Verwaltungsgericht München Beschluss, 24. Jan. 2019 - M 19L DA 18.3381

bei uns veröffentlicht am24.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - vom … Juni 2018 angeordnete vorläufige Dienstenthebung wird ausgesetzt.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - (im Folgenden: Landesanwaltschaft) vom … Juni 2018 angeordneten vorläufigen Dienstenthebung. Sie ist auch Beklagte in einer am … Juni 2018 erhobenen Disziplinarklage (M 19L DK 18.2966), mit der die Landesanwaltschaft ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis begehrt.

1. Die am … 1960 geborene Antragstellerin ist erste Bürgermeisterin der Gemeinde B … mit 1 … Einwohnern. Zu ihren persönlichen Verhältnissen und ihrem beruflichen Werdegang wird Bezug genommen auf die streitgegenständliche Verfügung (dort S. 1 und 2).

2. Zur Darstellung des Disziplinarverfahrens wird ebenfalls Bezug genommen auf die streitgegenständliche Verfügung (dort S. 2 bis 10).

3. Mit Verfügung vom … Juni 2018 enthob die Landesanwaltschaft die Antragstellerin mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes. Ihr wird vorgeworfen, sie habe bei Anträgen auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises und auf Selbstauskunft aus dem Register EStA (Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten) für sich selbst und ihre drei Söhne die für Reichsbürger typischen Angaben gemacht und einen von einem Reichsbürger in den Gemeinderäumen gehaltenen Vortrag nicht unterbunden. Dadurch habe sie die Bundesrepublik Deutschland als Staat und die geltende Rechtslage in Zweifel gezogen und sei nicht aktiv für den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eingetreten. Mit den festgestellten Äußerungen und Handlungen bzw. Unterlassungen habe sie gegen ihre Dienstpflicht verstoßen, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) und damit ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen; zugleich liege darin ein Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), der ein innerdienstliches wie außerdienstliches Dienstvergehen begründe. Der Sachverhalt lasse mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten, dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werde. An den Inhaber des herausgehobenen Amtes eines ersten Bürgermeisters seien sehr hohe Anforderungen zu stellen.

Die einzelnen Vorwürfe, die Dienstpflichtverletzungen und die Notwendigkeit der vorläufigen Dienstenthebung ergeben sich aus der streitgegenständlichen Verfügung (dort S. 10 bis 68).

4. Am 10. Juli 2018 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung. Die Landesanwaltschaft beantragte mit Schreiben vom 29. August 2018, diesen Antrag abzulehnen. Die Antragstellerin entgegnete mit Schriftsatz vom 18. September 2018.

Hinsichtlich des Vortrags der Parteien wird auf ihre Schriftsätze, hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegten Disziplinarakten und die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 19L DK 18.2966, Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann die Disziplinarbehörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Nach Art. 61 Abs. 1 BayDG kann der Beamte bei dem Gericht der Hauptsache die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beantragen. Über den Antrag ist durch Beschluss zu entscheiden (vgl. Art. 61 Abs. 3 BayDG), den nach Art. 43 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Vorsitzende der Disziplinarkammer ohne Mitwirkung der Beamtenbeisitzer (Art. 43 Abs. 1 Satz 1, Art. 44 ff. BayDG) erlässt.

Die vorläufige Dienstenthebung ist nach Art. 61 Abs. 2 BayDG auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts offen ist, ob die von der Behörde getroffene Anordnung rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Im Hinblick auf die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG ist zu prüfen, ob die in der Anordnung liegende Prognose gerechtfertigt ist, der Beamte werde im Disziplinarverfahren voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, was dann der Fall ist, wenn nach dem Kenntnisstand des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens die Möglichkeit der Höchstmaßnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Ist es dagegen zumindest ebenso wahrscheinlich, dass eine Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis im Disziplinarverfahren nicht erfolgen wird, sind insoweit ernstliche Zweifel im Sinne des Art. 61 Abs. 2 BayDG zu bejahen. Hinsichtlich des zur Last gelegten Dienstvergehens genügt die Feststellung, dass der Beamte dieses Dienstvergehen mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen hat; nicht erforderlich ist, dass es bereits in vollem Umfang nachgewiesen ist. Da im gerichtlichen Verfahren nach Art. 61 BayDG für eigene Beweiserhebungen im Regelfall kein Raum ist, muss das Gericht anhand einer ihrer Natur nach nur kursorisch möglichen Prüfung des Sachverhalts aufgrund der gerade aktuellen Entscheidungsgrundlage entscheiden (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 16a DS 13.706 - juris Rn. 18).

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit Verfügung der Landesanwaltschaft vom … Juni 2018 ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass gegen die Antragstellerin in der Disziplinarklage auf die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Auch wenn die Vorwürfe der Landesanwaltschaft, die Antragstellerin habe bei ihren Anträgen auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises und auf Selbstauskunft aus dem EStA-Register für sich und ihre Söhne reichsbürgertypische Angaben gemacht und einen von einem Reichsbürger in den Gemeinderäumen gehaltenen Vortrag nicht unterbunden, in tatsächlicher Hinsicht weitgehend zutreffen, können sie angesichts der Erklärungen der Antragstellerin (1.) und einer Betrachtung des Gesamtgeschehens (2.) nicht den Schluss rechtfertigen, sie gehöre der Reichsbürgerbewegung an, teile deren Gedankengut und ziehe die Bundesrepublik Deutschland als Staat und die freiheitliche demokratische Grundordnung in Zweifel. Die Vorwürfe reichen nicht aus, um diese Schlussfolgerung zur Überzeugung des Gerichts treffen zu können. Die hierfür erforderliche Gewissheit erfordert ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen (BayVGH, B.v. 18.3.2015 - 16a D 09.3029 - juris Rn. 44), das hier nicht vorliegt. Der Ausspruch der Höchstmaßnahme erscheint deshalb nicht angemessen (3.).

1. Die gegen die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe lassen sich zum Teil durch ihre Ausführungen entkräften.

1.1. Die Landesanwaltschaft wirft der Antragstellerin vor, sie habe am . Februar 2016 beim Landratsamt o … einen von ihr am … September 2015 unterschriebenen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises gestellt. Dem Antrag seien u.a. als Anlage V Vordrucke für ihren Vater und ihren Großvater väterlicherseits beigefügt gewesen.

Die Antragstellerin habe das Antragsformular und die Anlage V zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen … Juni 2014 und … September 2015 im Internet von der Webseite www.chemtrail.de heruntergeladen. Die verwendeten Formulare könnten dort unter dem Link Nr. 4 „Anlage Vorfahren - Leerformular“ und Nr. 5 „Antrag F - Leerformular“ heruntergeladen werden und enthielten gegenüber den Originalformularen des Bundesverwaltungsamts bei den Nrn. 3.2, 3.8, 4.2 und 4.3 erkennbare Vorausfüllungen. Auf der Webseite sei vor den Links ein - in der streitgegenständlichen Verfügung wiedergegebener - Beitrag zum Staatsangehörigkeitsausweis eingestellt. Dieser Beitrag sei von W … A … veröffentlich worden, der im Impressum der Webseite als verantwortliche Person genannt werde. Bereits seit dem 12. November 2013 finde sich an dieser Stelle der Beitrag „Die Bedeutung des uns vorenthaltenen Wissens vom Recht“, seit 29. Mai 2014 eine Ergänzung und seit 13. Juni 2014 eine weitere Ergänzung hierzu. Die Antragstellerin habe die Informationen auf der Webseite wahrgenommen und sich aufgrund dessen zur Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises entschlossen. Sie habe in dem Antrag u.a. folgende Angaben gemacht:

1.6 Geburtsstaat: Bayern

1.11 Wohnsitzstaat: Bayern (Deutschland als Ganzes)

3.8 Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit - Sonstiges: Abstammung gemäß RuStAG 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) 4.3 Angaben zu anderen Staatsangehörigkeiten: Königreich Bayern seit Geburt, erworben durch Abst. gem. RuStAG 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) Anlage V, jeweils zum Vater und zum Großvater:

1.7 Geburtsstaat: Bayern

3.8 Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit - Sonstiges: Abstammung gemäß RuStAG 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1)

4.3 Angaben zu anderen Staatsangehörigkeiten: Königreich Bayern seit Geburt, erworben durch Abstamm. gem. RuStAG 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1)

Die Angaben unter Nr. 3.8 des Antrags und der Anlage V seien elektronisch, die übrigen Angaben eigenhändig eingetragen worden. Die Antragstellerin habe die elektronischen Angaben bei Ausfüllen der Antragsunterlagen wahrgenommen und der Antragstellung bewusst zu Grunde gelegt.

Dem Antrag seien im Einzelnen benannte Unterlagen beigefügt gewesen, insbesondere vier unter dem 14. Oktober 2014 ausgestellte Urkunden. Als Motiv für die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises habe die Antragstellerin gegenüber der Presse Interesse und Neugier angegeben; im Disziplinarverfahren habe sie sich insoweit auf ein gesteigertes Sicherungsbedürfnis und private Gründe berufen.

Ihre Einlassung, sie habe sich erstmalig im Laufe des Jahres 2015 aufgrund des Hinweises auf der Webseite Chemtrail Gedanken zum Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit gemacht, weil sie durch diesen Hinweis stark verunsichert gewesen sei, sei aufgrund der Vorlage von teilweise unter dem 14. Oktober 2014 ausgestellten Urkunden widerlegt. Ihr Hinweis in der Schlussanhörung, sie habe die Unterlagen besorgt, um für ihre Kinder einen durch Urkunden belegten Familienstammbaum zu erstellen, erscheine als Schutzbehauptung. Gleiches gelte im Hinblick auf ihre Einlassung, sie sei aufgrund des Hinweises in der Fußzeile „Bundesverwaltungsamt“ von offiziellen Formularen ausgegangen; hiergegen spreche, dass aus der Adresszeile die besuchte Internetseite zu erkennen und Voreintragungen vorhanden gewesen seien. Zudem erscheine nicht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin sich mit ihren Fragen nicht an die Kommunalaufsicht im Landratsamt gewandt habe. Die Übernahme der vorgegebenen Angaben durch eine im Hinblick auf Angaben aus dem Internet nach eigenen Bekundungen skeptische Bürgermeisterin, die mit Verwaltungsvorgängen seit Jahren vertraut sei, sei als bewusstes und gewolltes Aneignen der damit verbundenen Aussagen zu verstehen.

Die Angaben der Antragstellerin deuteten eindeutig auf Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung hin. Sie sei dabei nicht lediglich einem Irrtum oder einer Fehlvorstellung aufgesessen. Aus den auf der Webseite Chemtrail vorhandenen Informationen sei erkennbar gewesen, dass es sich um verschwörungstheoretische, mit der für die Reichsbürgerbewegung typischen Ideologie verbundene Inhalte handle. Zudem habe sie kein nachvollziehbares Motiv für die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises dargelegt.

Die Antragstellerin trägt hierzu im Disziplinarverfahren und vor Gericht insbesondere vor: Sie sei über einen Flyer von einer im Frühjahr 2015 besuchten Gesundheitsmesse auf die Internetseite Chemtrail gekommen. Dort habe sich neben Abhandlungen zu verschiedenen Gesundheitsthemen völlig unerwartet auch ein Beitrag zum Thema Staatsangehörigkeit gefunden. Es sei behauptet worden, dass weder ein deutscher Reisepass noch ein deutscher Personalausweis die deutsche Staatsangehörigkeit belegen würden. Eine Nachschau auf der Internetseite des Landratsamts O … habe diese Aussage bestätigt. Dort habe es auch geheißen, der Nachweis könne nur über den Staatsangehörigkeitsausweis geführt werden. Sie habe sich daher aus einem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis heraus entschlossen, diesen für sich und ihre Söhne zu beantragen. Auf den heruntergeladenen Formblättern finde sich in der Fußzeile der Hinweis auf das Bundesverwaltungsamt. Sie sei daher davon ausgegangen, es habe sich um offizielle Formulare gehandelt. Weil nicht ein bayerischer Staatsangehörigkeitsausweis beantragt werden sollte, sondern ein deutscher, habe sie neben der Angabe des Wohnsitzstaates Bayern in Klammern „Deutschland als Ganzes“ hinzugefügt und damit auch die vormalige DDR mit einbeziehen wollen. An dem Vordruck „Abstammung gemäß RuStAG 1913“ habe sie nichts Anstößiges erkennen können. Der Eintrag „Königreich Bayern“ sei der Systematik des Formblattantrags geschuldet. Diesen Eintrag habe sie vorgenommen, weil ihr Großvater aufgrund seines Geburtsdatums Staatsangehöriger des Königreichs Bayern gewesen sei und sie ihre Staatsangehörigkeit letztendlich von ihm ableite. Außerdem sei im Ausfüllmuster „Königreich Preußen“ eingetragen gewesen, was sie auf ihren Fall abgeändert habe. Sie sei davon ausgegangen, dass das Landratsamt im Falle von Unklarheiten nachfragen werde. Weder beim Besuch der Internetseite Chemtrail noch später bis zur Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises sei ihr der Begriff des Reichsbürgers bekannt gewesen (Disziplinarakte = DA S. 202 ff.). Die Internetseite Chemtrail habe seinerzeit anders ausgesehen als auf dem ihr im Disziplinarverfahren vorgelegten Ausdruck vom 30. Mai 2017. Jedenfalls habe sie diese Informationen zum damaligen Zeitpunkt dort nicht wahrgenommen (DA S. 335 ff.). Sie habe auch persönliche Gründe für die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises gehabt (DA S. 477). Es sei für sie der einfachste Weg gewesen, die Formulare von der Internetseite Chemtrail zu verwenden. Auch wenn sich bei dem ihr im Disziplinarverfahren vorgehaltenen Artikel auf dieser Seite der Hinweis auf eine erstmalige Veröffentlichung am 17. Juni 2014 finde, müsse diese nicht auf der betreffenden Webseite erfolgt sein. Es stehe nicht fest, dass sie sich mit dem Artikel im Einzelnen auseinandergesetzt, geschweige denn identifiziert habe. Weil der Staatsangehörigkeitsausweis nichts mit ihrem Amt zu tun gehabt habe, habe es keinen Anlass gegeben, sich mit der Rechtsaufsicht ins Benehmen zu setzen (DA S. 1012 f.).

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Antragstellerin einen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises für sich selbst gestellt und dabei reichsbürgertypische Angaben gemacht hat. Bei den sogenannten „Reichsbürgern“ oder Angehörigen der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ handelt es sich nicht um eine homogene, streng zusammengehörige oder klar abgrenzbare Gruppe. Allerdings ist die Vorstellung, das Königreich Bayern bestehe fort und eine Gründung des Freistaats Bayern sei ebenso wenig erfolgt wie eine solche der Bundesrepublik Deutschland bei allen Unterschieden im Detail gemeinsames Charakteristikum des Personenkreises der Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ (VG München, U.v. 8.2.2018 - 19 L DK 17 5914 -n.v. UA S. 15). Mit dieser Sichtweise stellen sie die Bundesrepublik Deutschland und deren freiheitliche demokratische Grundordnung in Frage. Eine reichsbürgertypische Angabe in dem gestellten Antrag ist zum einen der bereits vorausgefüllte Eintrag zur Abstammung gemäß RuStAG 1913 in Nrn. 3.8 und 4.3 des Antrags und der Anlage V zum Vater und zum Großvater, zum anderen die von ihr selbst ausgefüllte Angabe „Bayern“ als Geburts- und Wohnsitzstaat in Nrn. 1.6 und 1.11 des Antrags und Nr. 1.7 der Anlage V zum Vater und zum Großvater, der Zusatz „(Deutschland als Ganzes)“ in Nr. 1.11 des Antrags und die Angabe „Königreich Bayern“ in Nr. 4.3 des Antrags und der Anlage V zum Vater und zum Großvater.

Das Gericht sieht hier die von der Antragstellerin in Disziplinarverfahren genannten Motive für die Antragstellung als nachvollziehbar und einleuchtend an. Sie hat angegeben, den Staatsangehörigkeitsausweis aus einem gesteigerten Sicherungsbedürfnis und persönlichen Gründen beantragt zu haben, nachdem sie auf der Internetseite Chemtrail auf den Hinweis und auf der Internetseite des Landratsamts o … auf dessen Bestätigung gestoßen sei, der Staatsangehörigkeitsausweis sei das einzige Dokument, mit dem das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit verbindlich festgestellt werde. Auch heute noch findet sich auf Wikipedia und offiziellen Seiten öffentlichrechtlicher Körperschafen ein solcher Hinweis. Bei unbedarfter Herangehensweise mag es in der Zeit um den Jahreswechsel 2015/2016, als der Reichsbürgerbewegung und ihren staatsfeindlichen Bestrebungen vor dem Mord an einem Polizeibeamten in G … im Oktober 2016 noch nicht der heutige Bekanntheitsgrad zukam, durchaus als Option erschienen sein, einen solchen Ausweis zu beantragen. Dies gilt hier besonders, weil die Antragstellerin - wie in der polizeilichen Vernehmung vom … März 2017 angegeben (DA S. 440) - eine persönliche Veränderung in Erwägung gezogen hat.

Als nicht einleuchtend betrachtet das Gericht die Angaben der Antragstellerin zu den zeitlichen Abläufen der Antragstellung. Während die dem Antrag beigefügten Urkunden teilweise bereits unter dem … … 2014 ausgestellt wurden, will sie den Flyer mit dem Hinweis auf die Internetseite Chemtrail erst auf einer im Frühjahr 2015 besuchten Gesundheitsmesse erhalten haben. Die Verwendung der auf dieser Internetseite bereitgestellten Formulare rechtfertigt nicht den Schluss, die Antragstellerin habe die ansonsten auf der Seite vertretenen und in weiten Teilen der Reichsbürgerbewegung zugehörigen Ideen übernommen und sei ihnen beigetreten. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Inhalte der Seite im Wesentlichen unverändert seit jedenfalls 17. Juni 2014 im Internet zur Verfügung stehen; der anderslautende Vortrag der Antragstellerin überzeugt angesichts der Datumsangaben auf der Internetseite nicht. Die Verantwortlichkeit von … … für die Inhalte der Seite ergibt sich dabei nur mit Blick auf das Impressum der Seite, dessen Einordnung als „Verschwörungstheoretiker“ nur bei weiterer Recherche. Um zu den Formularen zu gelangen, muss der Nutzer lediglich den Vorspann zur Kenntnis nehmen, der in der Verfügung (S. 12 f.) abgedruckt und - allenfalls mit geringfügigen Änderungen - jedenfalls seit der erstmaligen Erwähnung im Disziplinarverfahren am 30. Mai 2017 (DA S. 243) online ist. Auch wenn dieser im Hinblick auf Aufmachung und Diktion seltsam anmuten mag, ergeben sich aus ihm - bei unbedarftem Lesen und ohne bewusste Zuordnung zur Reichsbürgerbewegung - noch keine eindeutig staatsfeindlichen Tendenzen. Die einzelnen Punkte Nrn. 1 bis 9a (vgl. DA S. 244) können dann ebenso wie die einzelnen Formulare separat angeklickt und aufgerufen werden. Denkbar ist also, dass die Antragstellerin die theoretischen Erläuterungen nicht oder auszugsweise zur Kenntnis genommen hat. Selbst bei Kenntnisnahme ist nicht zwingend davon auszugehen, sie teile die vertretenen staatsfeindlichen Gedanken, weil ihr Vortrag, es sei der einfachste Weg für sie gewesen, die Formulare von dieser Seite herunter zu laden, jedenfalls nachvollziehbar erscheint und es für die Übernahme des Gedankenguts eindeutiger Anhaltspunkte bedürfte, die hier nicht in ausreichendem Maße vorliegen.

Die Hinwendung zu staatsfeindlichen Ideen lässt sich auch aus den Angaben in den ausdrücklich als „Leerformulare“ bezeichneten Antragsunterlagen nicht mit hinreichender Sicherheit belegen. Die Verwendung der Leerformulare in der Annahme, diese stellten die offiziellen Formulare dar, mag - angesichts des Erscheinungsbildes und der Inhalte der Internetseite - zwar unbedarft und naiv erscheinen. Im Hinblick auf den Umstand, dass Formulare nicht nur auf offiziellen Internetseiten zugänglich sind, und den Hinweis auf das Bundesverwaltungsamt in der Fußzeile ist es jedoch nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin dies tatsächlich angenommen hat. Der Übernahme der Voreintragungen in Nrn. 3.8 und 4.3 des Antrags und der Anlage V zum Vater und Großvater mit Hinweis auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz „RuStAG“ aus dem Jahr 1913, das mit Wirkung vom 1. Januar 2000 in Staatsangehörigkeitsgesetz umbenannt wurde, kommt für sich kein Aussagewert im Hinblick auf die politische Gesinnung zu; sie kann ebenso auf fehlender Kenntnis der Antragstellerin beruhen. Weiter muten die Ausfüllungen unter Nrn. 1.6 und 1.11 des Antrags und unter Nr. 1.7 der Anlage V mit „Bayern“ zwar seltsam an. Sie lassen sich jedoch mit einer Verwechslung bezüglich Staat und Bundesland erklären, die - wie der Eintrag unter Nr. 5 zeigt - auch der Antragstellerin als erster Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde, die Mitglied in einer Verwaltungsgemeinschaft ist und einen wesentlichen Teil ihrer Aufgaben auf diese übertragen hat, unterlaufen kann. Der Eintrag „Königreich Bayern“ in Nr. 4.3 kann nach der glaubhaften Angabe der Antragstellerin auf dem Abstellen auf den geschichtlichen Verlauf oder der Abänderung der in der Ausfüllhilfe zur Verfügung gestellten Angabe „Königreich Preußen“ auf den eigenen Fall (vgl. hierzu DA S. 316 ff.) beruhen.

Eine Nachfrage bei der Rechtsaufsicht im Landratsamt o … sieht das Gericht im Hinblick auf den privaten Lebenssachverhalt der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises nicht als naheliegend an.

1.2. Die Landesanwaltschaft wirft der Antragstellerin weiter vor, sie habe auch für ihre drei volljährigen Söhne die Anträge auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises unterschriftsreif vorbereitet. Die Anträge seien von den Söhnen am … Februar 2016 unterschrieben und am selben Tag beim Landratsamt O … eingereicht worden. Die Antragstellerin habe die Antragsformulare und die Formulare Anlage V zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen … Juni 2014 und … Februar 2016 von der Webseite www.chemtrail.de heruntergeladen und ergänzend zu den bereits vorhandenen elektronischen Vorgaben handschriftlich ausgefüllt. Hierbei habe sie teilweise die Angaben aus ihrem eigenen Antrag wiederholt. Abweichend hiervon habe sie bei Nr. 5.1 unter Staat Bayern angegeben und die vorhandene vorherige Angabe „Deutschland“ durchgestrichen; in ihrem eigenen Antrag sei an dieser Stelle als Staat durchgehend Deutschland angegeben. Unter Nr. 1.7 Geburtsstaat sei beim Vater, Großvater und Urgroßvater Bayern angegeben. Den Anträgen seien als Nachweise insbesondere unter dem … Mai 2015 und dem … Februar 2016 ausgestellte Urkunden beigefügt gewesen. Im Hinblick auf das Motiv für die und den Zeitpunkt der Antragstellung habe sich die Antragstellerin in Widersprüche verwickelt.

Die Antragstellerin führt insoweit aus: Auch die Antragstellung für ihre Söhne habe einem gesteigerten Sicherungsbedürfnis entsprochen (DA S. 202 ff.). Für die Anträge der Söhne habe sie Dokumente aus B H … beschaffen müssen, was mehr Zeit beansprucht habe und erkläre, warum deren Anträge erst am … Februar 2016 unterschrieben worden seien (DA S. 334). Bei einer Vorsprache im Landratsamt habe die Sachbearbeiterin ihr gesagt, dass man den Staatsangehörigkeitsausweis nur für bestimmte Zwecke benötige, darunter für Studien im Ausland. Damit habe es für sie festgestanden, die Ausweise auch für ihre Kinder zu beantragen, da zwei ihrer Söhne damals an der Fachhochschule studiert hätten und es offen gewesen sei, ob sie später einmal im Ausland studieren hätten wollen. Weil noch diverse Unterlagen gefehlt hätten, habe sie deren Anträge erst später abgegeben. Ein Teil der mit den Anträgen vorgelegten Unterlagen stamme bereits aus dem Jahr 2014, weil diese nicht für die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises eingeholt worden seien, sondern für die Anfertigung eines mit Belegen versehenen Stammbaums für ihre Kinder (DA S. 1013 ff.).

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Antragstellerin auch für ihre Söhne einen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises gestellt und dabei reichsbürgertypische Angaben gemacht hat. So hat sie insbesondere unter Nrn. 1.6, 1.11 und 5.1 des Antrags und Nrn. 1.7 und 5.1 der Anlage V als Geburts-/Wohnsitz-/Staat „Bayern“, teilweise unter Durchstreichen des dort zuerst vorgenommenen Eintrags „Deutschland“, unter Nr. 4.3 des Antrags und der Anlage V als „Staatsangehörigkeit“ „Königreich Bayern“ angegeben.

Hinsichtlich des Motivs für die Antragstellung erscheint es nachvollziehbar, dass die Antragstellerin auch diesen Antrag aus einem gesteigerten Sicherungsbedürfnis heraus gestellt hat, außerdem nach Hinweis der Sachbearbeiterin im Landratsamt bei einer nur informellen Vorsprache auf die Erforderlichkeit des Ausweises für ein Auslandsstudium. Nicht glaubhaft erscheint dagegen ihr Vortrag, sie habe die dem Antrag beigefügten Urkunden beschafft, um einen belegten Stammbaum für ihre Söhne anzufertigen; angesichts des mit der Beschaffung der Urkunden verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwands überzeugt diese nachgeschobene Erklärung nicht. Dagegen erscheint im Hinblick auf das Ausstelldatum einiger Urkunden vom … … 2016 für die Söhne eine frühere Antragstellung tatsächlich nicht möglich; unerheblich ist insoweit, dass diese Urkunden nicht in B Hi … beschafft wurden. Hinsichtlich der Ausfüllungen gelten die Ausführungen unter 1.1. entsprechend. Eine fehlende Unterscheidung zwischen Staat und Bundesland erscheint nicht ausgeschlossen.

1.3. Die Landesanwaltschaft erhebt gegen die Antragstellerin weiter den Vorwurf, sie und ihre drei Söhne hätten unter dem … März 2016 beim Bundesverwaltungsamt Anträge auf Selbstauskunft aus dem EStA-Register gestellt. Sie habe die Anträge handschriftlich ausgefüllt, unterschrieben seien sie von ihr und ihren Söhnen. Bei allen vier Anträgen sei unter Nr. 1.6 als Geburtsstaat Bayern angegeben, unter Nr. 1.7 als aktuelle Anschrift „… … … [ … B …“. Als Motiv für die Antragstellung habe die Antragstellerin angegeben, sie habe kontrollieren wollen, ob der Eintrag korrekt vorgenommen worden und die Angelegenheit damit zum Abschluss gebracht sei. Ihre Einlassung, sie habe die Postleitzahl in eckige Klammern gesetzt, weil diese dem Sachbearbeiter sofort ins Auge fallen sollte, nachdem es durch dieselbe Postleitzahl mehrerer Gemeinden schon öfters zu Problemen mit der Post gekommen sei, werde als Schutzbehauptung gewertet. Das angegebene Motiv für die Beantragung sei nicht nachvollziehbar; demgegenüber stelle es in Reichsbürgerkreisen eine übliche Vorgehensweise dar, eine Selbstauskunft aus dem EStA-Register zu beantragen, um zu prüfen, ob dort die mit dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit verknüpften reichsbürgertypischen Angaben als mitfestgestellt aufgenommen worden seien.

