 wurden dem Kläger unter Bezugnahme auf die Aufgabenfelder der ihm zugewiesenen Stabsstelle als Sonderaufgabe die kommissarische Leitung des Bauamtes bis auf Weiteres und die Bestellung zum Wahlleiter im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen zugewiesen. Darüber hinaus wurde der Kläger aufgefordert, bis ... Juli 2013 schriftlich eine Grundkonzeption vorzulegen, in der dargestellt werde, welche Schritte in der Vorbereitung auf die Einführung der Doppik vorzunehmen seien. Des Weiteren sei in der Grundkonzeption die Zeitplanung hierfür auszuführen. Die Grundkonzeption sei auf die Verhältnisse der Beklagten abzustellen, von allgemeinen theoretischen Ausführungen sei aus Gründen der Verwaltungsökonomie abzusehen.
Mit E-Mail des Klägers vom ... Juli 2013 an den ersten Bürgermeister der Beklagten legte dieser als Konzept zur Einführung der Doppik eine - in ausgedruckter Form - einseitige, stichwortartige Auflistung von in Schlagworten gefassten Stichpunkten vor (Bl. 41 der Gerichtsakte - GA).
Mit Schreiben des ersten Bürgermeisters der Beklagten monierte dieser, dass die E-Mail des Klägers vom ... Juli 2013 nur allgemeine Bestandteile des neuen Haushalts- und Rechnungswesens sowie diverse Bilanzkennzahlen ohne Bezug zur Beklagten aufliste, und dieses die auch nicht der geforderten schriftlichen Form entspreche. Der Kläger wurde angehalten, bis ... August 2013 die zugewiesene Aufgabenstellung, die Entwicklung eines Konzeptes für die Einführung der Doppik in der Gemeindeverwaltung zu erledigen. Sollte der Kläger dieser Anweisung erneut nicht folgen, würden personal-/dienstrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden.
Mit E-Mail vom ... August 2013 an den ersten Bürgermeister der Beklagten führte der Kläger aus, dass er keinerlei Erfahrungen und Kenntnisse in der Doppik habe und daher das vorgelegte Konzept nach bestem Wissen und Gewissen erstellt habe. Darüber hinaus regte der Kläger seine Anmeldung zu einem mehrtägigen Kurs der Bayerischen Verwaltungsschule „Doppik und doppelte Buchführung“ an.
Mit Schreiben des ersten Bürgermeisters der Beklagten vom ... September 2013 sprach dieser gegenüber dem Kläger im Hinblick auf sein Verhalten hinsichtlich des Abarbeitens des Arbeitsauftrages „Konzept zur Einführung der Doppik“ eine Missbilligung aus, die gemäß Art. 7 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) zum Personalakt genommen werde. Die am ... August 2013 übersandte E-Mail könne nicht als ordnungsgemäße Erledigung des Arbeitsauftrages gewertet werden. Es werde ein eigenständiges Einarbeiten in die Materie mit Hilfe der allgemeinen zugänglichen Medien (Internet, Veröffentlichungen in den kommunalen Fachzeitschriften, etc.) erwartet. Der Kläger solle selbstverständlich zu gegebener Zeit entsprechende Schulungsangebote nutzen dürfen, allerdings könne nicht nachvollzogen werden, wenn er hiervon die von ihm verlangte Vorlage des Konzeptes abhängig mache.
Am 17. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben und zuletzt beantragt,
die Missbilligung vom ... September 2013 aufzuheben.
Die Beklagte handle rechtswidrig, wenn sie dem Kläger einen Auftrag erteile, den dieser wegen fehlender Erfahrungen und Kenntnisse nicht so erledigen könne, wie die Beklagte es wünsche, sich aber weigere, dem Kläger eine entsprechende Fortbildungsmaßnahme zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der allgemeinen Erfahrung nach könne eine Grundkonzeption zur Einführung der Doppik von einem Beamten des gehobenen Dienstes der Besoldungsgruppe A 12 ohne gesonderten Fortbildungsaufwand durchaus erwartet werden. Voraussetzung sei das eigenständige Einarbeiten in eine Materie, zu der es eine Vielzahl von Veröffentlichungen gebe, die dem Kläger zugänglich seien (Internetveröffentlichungen, diverse Fachbeiträge in Kommunalzeitschriften, etc.). Es seien im Internet für die anderen Bundesländer sogar Detailkonzepte, Leitfäden und Musterunterlagen frei zugänglich veröffentlicht, die nahezu eins zu eins übernommen werden könnten. Lediglich der Abgleich bzw. die Abstimmung auf die gesetzlichen Verhältnisse in Bayern sei erforderlich. Darüber hinaus benötige der Kläger nur ein gewisses Maß an geistiger Leistung, Interesse und Verständnis für die Verwaltung, für die internen Abläufe und für die groben haushaltswirtschaftlichen Zusammenhänge. Nachdem der Kläger jahrzehntelang die Funktion des geschäftsleitenden Beamten bei der Beklagten bekleidet habe, müsse das Vorhandensein dieser Faktoren unterstellt werden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift vom 2. Juli 2014 verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Missbilligung des ersten Bürgermeisters der Beklagten vom ... September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Bei der streitgegenständlichen Missbilligung handelt es sich um eine dienstrechtliche Maßnahme im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Disziplinargesetz - BayDG. Danach können missbilligende Äußerungen ausgesprochen und in die Personalakten aufgenommen werden. Die dort genannten missbilligenden Äußerungen sind nur beispielhaft zu verstehen. Neben den ausdrücklich genannten Reaktionsformen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen) sind auch tadelnde Hinweise, kritische Äußerungen, Belehrungen, Vorhalte, Warnungen, ernste Missfallensbekundungen sowie dringliche Ersuchen als missbilligende Äußerungen in diesem Sinne denkbar (vgl. VG München, U. v. 27.5.2014 - M 5 K 13.4304 - unter Hinweis auf Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: Oktober 2013, Art. 7 BayDG Rn. 8 ff.). Abgesehen vom Sonderfall einer qualifizierten Missbilligung unterscheiden sich missbilligende Äußerungen von disziplinarrechtlichen Maßnahmen dadurch, dass diese lediglich Pflichtenverstöße ohne schuldhaftes Handeln voraussetzen (VG München, U. v. 27.5.2014 - M 5 K 13.4304).
