Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Okt. 2014 - 16 K 14.1337
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer von der Beklagten verfügten Gewerbeuntersagung.
Mit Bescheid vom ... Februar 2014, dem Bevollmächtigten der Klägerin am 1. März 2014 zugestellt, untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung des „...“ als selbstständige Gewerbetreibende im stehenden Gewerbe (Ziffer 1 des Bescheides). Die Klägerin wurde verpflichtet, ihre Tätigkeit spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Untersagungsverfügung einzustellen (Ziffer 2). Falls die Klägerin dieser Verpflichtung nicht nachkomme werde die Ausübung dieses Gewerbes durch Anwendung unmittelbaren Zwangs verhindert (Ziffer 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Finanzamt ... habe am ... Februar 2014 mitgeteilt, dass sich die Steuerrückstände der Klägerin aus der genannten gewerblichen Tätigkeit unter einer Steuernummer durch Pfändungseinnahmen auf derzeit 18.233,23 Euro reduziert hätten; die unter einer anderen Steuernummer aufgelaufenen Steuerrückstände hätten sich hingegen auf aktuell 28.996,02 Euro erhöht. Bislang seien weder Ratenzahlungsvereinbarungen eingehalten noch freiwillige Zahlungen geleistet worden. Vollstreckungsversuche seien im Wesentlichen erfolglos verlaufen. Die Klägerin sei auch ihren sonstigen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Die Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 2008 und 2009 hätten für beide Steuernummern geschätzt werden müssen, da keine Jahressteuererklärungen abgegeben worden seien. Zudem hätte die Frist zur Abgabe der Einkommenssteuer- und Umsatzsteuererklärungen 2012 verlängert werden müssen. Auch fehlten die Voranmeldungen für das 3. und 4. Quartal 2013 für eine Steuernummer und das 4. Quartal 2012 sowie für Juni, August bis Dezember 2013 für die andere Steuernummer. Die Klägerin sei auch im Vollstreckungsportal mit „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ mit Datum vom ... Oktober 2013 eingetragen, da sie ihrer Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nach Aufforderung durch den Gerichtsvollzieher nicht nachgekommen sei. Das Kassen- und Steueramt der Beklagten habe am ... Februar 2014 mitgeteilt, dass sich die Gewerbesteuerrückstände auf derzeit 12.530,68 Euro erhöht hätten. Pfändungsversuche seien bisher erfolglos gewesen, da das Konto der Klägerin als Pfändungsschutzkonto geführt werde und das Guthaben unter dem Pfändungsfreibetrag von 1.000,- Euro liege. Auch habe bislang keine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen werden können, da der Antrag der Klägerin am ... Juni 2013 abgelehnt worden sei; die erforderlichen Unterlagen seien unvollständig eingereicht worden. Freiwillige Zahlungen seien - mit Ausnahme einer Zahlung in Höhe von 300,- Euro im Juli 2013 - nicht geleistet worden. Das Bundesamt für Justiz habe am ... September 2013 mitgeteilt, dass das Führungszeugnis der Gewerbetreibenden einen Eintrag über eine rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom ... Mai 2011 enthalte. Diese betreffe eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Beitragsvorenthaltung in 16 Fällen jeweils mit Beitragsvorenthaltung, davon in 6 Fällen gemeinschaftlich begangen, sowie Beihilfe zur Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang. Nach den Feststellungen der Beklagten besitze die Klägerin die zur selbstständigen Ausübung ihres Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht. Ihr bisheriges Verhalten biete keine Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung ihres Gewerbes. Die Unzuverlässigkeit ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass sie ihren Zahlungs- und Erklärungspflichten seit Jahren nicht ordnungsgemäß nachkomme. Dabei spiele es keine Rolle, aus welchen Gründen sie dies nicht könne oder wolle. Die beharrliche Nichterfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen lasse nicht nur auf wirtschaftliche Schwierigkeiten schließen, sondern auch auf die Neigung der Gewerbetreibenden, diesen Schwierigkeiten unter Verletzung der Rechtsordnung Herr zu werden.
