Verwaltungsgericht Köln Urteil, 01. Juli 2015 - 4 K 6004/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Der Kläger kandidierte als Einzelbewerber („Liste 2“) für die Wahl des Integrationsrates der Beklagten vom 25. Mai 2014. Er begehrt, die Wahl für ungültig erklären und wiederholen zu lassen.
3Das Ergebnis der Wahl des Integrationsrates stellte der Wahlausschuss der Beklagten in seiner Sitzung vom 28. Mai 2014 fest. Bekannt gemacht wurde es im Amtsblatt der Beklagten vom 4. Juni 2014 (Nummer 26, Seite 742). Danach wurde der Kläger nicht gewählt.
4Mit Schreiben vom 27. Mai 2014, eingegangen am 5. Juni 2014, fragte der Kläger bei der Beklagten an, was der Grund für die insgesamt 911 ungültigen Stimmen gewesen und bei wie vielen von diesen Stimmen auch die Liste 2 angekreuzt worden sei. Vorsorglich und hilfsweise fechte er das Wahlergebnis an. Eine ausführliche Begründung erfolge, sobald die beiden Fragen beantwortet worden seien.
5Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 erläuterte die Beklagte dem Kläger, nahezu alle Stimmzettel, die als ungültig gewertet worden seien, seien leer abgegebene Stimmzettel gewesen. Nur in wenigen Fällen seien die Stimmzettel durchgestrichen gewesen oder mehrere Kreuze gemacht worden. Das sei nicht ungewöhnlich. Viele Wählerinnen und Wähler mit EU-Staatsangehörigkeit hätten zwar neben den Stimmzetteln für die Kommunalwahl auch die Stimmzettel zur Wahl des Integrationsrates erhalten, an letzterer Wahl aber nicht teilnehmen wollen. Die Stimmzettel seien dann ohne Kennzeichnung im Umschlag in die Urne geworfen worden, um die Nichtteilnahme nicht weiter erklären zu müssen. Pro Wahlbezirk seien durchschnittlich lediglich fünf Stimmzettel ungültig gewesen. Bei keinem der ungültigen Stimmzettel sei die Liste 2 angekreuzt worden.
6Mit Schreiben vom 16. Juni 2014, eingegangen am 20. Juni 2014, sowie mit E-Mail vom 17. Juni 2014 erklärte der Kläger, er halte seine Wahlanfechtung aufrecht. Eine Begründung werde er aber erst Anfang August 2014 einreichen. Wegen zahlreicher Ungereimtheiten sei eine gründliche Prüfung erforderlich. Das nehme viel Zeit in Anspruch. Er sei auch anderweitig verhindert.
7Mit Schreiben vom 11. September 2014, bei der Beklagten eingegangen am 16. September 2014, begründete der Kläger seine Wahlanfechtung. Die Partei „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (im Folgenden: BIG) habe den Namen des Klägers auf ihre Homepage gesetzt und damit vorsätzlich bei vielen wahlberechtigten Migranten den Irrtum erregt, sie wählten automatisch auch den Kläger. Das sei Manipulation und eine unzulässige, bewusste und zielgerichtete Wahlbeeinflussung. Der Wahlfehler sei auch für das Wahlergebnis erheblich gewesen. Die C. SPD habe u. a. auf ihrer Homepage ebenfalls einen entsprechenden Irrtum erregt und damit in erheblicher Weise die Wähler manipuliert. Die SPD-Liste sei zudem willkürlich zustande gekommen. Die Kandidatenaufstellung sei nicht demokratisch einwandfrei erfolgt. Auch der Oberbürgermeister der Beklagten habe die Wähler manipuliert. Er habe in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Wahl