Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Mai 2007 - 2 A 1307/06

15.05.2007

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 100 v. H. der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Rückübertragung des Gutes N.

2

Das etwas unter 100 ha große Gut N. gehörte bis zu seinem Tod an 02. November 1942 Herrn J. von H., dem Großvater des Klägers. Neben dem Gut N. besaß Herr von H. noch das ca. 250 ha große Gut C. bei D. (N.).

3

Herr von H. hatte 1942 ein mit einer Schreibmaschine geschriebenes Testament aufgesetzt. Nach der Kopie einer beglaubigten Abschrift des gemeinschaftlichen Erbscheins nach Herrn Karl von H. vom 13. August 1947 ist Herr Siegfried von H. ebenso wie seine fünf Geschwister zu einem Achtel Erbe. Seine Mutter, Frau E. von H., erbte danach zu einem Viertel. Am 21. Februar 1949 schlossen die Erben einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag, wonach Herr S. von H. - der Vater des Klägers - das Gut N. allein erhalten sollte.

4

Mit Schreiben vom 22. Februar 1949 teilte die Kommission für Bodenreform des Kreises H. Frau E. von H. mit, dass die Kommission wegen des Besitzes des weiteren Gutes C. davon ausgehe, dass das Gut N. nach der Verordnung zur Durchführung der Bodenreform vom 05. September 1945 in den Bodenfonds falle, falls Frau von H. nicht den Beweis erbringe, dass das Gut C. nicht in ihrem Eigentum stehe.

5

Am 10. August 1949 schrieb die Landesbodenkommission an das Amt für Bodenreform des Kreises H., dass die Landesbodenkommission in ihrer Sitzung vom 28. Juli 1949 folgenden Beschluss gefasst habe:

6

"Die 95 ha große in N. bei Ne. gelegene Landwirtschaft, die den Erben des 1942 verstorbenen Großgrundbesitzers K. v. H. gehört, wird gemäß der Verordnung 19 Art. II Ziff. 3 in Verbindung mit Art. III Ziffer la und ld in den Bodenfonds überführt und der WG übergeben. Das Testament des verstorbenen K. v. H. wird nicht anerkannt."

7

Mit Schreiben vom 20. August 1949 wies die Vereinigung Volkseigener Güter (WG) die Landeskommission für Bodenreform darauf hin, dass nur die Deutsche Wirtschaftskommission das Gut N. der VVG zuweisen könne.

8

Am 05. Oktober 1949 setzte die Deutsche Wirtschaftskommission das Gut N. auf die Liste der enteigneten Betriebe. Die Eingabe, mit der sich der Rechtsanwalt der Familie von H. gegen den Beschluss der Landesbodenkommission vom 28. Juli 1949 gewandt hatte, wurde durch den Landtag des Landes Mecklenburg am 30. März 1950 als unbegründet zurückgewiesen.

9

Mit Schreiben vom 06. März 1950 wies die Landesbodenkommission die Kreiskommission für Bodenreform in H. an, die sofortige Räumung des am 28. Juli 1949 enteigneten Gutes in N. durchzuführen, da Einsprüche beim Landtag des Landes Mecklenburg gegen Beschlüsse der Landeskommission für Bodenreform keinerlei aufschiebende Wirkung auf deren Durchführung hätten.

10

Im Grundbuch von N., Blatt 7, wurde 1951 die Vereinigung volkseigener Güter als Rechtsträger des Gutes und unter Eigentümer "Eigentum des Volkes" eingetragen. Der entsprechende Rechtsträgernachweis datiert vom 15. Juli 1951. Das Grundbuch ist im Jahre 1977 geschlossen worden. In einer Liste des Kreises H. vom 02. Oktober 1951 über die durch die Bodenreform enteigneten Großgrundbesitzer ist das Gut N. mit einer Größe von 95 ha verzeichnet.

11

Herr S. von H. meldete unter dem 25. September 1990 Restitutionsansprüche an dem Gut N. an. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. September 1993 ab, da das Gut auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Zuge der Bodenreform entschädigungslos enteignet worden sei und daher die Rückübertragung ausgeschlossen sei. Der Bescheid wurde bestandskräftig, als Herr S. von H. die dagegen gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (Az.: 5 A 1198/94) zurücknahm.

12

Mit notariellem Vertrag vom 04. Oktober 2002 trat Herr S. von H. seine vermögensrechtlichen Ansprüche an seinen Sohn - den Kläger - ab.

13

Der Kläger beantragte unter dem 21. Dezember 2005 bei dem Beklagten, das mit Bescheid vom 16. September 1993 abgeschlossene Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen und an ihn das Gut N., Landkreis L., ehemals Kreis H., zurückzuübertragen. Zur Begründung trug er vor, im Sommer 2005 habe die "775-Jahr-Feier" in N. stattgefunden. Dort sei von einigen Leuten vor Ort erzählt worden, dass man allgemein der Meinung sei, dass die damalige Enteignung zu Unrecht erfolgt sei. Er habe daraufhin Ermittlungen angestellt, um die Hintergründe der Enteignungsgeschichte in Erfahrung zu bringen. Dabei habe er kürzlich Unterlagen aufgefunden. Er könne nunmehr beweisen, dass es erst am 03. März 1950 zu einer Enteignung des Gutes gekommen sei. Dies ergäbe sich auch aus dem vorgelegten Tagebuchauszug seiner Großmutter. Aufgrund der vorgelegten Dokumente werde deutlich, dass nicht nur die ehemalige Eigentümerin, sondern auch andere Stellen, wie die Raiffeisenkasse, das Finanzamt H. und die Sozialversicherung sie über die Gründung der DDR im Oktober 1949 hinaus als Eigentümerin angesehen hätten.

14

Zum anderen läge eine besatzungshoheitliche Enteignung nicht vor, weil sich auf einem Schreiben seiner Großmutter an die russische Ortskommandantur vom 16. November 1945 ein handschriftlicher Bearbeitungsvermerk in russischer Sprache - ausgefertigt von zwei russischen Offizieren - befinde, aus dem sich ergebe, dass diese die Flächengröße geprüft hätten, zu einer Größe von 96,42 ha gekommen seien und den Beschluss gefasst hätten, diesen Hof nicht zu enteignen. Es liege daher ein sowjetisches Enteignungsverbot vor.

15

Dies ergäbe sich auch aus den Erklärungen von Herrn H. von H., Herrn W. C. und Frau E. K., die unabhängig voneinander von den entsprechenden Verhandlungen mit den Russen und deren Erfolg berichtet hätten.

16

Der Kläger machte folgende Unterlagen zum Gegenstand seines Antrages:

17

- Schreiben der Großmutter des Klägers vom 16.11.1945 an die russische Ortskommandantur nebst handschriftlicher Bemerkung,

18

- Übersetzung des russischsprachigen Vermerks (mit roter Tinte) auf dem Originalbrief der Großmutter des Klägers vom 16.11.1945:

19

"Ist überprüft

20

Boden vorhanden 96,24

21

Unterliegt nicht der Aufteilung.

22

Militärkommandant: (Unterschrift)

23

(Unterschrift) (Wort vor der zweiten Unterschrift evtl.: Major - Üb.)

