Verwaltungsgericht München Beschluss, 10. Juni 2015 - M 11 E 15.1984
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert auf 3.750,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Das Verwaltungsgericht möge der Gemeinde, gegebenenfalls dem Landratsamt untersagen, das Gebäude in der ... als Asylbewerberwohnheim zur Nutzung zuzulassen.
den Antrag abzulehnen.
„Zur Sicherung des ruhigen Gebietscharakters dieses Abschnittes der ...straße als reines Wohngebiet seien im Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 122/... die in § 3 Abs. 3 BauNVO aufgeführten ausnahmsweise zulässigen Nutzungen sowie jede freiberufliche Tätigkeit ausgeschlossen.“ Zur Sicherung der Planungsziele habe die Gemeinde am ... März 2014 den Erlass einer Veränderungssperre beschlossen. Am ... April 2015 habe die Gemeinde beschlossen, die Plankonzeption dahingehend zu präzisieren, dass „von der im Plangebiet vorgesehenen Wohnnutzung auch Wohngemeinschaften (teils mit Mehrbettzimmern) von Flüchtlingen und Asylbegehrenden erfasst seien. Somit werde diese Nutzungsform von der für das Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 122/... erlassenen Veränderungssperre nicht erfasst.“ Für den Zeitraum ab dem ... Mai 2015 habe das Landratsamt innerhalb des Neubautraktes einen Bereich bestehend aus 4 Zimmern nebst Bad, Küche, Flur und Waschküche vom Eigentümer gemietet. Am ... Mai 2015 seien die Zimmer insgesamt 8 Asylbewerbern zur Verfügung gestellt worden. Die Asylbewerber gestalteten ihr Leben eigenständig, insbesondere führten sie ihren Haushalt selbst. Eine permanente Betreuung vor Ort erfolge nicht; die Asylbewerber würden in regelmäßigen, aber größeren zeitlichen Abständen von der Asylsozialbetreuung des Landratsamtes aufgesucht. Über die vom Antragsteller vorgetragenen Ruhestörungen durch die Bewohner habe das Landratsamt keine Kenntnis. Es habe auch keine anderweitigen Beschwerden gegeben. Der Antrag sei bereits unzulässig, da dem Antragsteller das Rechtschutzbedürfnis fehle, da er sein Begehren nicht in irgendeiner Form vorher gegenüber der zuständigen Behörde geäußert habe. Der Antrag sei auch unbegründet; es bestehe kein Anordnungsanspruch. Die Nutzung des Gebäudes als Wohnung sei formell und materiell rechtmäßig. Einer erneuten Genehmigung habe es nicht bedurft, da sich an der Nutzung für Wohnzwecke nichts geändert habe. Dass es sich um eine Wohnnutzung handele - nicht etwa um eine soziale Einrichtung -, ergebe sich schon aus der geringen Anzahl der Bewohner. Darüber hinaus seien in dem Gebäude auch keinerlei gemeinschaftliche Anlagen vorhanden, wie sie für soziale Anlagen kennzeichnend wären, wie etwa Büros für betreuendes Personal oder eine Großküche mit gemeinschaftlicher Essensausgabe. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich - wie hier nicht - um eine soziale Einrichtung handeln würde, so könnte der Antragsteller dagegen nicht mit Erfolg verwaltungsgerichtlich vorgehen. Die Veränderungssperre stehe spätestens seit der Präzisierung vom ... April 2015 der vorliegenden Art der Nutzung nicht entgegen. Im Übrigen wäre die Veränderungssperre nicht nachbarschützend. Auf einen Gebietserhaltungsanspruch könne sich der Antragsteller nicht berufen, da der einfache Bebauungsplan keine Art der Nutzung festlege. Eine soziale Einrichtung von begrenzter Größe wäre gegebenenfalls auch materiell nach § 34 Abs. 2 Halbatz 2 BauGB i. V. m. § 31 Abs. 2 Nr. 1 genehmigungsfähig. Ob die behaupteten Ruhestörungen zuträfen, entziehe sich der Kenntnis des Antragsgegners. Selbst wenn man die Behauptungen als wahr unterstellen würde, so stellten diese überwiegend keine rechtlichen Verstöße dar; beispielsweise sei es nicht verboten, „laut in Gruppen vor dem Gebäude“ zu diskutieren. Die Behauptungen über vereinzelte nächtliche Ruhestörungen gäben keinen hinreichenden Grund für ein bauaufsichtliches Einschreiten. Im Übrigen stünde dem Antragsteller der Privatrechtsweg offen. Es bestünde auch kein Anordnungsgrund. Die angeblichen Ruhestörungen wären selbst in der Summe nicht geeignet, eine erhöhte Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Antragstellers glaubhaft zu machen. Demgegenüber gehe es für die Asylsuchenden darum, überhaupt eine menschenwürdige Unterkunft zu erlangen. Müssten diese - wie der Antragsteller fordert - ausziehen, so müssten sie angesichts des extremen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten im Landkreis womöglich in Notunterkünfte wie etwa Turnhallen verwiesen werden.
II.
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Referenzen - Gesetze
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.