Die Antragstellerin wendet insoweit Folgendes ein: Auch die Nachfrage beim Bundesverwaltungsamt sei aus einem gewissen Sicherungsbedürfnis heraus geschehen, zumal sie wisse, dass auch Behörden nicht vor Fehlern gefeit seien (DA S. 203). Aus den von ihr genutzten Unterlagen habe sich ein Querverweis auf das Bundesverwaltungsamt ergeben. Diesen habe sie so verstanden, dass durch den dortigen Eintrag der gesamte Vorgang zum Abschluss komme. Sie habe kontrollieren wollen, ob dies geschehen sei (DA S. 338). Sie habe es sich angewöhnt, Dinge, die ihr wichtig seien, immer in eckige Klammern zu setzen. Im Antrag auf Selbstauskunft im EStA-Register habe sie die Postleitzahl in eckige Klammern gesetzt, weil sie dem Mitarbeiter sofort ins Auge fallen habe sollen. Grund sei, dass die Postleitzahl drei Gemeinden betreffe und es schon häufiger Probleme mit der Post gegeben habe (DA S. 471 f.). Solle aus der Anforderung von seitens des Staates zur Verfügung gestellten Bestätigungen eine distanzierte Haltung gegenüber dem Staat abgeleitet werden (DA S. 1015 f.)?

Das Gericht sieht den der Antragstellerin insoweit von der Landesanwaltschaft zur Last gelegten Sachverhalt als erwiesen an. Hinsichtlich des Motivs für die Antragstellung erscheint der Vortrag der Antragstellerin nicht abwegig, diese sei lediglich zu Zwecken der Nachprüfung erfolgt. Nicht einleuchtend erscheinen dagegen ihre Ausführungen zur Darstellung der Postleitzahl in eckigen Klammern.

1.4. Die Landesanwaltschaft wirft der Antragstellerin weiter die Durchführung einer Veranstaltung mit dem Referenten m … h … am … Februar 2016 im K … in b … vor. m … h … sei ein exponierter Vertreter der Reichsbürgerbewegung, der unter der Internetadresse … eine Webseite mit von Reichsbürgern besetzten Themen betreibe. Die drei ehemaligen Mitglieder des Gemeinderats der Gemeinde b … L …, l … und g … hätten den Referenten m … h … zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem … Februar 2016 bei einer öffentlichen Veranstaltung persönlich kennengelernt. Im Verlauf eines Gesprächs zwischen diesen Personen habe sich die Idee ergeben, dass Herr h … auch in der Gemeinde b … einen Vortrag halten könne. Dass die Antragstellerin bei diesem Treffen dabei gewesen sei, könne nicht mit der nötigen Sicherheit nachgewiesen werden.

Herr h … sei am … Februar 2016 in b … erschienen und habe Herrn L … angeboten, dort am nächsten Tag einen Vortrag zu halten. Die Gemeinderäte l …, L … und g … hätten daraufhin im Laufe des Abends die Beklagte kontaktiert und sie um ihr Einverständnis zu einer Vortragsveranstaltung mit dem Vortragenden m … h … am nächsten Tag im Lesezimmer des K … gebeten. Ihr sei mitgeteilt worden, dass Herr h … Ausführungen zu Themen wie „gelber Schein“, Regionalwährung, Entwicklung der Gemeinde und womöglich auch Asyl machen würde, die aus Sicht der drei Gemeinderäte für die Gemeinde wichtig seien. Die Antragstellerin habe hierzu ihr Einverständnis erklärt.

Die Veranstaltung habe am Sonntag, den … Februar 2016, ab 9:00 oder 10:00 Uhr stattgefunden. Weil die Antragstellerin den in ihrem Besitz befindlichen Generalschlüssel nicht aus der Hand geben habe wollen, habe sie selbst den Zutritt zu den gemeindlichen Räumlichkeiten gewährt. Es seien etwa 20 bis 30 Personen als Zuhörer anwesend gewesen, darunter fast sämtliche Mitglieder des Gemeinderats. Die Antragstellerin habe die Veranstaltung eröffnet, indem sie die Anwesenden und den Referenten begrüßt und dabei geäußert habe, dass einiges in der Republik nicht in Ordnung und man deshalb froh sei, jemanden gefunden zu haben, der sich zu diesen Themen äußern könne. Sie habe im Weiteren an der Veranstaltung im Publikum teilgenommen. Der Vortragende habe zu Beginn darum gebeten, keine Aufnahmen von seinem Vortrag zu machen. Sie habe ihn während der Veranstaltung darauf hingewiesen, dass ein Teilnehmer sein Diktiergerät in Betrieb habe, und gefragt, ob dies ein Problem sei, was der Referent verneint habe. Der Referent m … h … habe sich mit in der Verfügung (dort S. 31) dargestellten reichsbürgerspezifischen Themen befasst. Bei seinem Vortrag habe er die Antragstellerin immer wieder kumpelhaft einbezogen, sie beim Vornamen genannt und mit Du angesprochen, wogegen sie sich verwahrt habe. Nach der Mittagspause seien einige der Zuhörer nicht mehr zu dem Vortrag erschienen. Das nunmehr erstmals erschienene Gemeinderatsmitglied w … habe sich gegen die vertretenen Thesen gewandt und die Veranstaltung nach 45 Minuten vorzeitig wieder verlassen. Die Antragstellerin habe die Veranstaltung gegen 16:30 Uhr unter Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit formlos beendet. Sie habe eine noch am … Februar 2016 von Herrn h … erhaltene E-Mail mit verschiedenen Links umgehend an die Gemeinderatsmitglieder weitergeleitet.

Am Montag, den … Februar 2016, habe das Gemeinderatsmitglied w … den übrigen Gemeinderatsmitgliedern und der Antragstellerin per E-Mail mitgeteilt, dass er von den Ausführungen des Referenten nichts halte. In dem daraufhin begonnenen E-Mail Verkehr habe sich die Antragstellerin nicht geäußert, jedoch für den … März 2016 eine Sitzung des Gemeinderats angesetzt. An der in dieser Sitzung stattfindenden konträren Diskussion der Veranstaltung vom … Februar 2016 habe sie sich nicht näher beteiligt. Der Gemeinderat sei zu dem Ergebnis gekommen, die dort vertretenen Thesen und Ideen für die Gemeinde b … nicht weiter zu verfolgen. Dem habe sie sich angeschlossen. Angesprochen auf die kumpelhafte Ansprache durch den Referenten habe sie geantwortet, dass ihr dies selbst nicht recht gewesen sei. Der Gemeinderat sei zu dem Schluss gekommen, der in der Bevölkerung wegen der Veranstaltung vorhandenen Verunsicherung dadurch zu begegnen, dass eine entsprechende Erklärung an die Haushalte verteilt werden sollte. Die Antragstellerin habe daraufhin eine vom … März 2016 datierende Erklärung folgenden Inhalts verfasst:

„Um einer weiteren Verbreitung von Gerüchten zum Thema „Souveräne Gemeinde“ entgegenzuwirken, versichert der Gemeinderat, so wie auch ich persönlich, nie etwas geplant oder in Erwägung gezogen zu haben, das der Allgemeinheit oder dem Allgemeinwohl schaden würde, sowie gültigem Recht entgegenstünde.“

Bei einer Bürgerversammlung am 31. März 2017 hätten die Gemeinderäte L …, l … und b … ihren Rücktritt erklärt. Von dem nicht anwesenden Gemeinderatsmitglied g … sei eine entsprechende Erklärung verlesen worden. Die Antragstellerin habe geäußert, dass sie nach aktuellem Kenntnisstand eine Veranstaltung dieser Art nicht zugelassen hätte und auch künftig nicht mehr zulassen würde.

Sie habe es zugelassen, dass im Kontext der Vortragsveranstaltung durch den Vortragenden in den Räumlichkeiten der Gemeinde verfassungsfeindliche Thesen und Aussagen, wie sie üblicherweise in Reichsbürgerkreisen vorkämen, vorgetragen worden seien. Es wäre ihre Pflicht gewesen, hiergegen einzuschreiten und dadurch ein aktives Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzulegen. Ihre Haltung habe sie durch Weiterleitung der von Herrn h … erhaltenen E-Mail bestätigt. Außerdem habe sie sich in der Gemeinderatssitzung vom … März 2016 so verhalten, als ginge sie die Sache nichts an. In der Mitteilung vom … März 2016 habe sie mit der Formulierung sowie gültigem Recht [statt: geltendem Recht] entgegenstünde“ erneut eine in Reichsbürgerkreisen typische Wortwahl verwendet. Sie habe sich ferner nicht glaubhaft distanziert.

Die Antragstellerin verteidigt sich wie folgt: Bei Ankündigung des Vortrags sei von den Reichsbürgern keine Rede gewesen. Der Begriff sei ihr bis dahin unbekannt gewesen. Gleiches gelte für den Namen des Referenten. Sie habe der Bitte der Gemeinderäte entsprochen, nachdem sie davon ausgegangen sei, dass kommunal interessante Themen zur Sprache kommen würden. Sie habe sich als „Hausherrin“ am Verlassen der Veranstaltung gehindert gesehen. Eine Verabschiedung habe es nicht mehr gegeben. Die E-Mail von Herrn h … habe sie nur weitergeleitet, sich selbst damit aber nicht weiter befasst, weil ihr sein Vortrag abwegig erschienen sei. Bei der Gemeinderatssitzung vom … März 2016 habe sie ein anderes Gemeinderatsmitglied bei der Klarstellung unterstützt, dass die Thesen des Herrn h … im Gemeinderat nichts mehr zu suchen hätten. Sie stehe mit beiden Beinen fest auf der freiheitlichen und demokratischen Rechtsordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaats Bayern (DA S. 205 f.). Ihre Teilnahme an der Veranstaltung habe sie angesichts der zumindest teilweise interessant klingenden Themen gerne zugesagt. Bei der Begrüßung des Referenten sei sie auf den Inhalt des zu erwartenden Vortrags nicht weiter eingegangen. Während des Vortrags seien ihr die Vertraulichkeiten von Herrn h … zuviel geworden, weshalb sie ihn gebeten habe, sie nicht ständig zu duzen. Weil es nicht ihre Veranstaltung gewesen sei, sondern die drei Gemeinderäte diese verantwortet hätten, sei sie nicht auf die Idee gekommen, die Veranstaltung abzubrechen. Sie habe keinen Widerstand aus dem Publikum gespürt. Statt sich nach der Veranstaltung am E-Mail Austausch zu beteiligen, sei ihr daran gelegen gewesen, zeitnah im Gemeinderat darüber zu sprechen (DA S. 338 ff.). Sie habe die E-Mail von Herrn h … an die Gemeinderatsmitglieder weitergeleitet, da dies alles erwachsene Menschen seien. Aus den Dateinamen der Links, die sie nicht angeklickt habe, habe sich nicht erkennen lassen, worum es sich genau gehandelt habe (DA S. 474 f.). Der genaue Inhalt der Begrüßung von Herrn h … sei unbekannt. Die Ableitung der Inhalte des Vortrags aus dessen übrigen Werken sei nicht zulässig. Hinsichtlich der Regionalwährung sei sie von etwas anderem ausgegangen; sie habe im Hinblick auf die Stärkung der regionalen Wirtschaft an einen „Allgäuer“ gedacht. Von Souveränität der Gemeinde im Sinne einer Abspaltung sei im Vorfeld nie die Rede gewesen. Sie habe weder die Anbiederung des Herrn h … akzeptiert noch ihn „gebührend“ verabschiedet; überdies habe sie die Mitteilung vom … März 2016 formuliert und sich auch auf der Bürgerversammlung klar positioniert. Der Abbruch der Veranstaltung hätte eventuell lange Diskussionen provoziert. Das Abstellen auf den Wortlaut des Rundschreibens setze voraus, dass sie Anhängerin des Gedankenguts der Reichsbürger sei und zwischen „geltendem Recht“ und „gültigem Recht“ differenziere; für eine unbefangene Person sei dies jedoch dasselbe (DA S. 1016 ff.). Im Umgang mit den vertretenen Thesen habe sie sich zu einer besonnenen und demokratisch legitimierten Verfahrensweise entschieden, indem sie die Angelegenheit souverän aufgearbeitet habe, wozu es auch gehört habe, die Sache im Gemeinderat ausdiskutieren zu lassen (Antragsschrift).

Das Gericht sieht die unter 1.4. dargestellten Vorwürfe der Landesanwaltschaft im Wesentlichen als erwiesen an. Eine Begegnung der Antragstellerin mit dem Referenten m … h …, einem Vertreter der Reichsbürgerbewegung, vor dem … Februar 2016 konnte nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Die Antragstellerin hat am … Februar 2016 in den Räumen der Gemeinde b … den Vortrag von m … h … ohne Kenntnis seiner Person und der im Einzelnen geplanten Themen zugelassen. Sie war bei der Veranstaltung anwesend und hat diese nach Erkennen der mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik nicht zu vereinbarenden referierten Inhalte nicht abgebrochen. Offen bleiben kann hier, ob die Antragstellerin den Referenten wie vom Zeugen b … angegeben (DA S. 161) mit den in der Disziplinarverfügung wiedergegebenen Worten begrüßt hat oder ob - wie vom Zeugen b … geschildert (DA S. 170) - eine Begrüßung nicht stattgefunden hat. Sie hat eine am … Februar 2016 von Herrn h … erhaltene E-Mail mit ebensolchen Inhalten an die Mitglieder des Gemeinderats weitergeleitet. Sie hat sich an einer nach der Veranstaltung per E-Mail stattfindenden Diskussion der Gemeinderäte nicht beteiligt und stattdessen zeitnah eine Gemeinderatssitzung anberaumt. In dieser hat sie sich der Abschlusserklärung des Gemeinderats angeschlossen. Sie hat die Erklärung der Gemeinde vom … März 2016 verfasst und in der Bürgerversammlung vom … März 2016 erklärt, sie hätte die Veranstaltung nach jetziger Kenntnis nicht zugelassen.

Der Antragstellerin ist vorzuwerfen, dass sie den Vortrag eines Reichsbürgers in Räumen der Gemeinde zugelassen hat, ohne sich im Vorfeld ausreichend über den Referenten und die geplanten Themen zu erkundigen. Im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis zu den drei Gemeinderäten, die den Vortragenden im Vorfeld kennen gelernt hatten, erscheint es zwar nachvollziehbar, dass sie nicht schon bei der pauschalen Nennung der Themen misstrauisch wurde. Ihre Sorgfaltspflicht als erste Bürgermeisterin hätte jedoch vor der Überlassung der gemeindlichen Räume eine detaillierte Nachprüfung erfordert. Jedenfalls aber hätte die Antragstellerin die Veranstaltung abbrechen müssen, nachdem der Referent nicht nur am Rande, sondern zentral und als Schwerpunkt seines Vortrags mit der geltenden Rechtsordnung nicht vereinbare Ansichten vertreten und visualisiert hat. Ihr Vorbringen, sie habe dem Vortragenden nicht durch Abbruch der Veranstaltung eine Bühne bieten wollen und die Sichtweise der Anwesenden nicht einschätzen können, entlastet sie dabei nur in sehr geringem Maße. Als Hausherrin und erste Bürgermeisterin, der eine besondere Vertrauensstellung und Vorbildfunktion zukommt (BayVGH, U.v. 21.12.2016 - 16a D 13.2335 - juris Rn. 107), hatte sie eine hervorgehobene Stellung inne und hätte eine geeignete Vorgehensweise finden müssen, um dieser gerecht zu werden. Weiter hätte sie die E-Mail von Herrn h … mit Links auf Beiträge mit von der Reichsbürgerbewegung vertretenen Inhalten nicht an die Gemeinderäte weiterleiten dürfen. Ihre Erklärung, sie habe sich zum einen die Links nicht angesehen und zum anderen auf eine Meinungsbildung durch die Gemeinderäte vertraut, rechtfertigt ihr Verhalten nicht, da durch Kenntnis von dem Vortrag eine entsprechende Sensibilisierung zu erwarten gewesen wäre. Nicht vorgeworfen werden kann der Antragstellerin dagegen der Wortlaut der Mitteilung vom … März 2016 und die dort verwendete Formulierung von „gültigem“ Recht. Ihr Vortrag, sie sei sich der Bedeutung ihrer Wortwahl nicht bewusst gewesen, erscheint hinsichtlich des subtilen Unterschiedes und ihrer fehlenden juristischen Ausbildung glaubhaft.

Trotz der Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Antragstellerin erscheint dieses nicht ausreichend für die Annahme, sie selbst stehe dem Gedankengut der Anhänger der Reichsbürgerbewegung nahe. Noch während der Veranstaltung hat sie sich gegen die kumpelhafte Annäherung des Referenten verwahrt. Sie hat ihn nicht mit Dankesworten verabschiedet, sondern die Veranstaltung mit Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit auslaufen lassen. Sie hat zeitnah die Gemeinderatssitzung vom … März 2016 anberaumt und einen entsprechenden Tagesordnungspunkt vorgesehen. In dieser Sitzung hat sie sich der Erklärung des Gemeinderats angeschlossen, dass die auf der Veranstaltung vertretenen Thesen nicht weiter verfolgt werden sollten. Sie hat die Mitteilung der Gemeinde vom … März 2016 verfasst, die keinen anstößigen Wortlaut hat und - trotz der Möglichkeit einer weit klareren Distanzierung - den Abstand zu dem Vortrag zum Ausdruck bringt. Sie hat weiter in der Bürgerversammlung erklärt, dass sie den Vortrag nach jetziger Kenntnis nicht zugelassen hätte und nicht mehr zulassen würde. Dass all diese Handlungen allein der Kritik aus der Bevölkerung geschuldet sind und keine eigene Abkehr von den referierten Ideen zum Ausdruck bringen, erscheint nicht überzeugend.

2. Bei einer Gesamtbetrachtung reichen die verbleibenden Vorwürfe und Ungereimtheiten nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, die Antragstellerin sei Anhängerin der Reichsbürgerbewegung, vertrete deren Gedankengut und stelle die Bundesrepublik Deutschland als Staat und deren Rechtsordnung in Frage.

Auch wenn der von der Landesanwaltschaft detailliert und sorgfältig recherchierte Sachverhalt im Wesentlichen zutrifft, teilt das Gericht die von ihr vorgenommene Bewertung nicht. Die Antragstellung auf einen Staatsangehörigkeitsausweis und eine Auskunft aus dem EStA-Register, die Ungereimtheiten im zeitlichen Ablauf der Antragstellung, die nicht vollständig erklärbaren Angaben in den Antragsformularen, die unterbliebene Intervention bei der Vortragsveranstaltung und die erstmals in der Sitzung des Gemeinderats erfolgte und wenig wortgewandte Abgrenzung von den Ideen des Vortragenden reichen nicht aus, um mit der nötigen Überzeugungsgewissheit anzunehmen, dass die Antragstellerin selbst dem Gedankengut der Reichsbürgerbewegung verhaftet ist und die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik in Frage stellt und nicht lediglich unbedarft und naiv agiert hat. Außer den dargestellten Taten hat sie kein Verhalten gezeigt, das Rückschlüsse auf die Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung zulässt. Anders als die Anhänger dieser Bewegung hat sie nach Erhalt eines Staatsangehörigkeitsausweises ihren Personalausweis oder Reisepass nicht zurückgegeben und ist nicht aus der „Firma Bundesrepublik Deutschland“ ausgetreten, hat ihr Personenstandskonto nicht gekündigt oder sich in das Königreich Bayern abgemeldet. Weiter hat sie Behörden und Gerichte stets anerkannt, Körperschaften nie als Firma oder deren Leiter als Geschäftsführer betrachtet und im Schriftverkehr mit diesen nie die sonstigen reichsbürgertypischen Formulierungen verwendet. Ferner hat sie keine Personenstandserklärung abgegeben oder ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen übermittelt. Weiter hat sie stets Steuern oder sonstige Geldleistungen bezahlt. Im Persönlichkeitsbild vom … … 2017 äußert der zuständige Landrat, mit der Bürgerschaft und dem Gemeinderat habe es bislang keine Probleme gegeben. Ihr gesamtes öffentliches Auftreten habe bis zur Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises keinen Anlass gegeben, an ihrem Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung zu zweifeln (DA S. 98). Als Zeichen ihrer Anerkennung des Staates hat sie zudem im Disziplinarverfahren dreimal um die Möglichkeit zur persönlichen Äußerung gegenüber der Landesanwaltschaft gebeten. Im Hinblick auf all diese die Bundesrepublik und ihre Rechtsordnung anerkennenden Verhaltensweisen vermögen die wenigen gegenteiligen Anhaltspunkte ein anderes Ergebnis nicht zu begründen.

3. Zieht man aus dem dargestellten Sachverhalt nicht den Schluss der Zugehörigkeit der Antragstellerin zur Reichsbürgerbewegung, stellt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht die angemessene Disziplinarmaßnahme dar.

Im Disziplinarklageverfahren wird dann zu prüfen sein, ob und wenn ja, in welchem Maße dem außerdienstlichen Verhalten der Antragstellung auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises und Auskunft aus dem EStA-Register disziplinarrechtliche Relevanz zukommt. Weiter wird zu klären sein, wie schwer das Fehlverhalten der Antragstellerin im Hinblick auf die Zulassung der Vortragsveranstaltung eines Reichsbürgers in Räumen der Gemeinde und das unterbliebene Einschreiten hiergegen wiegt. In die Bewertung wird einzufließen haben, dass die Antragstellerin als erste Bürgermeisterin eine besondere Vertrauensstellung innehat. Im Hinblick auf ihre Vorbildfunktion sind hohe Anforderungen an ihre Führungsfähigkeiten und persönliche Integrität zu stellen. Ihr Fehlverhalten ist in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen (BayVGH, U.v. 21.12.2016 - 16a D 13.2335 - juris Rn. 107). Diesen Anforderungen ist die Antragstellerin nicht gerecht geworden. Ihr Fehlverhalten wird im Ergebnis mit einer weniger schweren Disziplinarmaßnahme zu ahnden sein, wobei insoweit insbesondere eine Kürzung der Dienstbezüge (vgl. Art. 6 Abs. 4 BayDG) in Betracht kommt.

Der Antragsgegner hat nach Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG gerichtsgebührenfrei.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 5


(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl. (2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet. (3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in d

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 3


(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben 1. durch Geburt (§ 4),2. durch Erklärung (§ 5),3. durch Annahme als Kind (§ 6),4. durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes (§ 7),5. durch Einbürger

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 1


Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 18. März 2015 - 16a D 09.3029

bei uns veröffentlicht am 18.03.2015

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand I. Der Beklagte wurde am ... 1954 in P. geboren. Seine Schulausbildung beendete er

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2016 - 16a D 13.2335

bei uns veröffentlicht am 21.12.2016

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand … … Der Beklagte ist disziplinarisch nicht vorbelastet. Er ist schw

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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.

(2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet.

(3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 84) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der Beklagte wurde am ... 1954 in P. geboren. Seine Schulausbildung beendete er 1974 mit dem Abitur und studierte anschließend für das Lehramt an Volksschulen. Die Erste Prüfung legte er 1977 mit der Gesamtnote 2,09 ab. Am 13. September 1977 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und zum Lehramtsanwärter für den Volksschuldienst ernannt. Die Zweite Prüfung bestand er 1980 mit der Gesamtnote 2,33. Am 15. September 1980 erfolgte die Ernennung zum Lehrer im Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 15. März 1983 wurde er als Lehrer in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Er war zunächst als Lehrer an der Volksschule S. und danach bis 21. September 2006 an der Volksschule H. tätig. In der letzten dienstlichen Beurteilung 2003 wurde er mit 9 Punkten beurteilt. 2001 erhielt er wegen besonderer Leistungen eine Leistungsprämie in Höhe von 1.500,- DM. Ab Januar 2002 wurde aufgrund dauerhaft herausragender Gesamtleistungen eine höhere Leistungsstufe festgesetzt.

Der Beklagte ist seit 1983 verheiratet und hat zwei 1984 und 1991 geborene Kinder. Er ist schwerbehindert (GdB von 80) und leidet an insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit schweren Komplikationen. Er war deshalb seit September 2006 dienstunfähig erkrankt und wurde zum 1. März 2008 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er erhält gekürzte Ruhestandsbezüge aus BesGr. A 12/12 und ist erheblich verschuldet. Seine Ehefrau verfügt über kein eigenes Einkommen.

II.

Gegen den straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelasteten Beklagten wurden am 29. März 2006 Ermittlungen wegen des Verdachts des Sichverschaffens von kinderpornographischen Dateien eingeleitet, nachdem von seiner dynamischen IP-Adresse auf kinderpornographische Videodateien zugegriffen worden war. Mit Beschluss des Amtsgerichts P. vom 2. Mai 2006 wurde am 8. Juni 2006 die Wohnung des Beklagten durchsucht und der PC „Noname Miditower“ sowie zwei CDR („WIN“ und „Graph“) sichergestellt, auf denen sich laut Auswertungsbericht der Firma response vom 22. August 2006 mit Nachtrag vom 9. Januar 2007 neben 10.800 pornographischen Bilddateien 1.523 kinderpornographische Bilddateien und eine kinderpornographische Videodatei (reale Bilder sowie Comics) befanden.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts P. vom 23. April 2008 (Ds 12 Js 6551/06) wurde gegen den Beklagten wegen des wissentlichen und willentlichen Besitzes von mindestens 1.523 eindeutig kinderpornographischer Bilddateien sowie einer kinderpornographischen Videodatei gemäß § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt, deren Vollstreckung gegen Zahlung einer Geldbuße von 5.000,- € zur Bewährung ausgesetzt wurde. Infolge des auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruchs wurde der Beklagte mit seit 2. August 2008 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts P.. vom 16. Juli 2008 zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt; hinsichtlich des Sachverhalts und des Schuldspruchs wurde darin auf den Strafbefehl Bezug genommen.

Am 13. Januar 2009 beantragte der Beklagte Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Mit Beschluss des Amtsgerichts I... vom 18. August 2009 (7 Ds 11 Js 881/09) wurde der Antrag nach Einholung eines Nachtragsberichts der Firma response vom 16. April 2009 verworfen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss des Landgerichts I. vom 8. März 2010 (2 Qs 120/09 7) zurückgewiesen, die hiergegen vorgebrachten Gegenvorstellungen wurden mit Beschluss des Landgerichts I. vom 17. Mai 2010 abgelehnt. Die gegen diese Entscheidungen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14. Juli 2010 (2 BvR 1353/10) nicht zur Entscheidung angenommen. Die hiergegen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhobene Individualbeschwerde wurde mit Beschluss vom 28. Mai 2011 für unzulässig erklärt.

III.

Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft I... vom 21. September 2006 sprach die Regierung von O... gegenüber dem Beklagten gemäß Art. 68 Abs. 1 BayBG a. F. am 25. September 2006 mit sofortiger Wirkung ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus und leitete ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, das am 31. Oktober 2006 an die Landesanwaltschaft Bayern abgegeben wurde.