16.11.1945"

24

- Vermerk über einen Anruf am 16.09.1949 von Herrn Ku., wonach Frau von H. wohnen bleiben solle, bis der Landtag endgültig entschieden habe,

25

- Schreiben des Rechtsanwalts von Frau von H., Herrn Dr. Ka., vom 16.09.1949,

26

- Schreiben der Raiffeisenkasse vom 14.09.1949,

27

- Schreiben der Kreiskommission für Bodenreform an Rechtsanwalt Dr. Ka. vom 17.09.1949,

28

- Schreiben des Bürgermeisters von N. an die Kreiskommission für Bodenreform vom 05.01.1950,

29

- Schreiben von Frau E. von H. an die Kreiskommission für Bodenreform vom 05.02.1950,

30

- Dokumente der Landesversicherungsanstalt (LVA) Mecklenburg- Vorpommern zur Abgabe von Sozialversicherungsbeiträgen,

31

- Auszug aus dem Tagebuch von Frau E. von H.,

32

- Unterlagen des Finanzamtes H.,

33

- Schreiben von Frau E. von H. vom 15.07.1950 an die Sozialversicherung in Mecklenburg-Vorpommern,

34

- Schreiben von Frau von H. an das Wohnungsamt vom 20.11.1950, in dem es heißt: "weil ich noch am 03.03.1950 durch die Bodenreform enteignet wurde ...",

35

- Schreiben von Herrn H. von H. an Bürgermeister G., in dem erwähnt wird: "am 03.03.1950 enteignet",

36

- Eidesstattliche Erklärung von Herrn H. von H. die Enteignung im Frühjahr 1950 betreffend,

37

- Erklärung von Herrn W. C. - eines Schulfreundes des Vaters des Klägers - vom 11.12.2005 zur Enteignung,

38

- Erklärung der Frau E. K., der Tochter des damaligen LPG-Leiters, die auf dem Hof bis 2001 lebte und dort 1940 geboren wurde, über Erzählungen ihres Vaters zur Enteignung.

39

Den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17. August 2006 ab, nachdem er dem Kläger Gelegenheit gegeben hatte, zur beabsichtigten Entscheidung Stellung zu nehmen. In der Begründung heißt es, es bestünden schon Zweifel, ob es sich bei den vom Kläger vorgelegten Unterlagen um neue Beweismittel handele. Jedenfalls handele es sich nicht um Beweismittel, die tatsächlich eine günstigere Entscheidung für den Betroffenen herbeigeführt hätten. Auch wenn diese Unterlagen zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides am 16. September 1993 vorgelegen hätten, hätte er - der Beklagte - die Rückübertragung des Gutes in N. abgelehnt, denn die Unterlagen wiesen nicht nach, dass das Gut nicht im Zuge der Bodenreform und somit auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden sei.

40

Für die Feststellung, zu welchem Zeitpunkt und auf welcher Grundlage das Gut enteignet worden sei, komme es nicht auf die Beurteilung der Eigentums- und Besitzverhältnisse durch die Raiffeisenkasse, das Finanzamt und die Sozialversicherung an. Auch seien die Schreiben und das Tagebuch der Großmutter des Klägers für die Beurteilung der Enteignungsfrage nicht maßgebend. Dies gelte auch für die Schreiben des Bürgermeisters an die Kreiskommission für die Bodenreform. Erklärungen von Zeitzeugen, die lediglich eine persönliche Einschätzung darstellten, seien nicht geeignet, um eine Enteignung festzustellen. Im Übrigen sagten die Erklärungen in erster Linie darüber etwas aus, dass seinerzeit mit der russischen Kommandantur über eine Enteignung verhandelt worden sei. Weiterer Schriftwechsel habe lediglich ausgesägt, dass Frau von H. bis zur endgültigen Entscheidung des Landtages in N. wohnen bleiben könne.

41

Im vorliegenden Fall habe die Besatzungsmacht entgegen der Auffassung des Klägers die Enteignung des Gutes auch nicht verboten. Der handschriftliche Vermerk auf dem Brief der Großmutter des Klägers an die russische Ortskommandantur vom 16. November 1945 weise lediglich aus, dass die Besatzungsmacht eine Überprüfung hinsichtlich des Gutes vorgenommen habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es auf Grund der Größe unter 100 ha nicht der Aufteilung unterliege. Die Überprüfung habe sich ausschließlich auf die Größe bezogen. Insoweit möge die Überprüfung auch zunächst richtig gewesen sein. Die Ortskommandantur habe zu dem Zeitpunkt keine Kenntnis von dem weiteren Gut C. gehabt, so dass tatsächlich landwirtschaftliches Vermögen über 100 ha bestanden habe. Unterlagen für ein Enteignungsverbot der Besatzungsmacht zu einem späteren Zeitpunkt existierten nicht.

42

Der Kläger hat am 01. September 2006 Klage erhoben. Er trägt zur Begründung vor, der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens sei zulässig. Sämtliche jetzt vorgelegten Unterlagen hätten der Behörde bei Erlass des Ausgangsbescheides vom 16. September 1993 nicht vorgelegen. Er sei ohne grobes Verschulden außerstande gewesen, die Wiederaufgreifensgründe in dem früheren Verfahren - insbesondere durch Rechtsbehelf - geltend zu machen. Das Gericht habe seinerzeit nach dem Stand der damaligen Beweismittel darauf hingewiesen, dass dieser nicht ausreiche, um einen Zugriff nach Gründung der DDR zu belegen. Die jetzt vorgelegten Unterlagen hätten im damaligen Verfahren noch nicht vorgelegen. Es sei nicht grob schuldhaft, dass sein Vater auf einen richterlichen Hinweis bei damaliger Erkenntnislage die Klage zurückgenommen habe. Dies entspräche vielmehr den üblichen Gepflogenheiten.

43

Erst durch die anlässlich der 750-Jahr-Feier im Sommer 2005 geführten Gespräche habe er eine Veranlassung zu den Recherchen gehabt, die er unverzüglich aufgenommen habe. Der Wiederaufgreifensantrag sei auch begründet. Die Beweismittel belegten zunächst, dass ein Zugriff vor Gründung der DDR gefehlt habe. Die vorgelegten Beweismittel bewiesen ferner, dass eine Enteignung, sollte sie tatsächlich vor Gründung der DDR faktisch vollzogen worden sein, gegen den erklärten Willen der sowjetischen Besatzungsmacht verstoßen hätte. Mithin sei der Klage aus zwei voneinander unabhängigen Gründen stattzugeben.

44

Aus den aufgezählten Unterlagen ergebe sich, dass aus der Sicht der Eigentümerin bzw. derjenigen, die man damals als Eigentümerin des Hofes angesehen habe und die die Rechte ihres testamentarisch bedachten Sohnes wahrgenommen habe, erst am 03. März 1950 eine Enteignung des Gutes N. vorgenommen worden sei. Auf diese subjektive Bewertung, die sich insbesondere aus dem vorgelegten Tagebuchauszug der Großmutter ergebe, komme es an. Dieses Bild werde durch die weiteren Unterlagen gestützt. So seien bis Februar 1950 Sozialversicherungsbeiträge und Steuern erhoben worden.

45

Die von dem Beklagten für die Annahme einer besatzungshoheitlichen Enteignung angeführten Dokumente datierten zum größten Teil auf einen Zeitpunkt nach Gründung der DDR. Sie bestätigten daher die diesseitige Auffassung, der Enteignungszugriff sei nach Gründung der DDR erfolgt.

