Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts München über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses auszusetzen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je ½.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller möchte mittels seiner nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellten Anträge erreichen, bis zu einer beabsichtigen Eheschließung nicht abgeschoben zu werden.

Der Antragsteller ist laut eigener Aussage bzw. laut von ihm vorgelegter Dokumente Staatsangehöriger Afghanistans. Er reiste am 21. Juni 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 10. Januar 2012 abgelehnt; die Entscheidung ist seit dem 9. November 2012 bestandskräftig. Der Antragsteller ist seither vollziehbar ausreisepflichtig und wurde nur aufgrund fehlender Reisedokumente gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG geduldet (Bl. 833 d. Behördenakts – i.F.: BA –). In der Folge wurde der Antragsteller wiederholt (von 2013 bis 2015) von den jeweils für ihn zuständigen Ausländerbehörden aufgefordert, einen Pass oder Passersatz zu beantragen oder an Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren mitzuwirken. Der Antragsteller erklärte dazu, keinen Pass beantragt zu haben und dies auch nicht vorzuhaben, da er beabsichtige, die Schule zu besuchen und eine Ausbildung zu machen. 2013 blieb er einem im Rahmen eines Verfahrens zur Beschaffung eines Passersatzpapiers angesetzten Termin zur Vorsprache beim afghanischen Generalkonsulat unentschuldigt fern; ein 2015 angestrengtes Verfahren zur Beschaffung eines Passersatzpapiers blieb ebenso erfolglos, da der Antragsteller zwischenzeitlich ohne Mitteilung seinen Aufenthaltsort gewechselt hatte. Einer erneuten Aufforderung zur Passbeschaffung vom 25. Oktober 2016 leistete der Antragsteller ebenfalls keine Folge. Bei alledem trat er jeweils als G. H. (Nachname), Tamim (Vorname) auf, laut eigener Aussage geboren am 1. Januar 1995. Noch unter dem 30. Mai 2017 (Bl. 747 d. BA) und unter dem 26. Juni 2017 (Bl. 774 d. BA) bestätigte er dies auch gegenüber der nunmehr für ihn zuständigen Regierung von Oberbayern, Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern (i.F.: ROB, ZAB) und gab weiter an, keinen Reisepass oder Passersatz zu besitzen. Der Antragsteller wurde im Zeitraum von 2014 bis 2016 mehrmals straffällig, u.a. wegen Erschleichens von Leistungen, wegen Körperverletzung und wegen eines BtmG-Verstoßes (vgl. Seite 4 d. Antragserwiderung).

Am 26. Juli 2017 sprach er beim Standesamt K. vor, da er beabsichtige, mit der deutschen Staatsangehörigen (vgl. Bl. 63 d. Gerichtsakts) Frau S. (Nachname), A. (Vorname) die Ehe einzugehen. Dabei legte er u.a. einen Reisepass, ausgestellt auf B. (Nachname), Tamim (Vorname), geboren am 1. Januar 1994, vor und übergab ein vom afghanischen Supreme Court ausgestelltes „Celibacy Certificate“ (d.h. eine Ledigkeitsbescheinigung) und eine afghanische Tazkira (Bl. 797ff. d. BA). Die zuständige Standesbeamtin wies in ihrem an die ROB, ZAB gerichteten Schreiben vom selben Tag darauf hin, dass eine Überprüfung der Urkunden durch afghanische Behörden nach Merkblatt der Botschaft in Kabul derzeit nicht durchgeführt werden könne, weswegen sie um Mitteilung bitte, ob bei der ROB, ZAB bereits überprüfte Urkunden/ein überprüfter Pass vorlägen bzw. ob Anhaltspunkte für gefälschte Dokumente bestünden (Bl. 796 d. BA). Am selben Tag beantragte der Antragsteller bei der ROB, ZAB die Verlängerung seiner Duldung; dabei legte er den o.g. Reisepass vor, der einbehalten wurde (Bl. 820 d. BA).

Unter dem 31. August 2017 wurde der Antragsteller von der ROB, ZAB aufgefordert, zur Klärung seines Aufenthaltsstatus und seiner Identität vorzusprechen (Bl. 769 d. BA). Am 27. September 2017 wurde der Antragsteller daraufhin u.a. dazu befragt, ob er weitere Identitätsdokumente dabei habe (1.), wann er den Pass beantragt habe (2.), woher er die dafür erforderlichen Dokumente (Tazkira etc.) gehabt habe (3.) und wie er die abweichenden Namensangaben erklären könne (4., zum Ganzen Bl. 775 d. BA). Der Antragsteller erklärte hierzu, eine Tazkira in Kopie dabei zu haben (1.), den Pass vor ca. drei Monaten beantragt zu haben (2.), dazu eine alte Tazkira seines Vaters und eine über seinen Onkel in Afghanistan vor ca. fünf Monaten beschaffte eigene Tazkira dabei gehabt zu haben (3.) und dass er gedacht habe, in Deutschland gebe man, wie in Afghanistan, den Vornamen des Vaters als Familiennamen an; sein eigentliches Geburtsdatum habe er aus seiner Tazkira erfahren (4.).

Bei seiner Vorsprache beantragte er auch die Verlängerung der zuletzt unter dem 28. August 2017 ausgehändigten Duldung, gültig bis zum 28. September 2017. Diese wurde vonseiten der ROB, ZAB daraufhin als erloschen gestempelt und dem Antragsteller so wieder ausgehändigt (vgl. die Kopien auf Bl. 782f. d. BA). Eine Grenzübertrittsbescheingung oder ein sonstiges (Ausweis-) Dokument erhielt er nicht.

Die Bevollmächtigte des Antragstellers hat unter dem 28. September 2017 Eilantrag gestellt. Sie beantragt,

  • 1.einstweilen festzustellen, dass die am 28. August 2017 ausgestellte Duldung nicht erloschen ist;

  • 2.den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Eheschließung auszusetzen;

  • 3.eine vorläufige Regelung durch Beschluss des Gerichts (Hängebeschluss), dass der Antragsteller vor einer gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren nicht abgeschoben wird.

