Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Apr. 2014 - 23 K 12.30639
Gericht
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... April 2012 wird in Nrn. 3 und 4 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach ... angedroht und festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhle des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge ein im Jahre 1992 geborener afghanischer Staatsangehöriger pashtunischer Volkszugehörigkeit aus der Provinz ..., der im Jahr 2011 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangte und am ... September 2011 Asylantrag stellte.
Bei der Anhörung bei der Beklagten am ... November 2011 hatte der Kläger im Wesentlichen angegeben, seine Cousins hätten mit den Taliban zusammengearbeitet, er sei auch bedrängt worden, mitzumachen, was seine Mutter verweigert habe. Als vor - damals - etwa zwei Jahren sein Vater unter dem Vorwurf, für die Regierung zu spionieren, von den Taliban entführt und erschossen worden sei, sei mit der Leiche ein Drohbrief gekommen, dass jeder so behandelt werde, der spioniere. Als die Taliban mit der Aufforderung, mit ihnen gegen die Ausländer zu kämpfen, zu ihm nach Hause gekommen seien, habe der Onkel die Ausreise organisiert.
Durch Bescheid der Beklagten vom ... April 2012, zur Post am ... August 2012, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt sowie festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung nach ... aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen.
Durch Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 21. August 2012 wurde hiergegen Verpflichtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben.
Eine Begründung erfolgte zunächst nicht.
Durch Schriftsatz vom 5. September 2012 beantragte die Beklagte
Klageabweisung.
In einem weiteren Schriftsatz vom 20. November 2013 legte die Bevollmächtigte des Klägers das Gutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Dr. ... vom ... Oktober 2013 vor, demzufolge der Kläger eine mittelgradige depressive Störung (F 32.1) aufweise und an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1) leide.
Auf die Einzelheiten des Gutachtens (Bl. 37 ff. Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 14. Januar 2014 wurde der Rechtsstreit gem. § 76 Abs. 1 AsylVfG auf den Einzelrichter übertragen.
Am 26. März 2014 hat die mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter der 23. Kammer stattgefunden.
Der Klägerbevollmächtigte beantragte,
die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz Ausbleibens der Beklagtenpartei in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.
Maßgeblich ist der in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag. Hiernach begehrt der Kläger (nunmehr noch), die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 (Satz 1) AufenthG im Hinblick auf... festzustellen, mithin die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes.
Dieses Klagebegehren hat Erfolg (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); der streitgegenständliche Bescheid war daher in dessen Ziffern 3 und 4 insofern aufzuheben, als das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 (Satz 1) AufenthG abgelehnt und dem Kläger die Abschiebung nach... angedroht wurde.
Unerheblich ist es dabei, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im April 2012 die - krankheitsbedingten - Voraussetzungen einer Feststellung des § 60 Abs. 7 AufenthG weder vorgetragen wurden noch ersichtlich waren und demzufolge die Beklagtenseite ursprünglich den diesbezüglichen Antrag möglicherweise zu Recht abgelehnt hatte.
Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist jedoch gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, vorliegend damit auch die Feststellung der Erkrankung bzw. Entwicklung des Gesundheitszustands des Klägers im Zeitraum zwischen Bescheidserlass und gerichtlicher Entscheidung.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind individuelle Gefahren, also solche Gefahren, die nur dem Ausländer drohen. Erfasst sind damit nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung mit einzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können.
Die Beklagte, für die in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, obwohl eine fristgerechte Ladung erfolgt war, hat sich im laufenden Verwaltungsstreitverfahren zu der fachlichen Diagnose des Herrn Dr. ... nicht geäußert. Sie hat dessen ihr bekannte Feststellungen aber auch nicht angezweifelt.
Unter Berücksichtigung der Anforderungen obergerichtlicher Rechtsprechung hierzu (vgl. etwa aus neuerer Zeit BVerwG
Gegen die Richtigkeit der fachärztlichen Diagnose und die einschlägige Sachkunde der Verfasser bestehen - wie ausgeführt- keine Bedenken. Aus dem Gutachten ergibt sich nachvollziehbar und zweifelsfrei, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt wurde und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt (S 2/3: „Diagnosen“). Die Diagnose wird im Einzelnen begründet. Das in den Sitzungen seit April 2013 beobachtete Verhalten bestätigt die berichteten Beschwerden; ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den berichteten traumatischen Ereignissen in ... und der aktuellen Erkrankung besteht. Die Traumatisierung beruht auf den Bürgerkriegserfahrungen im Heimatland und der Flucht aus ... (S. 3: „Beurteilung und Diagnose“).
Der Kläger begab sich zwar erst seit 2013 in Behandlung, obwohl er sich bereits seit 2011 in Deutschland befindet. Von Seiten des behandelnden Psychiaters wird die Ursache hierfür jedoch nachvollziehbar dargelegt (S. 2: „Verlauf“).
Nach der Stellungnahme des Dr. ... ist der Kläger auch weiterhin behandlungsbedürftig. Bei einer Rückführung drohe Chronifizierung und Verschlechterung des Gesundheitszustands. Nur eine längerfristige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung erscheine aufgrund des Schweregrads der Erkrankung ausreichend. Erst nach Stabilisierung könne eine Auseinandersetzung mit der traumatischen Erfahrung sinnvoll sein. Dies sei nur unter gesicherten Lebensbedingungen sinnvoll und verlaufe langfristig.
Es ist belegt, dass eine etwaige Abschiebung nach ... das Trauma reaktualisieren würde (S. 4: „Beurteilung und Diagnose“). Dies gilt selbst dann, wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, die verordneten Medikamente (laut Arztbrief Mitrazapin) derzeit nicht einnehmen zu müssen.
Die erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands würde im Fall des Klägers nicht nur im Hinblick auf den Abbruch der Therapie und den Abschiebevorgang eintreten, sondern auch im Hinblick auf die Verhältnisse in ..., die der Kläger dort bei einer Rückkehr vorfinden würde, unabhängig davon, dass eine adäquate Behandlung nicht gewährleistet wäre.
Zwar bestünden in Kabul einige psychiatrische Kliniken, allerdings müssten Familienangehörige verfügbar sein, die den Patienten versorgten. Eine schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten mit rezidivierender depressiver Störung mittelgradiger Ausbildung sei jedoch mit ausreichender Sicherheit anzunehmen (BayVGH
Auch der Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik ... des Auswärtigen Amts (Stand: 4. Juni 2013) geht davon aus, dass die Behandlung von psychischen Erkrankungen ... nach wie vor große Herausforderungen stelle; die wenigen Kliniken, die es in einigen größeren Städten gäbe, seien klein und überfüllt. Inwieweit der Kläger auf einen aufnahmebereiten und zur Unterstützung fähigen Familienverband zurückgreifen könnte, kann dahinstehen; auf alle Fälle befindet sich dieser nicht in K., wohin eine Abschiebung erfolgen würde. Der Kläger befände sich daher nach bei einer Rückkehr nach ... in einer aussichtslosen Lage und wäre jedenfalls nicht in der Lage, das Existenzminimum zu sichern, wie dies nach der Rechtsprechung des BayVGH (vgl. etwa aus jüngster Zeit Beschluss v. 7.1.2014 - 13a ZB 13.30362 - juris) zu fordern wäre. Damit liegt jedenfalls ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vor.
Einer Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG bedarf es demnach nicht mehr.
Der Klage war daher stattzugeben und der entgegenstehende Bescheid insofern aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.