46

Es liege im vorliegenden Fall zudem ein sowjetisches Enteignungsverbot vor. Dies ergebe sich aus den Erklärungen von Herrn H. von H., Herrn W. C. und Frau E. K., die alle unabhängig voneinander von den entsprechenden Verhandlungen mit den Russen und deren Erfolg berichteten.

47

Ganz konkret ergebe sich dies aber vor allem aus den handschriftlichen Anmerkungen auf dem Schreiben seiner Großmutter vom 16. November 1945 in russischer Sprache. Die russischen Offiziere, von denen einer offenbar der angeschriebene Militärkommandant gewesen sei, hätten offensichtlich die Angaben der Petentin geprüft und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass das Gut tatsächlich eine Größe von unter 100 ha gehabt habe. Sie hätten offenbar auch wegen des persönlichen Leumundes des vormaligen Eigentümers keine Bedenken gegen eine Freigabe gehabt und daher verfügt, dass das Objekt nicht der Aufteilung unterliege. Im russischen Sprachgebrauch für die Bodenreform seien in vielen Fällen die Begriffe "Aufteilung" und "Enteignung" synonym verwandt worden. Die Eingangsformulierung des Schreibens vom 16. November 1945, wonach die Absenderin der an sie gerichteten Aufforderung zur schriftlichen Angabe der Größenverhältnisse des ihr gehörenden Hofes in N. und der Darlegung ihrer persönlichen Verhältnisse wie folgt nachkomme, mache deutlich, dass die Aufforderung von der sowjetischen Kommandantur gekommen sein müsse, da das Schreiben direkt an die sowjetische Ortskommandantur B. gerichtet gewesen sei. Auch zeige das Schreiben, dass es der Ortskommandantur nicht nur um die Größe, sondern auch um die politische Belastungssituation gegangen sei, was seine Großmutter mit den Worten "Darlegung meiner persönlichen Verhältnisse" deutlich gemacht habe. Dies mache deutlich, dass es eine nicht nur durch deutsche Stellen, sondern unmittelbar durch die sowjetische Kommandantur initiierte Überprüfung der Legitimität der Enteignung der maßgeblichen Vermögenswerte gegeben habe. Eine andere plausible Erklärung für diesen Vorgang gäbe es nicht. Allein dies erkläre auch den ungewöhnlichen Umstand, dass das Objekt - anders als bei allen anderen landwirtschaftlichen Objekten - nicht schon im Herbst 1945 enteignet und zur Aufsiedlung gebracht worden sei. Dies könne nur mit einem nachhaltigen Widerstand der sowjetischen Besatzungsmacht gegen eine Enteignung im vorliegenden Fall erklärt werden. Es liege also eine hinreichende sowjetische Willenserklärung vor, die sich gegen die Enteignung gerichtet habe. Es komme nicht darauf an, ob die sowjetische Kommandantur Kenntnis davon gehabt habe, dass das landwirtschaftliche Vermögen zusammen mit dem Gut K. mehr als 100 ha betragen habe. Die Motive für ein sowjetisches Enteignungsverbot seien nicht maßgeblich. Das sowjetische Enteignungsverbot für den Hof N. sowie der ungewöhnlich späte Enteignungszeitpunkt Anfang 1950 stünden in einem untrennbaren Zusammenhang mit der vor Ort bekannten massiv regimekritischen Haltung der Familie von H. im dritten Reich. Nach 1945 sei seine Großmutter Mitglied der National Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) geworden, um ihren Beitrag im öffentlichen Leben zu leisten. Dies habe dazu geführt, dass die NDPD beim Landtag gegen die Anfang der 50iger Jahre vollzogene Enteignung ausdrücklich mit der Schilderung der gegen die NSDAP gerichteten Haltung seiner Großmutter und ihrer drohenden Verhaftung durch die Gestapo argumentiert habe.

48

Um ein sowjetisches Enteignungsverbot zu widerlegen, müsse der Beklagte einen "actus contrarius" der sowjetischen Besatzungsmacht benennen, der das einmal ausgesprochene Enteignungsverbot wieder aufgehoben habe. Eine bloß duldende Hinnahme der sowjetischen Besatzungsmacht gegenüber einer trotz des Enteignungsverbotes erfolgten deutschen Enteignung genüge für die Aufhebung eines einmal ausgesprochenen Enteignungsverbotes nicht. Der Beklagte habe kein einziges Dokument vorgelegt, das einen sowjetischen Zugriff belege oder eine sowjetische Willenserklärung beinhalte, aus der man schließen könne, dass das einmal ausgesprochene und hier bewiesene sowjetische Enteignungsverbot wieder aufgehoben worden sei.

49

Soweit der Kläger "die familiäre Vorgeschichte der Enteignung" schildert, wird auf Seite 7 ff. des Schriftsatzes vom 09. März 2007 Bezug genommen.

50

Der Kläger beantragt,

51

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2006 zu verpflichten, das mit Bescheid des Beklagten vom 16. September 1993 abgeschlossene Rückübertragungsverfahren wiederaufzugreifen und an den Kläger die in der Anlage aufgelisteten Grundstücke (B1.121 der Gerichtsakte) zurückzuübertragen, sowie die Restitutionsberechtigung dem Grunde nach für die Hoffläche mit Gutshaus und Wirtschaftsgebäude, Flurstück-Nr. 148/4 (0,0757 ha), 158/2 (0,0501 ha), 162/1 (ca. 3,5 ha), 162/2 (ca. 0,1 ha), 163 (0,8092 ha), 164/2 und 164/3 (1,002 ha) von der TLG im Jahre 2000 verkauft, festzustellen, sowie festzustellen, dass dem Kläger gegen die TLG insoweit ein Erlösauskehranspruch zustehe. Der Beklagte beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf dessen Begründung und trägt ergänzend vor, bei sämtlichen Unterlagen, die der Kläger mit seinem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens vorgelegt habe, handele es sich nicht um neue Beweismittel, die geeignet seien, für den Kläger eine günstigere Entscheidung herbeizuführen. Der Antrag dürfte bereits unzulässig sein, denn der Kläger hätte bei der ihm zumutbaren Sorgfaltspflicht und unter Berücksichtigung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht die Unterlagen schon im Restitutionsverfahren vorlegen können. Er hätte bereits damals und nicht erst im Rahmen der 775-Jahr-Feier Erkundigungen in N. einholen können, die sicherlich schon seinerzeit zum Auffinden der Unterlagen geführt hätten. In dem Bescheid vom 16. September 1993 sei entgegen der Auffassung des Klägers eine Bodenreformenteignung ausführlich dokumentiert worden. Ein sowjetisches Enteignungsverbot habe nicht vorgelegen.

54

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten dieses Verfahrens und des Verfahrens 5 A 1198/94 sowie zwei Ordner des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

55

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

56

Der angefochtene Bescheid vom 17. August 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

57

Der Kläger hat zwar einen zulässigen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gestellt. Er hat gleichwohl keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens, denn die neuen Beweismittel ändern nichts an der Einschätzung, dass der Ausgangsbescheid vom 16. September 1993 im Ergebnis rechtmäßig war.

58

Nach § 51 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG M-V) hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn (1.) sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, (2.) neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden oder (3.) Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) gegeben sind.

