Die Kläger wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer Doppelhaushälfte.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. * Gem., welches mit einem Wohnanwesen bebaut ist. Östlich grenzt das Grundstück Fl.Nr. * an. Auf dieses folgt östlich das Grundstück Fl.Nr. *. Das Grundstück Fl.Nr. * ist durch Teilung des Grundstücks Fl.Nr. * entstanden, d.h. ursprünglich grenzte östlich an das klägerische Grundstück das ungeteilte Grundstück Fl.Nr. *.
Sämtliche Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans für das Gebiet *-Mitte der (früheren) Gemeinde, der am 22. Oktober 1977 in Kraft getreten ist. Für den hier in Rede stehenden Bereich „WA1“ setzt der Bebauungsplan unter anderem zwei Vollgeschosse als Höchstgrenze und eine Wandhöhe von max. 6,50 m fest (Nr. 3,2 der textlichen Festsetzungen). Die Wandhöhe wird definiert als Abstand von der Oberkante des natürlichen Terrains bis Oberkante Fußpfette, gemessen an der Talseite (Nr. 3,4 der textlichen Festsetzungen). Unter Nr. „4 Bauweise“ bestimmt der Bebauungsplan, dass Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen gemäß Festsetzung durch Planzeichen zulässig sind (Nr. 4,2). Für das (seinerzeit ungeteilte) Grundstück Fl.Nr. * ergibt sich, dass nur ein Einzelhaus zulässig ist. Ferner sind für dieses Grundstück Baugrenzen festgesetzt.
Mit Bescheid vom 13. April 2017 erteilte der Beklagte die Baugenehmigung für den Neubau einer Doppelhaushälfte (Haus Ost) auf dem Grundstück Fl.Nr. *. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens Au 4 K 17.701.
Mit Bescheid vom 20. April 2017 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau einer Doppelhaushälfte (Haus West) auf dem Grundstück Fl.Nr. *. Befreiungen vom Bebauungsplan wurden gem. § 31 Abs. 2 BauGB mit der Maßgabe gewährt, dass
a) Abweichend von Nr. 4,2 ein Doppelhaus statt ein Einzelhaus errichtet werden darf,
b) die Baugrenze im nördlichen Teil durch das Wohnhaus antragsgemäß (um bis zu ca. 50 cm) überschritten werden darf.
Zur Begründung der Befreiungen wurde ausgeführt, diese hätten im Einvernehmen mit der Stadt * im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens gewährt werden können. Insbesondere führe die Befreiung hinsichtlich der Errichtung eines Doppelhauses statt eines Einzelhauses zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung der Eigentümer der Nachbargrundstücke. Die Anzahl der Wohneinheiten sei im Bebauungsplan nicht beschränkt worden. Durch die Errichtung eines Doppelhauses ergebe sich damit keine Erhöhung der insgesamt zulässigen Wohneinheiten. Zudem sei davon auszugehen, dass bei einem Einzelhaus mit mehreren Wohneinheiten durch die horizontale Trennung das Obergeschoss und insbesondere ein Balkon mehr genutzt werde als bei einem Doppelhaus. Ferner wurden Einwendungen der Kläger zurückgewiesen.
Die Kläger ließen am 19. Mai 2017 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,
die Baugenehmigung vom 20. April 2017 aufzuheben.
Die Baugenehmigungen seien mit Verfahrensfehlern behaftet. Die Baugenehmigung vom 20. April 2017 sei den Klägern entgegen Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO nicht zugestellt worden. Selbst wenn diese Baugenehmigung der Baugenehmigung vom 13. April 2017 informatorisch beigefügt gewesen wäre, sei die Zustellung mangels gesonderter Rechtsbehelfsbelehrung:nicht wirksam. Auch sei eine Zustellung nur an den Kläger zu 1 – über den Klägerbevollmächtigten –, nicht an die Klägerin zu 2, die Miteigentümerin sei, erfolgt.