Die Duldung sei nicht erloschen; dem Antragsteller sei kein Abschiebe- oder Ausreisetermin mitgeteilt worden. Das Feststellungsinteresse resultiere daraus, dass der Antragsteller ansonsten ohne gültiges Ausweisdokument sei. Hinsichtlich des Antrags unter Ziff. 2 gelte, dass die Abschiebung wegen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses auszusetzen sei. Zwar sei noch kein Termin für die Eheschließung bestimmt, der Antragsteller und seine Verlobte hätten jedoch alle für die Eheschließung erforderlichen Dokumente vorgelegt. Es fehle nur noch die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses. Die Entscheidung hierüber durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts München sei bislang noch nicht erfolgt. Es sei aber davon auszugehen, dass diese Entscheidung aus Gründen, die nicht in die Sphäre des Antragstellers fallen, nicht erfolge. Die Identität des Antragstellers sei durch Vorlage des Nationalpasses geklärt. Die Namensunstimmigkeit habe er hinreichend aufklären können, Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Täuschung ergäben sich hieraus nicht. Nach Informationen des Bundesinnenministeriums bestünden in Afghanistan keine gesetzlichen Vorschriften über den Familiennamen eines Kindes; es stehe dem Vater nach Gewohnheitsrecht frei, dem Kind einen beliebigen Namen zu geben, es sei nicht erforderlich, dass überhaupt ein Familienname gewählt werde. Die Tazkira zeige, dass der Vater des Antragstellers den Nachnamen „G. H“. trage. Der neue Pass habe bei den Vorsprachen am 30. Mai 2017 und am 26. Juni 2017 noch nicht vorgelegen. Dass seine Familie im afghanischen Register offiziell unter „B.“ (Nachname) geführt werde, habe der Antragsteller erst mit Aushändigung des noch unter „G. H.“ (Nachname) beantragten Passes erfahren; diesen Umstand habe er der ROB, ZAB umgehend mitgeteilt. Dass der Antragsteller vorab und ohne Pass eine Namensänderung hätte herbeiführen können, sei praxisfern, da eine deutsche Behörde die Personaldaten eines Ausländers lediglich gegen Vorlage eines Passes ändere. Die Bevollmächtigte habe im Übrigen beim Standesamt den Sachstand abgefragt. Demnach scheitere die Entscheidung des Oberlandesgericht München daran, dass die gesamten Akten noch nicht übermittelt worden seien. Dies könne aber nicht zulasten des Antragstellers gehen. Die Familie des Antragstellers lebe seit Jahren im Iran. Es sei daher äußerst schwierig, Kontaktpersonen ausfindig zu machen, welche für ihn in seiner Heimatprovinz Dokumente, bspw. eine Tazkira beschaffen könnten. Der Antragsteller habe für die absehbare Dauer des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht München einen Duldungsanspruch. Die Straffälligkeit des Antragstellers dürfe im hiesigen Verfahren keine Rolle spielen. Zudem seien die Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller überwiegend eingestellt worden und es handele sich insgesamt um Jugendsünden. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass die deutsche Botschaft in Kabul bis auf weiteres geschlossen sei. Eine Wiedereröffnung sei in nächster Zukunft nicht ersichtlich. Die Wiedereinreise zur Eheschließung mittels Visums könne derzeit nicht erfolgen; es würden seitens der deutschen Botschaft eine Warteliste über Islamabad oder Neu Delhi geführt und erst die Altanträge vor Zerstörung der Botschaft abgearbeitet. Deswegen müsse aufgrund gegebener besonderer Umstände gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visumsverfahren abgesehen werden: Die Nachholung des Visumsverfahrens sei unzumutbar, wenn – wie hier – eine deutsche Auslandsvertretung nicht mehr bestehe oder wenn die deswegen notwendige Durchreise in ein anderes Gebiet – vorliegend: Islamabad – mit Gefahren für Leib und Leben verbunden sei. Der Antragsteller sei schließlich kein schwerer Straftäter und die Eheschließung mit einer Deutschen stehe kurz bevor; die Nachholung des Visumsverfahrens sei daher aufgrund mehrerer Aspekte unzumutbar. Als weit milderes Mittel als eine Abschiebung könne die Entscheidung des Oberlandesgerichts abgewartet werden; soweit dieses einer Heirat nicht zustimme, könne der Antragsteller jederzeit abgeschoben werden oder freiwillig ausreisen. Eilbedürftigkeit sei gegeben, weil die Nachfrage der Bevollmächtigten, ob und wann eine Abschiebung beabsichtigt sei, unbeantwortet geblieben sei.

Der Antragsgegner nahm mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2017 erstmals Stellung zur Streitsache. Er beantragt,

den Antrag zu 1. und zu 2. abzulehnen.

Die Duldung sei durch Zeitablauf erloschen und nicht mehr verlängert worden, da die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorlägen. Eine Abschiebung sei aufgrund des vorgelegten afghanischen Reisepasses nicht mehr tatsächlich unmöglich. Nach dem Abschiebemoratorium der Bundesregierung seien Abschiebungen bei Personen, die entweder als Straftäter, hartnäckige Mitwirkungsverweigerer oder Gefährder zu qualifizieren seien, weiterhin beabsichtigt. Auch bestehe kein rechtliches Abschiebungshindernis. Die Voraussetzungen einer Duldung wegen unmittelbaren Bevorstehens der Eheschließung seien nicht gegeben. Es sei kein Termin für die Eheschließung bestimmt noch bestimmbar. Ein unmittelbares Bevorstehen der Eheschließung könne deswegen ausnahmsweise nur noch dann in Betracht kommen, wenn das Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Ehevoraussetzungen nachweislich erfolgreich abgeschlossen sei. Einen Nachweis darüber habe der Antragsteller nicht erbracht. Eine Mitteilung des Standesamts nach § 13 Abs. 4 PStG liege nicht vor. Nach Rücksprache mit der zuständigen Sachbearbeiterin beim Standesamt seien die vom Antragsteller vorgelegten Dokumente noch nicht an das Oberlandesgericht München weitergeleitet worden, da das Standesamt wegen der Widersprüchlichkeit der Angaben zunächst eine Überprüfung der Echtheit der Dokumente durch die Botschaft in Kabul vornehmen wolle (Seite 8 der Antragserwiderung) bzw. da diese noch nicht auf ihre Echtheit hin überprüft worden seien (Seite 3 der Antragserwiderung). Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung könne dann nicht ausgegangen werden, wenn eine Terminfestsetzung oder die Entscheidung des Oberlandesgerichts ausbleibe, weil noch aus der Sphäre des Antragstellers stammende Unklarheiten oder Zweifel bestünden. Der Antragsteller habe etwaige Verzögerungen bei der Überprüfung der Echtheit der von ihm vorgelegten Dokumente zu verantworten. Die Ausstellung eines afghanischen Reisepasses nehme ca. drei Monate in Anspruch. Der Pass sei seit 14. Juli 2017 gültig. Dennoch habe der Antragsteller weder im Rahmen seiner Duldungsverlängerung am 30. Mai 2017 noch am 26. Juni 2017 in Anwesenheit seiner deutschen Verlobten die Angaben hinsichtlich seiner Identität korrigiert, obwohl er die neuen Personalien aufgrund der Passbeantragung zumindest mittlerweile habe kennen müssen. Auch habe er nicht angegeben, einen Reisepass beantragt zu haben. Aufgrund dessen und angesichts seines langen Aufenthalts in Deutschland bestünden gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bewusst so gehandelt habe, um aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu verhindern oder zumindest zu erschweren. In einem derartigen Fall sei der Ausländer auch nicht schutzwürdig, da er die Verzögerungen hinsichtlich seiner Identitätsklärung zu verschulden habe. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts sei auch keine reine Formalie. Wenn sie noch ausstehe und der Betroffene unterschiedliche Angaben über seine Identität mache, könne nicht angenommen werde, dass die Eheschließung sicher erscheine. Es bedürfe weiterer Aufklärung des Sachverhalts durch das Oberlandesgericht, gegebenenfalls unter Beiziehung der Ausländerakte und weiterer Untersuchungen durch den Präsidenten des Oberlandesgericht. Mit einem positiven Abschluss des standesamtlichen Eheschließungsverfahrens sei erst dann zu rechnen, wenn die erforderliche Sachverhaltsaufklärung erfolgt und die Befreiungs- und/oder Anerkennungsentscheidungen nach § 1309 Abs. 2 BGB bzw. § 109 FamFG ergangen seien. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die Ehe in den nächsten 4-6 Wochen geschlossen werden könne.