59

Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen, § 51 Abs. 2 VwVfG M-V.

60

Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat, § 51 Abs. 3 VwVfG M-V.

61

Der Kläger beruft sich auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG M-V, der auch allein in Betracht kommt, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die dem Verwaltungsakt vom 16. September 1993 zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nach seinem Erlass zugunsten des Betroffenen geändert haben könnte oder dass Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind.

62

Voraussetzung ist danach also das Vorliegen eines neuen Beweismittels. Darunter sind neben Beweismitteln, die während der Anhängigkeit des ersten Verwaltungsverfahrens noch nicht existierten, wie sich aus § 51 Abs. 2 VwVfG M-V ergibt, auch solche Beweismittel zu verstehen, die damals zwar schon vorhanden waren, aber ohne (grobes) Verschulden des Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig beigebracht werden konnten (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.04.1982 - 8 C 75/80 - DÖV 1982, S. 856).

63

Die von dem Kläger erstmals vorgelegten Schreiben existierten zwar überwiegend bereits während der Anhängigkeit des ersten Verwaltungsverfahrens, sie wurden aber ohne (grobes) Verschulden von dem Kläger erst später beigebracht. Es steht nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Klägers fest, dass weder er noch sein Vater bis zum Sommer 2005 Kenntnis von diesen Unterlagen hatten. Es handelt sich damit um neue Beweismittel. Ob ein Beweismittel neu ist, ist aus der Sicht des Betroffenen - d.h. des Antragstellers - zu beurteilen. Auf die Kenntnis der Behörde kommt es nicht an (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., 2005, § 51, Rz. 33).

64

Der Kläger war auch ohne grobes Verschulden außerstande, die Beweismittel in dem früheren Verfahren vorzulegen.

65

Grobes Verschulden sind Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt. Fehler, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer gerechnet werden muss, begründen keine grobe Fahrlässigkeit. Dazu gehören Vergessen, Irrtümer und bloße Nachlässigkeiten.

66

Bezogen auf § 51 VwVfG M-V bedeutet dies, dass grobes Verschulden z.B. dann anzunehmen ist, wenn einem Betroffenen das Vorhandensein einer als Beweismittel benötigten Urkunde bekannt war oder doch sich den ganzen ihm bekannten Umständen zufolge aufdrängen musste, und er trotzdem unter Verletzung , der Mitwirkungspflicht gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V (§ 31 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen -Vermögensgesetz) und der einem ordentlichen Verfahrensbeteiligten zumutbaren Sorgfaltspflicht sich nicht weiter um die Sache kümmerte (Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 51 Rn. 45; Sachs, aa0, § 51 Rn. 127).

67

Legt man dies zugrunde, kann dem Kläger nicht vorgehalten werden, nicht bereits früher die Nachforschungen angestellt zu haben, die nun zum Auffinden der Unterlagen führten. Er - bzw. sein Vater - hatte keine Veranlassung, davon auszugehen, dass der vom Beklagten ermittelte Sachverhalt unvollständig sein könnte. Von dem Umstand, dass man im Dorf seinerzeit der Ansicht gewesen sei, die Enteignung sei auch nach damaligem Verständnis nicht einwandfrei und insbesondere nicht von dem Willen der Besatzungsmacht gedeckt gewesen, hat der Kläger zufällig auf der Jubiläumsfeier 2005 erfahren. Dass derartige Gespräche einen solchen Verlauf nehmen und bei Nachforschungen Unterlagen zu Tage treten könnten, die jedenfalls für die Richtigkeit dieser Annahme sprechen könnten, konnte der Kläger vorher nicht wissen. Es entspricht deshalb jedenfalls keinem groben Verschulden, dass er die Nachforschungen nicht bereits vorher und damit zu einer Zeit, als er keinen Anhaltspunkt für einen möglichen Erfolg solcher Recherchen hatte, angestellt hat.

68

Dass der Kläger die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG M-V eingehalten hat, wonach der Antrag binnen drei Monaten nach Kenntnis von dem Grund für das Wiederaufgreifen gestellt werden muss, hat auch der Beklagte nicht bestritten.

69

Die Beweismittel sind aber nach der Überzeugung der Kammer im Ergebnis inhaltlich nicht geeignet, ein Wiederaufgreifen des Verfahrens auszulösen, ändern sie doch nichts daran, dass der Beklagte zu Recht von einer besatzungshoheitlichen Enteignung ausgeht. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist damit nicht begründet.

70

Es ist für denjenigen, der einen Antrag auf das Wiederaufgreifen eines Verfahrens stellt, nichts damit gewonnen, wenn zwar an die Begründetheit dieses Antrages mindere Anforderungen gestellt werden, dann jedoch im nachfolgenden Verfahrensabschnitt - im wiederaufgenommenen Verwaltungsverfahren - ein Erfolg nur erreicht wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die zunächst "ausgespart" wurden. Angesichts dessen ergibt sich: § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG M-V verpflichtet die Behörde - und im gerichtlichen Verfahren das Gericht - zu prüfen, ob das neue Beweismittel zu Gunsten des Betroffenen durchgreift (BVerwG, Urt. v. 21.04.1982 - 8 C 75/80 - DÖV 1982, S. 856; Meyer in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., 2003, § 51, Rz. 13).

71

Der Restitutionsanspruch ist hier nach § 1 Abs. 8 Buchst. a.) VermG ausgeschlossen.

72

Danach kommt eine Rückübertragung - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Absätze 6 und 7 des § 1 VermG - bei Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nicht in Betracht.

73

Unter Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne dieser Vorschrift sind solche zu verstehen, die zwar nicht - wie die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage - auf Beschluss der sowjetischen Besatzungsmacht vorgenommen wurden, die aber auf deren Wünsche oder Anregungen zurückgehen oder sonst ihrem generellen oder im Einzelfall geäußerten Willen entsprachen (BVerwG, Urt. v. 30.06.1994 - 7 C 58/93; BVerfG, Beschl. vom 28.11.1996 - 1 BvR 1249, 1260/94 -ZOV 1997, S. 34).

74

Für diesen Zurechnungszusammenhang ist von vorentscheidender Bedeutung, ob die Enteignung vor oder nach der Gründung der DDR erfolgt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.02.1995 - 7 C 53.94 -ZOV 1995, S. 147; Beschl. v. 16.10.1996 - 7 B 232/96 - ZIP 1996, S. 2126).

75

Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Enteignung der hier betroffenen Vermögenswerte bereits vor dem 07. Oktober 1949 greifbar zum Ausdruck kam und der Besatzungsmacht dies zuzurechnen war.

76

Der Enteignungsbegriff des Vermögensgesetzes ist vornehmlich in einem faktischen Sinne zu verstehen. Eine Enteignung ist immer dann anzunehmen, wenn der frühere Eigentümer durch hierauf gerichtete staatliche Maßnahmen vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt worden ist. Deshalb müssen, soweit der Restitutionsausschluss für Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG die Bestimmung des Zeitpunkts der Enteignung erfordert, gleichfalls vornehmlich faktische Kriterien herangezogen werden. Entscheidend ist, wann die Enteignung des jeweiligen Vermögenswerts in der Rechtswirklichkeit erstmals greifbar zum Ausdruck kam (BVerwG, Urt. v. 06.12.1996 - 7 C 9/96 - VIZ 1997, S. 220; Beschl. v. 10.02.2005 - 7 B 146/04 - ZOV 2005, S. 228).