Der Beklagte wurde nach Art. 22 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren sowie über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 BayPVG belehrt.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 17. November 2006 wurde das Disziplinarverfahren aufgrund des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 15. Dezember 2006 wurde der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben sowie 5% seiner Dienstbezüge einbehalten.

Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 11. Mai 2007 setzte diese die Schwerbehindertenvertretung von dem Disziplinarverfahren gegen den Beklagten in Kenntnis, nachdem dieser seine Schwerbehinderung mitgeteilt hatte.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 7. März 2008 wurden 5% der Ruhestandsbezüge des zum 1. März 2008 in den Ruhestand versetzten Beklagten einbehalten.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 18. August 2008 wurde nach Abschluss des Strafverfahrens das Disziplinarverfahren fortgeführt.

Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 6. Oktober 2008 erhielt der Beklagte nach Art. 32 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2008 nahm er zu den Vorwürfen Stellung. Er erklärte, eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung werde ausdrücklich erwünscht. Eine erneute Information der Schwerbehindertenvertretung unterblieb jedoch.

IV.

Am 14. November 2008 erhob die Landesanwaltschaft Bayern aufgrund der strafrechtlich geahndeten Vorwürfe Disziplinarklage gegen den Beklagten mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts.

Der nach Art. 53 und 56 BayDG belehrte Beklagte rügte, dass keine weitergehende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung stattgefunden habe.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. Februar 2009 wurde das gerichtliche Disziplinarverfahren aufgrund des Wiederaufnahmeverfahrens ausgesetzt und am 18. August 2009 fortgesetzt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21. Oktober 2009, dem Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 4. November 2009, dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Das Ermittlungsverfahren sei gemäß den Vorschriften des BayDG durchgeführt worden. Die Schwerbehindertenperson und der Personalrat seien bis zur Versetzung des Beklagten in den Ruhestand gemäß den gesetzlichen Vorschriften beteiligt worden. Der Sachverhalt, der der disziplinarrechtlichen Würdigung zugrunde zu legen sei, ergebe sich aus dem rechtskräftigen Strafurteil vom 16. Juli 2008, das nach Art. 55 BayDG für das Verwaltungsgericht bindend sei. Offensichtlich unrichtige Feststellungen seien nicht ersichtlich. Durch Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen habe der anwaltlich beratene Beklagte die ihm im Strafbefehl vorgeworfenen Taten zudem vollumfänglich eingestanden. Der Beklagte habe durch den außerdienstlichen Besitz von Kinderpornographie in erheblicher Weise gegen seine Pflichten als Beamter verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen. Er sei als Lehrer nicht mehr tragbar und ihm das Ruhegehalt abzuerkennen. Auch seine guten früheren dienstlichen Leistungen und die erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands sowie die psychische und finanzielle Belastung des Beklagten und seiner Familie nach der Einleitung des Straf- bzw. Disziplinarverfahrens stellten keine solchen Milderungsgründe dar, um von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Die Aberkennung des Ruhegehalts sei nicht unverhältnismäßig. Dem Beklagten stehe ein Anspruch auf Unterhaltsbeitrag sowie auf Nachversicherung und Rentenzahlung zu, so dass der Beklagte und seine Familie weder der Sozialhilfe anheimfallen noch jeglichen Krankenversicherungsschutz verlieren würden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Beklagten am 3. Dezember 2009 eingelegte Berufung, mit der er beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise unter Abänderung des angefochtenen Urteils lediglich eine Kürzung des Ruhegehalts auszusprechen.

Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft keine eigenen Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt getroffen sowie keine eigene rechtliche Würdigung der Strafbarkeit der festgestellten Tatsachen vorgenommen, weil es zu Unrecht von einer Bindung an das rechtskräftige Strafurteil nach Art. 55, 25 BayDG ausgegangen sei. Der dem Strafurteil zugrunde liegende Strafbefehl beruhe jedoch auf offensichtlich unrichtigen Feststellungen. Darin sei auch der Besitz kinderpornographischer Comics als strafbar erachtet worden, obwohl damit keine Wiedergabe eines tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Geschehens verbunden sei. Auch ergebe sich aus den Feststellungen im Strafbefehl nicht, welchen Umfang die gefundenen Comics an dem Gesamtdatenbestand gehabt hätten. Der Beklagte habe im Strafverfahren zu keinem Zeitpunkt den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien eingeräumt. Bei der Hauptverhandlung sei er gesundheitsbedingt nicht anwesend gewesen. Die Rechtskraft des Strafbefehls sei nur durch Verteidigererklärung nach Absprache mit der Ehefrau eingetreten, um dem Beklagten weitere Belastungen zu ersparen. Strafbare kinderpornographische Bilder seien auch nur im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC gefunden worden. Aussagen darüber, wann, wie und durch wen diese Bilder dorthin gelangt seien und ob sie vor dem Löschen geöffnet worden seien, seien nicht möglich. Der PC habe über kein Anti-Virus-System und über keine Firewall verfügt. Da der Beklagte Musikdateien mit rapidshare heruntergeladen habe, sei daher nicht auszuschließen, dass sich z. B. Trojaner oder Backdoor-Programme auf seinem PC installiert haben könnten, die ohne Zutun und Wissen des Beklagten automatisch auch Downloads kinderpornographischer Dateien vorgenommen haben könnten. Eigene Recherchen hätten ergeben, dass die hierzu im Strafverfahren eingeholten Gutachten unzureichend gewesen seien. Auf zwei von ihm hergestellten Sicherungs-CDR seien Schadprogramme gefunden worden, die von der Firma response nicht festgestellt worden seien. Auf ihnen habe sich Schadsoftware befunden, die zur Fernsteuerung des PC genutzt werden hätte können bzw. die zum Auslesen von Passwörtern geeignet sei. Da es sich um Sicherungskopien handle, müsse sich die darauf gefundene Schadsoftware zwangsläufig auch auf dem PC befunden haben. Auch habe der Beklagte nach dem Aufruf von Seiten mit normaler Pornographie und Betrachten einzelner Bilder jeweils einen ganzen Block heruntergeladen und auf dem PC gespeichert. Deshalb könne nicht ausgeschlossen werden, dass kinderpornographische Bilder unerkannt zusammen mit normaler Pornographie heruntergeladen worden und beim Öffnen der nicht inkriminierten Bilder bzw. bei deren Löschung in den nicht zugewiesenen Speicherbereich gelangt seien, ohne dass der Beklagte sich zu inkriminierten Anhängen runtergescrollt oder durchgeklickt zu haben. Wenn eine Startseite gelöscht bzw. im Cache automatisch gespeichert werde, würden auch die nicht geöffneten Anhänge ohne Zutun des Anwenders auf der Festplatte abgelegt. Solche Anhänge könnten etwa bei der Neupartionierung der Festplatte ohne Wissen des Beklagten in den nicht zugewiesenen Speicherbereich verschoben worden sein. Nur bei einem bewussten Anklicken von Vorschaubildern könne jedoch auch auf einen entsprechenden Besitzwillen geschlossen werden. Zudem sei dem Beklagten kein Zugriff auf die inkriminierten Dateien möglich gewesen, da diese nur mit einer Spezialsoftware ausgelesen hätten werden können. Darüber hinaus ließen sich keine eindeutigen Aussagen zur tatsächlichen Entstehungszeit der auf dem PC gefundenen inkriminierten Bilder machen. Bei zwei Zugriffen auf eine kinderpornographische Website sei der Beklagte nachweislich in der Schule gewesen. Am 15. Dezember 2005 habe er sein Haus bereits um 7:00 Uhr verlassen. Der 6. Mai 2006 sei zwar ein Samstag gewesen, jedoch habe er auch an diesem Tag wegen eines Projekttags um 7:45 Uhr in der Schule sein müssen. Auch bei den übrigen Zeiten zwischen zwei und sechs Uhr nachts scheide eine von der Familie unbemerkte Internetnutzung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten aus. Es fehle somit an einem Dienstvergehen, so dass die Disziplinarklage abzuweisen sei. Selbst wenn man jedoch davon ausgehen sollte, dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen habe, sei die Aberkennung des Ruhegehalts unverhältnismäßig. Das Persönlichkeitsbild sowie Milderungsgründe seien nur kursorisch mit in die Abwägung einbezogen worden. Wegen seines schlechten Gesundheitszustands habe der Beklagte jedoch keine Perspektive, wieder eine Arbeit zu bekommen. Bei Aberkennung des Ruhegehaltes würden der Beklagte und seine Familie daher ihre gesamte Existenz verlieren. Die Folgen seien dem Beklagten und seine Familie deshalb nicht zumutbar.

Hierzu legte der Beklagte den von ihm in Auftrag gegebenen Bericht der Firma BFK EDV-Consulting vom 21. Oktober 2011 sowie Stellungnahmen seiner Ehefrau und Tochter vom 12. und 14. Februar 2010 sowie 11. Januar 2015 vor.

Mit Beschluss vom 17. September 2014 hat der Senat die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachten angeordnet, das auf der Auswertung einer Kopie (Image) der Festplatte des PC sowie der CDR „WIN“ und „Graph“ des Beklagten beruht, zu den Fragen

1. ob auf den genannten Datenträgern, ggf. wo und wie viele kinderpornographische Dateien gespeichert sind, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen bzw. zeichnerische/mittels Computergrafik erzeugte Darstellungen (sog. Comics) beinhalten,

2. ob es Anhaltspunkte gibt, wie die kinderpornographischen Dateien in den nicht zugewiesenen Speicherbereich der Festplatte des PC gelangt sind, insbesondere, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie beim Herunterladen von pornographischen Dateien bzw. von Musikdateien über den Sharehoster rapidshare und eine dort nicht erkennbare Verlinkung mit der Tauschbörse „LoliDorkiGuestbook“ auf die Festplatte gelangt sein können bzw. im Paket mit anderen Dateien versehentlich abgespeichert und dann unwissentlich mit anderen Dateien gelöscht worden sein können, bzw. ob es wahrscheinlicher ist, dass sie bewusst gesucht, heruntergeladen und dann mittels des Programms „Steganos Internet Anonym 5“ gelöscht wurden.

Laut Gutachten der Firma ComFor-IT vom 8. Dezember 2014 befanden sich auf den Datenträgern im sichtbaren Speicherbereich 572 fotorealistische Bilder, Mangas und Comics und ein entsprechendes Video, im nicht zugewiesenen Speicherbereich 512 gelöschte reale Bilder sowie 363 ebenfalls gelöschte fotorealistische Bilder, Mangas und Comics, die den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren zeigen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich verhandelt und den IT-Sachverständigen B. der Firma ComFor-IT zu dem von ihm erstellten Gutachten befragt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben die Strafakten sowie die Disziplinar- und Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt (Art. 13 BayDG).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf.

1. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte aufgrund seiner schweren Erkrankungen nicht verhandlungsfähig wäre, gibt es nicht, so dass dem nicht von Amts wegen nachzugehen war (vgl. BayVGH, B. v. 30.3.2005 - 16a D 05.682 - juris Rn. 32). Der Beklagte, der an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und dort Angaben zur Sache gemacht hat, war ersichtlich auch in der Lage, dem Lauf der Verhandlung zu folgen. Laut landgerichtsärztlichem Gutachten vom 14. März 2008 war der Beklagte trotz der darin diagnostizierten Krankheiten, an denen er teilweise noch heute leidet, jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt als verhandlungsfähig anzusehen. Auch laut dem ärztlichen Attest vom 8. August 2013 war der Beklagte trotz seiner Erkrankung zumindest eingeschränkt verhandlungsfähig. Aktuelle ärztliche Atteste zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Beklagten wurden trotz entsprechender Ankündigung nicht vorgelegt. Da der Beklagte zudem einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung im Disziplinarverfahren bevollmächtigt hat, würde im Übrigen auch eine feststehende Verhandlungsunfähigkeit des Beklagten nicht ohne weiteres die Durchführung des Disziplinarverfahrens hindern (Durchführungsgrundsatz, vgl. BVerwG, U. v. 24.9.2.2009 - 2 C 80/08 - juris Rn. 15). Es ist danach zunächst Sache der Vertreter des Beklagten, einer möglichen Gesundheitsgefährdung im Zusammenwirken mit den behandelnden Ärzten zu begegnen (vgl. BVerwG, B. v. 31.10.2012 - 2 B 33/12 - juris Rn. 20).

2. Soweit der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG gerügt hat, dass - trotz eines entsprechenden Antrags - die Schwerbehindertenvertretung vor Erhebung der Disziplinarklage nicht weiter beteiligt worden sei, stellt die unterbliebene nochmalige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nach der Versetzung des Beklagten in den Ruhestand zum 1. März 2008 keinen wesentlichen Mangel des Disziplinarverfahrens i. S. d. Art. 53 BayDG dar.

Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber bzw. Dienstherr (vgl. §§ 71, 73 Abs. 1 SGB IX) die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Dies gilt auch im Disziplinarverfahren. Da die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen schwerbehinderten Beamten noch keine Entscheidung i.d.S. ist, ist die Schwerbehindertenvertretung hierüber lediglich zu unterrichten; eine Anhörung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen muss erst vor Entscheidungen, insbesondere vor dem Erlass einer Disziplinarverfügung bzw. vor der Erhebung einer Disziplinarklage sowie vor einer vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung von Bezügen, erfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 16a DA 11.1261 - juris Rn. 22). Fehlt es an der erforderlichen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, so ist - unabhängig von der Frage, ob ein Verstoß gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zur Rechtswidrigkeit der zugrundeliegenden Maßnahme führt (vgl. BVerwG, B. v. 22.3.1989 - 1 DB 30/88 - juris Rn. 17; B. v. 5.11.1993 - 2 DW 4/93 - juris Rn. 5) - die Durchführung oder Vollziehung der Maßnahme auszusetzen und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nachzuholen; der Disziplinarbehörde ist nach Art. 53 Abs. 3 BayDG eine Frist zur Beseitigung des Mangels zu setzen (vgl. BayVGH, B. v. 28.10.2008 - 16b D 07.1213 - juris Rn. 1).

Die Landesanwaltschaft Bayern hat die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich nach Kenntniserlangung von der Schwerbehinderteneigenschaft des Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2007 von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten unterrichtet. Eine erneute Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor Erhebung der Disziplinarklage unterblieb dagegen zu Recht, da sich der Beklagte im Zeitpunkt der abschließenden Anhörung nach Art. 32 BayDG bereits im Ruhestand befand. Ebenso wie für die Mitwirkung des Personalrats nach Art. 76 Abs. 1 Nr. 3 BayPVG (vgl. dazu Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Art. 35 BayDG Rn. 51; Weiß in: Fürst, GKÖD, Bd. II, § 34 BDG Rn. 26), besteht nach dem Gesetzeszweck des § 95 SGB IX, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb bzw. die Dienststelle zu fördern (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), keine Verpflichtung des Dienstherrn, die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 SGB IX hinsichtlich von schwerbehinderten Ruhestandsbeamten zu beteiligen, da diese nicht mehr auf der Dienststelle beschäftigt sind (vgl. HessVGH, B. v. 19.6.1995 - DH 1836/91 - juris Rn. 6; Urban/Wittkowski, BDG, § 38 Rn. 50).

II.

1. Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts P. vom 16. Juli 2008. Dieses hat hinsichtlich des Sachverhalts und Schuldspruchs auf den Strafbefehl vom 23. April 2008 verwiesen, nachdem der Beklagte den Einspruch gegen diesen in der Hauptverhandlung am 16. Juli 2008 auf die Rechtsfolgen beschränkt hat. Dem Beklagten wurde darin zur Last gelegt, wissentlich und willentlich 1.523 kinderpornographische Bilddateien sowie eine kinderpornographische Videodatei auf seinem PC und den CDR gespeichert zu haben, in denen der sexuelle Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren dargestellt wird. Der Beklagte wurde deshalb wegen des Vergehens des Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB (in der ab 1. April 2004 geltenden Fassung vom 27. Dezember 2003 = a. F.) zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt.

Diese vom Amtsgericht P. getroffenen Feststellungen können der Verurteilung des Beklagten im Disziplinarverfahren jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Da der Beklagte den Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen beschränkt hat, beruhen die Feststellungen zum Tatgeschehen im Strafurteil allein auf dem Strafbefehl. Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil, die auf einem durch Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehl beruhen, besitzen keine Bindungswirkung nach Art. 55 Hs. 1 i. V. m. Art. 25 Abs. 1 BayDG, weil das Strafurteil zum tatsächlichen Geschehen keine Feststellungen trifft (vgl. BVerwG, U. v. 29.3.2012 - 2 A 11/10 - juris Rn. 35; VGH BW, U. v. 30.9.2013 - DL 13 S 724/13 - juris Rn. 81).

Auch die Anwendung von Art. 55 Hs. 1 i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG ist diesbezüglich ausgeschlossen, wonach die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht bindend sind, aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden können. Denn der Beklagte bestreitet substantiiert die im Strafbefehl vom 23. April 2008 getroffenen Feststellungen sowohl hinsichtlich der bewussten Speicherung kinderpornographischer Dateien als auch bezüglich der Anzahl der auf den Datenträgern befindlichen kinderpornographischen realen Bilder und Comics (vgl. BVerwG, U. v. 29.3.2012 - 2 A 11/10 - juris Rn. 39; BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 55).

Der Beklagte hat die ihm vorgeworfene Tat nicht eingestanden, auch wenn das Amtsgericht die Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß zu seinen Gunsten als Einräumung der Tat gewertet hat. Der Verzicht auf einen Einspruch gegen einen Strafbefehl muss nicht stets als Eingeständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens (in der Hoffnung auf eine mildere Strafe) angesehen werden, sondern kann auch im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen (vgl. BVerwG, B. v. 1.12.1987 - 2 WD 66/87 - BVerwGE 83, 373; VGH BW, U. v. 3.6.2014 - DL 13 S 150/14 - juris Rn. 29). Der Beklagte hat jedenfalls den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien immer abgestritten. In der Hauptverhandlung über seinen Einspruch gegen den Strafbefehl war der Beklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend. Die Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß erfolgte durch dessen Verteidiger in Absprache mit seiner Ehefrau, um dem erkrankten Beklagten weitere Belastungen durch das Strafverfahren zu ersparen. Hierin kann aber nicht das Einräumen der Tat durch den Beklagten gesehen werden.

2. Da die vom Strafgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Verurteilung des Beklagten im Disziplinarverfahren daher nicht zugrunde gelegt werden können, war der Sachverhalt durch den Senat zu ermitteln und die erforderlichen Beweise nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 56 Abs. 1 BayDG zu erheben. Der Senat hat zu diesem Zweck durch Beweisbeschluss vom 17. September 2014 eine nochmalige Auswertung der beim Beklagten sichergestellten Datenträger angeordnet.

Der Senat ist auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme sowie der vorgenommenen Gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastenden Beweismittel zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte bewusst (wissentlich und willentlich) 512 kinderpornographische Bilddateien, die den tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren zeigen, und 935 fotorealistische kinderpornographische Bilder, Mangas bzw. Comics sowie ein solches Video auf seinen PC heruntergeladen und dort bzw. auf den CDR gespeichert hat, bevor er die 512 realen Fotos sowie 363 fiktive Bilder gelöscht und so in den nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC verschoben hat, ohne dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die kinderpornographischen Dateien ohne Wissen und Zutun des Beklagten versehentlich zusammen im Paket mit pornographischen Dateien bzw. mit Musikdateien oder mittels einer unbemerkt auf dem PC befindlichen Schadsoftware durch Dritte heruntergeladen wurden.

Ob ein Dienstvergehen erwiesen ist, entscheidet das Gericht nach Art. 3 BayDG i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht muss sich im Rahmen der Beweiswürdigung selbst eine Überzeugung bilden. Es hat aufgrund der gesamten Beweislage zu prüfen, ob es von der Tat und der Schuld des Beamten überzeugt ist. Die Überzeugung des Gerichts muss sich dabei auf einen konkreten, bestimmten Geschehensablauf richten. Das Gericht darf weiter keine vernünftigen Zweifel an der Schuld des Beamten haben (vgl. BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 50). Die hierfür erforderliche Gewissheit erfordert ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen, wobei die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Geschehens-verlaufs die erforderliche Gewissheit nicht ausschließt (vgl. BayVGH a. a. O. Rn. 52).

2.1 Der Sachverständige B. hat mit seinem Gutachten vom 8. Dezember 2014 durch Auswertung der genannten Datenträger den Nachweis erbracht, dass auf dem PC im nicht zugewiesenen Speicherbereich 512 gelöschte, aber mit Hilfe der Funktionen „FileFinder“ (vgl. Anlage 2) bzw. „Recover Folders“ (vgl. Anlage 3) des Programms „EnCase“ wiederherstellbare reale kinderpornographische Bilder vorhanden waren, sowie dass sich auf dem PC und auf den beiden CDR insgesamt 935 fotorealistische kinderpornographische Bilder, Mangas und Comics (363 im nicht zugewiesenen und 573 im sichtbaren Speicherbereich) sowie ein solches Video im sichtbaren Speicherbereich befanden (vgl. Anlagen 1.1, 1.2 und 1.3), d. h. 1.448 kinderpornographische Dateien (ohne Duplikate, insgesamt 1.523).

Dies deckt sich mit dem Auswertungsbericht der Firma response vom 22. August 2006, wonach auf den Datenträgern - neben 10.800 pornographischen Bildern - 1.523 kinderpornographische Bilddateien sowie eine kinderpornographische Videodatei (sowohl reale Bilder als auch computergenerierte Graphiken/Comics/Mangas) gefunden wurden (vgl. dort Anlage 3).

Der Sachverständige B. hat in der mündlichen Verhandlung hierzu dargelegt, dass er 78 gelöschte, aufgrund der Treffer in PERKEO eindeutig als kinderpornographisch anzusehenden Bilddateien wiederherstellen konnte, die nachweislich einzeln über den Internetbrowser „Mozilla Firefox“ heruntergeladen wurden und sich vor Löschung im temporären Speicher des Internetbrowsers befanden (vgl. Anlage 4).

Dies ergibt sich nach Angaben des Sachverständigen daraus, dass bei diesen 78 Dateien 11-stellige Zahlen-Buchstaben-Codes feststellbar waren, wie sie von der besuchten Internetseite automatisch angelegt werden, wenn man die Bilder aufruft, um sie auf dem Bildschirm zu betrachten. Dies geschieht nur, wenn man die Bilder anklickt. Die Speicherung mit dem geöffneten Code ist ein automatischer Vorgang durch die Internetseite. Durch den Besuch der Website werden die aufgerufenen Dateien automatisch zwischengespeichert. Diese haben, wenn man sie nicht aufruft, eine Größe von lediglich 2 bis 10 kbyte; werden sie aufgerufen, haben sie - wie die vom Sachverständigen wiederhergestellten Dateien - etwa die zehnfache Größe, woraus auch erkennbar ist, dass die 78 wiederhergestellten Bilder angeklickt wurden. Anhand der Schreibweise können die Daten dem Internetbrowser „Mozilla Firefox“ zugeordnet werden. Die Bilder wurden vor der Löschung nachweislich im temporären Cache des Internetbrowsers „Mozilla Firefox“ zwischengespeichert, wie die vom Sachverständigen festgestellten Dateinamen belegen.

Übereinstimmend hiermit kommt auch der Nachtrag zum Auswertungsbericht der Firma response vom 9. Januar 2007 zu dem Ergebnis, dass die Untersuchung der im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC gefundenen Textdateien im XML-Format ergeben hat, dass (mindestens) 50 kinderpornographische Dateien einzeln über den Internetbrowser „Mozilla Firefox“ aus dem Internet heruntergeladen und auf dem PC abgespeichert wurden.

Darüber hinaus hat der Sachverständige B. auch Anhaltspunkte dafür gefunden, dass komplett angezeigte Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten auf dem PC abgespeichert wurden. Die wiederhergestellten Verzeichnisse und Dateien enthalten Hinweise darauf, dass zu einem früheren Zeitpunkt die Verzeichnisse „goldenlols.biz“, „hotlols.biz“, „lolhouse.biz“, „secret.lolhouse.biz“, „lolsonly.biz“ und „mylola.biz“ auf dem PC vorhanden waren und dass darauf kinderpornographische Bilddateien gespeichert waren; laut Angaben der „Australian Communications and Media Authority (ACMA)“ waren die Seiten „mylola.biz“ und „lolhouse.biz“ sowie die Seite „secret.lolhouse.biz“ als deren Subdomian als kinderpornographische Websites aufgelistet. Nach Ansicht des Sachverständigen deuten deshalb sämtliche Hinweise darauf hin, dass die genannten Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten besucht wurden und dass auf den genannten Internetseiten vorhandene kinderpornographischen Dateien vom Benutzer auf dem PC gespeichert wurden.

Dies entspricht dem Ergebnis des Auswertungsberichts der Firma response vom 22. August 2006 (vgl. dort Anlage 4), wonach im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC Cookies von Internetseiten mit Inhalten, die Bezug zu Kinderpornographie haben („angelclips.com“, „pinkteenpussy.org“, „littlepussy.biz“, „wetlittlepussies.com“, „shylolita.biz“, „bbs.lolkiss.info“ und „pedoworld.lolkiss.info“), gefunden wurden sowie acht Zugriffe zu verschiedenen Zeitpunkten vom PC des Beklagten auf das Internetforum „LoliDorkiGuestbook“, über das Links zu kinderpornographischen Dateien im Internet getauscht wurden, festgestellt wurden, was ebenfalls für den wiederholten Besuch kinderpornographischer Websites spricht.

Hinzu kommt, dass nach den Ermittlungen durch das LKA Baden-Württemberg am 18. Januar 2006 gegen 16:47 Uhr von der dynamischen IP-Adresse des Beklagten das auf einem Server der Firma RapidTec abrufbare kinderpornographische Videofile „rapidshare.de/files/11116916/PTN.rar.html“ heruntergeladen wurde, auf der u. a. zwei etwa 10 Jahre alte Kinder zu sehen sind, die in verschiedenen Positionen den Geschlechtsverkehr aneinander durchführen, wobei nach Angaben des LKA Baden-Württemberg ein versehentlicher Download hierbei praktisch auszuschließen ist.

Der Sachverständige B. ist aufgrund dessen zu dem Schluss gelangt, die Ergebnisse der Auswertung durch die Firma response, ergänzt mit den von ihm festgestellten Ergebnissen und Hinweisen, deuteten sämtlich darauf hin, dass wahrscheinlich kinderpornographische Inhalte bewusst gesucht, heruntergeladen und gelöscht worden seien. Auf Nachfrage hat er angegeben, die Einschränkungen „wahrscheinlich“ und „deuten darauf hin“ habe er gemacht, weil eine Datei theoretisch umbenannt werden könne; Anhaltspunkte dafür, dass dies der Fall gewesen sein könnte und dass die Kennung des Internetbrowsers „Mozilla-Firefox“ erst nach Laden der Dateien hinzugefügt worden wäre, hat er jedoch keine gesehen. Er hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er aufgrund seiner Feststellungen und den Ergebnissen der Auswertung durch die Firma response mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen könne, dass von außen auf den PC zugegriffen worden sei und dass im Kontext mit den von ihm gefundenen Verzeichnissen, den Feststellungen der Firma response hinsichtlich des Besuchs bestimmter einschlägiger Internetforen und des Downloads von Dateien mit „Mozilla-Firefox“-Kennung auszuschließen sei, dass kinderpornographische Bilder unbewusst oder versehentlich zusammen mit pornographischen Dateien bzw. mit Musikdateien auf den PC gekommen seien.