Die Kammer hat den Antragsgegner mit (Hänge-) Beschluss vom 2. Oktober 2017 verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Entscheidung des Gerichts im hiesigen Verfahren auszusetzen und eine Bescheinigung hierüber zu erteilen. Dies gründete sich darauf, dass ohne Vorlage der Behördenakten und angesichts dessen, dass auch telefonische Nachfragen beim Antragsgegner ergebnislos blieben, eine fundierte Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der zulässige Antrag zu Ziff. 2 hat im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen bleiben die Anträge erfolglos.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich sind danach ein Anordnungsgrund – also: die Eilbedürftigkeit der Sache – sowie ein Anordnungsanspruch – mithin: der zu sichernde materielle Anspruch in der Hauptsache. Anordnungsgrund und -anspruch sind nach § 123 Abs. 1 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

1. Ein Anordnungsgrund bzw. die dafür erforderlichen Tatsachen wurden geltend und hinreichend glaubhaft gemacht. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass dem Antragsteller weder mitgeteilt wurde (und wird), ob er abgeschoben wird noch, wann eine Abschiebung terminiert ist.

2. Auch ein Anordnungsanspruch, mithin: ein materieller Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, über dessen Bestehen im Eilverfahren in der Sache vollumfänglich entschieden wird (vgl. VG München, B.v. 4.5.2017 – M 9 E 17.1561 – juris m.w.N.), ist im tenorierten Umfang gegeben bzw. die dafür erforderlichen Tatsachen wurden geltend und hinreichend glaubhaft gemacht.

Ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG (Vorwirkung) wegen Unvereinbarkeit der Abschiebung mit der Eheschließungsfreiheit ist gegeben, wenn der Antragsteller alles Erforderliche für die Eheschließung getan hat, diese somit unmittelbar bevorsteht. Da kein Termin für die Eheschließung bestimmt oder bestimmbar ist, kommt die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten sind, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird und jedenfalls dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – juris).

a) Der Antragsteller hat alles in diesem Sinne Erforderliche getan, um die Eheschließung vorzubereiten. Am 26. Juli 2017 wurde nach Aktenlage die Eheschließung beim zuständigen Standesamt angemeldet und (über das Standesamt) der Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt. U.a. mit dem Nationalpass, der Tazkira und der Ledigkeitsbescheinigung wurden zudem alle notwendigen Unterlagen vorgelegt. Folgerichtig wurde die Vollständigkeit der Unterlagen durch die Standesbeamtin auch nicht moniert.

Auch dass die Standesbeamtin Zweifel an der Echtheit des Passes anmeldete, ändert nichts. Nach dem Vortrag der ROB, ZAB nahm die Standesbeamtin Anstoß an der Namensunstimmigkeit. Dazu ist nach Aktenlage festzuhalten, dass diese Unstimmigkeit bei einer Befragung des Antragstellers durch die ROB, ZAB nachvollziehbar aufgelöst wurde, wovon aber die Standesbeamtin nach Aktenlage nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Dem Anspruch stünden die Zweifel der Standesbeamtin aber ohnehin nicht entgegen. Zwar kann von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung dann nicht ausgegangen werden, wenn aus in der Sphäre des Verlobten liegenden Gründen der Standesbeamte einen Termin zur Eheschließung nicht festsetzen oder der Präsident des Oberlandesgerichts über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nicht abschließend entscheiden kann, weil es noch an Unterlagen fehlt oder sonst Zweifel oder Unklarheiten bestehen (dazu OVG SH, B.v. 1.8.2017 – 13 ME 189/17 – juris). In dieses Stadium ist der Befreiungsantrag, um den es an diesem Punkt der Prüfung tragend geht (vgl. § 1309 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. Art. 13 Abs. 1 EGBGB), vorliegend aber noch nicht gelangt, da die Unterlagen ausweislich der Antragserwiderung vom 4. Oktober 2017 weder durch die ROB, ZAB noch durch das Standesamt an das Oberlandesgericht München weitergeleitet worden sind. Die Antragserwiderung enthält mehrere Aussagen dazu, wieso das noch nicht geschehen sei: Das Standesamt wolle die Echtheit der Dokumente nach Rücksprache mit der ROB, ZAB über die Behörden in Afghanistan überprüfen lassen (Seite 8 der Antragserwiderung). Diese Aussage ist von vorn herein nicht nachvollziehbar, da das Standesamt der ROB, ZAB unter dem 26. Juli 2017 (Bl. 796 d. BA) bereits mitgeteilt hat, dass eine Überprüfung durch die Botschaft in Kabul nicht in Betracht komme, da die Überprüfungen laut Merkblatt derzeit eingestellt seien. Zum anderen sei die Weiterleitung unterblieben, da die Dokumente noch nicht auf ihre Echtheit hin überprüft worden seien (Seite 3 der Antragserwiderung). Damit kann aber von vorn herein nur gemeint sein, dass die vom Standesamt um Überprüfung ersuchte ROB, ZAB die Prüfung noch nicht vorgenommen habe und deswegen die Unterlagen zurückhalte.

Diese Vorgehensweise – Zurückhalten der Dokumente, während gleichzeitig die Abschiebung des Antragstellers betrieben wird – ist kein rechtlich zulässiges Verhalten. Der Präsident des Oberlandesgerichts München ist im hier relevanten Zusammenhang, d.h. für die Befreiung nach § 1309 Abs. 2 BGB und damit für die Feststellung einer Voraussetzung des Duldungsanspruchs, für die Überprüfung der Echtheit der Dokumente zuständig. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal bei der Feststellung der Voraussetzungen des Befreiungsantrags ist, dass die Staatsangehörigkeit des Antragstellers geklärt sein muss und keine Zweifel an seiner Identität bestehen; die Überprüfung obliegt dem Präsidenten des Oberlandesgerichts (Amtsermittlung) im Wege freier Beweiswürdigung (BeckOK BGB, Stand: 43. Ed. 15.6.2017, § 1309 Rn. 16 und 24; OLG Rostock, FamRZ 2009, 1324). Dafür ist wiederum Voraussetzung, dass er den Befreiungsantrag und die notwendigen Unterlagen überhaupt erhält. Dies erkennt auch die ROB, ZAB an (Seite 10 der Antragserwiderung). Dass die Unterlagen dennoch nicht weitergeleitet wurden, ist dann aber umso weniger verständlich. Auch der weitere Schluss, dass aufgrund der Komplexität dieser Überprüfung nicht davon auszugehen sei, dass die Ehe in den nächsten 4-6 Wochen geschlossen werde, ist bei dieser Sachlage nicht nachvollziehbar. Es ist reine Spekulation, ob das Oberlandesgericht München an den vorgelegten Dokumenten überhaupt Anstoß nehmen und wie lange eine Überprüfung dauern würde, da die Unterlagen überhaupt noch nicht vorgelegt wurden.

b) Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass der Betroffene seine wahre Identität gegenüber der Ausländerbehörde nur anlässlich der Eheschließung offenbart hat, obwohl ihm ein Pass schon viel früher ausgestellt worden ist (vgl. dazu BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – juris). Der Pass wurde unverzüglich nach Erhalt vorgelegt. Auch hat der Antragsteller nach Aktenlage keine nachgewiesene Identitätstäuschung begangen. Der Vortrag dazu, wieso als Nachname zunächst G. H. und später B. angegeben wurde, ist nachvollziehbar. Die Angaben in der Tazkira, in der Ledigkeitsbescheinigung und im Pass sowie die Aussagen des Antragstellers in der Befragung durch die ROB, ZAB am 27. September 2017 stimmen diesbezüglich überein. Die ROB, ZAB wäre auch nicht daran gehindert gewesen, zu versuchen, beim afghanischen Konsulat in Bonn, der ausstellenden Passbehörde, die Aussagen dazu, dass die Familie des Antragstellers im afghanischen Register offiziell unter „B.“ (Nachname) geführt werde, was der Antragsteller erst mit Aushändigung des noch unter „G. H.“ (Nachname) beantragten Passes erfahren habe, zu verifizieren. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dem Antragsteller der Umstand, dass er jahrelang an Verfahren zur Passersatzbeschaffung nicht mitgewirkt hat, im Kontext des streitgegenständlichen Anspruchs nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. Für die Beurteilung des Anspruch auf Duldung wegen Vorwirkung der Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 GG kommt es darauf gegenwärtig nicht mehr an.