77

Das bloße In-Kraft-Treten der Bodenreformverordnung reicht für die Annahme eines faktischen Zugriffs nicht aus. Denn es war mit dem erforderlichen Vollzugselement noch nicht verbunden. Die Vorschriften der Bodenreformverordnung bedurften noch einer weiteren Umsetzung durch staatliche Stellen im Sinne eines tatsächlichen Zugriffs auf den jeweiligen landwirtschaftlichen Betrieb, um die endgültige und vollständige Verdrängung des bisherigen Eigentümers aus seinem Eigentum deutlich zu machen (BVerwG, Urt. v. 08.10.2003 - 8 C 28/02 - ZOV 2004, S. 38).

78

Die Anwendung faktischer Kriterien für die Enteignung kann für unterschiedliche Vermögenswerte desselben Eigentümers zu unterschiedlichen Enteignungszeitpunkten führen (vgl. zum sog. "sukzessiven Vermögensentzug" BVerwG, Urt. v. 06.12.1996 - 7 C 9/96 - VIZ 1997, S. 220). Für die Annahme des staatlichen Zugriffs reicht es aus, dass für Teilflächen des Gutes ein Eigentumsentzug nachweisbar ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.06.1996 - 7 B 149/96 - VIZ 1996, S. 580).

79

Ob der tatsächliche Zugriff von einer Art ist, die den Schluss auf eine wirksame Vermögenseinziehung zulässt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Eine Enteignung in diesem Sinne setzt keine bestimmte Form voraus. Die Bedingung, dass der frühere Eigentümer durch hierauf gerichtete Maßnahmen vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt worden ist, kann beispielsweise dann erfüllt sein, wenn der Vermögensgegenstand beschlagnahmt, in staatliche Verwaltung genommen, in Volkseigentum oder in den Bodenfonds überführt oder in einer Weise behandelt wurde, die den Eigentumsverlust deshalb erkennen ließ, weil staatliche Stellen sich wie ein Eigentümer gerierten (BVerwG, Urt. v. 29.06.2006 - 7 C 18/05 - ZOV 2006, S. 313).

80

Dass es - auch in dem dargestellten faktischen Sinne - spätestens 1950 zu einer Enteignung des Gutes N. gekommen ist, steht zwischen den Beteiligten außer Streit und wird durch den Akteninhalt belegt.

81

Zu unterschiedlichen Antworten kommen die Beteiligten nur in Bezug auf die Frage, ob dieser (faktische) Zugriff bereits vor oder nach dem 07. Oktober 1949 erfolgt ist.

82

Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die vorliegenden Dokumente belegen, dass die staatlichen (deutschen) Stellen bereits vor diesem Stichtag die Enteignung bezogen auf den Einzelfall beschlossen und deren Durchführung eingeleitet haben. Dass die bereits vor dem 07. Oktober 1949 eingeleitete Enteignung erst danach zum Abschluss kam, ändert bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nichts daran, dass der Zugriff insgesamt als vor dem Stichtag erfolgt anzusehen ist.

83

Es kommt insbesondere nicht auf den letzten Akt eines in aller Regel gestreckten Enteignungsvorganges an. Wenngleich die maßgebliche (wertende) Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles Verallgemeinerungen verbietet, ist tendenziell eher der erste Akt erheblich, nämlich der, mit dem die Enteignung des jeweiligen Vermögenswerts in der Rechtswirklichkeit erstmals greifbar zum Ausdruck kam. So wird z.B. oftmals die spätere Umschreibung des Grundbuchs einen bloßen Vollzug einer bereits zuvor erfolgten Enteignung im Sinne eines faktischen Zugriffs darstellen (BVerwG, Urt. v. 06.04.1999 - 8 B 6/99 - JURIS).

84

Die Kammer, die in Übereinstimmung mit beiden Beteiligten einen faktischen Enteignungsbegriff für maßgeblich hält, versteht diesen - anders als dies der Kläger vertritt - aber nicht in einem subjektiven Sinne, wonach gleichsam entscheidend sei, zu welchem Zeitpunkt der frühere Eigentümer sich tatsächlich aufgrund der staatlichen Maßnahmen als aus dem Eigentum verdrängt gefühlt habe.

85

Wenn auf den faktischen Zugriff abgestellt wird, wird damit zunächst nicht einer objektiven, sondern einer normativen Betrachtung entgegengetreten. Maßgebend ist also nicht, "ob der Vermögensverlust mit den damals geltenden Rechtsvorschriften inhaltlich im Einklang stand oder hiernach wirksam war" (BVerwG, Urt. v. 06.12.1996 - 7 C 9/96 - VIZ 1997, S. 220), sondern zu welchem Zeitpunkt sich die staatlichen Stellen des Eigentums (tatsächlich) bemächtigt haben. Das Vermögensgesetz knüpft an den Geltungsanspruch der jeweiligen staatlichen Macht- und Herrschaftsordnung an und erfasst daher auch solche Vermögenswerte, die dem Rechtsinhaber ungeachtet etwaiger Rechtsmängel faktisch entzogen worden sind (BVerwG, Urt. v. 06.12.1996 - 7 C 9/96 - VIZ 1997, S. 220).

86

Auf die Kenntnis und das Empfinden des Eigentümers ist dabei grundsätzlich nicht abzustellen. So ist es ohne Belang, ob eine Enteignungsurkunde dem früheren Eigentümer bekanntgegeben wurde und ob eine Urkunde über die Enteignungsmaßnahme überhaupt erteilt wurde (BVerwG, Urt. v. 18.01.1996 - 7 C 76/94 - VIZ 1996, S. 266). Es liegt umgekehrt auch keine nach dem Vermögensgesetz wieder gutzumachende Enteignung vor, wenn ein zur Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilter Eigentümer sich bei Rechtskraft des ihm verkündeten Urteils zwar subjektiv als vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt betrachten musste, der Einziehungsausspruch aber objektiv keinen Zugriff auf den betroffenen Vermögensgegenstand zur Folge hatte (BVerwG, Urt. v. 29.06.2006 - 7 C 18/05 - ZOV 2006, S. 313).

87

Für die Feststellung einer in dem dargestellten Sinne faktischen Enteignung gewinnt eine subjektive Komponente dann Bedeutung, wenn die auf die Enteignung gerichteten staatlichen Maßnahmen hinsichtlich ihres Umfangs nicht hinreichend bestimmt sind. Wie Willenserklärungen können auch Realakte mehrdeutig oder unklar sein. Stellt man auf das reale Handeln für den Eintritt eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmales ab, wie dies für die Enteignung und den Enteignungszeitpunkt im Sinne von § 1 Abs. 8a VermG geschieht, ist der "Inhalt" dieses Handelns zu bestimmen. Ähnlich wie bei der Auslegung von Willenserklärungen kann es dann nicht auf die innere Motivationslage des Handelnden ankommen. Entscheidend ist vielmehr, wie der "Adressat" dieser Handlungen sie verstehen konnte und verstehen musste. Abzustellen ist also auf den Empfängerhorizont, allerdings nach einem verobjektivierten Maßstab.

88

In diesem Sinne versteht die Kammer auch die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit subjektiv formulierten Definitionen einer faktischen Enteignung und folgt dieser.