2.2 Aufgrund der Beweislage sieht der Senat es als erwiesen an, dass der Beklagte die auf dem ihm gehörenden und allein von ihm genutzten passwortgeschützten PC und den beiden CDR gefundenen kinderpornographischen Dateien wissentlich und willentlich i. S. d. § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. in Besitz hatte.

Das in § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. verwendete Tatbestandsmerkmal „besitzen“ ist als bewusstes Aufrechterhalten eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses zu verstehen. Besitz i. d. S. setzt somit nicht nur objektiv einen auf eine gewisse Dauer angelegten tatsächlichen Zugang zu einer Datei, sondern subjektiv auch einen entsprechenden Besitzwillen voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten (vgl. OLG Hamburg, B. v. 11.11.2008 - 1-53/08 - juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 43).

Für den verbotenen Besitz kinderpornographischen Materials reicht es aus, wenn dieses gezielt im Internet aufgerufen, in den Arbeitsspeicher des Computers geladen und am Bildschirm betrachtet wird, ohne dass es durch eine bewusste Speicherung perpetuiert wird. Mit der automatisch erfolgenden Speicherung solcher Daten im Cache-Speicher des Computers erlangt der Nutzer Besitz i. S. d. § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F., auch wenn die Daten später (manuell oder systembedingt automatisch) wieder gelöscht werden. Denn das Sich-Verschaffen des Besitzes i. S. d. § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. ist mit der automatischen Speicherung im Cache-Speicher vollendet (vgl. BGH, B. v. 10.10.2006 - 1 StR 430/06 - NStZ 2007, 95). Spätestens wenn die Daten auf einem permanenten Medium im Herrschaftsbereich des Nutzers gespeichert werden, hat dieser daran Besitz erlangt (vgl. BGH, U. v. 18.1.2012 - 2 StR 151/11 - juris Rn. 17), der durch Belassen der Daten auf dem Speichermedium perpetuiert wird (vgl. BGH, B. v. 28.11.2008 - 2 StR 501/08 - juris Rn. 2).

Danach hat der Beklagte Besitz an den über den Internetbrowser „Mozilla-Firefox“ aufgerufenen Bildern erlangt, als diese automatisch im Cache gespeichert wurden, spätestens jedoch mit Anklicken der Bilder. Bei den im sichtbaren Speicherbereich befindlichen Bildern war die Besitzerlangung mit Aufruf der Dateien, jedenfalls mit deren Abspeichern auf dem PC bzw. den CDR beendet. Auch der Besitz an den im nicht zugewiesenen Speicherbereich befindlichen kinderpornographischen Bildern wurde spätestens durch deren Abspeichern auf dem PC begründet und durch deren Löschung und Verschiebung in nicht den zugewiesenen Speicherbereich fortgesetzt.

Aus dem automatischen Abspeichern kinderpornographischer Dateien im Browser-Cache während des Aufrufs einer Website mit entsprechenden Vorschaubildern lässt sich auch auf einen entsprechenden Besitzwillen schließen, wenn der Benutzer vor dem Aufruf Kenntnis vom Inhalt der Website hatte, gezielt im Internet nach kinderpornographischem Material gesucht hat, durch Anklicken eines Vorschaubildes ein Vollbild geladen hat oder seinen auf den Besitz kinderpornographischer Dateien gerichteten Herrschaftswillen auf sonstige Weise nach außen hin manifestiert hat (vgl. AG Saarbrücken, U. v. 29.7.2009 - 115 Ds 87/09 - juris Rn. 31; AG Backnang, B. v. 13.1.2014 - 2 Cs 27 Js 61608/13 - juris Rn. 7).

Bereits aus dem durch den Sachverständigen B. festgestellten Umstand, dass der Beklagte mindestens 78 kinderpornographische Dateien über den Internetbrowser „Mozilla Firefox“ heruntergeladen hat, folgt zur Überzeugung des Senats, dass ihm das Vorhandensein dieser Dateien bewusst war, entweder weil er sie selbst aus dem Internet heruntergeladen hat oder sie durch Aufruf auf entsprechenden Internetseiten automatisch im Cache-Speicher des PC auf der Festplatte abgespeichert wurden. Nachdem aufgrund der auf dem PC gefundenen Hinweise auf den Besuch von Websites mit kinderpornographischen Inhalten zudem feststeht, dass der Beklagte an verschiedenen Tagen gezielt Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gesucht und aufgerufen hat, hat er sich damit auch bewusst den Besitz dieser Dateien im Sinne von § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. verschafft (vgl. BGH, B. v. 10.10.2006 - 1 StR 430/06 - NStZ 2007, 95).

Da der Beklagte wiederholt gezielt Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt gesucht und aufgerufen hat, lässt dies zudem den Schluss zu, dass er diese bewusst aufgesucht (vgl. BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 37) und sich deshalb auch den Besitz an den übrigen kinderpornographischen Dateien i. S.v. § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. zumindest bedingt vorsätzlich verschafft hat (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.2007 - 2 WD 19/06 - juris Rn. 35). Schon wer bewusst und gewollt Seiten mit kinderpornographischen Inhalten aus dem Internet aufruft und auf dem Bildschirm seines Computers betrachtet, unternimmt es, sich den Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen; nicht erforderlich zur objektiven und subjektiven Tatbestandserfüllung sind ein Plan, die Dateien manuell abzuspeichern, oder ein Wissen um die automatisch erfolgende Abspeicherung der Dateien im Internet-Cache (vgl. OLG Hamburg, U. v. 15.2.2010 - 2-27/09 - juris Rn. 35).

2.3 Der Beklagte hat den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien zwar schon im Strafverfahren bestritten. Sein Einlassungsverhalten war in Abhängigkeit vom jeweiligen Ermittlungsstand jedoch erheblichen Anpassungen und Steigerungen unterworfen, weshalb der Senat seine auch in sich widersprüchlichen Einlassungen als unglaubwürdige Schutzbehauptungen ansieht.

Bei seiner ersten Vernehmung als Beschuldigter am 8. Juni 2006, als lediglich der Verdacht eines Zugriffs auf kinderpornographische Dateien im Raum stand, räumte der Beklagte zwar den Besitz pornographischer Bilder ein, während er den Besitz kinderpornographischer Bilder überhaupt abstritt. Erst nach der Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger, auf denen neben realen kinderpornographischen Fotos im nicht zugewiesenen Speicherbereich auch kinderpornographische Comics im sichtbaren Speicherbereich des PC unter dem Pfad „C://Windows/winpic/graphx“ in Unterordnern 1 bis 8 und „TerribleTorture“ enthalten waren, räumte der Beklagte in seiner weiteren Vernehmung am 13. September 2006 ein, pornographische Bilder bewusst heruntergeladen und auf dem PC abgespeichert sowie zu diesem Zweck die Unterordner 1 bis 8 angelegt zu haben. Er bestritt jedoch, bewusst im Internet nach kinderpornographischen Bildern gesucht oder derartige Bilder heruntergeladen zu haben. Seiner Meinung nach seien die auf dem PC gefundenen Bilder versehentlich in anderen Ordnern mitverpackt gewesen und von ihm in den Unterordnern abgelegt worden; illegale Dateien würden oft als Anhang zu normalen Dateien verschickt, das habe er schon bei Musikdateien von rapidshare so erlebt. Allerdings gab er zugleich zu, „pornographische Zeichnungen“ heruntergeladen zu haben, von denen er jedoch der Ansicht gewesen sei, dass diese nichts mit Kinderpornographie zu tun hätten, sondern erlaubt seien. Mit Schriftsatz vom 15. November 2006 ließ der Beklagte hingegen vortragen, er habe pornographische Bilder nicht einzeln, sondern nach dem Betrachten einzelner Bilder einer Serie im Block heruntergeladen, so dass er nicht von sämtlichen abgespeicherten Bildern Kenntnis genommen habe und deshalb ein unwissentliches Mitabspeichern kinderpornographischer Bilder möglich sei. Mit Schriftsatz vom 11. April 2008 ließ der Beklagte wiederum erklären, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er kinderpornographische Bilddateien ungesehen mit strafrechtlich nicht relevanter Pornographie bezogen habe und dass beim Öffnen der Bilder und Erkennen des kinderpornographischen Inhalts eine Löschung bzw. gar Formatierung erfolgt sei, wodurch diese in den nicht zugewiesenen Speicherbereich gelangt seien, so dass jedenfalls kein entsprechender Besitzwille bestanden habe.

Wenn man letzteres so verstehen wollte, dass die kinderpornographischen Bilder durch den Beklagten gelöscht worden seien, könnte zwar der Besitzwille fraglich sein (vgl. OLG Hamburg, B. v. 11.11.2008 - 1-53/08 - juris Rn. 14). Ist der Nutzer z. B. beim Surfen im Internet lediglich einmalig auf kinderpornographische Seiten gestoßen, hat er diese nur ganz kurzfristig betrachtet und danach sofort Maßnahmen ergriffen, in denen der eindeutige Wille zum Ausdruck gekommen ist, sich dieses inkriminierten Materials endgültig zu entledigen, so kann ein solches Verhalten gegen die Annahme sprechen, er habe auch einen entsprechenden Besitzwillen gehabt, selbst wenn die aufgerufenen Dateien in den Cache-Speicher des PC gelangt sind und deshalb eine der beiden Tatbestandsalternativen des § 184b Abs. 4 StGB a. F. erfüllt worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 51). Die Behauptung, dass der Beklagte die auf dem PC gefundenen kinderpornographischen Dateien nach Erkennen ihres strafbaren Inhalts umgehend gelöscht hat, so dass es jedenfalls an einem entsprechenden Besitzwillen fehle, steht aber im ersichtlichen Widerspruch zu seiner Einlassung, er habe die pornographischen Bilder nicht einzeln betrachtet, sondern im Block abgespeichert, so dass er ungewollt auch kinderpornographische Bilder mitabgespeichert haben könne, und hat daher außer Betracht zu bleiben.

Diese Einlassung wird zudem dadurch widerlegt, dass die auf dem PC gefundenen fotorealistischen kinderpornographischen Bilder, Mangas und Comics thematisch wie inhaltlich mit den gelöschten realen kinderpornographischen Fotos identisch sind. Sie zeigen jeweils den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren und unterscheiden sich nur in der strafrechtlichen Bewertung: Während der Besitz - anders als die Verbreitung nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. (vgl. BGH, U. v. 15.12.1999 - 2 StR 365/99 - juris Rn. 23) - kinderpornographischer Comics nicht strafbar ist (vgl. OLG Hamburg, U. v. 15.2.2010 - 2-27/09 - juris Rn. 31), weil die Darstellungen nicht mit dem tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern verbunden sind und kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (vgl. BGH, B. v. 19.3.2013 - 1 StR 8/13 - juris Rn. 21), ist bei kinderpornographischen Bildern, die einen tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen, nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. der Besitz strafbewehrt. Die Einrichtung einer dezidierten Ordnerstruktur auf dem PC und die Herstellung der CDR, auf denen lediglich Comics enthalten sind, sowie der Fund von realkinderpornographischen Bildern nur im nicht zugewiesenen Speicherbereich sprechen deshalb in den Augen des Senats für eine bewusste und manuelle Selektierung der jeweiligen Dateien durch den Beklagten.

2.4 Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass kinderpornographische Bilddateien zunächst ungeöffnet zusammen mit anderen Dateien auf dem PC vorhanden waren, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines Formatierungsvorgangs in den nicht zugewiesenen Speicherbereich verschoben worden sind. Der Sachverständige B. und die Firma response haben es aufgrund der von ihnen festgestellten Hinweise auf den wiederholten gezielten Besuch kinderpornographischer Internetseiten sowie auf das Herunterladen einzelner kinderpornographischer Bilder über den Internetbrowser „Mozilla-Firefox“ vielmehr ausgeschlossen, dass der Beklagte kinderpornographische Bilder unbewusst oder versehentlich im Paket mit pornographischen Dateien bzw. als Anhang von Musikdateien heruntergeladen hat; dass kinderpornographische Dateien in Musikdateien mitverpackt gewesen wären, ist nach Angaben von Herrn B. in der Praxis bisher auch nicht vorgekommen. Dies bedeutet zwar nicht, dass dies nicht denkbar ist. Die bloße Möglichkeit, dass es so gewesen sein könnte, führt jedoch nicht dazu, dass der Senat die getroffenen Feststellungen als widerlegt ansehen würde. Da jedenfalls 78 kinderpornographische Bilder nachweislich einzeln über den Internetbrowser „Mozilla-Firefox“ aufgerufen und angeklickt worden sind, konnte mithin auch der Beweisantrag Nr. 1 als nicht entscheidungserheblich abgelehnt werden.

Dem bewussten Herunterladen und Speichern kinderpornographischer Bilddateien steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte jeweils Seiten mit pornographischen Inhalten angeklickt und heruntergeladen haben will, ohne alle Bilder zu betrachten. Denn er ist nach Feststellungen des Sachverständigen B. und der Firma response nicht nur einmal - zufällig - beim Surfen im Internet auch auf Kinderpornographie gestoßen, sondern hat vielmehr mehrfach gezielt Seiten mit kinderpornographischen Inhalten im Internet aufgesucht und die entsprechenden Bilddateien auf seinem PC gespeichert (vgl. BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 37). Insoweit ist auch unerheblich, dass die Bilddateien ggf. nur als Vorschaubilder gespeichert wurden (vgl. VGH BW, U. v. 20.6.2012 - DL 13 S 155/12 - juris Rn. 40).

Da der Beklagte die bei ihm gefundenen kinderpornographischen Comics darüber hinaus auf diverse Unterordner verteilt hat, in denen sich nur derartige Darstellungen, aber keine pornographischen Bilder befanden, ist auch auszuschließen, dass dem Beklagten entgangen sein könnte, wenn er ungewollt weitere Dateien mit strafbarem Inhalt heruntergeladen hätte, und zwar unabhängig davon, ob dies zugleich mit dem Herunterladen pornographischer Bilder oder sonstiger Dateien geschehen wäre.

Auch die Tatsache, dass die im nicht zugewiesenen Speicherbereich gefundenen kinderpornographischen Bilder nur mit Hilfe eines speziellen Programms ausgelesen und wiederhergestellt werden konnten, besagt nicht zugleich, dass diese ungeöffnet und unbemerkt durch eine automatische Löschung bzw. Formatierung der Festplatte in den nicht zugewiesenen Speicherbereich gelangt sind. Dies ist vielmehr die Folge der Löschung der Dateien, die zur Überzeugung des Senats bewusst erfolgte. Gegen die Annahme einer unbemerkten Löschung spricht insbesondere der Umstand, dass nach Angaben des Sachverständigen B. die von ihm wiederhergestellten Bilddateien in einer Dateigröße vorliegen, die für Vorschaubilder unüblich ist, so dass sie aus der Sicht des Senats vor der Löschung angeklickt worden sein müssen.

2.5 Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass kinderpornographische Dateien ohne Wissen und Zutun des Beklagten mittels einer von ihm unbemerkt auf dem PC befindlichen Schadsoftware heruntergeladen wurden. Der Sachverständige B. hat erklärt, dass er aufgrund seiner Feststellungen und den Ergebnissen der Auswertung durch die Firma response mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen kann, dass von außen auf den PC zugegriffen wurde. Die Firma response ist im Nachtrag zum Auswertungsbericht vom 9. Januar 2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass die auf dem PC gefundene Schadsoftware vorliegend irrelevant ist. Trojaner oder andere Schadsoftware, die zum Herunterladen kinderpornographischer Dateien in der Lage wäre, sind dort nicht vorhanden, das unbemerkte Herunterladen derartiger Dateien deshalb auszuschließen. Laut Nachtrag zum Auswertungsbericht der Firma response vom 16. April 2009 erbrachte auch die erneute Überprüfung des PC keine Hinweise auf die vom Beklagten seinen Angaben nach auf zwei von ihm erstellten Sicherungs-CDR gefundene (angebliche) Schadsoftware „Win32:SdDrpop“ bzw. „BackDoor.Bifrost.57“. Auch die Auswertung der Datei „alkomat.exe“ zeigte keine Schadaktivitäten; es wurden keine Hinweise gefunden, dass die inkriminierten Bilddateien von außen auf dem PC gespeichert worden sein könnten. Hinsichtlich der vom Beklagten angeblich 2003/04 bzw. 2005 erstellten Sicherungs-CDR gibt es zudem keine Anhaltspunkte, wann, durch wen und auf welchem PC diese erstmals im strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahren vorgelegten CDR hergestellt wurden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass auf die zunächst als Kopien erstellten CDR später neue Daten, die ggf. Schadprogramme enthielten, gebrannt wurden. Aus der Behauptung, dass es sich um Sicherungskopien handle, kann daher nicht notwendig geschlossen werden, dass sich die Programme auch auf dem PC befunden haben.

Auch der vom Beklagten in Auftrag gegebene Forensische Bericht der Firma BFK EDV-Consulting GmbH vom 21. Oktober 2011 konnte keine Anhaltspunkte dafür finden, dass sich die vom Beklagten auf den beiden Sicherungs-CDR gefundene (potentielle) Schadsoftware zu einem früheren Zeitpunkt auf dem PC befunden hätte. Hinsichtlich der auf einer Sicherungs-CDR befindlichen Schadsoftware „WS-FTP-LE.exe“ (laut Firma BFK auch „SdDrop“ oder „SdBot“), die nach Ansicht der Firma BFK potentiell zur Fernsteuerung des PC hätte eingesetzt werden können, wurden ebenfalls keine Hinweise darauf gefunden, dass diese Schadsoftware jemals auf dem PC vorhanden war bzw. ausgeführt wurde. Der Sachverständige B. hat überdies ausgeführt, dass mit dem Programm „WS-FTP-LE.exe“ allenfalls auf einen fremden Computer oder Server zugegriffen werden hätte können, falls dies erlaubt ist, dass es jedoch nicht dazu verwendet werden kann, von außen einen fremden Computer fernzusteuern, und hat es daher mit großer Wahrscheinlichkeit für ausgeschlossen gehalten, dass mit diesem Programm jemand von außen bewusst und gewollt ohne Kenntnis des Benutzers kinderpornographische Dateien heruntergeladen hat.

Auch hinsichtlich der auf dem PC gefundenen sonstigen potentiellen Schadsoftware konnte kein Zusammenhang mit den vorhandenen kinderpornographischen Dateien hergestellt werden. Die übereinstimmend von der Firma response und der Firma BFK auf dem PC festgestellten Programme, mit denen ggf. Passwörter und andere Daten des Benutzers ausspioniert werden können, besitzen nach deren Angaben keine vorliegend relevanten weiteren Schadfunktionen.

Im Übrigen war auf dem PC entgegen der Angaben des Beklagten auch eine Firewall installiert, die unerwünschte Verbindungen in das Internet nachweislich verhindert hat.

Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, weshalb Dritte ein Interesse daran gehabt haben könnten, auf den PC des Beklagten kinderpornographische Dateien herunterzuladen. Wirtschaftliche Motive (z. B. kostenpflichtiger Download oder Betrug bzw. Erpressung) hierfür hat auch der Beklagte nicht behauptet. Dafür, dass der PC des Beklagten missbraucht worden wäre, um verbotene Kinderpornographie ins Internet hochzuladen und zu verbreiten, gibt es ebenfalls keine Anhaltspunkte, da dann nicht nur Downloads, sondern auch Uploads feststellbar gewesen sein müssten.

2.6 Auch daraus, dass nach übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen B., der Firma response und der Firma BFK keine fundierten Aussagen zum Aufruf- bzw. Erstellungszeitpunkt der Dateien gemacht werden können, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beklagte die Dateien nicht heruntergeladen hat. Zwar hat er nach eigenen Angaben die Systemzeit seines PC zurückgestellt, so dass alle Zeitstempel unter Vorbehalt zu sehen sind. Außerdem weist die Systemzeit auch eine erhebliche Abweichung zur Tatortzeit auf, so dass auch deshalb keine zuverlässigen Anhaltspunkte hinsichtlich des tatsächlichen Aufruf- bzw. Erstellungszeitpunkts der Dateien bestehen. Dies bedeutet aber nicht, dass ohne Feststellung des genauen Aufruf- bzw. Erstellungszeitpunkts der Dateien nicht von der Täterschaft des Beklagten ausgegangen werden könnte. Der Senat ist aufgrund der Tatsache, dass sich die kinderpornographischen Dateien auf dem - seinen Angaben nach ihm gehörenden, allein von ihm genutzten sowie passwortgeschützten - PC befunden haben, vielmehr der Überzeugung, dass der Beklagte diese bewusst selbst heruntergeladen hat.

Deshalb kann vorliegend auch als wahr unterstellt werden, dass der Beklagte zu zwei Zeitpunkten, an denen von seiner dynamischen IP-Adresse Zugriffe auf das „LoliDorkiGuestbook“ erfolgt sein sollen (15. Dezember 2005 9:13 bzw. 7:13 Uhr sowie 6. Mai 2006 9:40 bzw. 7:40 Uhr) in der Schule und nicht zu Hause war, da damit nicht zugleich gesagt ist, dass die nachweislichen Zugriffe auf das „LoliDorkiGuestbook“ tatsächlich zu den angegebenen Zeitpunkten stattgefunden haben. Zwar sind die betreffenden Zeitstempel laut Nachtrag zum Auswertungsbericht der Firma response vom 9. Januar 2007 fest kodiert und im Quelltext der Dateien vorhanden, da sie von dem aufgerufenen Internetserver stammen. Da die verwendete lokale Zeitzone aber nicht feststellbar ist, können über die tatsächlichen Zugriffszeitpunkte keine definitiven Angaben gemacht werden, so dass das Alibi des Beklagten dadurch nicht bestätigt werden kann. Aus diesem Grund konnte auch der Beweisantrag Nr. 2 abgelehnt werden.

Auch das Bestreiten einer Internetnutzung zu den übrigen nächtlichen Zeitpunkten, an denen Zugriffe auf das „LoliDorkiGuestbook“ stattgefunden haben sollen, obwohl sich der Beklagte im Bett befunden habe und auch nicht unbemerkt von den übrigen Familienmitgliedern den Computer hätte benutzen können, vermag aus den oben genannten Gründen sein Alibi nicht zu bestätigen. Im Übrigen handelt es sich auch lediglich um vage Mutmaßungen.

III.

Der Beklagte hat durch den nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. strafbaren Besitz von 512 kinderpornographischen Bilddateien, die den realen sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren wiedergeben, als aktiver Beamter vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflichten aus Art. 62 Abs. 1 Satz 2 und Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F. (bzw. § 33 Abs. 1 und § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen, die Gesetze zu beachten sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (vgl. BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 45). Der Beklagte hat dadurch als aktiver Beamter ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, sondern außerhalb des Dienstes stattfand, und er die Dateien nur auf seinem privaten Computer gespeichert hat (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 7).

Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten erfüllt auch den Tatbestand eines Dienstvergehens gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (bzw. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG), weil es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das ist beim außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Schriften bei einem Lehrer aufgrund des Dienstbezugs der Fall. Ein Dienstbezug ist zu bejahen, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem innegehabten Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Verhalten des Beklagten weist einen Bezug zu seinem Dienstposten auf, weil der nach § 184b Abs. 4 StGB a. F. strafbewehrte Besitz kinderpornographischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Denn nach Bekanntwerden eines solchen Fehlverhaltens ist ein Lehrer in der Dienstausübung zumindest stark gehindert, weil er elementare Rechte gerade der Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und die ihm anvertraut ist. Insoweit genügt bereits die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder zu konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 15).

Wer kinderpornographische Schriften erwirbt bzw. besitzt (§ 184b Abs. 4 StGB a. F.), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist zudem in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Darüber hinaus degradiert der Täter die sexuell missbrauchten Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 16).

Der Erwerb und Besitz verbotener kinderpornographischer Schriften durch einen Lehrer, dem Kinder zur Ausbildung und Erziehung anvertraut sind, ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule (vgl. Art. 131 BV, Art. 1, 2 und 59 BayEUG) nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der seiner Obhut unterstehenden Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag unvereinbar und offenbart erhebliche Persönlichkeitsmängel, die das Vertrauen, das der Dienstherr in die Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit und moralische Integrität der Lehrkraft setzt, von Grund auf erschüttern (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 17).

Da der Beklagte jedenfalls 512 strafbare kinderpornographische Bilddateien, die den realen sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren darstellen, in Besitz hatte, kann im Ergebnis offen bleiben, ob auch die bei ihm gefundenen fotorealistischen kinderpornographischen Bilder ein wirklichkeitsnahes Geschehen i. S. d. § 184b Abs. 4 StGB a. F. wiedergeben, obwohl sie nicht mit dem tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern verbunden sind. Der Senat konnte das Disziplinarverfahren insoweit gemäß Art. 54 BayDG auf die 512 realen kinderpornographischen Bilder beschränken und den Besitz fotorealistischer kinderpornographischer Bilder ebenso wie den - straflosen (vgl. OLG Hamburg, U. v. 15.2.2010 - 2-27/09 - juris Rn. 31) - Besitz kinderpornographischer Comics bzw. Mangas ausscheiden, weil diese für die Art und Höhe der gegen den Beklagten zu verhängenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Es hat zur Folge, dass er das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen. Die Aberkennung des Ruhegehalts nach Art. 13 BayDG ist auch angemessen und erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG.

Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen; Ruhestandsbeamten ist dementsprechend das Ruhegehalt abzuerkennen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG).

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach der Form und dem Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte.

Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 21; BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 48).

2. Der Beklagte hat mit dem Besitz von 512 realkinderpornographischen Dateien in seiner Zeit als aktiver Beamter ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, so dass nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entsprechend Art. 11 BayDG den Ausgangspunkt der disziplinarischen Bewertung bildet.

Für den privaten Erwerb bzw. Besitz kinderpornographischer Schriften gibt es keine Regeleinstufung wie bei innerdienstlichen Dienstvergehen, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Maßgeblich für die Maßnahmebemessung ist deshalb die jeweilige abstrakte Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten. Das Ausmaß des Vertrauensschadens, der durch eine außerdienstliche Straftat hervorgerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 22). Für die disziplinarische Ahndung außerdienstlichen Erwerbs bzw. Besitzes kinderpornographischen Materials ist aus dem Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB a. F. von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bei der Maßnahmebemessung deshalb auf einen Orientierungsrahmen abzustellen, der bis zur Zurückstufung reicht, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (vgl. BVerwG, B. v. 14.5.2012 - 2 B 146/11 - juris Rn. 9).

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Erwerb bzw. Besitz kinderpornographischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein solches Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet daher keine Gewähr dafür, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann.

Der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornographischen Materials reicht deshalb bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dabei kommt die Entfernung eines Lehrers aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen (vgl. BVerwG, B. v. 25.5.2012 - 2 B 133/11 - juris Rn. 11; B. v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 7).

Der Beklagte hat durch den Besitz von 512 realkinderpornographischen Dateien Straftaten verübt, die sich gegen eine Personengruppe richten, die ihm aufgrund seines Amtes zur Ausbildung und Erziehung besonders anvertraut ist. Er hat dadurch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt, auch wenn sich dieser Vorgang im außerdienstlichen Bereich abspielte, und dadurch das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren.

