Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 10. Okt. 2014 - 15 L 1442/14

Gericht
Tenor
1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, der Antragstellerin Einsicht in das Schreiben (E-Mail) der Referatsleiterin 0 X 0 vom 11.11.2013 an die Leiterin des Personalreferates der Antragsgegnerin zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag der Antragstellerin,
3der Antragsgegnerin aufzugeben, der Antragstellerin zu Vorbereitung ihrer Anhörung im Rahmen der von der Antragsgegnerin geplanten Personalmaßnahme über das Gericht Einsicht in das Schreiben der Referatsleiterin 0 X 0 vom 11.11.2013 an die Leiterin des Personalreferats der Antragsgegnerin zu verschaffen,
4hat in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung Erfolg.
5Eine einstweilige Anordnung kann nach § 123 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Recht zusteht (Anordnungsanspruch) und durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung dieses Rechtes gefährdet ist (Anordnungsgrund).
6Vorliegend hat die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
7Was den Anordnungsanspruch anbetrifft, so ist Anspruchsgrundlage für diesen § 110 Abs. 4 S. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG). Nach dieser Vorschrift haben Beamte ein Recht auf Einsicht auch in andere Akten – also solche, die nicht zu den Personalakten gehören - die personenbezogene Daten über sie enthalten und für ihr Dienstverhältnis verwendet werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
8Angesichts dieser Vorschrift ist unerheblich, ob die streitbefangene E-Mail der Referatsleiterin 0 X 0 an das Personalreferat den Personalakten zuzuordnen ist. Denn auch in bestimmte Sachakten haben Beamte nach der soeben genannten Vorschrift ein Einsichtsrecht.
9Die Voraussetzungen von § 110 Abs. 4 S. 1 BBG sind vorliegend erfüllt.
10Zunächst enthält die streitbefangene E-Mail personenbezogene Daten über die Antragstellerin. Dies ergibt sich aus den dienstlichen Erklärungen der Referatsleiterin 0 X 0 sowie der Leiterin des Personalreferates jeweils vom 13.06.2014 im Verfahren 15 I 1/14. Dort ist nämlich übereinstimmend ausgeführt, in der genannten E-Mail seien Auffälligkeiten in der Arbeitsweise der Antragstellerin beispielhaft dargestellt.
11Gleichfalls ist dieses Schriftstück für das Dienstverhältnis der Antragstellerin verwendet worden, da es der Vorbereitung des Personalgespräches am 19.11.2013 gedient hat.
12Der Antragsgegnerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie geltend macht, die E-Mail vom 11.11.2013 sei nicht Bestandteil eines Verwaltungsvorganges, da auf der Grundlage dieser Darstellungen weder Personalmaßnahmen gegen die Antragstellerin verfügt worden seien noch es beabsichtigt sei, diese Darstellung zum Gegenstand eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens zu machen.
13Auf die Anlage eines förmlichen Verwaltungsvorganges kommt es aber für die Anwendbarkeit von § 110 Abs. 4 S. 1 BBG nicht an; entscheidend ist, ob entsprechende Schriftstücke materiell die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen. Auch ist unerheblich der Vortrag der Antragsgegnerin, auf der Grundlage der genannten E-Mail seien Personalmaßnahmen gegen die Antragstellerin nicht beabsichtigt. Entscheidend ist, dass diese E-Mail bereits zur Vorbereitung eines Personalgespräches verwendet worden ist.
14In diesem Zusammenhang sei die Antragsgegnerin auch auf den Rechtsgedanken des § 109 BBG hingewiesen, in welcher Anhörungspflichten des Dienstherrn normiert sind. Danach sind u. a. Beamte zu Behauptungen und Bewertungen, die für sie ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, vor der Aufnahme in die Personalakte zu hören. Wenn auch hier offensichtlich eine Aufnahme der streitbefangenen E-Mail in die Personalakte nicht beabsichtigt ist, wird aus dieser Vorschrift doch deutlich, dass auch im Sachaktenbereich – wie hier – Anhörungsrechte der Beamten gegeben sind.
15Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund geltend gemacht. Insoweit trägt sie vor, dass die streitbefangene E-Mail Aussagen zu ihrem dienstlichen Verhalten treffen, zu denen sie – mangels Kenntnis – nicht Stellung nehmen könne. Dies belaste sie psychisch stark, was angesichts ihres unstreitigen reduzierten psychischen Gesundheitszustandes glaubhaft ist. Insoweit kann der Antragstellerin auch nicht entgegengehalten werden, sie begehre im vorliegenden Verfahren eine rechtlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
16Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei im vorliegenden auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahren der Streitwert zu halbieren ist.

moreResultsText
Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Das Recht der Beamtin oder des Beamten auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 umfasst auch das Recht auf Einsicht in die vollständige Personalakte. Dies gilt auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses. Soweit keine dienstlichen Gründe entgegenstehen, werden Kopien oder Ausdrucke aus der Personalakte angefertigt. Der Beamtin oder dem Beamten ist auf Verlangen ein Ausdruck der Personalaktendaten zu überlassen, die zu ihrer oder seiner Person automatisiert gespeichert sind.
(2) Die Beamtin oder der Beamte hat ein Recht auf Auskunft auch über personenbezogene Daten über sie oder ihn, die in anderen Akten enthalten sind und für ihr oder sein Dienstverhältnis verarbeitet werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Das Recht auf Auskunft umfasst auch das Recht auf Einsicht in die Akten. Keine Einsicht wird gewährt, soweit die anderen Akten personenbezogene Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftige nicht personenbezogene Daten enthalten, die mit den Daten der Beamtin oder des Beamten derart verbunden sind, dass eine Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist. Nicht der Auskunft unterliegen Sicherheitsakten.
(3) Bevollmächtigten der Beamtin oder des Beamten ist Auskunft aus der Personalakte zu erteilen, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Das Recht auf Auskunft umfasst auch das Recht auf Einsicht in die vollständige Personalakte. Entsprechendes gilt für Hinterbliebene der Beamtin oder des Beamten und für Bevollmächtigte der Hinterbliebenen, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird.
(4) Für Fälle der Einsichtnahme bestimmt die aktenführende Behörde, wo die Einsicht gewährt wird.
Beamtinnen und Beamte sind zu Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, die für sie ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, vor deren Aufnahme in die Personalakte zu hören, soweit die Anhörung nicht nach anderen Rechtsvorschriften erfolgt. Ihre Äußerungen sind zur Personalakte zu nehmen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.