Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 04. Feb. 2019 - 17. Kammer
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 535/19.A gegen die in Ziffer 4 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 15. Januar 2019 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
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2Die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 535/19.A gegen die in Ziffer 4 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 15. Januar 2019 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
3Gem. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen. Dies ist der Fall. Die Würdigung des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid, der Antragsteller besitze nicht die syrische Staatsangehörigkeit, vermag nach diesem Maßstab nicht zu tragen. Der 1979 geborene Antragsteller gibt an, kurdischer Volkszugehörigkeit zu sein und etwa 100km von der Stadt Hasaka entfernt aus dem syrischen Dorf B. zu stammen. Er gehöre der Personengruppe der Maktumin an und besitze eine weiße Dorfvorsteherbescheinigung. Er sei Bauer bzw. Schäfer gewesen und habe eine Kuh besessen. Einen festen Wohnsitz habe er nicht gehabt, er sei herumgezogen. Mit Geld habe er nicht so viel zu tun gehabt, deswegen könne er keine syrischen Geldscheine benennen. Im Alter von etwa 17 Jahren sei ihm in einer Operation in der Türkei, wo seine Großmutter, die in Qamishli geboren sei, gelebt habe, ein Hirntumor entfernt worden, dadurch leide er an Epilepsie. Diesen Befund bestätigt ein Arztbrief des B1. -L. Krankenhauses in F. . Der beim Bundesamt zur Herkunft befragte Dolmetscher gab an, ihm sei eine genaue Zuordnung nicht möglich, der Antragsteller spreche teils mit syrischem, teils mit türkischem Dialekt.
4Vor dem Hintergrund der nachvollziehbaren Unsicherheiten über die Herkunft des Antragstellers hat die Antragsgegnerin sodann (folgerichtig) einen Termin für eine Sprach- und Textanalyse anberaumt, die auch am 11. Oktober 2016 erfolgte (Bl. 65 VV). Wie bei dieser Tatsachenlage dennoch der Einzelentscheider deutlich über zwei Jahre später aus eigener Anschauung, ohne das gutachterliche Ergebnis der von der Antragsgegnerin selbst eingeleiteten Sprachanalyse abzuwarten und eingedenk der Tatsache, dass der Antragsteller offenkundig ein nomadenartiges Leben als Bauer bzw. Schäfer geführt und einen lokal begrenzten, nicht bildungsorientierten Hintergrund hat sowie eingedenk einer früheren Kopfoperation mit Entfernung eines Hirntumors und kognitiver Beeinträchtigungen, zu der Überzeugung gelangen konnte, der Antragsteller sei kein Syrer, ist rechtlich nicht nachvollziehbar und begründet ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides.
5Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist ein Einzelentscheider regelmäßig nicht in der Lage, aus eigener Anschauung über die streitgegenständliche Frage der Staatsangehörigkeit eines die kurdische Volkszugehörigkeit innehabenden Antragstellers aus dem arabischen Raum ohne Zuhilfenahme eines Sprachgutachtens mit hinreichender Sicherheit zu befinden (vgl. bereits Beschluss vom 14. Mai 2018 – 17 L 895/18.A –, juris). Das Sprachgutachten aufwändig sind und oftmals die Gutachtenerstellung lange dauert, ist für sich genommen kein Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
6Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens (§§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG).
7Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.