Das Verhalten eines Lehrers, das den Straftatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. erfüllt, steht der Verpflichtung der Angehörigen dieses Berufes, die Würde und die persönliche Entfaltung der Schüler zu schützen und zu fördern, diametral entgegen, so dass ihm ein glaubwürdiges pädagogisches Wirken nicht mehr möglich ist. Zudem verfügt er nicht mehr über die persönliche Autorität, die für seinen Beruf unabdingbar ist (vgl. BayVGH, U. v. 28.4.2010 - 16a D 08.2928 - juris Rn. 54).

Aufgrund der konkreten Tatumstände (erhebliche Anzahl von Bildern, die schwere Missbrauchshandlungen zeigen) ist das strafbare Verhalten des Beklagten auch als besonders verwerflich anzusehen. So zeigen die 512 realkinderpornographischen Dateien nicht nur den Oral-, Anal- und Vaginalverkehr unter 14jähriger Mädchen mit erwachsenen Männern sowie sexuelle Handlungen erwachsener Frauen an unter 14jährigen Jungen und Mädchen und zwischen unter 14jährigen Kindern. Darunter befinden sich auch Bilder, auf denen erkennbar unter 10 Jahre alte Mädchen mit schmerzverzerrtem Gesicht beim Oralverkehr zu sehen sind oder auf denen Finger von Erwachsenen in die Scheide bzw. in den After von Säuglingen eingeführt werden. Auch werden Genitalien von Kindern und Säuglingen in aufreisserischer und verletzender Weise vor der Kamera zur Schau gestellt und die missbrauchten Kinder so zum bloßen Objekt der sexuellen Begierde des Betrachters degradiert.

Erschwerend kommt weiter hinzu, dass der Beklagte neben den 512 kinderpornographischen Bildern auch 935 fotorealistische kinderpornographische Bilder, Mangas und Comics sowie ein entsprechendes Video gespeichert hatte, die überwiegend erniedrigende sexuelle Praktiken an Kindern zeigen. So wurden z. B. Bilder gefunden, die ein erkennbar unter 5 Jahre altes nacktes Kind mit einem Hund, gefesselte und sexuell missbrauchte Kleinkinder oder ein kleines Mädchen, dessen Schamlippen mittels mechanischer Zugvorrichtungen auseinander gezogen werden, darstellen. Auch wenn der bloße Besitz kinderpornographischer Mangas, Comics u. dgl. nicht strafbewehrt ist, spricht er für eine mit dem Beruf des Lehrers nicht zu vereinbarende Persönlichkeitsstruktur, und ist zulasten des Beklagten zu berücksichtigen, auch wenn der Besitz solcher Bilder keine eigenständige Pflichtverletzung darstellt (vgl. BVerwG, B. v. 22.1.2014 - 2 B 102/13 - juris Rn. 17).

3. Die den Beklagten entlastenden Umstände besitzen demgegenüber sowohl für sich betrachtet als auch in der Gesamtschau kein derartiges Gewicht, um den vom Senat festgestellten endgültigen Vertrauensverlust so zu relativieren, dass vorliegend von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.

3.1 Angesichts der Schwere des festgestellten Dienstvergehens können weder die guten dienstlichen Leistungen des Beklagten noch die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar. Sie sind aber nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so abzumildern, dass von einer Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, B. v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 27).

3.2 Ein Geständnis hat der Beklagte nicht abgelegt, sondern den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien immer bestritten. Insoweit kann die Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß auch nicht als Einräumung der Tat gewertet werden, da dies nach eigenen Angaben nur zu dem Zweck erfolgte, dem Beklagten weitere Belastungen durch das Strafverfahren zu ersparen, jedoch kein Eingeständnis der Tat beinhaltete.

3.3 Da der Beklagte wiederholt Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt besucht und mehrfach kinderpornographische Bilder heruntergeladen hat, handelt es sich auch nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat (vgl. BayVGH, U. v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 20).

3.4 Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) bzw. der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat, bestehen nicht. Zwar wurden im Zusammenhang mit der Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit ausgeprägte (vgl. Gutachten Diplom-Psychologin M... vom 20. Juni 2007) bzw. mittelschwere (vgl. Gutachten MUS der Regierung von O... vom 17. September 2007) Depressionen festgestellt; auch laut im Strafverfahren eingeholten Gutachten des Landgerichtsarztes vom 14. März 2008 litt der Beklagte im damaligen Zeitpunkt an einer reaktiven depressiven Störung. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass der Beklagte bereits im Tatzeitpunkt depressiv und deshalb nur vermindert schuldfähig gewesen wäre. Vielmehr hat er diese Symptome erst nach der Einleitung des Straf- und Disziplinarverfahrens gegen ihn gezeigt. Auch nach Mitteilung des Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2013 wurde die Schuldfähigkeit im (angeblichen) Tatzeitraum vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen; sein schlechter Gesundheitszustand beruhe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf den Auswirkungen, die das Straf- und Disziplinarverfahren auf ihn gehabt hätten.

Soweit mit Schreiben der Ehefrau des Beklagten vom 11. Januar 2015 nunmehr auf das testpsychologische Gutachten Dipl.-Psychologe S. vom 25. Januar 2008, der beim Beklagten Merkmale einer schizoiden Persönlichkeitsstörung konstatiert habe, sowie auf - nicht vorgelegte - neurologische bzw. hausärztliche Befunde hingewiesen wurde, ist ebenfalls nicht dargetan, dass diese - behaupteten - Erkrankungen bereits im Tatzeitpunkt vorgelegen hätten. Jedenfalls konnte Dipl.-Psychologe S. keine Hinweise auf hirnorganische Störungen oder neuropsychologische Ausfälle beim Beklagten feststellen, die - ggf. zusammen mit seinen körperlichen Erkrankungen - zu einer (erheblichen) Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten geführt hätten. Einen auf Feststellung der verminderten Schuldfähigkeit im Tatzeitpunkt gerichteten Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Vor diesem Hintergrund war der Senat aber auch von Amts wegen nicht gehalten, der Frage der verminderten Schuldfähigkeit weiter nachzugehen (vgl. BVerwG, B. v. 10.12.2014 - 2 B 75/14 - juris Rn. 12 ff.).

3.5 Auch die Tatsache, dass der Beklagte aufgrund seiner schweren Erkrankungen wegen dauernder Dienstunfähigkeit (vgl. Gutachten MUS der Regierung von O. vom 17. September 2007) in den Ruhestand versetzt wurde und eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht prognostiziert werden kann (vgl. Gutachten MUS der Regierung von O. vom 8. November 2008), führt nicht dazu, dass von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen wäre.

Zwar sind die gesundheitlichen Folgen eines Disziplinarverfahrens für den Beamten im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten zu berücksichtigen. So ist etwa eine erhebliche, über das normale Maß hinausgehende, mit dem Straf- und Disziplinarverfahren verbundene psychische Belastung in die aufgrund von Art. 14 BayDG gebotene Abwägung miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, B. v. 5.7.2010 - 2 B 121/09 - juris Rn. 12). Jedoch rechtfertigt der Umstand, dass sich der Gesundheitszustand eines Ruhestandsbeamten infolge der Belastung durch das Straf- und Disziplinarverfahren soweit verschlechtert hat, dass er zeitweise verhandlungsunfähig war, einen Betreuer hatte und vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden musste, kein Absehen von der Aberkennung des Ruhegehalts. Es handelt sich vielmehr um die Folgen eines von dem Beamten begangenen vorsätzlichen Dienstvergehens. Sie sind diesem aufgrund vorwerfbaren Fehlverhaltens zurechenbar und jedenfalls dann nicht mildernd zu berücksichtigen, wenn - wie im vorliegenden Fall - durch das Fehlverhalten die disziplinarische Höchstmaßnahme verwirkt ist (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 46; BVerfG, B. v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 7). Die schwere Erkrankung des Beklagten, die zur Dienstunfähigkeit geführt hat, vermag deshalb die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme nicht zu begründen (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.1990 - 1 D 3/90 - juris Rn. 30).

3.6 Auch die lange Dauer des bereits 2006 eingeleiteten Disziplinarverfahrens kann - unabhängig davon, dass der Beklagte die Dauer aufgrund der von ihm erhobenen außerordentlichen Rechtsbehelfe zu vertreten hat - nicht mildernd berücksichtigt werden. Aufgrund des schwerwiegenden Fehlverhaltens des Beklagten in seiner aktiven Dienstzeit als Beamter ist das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn endgültig zerstört, so dass die lange Verfahrensdauer - unabhängig von ihren Ursachen - es nicht rechtfertigt, von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 47; BVerfG, B. v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 8).

4. Die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme gegen den Beklagten ist auch nicht unverhältnismäßig und verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Schuldprinzip (vgl. BVerfG, B. v. 18.1.2008 - 2 BvR 313/07 - juris Rn. 11). Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und auch erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten verfolgen neben der Pflichtenmahnung die Zwecke der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist der durch das Gewicht des Dienstvergehens eingetretene Vertrauensschaden - wie vorliegend - mangels Milderungsgründen so erheblich, dass bei aktiven Beamten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts gegenüber Ruhestandsbeamten als geeignete und erforderliche Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken von Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten Geltung zu verschaffen. In derartigen Fällen ist die Aberkennung des Ruhegehalts auch angemessen. Ist das Vertrauensverhältnis - wie vorliegend - endgültig zerstört, erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Sie beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit und ist dem späteren Ruhestandsbeamten daher als bei Begehung vorhersehbar zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 49; BVerfG, B. v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 9).

Der Senat verkennt nicht, dass der Beklagte und seine Familie mit Aberkennung des Ruhegehalts existentiell betroffen werden und dass der Beklagte aufgrund seines Alters und seines schlechten Gesundheitszustandes auch keine Arbeit mehr finden und ausüben können wird. Dies ist jedoch allein die Folge der von ihm begangenen gravierenden Dienstpflichtverletzungen. Ihm steht zudem für die Dauer von sechs Monaten ein Unterhaltsbeitrag gemäß Art. 13 Abs. 2 BayDG zu. Auch ist er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB VI), so dass er ggf. auch Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beantragen kann. Im Übrigen ist der Beklagte ggf. auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu verweisen. Hinsichtlich der Übernahme von Krankheitskosten ist darauf hinzuweisen, dass nach § 12 Abs. 1a, b VAG private Krankenversicherungen grundsätzlich verpflichtet sind, im Basistarif alle Personen aufzunehmen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung werden können.

Nach alldem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben

1.
durch Geburt (§ 4),
2.
durch Erklärung (§ 5),
3.
durch Annahme als Kind (§ 6),
4.
durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes7),
5.
durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c).

(2) Die Staatsangehörigkeit erwirbt auch, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Als deutscher Staatsangehöriger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsangehörigkeitsausweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wirkt auf den Zeitpunkt zurück, zu dem bei Behandlung als Staatsangehöriger der Erwerb der Staatsangehörigkeit angenommen wurde. Er erstreckt sich auf Abkömmlinge, die seither ihre Staatsangehörigkeit von dem nach Satz 1 Begünstigten ableiten.

Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben

1.
durch Geburt (§ 4),
2.
durch Erklärung (§ 5),
3.
durch Annahme als Kind (§ 6),
4.
durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes7),
5.
durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c).

(2) Die Staatsangehörigkeit erwirbt auch, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Als deutscher Staatsangehöriger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsangehörigkeitsausweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wirkt auf den Zeitpunkt zurück, zu dem bei Behandlung als Staatsangehöriger der Erwerb der Staatsangehörigkeit angenommen wurde. Er erstreckt sich auf Abkömmlinge, die seither ihre Staatsangehörigkeit von dem nach Satz 1 Begünstigten ableiten.

Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben

1.
durch Geburt (§ 4),
2.
durch Erklärung (§ 5),
3.
durch Annahme als Kind (§ 6),
4.
durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes7),
5.
durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c).

(2) Die Staatsangehörigkeit erwirbt auch, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Als deutscher Staatsangehöriger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsangehörigkeitsausweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wirkt auf den Zeitpunkt zurück, zu dem bei Behandlung als Staatsangehöriger der Erwerb der Staatsangehörigkeit angenommen wurde. Er erstreckt sich auf Abkömmlinge, die seither ihre Staatsangehörigkeit von dem nach Satz 1 Begünstigten ableiten.

Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben

1.
durch Geburt (§ 4),
2.
durch Erklärung (§ 5),
3.
durch Annahme als Kind (§ 6),
4.
durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes7),
5.
durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c).

(2) Die Staatsangehörigkeit erwirbt auch, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Als deutscher Staatsangehöriger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsangehörigkeitsausweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wirkt auf den Zeitpunkt zurück, zu dem bei Behandlung als Staatsangehöriger der Erwerb der Staatsangehörigkeit angenommen wurde. Er erstreckt sich auf Abkömmlinge, die seither ihre Staatsangehörigkeit von dem nach Satz 1 Begünstigten ableiten.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

Der Beklagte ist disziplinarisch nicht vorbelastet. Er ist schwerbehindert (50 GdB).

II.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft vom 14. Februar 2008 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das mit Verfügung vom 3. September 2008 ausgedehnt wurde. Der Beklagte wurde jeweils nach Art. 22 BayDG über seine Rechte sowie die Möglichkeit der Beteiligung der Personalvertretung belehrt.

Am 18. August 2009 erhob die Landesanwaltschaft Bayern Disziplinarklage mit dem Antrag, dem Beklagten das Ruhegehalt um 1/10 auf 3 Jahre zu kürzen. Grundlage hierfür sind die folgenden Vorwürfe:

1. Der Beklagte hat die Kassenaufsicht in den Jahren 2005 bis 2007 nicht ordnungsgemäß wahrgenommen und seine allgemeine Dienstaufsicht gegenüber der damaligen Kassenverwalterin Frau K. verletzt und

2. in den Jahren 2004 bis 2006 keine örtlichen Kassenprüfungen durchgeführt.

3. Er hat am 30. April 2008, dem letzten Tag seiner Amtszeit als erster Bürgermeister der Gemeinde E., einen am selben Tag per Telefax vom Architekturbüro Z. und R. zugesandtem Architekturvertrag unterzeichnet. Damit wurden bereits erbrachte planerische Leistungen des Büros für ein gemeindliches Gebäude geregelt. Bereits am 26. März 2008 war der Gemeinde dazu eine Teilschlussrechnung des Architekturbüros in Höhe von 30.173,14 € zugegangen. Ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats lag nicht vor.

4. Im Zuge des Ausbaus der Kreisstraße RO10 durch den Landkreis Rosenheim hat der Gemeinderat E. am 10. Oktober 2006 bzw. 7. November 2006 zwei Baumaßnahmen beschlossen, nämlich die bestehenden Gehwege an der S. Straße zu pflastern und ab dem Sportplatz bis zur Frühlingsstraße einen Gehweg neu zu bauen (Lückenschluss). Nach Beginn der Baumaßnahme wurde aufgrund mündlicher Absprachen mit dem Beklagten der Umfang der beschlossenen Baumaßnahmen erweitert. Für diese Änderungen hat die Fa. S. B. GmbH entsprechende Nachtragsangebote gestellt. Das eine Nachtragsangebot enthält einen Vermerk des Gemeindebeamten K. vom 13. Juli 2007, dass lt. Anordnung des Beklagten der Nachtrag genehmigt wird. Ein weiteres Nachtragsangebot vom 21. Juli 2007 der Fa. S. B. GmbH an die Gemeinde, eingegangen bei dieser am 27. Juli 2007, enthält den Vermerk „soll lt. Bgm. nicht in den GR. Wird in Absprache mit H. K. anders abgerechnet“.

Der Gemeinderat war mit der Angelegenheit nicht befasst.

5. In der Sitzung vom 16. November 2004 beschloss der Gemeinderat E., nach dem Jahr 2005 keine weiteren Konzerte im Rahmen des „Musiksommers zwischen Inn und Salzach“ durchzuführen, nachdem diese Konzerte in den letzten Jahren Defizite für die Gemeinde bis zu 4.000 € erbracht hatten. Entgegen dieser Grundsatzentscheidung des Gemeinderats schloss der Beklagte auch für die Jahre 2006 bis 2008 Verträge für die Durchführung von Veranstaltungen im Rahmen des „Musiksommers zwischen Inn und Salzach“ für die Gemeinde ab.

6. Der Beklagte hat am 30. April 2008, dem letzten Tag seiner Amtszeit als erster Bürgermeister der Gemeinde E., eine Honorarvereinbarung auf Stundenbasis mit den Architekten Z. und R. abgeschlossen. Die Architekten und ihre Mitarbeiter erhalten danach für Beratungen bei Gemeindevorhaben (Gebäude und Freianlagen) pro Stunde ein bestimmtes Honorar. Der Gemeinderat E. hat in seiner Sitzung vom 7. Oktober 2008 den Abschluss der Honorarvereinbarung auch nicht nachträglich genehmigt.

Die Vorwürfe sind im Einzelnen auf Seiten 8 bis 20 der Disziplinarklage vom 18. August 2009 (M 13 DK 09.3755) dargestellt.

III.

Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 22. November 2010 wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Kläger die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage beabsichtige. Mit Beschluss vom 24. Januar 2011 wurde das Verfahren ausgesetzt. Die am 28. September 2011 eingegangene Nachtragsdisziplinarklage zählt folgende - weitere - Vorwürfe als Dienstvergehen auf:

7. In nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats E. am 19. Juli 2005 berichtete der Beklagte dem Gemeinderat über das Angebot des Eigentümers zur Veräußerung des Grundstücks FlNr. 170/2 mit einer Fläche von 754 m² an die Gemeinde zu einem Preis von rund 11.000 €. Mit Beschluss vom selben Tag sprach sich der Gemeinderat für den Erwerb des angebotenen Grundstücks zu einem maximalen Preis von 10.000 € aus.

Am 26. Januar 2006 schloss der Beklagte als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde einen notariellen Kaufvertrag über dieses Grundstück ab. Abweichend vom Gemeinderatsbeschluss vereinbarte er jedoch einen Kaufpreis in Höhe von 11.000 €. Eine nachträgliche Genehmigung des Vertrags vom 26. Januar 2006 wurde mit Gemeinderatsbeschluss vom 19. Oktober 2010 verweigert.

8. Die Gemeinde E. stellte für den Ortsteil W. einen mittlerweile rechtskräftigen Bebauungsplan auf. Im Zuge des Aufstellungsverfahrens wurde mehrfach von Herrn Johann W. beantragt, auch Teile seiner Grundstücke mit einem Baurecht zu überplanen. Dies wurde jedoch vom Gemeinderat aus städtebaulichen Gründen abgelehnt.

Am 27. April 1995 schloss der Beklagte als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde E. mit Herrn J. W. eine Vereinbarung über die Gestattung für den Bau und Betrieb eines Schmutzwasserkanals auf dessen Grundstücken. Der Vereinbarung war eine weitere Vereinbarung vom selben Datum beigefügt, die in Nr. 4 folgendes regelte:

„Die Gemeinde verpflichtet sich, zukünftig und unbegrenzt von der Römerstraße bis zum jetzigen Ortseingang W. entlang der gesamten Länge des Kanals weder auf Nachbargrundstücken der Trasse noch an der Straße zwischen W. und W. mit Ausnahme W. irgendwelche dritte Anschlüsse zuzulassen und zu genehmigen. Auf den in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan wird Bezug genommen.“

Die Vereinbarung wurde vom Beklagten unterzeichnet. Unter seiner Unterschrift war ursprünglich handschriftlich vermerkt, nunmehr aber durchgestrichen:

„Hinsichtlich Ziff. 4 vorbehaltlich eines noch zu erwirkenden Gemeinderatsbeschlusses (Rest nicht lesbar)“,

In der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats E. vom 23. Mai 1995 gab der Beklagte die zusätzlich geschlossene Vereinbarung mit Herrn W. zur Kenntnis. Der Gemeinderat verweigerte die Genehmigung dieser Vereinbarung.

Mit notarieller Urkunde vom 19. Januar 2000 wurde der Gemeinde E., vertreten durch den Beklagten, dem Grundstückseigentümer W. eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit auf dem Grundstück FlNr. 1302 und 1306 der Gemarkung E. eingeräumt. Die Dienstbarkeitsbestellung traf unter Nr. III 3 folgende Regelung:

„Im Übrigen gelten hierfür die Vereinbarungen des Gestattungsvertrags und der zusätzlichen „Vereinbarung“ vom 27. April 1995, die dieser Urkunde beigefügt sind und weiterhin Gültigkeit zwischen dem Eigentümer und der Gemeinde E. haben.“

Der Beklagte machte die zusätzliche Vereinbarung vom 27. April 1995 zum Bestandteil der notariellen Urkunde vom 19. Januar 2000, obwohl er wusste, dass der Gemeinderat die Genehmigung dieser Vereinbarung verweigert hatte.“

Auch hier war der Beklagte zunächst vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage mit Schreiben vom 27. September 2011 abschließend angehört worden.

IV.

Der Beklagte wurde mit Berufungsurteil des Landgerichts Traunstein vom 26. März 2011 (Az: 7 Ns 540 Js 19969/08) wegen Verleitung einer Untergebenen zu einer Untreue gemäß §§ 357 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 70 € verurteilt.

Das Landgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

„I. Allgemeines

Die Gemeinde E. hat knapp 3.000 Einwohner und liegt im Landkreis Rosenheim. In der Gemeindeverwaltung sind mehrere Mitarbeiter beschäftigt, die aber größtenteils Teilzeit arbeiten. Im Jahr 2004 betrug die Summe 5,24 Vollzeitkräfte. Im Jahr 2000 schied die bisherige Kassenverwalterin W. aus familiären Gründen aus. Als ihre Nachfolgerin wurde die Zeugin K. ab dem 1. Mai 2000 mit einer Wochenarbeitszeit von 28 Stunden eingestellt. Sie war zuvor in der Kasse der Gemeinde Be. im gleichen Landkreis tätig. Das zunächst befristete Arbeitsverhältnis wurde immer verlängert, bis am 28. April 2006 ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden ab dem 1. Mai 2006 vereinbart wurde.

In der Gemeindeverwaltung war daneben noch der Zeuge P. als Kämmerer und stellvertretender Kassenverwalter tätig. Einen Beamten des gehobenen Verwaltungsdienstes gab es nicht, da der Angeklagte selbst die entsprechende Qualifikation hatte. Da ein Aufstieg für den Zeugen P. bei der Gemeinde E. nicht abzusehen war, wechselte er in die Gemeinde Ch. im Nachbarlandkreis T. und schied im Frühjahr 2006 aus. Sein Nachfolger wurde der Zeuge B. am 1. Juni 2006. Auch er war für die Aufgaben des Kämmerers zuständig und stellvertretender Kassenverwalter. Auf diesem Gebiet war er zuvor jedoch nie tätig gewesen. Seine Tätigkeiten bei anderen Gemeinden beschränkten sich auf die Verwaltungsangelegenheiten bzgl. ausländerrechtlicher Fragen. Dies war dem Angeklagten bekannt. Er erklärte jedoch dem Zeugen, dass dieser sich ja die entsprechenden Kenntnisse aneignen könne und außerdem noch der bisherige Kämmerer P.für Auskünfte zur Verfügung stehen würde.

Im Jahre 2004 fand eine überörtliche Kassenprüfung durch das Staatliche Rechnungsprüfungsamt in R. unter Beteiligung der Zeugen K., B. und H. statt. Dabei kam es zu zahlreichen Beanstandungen im Bereich der Kassenverwaltung, welche jedoch meist die Einhaltung von Formvorschriften betrafen, in ihrer Häufigkeit jedoch auffällig waren. Die Zeugin H. fertigte hierzu eine Liste an, in der sie die Auffälligkeiten aus einzelnen Jahren aufführte. Neben der Tatsache, dass in der Gemeinde E. die Anordnungsbefugnis für Zahlungsanweisungen nicht geregelt war, wurde auch moniert, dass sich der Angeklagte teilweise sogar Erstattungen an sich selbst angewiesen hatte. In Einzelfällen wurde aber auch gerügt, dass falsche Formulare verwandt worden waren und ähnliches. Die Mitarbeiter der Staatlichen Rechnungsprüfungsstelle fanden jedoch keine Hinweise dafür, dass die Zeugin K. Geld beiseite geschafft hätte. Die Beanstandungen waren Thema einer Schlussbesprechung, an der neben dem Angeklagten, die Kassenverwalterin und der Kämmerer teilnahmen. Der Angeklagte und die Zeugin K. versicherten, sich künftig an die Vorgaben zu halten. Deshalb wurde die Liste der Verstöße nicht in den offiziellen Schlussbericht aufgenommen.

II. Strafrechtlich relevantes Verhalten der Zeugin K.:

1.

Die finanzielle Lage der Zeugin K. verschlechterte sich ab dem Jahr 2005 drastisch. Der Angeklagte hatte ihr bis zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Vorschüsse bewilligt, deren Tilgung vom laufenden Gehalt sich immer weiter hinausschob.

In Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge:

Datum

Betrag

Ende Ratenzahlung

Zweck

23.1.2002

2.400,00 €

Januar 2003

Lehrgang

4.4.2003

2.400,00 €

April 2014

Möbelbeschaffung

28.11.2003

1.600,00 €

Dezember 2004

Kfz-Beschaffung

4.8.2004

1.700,00 €

August 2005

Kfz-Reparatur

4.4.2005

800,00 €

Januar 2006

Kfz-Reparatur

1.8.2005

1.700,00 €

September 2006

Umzug

Die Tilgungsrate wurde jeweils auf 200,00 € monatlich festgesetzt. Dies hatte zur Folge, dass die Vorschüsse gewährt wurden, als die Ratenzahlungen für die zuvor gewährten Vorschüsse nicht vollständig bezahlt wurden. Im Jahr 2005 hatte die Zeugin K. ein Jahresnettogehalt von 14.663,00 €, im Jahre 2006 von 17.055,44 €. Gleichzeitig hatte sie erhebliche Schulden aus einem mit dem mittlerweile geschiedenen Ehemann betriebenen Hausbau. Ihr Ehemann und sie konnten die Ratenzahlungen nicht pünktlich aufbringen. Wiederholt verhandelte die Zeugin K. mit dem Kreditsachbearbeiter der Bank, weil Raten nicht rechtzeitig bezahlt wurden und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen drohten. Auch durch einen Nebenjob als Zeitungsausträgerin konnte sie ihren finanziellen Verpflichtungen nicht ausreichend nachkommen. Ihr Girokonto befand sich ständig im Minus. Die Zeugin K. begann nun Bargeld aus der Kasse der Gemeinde E. zu entnehmen. Da sich in der Kasse in der Regel nur Beträge von mehreren hundert bis dreitausend Euro befanden, musste sie Bargeld aus laufenden Einnahmen entnehmen und diese Einnahmen nicht verbuchen. Andernfalls wäre es sofort aufgefallen, dass zwischen dem im EDV-System durch die Buchungen errechneten Kassenbestand und dem tatsächlichen Kassenbestand ein deutliches Defizit bestand. Bei der Gemeinde E. bestanden hierzu mehrere Möglichkeiten. Insbesondere wurden die Mieten für zwei gemeindliche Wohnungen von den Mietern bzw. deren Beauftragten jeweils in bar bei der Gemeinde einbezahlt. Ebenso konnten die Bürger im Wertstoffhof Kompost erwerben gegen Barzahlung. Schließlich gab es für die Zeugin K. auch die Möglichkeit, Bargeld zur Seite zu schaffen, das die Gemeindemitarbeiter des Bauhofs aus einem Parkautomaten entleert hatten. Dieser stand auf einem öffentlichen Parkplatz im Bereich des Hartsees, wobei besonders in den Sommermonaten einiges an Bargeld in Münzen zusammenkam. Hier musste die Kassenverwalterin nur einen Betrag der Kasse in Scheinen entnehmen, der in etwa dem entsprach, was an Münzgeld geliefert wurde. Das Münzgeld konnte sie dann bei der Bank einzahlen. Wenn sie die Verbuchung dieses Betrags in der Kasse unterließ, war das Geld sozusagen für sie zur Entnahme frei.