c) Der Antragsteller hat dringende Gründe, die das Erfordernis seiner ununterbrochenen Anwesenheit im Bundesgebiet begründen, zumindest mit Blick auf sein Heimatland Afghanistan hinreichend dargetan. Aktuell besteht auch unter Berücksichtigung des Schutzbereichs des Art. 6 GG Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumsverfahrens. Es ist völlig unklar, wann überhaupt in Afghanistan ein Visumsantrag gestellt werden kann. Die deutsche Auslandsvertretung in Afghanistan ist geschlossen und das Verfahren über die von der Vertretung in Islamabad geführte Warteliste mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Abschiebung im Übrigen ist nicht erkennbar. Der Antragsteller hat auch nach dem Vortrag der ROB, ZAB keine schwerwiegenden Delikte verwirklicht, die Anlass zum sofortigen Vollzug geben würden. Dies umso mehr, als die Straftaten schon länger zurückliegen. Zudem hält sich der Antragsteller bereits seit 2011 im Bundesgebiet auf; angesichts dessen und in Anbetracht der nunmehr beantragten Eheschließung kann die Dringlichkeit des Verfahrens nicht nachvollzogen werden.

d) Andererseits war der Antragsgegner nach Ansicht der Kammer aber auch nicht zu verpflichten, die Abschiebung bis zur Eheschließung auszusetzen. Vielmehr ist in erster Linie die Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts München abzuwarten; deren Maßgeblichkeit führt auch die Bevollmächtigte selbst an. Fällt sie positiv aus, steht die Eheschließung unmittelbar bevor, die Abschiebung ist dann (weiter) auszusetzen. Fällt sie negativ aus, ist kein Grund für eine weitergehende Duldung ersichtlich.

Die mit Ziff. 1 begehrte Feststellung dagegen bleibt von vorn herein erfolglos und ist angesichts des unter Ziff. 2 gestellten Antrags überflüssig. Die Duldung ist durch Zeitablauf erloschen, da sie nicht verlängert wurde. Eine Sicherung im Wege des Eilrechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO ist hier nicht angezeigt.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Angesichts der Ablehnung eines Hauptantrages und der nur teilweisen Stattgabe hinsichtlich des anderen Hauptantrages waren die Kosten hälftig zu teilen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 8.3 Streitwertkatalog.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Dez. 2017 - M 9 E 17.4630

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Mai 2017 - M 9 E 17.1561

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet ist, hat zu prüfen, ob der Eheschließung ein Hindernis entgegensteht. Reichen die nach § 12 Abs. 2 vorgelegten Urkunden nicht aus, so haben die Eheschließenden weitere Urkunden oder sonstige Nachweise vorzulegen.

(2) Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die zu schließende Ehe nach § 1314 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufhebbar wäre, so können die Eheschließenden in dem hierzu erforderlichen Umfang einzeln oder gemeinsam befragt werden; zum Beleg der Angaben kann ihnen die Beibringung geeigneter Nachweise aufgegeben werden. Wenn diese Mittel nicht zur Aufklärung des Sachverhalts führen, so kann auch eine Versicherung an Eides statt über Tatsachen verlangt werden, die für das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Aufhebungsgründen von Bedeutung sind.

(3) Soll die Ehe wegen lebensgefährlicher Erkrankung eines Eheschließenden ohne abschließende Prüfung nach Absatz 1 geschlossen werden, so muss durch ärztliches Zeugnis oder auf andere Weise nachgewiesen werden, dass die Eheschließung nicht aufgeschoben werden kann. In diesem Fall muss glaubhaft gemacht werden, dass kein Ehehindernis besteht.

(4) Wird bei der Prüfung der Ehevoraussetzungen ein Ehehindernis nicht festgestellt, so teilt das Standesamt den Eheschließenden mit, dass die Eheschließung vorgenommen werden kann; die Mitteilung ist für das Standesamt, das die Eheschließung vornimmt, verbindlich. Die Eheschließenden sind verpflichtet, Änderungen in ihren die Ehevoraussetzungen betreffenden tatsächlichen Verhältnissen unverzüglich anzuzeigen; die Mitteilung nach Satz 1 wird entsprechend geändert oder aufgehoben. Sind seit der Mitteilung an die Eheschließenden mehr als sechs Monate vergangen, ohne dass die Ehe geschlossen wurde, so bedarf die Eheschließung erneut der Anmeldung und der Prüfung der Voraussetzungen für die Eheschließung.

(1) Wer hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung vorbehaltlich des Artikels 13 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ausländischem Recht unterliegt, soll eine Ehe nicht eingehen, bevor er ein Zeugnis der inneren Behörde seines Heimatstaats darüber beigebracht hat, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht. Als Zeugnis der inneren Behörde gilt auch eine Urkunde im Sinne von Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/1191 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern durch die Vereinfachung der Anforderungen an die Vorlage bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. L 200 vom 26.7.2016, S. 1) sowie eine Bescheinigung, die von einer anderen Stelle nach Maßgabe eines mit dem Heimatstaat des Betroffenen geschlossenen Vertrags erteilt ist. Das Zeugnis verliert seine Kraft, wenn die Ehe nicht binnen sechs Monaten seit der Ausstellung geschlossen wird; ist in dem Zeugnis eine kürzere Geltungsdauer angegeben, ist diese maßgebend.

(2) Von dem Erfordernis nach Absatz 1 Satz 1 kann der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet worden ist, seinen Sitz hat, Befreiung erteilen. Die Befreiung soll nur Staatenlosen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland und Angehörigen solcher Staaten erteilt werden, deren Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse im Sinne des Absatzes 1 ausstellen. In besonderen Fällen darf sie auch Angehörigen anderer Staaten erteilt werden. Die Befreiung gilt nur für die Dauer von sechs Monaten.

(3) (weggefallen)

(1) Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist ausgeschlossen,

1.
wenn die Gerichte des anderen Staates nach deutschem Recht nicht zuständig sind;
2.
wenn einem Beteiligten, der sich zur Hauptsache nicht geäußert hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig mitgeteilt worden ist, dass er seine Rechte wahrnehmen konnte;
3.
wenn die Entscheidung mit einer hier erlassenen oder anzuerkennenden früheren ausländischen Entscheidung oder wenn das ihr zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
4.
wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist.

(2) Der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in einer Ehesache steht § 98 Abs. 1 Nr. 4 nicht entgegen, wenn ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat hatte, dessen Gerichte entschieden haben. Wird eine ausländische Entscheidung in einer Ehesache von den Staaten anerkannt, denen die Ehegatten angehören, steht § 98 der Anerkennung der Entscheidung nicht entgegen.

(3) § 103 steht der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in einer Lebenspartnerschaftssache nicht entgegen, wenn der Register führende Staat die Entscheidung anerkennt.

(4) Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, die

1.
Familienstreitsachen,
2.
die Verpflichtung zur Fürsorge und Unterstützung in der partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft,
3.
die Regelung der Rechtsverhältnisse an der gemeinsamen Wohnung und an den Haushaltsgegenständen der Lebenspartner,
4.
Entscheidungen nach § 6 Satz 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1382 und 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
5.
Entscheidungen nach § 7 Satz 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1426, 1430 und 1452 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
betrifft, ist auch dann ausgeschlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.

