Verwaltungsgericht Koblenz Beschluss, 22. Nov. 2010 - 7 K 220/10.KO

Gericht
Tenor
Der Antrag der Klägerin, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, wird abgelehnt.
Gründe
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Der Antrag der Klägerin war nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO abzulehnen, da die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für sie nicht notwendig war.
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Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten schon im Vorverfahren ist anzuerkennen, wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen. Bei der Beurteilung ist außer der Schwierigkeit und dem Umfang der Sache auch die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen.
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Während die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwaltes vom Bürger in der Regel anerkannt wird, ist sie bei Behörden grundsätzlich zu verneinen. Den Behörden - insoweit ist hier auf die Verbandsgemeindeverwaltung abzustellen, welche die Stadt Bad Ems von Gesetzes wegen vertritt (§ 68 Abs. 1 Nr. 4 GemO) - steht nämlich die Sach- und Fachkunde ihrer Bediensteten zur Verfügung. Sie haben zudem die Möglichkeit, sich in Zweifelsfällen durch ihre übergeordnete Behörde rechtlich beraten zu lassen. Angesichts dessen bedarf die Behörde eines außergerichtlichen Beistandes im Vorverfahren grundsätzlich nicht. Einem Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nur in Ausnahmefällen stattzugeben. Dieser kann darin bestehen, dass außergewöhnliche Rechtskenntnisse erforderlich sind wie beispielsweise bei der Anwendung ausländischen Rechts oder etwa auch bei schwierigen entscheidungserheblichen zivilrechtlichen (Vor-)Fragen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. April 2008 - 6 E 10229/08.OVG -; Beschluss vom 13. Juli 1999 - 6 E 11158/99.OVG -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. August 1992 - 5 S 1665/92 -, NVwZ-RR 1993, 111; Beschluss vom 21. Juni 1983 - 2 S 708/83 -, nach juris).
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Die vorzitierte Rechtsprechung ist zu Fallgestaltungen ergangen, in denen die betreffende Behörde zugleich Ausgangsbehörde war und den von ihr erlassenen Verwaltungsakt im Widerspruchsverfahren verteidigt hat. Die Grundsätze dieser Entscheidungen können auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden, auch wenn die klagende Stadt hier nicht Ausgangsbehörde war. Denn für die Anfechtung einer Baugenehmigung verfügt sie ebenfalls über eine zureichende Sachkunde wie auch Fachkunde von Bediensteten. Ausweislich des Organigramms der Verbandsgemeindeverwaltung Bad Ems besteht im Geschäftsbereich 2 eine Bauverwaltung mit neun Mitarbeitern. Der Kammer ist aus zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, an denen die Stadt Bad Ems beteiligt war, bekannt, dass die Vertretung durch die Verbandsgemeinde sowohl in verfahrensrechtlicher wie auch materiell-rechtlicher Hinsicht sachgerecht und qualifiziert erfolgte. Es ist nicht erkennbar, warum dies im hier zugrundeliegenden Vorverfahren nicht ebenfalls hätte möglich sein können.

Annotations
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.