89

Wenn sich z.B. aus einer eher abstrakten Maßnahme wie der Eintragung in einer sog. Liste A im Einzelfall nicht ergibt, ob sich die Enteignung auch auf den Besitz außerhalb des betreffenden Bezirkes, für den die Liste galt, erstrecken sollte, kann ein faktischer Zugriff auch auf diese Vermögenswerte in der Tat erst angenommen werden, wenn der frühere Eigentümer die Maßnahme "auf sich und sein Vermögen beziehen" musste (BVerwG, Urt. v. 06.12.1996 - 7 C 9/96 - VIZ 1997, S. 220). Ob (bzw. wann) sich der frühere Eigentümer als vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt "betrachten" musste, ist entscheidend, wenn sich die Eintragung eines Unternehmens in die Liste der enteigneten Betriebe nicht auf das gesamte Unternehmen, sondern nur auf einen Gesellschaftsanteil bezogen haben könnte (BVerwG, Urt. v. 28.01.1999 - 7 C 10/98 - ZOV 1999, S. 224).

90

Wenn ein faktischer Zugriff der "Auslegung" bedarf, kommt es also darauf an, ob der Eigentümer die betroffene Maßnahme auf sich und sein Vermögen beziehen musste bzw. sich als vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt betrachten musste. Das macht deutlich, dass es eben nicht darauf ankommt, ob der frühere Eigentümer die betroffene Maßnahme tatsächlich auf sich und sein Vermögen bezogen oder sich tatsächlich vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt betrachtet hat, sondern ob er dies hätte müssen.

91

Es kommt deshalb bezogen auf den vorliegenden Fall nicht auf das subjektive Empfinden der Großmutter des Klägers an. Es bestanden zudem auch keine Unklarheiten hinsichtlich des Umfangs der Enteignung. Allen Beteiligten war bekannt, dass das Enteignungsverfahren bereits mit dem Schreiben vom 22. Februar 1949 aufgenommen wurde und sich stets auf einen vollständigen Verlust der Verfügungsmacht über das hier betroffene Gut bezog. So wurde vor dem maßgeblichen Stichtag, nämlich am 28. Juli 1949 von der Landesbodenkommission und am 05. Oktober 1949 von der Deutschen Wirtschaftskommission beschlossen, das Gut N. zu enteignen. Durch diese einzelfallbezogene Entscheidung wurde die Eigentümerin - bzw. die, die man dafür hielt - vollständig und endgültig aus ihrem Eigentum verdrängt. Mit diesem Zugriff, dessen weiterer Vollzug nachfolgend vorgenommen wurde, kam die Enteignung des Gutes erstmals greifbar zum Ausdruck. Dass Frau von H. auf den Erfolg ihrer dagegen - vor dem Stichtag - erhobenen Rechtsbehelfe vertraut haben mag, bis sie den Hof 1950 verlassen musste, kann als wahr unterstellt werden, ändert aber nichts an dem Ergebnis.

92

Die Maßnahmen erstreckten sich vor dem 07. Oktober 1949 nicht auf rein behördeninterne Vorgänge, sondern kamen bereits in der Rechtswirklichkeit zum Ausdruck. Lediglich die weiteren "Zwangsmaßnahmen", womit die Frage des Wohnortes von Frau von H. gemeint war (vgl. u.a. Vermerk K. vom 16. September 1949), wurden zunächst aufgeschoben, sind aber nicht mehr in Frage gestellt worden. Das Schreiben des Rechtsanwalts von Frau von H., Herrn Dr. K., vom 16.09.1949 belegt zwar, dass es eine Vereinbarung zwischen Landtag und Landeskommission für die Bodenreform in dieser Sache gegeben hat. Aus dem Schreiben geht aber auch hervor, dass "bis zur Entscheidung des Landtages in dieser Angelegenheit nichts geändert werden" sollte. Das besagt aber, dass die zuvor getroffene Entscheidung der Landesbodenkommission über die Enteignung der Landwirtschaft Bestand haben sollte. Die spätere Entscheidung des Landtages führte zu keinem anderen Ergebnis.

93

Die Enteignung ist der sowjetischen Besatzungsmacht zuzurechnen.

94

Die Enteignung erfolgte aufgrund der Verordnung Nr.19 der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern über die Bodenreform im Lande Mecklenburg-Vorpommern vom 5. September 1945 (Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern 1946, S. 14; abgedruckt bei Fieberg/Reichenbach, RWS-Dokumentation, Enteignungen und offene Vermögensfragen in der ehemaligen DDR, Bd. I, Ziff. 2.7.1). Artikel II Nr. 3 dieser Verordnung sah eine Enteignung "des Bodens der Junker, Feudalherren und der Großgrundbesitzer mit über 100 ha Land mit allen darauf befindlichen Bauten, allem lebenden und toten Inventar und sonstigem landwirtschaftlichen Vermöge" vor.

95

Die Enteignung im Rahmen der Bodenreform erfährt ihren besatzungshoheitlichen Charakter durch den SMAD-Befehl Nr. 110 vom 22. Oktober 1945 (Verordnungsblatt der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg vom 15. November 1945; abgedruckt bei Fieberg/Reichenbach, RWS-Dokumentation 7, Enteignungen und Offene Vermögensfragen in der ehemaligen DDR, Bd. I, Ziff. 2.4.3), der "die früheren durch die Provinzialverwaltungen und die Verwaltungen der föderalen Länder auf den Gebieten der gesetzgebenden, richterlichen und vollziehenden Gewalt erlassenen Verordnungen für gesetzkräftig" erklärt (vgl. Neuhaus in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Kommentar, § 1, Rz. 84). Diese Enteignungen wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht nicht nur hingenommen, sondern entsprachen ihrem erklärten Willen (BVerfG, Urt. v. 23. April 1991 - 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 - BVerfGE 84, 90 <114>; vgl. auch die eingehende Schilderung bei Gertner, Die Bodenreform in der SBZ, ZOV 1995, 5.330 <3331>).

96

Zu keinem anderen Ergebnis führt die Tatsache, dass das Gut N. selbst keine 100 ha groß war. Es entsprach dem damaligen Rechtsverständnis, dass sich ein staatlicher Zugriff im Zuge der Bodenreform auf den gesamten Hof erstrecken sollte. Nach Artikel III Nr. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 19 der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern über die Bodenreform im Lande Mecklenburg-Vorpommern vom 5. September 1945 (Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern 1946, S. 14; abgedruckt bei Fieberg/Reichenbach, RWS-Dokumentation, Enteignungen und offene Vermögensfragen in der ehemaligen DDR, Bd. I, Ziff. 2.7.1) wurde bei der Anwendung der Bestimmungen des Artikel II über die Enteignung als eine Wirtschaft betrachtet (a.) der Grundbesitz der einem Besitzer gehört, sich aber in verschiedenen Teilen Deutschlands befindet; (b.) der Grundbesitz von Mann und Frau; (c.) der Grundbesitz von Eltern und unmündigen Kindern; (d.) der Grundbesitz von Miteigentümern.