(5) Eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der ausländischen Entscheidung findet nicht statt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Sicherungsmaßnahmen wegen seiner bevorstehenden bzw. wegen einer von ihm befürchteten Abschiebung.

Der am 6. August 1982 geborene Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger (siehe Pass des Senegals, Bl. 35 d. Behördenakts – i.F.: BA – und carta d'identità, Bl. 11 d. BA). Nach Aktenlage besaß er in Italien eine bis 29. Juli 2013 gültige Aufenthaltsgenehmigung (permesso di soggiorno, Bl. 42 d. BA). Nachdem er – laut eigener Aussage (vgl. Bl. 51 d. BA) am 28. November 2014 – ohne Visum (vgl. Bl. 18 und Bl. 116 d. BA) von Italien kommend nach Deutschland eingereist war, stellte er am 8. Januar 2015 Asylantrag (Bl. 18 d. BA). Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (i.F.: Bundesamt) vom 11. Januar 2017 – nach Abschlussmittteilung vom 24. Februar 2017: bestandskräftig (Bl. 69 d. BA) – als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Bl. 50ff. d. BA). Hiernach ist der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig.

Der Antragsteller heiratete am 6. Februar 2017 die deutsche Staatsangehörige Fr. C. B. (Bl. 99 d. BA). Daraufhin stellte er zuletzt unter dem 25. März 2017 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG (Bl. 113ff. d. BA).

Die Zentrale Ausländerbehörde bei der Regierung von Oberbayern, die mit Schreiben vom 14. März 2017 die Zuständigkeit für die Sache wieder an sich gezogen hatte (Bl. 74 d. BA), hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 6. April 2017 zur beabsichtigen Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an.

Daraufhin hat die Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 11. April 2017 Eilantrag nach § 123 VwGO gestellt. Sie beantragt,

  • 1.den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen Ehegattennachzug auszusetzen;

  • 2.dem Antragsgegner mitzuteilen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur Entscheidung über den Antrag nicht durchgeführt werden dürfen;

  • 3.den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldung gemäß § 60a AufenthG zu erteilen.

Der Anordnungsanspruch im Sinne von § 123 VwGO ergebe sich aus § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass im Hinblick auf eine Ehe ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Duldung bestehe. Eine solche sei auch deswegen zu erteilen, weil der Antragsteller zurzeit keinen Aufenthaltstitel besitze, das Bundesgebiet tatsächlich nicht verlassen könne und ihm bei Aufgriff sonst eine Bestrafung drohe. Im Rahmen der im Hinblick auf Art. 6 GG anzustellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG habe. Dessen besondere Erteilungsvoraussetzungen erfülle der Antragsteller, es fehle ihm lediglich an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Der Antragsteller erfülle weiter auch die Voraussetzungen von § 60a AufenthG, da er während seines Aufenthalts in Deutschland einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben habe. Deswegen habe der Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt zumindest einen Duldungsanspruch. Damit sei § 39 Nr. 5 AufenthV erfüllt. § 5 Abs. 1 AufenthG werde auch im Übrigen nachgekommen; der Lebensunterhalt sei aufgrund des Einkommens der Ehefrau gesichert, ausreichender Wohnraum sei vorhanden und der Antragsteller könne als Malerhelfer arbeiten. Eine Ausreise sei dem Antragsteller unzumutbar; dies würde bedeuten, dass dieser vor Ablauf von zehn Monaten nicht wieder einreisen könne. Auch ein Anordnungsgrund bestehe, da die Abschiebung eingeleitet sei und da die Ausländerbehörde dem Antragsteller gegenwärtig keinerlei Papiere ausgestellt habe, sodass er bei einer allgemeinen Personenkontrolle sofort verhaftet werden könne. Den Bescheid des Bundesamts habe der Antragsteller nicht erhalten, dies sei Postproblemen geschuldet.

Der Beklagte beantragt,

den Eilantrag abzulehnen.

Auf die Antragserwiderung vom 27. April 2017 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch im Hinblick auf die Sicherung eines etwaigen materiellen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG statthaft, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel des § 123 Abs. 5 VwGO greift nicht, da eine Ablehnungsentscheidung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (noch) nicht ergangen ist, gegen die nur mehr der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig wäre. Für einen etwaigen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG ist der – gewählte – Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO der allein zulässige Rechtsbehelf.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jeweils, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht werden. Eine Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des § 123 VwGO kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. In diesem Rahmen ist das Gewicht des Anordnungsgrunds entscheidend für eine mögliche Vorwegnahme der Hauptsache. Voraussetzung dafür ist, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.

Es ist bereits fraglich, ob im Hinblick darauf, dass eine Abschiebung noch nicht geplant ist (vgl. Antragserwiderung, S. 10) und angesichts dessen, dass eine Ablehnung des Antrags auf Aufenthaltserlaubnis noch aussteht, ein Anordnungsgrund gegeben ist.

Jedenfalls aber hat der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch für eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung glaubhaft gemacht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2014 – 10 CE 14.650 – juris). Er hat nach summarischer Prüfung weder einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG (1.) noch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, der im Wege einer einstweiligen Anordnung gesichert werden könnte/müsste (2.).

1. Ein materieller Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 AufenthG, über dessen Bestehen im Eilverfahren in der Sache vollumfänglich entschieden wird (ausdrücklich VGH BW, B.v. 19.11.1993 – A 16 S 2002/93 – juris und Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, Stand: 4. Auflage 2017, Rn. 1263), ist nicht gegeben.

§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bestimmt, dass die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen ist, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und dem Ausländer keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung des Antragstellers ist vorliegend nicht deshalb aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil dadurch der Schutz von Ehe und Familie sowie des Privat- und Familienlebens nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigt würde. Zwar umfasst der Schutz von Ehe und Familie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK grundsätzlich auch das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben. Jedoch gewähren weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK einen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Auch aus Art. 8 EMRK ergibt sich keine allgemeine Verpflichtung für die Konventionsstaaten, die Wahl des Aufenthaltsstaates durch Zuwanderer anzuerkennen und eine Familienzusammenführung zu ermöglichen. Mit den in den genannten Bestimmungen enthaltenen wertentscheidenden Grundsatznormen ist es deshalb grundsätzlich vereinbar, Ausländer, die nicht mit dem erforderlichen Visum eingereist sind, auf die Einholung dieses Visums zu verweisen. Anderes würde nur gelten, wenn die Familie die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 25.4.2014 – 10 CE 14.650 – juris und B.v. 22.10.2013 – 10 C 13.1629 – juris, jeweils m.w.N.).

Hinweise darauf, dass der Antragsteller, der sich derzeit illegal im Bundesgebiet aufhält, seine berufstätige Ehefrau betreuen müsste oder dass diese sich nicht ausreichend um sich selbst kümmern könnte (vgl. dazu BayVGH, B.v. 13.5.2013 – 10 CE 13.658 – juris), sind nicht ersichtlich. Es ist dem Antragsteller mithin zumutbar, sich für einen überschaubaren Zeitraum – die Bevollmächtigte selbst hält eine Zeitspanne von (nur) zehn Monaten für realistisch – von seiner Ehefrau zu trennen und den Ehegattennachzug über die Einholung des erforderlichen Visums gemäß § 6 Abs. 2 AufenthG herzustellen.

Auch eine Ermessensduldung wegen Vorliegens dringender humanitärer oder persönlicher Gründe gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG kommt nicht in Betracht, da der Antragsteller die Duldung zum einen aus Gründen begehrt, die nicht nur eine weitere vorübergehende Anwesenheit bedingen würden, und zum anderen der von ihm geltend gemachte Grund – seine eheliche Lebensgemeinschaft – nicht so gewichtig ist, dass er das öffentliche Interesse an der sofort möglichen und zulässigen Aufenthaltsbeendigung eindeutig überwiegt (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2013 – 10 C 13.1629 – juris).

