Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Mai 2008 - 3 K 1374/08

bei uns veröffentlicht am06.05.2008

Tenor

1. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller, Mitglieder der SPD-Fraktion des Gemeinderats der Stadt Karlsruhe, begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen eine vom Gemeinderat am 6. Mai 2008 zu beschließende Ausschreibung einer Dezernentenstelle.
In der Gemeinderatssitzung am 11. Dezember 2007 war im Wege der Änderung von § 13 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin die Schaffung einer zusätzlichen Beigeordnetenstelle beschlossen worden. Zuvor war ein Vertagungsantrag der SPD-Fraktion abgelehnt worden, welcher damit begründet worden war, dass unverzüglich nach dem zuvor am 13. November 2007 getroffenen Grundsatzbeschluss eine Nachtrags-Haushaltssatzung hätte erlassen werden müssen.
Die Antragsteller erhoben hierauf beim beschließenden Gericht am 18. Januar 2008 Klage (3 K 153/08), mit der sie die Feststellungen begehren, dass (1.) der Antrag der SPD-Fraktion auf Vertagung des Tagesordnungspunkts Nr. 4 in der Gemeinderatssitzung vom 11. Dezember 2007 zu Unrecht erfolgt sei, und dass (2.) die am 11. Dezember 2007 beschlossene Änderung der Hauptsatzung nicht vollzogen werden könne. Über diese Klage ist noch nicht entschieden; mündliche Verhandlung wurde auf den 2. Juni 2008 anberaumt.
Zwischenzeitlich wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 8. April 2008 die Nachtragssatzung zur Änderung des Stellenplans beschlossen. Diese Satzung wurde am 23. April 2008 vom Regierungspräsidium Karlsruhe als Rechtsaufsichtsbehörde bestätigt, im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 25. April 2008 bekanntgemacht und vom 25. April 2008 bis 5. Mai 2008 ausgelegt.
Am 25. April 2008 setzte der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin die Besetzung der Beigeordnetenstelle - Ausschreibung und Wahl (am 15. Juli 2008) des Beigeordneten - unter Nr. 3 auf die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 6. Mai 2008.
Am 30. April 2008 haben die Antragsteller beim beschließenden Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Ausschreibung der am 11. Dezember 2007 geschaffenen Stelle eines sechsten Dezernats zu beschließen.
Sie nehmen auf ihr Vorbringen im Verfahren 3 K 153/08 Bezug und machen im Wesentlichen geltend, dass ein Nachtragshaushalt bereits dann unverzüglich zu erlassen sei, sobald die Absicht haushaltswirksamer Personalmaßnahmen bestehe.
Die Antragsgegnerin beantragt,
10 
den Antrag abzulehnen.
11 
Sie verneint einen Anordnungsanspruch; die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausschreibung der Dezernentenstelle seien insgesamt gegeben.
II.
12 
Die nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaften Anträge bleiben in der Sache erfolglos.
13 
Fraglich ist bereits, ob den Antragstellern eine Antragsbefugnis in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO zur Seite steht. Der Sache nach machen sie einen Anspruch darauf geltend, dass sich der Gemeinderat nicht mit einem vom Oberbürgermeister auf die Tagesordnung gesetzten Verhandlungsgegenstand befasst. Eine Rechtsgrundlage, die einen solchen Anspruch stützen könnte, vermag das Gericht jedoch nicht zu erkennen. Zwar ist in § 34 Abs. 1 S. 4 GemO vorgesehen, dass ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu nehmen ist, wenn dies von einem Viertel der Gemeinderäte beantragt wird. Ein einsprechendes Minderheitenrecht auf Nichtbefassung sieht die Gemeindeordnung jedoch nicht vor.
14 
Jedenfalls ist insoweit ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nur summarisch möglicher Prüfung ist das Gericht vielmehr der Auffassung, dass eine Beschlussfassung des Gemeinderats über die die Ausschreibung einer weiteren Beigeordnetenstelle sowie die Festlegung der Wahlmodalitäten rechtlich nicht zu beanstanden sein dürfte. Nach Verabschiedung des Nachtragshaushaltsplans und dessen Inkrafttreten dürfte der Umsetzung der am 11. Dezember 2007 beschlossenen Änderung der Hauptsatzung nichts mehr im Wege stehen und insbesondere dem Klageantrag Nr. 2 im Verfahren 3 K 153/08 der Boden entzogen sein. Dem dürfte auch nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden können, dass der Erlass des Nachtragshaushalts nicht „unverzüglich“ i.S. des § 82 Abs. 2 GemO erfolgt sei. Vielmehr spricht viel dafür, dass der Nachtragshaushalt jedenfalls dann noch „ohne schuldhaftes Verzögern“ und damit unverzüglich erlassen wurde, wenn er in Kraft gesetzt wird, bevor haushaltswirksame Verpflichtungen entstanden sind. Dies dürfte bei der Einstellung oder Beförderung von Beamten i.S. von § 82 Abs. 2 Nr. 4 GemO erst mit der Aushändigung einer Ernennungsurkunde der Fall sein (vgl. § 12 Abs. 1 LBG).
15 
Schließlich ist auch ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Denn durch die Beschlussfassung des Gemeinderats über die Ausschreibung und die Modalitäten der Wahl eines Beigeordneten wird ein von den Antragstellern verfolgter Unterlassungsanspruch, eine weitere Dezernentenstelle zu schaffen, nicht vereitelt oder wesentlich erschwert. Dabei fällt maßgeblich ins Gewicht, dass durch die beabsichtigte Beschlussfassung noch keine nicht wieder rückgängig zu machenden Fakten geschaffen werden. Vielmehr dürfte die Stadt Karlsruhe, gestützt auf ihr Organisationsrecht als Dienstherr, bis zur Aushändigung der Ernennungsurkunde an den für das Beigeordnetenamt gewählten Bewerber befugt sein, bislang getroffene Maßnahmen - Änderung der Hauptsatzung, Nachtragshaushalt, Stellenausschreibung - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise wieder rückgängig zu machen und von einer Stellenbesetzung abzusehen, ohne damit die Rechtsstellung von Bewerbern zu berühren (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. April 1996 - 2 C 21.95 -, BVerwGE 101, 112 = DVBl 1996, 1146 = VBlBW 1997, 16; OVG Lüneburg, Beschl. v. 5. Mai 2006 - 5 ME 60/06 -, ; VGH Kassel, Beschl. v. 17. Juni 1992 - 1 TG 37/92 -, NVwZ-RR 1993, 94).
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V. mit 52 Abs. 1 GKG (vgl. Streitwertkatalog 2004, Nr. 1.5 und 22.7).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Mai 2008 - 3 K 1374/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Mai 2008 - 3 K 1374/08