ausdrücklich und ausschließlich die SPD-Liste unterstützt. So sei er auf Fotos in Facebook zu sehen gewesen, wo er die SPD-Liste ausdrücklich unterstützt habe. Die anderen Kandidaten seien dadurch ungleich behandelt worden. Der Fehler sei geeignet gewesen, die Wähler zu beeinflussen. Der Oberbürgermeister habe ferner nicht gestattet, dass die Kandidaten ‑ anders als bei der Integrationsratswahl 2009 ‑ direkt in Schulen und sonstigen Einrichtungen, in denen Migranten hätten angesprochen werden können, werben könnten. Auch damit habe er die SPD‑Liste bevorzugt. Außerdem seien den Einzelkandidaten die Meldedaten der Migranten verwehrt worden. Begründet worden sei dies damit, die Integrationsratswahl sei keine Kommunalwahl und auch keine gleichgestellte Wahl. Das sei rechtswidrig. Die Parteien hätten u. a. die Meldedaten von wahlberechtigten Migranten für die Integrationsratswahl erhalten, da die EU-Bürger sowohl für die Kommunalwahl als auch für die Integrationsratswahl wahlberechtigt seien. Ein weiterer Wahlfehler, genauer ein massiver Verstoß gegen das Wahlgeheimnis, liege darin, dass die SPD intensiv auf Wähler zugegangen sei und Vollmachten erlangt habe. Mit diesen seien dann Briefwahlen beantragt und die SPD-Liste angekreuzt worden, und zwar unabhängig davon, ob die Migranten dies gewollt hätten oder nicht. Auch das Verhalten eines Bewerbers auf der SPD-Liste lasse auf Wahlmanipulationen schließen. Er habe dem Kläger am Vortrag der Wahl erklärt, dass dieser ca. 400 Stimmen benötige, um gewählt zu werden. Nur jemand, der eine Wahl manipuliert habe, könne eine solche Aussage treffen. Auch eine Kandidatin der Liste „Christdemokraktischer Freundeskreis für Integration“ habe dem Kläger bestätigt, dass die CDU-nahe Partei vorab Vollmachten eingeholt und somit die eigene Liste gewählt habe, ohne die Wählerinnen und Wähler selbst entscheiden zu lassen. Anfechtbar sei das Wahlergebnis ferner deshalb, weil das Wahlamt nicht aufgelistet habe, aus welchem Stadtteil die meisten Stimmen gekommen seien. Nur durch eine solche, von der Stadt rechtswidrig unterlassene Auflistung aber hätte eine Manipulation nachgewiesen werden können. Das Wahlgeheimnis stehe einer solchen Auflistung nicht entgegen. Schließlich gehe der Kläger mit Blick auf die angeblich 911 leer abgegebenen und somit ungültigen Wahlzettel von einer Manipulation aus. Er habe den Eindruck, die abgegebenen und gültigen Wahlzettel seien durch leere Wahlzettel ausgetauscht worden. Zeit dazu sei ausreichend gewesen. Die Wahlzettel der Integrationsratswahlen seien erst einen Tag nach der Wahl ausgezählt worden. Das sei sehr unüblich und zudem diskriminierend, weil die zeitgleich abgehaltene Kommunalwahl noch am Wahltag ausgezählt worden sei.
8Der Wahlprüfungsausschuss prüfte den Einspruch in seiner Sitzung vom 17. September 2014 vor und empfahl dem Rat, den Einspruch des Klägers als unbegründet zurückzuweisen und die Wahl für gültig zu erklären.
9Daraufhin beschloss der Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 30. September 2014, den Einspruch des Klägers als unbegründet zurückzuweisen und die Wahl für gültig zu erklären.