2. Ein etwaig zu sichernder Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besteht nach summarischer Prüfung nicht.

Voraussetzung eines derartigen Anspruchs ist nicht nur, dass die besonderen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sind, sondern auch, dass den Anforderungen des § 5 AufenthG (allgemeine Erteilungsvoraussetzungen) entsprochen wird. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt nach dem damit zu beachtenden § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG voraus, dass der Betroffene mit dem erforderlichen Visum – vorliegend notwendig: ein nationales Visum nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG für einen längerfristigen Aufenthalt – eingereist ist. Dem ist der Antragsteller vorliegend nicht nachgekommen.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann vom Erfordernis eines nationalen Visums und damit von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zwar abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder besondere Umstände – Verhältnismäßigkeitsprüfung – ein Absehen vom Visumsverfahren ermöglichen. Das Tatbestandsmerkmal „Anspruch auf Erteilung“ meint dabei aber nur einen strikten Rechtsanspruch; ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (BVerwG, U.v. 10.12.2014 – 1 C-15/14 – juris m.w.N.). Mit anderen Worten setzt § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG also voraus, dass ein gebundener Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 5 AufenthG besteht, was dann, wenn § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG – der lediglich eine im Ermessen der Behörde stehende Ausnahme von einer regelhaft zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzung normiert – zur Anwendung gebracht werden muss, weil das Visumsverfahren nicht beachtet wurde (und andere Befreiungstatbestände wie § 39 Nr. 5 AufenthV nicht greifen, siehe dazu unten), eben gerade nicht der Fall ist (vgl. zu diesem „zirkelschlüssig“ anmutenden, aber in der Rechtsprechung anerkannten Argument z.B. BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 10 C 16.818 – juris; B.v. 21.7.2015 – 10 CS 15.859 – juris; VG München, U.v. 24.11.2016 – M 12 K 16.2271 – juris; B.v. 19.7.2016 – M 10 E 16.3015 – juris; VG Saarland, B.v. 23.8.2016 – 6 L 1114/16 – juris). Weiter fehlt es im Hinblick auf die – wegen des Fehlens eines Visums – illegale Einreise und den – nach Auslaufen der Aufenthaltsgestattung – nunmehr wieder illegalen Aufenthalt des Antragstellers auch an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG i.V.m. § 95 Abs. Nr. 2 AufenthG (vgl. BVerwG, a.a.O. und weiter auch BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 1 C-31/14 – juris). Hintergrund dieser Lösung ist, dass der Einhaltung der Visumvorschriften im Aufenthaltsrecht große Bedeutung zukommt, da nur so die Zuwanderung nach Deutschland wirksam gesteuert und begrenzt werden kann. Ausgehend von diesem Zweck sind Ausnahmen von der Visumpflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG prinzipiell eng auszulegen; für Ausländer soll der Anreiz vermieden werden, nach illegaler Einreise Bleibegründe zu schaffen mit der Folge, dass ein solches Verhalten mit einem Verzicht auf das vom Ausland durchzuführende Visumverfahren honoriert würde (BVerwG, U.v. 10.12.2014 – 1 C-15/14 – juris). Soweit bei einem Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ausnahmsweise auf das Visumerfordernis verzichtet werden kann, soll dies deswegen nur bei Ansprüchen gelten, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Dass dem Betroffenen im Ermessenswege eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, reicht hierfür nicht, selbst wenn im Einzelfall das behördliche Ermessen zugunsten des Ausländers auf Null reduziert wäre (BVerwG, U.v. 16.12.2008 – 1 C 37.07 – juris). Ebenso wenig kommt es beim Nichtvorliegen einer Regelerteilungsvoraussetzung darauf an, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Regelfall vorliegen (vgl. Fricke, jurisPR-BVerwG 5/2015 Anm. 3).

Auch die Befreiungstatbestände des § 39 AufenthV sind nicht einschlägig.

§ 39 Nr. 3 AufenthG ist nicht erfüllt, da der Senegal nicht in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 aufgeführt ist.

Für § 39 Nr. 4 AufenthV fehlt es seit 24. Januar 2017 (Bl. 110 d. BA) am Vorliegen einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz.

§ 39 Nr. 5 AufenthV schließlich setzt im – wohl – entscheidenden zeitlichen Moment der mündlichen Verhandlung (vgl. dazu BayVGH, B.v. 27.2.2014 – 10 ZB 11.2662 – juris m.w.N.), an dessen Stelle vorliegend der Zeitpunkt der Entscheidung tritt, voraus, dass der Antragsteller eine Duldung nach § 60a AufenthG besitzt. Dies ist vorliegend nicht der Fall und wird auch nicht behauptet. Die Bevollmächtigte geht fehl in der Annahme, dass allein ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung – der im Übrigen auch nicht besteht, vgl. Ziffer 1. der hiesigen Entscheidung – ausreicht, um den Anforderungen des § 39 Nr. 5 AufenthV gerecht zu werden. Dem steht bereits der Wortlaut „…ausgesetzt ist“ entgegen. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller auch im Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis keine Duldung in diesem Sinne besaß. Da die Ausländerbehörde vorliegend schließlich auch keine verfahrensbezogene Duldung für das gerichtliche Verfahren erteilt hat – obwohl dies angezeigt gewesen wäre –, wird nur ergänzend darauf hingewiesen, dass auch eine derartige verfahrensbezogene Duldung jedenfalls keine ausreichende „Aussetzung der Abschiebung nach § 60a AufenthG“ i.S.v. § 39 Nr. 5 AufenthV darstellen würde (BayVGH, B.v. 27.2.2014 – 10 ZB 11.2662 – juris; VG Saarland, B.v. 7.4.2014 – 6 L 361/14 – juris). Der Antragsteller verfügt schlicht über keine Form einer Aufenthaltsberechtigung. Weiter steht ihm auch kein gebundener Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zu, den auch § 39 Nr. 5 AufenthV voraussetzt (BVerwG, U.v. 10.12.2014 – 1 C-15/14 – juris). Da die Ehe vorliegend von vornherein keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung begründet, muss auf die Frage, ob die Eheschließung ohnehin nicht doppelt – d.h. bei § 60a AufenthG und bei § 39 Nr. 5 AufenthV – berücksichtigt werden könnte, nicht mehr eingegangen werden (vgl. OVG Bln-Bbg, B.v. 17.1.2011 – OVG 11 S. 51.10 – juris).

Auch § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 AufenthG hilft dem Antragsteller vorliegend nicht weiter, da auch hier ein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel vorausgesetzt wird, damit die Titelerteilungssperre des Satzes 1 nicht greift und der Antragsteller nicht ausreisen muss; einen solchen Anspruch gibt es vorliegend nicht, dem steht das Visumserfordernis entgegen, von dem nur nach Ermessen abgewichen werden kann (s.o.; BVerwG, B.v. 16.2.2012 – 1 B 22/11 – juris; U.v. 10.12.2014 – 1 C-15/14 – juris; BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 10 C 16.818 – juris).

Zum Nichtvorliegen einer Unverhältnismäßigkeit nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG a.E. wird auf Ziffer 1. des hiesigen Beschlusses verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 8.3 Streitwertkatalog.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

In Abänderung von Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Oktober 2016 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller ist ruandischer Staatsangehöriger und hielt sich seit seiner Einreise am 9. April 2011 bis zur Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen in der ruandischen Botschaft am 16. Juni 2016 unter falscher Identität im Bundesgebiet auf.