Auf diese Weise verursachte die Kassenverwalterin K. im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 ein Defizit in der Barkasse in Höhe von 6.999,95 €, in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 9.787,95 € und vom 1. Januar 2007 bis 9. Oktober 2007 in Höhe von 16.659,14 €.

Die Zeugin K. vertuschte die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Einnahmen und dem Kassenbestand dadurch, dass sie auch die einfachste Buchung (z.B. die monatlichen Einnahmen aus der Miete der Gemeindewohnungen) nicht im System eingab. Es wurde allenfalls eine Liste mit sogenannten „Schwebeposten“ geführt, die sie nebenbei führte, ohne jedoch für eine zeitnahe Aufarbeitung dieser Schwebeposten zu sorgen. Bereits im Jahre 2006 wurde dem Angeklagten und dem Kämmerer P bewusst, dass die Kassenverwalterin ihre Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllte. Der Zeuge P. konnte vor seinem Ausscheiden im Jahr 2006 schon nicht mehr die Jahresabschlüsse 2005 fertigen, weil die Kassenverwalterin nicht die nötigen Einzelbuchungen fertiggestellt hatte. Der Zeuge P. versuchte gemeinsam mit der Kassenverwalterin (mit der er bis dahin noch ein Liebesverhältnis hatte), die Arbeitsrückstände aufzuarbeiten, was ihm jedoch bis zum April 2006 nicht mehr gelang. Davon hatte auch der Angeklagte Kenntnis. Er hatte bereits aus nicht mehr feststellbaren Gründen in den Jahren 2004 und 2005 darauf verzichtet, eine nach § 3 Abs. 3 KommPrV erforderliche unvermutete örtliche Kassenprüfung vorzunehmen. Nunmehr wollte er im Oktober 2006 eine solche unvermutete örtliche Kassenprüfung vornehmen. Obwohl er im Juni 2006 seinerseits ein Liebesverhältnis mit der Kassenverwalterin begonnen hatte, sah er keinen Anlass, sich gemäß Art. 21 BayVwVfG dieser Amtshandlung zu enthalten. Der Angeklagte stellte nach kurzer Zeit fest, dass die Kassenprüfung nicht möglich war, weil die Kassenverwaltung erhebliche Arbeitsrückstände aufwies. Nicht ausschließbar war der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt aber noch im Glauben, dass die Zeugin K. bis dahin kein Geld entnommen hatte. Der Angeklagte forderte die Zeugin nur mündlich auf, Arbeitsrückstände aufzuarbeiten. Er unterließ es im Folgenden aber, die Aufarbeitung zu kontrollieren und Fristen für die Erledigung zu setzen. Die Zeugin K. konnte daher im Folgenden weiterhin aus den laufenden Einnahmen Geld für sich behalten und durch Nichtbuchung den Fehlbetrag verschleiern.

Die Kassenverwalterin war sich ihrer besonderen Stellung als derzeitige Lebensgefährtin des 1. Bürgermeisters durchaus bewusst und spielte dies auch gegenüber den Mitarbeiterinnen aus. Sie war seit 7. November 2006 in der Wohnung des Angeklagten gemeldet und erschien teilweise mit ihm gemeinsam zur Arbeit. Häufiger war sie jedoch nicht pünktlich an der Arbeitsstelle. Die für sie geltenden Kernzeiten von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr hielt sie nicht ein. Sie erschien teilweise deutlich später und an einigen Tagen auch überhaupt nicht, wobei sie dann nachträglich Urlaub genehmigen ließ. Bei der Gemeindeverwaltung E. waren diese „Spontanurlaube“ schon zum geflügelten Wort geworden. Ende des Jahres 2006 begannen sich die Kollegen der Kassenverwalterin über diese beim Bürgermeister zu beschweren. Insbesondere die Zeugin W. brachte vor, dass die Zeugin K. während der Dienstzeiten sich nicht im Bereich der Kassenräume aufhielt, sondern in der Teeküche, wo sie mit dem Angeklagten oder einer befreundeten Reinigungskraft dem Alkohol zusprach. Dies hatte zur Folge, dass die Mitarbeiter des Bürgeramtes Gebühren von Gemeindebürgern entgegennahmen, ohne dass eine Quittung ausgestellt wurde. Bargeld musste dann der Kassenverwalterin übergeben werden, wenn sie wieder in den Räumen der Kasse anzutreffen war. Beschwerden der Mitarbeiter wimmelte der Angeklagte jedoch ab. Sie mussten außerdem erleben, dass sie anschließend von der Lebensgefährtin des Angeklagten massiv angegangen wurden. Es entstand allgemein der Eindruck, dass Beschwerden über die Kassenverwalterin wenig sinnvoll seien, weil der Angeklagte sie decken würde.

Dies bestärkte die Zeugin K. in ihrem Glauben, dass sie relativ gefahrlos Geld beiseiteschaffen konnte. Zudem begann sie ab dem Ende des Jahres 2006 vermehrt Alkohol zu trinken. Insbesondere bediente sie sich aus den Beständen der Gemeinde E., die für Hochzeitsfeiern italienischen Schaumwein und Kräuterlikör als Gastgeschenk bereithielt („Chiemseer Kräuterlikör“). Auch Hinweise der Mitarbeiter über den Alkoholkonsum wimmelte der Angeklagte zunächst ab.

Unter dem 19. April 2007 fertigte der Angeklagte immerhin ein Schreiben aus, in dem der Kassenverwalterin arbeitsrechtliche Konsequenzen angekündigt wurden, wenn sie wiederum am Arbeitsplatz Alkohol konsumieren würde. In dem Schreiben wurde sie auch aufgefordert, die Tagesabschlüsse für das Haushaltsjahr 2006 und 2007 ordnungsgemäß zu erstellen. […]

2. Im Frühjahr 2007 verschärfte sich die finanzielle Lage der Kassenverwalterin weiterhin. Rechtsanwalt Dr. W. erwirkte für den Gläubiger St. (vormaliger Vermieter der Kassenverwalterin in ihrer Wohnung in P) einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über einen Betrag von 1.317,36 €, der der Gemeinde E. - vertreten durch den Beamten K. - am 5. März 2007 zugestellt wurde. Gehaltsforderungen der Kassenverwalterin wurden damit gepfändet. Darüber informierte die Personalsachbearbeiterin E. den Angeklagten noch im März. Die Zeugin K. erreichte, dass diese Forderung beglichen wurde durch die Sparkasse, was dem Angeklagten ebenfalls zur Kenntnis gebracht wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch schon der Zeuge B. als stellvertretender Kassenverwalter über die Zeugin K. beim Angeklagten beklagt und ihn darauf hingewiesen, dass durch die zahlreichen unerledigten Buchungen von Bareinnahmen eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Barkassenbestand und dem sich durch die ausstehenden Nachbuchungen ergebenden Kassensollbestand bestand. In der Gemeindeverwaltung gab es zu diesem Zeitpunkt schon niemanden mehr, der die Vertretung der Kassenverwaltung übernehmen wollte. Die Zeugin K. achtete sehr darauf, dass auch ihr Stellvertreter B. keinen näheren Zugriff auf die Kasse hatte. Sie begann den Kassenschlüssel, der zuvor im Tresor der Gemeinde aufbewahrt wurde, an sich zu nehmen, auch wenn sie abwesend war. Am 30. April 2007 (ein sogenannter Brückentag) waren sowohl der stellvertretende Kassenleiter B. als auch die Auszubildende Leppelt (die Kenntnisse in der Kassenverwaltung erworben hatte) im Urlaub. Die Kassenverwalterin K. war zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krankgeschrieben. Es ergab sich daher die Notwendigkeit, den an diesen Tag erfahrungsgemäß erhöhten Besucherverkehr auch in der Kassenverwaltung abzuwickeln. Es war Geld entgegenzunehmen. Die Zeugin B1. aus dem Bürgerbüro war zur Vertretung in der Kasse nur bereit, wenn sie eine sogenannte Handkasse zur Verfügung erhielt, ohne mit der eigentlichen Kasse vollständig betraut zu sein. Aufgrund der ihr bekannten chaotischen Zustände in der Kasse der Gemeinde wollte sie die Verantwortung nicht weitergehend übernehmen. Am 2. Mai 2007 kehrte der Zeuge B. zurück und stellte gemeinsam mit der Zeugin L. fest, dass aus der Kasse bei sorgfältiger Abrechnung selbst über das Wochenende 150,00 € fehlten. Die Zeugin K. hatte am Wochenende trotz ihrer Krankheit die Kassenräume betreten und 150,00 € entnommen. Dies gab sie anschließend auch gegenüber der Zeugin L. zu und meinte noch, dass sie dringend das Geld benötigt habe. Sie habe einen Zettel hingelegt. Diese Angabe entsprach jedoch nicht der Wahrheit.

3.

Der Zeuge B. begann nunmehr, sich die unerledigten Buchungen genauer anzuschauen und stellte nach kurzer Zeit fest, dass es sich um erhebliche Beträge handelte. Während der krankheitsbedingten Abwesenheit der Zeugin K. Anfang Mai 2007 wollte er die Abrechnung für das 1. Quartal des Wertstoffhofes erstellen. Da er keine Einbuchungen im Sachbuch feststellen konnte, suchte er diese auf dem Schreibtisch der Kasse. In einer schwarzen Mappe sowie in Ablagen fand er die Originalkostenverzeichnisse sowie weitere etliche Einzahlungsbestätigungen. Als Kostenverzeichnisse wurde bei der Gemeinde E. Listen bezeichnet, in denen fortlaufende Einnahmen von Kleinbeträgen listenmäßig erfasst und dann gesammelt als Einnahme gebucht wurden. Dadurch wurde vermieden, dass auch solche Kleinbeträge täglich zu verbuchen waren. Diese Kostenverzeichnisse durften aber nicht zeitlich unbegrenzt geführt werden, sondern mussten ebenfalls zeitnah gebucht werden. Dies hatte die Zeugin K. aber unterlassen. Nach kurzer Überprüfung stellte der Zeuge fest, dass die Masse der aufgefundenen Unterlagen in der Kasse zwar bar eingenommen, jedoch nicht verbucht wurden. Der Zeuge fand allein hier Kostenverzeichnisse für den Wertstoffhof über 2.533,00 € und 1.321,50 €, den Weihnachtsmarkt über 1.403,00 € und den Musiksommer 2006 über 1.701,00 €. Daneben fanden sich mehrere Einzahlungsquittungen und Kostenverzeichnisse ebenfalls in der Mappe der Kassenverwaltung, die bisher nicht eingebucht wurden. Der Zeuge stellte fest, dass schon allein durch die oben genannten Positionen der Bestand der Barkasse sich dementsprechend erhöhen würde. Der Bestand war jedoch in der Barkasse nicht enthalten und konnte auch durch Einzahlungsbelege etwa bei der Bank nicht nachgewiesen werden. Eine Nachschau auf den Kontoauszügen hatte ergeben, dass die bisherigen Bareinzahlungen auf der Bank auch mit der Zahlwegsberichtigung und somit Entlastung der Barkasse durchgeführt wurden. Der Tagesabschluss am 8. Mai 2007 hätte einen Barsollbestand von 4.638,47 € ergeben. Tatsächlich seien in der Kasse nur 1.363,34 € auch unter Berücksichtigung bereits rückständiger Quittungen vorhanden gewesen. Der Zeuge errechnete einen Tagesabschluss der Barkasse von ca. 10.000,00 €, der zu erwarten sei. Daraus ergibt sich ein Kassenfehlbetrag von 7.500,00 € bis 8.000,00 €. Die Tendenz sei wahrscheinlich steigend. Eine genaue Höhe könne erst nach absoluter Aufarbeitung der Rückstände genannt werden. Dies teilte der Zeuge dem Angeklagten mündlich nur wenige Tage nach dem 10. Mai 2007 mit. Auch die Feststellung der Zeugin L., dass die Kassenleiterin 150,00 € am Wochenende entnommen hatte, teilte B. dem Angeklagten mit. Er informierte auch den Zeugen K., einen leitenden Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung. Der Zeuge K. konnte das Vorbringen des Zeugen B. nachvollziehen und sprach seinerseits den Angeklagten auf diese Kassenrückstände an. Ihm war jedenfalls schon Anfang des Jahres 2007 aufgefallen, dass es in der Kasse erhebliche Arbeitsrückstände gab, ohne dass er zunächst von einem Fehlbetrag ausging.

Der Angeklagte erkannte nunmehr, dass hier nicht nur Arbeitsrückstände und Schlampereien vorlagen, sondern dass seine derzeitige Lebenspartnerin ein erhebliches Defizit in der Kasse verursacht hatte. Er wusste zudem, dass sie in erheblichem Umfang dem Alkohol zusprach und dies auch am Arbeitsplatz tat, weswegen er sie ja unter dem 19. April 2007 abgemahnt hatte. Diese schriftliche Abmahnung wurde ihr jedoch erst am 16. Mai 2007 vom Angeklagten ausgehändigt. Deswegen händigte er ihr am 18. Mai 2007 eine Abmahnung vom gleichen Tag aus, in der sie aufgefordert wurde, Rückstände in der Kassenverwaltung unverzüglich aufzuarbeiten. Sie solle die Tagesabschlüsse für das Haushaltsjahr 2006 und 2007 ordnungsgemäß erstellen.

Was in diesen Tagen mündlich zwischen dem Angeklagten und der Zeugin K. besprochen wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden. Jedenfalls äußerte der Angeklagte nach dem 18. Mai 2007 gegenüber den Zeugen K. und B., dass er das Ganze überprüft habe. Es sei allenfalls eine Differenz von 3,46 € in der Kasse festzustellen. Es habe sich alles geklärt. Dies konnten weder der Zeuge B. noch der Zeuge K. nachvollziehen. Der Zeuge B. suchte in der Folgezeit ein Gespräch mit dem Leiter der für E. zuständigen Polizeiinspektion P-, Herrn EKHK K1. Der Zeuge K1. war dem Zeugen B. aus früherer Zeit dienstlich bekannt. Der Zeuge B. war in Amberg für Ausländerangelegenheiten zuständig, wo zur gleichen Zeit damals der Polizeibeamte K1 tätig war. Private Beziehungen gab es jedoch zwischen diesen beiden Zeugen nicht. Der Zeuge B. wollte keine offizielle Anzeige erstatten, zumal er wusste, dass der geschäftsleitende Beamte der Polizeiinspektion Prien ein Parteifreund des Angeklagten war. Er schilderte dem Zeugen K1 die von ihm gemachten Feststellungen. Der Zeuge K1 riet dem Zeugen B., dem Angeklagten schriftlich die Vorhaltungen zu machen. Auch solle er darauf bestehen, dass eine Überprüfung der Kasse zeitnah stattfinden solle. Der Zeuge K. sah zunächst aufgrund der ihm nicht näher bekannten Abläufe in der Kasse keine Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten. Er wollte das Ergebnis der Überprüfungen abwarten.

Der Zeuge B. fertigte deshalb einen Aktenvermerk, in dem er die oben geschilderten Punkte schriftlich niederlegte und händigte dies dem Angeklagten am 10. Juni 2007 aus. Der Angeklagte unternahm daraufhin nichts. Der Zeuge K. fertigte ebenfalls unter dem 15. Juni 2007 einen Vermerk, in dem er noch einmal ausführlich die Gespräche mit dem Angeklagten wiedergab. Er wies den Angeklagten im Juni 2006 ausdrücklich auf die Vorschrift des Art. 103 GO hin. Der Angeklagte bestätigte dem Zeugen K., dass ihm diese Vorschrift bekannt sei. Er habe der Zeugin K. eine Frist von zwei Wochen zur Erledigung der noch unerledigten Vorgänge gesetzt. Schriftliche Abmahnungen und zeitnahe Kontrollen der Erledigung oder ähnliches führte der Angeklagte jedoch nicht durch.

Der Angeklagte verzichtete vielmehr in der Folgezeit ab 11. Juli 2007 sogar vollständig auf die Abzeichnung der Tagesabschlüsse. Dies begründete er gegenüber dem Zeugen K. damit, dass er nicht etwas abzeichne, was sowieso nicht stimme. Gleichwohl beließ er die Zeugin K. auf ihrem Posten.

Der Angeklagte rechnete spätestens seit Beginn Mai 2007 und dem Vorhalt durch den Zeugen B. damit, dass die Zeugin K. Geld aus der Kasse entnahm. Er erkannte auch, dass er als Dienstvorgesetzter der Zeugin nunmehr spätestens jetzt hätte aktiv werden müssen und sie von ihren Pflichten unverzüglich entbinden hätte müssen. Der Angeklagte erkannte aber auch, dass dies für seine eigenen politischen Ambitionen sehr abträglich sein könnte. Er wusste, dass eine untreue Kassenverwalterin, mit der er ein Liebesverhältnis und die er über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr nicht ausreichend überwacht hatte, seine politischen Ambitionen gefährden würden. Er versuchte deshalb auf Zeit zuspielen und ließ die Zeugin gewähren. Er rechnete damit, dass sie auch weiterhin Geld entnehmen würde. Er sah jedoch für sich keine ungefährliche Möglichkeit, die Angelegenheit zu beenden. Er hoffte, dass er die Sache nach einiger Zeit mit einem Auflösungsvertrag aus der Welt würde schaffen können.

Das Nichtstun des Angeklagten hatte zur Folge, dass die Zeugin K. sich relativ sicher fühlte und weiterhin Bargeldbeträge entgegennahm und diese nicht verbuchte, sondern für sich verbrauchte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Alkoholkonsum der Zeugin erheblich zugenommen. Sie war am 27. und 28. Juni 2007 jeweils betrunken in der Arbeit erschienen, was der Zeuge K. dem Angeklagten mitteilte. Dieser forderte die Zeugin jedoch nur auf, einen Nachweis über eine therapeutische Behandlung zur Lösung ihres Alkoholproblems beizubringen.

Der Angeklagte beließ die Zeugin gleichwohl auf ihrem Arbeitsplatz.

Dies ermöglichte der Zeugin folgende Straftaten vorzubringen:

a. Konzert (Fall 3):

Mittels Auszahlungsquittung vom 28. Juni 2007 über einen Betrag von 600,00 € entnahm die Angeklagte aus der Barkasse einen Betrag von 600,00 €, von dem 400,00 € als Gage für einen Musiker eines Konzerts und 200,00 € als Wechselgeld vorgesehen waren. Das Wechselgeld in Höhe von 200,00 € leitete die Angeklagte K. nicht an die Zeugin B2, welche für die Durchführung des Konzerts zuständig war, weiter, sondern behielt und verbrauchte das Geld für sich.

b. Miete der Mieterin L1 (Fall 14):

Die Mieten für die gemeindeeigene Wohnung in der O. Straße 3, die von der Mieterin L1 bewohnt wurde, wurden monatlich in Höhe von 413,02 € bei der Gemeindekasse bar einbezahlt. Die Kassenverwalterin K. behielt die von ihr am 4. Juni 2007, 9. Juli 2007 und 6. August 2007 jeweils kassierten Wohnungsmieten für sich oder entnahm diese in die Gemeindekasse bar einbezahlten Mietbeträge von monatlich 413,02 € aus der Barkasse der Gemeinde. Insgesamt behielt oder entnahm die Kassenverwalterin K. in diesem Fall also 1.239,06 € (dreimal 413,02 €). Dieses Geld hat sich die Kassenverwalterin K., wie sie wusste, rechtswidrig zugeeignet.

c. Miete der Mieter Sch. (Fall 15):

Die Mieten für die gemeindeeigene Wohnung in der O. Straße 9, die von der Familie Sch. gemietet war, wurden monatlich in Höhe von mindestens 500,00 € bar bei der Gemeindekasse einbezahlt. Die Kassenverwalterin K. behielt den von ihr in diesem Zusammenhang am 6. Juli 2007 kassierten Bargeldbetrag von 612,00 € sowie den von ihr in diesem Zusammenhang am 10. September 2007 kassierten Bargeldbetrag von 500,00 € für sich oder entnahm diesen Betrag jeweils aus der Gemeindekasse, um sich diesen Betrag jeweils rechtswidrig zuzueignen.

Insgesamt hat die Kassenverwalterin K. insoweit 1.112,00 € entnommen oder behalten.

d. Parkscheinautomat (Fall 17):

Am 22. Juni 2007 zahlte der Zeuge G. bei der Gemeindekasse 978,40 € bar ein. Es handelte sich um Einnahmen aus Leerungen der Parkscheinautomaten am Hartsee. Die Kassenverwalterin nahm diesen Bargeldbetrag entgegen und behielt ihn für sich oder entnahm ihn der Barkasse, um das Geld für sich zu behalten. Zur Verdeckung dieser Unterschlagung unterließ die Kassenverwalterin K. die Verbuchung dieser Einnahme.

e. Motorradtreffen (Fall 18):

Am 23. Juli 2007 wurde von einem Gemeindebediensteten die für ein Motorradtreffen vereinnahmten Veranstaltungsgebühren in Höhe von 67,00 € bei der Gemeindekasse einbezahlt. Die Kassenverwalterin nahm diese Barzahlung entgegen und behielt das Geld für sich oder entnahm es anschließend der Gemeindekasse. Zur Verdeckung dieser Unterschlagung unterließ die Kassenverwalterin die Verbuchung dieser Einzahlung.

Die Summe errechnet sich wie folgt:

Summe 3.596,46

Der Angeklagte sprach der Zeugin K. am 31. Juli 2007 die Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist aus, mit Rücksicht auf die minderjährige Tochter. Grund sei, dass sich die Zeugin am 17. Juli vormittags und am 24. und 31. Juli 2007 nachmittags ohne Absprache mit dem Angeklagten frei genommen hatte, obwohl wieder ein starker Anstieg der Fehlzeiten zu verzeichnen sei. Auch sei sie am 30. und 31. Juli 2007 alkoholisiert gewesen. Der Angeklagte hielt in einem Vermerk am 17. August 2007 fest, dass die Notwendigkeit einer Alkoholentziehungskur bestehe und die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten nicht zu erwarten sei. Auch seien die Jahresabschlüsse für das Haushaltsjahr 2006 und 2007 noch nicht ordnungsgemäß erstellt. Eine Fortsetzung der Arbeit sei nicht möglich. Der Angeklagte hielt in dem Vermerk weiter fest, dass gerade in der Funktion als Kassenleiterin der Gemeinde mit doch erheblicher Außenwirkung es für den Arbeitgeber nicht zumutbar sei, sich Schadensersatzansprüchen oder strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen. Um einen eventuellen langwierigen und kostspieligen Gerichtsprozess zu vermeiden, vereinbarte der Angeklagten dann einen Aufhebungsvertrag im gegenseitigen Einverständnis zum 31. Oktober 2007. Diesen Aufhebungsvertrag hat die Zeugin K. am 6. August 2007 unterzeichnet. Auch all dies war für den Angeklagten jedoch kein Anlass, die Zeugin von ihren Aufgaben als Kassenverwalterin zu suspendieren.

4.

Der Angeklagte wollte dann die Zeugin W. wieder als Kassenverwalterin gewinnen. Diese war hierzu auch bereit, bestand aber auf einer unabhängigen Kassenprüfung. Ihr waren die Rückstände der Kasse schon seit längerem bekannt. Der Angeklagte nahm daher in der 2. Augusthälfte mit der Zeugin S. Kontakt auf und vereinbarte eine solche Kassenprüfung für September 2007. Die Zeugin S. war früher selbst in der Kassenverwaltung bei Gemeinden tätig und hatte sich mittlerweile selbständig gemacht. Sie bereitete die Kassenprüfungen der Kommunen durch überörtliche Prüfungsstellen auf Honorarbasis vor. Die Zeugin S. begann am 18. und 19. September 2007 eine Kassenprüfung im Auftrag des Angeklagten. Sie prüfte zunächst die Kassen des Schulverbandes, für die die Zeugin K. ebenfalls verantwortlich war. Sie stellte fest, dass Buchungen nicht zeitnah erfolgten und teilweise Belege fehlten, fand jedoch keine Hinweise für Geldentnahmen. Am 19. September 2007 um 10.30 Uhr prüfte die Zeugin S. mit dem Zeugen K. und der Zeugin K. den Kassenbarbestand. In der Kasse befanden sich 209,54 €. Laut Tagesabschluss vom 18. September 2007 sollte der Bestand 30.391,28 € betragen. Sie stellte eine Differenz von 30.181,84 € fest. Dies teilte sie dem Angeklagten am 20. September 2007 unter Aushändigung eines schriftlichen Vermerks mit. Außerdem äußerte sie gegenüber dem Angeklagten den Verdacht, dass die Zeugung K. ein Alkoholproblem habe. Dies sei ihr Eindruck sofort gewesen, da sie diesbezüglich auch schon in ihrem Umfeld Erfahrungen gemacht habe. Der Angeklagte tat ganz erstaunt und meinte, dass ihm das auch schon Mal ein Mitarbeiter berichtet habe, er habe dies aber nicht glauben können. Die von ihm ausgesprochenen Abmahnungen und bekannten Vorgänge verschwieg er der Zeugin S. gegenüber. Die Zeugin S. versuchte dann im weiteren Verlauf am 2. und 4. Oktober mit der Zeugin W. die Kassendifferenz aufzuklären. Es war jedoch aufgrund der zahlreichen „Schwebeposten“ nicht möglich, ein zuverlässiges Bild zu gewinnen. Der Zeugin fiel jedoch gleich auf, dass die Zeugin K. einen Betrag von über 17.000,00 € für Tilgung von Krediten und Zinszahlungen auf die Barkasse als Ausgabe gebucht hatte, kurz bevor die Zeugin S. zur Kassenprüfung erschienen war. Für die Zeugin S. war sofort klar, dass die Zeugin K. hier versucht hatte, den Barkassenbestand herunterzurechnen mit Buchungen, die nicht den Zahlungsweg Barkasse betrafen. Derartige Zahlungen wurden immer über die Bankkonten der Gemeinde erledigt.

Die Zeugin S. empfahl dem Angeklagten, die überörtliche Rechnungsprüfung durch das Staatliche Rechnungsprüfungsamt des Landratsamts Rosenheim einzuschalten. Außerdem teilte sie ihm mit, dass von einer ordnungsgemäßen Buchführung nicht gesprochen werden könne. Der Angeklagte wurde dann aktiv und schaltete den Zeugen K. von der Staatlichen Rechnungsprüfungsstelle ein. Dieser erschien dann am 8. Oktober 2007 bei der Gemeinde E. mit Mitarbeitern. Am 9. Oktober 2007 untersagte der 2. Bürgermeister der Gemeinde E., der Zeuge O., den Zeugen K. und B. das Tätigen von Kassengeschäften. Die Zeuginnen E. und W. wurden zu Kassenverwalterinnen ernannt. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte Anlass gesehen, sich weiterer Tätigkeiten zu enthalten.“

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 22. April 2013 (Az. 4 StRR 53/13) als unbegründet verworfen.

V.