10Mit Bescheid vom 1. Oktober 2014, zugestellt am 2. Oktober 2014, teilte die Beklagte dem Kläger die Ratsentscheidung mit. Zur Begründung hieß es: Der Flyer der BIG enthalte einen Musterstimmzettel, in dem die Liste 3 (BIG) sichtbar sei. Die abgedeckte Liste 2 sei schemenhaft zu erkennen. Wahlrelevante Verwechselungen seien nicht festzustellen. Hinsichtlich der gerügten Kandidatenaufstellung sei es nicht Aufgabe der Wahlbehörde festzustellen, welche Bewerber im Vorfeld bei den Parteien oder Wählergemeinschaften gehandelt hätten. Der Name des Klägers sei auf der eingereichten Niederschrift der Nominierungsversammlung der SPD auch nicht enthalten. Fehler seien insoweit auch im Übrigen nicht ersichtlich. Das Wahlwerbungsverbot in städtischen Gebäuden betreffe alle Wahlbewerber gleichermaßen und gelte auch für andere politische Wahlen. Keiner Partei, Wählergemeinschaft oder Einzelperson seien Listen mit Meldedaten von Migranten für die Integrationsratswahl weitergeben worden. Die behaupteten Fehler bei der Briefwahl hätten nicht festgestellt werden können. Die Unterlagen seien den Antragstellern persönlich nach Hause oder an eine andere angegebene Adresse (z. B. die Urlaubsadresse) geschickt worden. Das geschulte Personal des zentralen Briefwahlbüros achte auch auf mögliche Sammeladressen (z. B. von Kulturvereinen). Dass die (Brief‑)Wähler von den Kandidaten umworben würden, sei nicht zu beanstanden. Die zentrale Auszählung der Stimmen sei in der Wahlordnung vorgesehen. Damit solle das Wahlgeheimnis gewahrt werden. Vermieden werden solle, dass in einzelnen Stimmbezirken erkennbar sei, wie die Wählerinnen und Wähler abgestimmt hätten. Der Vorwurf des Wahlbetrugs grenze an eine böswillige Unterstellung. In Köln sei die Zahl der abgegebenen ungültigen Stimmen höher gewesen.
11Am 3. November 2014, einem Montag, hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen im Einspruchsverfahren. Ergänzend führt er aus, der Verwaltungsakt vom 30. September 2014 sei auch formell rechtswidrig. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger vor Erlass des Bescheides anzuhören, habe dies jedoch unterlassen.
12Der Kläger beantragt,
13den Beschluss des Rates der Beklagten vom 30. September 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, auf den Einspruch des Klägers vom 5. Juni 2014, begründet unter dem 11. September 2014, die Wahl des Integrationsrates vom 25. Mai 2014 für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen,
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie tritt der Klage entgegen und verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Wahlanfechtungsverfahren.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
201. Der Beschluss des Rates der Beklagten vom 30. September 2014 (TOP 1.7.2) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die fragliche Wahl des Integrationsrates gemäß § 40 Abs. 1 Buchstabe b KWahlG NRW i. V. m. § 27 Abs. 11 Satz 1 GO NRW, § 13 der Wahlordnung für den Integrationsrat der Stadt C1. (WahlO) für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl angeordnet wird.
21a) Ein solcher Anspruch scheitert bereits an § 39 Satz 1 KWahlG i. V. m. § 27 Abs. 11 Satz 1 GO NRW, § 13 WahlO. Danach können unter anderem Wahlberechtigte des Wahlgebiets binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses Einspruch erheben, wenn sie eine Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl gemäß § 40 Abs. 1 Buchstaben a bis c für erforderlich halten.
22Einspruch in diesem Sinne ist nicht bereits jede an den Wahlleiter gerichtete Erklärung eines Einspruchsführers des Inhalts, es sei ein Wahlprüfungsverfahren einzuleiten. Bei verständiger Würdigung des Gesetzes liegt ein Einspruch vielmehr erst und nur dann vor, wenn die Erklärung so begründet wird, dass aus ihr selbst heraus erkennbar ist, worin ein mandatsrelevanter Wahlfehler liegen soll. Für dieses Normverständnis spricht schon der Gesetzestext. In ihm wird zwar nicht ausdrücklich gefordert, dass eine Einspruchsbegründung vorzulegen ist. Dem Normhalbsatz „wenn sie eine Entscheidung ... für erforderlich halten“ lässt sich aber entnehmen, dass ein hinreichend substantiierter Einspruchsgrund vorgebracht werden muss und die bloße Formalerklärung, man fechte das Wahlergebnis an, nicht ausreicht. Gestützt wird diese Auslegung durch den Zweck und die Genese des in den §§ 39 ff. KWahlG vorgesehenen Wahlprüfungsverfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt insbesondere mit § 39 Satz 1 KWahlG, die richtige Zusammensetzung der Vertretung in angemessener Zeit zu klären. Das ist nur gewährleistet, wenn bereits innerhalb der Einspruchsfrist der Sachverhalt aus sich heraus verständlich dargelegt wird und erkennbar ist, worin genau der Einspruchsführer einen mandatsrelevanten Wahlfehler erblickt. Dabei sind zwar keine überspannten Anforderungen zu stellen. Verlangt werden müssen aber jedenfalls hinreichend konkrete Ausführungen dazu, dass und aus welchen Beweggründen der Einspruchsführer den Einspruch für erforderlich hält. Auf seine Ausführungen hin muss es den Wahlprüfungsorganen sodann ohne Weiteres möglich sein, das jeweilige Vorbringen einer der Varianten des § 40 Abs. 1 Buchstaben a bis c KWahlG zuzuordnen und den konkreten Überprüfungsgegenstand zu erkennen. Unbelegte Vermutungen und Andeutungen genügen insoweit nicht.