2. Vorliegend bezieht sich die streitgegenständliche Missbilligung des ersten Bürgermeisters der Beklagten vom ... September 2013 auf die auszugsweise in der Verfügung wiedergegebenen Abarbeitung des Arbeitsauftrages „Konzept zur Einführung der Doppik“. Die Missbilligung bemängelt die seitens des Klägers vorgenommene Abarbeitung als nicht ordnungsgemäß und damit unzulänglich, ohne allerdings einen konkreten Schuldvorwurf auszusprechen. Ob aus der Sicht des ersten Bürgermeisters das diesbezügliche Verhalten des Klägers als Arbeitsverweigerung zu qualifizieren ist, wurde nämlich ausdrücklich einer weiteren Prüfung vorbehalten und damit offen gelassen. Ein Fall der qualifizierten Missbilligung liegt damit nicht vor. Die Klage ist deshalb als Leistungsklage gegen die in die Personalakten aufzunehmende streitgegenständliche Maßnahme zulässig, auch wenn diese keinen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - BayVwVfG - darstellt.
3. Die streitgegenständliche Missbilligung vom ... September 2013 ist rechtmäßig; der erste Bürgermeister der Beklagten durfte das Verhalten des Klägers hinsichtlich der Abarbeitung des Arbeitsauftrages „Konzept zur Einführung der Doppik“ in Form einer Missbilligung rügen.
a) Der genannte Arbeitsauftrag steht in engem Zusammenhang mit der dem Kläger zum ... Juni 2013 zugewiesenen Stabsstelle, deren Tätigkeitsfeld maßgeblich durch die Einführung des doppischen Haushalts- und Rechnungswesens für die Verwaltung der Beklagten geprägt wird. Aus diesem Umstand ist der besondere Stellenwert, den die Beklagte diesem Projekt beimisst, evident erkennbar. Angesichts eines Zeitraumes von ursprünglich acht Wochen bzw. - nach Verlängerung - zehn Wochen zur Erstellung einer schriftlichen Grundkonzeption mit Darstellung, welche Schritte die Gemeinde zur Vorbereitung auf die Einführung der Doppik vorzunehmen hat und welche Zeitplanung hierfür zugrunde zu legen ist, durfte die Reaktion des Klägers durch die Vorlage der E-Mails vom ... Juli 2013 und ... August 2013 als ungenügend und damit als nicht ordnungsgemäße Erledigung des Arbeitsauftrages beanstandet werden. Zutreffend hat die Beklagte hierzu darauf hingewiesen, dass die E-Mail vom ... Juli 2013 weder eine auf die Beklagte bezogene Auseinandersetzung mit der gegebenen Fragestellung erkennen lässt, insbesondere nicht aufzeigt, welche Einzelschritte zur Einführung der Doppik für die Gemeindeverwaltung der Beklagten und welcher Zeitrahmen hierfür vorgeschlagen werden.
b) Demgegenüber kann sich der Kläger auch nicht auf die Komplexität der Fragestellung, seine diesbezügliche Unkenntnis und die Anregung seiner Teilnahme an einem einschlägigen Kurs bei der Bayerischen Verwaltungsschule berufen. Die Beklagte hat unwidersprochen durch die Klagepartei darauf hingewiesen, dass Detailkonzepte, Leitfäden und Musterunterlagen von Kommunen anderer Bundesländer frei zugänglich veröffentlicht seien und dass lediglich ein Abgleich bzw. eine Abstimmung auf die gesetzlichen Vorgaben in Bayern vom Kläger vorzunehmen gewesen wäre.
Hinzu kommt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Rückfrage zum Arbeitsauftrag gestellt hat, die darauf hindeutet, dass er sich überhaupt mit der einschlägigen Materie auseinander gesetzt hat. Vor diesem Hintergrund vermag der erst am letzten Tag der Nachfrist, das heißt nach zehnwöchiger Bearbeitungszeit, von ihm gegebene Hinweis auf einen einschlägigen Kurs der Bayerischen Verwaltungsschule nicht sein beanstandetes Arbeitsverhalten zu rechtfertigen.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.