Zudem verstießen die Baugenehmigungen gegen den einschlägigen Bebauungsplan, da die festgelegte Bebauung mit einem Einfamilienhaus durch die erteilten Befreiungen konterkariert werde. Dabei könne dahin stehen, ob diese Regelung dem Schutz der Kläger diene. Wenn dies der Fall sei, liege die Verletzung von Nachbarrechten auf der Hand. Die Abweichung zum Nachteil der Kläger sei ersichtlich nicht gerechtfertigt. Die genehmigte Bauplanung führe zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Eigentümer der Nachbargrundstücke. Zu Unrecht führe die Baugenehmigung aus, dass der Bebauungsplan die Anzahl der Wohneinheiten nicht beschränke. Vielmehr enthalte der Bebauungsplan eine Beschränkung auf jeweils eine Wohneinheit pro Grundstück. Die Bauherren versuchten, die eindeutige Festsetzung im Bebauungsplan dadurch zu unterlaufen, dass sie das Grundstück Fl.Nr. * geteilt hätten. Unzutreffend seien auch die Ausführungen in der Baugenehmigung betreffend die Möglichkeit einer horizontalen Teilung. Der Bebauungsplan sehe eindeutig eine Bebauung durch Einfamilienhäuser vor; dort sei eine horizontale Teilung ausgeschlossen. Eine besondere Härte gem. § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB liege ebenfalls nicht vor, da im Plangebiet eine Nutzung durch Einfamilienhäuser in gleicher Weise gegeben sei.
Eine Rechtsverletzung der Kläger liege auch dann vor, wenn die Festsetzung betreffend die Bebauung mit einem Doppelhaus nicht nachbarschützend sei. Bei der Erteilung der Befreiung seien nachbarliche Interessen nicht genügend gewürdigt worden. Das Bauvolumen der als Gesamtobjekt zu betrachtenden Doppelhäuser störe das Gesamtbild der ortsüblichen Bebauung erheblich. Insbesondere werde faktisch ein drittes Vollgeschoss errichtet. Auch betrage die talseitig gemessene Firsthöhe 9,84 m, die Gesamtbreite der Doppelhaushälfte liege bei 14,56 m. Im gesamten Baugebiet, insbesondere im, gebe es kein Gebäude, das ein solches Bauvolumen und eine solche Bauhöhe aufweise. Zudem liege im Bereich des Balkons eine Überschreitung des Baufensters vor. Damit sei das Anwesen mehr als doppelt so groß wie sämtliche benachbarten Häuser.
Zudem befinde sich das frühere Gesamtgrundstück Fl.Nr. * auf felsigem Grund und Boden. Bei Ausschachtungsarbeiten für das Kellergeschoss könne daher nur mit Sprengungen gearbeitet werden. Im Klägergrundstück befinde sich grundstücksnah ein Gaserdtank. Daher seien Sprengarbeiten hier nicht möglich. Ein daher notwendiges Bodengutachten habe der Bauherr nicht vorgelegt. Hierauf gingen die Baugenehmigungen nicht ein.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 12. Juli 2017,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unzulässig. Die Kläger seien nicht Nachbarn des Baugrundstücks, da dazwischen das Grundstück Fl.Nr. * liege. Daher sei auch eine Zustellung der Baugenehmigung an die Kläger nicht erfolgt.
Am 24. Juli 2017 führte der Berichterstatter einen Augenscheintermin durch.
Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2017 führten die Kläger weiter aus, dass nach einer vom Beigeladenen übermittelten Baugrunduntersuchung im Untergrund kompakter Fels anstehe, den der Nachbar habe wegsprengen müssen. Dies habe im Baugenehmigungsverfahren keine Rolle gespielt, obwohl die Erteilung der Baugenehmigung daher im Hinblick auf nachbarliche Belange zu hinterfragen sei.
Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schreiben vom 9. August 2017, die in der Baugrunduntersuchung aufgeführten Schwierigkeiten bei der Bauausführung seien weder im Verfahren nach Art. 59 BayBO noch nach Art. 60 BayBO relevant. Eine Bebauung der beiden Baugrundstücke sei jedenfalls nicht gänzlich unmöglich. Die Grundstücke seien gem. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 BayBO nach ihrer Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet.