Er stellte am 18. April 2011 einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. März 2012 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Seinen Asylfolgeantrag vom 4. Februar 2013 lehnte das Bundesamt ebenfalls ab (Bescheid vom 5. April 2013). Ein Wiederaufnahmeantrag vom 9. Dezember 2013 blieb erfolglos (Bescheid vom 12. Juli 2016). Mit Bescheid vom 12. Februar 2013 wurde der Antragsteller zudem aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Dieser Bescheid ist bestandskräftig. Die Abschiebung des Antragstellers war nicht möglich, weil ihm die kongolesische Botschaft - er hatte behauptet, Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo zu sein - keinen Reisepass ausstellte. Es wurde vermutet, dass er ruandischer Staatsangehöriger ist.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2016 stellte der Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen. Hierzu legte er eine Kopie eines ruandischen Reisepasses, ausgestellt am 27. Juli 2015, vor. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. Juli 2016 ab und befristete zugleich die Wirkungen der Abschiebung aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 2. März 2012 auf zwei Jahre. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage, über die noch nicht entschieden ist (Au 6 K 16.1229).

Am 7. Oktober 2016 beantragte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, dem Antragsgegner bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren Au 6 K 16.1229 zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn durchzuführen.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2016 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab. Der Antragsteller habe voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, da die Eheschließung in der ruandischen Botschaft nicht wirksam sei. Sie sei nicht vor einem Standesbeamten geschlossen worden. Zudem stehe die Titelerteilungssperre des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf Null nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Zudem bestehe eine Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 Satz 3 Alt. 1 AufenthG. Einen strikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besitze der Antragsteller nicht, da die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt sei. Es bestehe ein Ausweisungsinteresse, weil er vorsätzlich falsche Angaben über seine Identität gemacht habe (§ 54 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a AufenthG). Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe auch nicht nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die Abschiebung sei auch nicht mit Blick auf Art. 8 EMRK Und Art. 6 GG unmöglich. Zwar entfalte auch eine nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehe Schutzwirkungen. Die Abwägungsentscheidung falle jedoch zugunsten des öffentlichen Interesses an der Ausreise aus.

Mit Schriftsatz vom 11. November 2016 legte der Antragsteller gegen den Beschluss vom 24. Oktober 2016 Beschwerde ein. Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, dass er einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG habe, weil eine nach ruandischem Recht wirksame Ehe vorliege, die Schutzwirkungen entfalte. Der Antragsteller sei im Bundesgebiet gut integriert, spreche fließend Deutsch und lebe in fester Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Er habe sein bisheriges Fehlverhalten, die Verschleierung seiner Identität, eingesehen, und seine Identität preisgegeben. Es sei auch davon auszugehen, dass die Eheschließung nach deutschem Recht unmittelbar bevorstehe. Der Antragsteller habe am 11. November 2016 kirchlich geheiratet.

Ergänzend wird auf die vorlegten Behördenakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist nicht begründet.

Der Antragsteller hat den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ergibt sich nicht, dass ihm der geltend gemachte Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 AufenthG zusteht.

1. Der Antragsteller hat zunächst keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG glaubhaft gemacht, soweit er geltend macht, er beabsichtige, seine Lebenspartnerin auch nach deutschem Recht zu heiraten, so dass die Abschiebung im Hinblick auf seine Eheschließungsfreiheit nach Art. 6 Abs. 1 GG rechtlich unmöglich sei.

Ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen Unvereinbarkeit der Abschiebung mit der Eheschließungsfreiheit setzt voraus, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2012 - 10 CE 12.2125 - juris Rn. 3; B. v. 11.3.2010 - 19 CE 10.364 - juris Rn. 3 m. w. N.; B. v. 14.10.2015 - 10 CE 15.2165 - juris Rn. 18). Die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten sind, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird und jedenfalls dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2012 - 10 CE 12.2125 - juris Rn. 3; B. v. 11.3.2010 - 19 CE 10.364 - juris Rn. 4; vgl. zuletzt auch B. v. 20.10.2016 - 10 CE 16.2127 -). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Denn es ist weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich, dass die Verlobten bereits alle vom Standesbeamten geforderten Unterlagen beschafft hätten. Die Vorlage einer Urkunde über die kirchliche Trauung ist nicht ausreichend.

2. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen der in der ruandischen Botschaft geschlossenen Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen mit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

Die in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet den Antragsgegner als Ausländerbehörde, bei seiner Entscheidung die familiären Bindungen des den weiteren Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B. v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 26; B. v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Allerdings beinhaltet Art. 6 GG keinen unbedingten Anspruch des betroffenen Ehegatten, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben. Vielmehr ist das Schutzgebot für Ehe und Familie (lediglich) in verhältnismäßiger Weise mit den öffentlichen Interessen abzuwägen (vgl. BVerfG, B. v. 4.12.2007 - 2 BvR 2341/06 - juris Rn. 6). Insoweit hat das Verwaltungsgericht in den Gründen des Beschlusses ausgeführt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiege. Die Ehe sei in Kenntnis der bestandskräftigen Ausweisung und Abschiebungsandrohung geschlossen worden und bestehe erst seit kurzem. Dringende Gründe, wie das Erfordernis einer ununterbrochenen Anwesenheit des Antragstellers im Bundesgebiet, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Sein bisheriger Aufenthalt beruhe ausschließlich auf rechtswidrigem Verhalten. Ihm sei nur deshalb eine Duldung erteilt worden, weil seine Abschiebung aufgrund der falsch angegebenen Personalien unmöglich gewesen sei. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass aus den genannten Gründen das öffentliche Interesse an einer Abschiebung das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung im Verfahren Au 6 K 16.1229 im Bundesgebiet verbleiben zu können, überwiegt. Der Verweis auf die gute Integration und den Sinneswandel bezüglich der Identitätstäuschung rechtfertigen keine andere Entscheidung. Der Antragsteller hat seine wahre Identität gegenüber der Ausländerbehörde erst offenbart, als die Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen in der ruandischen Botschaft erfolgt war, obwohl ihm der Pass fast ein Jahr vorher ausgestellt worden war. Diesen Pass hat er sich nur ausstellen lassen, weil er ihn für die Eheschließung benötigte, und nicht, um seine wahre Identität preiszugeben. Angesichts des über Jahre ungesicherten Aufenthaltsstatus des Antragstellers kann auch nicht von einer gelungenen Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik gesprochen werden.

3. Bezüglich der Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG fehlt es bereits an der Darlegung dringender humanitärer oder persönlicher Gründe. Alleine die Tatsache, dass zunächst die Wirkungen der Ausweisung befristet werden müssen, bevor der Antragsteller im Visumverfahren wieder zu seiner Ehefrau einreisen kann, führt nicht zur Annahme dringender persönlicher Gründe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wer hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung vorbehaltlich des Artikels 13 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ausländischem Recht unterliegt, soll eine Ehe nicht eingehen, bevor er ein Zeugnis der inneren Behörde seines Heimatstaats darüber beigebracht hat, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht. Als Zeugnis der inneren Behörde gilt auch eine Urkunde im Sinne von Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/1191 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern durch die Vereinfachung der Anforderungen an die Vorlage bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. L 200 vom 26.7.2016, S. 1) sowie eine Bescheinigung, die von einer anderen Stelle nach Maßgabe eines mit dem Heimatstaat des Betroffenen geschlossenen Vertrags erteilt ist. Das Zeugnis verliert seine Kraft, wenn die Ehe nicht binnen sechs Monaten seit der Ausstellung geschlossen wird; ist in dem Zeugnis eine kürzere Geltungsdauer angegeben, ist diese maßgebend.