97

Es kommt nicht darauf an, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift, auf die die Landesbodenkommission offensichtlich Bezug nahm, tatsächlich vorlagen, denn das in § 1 Abs. 8 Buchst. a) VermG enthaltene Tatbestandsmerkmal "auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage" weist keinen unmittelbaren Bezug zur Rechtmäßigkeit der Enteignung nach damaligen Recht auf. Von Belang ist nur, auf welche Rechtsnormen oder Hoheitsakte der Enteignende seine Maßnahme gründete und ob sie in den Verantwortungsbereich der Besatzungsmacht fiel. Das folgt aus dem Zweck des Restitutionsausschlusses, die Sowjetunion hinsichtlich der von ihr zu verantwortenden Enteignungen von dem die Restitution begleitenden Unrechtsvorwurf freizustellen (BVerwG, Urt. v. 28.7.1994 - 7 C 14/94 -, ZIP 94, S. 1480). Es gilt der Grundsatz der Unüberprüfbarkeit der von der sowjetischen Besatzungsmacht zu verantwortenden Enteignungsmaßnahmen durch deutsche Gerichte (BGH, Beschl. v. 27.04.1995 - III ZR 206/94 - VIZ 1995, S. 410).

98

Da der Sowjetunion in der Besatzungszone die oberste Hoheitsgewalt zukam, konnte sie bei der Verwirklichung der von ihr angeordneten Maßnahmen jederzeit lenkend und korrigierend eingreifen. Infolgedessen erstreckt sich ihre Verantwortung grundsätzlich auf die von deutschen Stellen geübte Enteignungspraxis selbst dann, wenn die einschlägigen Rechtsgrundlagen exzessiv ausgelegt oder nach rechtsstaatlichen Grundsätzen willkürlich angewendet wurden (BVerfG, Urt. v. 23.04.1991 - 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 - BVerfGE 84, 90 <115>; BVerwG, Beschl. v. 16.10.1996 - 7 B 232/96 - ZIP 1996, S. 2126).

99

Etwas anderes kann nur dann angenommen werden, wenn die Besatzungsmacht das Handeln generell oder im Einzelfall ausdrücklich missbilligt oder ein entsprechendes Verbot verhängt hatte mit der Folge, dass dem widersprechende Maßnahmen keine Rechtsgeltung zeitigen sollten (BVerwG, Urt. v. 28.7.1994 - 7 C 14/94 - ZIP 94, S. 1480; Urt. v. 08.10.2003 - 8 C 28/02 - ZOV 2004, S. 38).

100

Von einem solchen Verbot oder einer ausdrücklichen Missbilligung geht die Kammer im vorliegenden Fall nicht aus.

101

Die Kammer legt zwar mit dem Kläger zugrunde, dass die 1945 vorgenommene Prüfung und der in diesem Zusammenhang ergangene Vermerk der Besatzungsmacht dazu geführt haben werden, dass zunächst kein Zugriff auf das Gut erfolgt ist. Die Kammer hält den Vermerk, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegt hat und der sich in Farbkopie bei den Akten befindet, für echt. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

102

Dem Kläger ist ferner darin zuzustimmen, dass es für die Feststellung eines Enteignungsverbotes wegen der Unüberprüfbarkeit der sowjetischen Maßnahmen nicht darauf ankommen kann, ob die Annahmen der Kommandantur, die zu einem solchen führten, tatsächlich vorlagen, oder ob sie sich gleichsam in einem Motivirrtum befand und zu welchem Ergebnis sie bei Kenntnis der wahren Sachlage gekommen wäre.

103

Die Kammer versteht den Einwand des Beklagten, der handschriftliche Vermerk auf dem Brief der Großmutter des Klägers weise lediglich aus, dass die Besatzungsmacht eine Überprüfung hinsichtlich des Gutes vorgenommen habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es auf Grund der Größe unter 100 ha nicht der Aufteilung unterliege, aber auch nicht so, dass damit die Entscheidung des Ortskommandanten überprüft werden solle.

104

Ob ein Enteignungsverbot ausgesprochen wurde und wie weitgehend es zu verstehen ist, hängt von dem Ergebnis einer Auslegung der Erklärungen der Besatzungsmacht ab. Wenn es in dem mit roter Tinte angefertigten Vermerk heißt "Unterliegt nicht der Aufteilung", ist es ebenfalls das Ergebnis einer Auslegung, wenn man darin mit dem Kläger nicht nur ein Verbot der Aufteilung, sondern bereits des logisch vorgelagerten Zugriffs versteht.

105

Die Kammer versteht diese Äußerung des Kommandanten dahingehend, dass es keinen Zugriff auf das Gut geben solle, weil Grund und Boden (nur) in einem Umfang von 96,24 ha vorhanden ist. Auf dieses Ergebnis hat der Kommandeur nach seiner eigenen Erklärung abgestellt. Der Vermerk bietet keinen Anhalt dafür, dass das Gut unabhängig von seiner Größe nicht enteignet werden soll. Die später vorgenommene Enteignung geht jedoch auch nicht von einer Größe von mehr als 100 ha aus, sondern wendet die von der Besatzungsmacht ausdrücklich gebilligten Vorschriften zur Zusammenrechnung mehrerer Güter auf den Einzelfall an. Das war weder nach allgemeinen Verlautbarungen der Besatzungsmacht noch nach dem Vermerk vom 16. November 1945 untersagt. Es bleibt deshalb dabei, dass diese Enteignung der Besatzungsmacht, die bis zum 07. Oktober 1949 jederzeit lenkend und korrigierend eingreifen konnte, zuzurechnen ist.

106

Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass Frau von H. in ihrem Schreiben an die Russische Ortskommandantur in B. auf ihre persönlichen Verhältnisse einging. Auch wenn man mit dem Kläger eine entsprechende Aufforderung unterstellt, folgt daraus nicht, dass ein auf die Person bezogenes Enteignungsverbot ausgesprochen worden ist. Der persönliche Leumund ist für die Frage von Bedeutung gewesen, ob auch bei weniger als 100 ha eine Aufteilung zu verfügen wäre. Für eine Auslegung des russischen Vermerks im Sinne eines Verbotes der Zusammenrechnung beider Höfe gibt das Anschreiben von Frau von H. schon deswegen nichts her, weil das Gut in C. dort keine Erwähnung fand.

107

Wenn es ein ausdrückliches auf den Hof bezogenes und unabhängig von der Frage, ob der Besitz zusammenzurechnen sei, bestehendes Verbot der Besatzungsmacht gegeben haben sollte, wäre im übrigen nicht zu erklären, weshalb weder die Großmutter des Klägers noch ihr Anwalt ihre Eingaben aus dem Herbst 1949 an sowjetische Stellen richteten oder jedenfalls darauf Bezug nahmen, obwohl Frau Emma von H. jedenfalls seit dem Schreiben vom 22. Februar 1949 von der Absicht deutscher Stellen wusste, das Gut N. im Hinblick auf den weiteren Besitz in C. (bzw. K.) zu enteignen.

108

Auch die Erklärungen von Herrn H. von H., Herrn W. C. und Frau E. K. belegen nur, dass sich Vertreter der sowjetischen Militäradministratur mit dem Fall befasst haben, wie dies schon der in roter Tinte geschriebene Vermerk nachweist. Dass diese Prüfung ein von der Größe der Ländereien und damit den Voraussetzungen der Bodenreformverordnung unabhängiges Enteignungsverbot zum Gegenstand hatte, vermag die Kammer diesen Erklärungen nicht zu entnehmen.