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Mai 2008 - 3 K 1374/08 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Landbeschaffungsgesetz - LBG | § 12


(1) Durch Enteignung a) kann Eigentum an Grundstücken oder Grundstücksteilen einschließlich des dem Eigentümer gehörigen Zubehörs entzogen oder belastet werden,b) können andere Rechte an Grundstücken sowie Rechte, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Durch Enteignung

a)
kann Eigentum an Grundstücken oder Grundstücksteilen einschließlich des dem Eigentümer gehörigen Zubehörs entzogen oder belastet werden,
b)
können andere Rechte an Grundstücken sowie Rechte, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die Benutzung von Grundstücken beschränken, entzogen werden.
Grundstücksgleiche Rechte stehen dem Eigentum an Grundstücken gleich. Teile des Zubehörs sind auf Antrag des Eigentümers von der Enteignung auszunehmen, wenn ihre Enteignung zu einer unbilligen Härte für den Eigentümer führen würde und sie für die in § 1 angeführten Zwecke nicht dringend benötigt werden oder sie anderweitig beschafft werden können.

(2) Die Entziehung des Eigentums an Grundstücken ist nur zulässig, wenn der erstrebte Zweck nicht schon durch Eingriffe nach Absatz 1 Buchstabe b oder durch eine Belastung des Grundstücks oder durch Begründung eines Nutzungsverhältnisses erreicht werden kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.