Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 06. Okt. 2015 - 19 L 2074/15

Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe
2Der Antrag des Antragstellers,
3die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller zum 01.09.2015 einen Betreuungsplatz für über dreijährige Kinder in einem wohnortnahen, integrativen Kindergarten mit einem Betreuungsumfang von 45 Stunden (vorzugsweise im städtischen Kindergarten, O. T. 00, 00000 L. ) zuzuweisen,
4hat keinen Erfolg.
5Eine einstweilige Anordnung der vorliegend begehrten Art kann gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nur ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und eine Regelung in Bezug auf diese Leistung getroffen werden soll, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder sich die Notwendigkeit aus anderen Gründen ergibt (Anordnungsgrund).
6Die vom Antragsteller begehrte Regelungsanordnung ist auf die - jedenfalls zeitweilige - Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet; der Antragsteller möchte mit dem vorliegenden Verfahren sofort das erreichen, was ihm in einem Klageverfahren zugesprochen werden könnte. Eine solche einstweilige Anordnung ist grundsätzlich mit dem Zweck des Anordnungsverfahrens nicht vereinbar und kann nach einhelliger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nur dann ausnahmsweise getroffen werden, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Klageverfahren nicht erreichbar ist, der Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung in schlechthin unzumutbarer Weise belastet würde und nach dem von ihm glaubhaft gemachten Sachverhalt im Hauptsacheverfahren voraussichtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen wird.
7Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Die Verweisung auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren belastet den Antragsteller nicht in schlechthin unzumutbarer Weise. Eine geeignete Betreuung des Antragstellers ist auch unter Berücksichtigung seiner Behinderung bis zur Entscheidung in der Hauptsache gewährleistet. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller unter dem 15.09.2015 einen Platz in der städtischen Kindertageseinrichtung (Kita) T1.-----------weg 00 angeboten. Die Kita T1.-----------weg 00 ist in zumutbarer Entfernung zum Wohnort des Antragstellers gelegen. In städtischen Bereichen des Stadtgebiets der Antragsgegnerin ist die Grenze der Zumutbarkeit für Eltern und Kind in der Regel – so auch hier – erst überschritten, wenn die Kindertageseinrichtung in einer Entfernung von mehr als 5 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Kindes gelegen ist. Beträgt die Wegstrecke vom Wohnort des Kindes bis zur Kindertageseinrichtung bis zu 5 km, ist es grundsätzlich Sache der Eltern, den Transport ihres Kindes zur Einrichtung - mit PKW oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln – zu organisieren. Die einfache Fahrstrecke vom Wohnort des Antragstellers zur Kita T1.-----------weg 00 beträgt 4,4 km und ist dem Antragsteller zuzumuten. Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller auch mit Blick auf die bei ihm mit amtsärztlichen Gutachten vom 13.01.2015 festgestellten Behinderungen keinen Anspruch Förderung in einer integrativen Kindertageseinrichtung hat. Ein gesetzlicher Anspruch eines behinderten Kindes auf Förderung in einer integrativen Kindertageseinrichtung besteht nicht. § 22 a Abs. 4 SGB VIII und § 8 Kibiz NRW verpflichten den Träger der öffentlichen Jugendhilfe lediglich dazu, Kinder mit Behinderungen gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung zu fördern. Die gesetzlich geregelte Pflicht zur gemeinsamen Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung kann aber sowohl durch eine Förderung in integrativen Einrichtungen als auch durch Einzel-Integration in einem Regelkindergarten erfüllt werden. Der höhere medizinische und pädagogische Förderbedarf für Kinder mit Behinderungen ist auch bei einer Betreuung in einer Regelkindertageseinrichtung gewährleistet. Der Träger der Regelkindertageseinrichtung erhält nach Anlage 1 zu § 19 Kibiz NRW für Kinder mit Behinderung oder Kinder, die von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind, und bei denen dies von einem Träger der Eingliederungshilfe festgestellt wurde, eine erhöhte Kindpauschale, die ihm eine Reduzierung der Gruppengröße der betreuten Kinder ermöglicht. Kinder mit Behinderungen erhalten - sofern dies ihre Behinderung erfordert - im Rahmen der Einzelintegration in Regeleinrichtungen darüber hinaus als Eingliederungshilfe heilpädagogische Leistungen gem. §§ 54 SGB XII i.V.m. §§ 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 56 SGB IX.
8Das Gericht war nicht gehalten, die vom Antragsteller geforderte Vorlage des Vergabevorgangs, einschließlich Belegungs- und Warteliste für die Wunscheinrichtung O. T. 00 abzuwarten, weil der Antragsteller die Voraussetzungen für den Erlass einer die Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung aus den oben genannten Gründen nicht glaubhaft gemacht hat.
9Bei dieser Sachlage ist dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zumutbar.
10Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
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(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.
(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.
(3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde. § 36 des Ersten Buches bleibt unberührt. Die Beratung kann auch durch einen Träger der freien Jugendhilfe erbracht werden; § 36a Absatz 2 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(4) Beteiligung und Beratung von Kindern und Jugendlichen nach diesem Buch erfolgen in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.