109

So ist der Umstand, dass der hier betroffene Hof anders als andere landwirtschaftliche Güter nicht schon im Herbst 1945 enteignet und zur Aufsiedlung gebracht wurde, keineswegs ungewöhnlich, solange die staatlichen Stellen von einer Größe von unter 100 ha ausgehen mussten. Dass sie dies taten, belegt ein Schreiben vom 09. April 1951 an Herrn Rechtsanwalt N., in dem der Abteilungsleiter K. ausführte, die Landeskommission für Bodenreform vertrete den Standpunkt, die Verantwortlichen der Raiffeisenkasse müssten zur Rechenschaft gezogen werden, weil ihnen auf Grund ihrer langjährigen Geschäftsverbindung 1948 der Besitz in K. mit 250 ha bekannt gewesen sei. Diese Personen hätten indirekt bei der Verheimlichung des Großgrundbesitzes der Frau von H. geholfen.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Mai 2007 - 2 A 1307/06 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Vermögensgesetz - VermG | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die a) entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;b) gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokra

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 26 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art einholen,2. Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehm

Vermögensgesetz - VermG | § 31 Pflichten der Behörde


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen, der Antragsteller hat hierbei mitzuwirken. Soweit die Behörde bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Anspruch nach diesem Gesetz die für die Höhe des Anspruchs erheblichen Tatsachen nicht

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen, der Antragsteller hat hierbei mitzuwirken. Soweit die Behörde bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Anspruch nach diesem Gesetz die für die Höhe des Anspruchs erheblichen Tatsachen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln kann, hat sie die Höhe des Anspruchs zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere, wenn der Antragsteller über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskünfte verweigert.

(1a) Vergleiche sind zulässig.

(1b) Ist nicht festzustellen, welcher Vermögenswert Gegenstand des Antrags ist, so fordert die Behörde den Antragsteller auf, innerhalb von vier Wochen ab Zugang der Aufforderung nähere Angaben zu machen. Die Frist kann verlängert werden, wenn dem Antragsteller eine fristgerechte Äußerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, insbesondere in den Fällen des § 1 Abs. 6. Macht der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist keine näheren Angaben, so wird sein Antrag zurückgewiesen.

(1c) Werden Ansprüche nach § 1 Abs. 6 geltend gemacht, so finden für die Todesvermutung eines Verfolgten § 180 und für den Nachweis der Erbberechtigung § 181 des Bundesentschädigungsgesetzes entsprechende Anwendung.

(1d) In den Fällen des Übergangs von Rechtstiteln nach Artikel 3 Abs. 9 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Regelung bestimmter Vermögensansprüche vom 13. Mai 1992 (BGBl. 1992 II S. 1223) spricht eine Vermutung für die Richtigkeit der Rechtstatsachen, die den Entscheidungen in dem Programm der Vereinigten Staaten von Amerika über Ansprüche gegen die Deutsche Demokratische Republik gemäß dem Bundesgesetz der Vereinigten Staaten von Amerika 94-542 vom 18. Oktober 1976 zugrunde gelegt worden sind.

(2) Die Behörde hat die betroffenen Rechtsträger oder staatlichen Verwalter sowie Dritte, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, über die Antragstellung, auf Antrag unter Übersendung einer Abschrift des Antrags und seiner Anlagen, zu informieren und zu dem weiteren Verfahren hinzuzuziehen. Ist der Vermögenswert im Bereich eines anderen Amtes oder Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen belegen, so hat sie dieses unverzüglich unter genauer Bezeichnung des Antragstellers und des Vermögenswertes über die Antragstellung zu unterrichten.

(3) Auf Verlangen hat der Antragsteller Anspruch auf Auskunft durch die Behörde über alle Informationen, die zur Durchsetzung seines Anspruches erforderlich sind. Hierzu genügt die Glaubhaftmachung des Anspruches. Die Auskunft ist schriftlich zu erteilen. Wird ein Antrag auf Rückgabe eines Unternehmens gestellt, so hat die Behörde dem Antragsteller, wenn er seine Berechtigung glaubhaft macht, zu gestatten, die Geschäftsräume des Unternehmens zu betreten und alle Unterlagen einzusehen, die für seinen Antrag Bedeutung haben können.

(4) Die Behörde ist berechtigt, vom Rechtsträger, derzeitigen Eigentümer, staatlichen Verwalter sowie weiteren mit der Verwaltung von Vermögenswerten Beauftragten umfassende Auskunft zu fordern.

(5) Die Behörde hat in jedem Stadium des Verfahrens auf eine gütliche Einigung zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsberechtigten hinzuwirken. Sie setzt das Verfahren aus, soweit ihr mitgeteilt wird, dass eine gütliche Einigung angestrebt wird. Kommt es zu einer Einigung, die den Anspruch des Berechtigten ganz oder teilweise erledigt, so erlässt die Behörde auf Antrag einen der Einigung entsprechenden Bescheid; § 33 Abs. 5 findet Anwendung. Die Einigung kann sich auf Gegenstände erstrecken, über die nicht im Verfahren nach diesem Abschnitt zu entscheiden ist. Absatz 2 bleibt unberührt. Der Bescheid wird sofort bestandskräftig, wenn nicht der Widerruf innerhalb einer in dem Bescheid zu bestimmenden Frist, die höchstens einen Monat betragen darf, vorbehalten wird.

(6) Haben die Parteien einen Antrag nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 gestellt, so gibt die Behörde dem Antrag statt, wenn Interessen Dritter im Sinne des Absatzes 2 nicht berührt sind. Die Behörde ist dem Schiedsgericht zur Auskunft über alle Informationen verpflichtet, die das Schiedsgericht für seine Entscheidung benötigt. Sie ist an die Entscheidung des Schiedsgerichts gebunden.

(7) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind bis zum Erlass entsprechender landesrechtlicher Bestimmungen die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Verwaltungszustellungsgesetzes und des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die

a)
entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;
b)
gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand;
c)
durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden;
d)
auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates vom 9. Februar 1972 und im Zusammenhang stehender Regelungen in Volkseigentum übergeleitet wurden.

(2) Dieses Gesetz gilt des weiteren für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden.

(3) Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

(4) Dieses Gesetz regelt ferner die Aufhebung der

-
staatlichen Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben;
-
vorläufigen Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) sowie von juristischen Personen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Berlin (West), die Staatsorganen der Deutschen Demokratischen Republik durch Rechtsvorschrift übertragen wurde;
-
Verwaltung des ausländischen Vermögens, die der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik übertragen wurde
(im folgenden staatliche Verwaltung genannt) und die damit im Zusammenhang stehenden Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten.

(5) Dieses Gesetz schließt die Behandlung von Forderungen und anderen Rechten in bezug auf Vermögenswerte gemäß den Absätzen 1 bis 4 ein.

(6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet.

(7) Dieses Gesetz gilt entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.

(8) Dieses Gesetz gilt vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für

a)
Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage; Ansprüche nach den Absätzen 6 und 7 bleiben unberührt;
b)
vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden;
c)
Anteilrechte an der Altguthabenablösungsanleihe;
d)
Ansprüche von Gebietskörperschaften des beitretenden Gebiets gemäß Artikel 3 des Einigungsvertrages, soweit sie vom Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 660) erfasst sind.