23Eingehend zur Genese des § 39 Satz 1 KWahlG und den daraus folgenden Substantiierungsanforderungen an einen Einspruch VG Köln, Urteil vom 25. März 2015 ‑ 4 K 7076/14 ‑, juris Rn. 28 ff.; zur Einspruchsbegründungsfrist Schl.‑Holst. OVG, Urteile vom 30. September 1997 ‑ 2 K 9/97 ‑, juris Rn. 34 ff., vom 26. Oktober 2010 ‑ 2 LB 28/09 ‑, juris Rn. 22 ff., sowie Beschluss vom 13. Mai 2015 ‑ 3 LA 14/14 ‑, juris Rn. 4 ff., zu vergleichbarem dortigen Landesrecht; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 ‑ 2 BvR 562/91 ‑, juris Rn. 38; Schneider in: Kallerhoff u.a., Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, F. III. 4.2, sowie Bätge, Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Stand: Mai 2014, § 39 KWahlG Rn. 8.
24Unberücksichtigt bleiben müssen deshalb auch Einspruchsgründe, die erstmals nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgebracht werden. Das gilt selbst dann, wenn derart verspätete Ausführungen von dem zuständigen Wahlorgan erwogen und beschieden werden. Bei den Vorschriften der §§ 39 ff. KWahlG NRW handelt es sich im Interesse der Rechtssicherheit um zwingendes Recht, das nicht zur Disposition der für die Durchführung der Wahl zuständigen kommunalen Gremien steht. Bereits vor dem Wahltag an den Wahlleiter gerichtete Wahlanfechtungen oder Wahlbeschwerden sind deshalb ebenso wenig Einspruch wie eine in der (rechtzeitigen) Einspruchserklärung lediglich angekündigte Begründung.
25Vgl. Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 13. Mai 2015 ‑ 3 LA 14/14 ‑, juris Rn. 4 ff., zu vergleichbarem dortigen Landesrecht.
26Auf dieser Grundlage hat der Kläger keinen fristgerechten Einspruch im Sinne von § 39 Satz 1 KWahlG erhoben. Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses sind lediglich die Schreiben vom 27. Mai und 16. Juni 2014 bei der Beklagten eingegangen. Beide Erklärungen genügen nicht den vorstehend dargestellten Anforderungen an einen wirksamen Einspruch.
27Bei dem Schreiben vom 27. Mai 2014 geht die Kammer zunächst zu Gunsten des Klägers davon aus, dass es erst nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 4. Juni 2014 und damit fristgerecht, d. h. nicht vor Beginn der Einspruchsfrist bei der Beklagten eingegangen ist. Ein wirksamer Einspruch kann in dem Schreiben gleichwohl nicht gesehen werden. Der Kläger hat darin zwei Fragen zu den nach der Integrationsratswahl insgesamt festgestellten 911 ungültigen Stimmen an die Beklagte gerichtet, die der Aufklärung des Sachverhalts dienten und die den zunächst nur „vorsorglich, hilfsweise“ gestellten Wahlanfechtungsantrag erst vorbereiten sollten. Einen mandatsrelevanten Wahlfehler behauptet der Kläger in dem Schreiben hingegen nicht. Er erhebt weder konkrete Manipulationsvorwürfe noch bringt er sonst etwas vor, was auf Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung oder auf Fehler bei der Feststellung des Wahlergebnisses schließen lässt. Die Ausführungen des Klägers in dem Schreiben können deshalb auch keiner der Varianten des § 40 Abs. 1 Buchstaben a bis c KWahlG zugeordnet werden. Von Einwendungen gegen die Wahl will der Kläger im Übrigen ‑ wie er in der mündlichen Verhandlung betont hat ‑ seinerzeit ganz bewusst abgesehen haben, weil er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher gewesen sei, wie es zu 911 ungültigen Stimmen habe kommen können.