Am 28. März 2014 erhob die Klägerin Klage. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, zwar sei richtig, dass bei der Klägerin ein erheblicher Steuerrückstand bestehe, jedoch treffe es nicht zu, dass zum Zeitpunkt des Gewerbeuntersagungsbescheides keinerlei Ratenzahlungsvereinbarung eingehalten oder freiwillige Zahlungen nicht geleistet worden seien. Tatsache sei, dass das Finanzamt ... zum Zeitpunkt der Gewerbeuntersagung sämtliche Kundenforderungen und sämtliche Bankkonten der Klägerin gepfändet gehabt habe. Die Klägerin habe eine bis zum ... Mai 2014 befristete Regelung dahingehend getroffen, dass dem Finanzamt zur Rückführung der offenen Steuern sämtliche aus dem Gewerbebetrieb der Klägerin und ihres Ehemannes entstandenen Einnahmen zustünden und das Ehepaar für Januar 2014 einen Freibetrag von 1.602,- Euro und ab 1. Februar 2014 einen Freibetrag von 2.502,- Euro erhalte. Die Klägerin habe also mit dem Hauptgläubiger eine Vereinbarung zur Rückführung der Steuerschulden getroffen. Sie habe auch versucht, eine entsprechende Vereinbarung mit der Beklagten in Bezug auf die Gewerbesteuerschulden zu treffen. Entgegen einer mündlichen Zusage habe eine Mitarbeiterin der Beklagte aber mit Schreiben vom ... Januar 2014 weitere Unterlagen verlangt, die über den Nachweis der mit dem Finanzamt getroffenen Vereinbarungen hinaus gingen. Vertrauend auf die Richtigkeit der Aussage des damaligen Steuerberaters habe die Klägerin für 2008 und 2009 keine Umsatzsteuerklärungen abgegeben. Der bloße Umstand, dass ihr eine Verlängerung für die Abgabe bestimmter Steuererklärungen bewilligt worden sei, lasse keine Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit der Klägerin zu. Nach Abschluss der Zahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt seien keine weiteren Steuerschulden entstanden. Der Eintragung in das Vollstreckungsportal spreche für sich genommen nicht gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin. Die Nichtabgabe der Einkommenssteuererklärungen für 2008 und 2009 beruhe zudem darauf, dass der Klägerin die Geschäftsunterlagen in Folge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht zur Verfügung gestanden hätten, weil diese von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden seien. Zumindest mit dem Finanzamt sei ein tragfähiges Konzept zur Abtragungen der Schulden erarbeitet worden. Es bestehe Aussicht, dass die Klägerin ihre finanziellen Probleme wieder in den Griff bekomme und den Gewerbebetrieb erfolgreich weiterführen werde. Die Klägerin beantragt,
die Gewerbeuntersagung gemäß Bescheid der Beklagten vom ... Februar 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, das Finanzamt ... habe am ... Mai 2014 mitgeteilt, der Steuerrückstand der Klägerin zu einer Steuernummer habe sich aufgrund von Pfändungseinnahmen von 18.233,23 Euro auf derzeit 12.438,14 Euro vermindert; bezüglich einer anderen Steuernummer habe sich der Rückstand hingegen von 28.996,02 Euro auf 33.733,12 Euro erhöht. Weder zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses noch zum heutigen Datum bestehe eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt ... Bei dem Schreiben des Finanzamtes ... vom ... Januar 2014 handle es sich nicht um eine Zahlungsvereinbarung, sondern lediglich um eine Pfändungs- und Vollstreckungsverfügung. Darüber hinaus sei die Klägerin ihren sonstigen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Die im Bescheid benannten Steuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 sowie Umsatzsteuervoranmeldungen seien auch bisher nicht beim Finanzamt ... eingereicht worden. Zudem seien die Steuererklärungen für 2012 sowie die Umsatzsteuervoranmeldung für das 1. Quartal 2014 bis dato nicht abgegeben worden. Des Weiteren sei eine Erhöhung der Steuerrückstände bei der Stadtkämmerei der Beklagten hinsichtlich der Gewerbesteuer festzustellen. Der Rückstandsbetrag sei auf 17.892,73 Euro angewachsen. Auch in diesem Falle habe weder zum damaligen, noch zum jetzigen Zeitpunkt eine Zahlungsvereinbarung bestanden. Die Unterlagen, welche für die Prüfung einer möglichen Ratenzahlungsvereinbarung erforderlich gewesen seien, seien nicht eingereicht worden. Freiwillige Zahlungen seien bislang ebenfalls ausgeblieben.
