Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Aug. 2014 - 19 K 4092/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die am 00. 00. 0000 geborene Klägerin ist Beamtin im Dienst der beklagten Stadt. Ihr Beihilfebemessungssatz beträgt 50 %.
3Im August 2012 beantragte die Klägerin die beihilferechtliche Anerkennung der Aufwendungen für eine augenärztliche Laserbehandlung (Laser-in-situ-Keratomileusis, „LASIK“) in Höhe von insgesamt 5.200,10 € gemäß Rechnung des Sehkraft Augenzentrums N. vom 28. 06. 2012.
4Die Beklagte holte zur Frage der Erforderlichkeit der Lasik-Behandlung eine amtsärztliche Stellungnahme ein. In seiner Stellungnahme vom 26. 10. 2012 verneinte der Amtsarzt Dr. I. die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-Behandlung, woraufhin die Gewährung der beantragten Beihilfe mit Beihilfebescheid vom 06. 12. 2012 abgelehnt wurde.
5Die Klägerin hat am 18. 12. 2012 Widerspruch erhoben, zu dessen Begründung sie unter anderem einen augenärztlichen Befundbericht des Sehkraft Zentrums N. vom 14. 08. 2012 vorlegte.
6Nach erneuter Konsultation des Amtsarztes wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06. 06. 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, es sei nicht medizinisch nachvollziehbar belegt, dass die Fehlsichtigkeit nicht durch eine Brille korrigiert werden kann.
7Die Klägerin hat am Montag, dem 08. 07. 2013 Klage erhoben. Sie macht zur Begründung der Klage u. a. geltend, sie leide unter einem Sicca-Syndrom, einer Hyperopie, Astigatismus beidseitig und Amblyopie rechts. Aufgrund des Sicca-Syndroms bestehe Kontaktlinsenunverträglichkeit. Die Fehlsichtigkeit könne auch mit einer Brille nur schlecht korrigiert werden; aufgrund des Astigmatismus bestehe eine erhebliche Bildverzerrung und eine schlechte Abbildung, sodass eine störende Fehlsichtigkeit mit Brille bestehe. Ergänzend verweist die Klägerin auf den Bericht des Johanniter Krankenhauses - Abteilung für Augenheilkunde - vom 09. 08. 2013 sowie erneut auf den augenärztlichen Befundbericht des Sehkraft Augenzentrums N. vom 14. 08. 2012.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Beihilfefestsetzungsbescheides vom 06. 12. 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. 06. 2013 zu verpflichten, ihr Beihilfe für die durchgeführte LASIK-Behandlung in Höhe von 2.600,05 € zu gewähren.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie wiederholt und vertieft die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend führt sie aus, sie sei mangels eigener medizinischer Kenntnisse in ihrer Beurteilung medizinischer Sachverhalte auf die Begutachtung durch die Amtsärzte angewiesen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang ergänzend Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16Der Beihilfebescheid vom 06. 12. 2012 sowie der Widerspruchsbescheid vom 06. 06. 2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
17Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für die durchgeführte LASIK-Behandlung.
18Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO -) sind in Krankheitsfällen des Beihilfeberechtigten grundsätzlich die notwendigen Aufwendungen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden und zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden in angemessenem Umfange beihilfefähig. Die beihilfefähigen Aufwendungen in Krankheitsfällen umfassen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 BVO u.a. die Kosten für Untersuchung, Beratung und Verrichtung durch einen Arzt.
19Notwendig und angemessen i. S. d. § 3 Abs. 1 BVO ist im Falle einer Fehlsichtigkeit grundsätzlich die Versorgung des Beihilfeberechtigten mit einer Brille oder mit Kontaktlinsen.
20Eine Behebung der Fehlsichtigkeit mittels einer LASIK-Behandlung ist ausnahmsweise dann beihilferechtlich anzuerkennen, wenn die Behebung der Fehlsichtigkeit durch eine Brille oder durch Kontaktlinsen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
21Eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit des Tragens einer Brille lässt sich im Falle der Klägerin indes nicht feststellen. Der Amtsarzt Dr. I. attestiert der Klägerin in seiner Stellungnahme vom 26. 10. 2012 eine sehr gut ausreichende Sehschärfe mit Brille. Beschwerden über eine schlechte Abbildung oder Bildverzerrung aufgrund des Astigmatismus seien nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht mitgeteilt worden. Die Fehlsichtigkeit sei mit Brille sehr gut korrigiert. Bei dieser Einschätzung blieb der Amtsarzt auch nach einer persönlichen Vorstellung der Klägerin in der amtsärztlichen Sprechstunde am 25. 02. 2013; in seiner weiteren Stellungnahme vom 27. 02. 2013 führte der Amtsarzt aus, dass schlechte Abbildung oder Bildverzerrung aufgrund des Astigmatismus lediglich in einer nicht erheblichen Form vorliegen. Die amtsärztliche Einschätzung bietet in der Gesamtschau keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Tragen einer Brille der Klägerin nicht möglich oder nicht zumutbar war. Gleiches gilt letztlich auch für die von der Klägerin zu den Akten gereichten privatärztlichen Stellungnahmen. In der Beurteilung des Augenzentrums N. vom 14. 08. 2012 wird zwar mitgeteilt, dass Bildverzerrung und schlechte Abbildung aufgrund des Astigmatismus stören würden; den zwingenden Schluss auf eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Behebung der Fehlsichtigkeit mittels Brille lässt die Beurteilung des Augenzentrums N. aber nicht zu. Ausgehend von der Beurteilung des Augenzentrums N. ist die Behebung der Fehlsichtigkeit durch eine Brille zwar kein Optimalzustand, aber möglich. Der Bericht des Johanniter-Krankenhauses - Dr. Fries – vom 09.08.2013 hat für das vorliegende Klageverfahren schon deshalb wenig Aussagekraft, da die Untersuchung dort am 01. 07. 2013 stattfand, während die Lasik-Behandlung, durch die der Astigmatismus der Klägerin behoben wurde, bereits im Juli 2012 durchgeführt wurde. Unabhängig davon kann aber auch den Ausführungen des Dr. Fries nur entnommen werden, dass die Behebung der Fehlsichtigkeit mittels Brille wegen der Notwendigkeit vermehrter Drehbewegungen am Arbeitsplatz nicht uneingeschränkt komfortabel, aber möglich und zumutbar ist.
22In der Gesamtschau lassen die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen mit hinreichender Gewissheit den Schluss zu, dass die Behebung der Fehlsichtigkeit durch das Tragen einer Brille - was die Klägerin vor der Lasik-Behandlung jahrelang gemacht hat - weder unmöglich noch unzumutbar ist. Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung - etwa der von der Klägerin angeregten Einholung eines Sachverständigengutachtens - bedarf es bei dieser Sachlage nicht. Ohnehin ließe sich die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Behebung der Fehlsichtigkeit mittels Brille durch eine nachträgliche sachverständige Begutachtung der Klägerin nicht mehr feststellen, denn die Sehschwäche wurde behoben. Die Unerweislichkeit ginge zu Lasten der Klägerin, die sich auf einen ihr günstigen, vom Normalfall der Behebbarkeit einer Fehlsichtigkeit durch Sehhilfen abweichenden Sachverhalt beruft und insoweit die materielle Beweislast trägt.
23Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
24Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.