28Auch aus dem weiteren, innerhalb der Einspruchsfrist eingegangenen Schreiben vom 16. Juni 2014 kann der Kläger nichts Günstiges herleiten. Darin hat er lediglich erklärt, dass er seinen Einspruch erst Anfang August 2014 begründen könne. Einen mandatsrelevanten Wahlfehler führt er hingegen nicht an.
29Angebliche Unregelmäßigkeiten und sonstige Wahlfehler benannt und gerügt hat der Kläger vielmehr erstmals mit Schreiben vom 11. September 2014 und damit deutlich nach Ablauf der gesetzlichen Monatsfrist. Das ist mit Blick auf die vorstehend dargestellten Anforderungen an einen wirksamen Einspruch zu spät. Die in dem Schreiben behaupteten und in mehreren Unterpunkten thematisierten Wahlfehler müssen deshalb unberücksichtigt bleiben.
30b) Der Klage bleibt der Erfolg aber auch dann versagt, wenn man zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass er die 911 ungültigen Stimmen immerhin in seinem Schreiben vom 27. Mai 2014 thematisiert hat und vor diesem Hintergrund annimmt, er habe insoweit die Einspruchsfrist gewahrt. In diesem Fall ist das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 11. September 2014 zwar zu berücksichtigen, soweit er nähere Ausführungen zu den vorgenannten ungültigen Stimmen enthält. Der Einspruch ist aber gleichwohl zurückzuweisen, weil die erhobenen Manipulationsvorwürfe unsubstantiiert sind. Der Kläger hat lediglich reklamiert, 911 gültige Stimmzettel seien absichtlich gegen 911 ungültige Stimmzettel ausgetauscht worden. Konkrete und belastbare, seinen Vortrag stützende Tatsachen hat er hingegen auch auf mehrfache Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht benennen können. Er hat sich vielmehr auf die bloße Behauptung beschränkt, für einen Austausch habe genügend Zeit bestanden, weil die Stimmzettel erst am auf die Wahl folgenden Tag ausgezählt worden seien. Damit lassen sich die Manipulationsvorwürfe auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs nicht hinreichend sicher einem der in § 40 Abs. 1 Buchstaben a bis c KWahlG aufgelisteten Wahlfehler zuordnen. Das geht in einem Wahlprüfungsverfahren nach den §§ 39 ff. KWahlG, das nicht auf unbelegte Vermutungen gestützt werden kann, zu Lasten des Klägers.
31c) Hat der Kläger nach alledem aus Rechtsgründen keinen Anspruch darauf, dass die Wahl für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl angeordnet wird, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob er unmittelbar vor Erlass des Bescheides vom 1. Oktober 2014 hätte angehört werden müssen oder nicht.
322. Nicht Streitgegensand des Verfahrens war und ist die in der Klageschrift zusätzlich thematisierte Frage, ob der Kläger die Daten der Wahlberechtigten nach § 35 MeldeG NRW beanspruchen könne und wie diese Norm auszulegen sei. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er einen solchen Anspruch nicht bereits im Rahmen des anhängigen kommunalwahlrechtlichen Verfahrens habe geltend machen wollen. Er habe vielmehr lediglich ankündigen wollen, die melderechtlichen Fragen rechtzeitig vor der kommenden Integrationsratswahl zum Gegenstand eines gesonderten Rechtsstreits zu machen. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten und auf kommunalwahlrechtliche Fragen beschränkten Klageantrag keine sinngemäße (und gesondert kostenpflichtige) Klagerücknahme des Klägers in Bezug auf etwaige, in der Klageschrift noch näher erläuterte melderechtliche Ansprüche.
333. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO.
344. Die Berufung ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.