Das Verwaltungsgericht erkannte mit Urteil vom 10. September 2013 auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts. Der disziplinarrechtlichen Beurteilung könnten die im Tatbestand unter 1. bis 8. aufgeführten Dienstpflichtverletzungen zugrunde gelegt werden. Für die unter 1. und 2. genannten Sachverhalte gelte gemäß Art. 55, 25 BayDG die Bindungswirkung des rechtskräftigen Strafurteils vom 26. März 2012. Die Sachverhalte unter Nrn. 3 bis 8 seien durch Urkunden belegt und vom Beklagten eingeräumt worden. Das innerdienstliche Verhalten des Beklagten stelle eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung dar. Er habe die Gesetze nicht beachtet. Dies gelte sowohl für die Strafgesetze als auch für die Gemeindeordnung und die hierzu ergangenen Vorschriften. Der Beklagte sei seiner Vorbildfunktion als erster Bürgermeister und Repräsentant der Gemeinde nicht gerecht geworden. Bürgermeister in Bayern würden von den wahlberechtigten Gemeindebürgern direkt und als Person gewählt. Sie könnten nicht abgewählt werden. Sie erhielten von ihren Wählern einen persönlichen Vertrauensvorschuss. Die Bürger verließen sich darauf, dass sich ihr Repräsentant nicht nur für die Entwicklung der Gemeinde engagiere, sondern auch seine Kernpflichten in der Verwaltung erfülle. Dies gelte hier umso mehr, als der Beklagte über eine einschlägige Ausbildung bzw. Qualifikation (Studium an der Beamtenfachhochschule) verfügt habe. Gerade deswegen habe man in der Gemeinde auf die Ernennung eines gehobenen Beamten als Geschäftsleiter verzichtet. Umso mehr wäre es Aufgabe des Beklagten gewesen, auf ordnungsgemäße Abläufe in der Gemeindeverwaltung zu achten. Hinzu komme, dass bereits die überörtliche Kassenprüfung im Jahr 2004 gewisse Missstände bei der Kassenverwaltung festgestellt habe. Seit 2005 hätten sich Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung über die Kassenverwalterin beschwert und den Beklagten auf die Zustände im Bereich der Kassenverwaltung hingewiesen. Gleichwohl habe sich der Beklagte nicht veranlasst gesehen, den Hinweisen nachzugehen und seiner Pflicht, die Kasse zu prüfen, nachzukommen. Es sei dem Beklagten zumutbar gewesen, angesichts der ihm bekannten Missstände eine externe Kassenprüfung zu veranlassen. Schwerwiegend sei auch, dass sich der Beklagte über Beschlüsse des Gemeinderats hinweggesetzt habe oder eigenmächtig Verpflichtungen zu Lasten der Gemeinde eingegangen sei. Die Aufgabenverteilung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister habe dem Beklagten aufgrund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsleiter vertraut sein müssen. Er habe nicht gegen bzw. ohne den Gemeinderat handeln dürfen - und zwar auch dann nicht, wenn er Entscheidungen des Gemeinderats hierfür nicht richtig bzw. zielführend erachtet habe. Trotz der starken Stellung, die die Bayerische Gemeindeordnung dem Bürgermeister zuweise, könne und dürfe er nicht schalten und walten, wie er es persönlich für richtig halte. Das Gericht habe den Eindruck, dass der Beklagte nach wie vor wenig Einsicht in die Notwendigkeit einer geordneten Verwaltung zeige. Ebenso wenig messe er der Verteilung der Aufgaben, wie sie die Bayerische Gemeindeordnung vorsehe, große Bedeutung zu. Der Beklagte sehe sich als „Manager“ der Gemeinde, den „kleine Geister“ und „bürokratische Hürden“ daran hinderten, seine Vision zum Nutzen der Gemeinde zu verwirklichen. Das Gericht sei daher bei der Bewertung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Allgemeinheit und der Dienstherr dem Beklagten endgültig kein Vertrauen mehr entgegenbringen könnten. Es sei daher nicht gerechtfertigt, den Beklagten lebenslang zu alimentieren. Gemäß Art. 14 Abs. 2 BayDG sei dem Beklagten daher das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Beklagte wendet sich mit einer Berufung gegen das Urteil und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Disziplinarklage (einschließlich der Nachtragsdisziplinarklage) abzuweisen, hilfsweise auf eine minderschwere Disziplinarmaßnahme als die Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.

Er stellt die Bindungswirkung des Urteils des Landgerichts Traustein vom 26. März 2012 in Abrede und wendet sich gegen eine Übernahme der Feststellungen des Urteils des Landgerichts Traunstein auch für das Disziplinarverfahren. Er begehrt weitere Beweiserhebungen. Er rügt, das Verwaltungsgericht habe auf einer „nicht wirksamen und nachweisbar verhandelten Sachverhaltsgrundlage“ entschieden. Nach den Feststellungen des Strafgerichts hätte der Beklagte nämlich erst ab Mai 2007 erkennen können, dass Kassendefizite durch Manipulationen der Kassenverwalterin verursacht worden seien. Dennoch habe das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung eine nicht ordnungsgemäße Kassenaufsicht und eine Verletzung der Dienstaufsicht gegenüber der Kassenverwalterin K. zur Last gelegt. Er rügt, dass das Verwaltungsgericht nicht auf relevante Einzelheiten im Verteidigungsvorbringen des Beklagten eingegangen sei. Wenn überhaupt könne man den Entscheidungsgründen nur entnehmen, dass die in seinem Fachhochschulstudium erworbene Qualifikation dem Beamten als erhöhte Kompetenz zur Aufgabenerfüllung der Beachtung ordnungsgemäßer Abläufe in der Gemeindeverwaltung angerechnet werde. Der Beklagte habe sich aber im behördlichen und gerichtlichen Verfahren selber nie auf die Entschuldigung zurückgezogen, er sei nicht qualifiziert. Er habe den richtigen Zeitpunkt für die Versetzung der Kassenverwalterin auf einen anderen Posten versäumt. Das Verwaltungsgericht habe eine herausragende Besonderheit des Einzelfalls nicht gewürdigt, nämlich dass in der gesamten Verwaltung der Gemeinde E. kein einziger Bediensteter in der Lage und vor allem auch nicht bereit gewesen sei, den Posten der Kassenverwalterin einzunehmen. Er rügt, dass im angefochtenen Urteil nirgends die vom ihm im September 2007 veranlasste Beauftragung der externen Sachverständigen für örtliche Prüfungen, Frau S., mit der Prüfung der Gemeindekasse erwähnt oder gar bei der Zumessung der Disziplinarmaßnahme gewürdigt worden sei. Allerdings habe der Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht angenommen, dass Kassendefizite durch Unterschleif der Kassenverwalterin K. entstanden seien. Veruntreuungen durch die Kassenverwalterin K. bei der Barkasse seien für den Beklagten aus der Entwicklung der Kontostände bei den Tagesabschlüssen bis Mitte September 2007 nicht erkennbar gewesen.

Die Entscheidungsgründe ließen nicht erkennen, dass sich das Verwaltungsgericht mit den Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts befasst habe. Ebenso wenig ergebe sich, mit welchen Erwägungen auch unter Berücksichtigung der Gesamtsituation des Beklagten in Gegenwart und Zukunft und seiner Dienste für die Gemeinde und die Öffentlichkeit als Verwaltungsbeamter und erster Bürgermeister die abgeurteilte Disziplinarmaßnahme gerecht und angemessen sei. Das Urteil erwecke den (unzutreffenden) Anschein, dass ein nicht unerheblicher finanzieller Schaden durch Manipulationen der Kassenverwalterin K. dem Beklagten zuzurechnen sei.

Der Beklagte vertiefte sein Vorbringen mit Schriftsätzen vom 29. August 2014, 9. September 2014, 18. September 2014, 24. Oktober 2014, 5. Dezember 2014 und 22. Januar 2015.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 21. Dezember 2016 mündlich zur Sache verhandelt.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Traunstein sowie die Disziplinarakten und Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt (Art. 13 BayDG).

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.) Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach Art. 6 BayDG richtet sich bei einem Verhalten, das gleichzeitig eine Straftat und ein Dienstvergehen darstellt, nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.1). Ein Beamter, der seinen Amtspflichten (hier: Kassenprüfung und Dienstaufsicht) nicht nachkommt, die Entscheidungsbefugnis des Gemeinderats grob missachtet und insbesondere Straftaten im Amt begeht, macht sich untragbar. In diesem Fall ist die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafdrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.2). Die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.3). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass dem Beklagten wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit das Ruhegehalt abzuerkennen ist (2.4).

1. Der Senat legt seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde, der Gegenstand der Disziplinarklage und Nachtragsdisziplinarklage des Klägers ist.

1.1 Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt (Ziff. 1 und 2 der Disziplinarklage) umfasst die Handlungen, die dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26. März 2011 zugrunde liegen. Dieser Sachverhalt steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 HS. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Da die Bindungswirkung lediglich „denselben Sachverhalt“, nicht aber die rechtliche Bewertung dieses Sachverhalts betrifft, geht der Hinweis des Beklagten auf Art. 58 Abs. 2 Satz 1 BayDG ins Leere. Nach dieser Bestimmung reicht die Bindung des Gerichts an das Klagebegehren im Sinne des § 88 VwGO nur soweit, als im Rahmen der Klageschrift oder der Nachtragsdisziplinarklage durch die Darstellung der Handlungen der Verfahrensstoff als solcher durch die klagende Disziplinarbehörde festgelegt wird (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: Aug. 2016, Art. 58 Rn. 16). Das Gericht bestimmt die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß Art. 14 BayDG, ohne an die Wertungen und den Sachantrag des klagenden Dienstherrn gebunden zu sein (vgl. BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06 - juris Rn. 11). Vor diesem Hintergrund musste der Verstoß gegen § 357 Abs. 1 StGB nicht explizit als Dienstvergehen qualifiziert und in die Disziplinarklageschrift aufgenommen werden.

Der Bindung nach Art. 25 Abs. 1 BayDG unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestands wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U.v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

1.1.1 Aufgrund des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 26. März 2011 steht fest, dass der Beklagte der Verleitung einer Untergebenen zu einer Untreue gemäß §§ 357 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB schuldig ist. Er hätte jedenfalls ab Mai 2007 weitere Straftaten der Kassenverwalterin verhindern können und müssen und hat dies vorsätzlich unterlassen. Bereits die überörtliche Kassenprüfung für den Zeitraum 1997 bis 2003 im Jahre 2004 ergab Hinweise auf nachlässiges Arbeiten der Kassenverwalterin, auch wenn es sich nur um Formalitäten handelte. Der Beklagte hatte entgegen gesetzlicher Bestimmungen (§ 3 Abs. 1 KommPrV) 2004 und 2005 keine unvermuteten örtlichen Kassenprüfungen durchgeführt. Im Herbst 2006 hatte der Beklagte festgestellt, dass keine Kassenprüfung möglich ist. Er hatte zwar die Kassenprüfung im Monat Oktober 2006 eingeleitet, dann aber unterbrochen, weil er feststellen musste, dass nicht alle Buchungen zeitnah vorgenommen worden waren und sich eine erhöhte Anzahl sog. Schwebeposten gezeigt hatte. Das Landgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, dass er in diesem Zeitpunkt noch von Arbeitsrückständen und Schlampereien der Kassenverwalterin ausgegangen ist. Dem Beklagten war jedoch bewusst, dass er der Kassenverwalterin wiederholt Zuschüsse gewährt hatte, obwohl vorangegangene Vorschüsse noch nicht getilgt waren. Das ist ein eindeutiger Hinweis auf finanzielle Nöte. Weiter war dem Beklagten bekannt, dass im März 2007 der Gemeinde bereits ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden war. Die Kassenverwalterin hatte zwar eine Zahlung der Bank auf diese Schuld erreicht. Gleichwohl musste dies ein weiteres Alarmzeichen für den Beklagten sein, zumal in den Verwaltungsvorschriften zu § 43 KommHV-Kameralistik unter Ziff. 3 ausgeführt ist, dass in der Kasse nur zuverlässige Bedienstete mit ausreichender Vorbildung beschäftigt werden, deren wirtschaftliche Verhältnisse geordnet sind. In dieser Situation kam der Kämmerer B. zu dem Beklagten und legte ihm ausführlich dar, dass der Kassensollbestand um ein Vielfaches höher ist als der tatsächliche Kassenbestand. Darüber hinaus wusste der Beklagte spätestens zu diesem Zeitpunkt, dass es bei der Kassenverwalterin ein massives Alkoholproblem gab. In Kenntnis all dieser Umstände hätte der Beklagte den Sachverhalt vollständig und umfassend aufklären müssen. Eine Kontrolle der Kassenverwalterin fand jedoch weiterhin nicht statt. Der Beklagte erwog noch nicht einmal, sie von ihrem Posten abzusetzen. Ab 11. Juli 2007 verzichtete der Beklagte auf die Tagesabschlüsse, weil er nicht etwas unterschreiben wolle, „was eh nicht stimme“. Gleichwohl sah er keinen Anlass, die Kassenverwalterin von ihren Aufgaben auch nur teilweise zu entbinden oder ihr einen Kontrolleur zur Seite zu stellen. Die Kassenverwalterin hat in dem Zeitraum ab Mai 2007 in fünf Fällen, die im Sachverhalt des Strafurteils näher ausgeführt sind, Untreue im Form des Treuebruchtatbestands begangen und dadurch der Gemeinde einen Schaden in Höhe von 3.596,46 € zugefügt. Diese Untreue hat der Beklagte im Sinne des § 357 StGB geschehen lassen.

1.1.2 Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 25 Abs. i.V.m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i.S.d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind (vgl. BayVGH, U.v 21.1.2015 - 16a D 13.1904 - juris Rn. 60 m.w.N). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt allerdings noch nicht vor, wenn ein anderer Tathergang oder eine andere Erklärung für das Tatgeschehen möglich oder wahrscheinlich ist. Die Disziplinargerichte dürfen insoweit die eigene Beweiswürdigung nicht an die Stelle derjenigen der Strafgerichte setzen (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30; U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103; OVG NW, U.v. 27.3.2013 - 3d A 2363/09.O - juris Rn. 31 m.w.N.). Ein Lösungsbeschluss kommt ferner in Betracht, wenn neue Beweismittel - z.B. neue Sachverständigengutachten oder neue Zeugenaussagen - zur Verfügung stehen, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen die strafgerichtlichen Feststellungen offenbar unrichtig sind oder jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (vgl. OVG NW, U.v. 27.3.2013 a.a.O. Rn. 40 m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze fehlen im vorliegenden Verfahren der Sache nach die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Lösungsbeschlusses durch den erkennenden Senat.

Valide Anhaltspunkte dafür, dass das Strafurteil des Landgerichts Traunstein auf einer Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften beruht, werden von dem Beklagten nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich, zumal das Oberlandesgericht München die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein durch Beschluss vom 22. April 2013 als unbegründet verworfen hat. Auch für eine offensichtliche Unrichtigkeit des Strafurteils bestehen keine Anhaltspunkte. Es ist nichts dafür ersichtlich oder seitens des Beklagten dafür vorgetragen worden, dass die strafgerichtlichen Feststellungen auf einer gegen Denkgesetze oder Erfahrungswerte verstoßenden Beweiswürdigung beruhen oder dass das Urteil auf nicht zum Straftatbestand gehörende oder unschlüssige Feststellungen gestützt ist. Das Landgericht hat seine tatsächlichen Feststellungen insbesondere auf die von ihm als glaubhaft eingestuften Aussagen der Zeugen W., E., D. und B. gestützt. Die Disziplinargerichte dürfen - wie bereits oben ausgeführt - ihre eigene Beweiswürdigung nicht an die Stelle derjenigen des Strafgerichts setzen. Aber auch unabhängig davon ergeben sich im Hinblick auf die Bewertung der einzelnen Aussagen durch das Landgericht keine offenkundigen Unstimmigkeiten. Substantiierte rechtliche Beanstandungen (BVerwG, B.v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6) hat der Beklagte diesbezüglich nicht vorgetragen:

a. Dem Landgericht Traunstein sind hinsichtlich des Tatvorwurfs „Parkscheinautomat“ keine Denkfehler unterlaufen, insbesondere hat es nicht angenommen, Bareinnahmen seien stets auf dem Zahlungsweg 02 Barkasse zu buchen. Die insoweit vom Beklagten als Beleg für einen Denkfehler genannte Passage des strafgerichtlichen Urteils bezieht sich nicht auf die Bareinnahmen aus dem Parkscheinautomaten, sondern auf Einnahmen aus dem Wertstoffhof. Die dortige Aussage „Das Bargeld war ja in der Gemeindekasse eingegangen und musste deshalb in der Barkasse auch gebucht werden“ kann nicht generalisierend auf alle Bareinzahlungen übertragen werden. Der Sachverständige Prof. Dr. L. hat in seinem - im strafgerichtlichen Verfahren erstellten - Gutachten festgestellt, dass die Leerungen des Parkscheinautomaten bis auf die Einzahlung vom 22. Juni 2007 in Höhe von 978,40 € vollständig auf den Bankkonten nachvollziehbar gewesen seien. Eine Einzahlung auf das gemeindliche Konto sei nicht erfolgt. Damit sind auch die Feststellungen des Landgerichts Traunstein in Einklang zu bringen, das ausgeführt hat, die Kassenverwalterin habe den Bargeldbetrag entgegen genommen und ihn für sich behalten bzw. ihn der Barkasse entnommen.

b. Soweit der Beklagte schriftsätzlich vorgetragen hat, dass fehlerhafte bzw. doppelte Buchungen zu dem festgestellten Kassendefizit geführt haben könnten, legt er bereits deshalb keinen offenkundigen Fehler im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung dar, weil allein die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen ganz oder teilweise anders gewesen sein könnte, für einen Lösungsbeschluss nicht ausreicht (vgl. VGH BW, U.v. 15.12.2015 - DB 13 S 1634/15 - juris Rn. 33).

c. Gleiches gilt für den Versuch des Beklagten, wie bereits im Strafverfahren, zu suggerieren, dass es zu einer Nichtbuchung von Auszahlungsbelegen gekommen sein könne und deshalb das Defizit weitaus geringer sei. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des Landgerichts Traunstein (Bl. 25 f. des Urteilsabdrucks). Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die Aussagen der sowohl im Straf- als auch im hiesigen Berufungsverfahren genannten Zeuginnen einige Auffälligkeiten aufwiesen, wobei der Verdacht bestanden habe, dass die Zeuginnen in ihrer Aussage vom Beklagten beeinflusst worden waren. Diese tatrichterliche Einschätzung verstößt nicht gegen Denkgesetze. Eine offenkundige Unrichtigkeit des Urteils des Landgerichts Traunstein ist damit nicht zu erkennen.

1.2 Die sonstigen unter Ziff. 3 bis 8 der Disziplinarklage und Nachtragsdisziplinarklage aufgeführten Sachverhalte (Verstöße gegen die Zuständigkeiten der Gemeindeordnung) wurden in dem Berufungsverfahren bis auf die Ziff. 4 der Disziplinarklage (Ausbau der Kreisstraße RO10) eingeräumt. Hier sei die Sache eilbedürftig gewesen, sodass es eines Gemeinderatsbeschlusses nicht bedurft habe.

Der Senat geht auch hinsichtlich der Ziff. 4 der Disziplinarklage von einem Dienstvergehen aus. Bei der Genehmigung der Nachtragsangebote durch den Beklagten handelte es sich nicht um dringliche Anordnungen i.S.d. Art. 37 Abs. 3 GO. Voraussetzung hierfür wäre gewesen, dass die Entscheidung über die Annahme des Nachtragsangebots so dringlich und eilbedürftig gewesen wäre, dass bei einer Einschaltung des Gemeinderats unter Beachtung der Ladungsfrist die dabei eintretende Verzögerung zu einer Schädigung der gemeindlichen Interessen oder Nachteilen für die Allgemeinheit oder Einzelner geführt hätte. Das Landratsamt Rosenheim ist im Rahmen seiner kommunalaufsichtlichen Überprüfung nach Durchsicht der Unterlagen davon ausgegangen, dass dies nicht der Fall war. Der Beklagte trägt vor, dies sei nur eine Mutmaßung. Er habe die Straßenbaumaßnahme wegen der Verkehrsbedeutung möglichst zügig abschließen wollen. Eine Befassung des Gemeinderats hätte unweigerlich zu einer Verzögerung der Straßenfertigstellung geführt. Damit kann er keine Dringlichkeit im Sinne des Art. 37 Abs. 3 GO darlegen. Zum einem kommt es für die Dringlichkeit nicht auf die subjektive Auffassung des ersten Bürgermeisters an, sondern auf die objektive Sachlage (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Mai 2016, Art. 37 Rn. 12), zum anderen berührt die (behauptete) Bauverzögerung objektiv betrachtet weder gemeindliche Interessen noch lässt sie Nachteile für die Allgemeinheit oder Einzelner befürchten, auch wenn es ärgerlich sein mag, wenn sich Baumaßnahmen länger als notwendig hinziehen. Eine dingliche Anordnung vermag dies jedenfalls nicht zu rechtfertigen.

Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass der Beklagte nicht - wie behauptet - eine dringliche Anordnung treffen wollte, sondern den Gemeinderat bewusst umgehen wollte. Anders ist der Vermerk auf dem Nachtragsangebot der Fa. S. GmbH vom 21. Juli 2007 („Soll lt. Bgm. nicht in den GR. Wird in Absprache mit H. K. anders abgerechnet“) nicht zu erklären, zumal der Beklagte dem Gemeinderat auch nicht in der nächsten Sitzung Kenntnis von seiner Maßnahme gegeben hat. Eine entsprechende Verpflichtung ist jedoch in Art. 37 Abs. 3 Satz 2 GO geregelt. Hier wurden erst im Zuge der Abrechnung der Baumaßnahme die Nachtragsangebote bekannt, der Gemeinderat wurde erstmal im Juli 2008 mit der Angelegenheit konfrontiert.

1.3 Die Verfehlungen des Beklagten stellen ein einheitliches Dienstvergehen dar (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2000 - 1 DB 20.99 - juris). Sie stehen in einem inneren und äußeren Zusammenhang, nämlich einer vorschriftswidrigen Ausübung des Bürgermeisteramtes. Sein Verhalten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein funktionaler Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 11 m.w.N.).

Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (KWBG) in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie § 33 Abs. 1 Satz 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i.V.m. §§ 357 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB) und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Art. 35 Abs. 1 Satz 3 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie § 34 Satz 3 BeamtStG).

2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG und der dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelung des Disziplinargesetzes des Bundes ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfall in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 12 m.w.N.).

Das Ruhegehalt ist abzuerkennen, wenn der Beamte als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahmen nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 12/13).

2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten nunmehr auf den Strafrahmen zurück und folgt damit der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254; B.v. 05.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 14).

Vorliegend stellen die dienstpflichtverletzenden Handlungen, welche auch dem Urteil des Landgerichts Traunstein zugrunde lagen - hier die Verleitung einer Untergebenen zu einer Untreue -, die schwerste Dienstpflichtverletzung dar (vgl. BayVGH, U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris: Bestimmung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme nach der schwersten Verfehlung). Dies ergibt sich schon daraus, dass für die Straftat nach §§ 357 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB ein Strafrahmen bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe besteht. Damit bewegt sich die Strafandrohung weit über dem mittelschweren Bereich (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2015 - 2 WD 15/14 - juris Rn. 51). Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es bis zu zehn Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6/14 - juris Rn. 20).

2.2 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 14 BayDG führt zur Aberkennung des Ruhegehalts, weil der Beklagte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG).

Gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG wird einem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn er, wäre er noch im Dienst, aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Für Ruhestandsbeamte, die ein Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 2 BeamtStG begangen haben, gelten für diese Dienstvergehen dieselben Maßstäbe wie für aktive Beamte. Der Eintritt in den Ruhestand ist daher kein Grund, unabhängig davon, ob er in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren steht, die Dienstvergehen anders zu beurteilen (vgl. Findeisen, Bayerisches Disziplinargesetz, Stand Juni 2010, Art. 14 Anm. 3; zur gleichlautenden Bundesregelung: Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Stand 2015, § 13 Rn. 136).

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat eine Untergebene zu einer Straftat verleitet, indem er - jedenfalls ab Mai 2007 - die Kassenverwalterin K. nicht ausreichend kontrolliert bzw. die zu diesem Zeitpunkt zwingend gebotene Entfernung der Kassenverwalterin aus dem operativen Kassengeschäft unterlassen hat. Dadurch konnte die Kassenverwalterin in der Zeit von Mai 2007 bis zu ihrer Suspendierung am 9. Oktober 2007 insgesamt 3.596,46 € aus der Gemeindekasse entnehmen und für sich behalten.

Dieses Dienstvergehen hat erhebliches Gewicht. Der Beklagte hat im Kernbereich seiner Pflichten versagt: Obwohl seine Verpflichtung zur Kassen- und Dienstaufsicht letztlich der Verhinderung von Untreuehandlungen dient, hat er solche geduldet. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte hinsichtlich der Ziff. 3, 4, 6 und 7 der (Nachtrags-)Disziplinarklage ohne den erforderlichen Gemeinderatsbeschluss Verpflichtungen zu Lasten der Gemeinde einging bzw. sich hinsichtlich der Ziff. 5 und 8 mit seinem Handeln über entgegenstehende Beschlüsse des Gemeinderats E. hinweggesetzt hat, was beispielsweise hinsichtlich der Ziff. 4 der Disziplinarklage zu erheblichen Mehrkosten für die Gemeinde (ca. 23.000 €) führte. Mit der vorsätzlichen Missachtung kommunalrechtlicher Bestimmungen hat der Beklagte seine aus der Stellung als erster Bürgermeister resultierenden Kernpflichten gegenüber der Gemeinde verletzt (vgl. SächsOVG, U.v. 7.3.2014 - D 6 A 555/10 - juris Rn. 88; BayVGH, U.v. 13.7.2011 a.a.O. Rn. 132). Hinzu kommt, dass der Beklagte als erster Bürgermeister der Gemeinde eine besondere Vertrauensstellung innehatte, in der er versagt hat (BayVGH, U.v. 1.6.2005 - 16a D 04.3502 - juris Rn. 58). Ein erster Bürgermeister als kommunaler Wahlbeamter besitzt in seiner Gemeinde weitreichende Befugnisse. Dem stehen hohe Anforderungen an seine Führungsfähigkeiten und seine persönliche Integrität gegenüber. In der Gemeindeverwaltung hat er Vorbildfunktion für nachgeordnete Bedienstete. Außerdem steht er als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung der Gemeindebürger. Sein Fehlverhalten ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen (BayVGH, U.v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 48).

Hinzu kommen die dem Beklagten aufgrund der Rechtsstellung eines Bürgermeisters als Beamter auf Zeit (Art. 34 Abs. 2 Satz 2 GO) obliegenden besonderen Amtspflichten. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Da die Selbstverwaltung aber nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet ist, hat der Bürgermeister die rechtlichen Grenzen der Selbstverwaltung, also die Gesetzesbindung zu beachten. Die Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) legt ihm dabei besondere Pflichten auf. Er ist zur Wahrung der Rechtmäßigkeit nicht nur in den Bereichen verpflichtet, für die er gemäß Art. 37 GO originär zuständig ist, also bei der Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung, dem Treffen dringlicher Anordnungen und dem Besorgen unaufschiebbarer Geschäfte, der ihm sonst durch Rechtsvorschrift oder vom Gemeinderat übertragenen Aufgaben und Weisungsaufgaben, sondern hat darüber hinaus auch über die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Gemeinderats zu wachen (Art. 59 Abs. 2 GO). Zu berücksichtigen ist auch der beamtenrechtliche Pflichtenkatalog nach Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG in der Fassung bis zum 31. März 2009, Art. 34 Abs. 1 Satz 2 KWBG in der Fassung bis zum 31. Juli 2012, wonach der beamtete Bürgermeister stets dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet ist.