Mit Beschluss vom 12. September 2014 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Nach einer Mitteilung der Beklagten vom ... Oktober 2014 wurde am ... September 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 7. Oktober 2014, die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid vom ... Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit der Klägerin i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender dann gewerberechtlich unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - juris; BVerwG, B. v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - juris; BVerwG, B. v. 11.11.1996 - 1 B 226/96 - juris; BVerwG, B. v. 5.3.1997 - 1 B 56/97 - juris; BVerwG, B. v. 16.2.1998 - 1 B 26/98 - juris).
Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes gemäß § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - juris; BVerwG, B. v. 16.6.1995 - 1 B 83/95 - juris). Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BayVGH, B. v. 23.10.2012 - 22 ZB 12.888 - juris).
Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Gewerbeuntersagung zu Recht ergangen. Aus der Mitteilung des Finanzamts ... vom ... Oktober 2013 ergibt sich, dass die Klägerin sich zum damaligen Zeitpunkt mit Steuerzahlungen einschließlich Säumnis- und Verspätungszuschlägen in Höhe von 22.279,01 Euro bezüglich einer Steuernummer, in Höhe von 3.050,34 Euro unter einer weiteren Steuernummer in Rückstand befand. Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden. Weiter wurden verschiedentlich Steueranmeldungen und Steuererklärungen nicht termingerecht abgegeben. Der Zahlungsrückstand hatte sich bis ... Februar 2014 hinsichtlich einer Steuernummer durch Pfändungseinnahmen von 22.279,01 Euro auf 18.233,23 Euro verringert, bezüglich der anderen Steuernummer dagegen von 3.050,34 Euro auf 28.996,02 Euro erhöht. Einer späteren Mitteilung des Finanzamts vom ... Mai 2014 zufolge ist bis zu diesem Zeitpunkt keine Zahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt ... abgeschlossen worden. Aus dem Schreiben des Finanzamts vom ... Januar 2014 ergibt sich lediglich, dass der Klägerin ein individueller monatlicher Pfändungsfreibetrag eingeräumt wurde. Auch ergibt sich aus dem Schreiben der Stadtkämmerei der Beklagten vom ... Januar 2014 eindeutig, dass eine Zahlungsvereinbarung mit diesem Gläubiger nicht zustande gekommen ist. Ein Sanierungskonzept, aufgrund dessen eine geordnete Rückführung der aufgelaufenen Zahlungsrückstände in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten wäre, hat insbesondere zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses am ... Februar 2014 nicht vorgelegen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten kann die teilweise Schuldentilgung infolge von Pfändungsmaßnahmen die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht ausräumen. Insbesondere ist nicht absehbar, inwieweit durch solche Maßnahmen der Gesamtbestand der Steuerschulden tatsächlich kontinuierlich gemindert werden könnte.
Die der Gewerbeuntersagung zugrunde liegende negative Prognose über die künftige Zahlungsfähigkeit der Klägerin wurde durch die weitere Entwicklung bestätigt. Nach der Mitteilung der Beklagten vom ... Oktober 2014 beträgt die Steuerschuld der Klägerin bei dem Finanzamt ... derzeit insgesamt 62.724,87 Euro, bei der Beklagten aktuell 18.523,73 Euro. Auch weiterhin wurden mehrere Steuererklärungen und Voranmeldungen nicht abgegeben und kam keine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt oder der Beklagten zustande.
Das am ... September 2014 über das Vermögen der Klägerin eröffnete Insolvenzverfahren ist für die Rechtmäßigkeit der bereits am ... Februar 2014 verfügten Gewerbeuntersagung ohne Belang; wie bereits ausgeführt kommt es für die Beurteilung dieses Bescheides auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung an (vgl. BayVGH, U. v. 27.1.2014 - 22 BV 13.260 - BayVBl 2014, 338).
Die gewährte Abwicklungsfrist sowie die damit verbundene Zwangsmittelandrohung begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.