(2) Von dem Erfordernis nach Absatz 1 Satz 1 kann der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet worden ist, seinen Sitz hat, Befreiung erteilen. Die Befreiung soll nur Staatenlosen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland und Angehörigen solcher Staaten erteilt werden, deren Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse im Sinne des Absatzes 1 ausstellen. In besonderen Fällen darf sie auch Angehörigen anderer Staaten erteilt werden. Die Befreiung gilt nur für die Dauer von sechs Monaten.

(3) (weggefallen)

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

In Abänderung von Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Oktober 2016 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller ist ruandischer Staatsangehöriger und hielt sich seit seiner Einreise am 9. April 2011 bis zur Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen in der ruandischen Botschaft am 16. Juni 2016 unter falscher Identität im Bundesgebiet auf.

Er stellte am 18. April 2011 einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. März 2012 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Seinen Asylfolgeantrag vom 4. Februar 2013 lehnte das Bundesamt ebenfalls ab (Bescheid vom 5. April 2013). Ein Wiederaufnahmeantrag vom 9. Dezember 2013 blieb erfolglos (Bescheid vom 12. Juli 2016). Mit Bescheid vom 12. Februar 2013 wurde der Antragsteller zudem aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Dieser Bescheid ist bestandskräftig. Die Abschiebung des Antragstellers war nicht möglich, weil ihm die kongolesische Botschaft - er hatte behauptet, Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo zu sein - keinen Reisepass ausstellte. Es wurde vermutet, dass er ruandischer Staatsangehöriger ist.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2016 stellte der Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen. Hierzu legte er eine Kopie eines ruandischen Reisepasses, ausgestellt am 27. Juli 2015, vor. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. Juli 2016 ab und befristete zugleich die Wirkungen der Abschiebung aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 2. März 2012 auf zwei Jahre. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage, über die noch nicht entschieden ist (Au 6 K 16.1229).

Am 7. Oktober 2016 beantragte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, dem Antragsgegner bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren Au 6 K 16.1229 zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn durchzuführen.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2016 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab. Der Antragsteller habe voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, da die Eheschließung in der ruandischen Botschaft nicht wirksam sei. Sie sei nicht vor einem Standesbeamten geschlossen worden. Zudem stehe die Titelerteilungssperre des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf Null nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Zudem bestehe eine Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 Satz 3 Alt. 1 AufenthG. Einen strikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besitze der Antragsteller nicht, da die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt sei. Es bestehe ein Ausweisungsinteresse, weil er vorsätzlich falsche Angaben über seine Identität gemacht habe (§ 54 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a AufenthG). Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe auch nicht nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die Abschiebung sei auch nicht mit Blick auf Art. 8 EMRK Und Art. 6 GG unmöglich. Zwar entfalte auch eine nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehe Schutzwirkungen. Die Abwägungsentscheidung falle jedoch zugunsten des öffentlichen Interesses an der Ausreise aus.

Mit Schriftsatz vom 11. November 2016 legte der Antragsteller gegen den Beschluss vom 24. Oktober 2016 Beschwerde ein. Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, dass er einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG habe, weil eine nach ruandischem Recht wirksame Ehe vorliege, die Schutzwirkungen entfalte. Der Antragsteller sei im Bundesgebiet gut integriert, spreche fließend Deutsch und lebe in fester Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Er habe sein bisheriges Fehlverhalten, die Verschleierung seiner Identität, eingesehen, und seine Identität preisgegeben. Es sei auch davon auszugehen, dass die Eheschließung nach deutschem Recht unmittelbar bevorstehe. Der Antragsteller habe am 11. November 2016 kirchlich geheiratet.

Ergänzend wird auf die vorlegten Behördenakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist nicht begründet.

Der Antragsteller hat den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ergibt sich nicht, dass ihm der geltend gemachte Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 AufenthG zusteht.

1. Der Antragsteller hat zunächst keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG glaubhaft gemacht, soweit er geltend macht, er beabsichtige, seine Lebenspartnerin auch nach deutschem Recht zu heiraten, so dass die Abschiebung im Hinblick auf seine Eheschließungsfreiheit nach Art. 6 Abs. 1 GG rechtlich unmöglich sei.

Ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen Unvereinbarkeit der Abschiebung mit der Eheschließungsfreiheit setzt voraus, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2012 - 10 CE 12.2125 - juris Rn. 3; B. v. 11.3.2010 - 19 CE 10.364 - juris Rn. 3 m. w. N.; B. v. 14.10.2015 - 10 CE 15.2165 - juris Rn. 18). Die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten sind, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird und jedenfalls dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2012 - 10 CE 12.2125 - juris Rn. 3; B. v. 11.3.2010 - 19 CE 10.364 - juris Rn. 4; vgl. zuletzt auch B. v. 20.10.2016 - 10 CE 16.2127 -). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Denn es ist weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich, dass die Verlobten bereits alle vom Standesbeamten geforderten Unterlagen beschafft hätten. Die Vorlage einer Urkunde über die kirchliche Trauung ist nicht ausreichend.

2. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen der in der ruandischen Botschaft geschlossenen Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen mit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

Die in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet den Antragsgegner als Ausländerbehörde, bei seiner Entscheidung die familiären Bindungen des den weiteren Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B. v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 26; B. v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Allerdings beinhaltet Art. 6 GG keinen unbedingten Anspruch des betroffenen Ehegatten, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben. Vielmehr ist das Schutzgebot für Ehe und Familie (lediglich) in verhältnismäßiger Weise mit den öffentlichen Interessen abzuwägen (vgl. BVerfG, B. v. 4.12.2007 - 2 BvR 2341/06 - juris Rn. 6). Insoweit hat das Verwaltungsgericht in den Gründen des Beschlusses ausgeführt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiege. Die Ehe sei in Kenntnis der bestandskräftigen Ausweisung und Abschiebungsandrohung geschlossen worden und bestehe erst seit kurzem. Dringende Gründe, wie das Erfordernis einer ununterbrochenen Anwesenheit des Antragstellers im Bundesgebiet, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Sein bisheriger Aufenthalt beruhe ausschließlich auf rechtswidrigem Verhalten. Ihm sei nur deshalb eine Duldung erteilt worden, weil seine Abschiebung aufgrund der falsch angegebenen Personalien unmöglich gewesen sei. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass aus den genannten Gründen das öffentliche Interesse an einer Abschiebung das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung im Verfahren Au 6 K 16.1229 im Bundesgebiet verbleiben zu können, überwiegt. Der Verweis auf die gute Integration und den Sinneswandel bezüglich der Identitätstäuschung rechtfertigen keine andere Entscheidung. Der Antragsteller hat seine wahre Identität gegenüber der Ausländerbehörde erst offenbart, als die Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen in der ruandischen Botschaft erfolgt war, obwohl ihm der Pass fast ein Jahr vorher ausgestellt worden war. Diesen Pass hat er sich nur ausstellen lassen, weil er ihn für die Eheschließung benötigte, und nicht, um seine wahre Identität preiszugeben. Angesichts des über Jahre ungesicherten Aufenthaltsstatus des Antragstellers kann auch nicht von einer gelungenen Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik gesprochen werden.

3. Bezüglich der Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG fehlt es bereits an der Darlegung dringender humanitärer oder persönlicher Gründe. Alleine die Tatsache, dass zunächst die Wirkungen der Ausweisung befristet werden müssen, bevor der Antragsteller im Visumverfahren wieder zu seiner Ehefrau einreisen kann, führt nicht zur Annahme dringender persönlicher Gründe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.