Hieraus ergibt sich, dass die strikte Beachtung der Gesetze wesentlicher Bestandteil der beamtenrechtlichen Kernpflicht des Bürgermeisters ist. Eine besondere Vorbildfunktion kommt dem Bürgermeister auch dadurch zu, dass er gemäß Art. 38 Abs. 1 GO die Gemeinde nach außen vertritt und nach Art. 37 Abs. 3 GO die Dienstaufsicht über die Beamten und Arbeitnehmer der Gemeinde führt. Angesichts dieser Pflichtenstellung eines Bürgermeisters erschüttert die Begehung einer vorsätzlichen innerdienstlichen Straftat das Vertrauen der Mitarbeiter, der Gemeinderäte, der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörden in erheblichem Maße.

Schwerwiegend ist auch, dass sich der Beklagte über Beschlüsse des Gemeinderates hinweggesetzt hat oder eigenmächtig Verpflichtungen zu Lasten der Gemeinde eingegangen ist. Die Aufgabenverteilung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister musste dem Beklagten aufgrund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsleiter vertraut sein. Er durfte nicht gegen bzw. ohne den Gemeinderat handeln und zwar auch dann nicht, wenn er Entscheidungen des Gemeinderats für nicht richtig bzw. für nicht zielführend erachtete. Trotz der starken Stellung, die die Bayerische Gemeindeordnung dem Bürgermeister zuweist, kann und darf er nicht schalten und walten, wie er es persönlich für richtig hält.

Die objektive Feststellung des endgültigen Vertrauensverlustes, die sich am Strafrahmen orientiert, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte als Gemeinderatsmitglied in E. bis zum Ablauf der Wahlperiode 2014 und mit seiner Tätigkeit als Geschäftsstellenleiter bei der Gemeinde E. im Landkreis D. weiterhin öffentliche Ämter bekleidete. Der Beklagte meint, dies zeige zumindest, dass ein endgültiger Vertrauensverlust der Allgemeinheit in Bezug auf die Person des Beklagten bei Tätigkeiten im „hoheitlichen Bereich“ nicht eingetreten sei. Dies führt inides zu keiner anderen Beurteilung, weil sich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit ausschließlich nach objektiven Bemessungsgesichtspunkten beantwortet.

2.3 Anhaltspunkte für die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe liegen nicht vor. Auch die Würdigung der dienstlichen Leistungen des Beklagten führt nicht dazu, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Der Beklagte ist zwar weder disziplinarrechtlich noch (bis auf die ihm vorliegend zur Last gelegten Verurteilungen) strafrechtlich vorbelastet und ist auch seinen übrigen Dienstpflichten beanstandungsfrei nachgekommen. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen aber regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 23.1.2013 - 2 B 63.12 – juris 13).

Ein Absehen von der Höchstmaßnahme ist auch nicht deshalb möglich, weil sich der Beklagte in seiner Amtszeit Verdienste um die Gemeinde erworben hat und durch Gewerbeflächen- und Baulandausweisungen die Grundlage für bleibend hohe Gewerbesteuereinnahmen gelegt hat. Auch ein überdurchschnittliches Engagement als erster Bürgermeister kann die zu Lasten der Gemeinde begangene Verleitung einer Untergebenen zur Untreue, bei der es sich um einen gravierenden Pflichtverstoß handelt, nicht ungeschehen machen (BVerwG, B.v. 5.4.2013 – 2 B 79.11 – juris Rn. 27).

2.4 Art. 14 Abs. 1 BayDG sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und von dem Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 37).

2.4.1 Es ergeben sich keine Milderungsgründe aus dem Vortrag, der Beklagte habe dem Kämmerer und stellvertretenden Kassenverwalter B. aus Gutmütigkeit viel Zeit zur Einarbeitung gelassen, dass der Beklagte nicht im Stand gewesen wäre, bestehende Rückstände in der Buchhaltung von der Kassenverwalterin aufarbeiten zu lassen und dass kein einziger Bediensteter willens gewesen wäre, den Posten der Kassenverwalterin einzunehmen. All dies ändert nichts am Vorwurf, dass der Beklagte seine ihm originär obliegenden Pflichten zur Kassenprüfung und zur Dienstaufsicht gegenüber der Kassenverwalterin nicht wahrgenommen hat. Nicht in einem milderen Licht erscheint die Dienstpflichtverletzung auch angesichts der Tatsache, dass der Beklagte schließlich durch die Beauftragung der externen Sachverständigen im September 2007 versucht hat, seinen Pflichten doch noch nachzukommen. Die lange Zeit der Pflichtverletzung (die mit dem Unterlassen der örtlichen Kassenprüfung 2004 begann) wird dadurch weder aufgewogen, noch ungeschehen gemacht. Unmaßgeblich ist auch, ob die Veruntreuungen durch die Kassenverwalterin bei den Tagesabschlüssen erkennbar gewesen wären. Bei korrekter Ausübung der Kassenaufsicht und der Kassenprüfungen wären die Fehlbeträge vermeidbar bzw. erkennbar gewesen. Auch die externe Sachverständige hat die Kassenfehlbeträge bei der Durchführung der örtlichen Kassenprüfung erkannt.

Ein Milderungsgrund ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte auf die Auskunft der Kassenverwalterin vertraute, dass es einer örtlichen Prüfung des Jahres 2004 nicht bedürfe, weil bereits eine überörtliche Prüfung der Jahresrechnung durchgeführt worden sei. Der erste Bürgermeister durfte sich hinsichtlich offener Fragen seiner originären Zuständigkeit zur Kassenprüfung nicht auf die zu prüfende untergebene Kassenverwalterin verlassen, zumal der Beklagte aufgrund seiner Ausbildung diese Frage auch in eigener Verantwortung hätte klären können.

Auch aus der vom Beklagten behaupteten Entlastung durch den Finanzausschuss der Gemeinde E. nach Art. 102 Abs. 3 Satz 1 GO ergibt sich kein Milderungsgrund, weil Fragen der disziplinarrechtlichen Verfolgung etwaiger Pflichtwidrigkeiten oder der strafrechtlichen Konsequenzen ersichtlich außerhalb des vom Gesetz auf das Haushaltsrecht bezogenen Entscheidungsrahmens liegen (vgl. BayVGH, U.v. 11.1.1984 - 4 B 81 A.2021 - BeckRS 1984, 4123).

2.4.2 Der Beklagte erklärt die Verträge mit den Architekten Z. und R. (Ziff. 3 und 6 der Disziplinarklage) damit, dass eine Sachlage vorgelegen habe, wie sie häufig im kommunalen Alltag anzutreffen sei: Die langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einem bestimmten Planer führe dazu, dass Architekturleistungen auch ohne schriftliche Beauftragung durch die Kommune erbracht worden seien. So auch hier. In der Praxis führe dieser Umstand bei Beendigung der Aufträge oder sich ändernder politischer Konstellationen nicht selten zu Auseinandersetzungen zwischen Planer und Kommune über die Höhe der zu honorierenden Architektenleistungen. Dem Beklagten sei auch aus diesem Grund daran gelegen gewesen, die aufwändigen Planungen der Architekten auch zu vergüten. Der Beklagte habe zwar den Vertrag unterzeichnet, ohne zuvor mit dem Gemeinderat zu sprechen. Der Vertrag habe jedoch nur Leistungen abdecken sollen, die mit Wissen und Wollen des Gemeinderats erbracht worden seien. Es sei nur um Architekturleistungen gegangen, die zur auftragsgemäßen Bauantragstellung erforderlich gewesen seien. Ziel des Beklagten sei es gewesen, künftig Unklarheiten bei der Inanspruchnahme des Architekturbüros abzuwenden; die geforderten Stundensätze seien keineswegs unangemessen gewesen.

Der Gemeinderat hat die nachträgliche Genehmigung der Verträge versagt. Ob dies „rechtlichen bzw. nachvollziehbaren Gründen“ oder der „causa B.“ geschuldet war, wie der Beklagte meint, kann dahin gestellt bleiben. Aus der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Gemeinderats vom 17. Juni 2008 ist jedenfalls ersichtlich, dass ursprünglich seitens der Architekten zugesagt worden sei, „die entsprechenden Arbeiten erst bei der Durchführung der Sanierungsarbeiten [Anm.: des Gastberger Hauses] in Rechnung zu stellen“, was zur Versagung der nachträglichen Genehmigung des Architektenvertrages, der nur Teilleistungen zum Gegenstand hatte, führte. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, das Architekturbüro habe keine Zahlungsklage erhoben, weshalb der Gemeinde kein Schaden entstanden sei.

Einen Milderungsgrund kann der Senat insoweit nicht erkennen. Das Motiv des Beklagten, bereits mit Wissen und Wollen des Gemeinderats erbrachte Leistungen zu honorieren, ist für sich genommen nachvollziehbar. Gleichwohl kann es nicht den Verstoß gegen kommunalrechtliche Vorschriften entschuldigen bzw. den Verstoß hiergegen mildern. Es bestand keinerlei Notwendigkeit, am letzten Tag seiner Amtszeit den per Telefax übersandten Vertrag zu unterschreiben. Dies gilt insbesondere für die für die Zukunft wirkende Honorarvereinbarung. Der Beklagte wollte künftig „Unklarheiten bei der Inanspruchnahme des Architekturbüros“ abwenden. Damit hat er in erster Linie als Interessenwalter des Architekturbüros gehandelt. Zur Frage, ob und zu welchen Konditionen die Architekturleistungen honoriert werden, war allein der Gemeinderat berufen. Der Umstand, dass das Architekturbüro bislang davon abgesehen hat, die Architekturleistungen (vgl. Teilschlussrechnung in Höhe von 30.173,14 €) einzuklagen, vermag auch keinen Milderungsgrund darzustellen. Dem Umstand, dass der Beklagte eventuell als vollmachtloser Vertreter für die Erfüllung der vertraglich begründeten Honorarforderung bzw. auf Schadensersatz an die Architekten haftet, misst der Senat keine entscheidende Bedeutung zu, zumal der Bundesgerichtshof zu erkennen gegeben hat, dass nach seiner Auffassung dem ersten Bürgermeister durch Art. 38 Abs. 1 GO eine umfassende Vertretungsmacht im Außenverhältnis eingeräumt wird, mit der Folge, dass die Gemeinde durch seine Erklärungen grundsätzlich auch dann verpflichtet wird, wenn es an einem erforderlichen Beschluss der Gemeindevertretung fehlt (vgl. B.v. 18.3.2016 - V ZR 266/14 - juris).

Der Beklagte behauptet, der Gemeinderat habe seine Zustimmung nur deshalb versagt, weil der Beklagte im Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung über die nachträgliche Zustimmung zu diesem Rechtsgeschäft am 17. Juni 2008 politisch eine „persona non grata“ gewesen ist. Es könne im Ergebnis nicht angehen, dass ein rechtlich fragwürdiges und objektiv unvernünftiges, also im Grund willkürliches „Nein“ des Gemeinderats zu einem Architektenvertrag dem Beklagten als schwerer Verstoß gegen kommunalrechtliche Bestimmungen vorgeworfen werde.

Auch unter diesem Gesichtspunkt ist ein durchgreifender Milderungsgrund nicht zu erkennen. Selbst wenn man in der vom Beklagten reklamierten nachträglichen Genehmigungsfähigkeit einen Milderungsgrund sehen wollte, hat dieser jedenfalls kein entscheidendes Gewicht. Denn eine nachträgliche Genehmigung betrifft in erster Linie den privatrechtlichen Vertrag und dessen Wirksamkeit (sofern es hierauf überhaupt ankommt: vgl. BGH, B.v. 18.3.2016 - V ZR 266/14 - juris) und „heilt“ bzw. relativiert nicht den kommunalrechtlichen Verstoß.

Soweit der Beklagte vorträgt, auch die die Verweigerung der Stundensätze hinsichtlich des Vorwurfs Ziff. 6 der Disziplinarklage (Honorarvereinbarung) durch den Gemeinderat sei nicht nachvollziehbar, erkennt der Senat keinen Milderungsgrund. Nicht der Beklagte als erster Bürgermeister beurteilt, ob die Honorarvereinbarung angemessen war, sondern der Gemeinderat. Dass der Beklagte im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht die Vorstellung hatte, der Gemeinderat könnte seine nachträgliche Zustimmung ernsthaft verweigern, ist ohne Belang.

2.4.3 Hinsichtlich der Ziff. 4 der Disziplinarklage („Nachtragsarbeiten für die Erneuerung der Gehwege entlang der RO 10“) hat der Beklagte - so seine Einlassung im Berufungsverfahren - die Nachtragsangebote deshalb nicht dem Gemeinderat vorgelegt, weil er von der faktischen Ermächtigung für seine Handlungsweise überzeugt gewesen sei. Dem Sitzungsprotokoll vom 10. Oktober 2006 sei leider nicht zu entnehmen, dass es Wille des Gemeinderats gewesen sei, für das Gehwegpflaster - wie in E. üblich - ein höherwertiges Material (Pflaster mit Vorsatzbeton) und bereichsweise Klinker zu verwenden, was auch aus der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Gemeinderats vom 15. Juli 2008 deutlich geworden sei. Gleichwohl hätte der Beklagte die Nachtragsangebote nicht ohne Zustimmung des Gemeinderats annehmen dürfen. Die Mehrkosten aufgrund der Nachtragsangebote beliefen sich auf ca. 23.000 €. Aus der vorbezeichneten Niederschrift ergibt sich, dass der Gemeinderat „durchaus auch eine andere Entscheidung hätte treffen können, wenn die höhere Summe bekannt gegeben worden wäre“. Der Beklagte hat durch seine möglicherweise in gutem Glauben, aber eigenmächtig getroffenen Entscheidung, dem Gemeinderat die Möglichkeit genommen, sich zwischen der „Sparvariante“ und den Mehrkosten für eine optisch gefälligere Lösung zu entscheiden. Das stand ihm nicht zu. Gegen die Annahme eines Milderungsgrundes für die vom Beklagten angenommene „faktische Ermächtigung“ spricht schließlich auch, dass aus dem Vermerk auf dem Nachtragsangebot vom 21. Juli 2007 („Soll lt. Bgm. nicht in den GR. Wird in Absprache mit H. K. anders abgerechnet.“) zu schließen ist, dass dem Beklagten das Risiko einer Befassung des Gemeinderats mit der Angelegenheit sehr wohl bewusst war. Anders ist der Vermerk, dessen Richtigkeit vom Beklagten nicht in Frage gestellt worden ist, nicht zu erklären.

Der Hinweis des Beklagten schließlich, es werde in der kommunalen Praxis nach Möglichkeit vermeiden, kurzfristig außerordentliche Gemeinderatssitzungen einzuberufen, vermag ebenfalls keine Milderung zu rechtfertigen. Eine entsprechende Praxis könnte die kommunalrechtlichen Vorschriften über die unterschiedlichen Organkompetenzen nicht außer Kraft setzen. Die aus den Nachtragsangeboten resultierenden Kosten mögen mittelweile bezahlt worden sein, was sich jedoch nicht mildernd auswirkt.

2.4.4 (Zur Ziff. 5 der Disziplinarklage:) Der Gemeinderat der Gemeinde E. hat im November 2004 beschlossen, keine weiteren Konzerte im Rahmen des Musiksommers nach dem Jahr 2005 durchzuführen. Der Beklagte meint, er habe diesen Beschluss nicht vollziehen müssen, weil er inhaltlich nicht rechtmäßig gewesen sei, da ihm damit eine vom Gemeinderat zugewiesene (kostenmäßig begrenzte) Kompetenz mittelbar entzogen worden sei. Im Übrigen habe er die Veranstaltung auch deshalb trotz des Gemeinderatsbeschlusses durchführen dürfen, weil durch vorher verbindlich gesicherte Sponsorenzuwendungen kein Defizit habe entstehen können. Der Beklagte habe mit seinem Verhalten nicht vorsätzlich einen beschlussmäßig gefassten Willen des Gemeinderats missachten wollen, sondern habe eine legale Möglichkeit für die Abhaltung solcher Konzerte gesehen, die er als angemessene Förderung des Tourismus und der kulturellen Angebote der Gemeinde E. eingestuft habe.

Dieser Vortrag kann sich bereits deshalb nicht mildernd auswirken, weil der Beklagte eigenmächtig den entgegenstehenden Gemeinderatsbeschluss verworfen hat, anstatt sich der kommunalrechtlich vorgegebenen Klaviatur zu bedienen. Die ggf. in der Geschäftsordnung des Gemeinderats enthaltene Richtlinie einer Wertgrenze machte die fraglichen Konzerte nicht zur laufenden Angelegenheit (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 37 GO Rn. 8 f.). Der erste Bürgermeister ist verpflichtet, Beschlüsse des Gemeinderats zu vollziehen (Art. 36 Satz 1 GO). Wenn der Beklagte der Auffassung gewesen wäre, der Gemeinderat habe aufgrund einer unzutreffenden Tatsachengrundlage entschieden, hätte er nach entsprechender Sachaufklärung eine erneute Abstimmung herbeiführen müssen. Hält der Bürgermeister den Beschluss für rechtswidrig, wofür hier nichts ersichtlich ist, so hat er ihn zu beanstanden, seinen Vollzug auszusetzen und soweit erforderlich, die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeizuführen (Art. 59 Abs. 2 GO). Das innergemeindliche Entscheidungskontrollverfahren berücksichtigt die auf der unmittelbaren Volkswahl beruhende Bedeutung des Bürgermeisteramtes (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Mai 2016, Art. 59 Rn. 4). Der Beklagte hat durch sein eigenmächtiges Handeln der Regelung des Art. 59 GO den Boden entzogen. Im Übrigen durfte der Beklagte nicht in eigener Verantwortung über die jährliche Spende von einem örtlichen Betreiber von Altenheimen entscheiden, die nach seinem eigenen Vortrag, jeweils zur Hälfte für Jugend- und Kulturarbeit verwendet werden sollte, nicht aber zweckgebunden gerade die Durchführung des „Musiksommers zwischen Inn und Salzach“ ermöglichen sollte.

2.4.5 (Zum Vorwurf der Ziff. 7 der Nachtragsdisziplinarklage:) Der Beklagte hält den Verschuldensvorwurf hinsichtlich des Verstoßes gegen den gefassten Gemeinderatsbeschluss vom 21. Juni 1995 für gering. Sein Versuch, den vom Gemeinderat E. genehmigten Kaufpreis durchzusetzen sei trotz mehrmonatiger Grundstücksverhandlungen erfolglos geblieben. Das Grundstück sollte nicht nur in den für erforderlich erachteten sauberen Zustand versetzt werden, sondern auch einem öffentlichen Zweck zugeführt werden. Das Grundstück sei inzwischen von der Gemeinde in einen ordentlichen Zustand versetzt worden. Damit bestätige sich das besondere Interesse der Gemeinde an diesem Grunderwerb nochmals nachträglich.

Dieser Vortrag kann den Beklagten nicht entlasten. Gemäß Art. 36 GO vollzieht der erste Bürgermeister die Beschlüsse des Gemeinderats. Da der Beschluss ausdrücklich die Höchstsumme des Kaufpreises auf 10.000 € festlegte, war der Beklagte nicht befugt, einen höheren Kaufpreis zu vereinbaren. Die Entscheidung, wie viel der Gemeinde der Kauf des Grundstücks „wert“ ist, obliegt dem Gemeinderat und nicht dem ersten Bürgermeister. Es ist davon auszugehen, dass der Zustand des Grundstücks dem Gemeinderat bekannt war. Wenn dennoch eine Begrenzung des Kaufpreises auf maximal 10.000 € vorgenommen wurde, wollte der Gemeinderat offensichtlich keinen Kauf um jeden Preis, selbst wenn das Grundstück dann weiterhin in einem „unordentlichen“ Zustand geblieben wäre. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Gemeinde das Grundstück nunmehr in einen ordentlichen Zustand versetzt hat. Daraus wird nicht das Interesse an einem Erwerb um jeden Preis deutlich, sondern die Verantwortung eines kommunalen Eigentümers für seine Liegenschaften, der seiner Vorbildfunktion gerecht wird.

2.4.5 (Zum Vorwurf der Ziff. 8 der Nachtragsdisziplinarklage:) Der Beklagte trägt vor, der Gemeinderat habe die (zusätzliche) Vereinbarung unter Ziff. 4 vom 27. Juli 1995 in seiner Sitzung vom 23. Mai 1995 nicht genehmigt. Grund sei überwiegend die im Gemeinderat damals vorherrschende Missstimmung gegenüber Herrn W. gewesen, weil dieser in unverschämter Art und Weise seine maßlosen Forderungen verwirklichen wollte. Der Beklagte habe sich in den darauffolgenden Jahren laufend bemüht, die Leitungsrechte aus dem Gestattungsvertrag mittels Grunddienstbarkeit nachhaltig für die Gemeinde zu sichern. Als dann im Jahre 2000 die Beurkundung dieser Grunddienstbarkeit angestanden habe, habe Herr W. dem Vertragsentwurf ohne den Zusatz nach Ziff. 4 der Vereinbarung vom 27. April 1995 zugestimmt. Beim Termin der notariellen Beurkundung aber habe Herr W. auf Aufnahme dieses Abschnitts in die notarielle Urkunde bestanden; ansonsten hätte er die Grunddienstbarkeitsbestellung nicht genehmigt. Es sei übrigens durchaus schon vorgekommen, dass Herr W. Notartermine habe „platzen“ lassen. In Anbetracht der drohenden Alternative habe er sich dazu durchgerungen, die Urkunde für die Gemeinde E. zu unterschreiben, um auf Dauer einen rechtssicheren Bestand des Hauptsammlers zu gewährleisten. Er habe erwartet, dass der Gemeinderat für diese Handlung Verständnis aufbringen werde. Eine Missachtung des Gemeinderats und seines entsprechenden Beschlusses sei damit nicht verbunden gewesen.

Auch dieser Vortrag kann den Beklagten nicht entlasten. Ein eigener Entscheidungsspielraum, ob in Konfliktsituationen möglicherweise ein Nachgeben angebracht wäre, kommt dem Bürgermeister nicht zu. Insbesondere hatte sich der Beklagte an den eindeutigen Beschluss des Gemeinderats vom 23. Mai 1995 zu halten und diesen nicht durch seine eigenmächtige abweichende Beurkundung im Jahr 2000 zu unterlaufen. Erforderlichenfalls wäre der Gemeinderat nochmals mit dieser Frage zu befassen gewesen. Mildernd kann auch nicht berücksichtigt werden, dass der Gemeinderat die Grunddienstbarkeit zwischenzeitlich genehmigt hat.

Der angerichtete Gesamtschaden (soweit strafrechtlich relevant) von knapp 3.600 € bewegt sich im mittleren Bereich und wirkt deshalb weder be- noch entlastend (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 50/13 - juris Rn. 39).

Nach alledem sieht der Senat in der Gesamtabwägung die eingetretene Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG als so schwerwiegend an, dass sie die Aberkennung des Ruhegehalts erfordert.

3. Das Bundesverwaltungsgericht und ihm folgend der Senat sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass innerdienstliche Untreue- oder Betrugshandlungen eines Beamten bei einem Schaden von über 5.000 € auch ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen (BVerwG, B.v. 6.5.2015 – 2 B 19.14 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 130). Dieser Wert ist wohl nicht mehr maßgeblich (in diesem Sinne auch VG Regensburg, B.v. 21.11.2016 - RO 10A DS 16.961 - juris Rn. 44; VG Ansbach, B.v. 20.7.2016 - AN 13b DS 16.01107 - juris Rn. 106; weitere Präzisierung durch die Rechtsprechung erforderlich: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Nov. 2016, § 13 Anm. 3.2.2.4), da sich dem Urteil Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2015 (2 C 6/14 - juris), mit dem die Rechtsprechung zum Zugriffsdelikt aufgegeben worden ist, schließen lässt, dass sich jede schematische Betrachtung - insbesondere an Hand von Schwellenwerten - verbietet.

Der Beklagte wäre aber durch die Aufgabe der eingangs genannten Rechtsprechung nicht benachteiligt. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Aberkennung des Ruhegehalts Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen. Der dem Beklagten strafrechtlich vorwerfbare Schaden von ca. 3.600 € liegt zwar unterhalb der Schwelle der 5.000 €. Mit dem wiederholten sich Hinwegsetzen über die kommunalrechtlich geregelte Kompetenz des Gemeinderats, das - wie bereits ausgeführt - ein erhebliches Gewicht hat, sind jedoch weitere Erschwernisgründe hinzugetreten, die die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen.

4. Die Aberkennung des Ruhegehalts infolge des vom Beklagten begangenen schweren Dienstvergehens ist schließlich nicht unverhältnismäßig. Diese Maßnahme ist vielmehr Folge der schuldhaften Dienstpflichtverletzungen des Beklagten. Die sich in sozialer Hinsicht ergebenden Folgen beruhen daher allein auf seinem zurechenbaren Verhalten. Deshalb kommt es nicht auf die finanziellen und sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beamten und seine Angehörigen an. In das Verhältnis zu setzen sind - wie oben bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt - vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten des Beamten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Disziplinarmaßnahme. Hat ein Beamter durch ein ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (und die daraus hier folgende Aberkennung des Ruhegehalts) die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die allein darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig (BVerfG, B.v. 20.12.2007 - 2 BvR 1050/07 - juris; BayVGH, U.v. 23.3.2011 - 16b D 09.2749 - juris, jeweils m.w.N.).

Der Beklagte stand mit dem Aufkommen der „Kassenaffäre“ im Herbst 2007 zweifellos stark im Focus der Öffentlichkeit. Das lang andauernde Strafverfahren hat bewirkt, dass die Angelegenheit auf lokaler Ebene lange nicht zum Abschluss kam. Selbst wenn man mit dem Beklagten insoweit eine „erzieherische Wirkung“ sehen wollte, kann gleichwohl eine Unverhältnismäßigkeit der Disziplinarmaßnahme nicht erkannt werden.

Die lange Dauer des Disziplinarverfahrens streitet ebenfalls nicht zu Gunsten des Beklagten. Nach ständiger Rechtsprechung kann lediglich eine unterhalb der disziplinarischen Höchstmaßnahme gebotene Disziplinarmaßnahme auch in der Maßnahmenart milder ausfallen, wenn das Straf- und/oder das Disziplinarverfahren übermäßig lange gedauert haben und der Beamte dies nicht zu vertreten hat; das gilt auch für Ruhestandsbeamte (vgl. etwa BVerwG, U.v. 8.9.2004 - 1 D 18.03 - juris). Wenn hingegen - wie hier - die Höchstmaßnahme verwirkt ist, scheidet eine Berücksichtigung einer überlangen Verfahrensdauer auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie der Art. 3 BayDG, § 173 Satz 1 VwGO, §§ 198 ff. GVG aus (BVerwG, B.v. 10.10.2014 - 2 B 66.14 - juris).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG) 141

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.