Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2015 - M 10 K 15.2075, M 10 S 15.2076

published on 20/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2015 - M 10 K 15.2075, M 10 S 15.2076
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Tenor

I.

Die Verfahren M 10 K 15.2075 und M 10 S 15.2076 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

III.

Der Rechtsstreit wird an das Landgericht Nürnberg-Fürth - Strafvollstreckungskammer - verwiesen.

IV.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Freigabe bzw. Herausgabe von Schriftstücken durch den Beklagten und die Teilnahme an einem Ortstermin im Rahmen eines Rechtsstreits um die Haftbedingungen.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 20. Mai 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die Anlagen aus den Schriftsätzen des Beklagten im Verfahren LG Nürnberg - II StVK 97/15 freizugeben und dem Kläger herauszugeben; hilfsweise diesen neu zu verbescheiden und

2. den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Teilnahme an der Beweisaufnahme in der Sache LG Nürnberg - StVK 97/15 in Gestalt der Ortsbegehung in der JVA ... zu gestatten bzw. zu ermöglichen; hilfsweise diesen neu zu verbescheiden.

Zugleich hat der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

Außerdem hat der Kläger vorab die Rechtswegentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG und die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus, dass er im oben genannten Verfahren mit dem Beklagten um die Haftbedingungen in der JVA ... streite. In dem Verfahren habe der Beklagte mehrmals umfangreiche Schriftsätze mit Anlagen eingereicht, diese als „geheim“ bezeichnet und darum gebeten, diese nicht an den Kläger weiterzureichen. Weiter finde in der JVA ... eine Beweisaufnahme in Gestalt einer Ortsbegehung statt, an der der Kläger ebenfalls nicht teilnehmen könne.

Mit Schreiben vom 27. Mai 2015 hat das Gericht die Beteiligten zur beabsichtigten Verweisung der Klage an das Landgericht Nürnberg-Fürth angehört.

Der Beklagte erklärte sich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015 mit einer Verweisung des Rechtstreits an das Landgericht einverstanden. Der Kläger ist der Ansicht, dass der Streit um eine Freigabeerklärung unter § 40 VwGO falle.

II.

Nach § 173 VwGO i. V. m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG ist die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Nürnberg-Fürth - Strafvollstreckungskammer zu verweisen, weil für das vorliegende Verfahren nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.

Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Dies ist hier der Fall.

Gemäß § 109 Abs. 1 StVollzG kann eine gerichtliche Entscheidung gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzugs beantragt (Satz 1) bzw. die Verpflichtung zum Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden (Satz 2). Dabei ist der Begriff der vollzugsbehördlichen Maßnahmen nach § 109 StVollzG weiter als der des Verwaltungsaktes, der in § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz im Einzelnen definiert ist. Er umfasst auch schlichtes Verwaltungshandelns auf dem Gebiet des Strafvollzugs (BayVGH vom 15.12.1984, BayVBl. 1985, 121). Abzustellen für die Frage der Rechtswegzuweisung ist ausschließlich darauf, ob die angegriffene oder erstrebte Maßnahme in funktionalem Zusammenhang mit dem Strafvollzug steht. Vorliegend begehrt der Kläger die Herausgabe von Schriftstücken und die Teilnahme an einem Ortstermin im Rahmen eines Verfahrens über die Haftbedingungen des Klägers. Die Haftbedingungen stehen im funktionalen Bezug zu den fachspezifischen Aufgaben der Strafvollstreckungsbehörden, sie betreffen das typische Verhältnis des Strafgefangenen zur Justizvollzugsanstalt. Richtiger Rechtsbehelf ist somit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung an die zuständige Strafvollstreckungskammer (§ 109 Abs. 1, § 110 StVollzG, § 78a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GVG).

Daher war die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit von Amts wegen an das auch örtlich gemäß § 110 StVollzG, Art. 4 Nr. 16 Gerichtsorganisationsgesetz zuständige Landgericht Nürnberg-Fürth zu verweisen.

Als unselbstständiges Beschlussverfahren ist auch das Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu verweisen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 41 Rn. 4).

Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 17 b Abs. 2 GVG der Endentscheidung des Landgerichts vorbehalten.

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

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(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.

(1) Bei den Landgerichten werden, soweit in ihrem Bezirk für Erwachsene Anstalten unterhalten werden, in denen Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung vollzogen werden, oder soweit in ihrem Bezirk andere Vollzugsbehörden ihren Sitz haben, Strafvollstreckungskammern gebildet. Diese sind zuständig für die Entscheidungen

1.
nach den §§ 462a, 463 der Strafprozeßordnung, soweit sich nicht aus der Strafprozeßordnung etwas anderes ergibt,
2.
nach den § 50 Abs. 5, §§ 109, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes,
3.
nach den §§ 50, 58 Absatz 2, § 84g Absatz 1, den §§ 84j, 90h Absatz 1, § 90j Absatz 1 und 2 und § 90k Absatz 1 und 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
Ist nach § 454b Absatz 3 oder Absatz 4 der Strafprozeßordnung über die Aussetzung der Vollstreckung mehrerer Freiheitsstrafen gleichzeitig zu entscheiden, so entscheidet eine Strafvollstreckungskammer über die Aussetzung der Vollstreckung aller Strafen.

(2) Die Landesregierungen weisen Strafsachen nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 für die Bezirke der Landgerichte, bei denen keine Strafvollstreckungskammern zu bilden sind, in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Landgerichten durch Rechtsverordnung zu. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem der in Absatz 1 bezeichneten Landgerichte für die Bezirke mehrerer Landgerichte die in die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammern fallenden Strafsachen zuzuweisen und zu bestimmen, daß Strafvollstreckungskammern ihren Sitz innerhalb ihres Bezirkes auch oder ausschließlich an Orten haben, an denen das Landgericht seinen Sitz nicht hat, sofern diese Bestimmungen für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig sind. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen nach den Sätzen 1 und 2 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) Unterhält ein Land eine Anstalt, in der Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung vollzogen werden, auf dem Gebiete eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Anstalt zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.