Die Kläger ließen hierauf mit Schriftsatz vom 7. September 2017 erwidern, aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich, dass offensichtlich nicht alle relevanten Unterlagen vor Erteilung der Baugenehmigung vorgelegen hätten. Durch die Baugrunduntersuchung ergebe sich, dass die nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 BayBO erforderliche Beschaffenheit des Grundstücks gerade nicht gegeben sei, da für den notwendigen Bauaushub Sprengungen vorgenommen werden müssten.
Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 ließen die Kläger vortragen, beim – von den Voreigentümern in Auftrag gegebenen – Neubau des Wohngebäudes auf ihrem Grundstück sei man im Jahre 1991 auf Fels gestoßen, der gesprengt habe werden müssen. Darauf hätten die Eigentümer des Nachbargrundstücks * ein Beweissicherungsgutachten in Auftrag gegeben. Bei den darauf durchgeführten Sprengarbeiten sei es am Anwesen * zu erheblichen Schäden gekommen. Im Rahmen eines anschließenden zivilgerichtlichen Verfahrens sei festgestellt worden, dass diese Schäden vollständig auf die Sprengarbeiten zurückzuführen seien. Ein Gesamtschaden von ca. 100.000,- DM sei entstanden. Der Beklagte habe die Baugenehmigungen daher nur unter der Auflage erteilen dürfen, dass vor Durchführung der Baumaßnahme ein Bodengutachten einzuholen sei. Hieran anschließende Auflagen müssten verhindern, dass benachbarte Anwesen in Mitleidenschaft gezogen würden.
Der mit Beschluss vom 23. Mai 2017 Beigeladene äußerte sich nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.
Die Klage hat keinen Erfolg, denn die Kläger sind nicht gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die Kläger können nicht im Sinne dieser Vorschrift geltend machen, durch die streitgegenständliche Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein.
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz der betroffenen Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 16 m.w.N.). Notwendig für eine zulässige Klage ist demnach, dass der Drittkläger im öffentlich-rechtlichen Sinne Nachbar ist. Die Nachbareigenschaft eines Grundstückes i. S.d. Art. 66 BayBO setzt eine bestimmte räumliche Beziehung zum Baugrundstück voraus. Maßgeblich ist der Einwirkungsbereich des Bauvorhabens. Das Bauvorhaben muss so zum klägerischen Grundstück gelegen sein, etwa in einer solchen Entfernung, dass es sich auf dieses und besonders dessen Nutzung unmittelbar und tatsächlich auswirken kann (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 65).
Die Möglichkeit derartiger Auswirkungen der hier streitgegenständlichen Doppelhaushälfte „West“ auf das Grundstück der Kläger ist eindeutig und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen. Diese Doppelhaushälfte ist vom klägerischen Grundstück durch das etwa 14 m breite Grundstück Fl. * getrennt; diese Entfernung bestünde auch dann, wenn die von den Klägern beanstandete Teilung des Grundstücks Fl.Nr. * unterblieben wäre. Andere Auswirkungen auf das klägerische Grundstück als die des Baukörpers selbst – etwa Immissionen – sind bei einem Wohngebäude nicht zu erwarten. Es erscheint hier auch ausgeschlossen, dass durch den Baukörper der Doppelhaushälfte rechtlich schützenswerte Interessen der Kläger beeinträchtigt werden. Schon die Abstandsflächen der zum Grundstück der Kläger ausgerichteten Doppelhaushälfte Ost auf Fl.Nr. * sind deutlich eingehalten. Dies gilt damit erst recht für die vorliegende Doppelhaushälfte. Selbst wenn mit den Klägern – entgegen Art. 6 Abs. 4 BayBO und den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans (Nr. 3,4; Nr. 6,1) – auf die Firsthöhe der vorliegenden Doppelhaushälfte abgestellt würde (9,74 m), kämen die für die Belichtung, Belüftung und Besonnung des klägerischen Grundstücks maßgeblichen Abstandsflächen noch mit einem Abstand von mehreren Metern zum klägerischen Grundstück auf dem Grundstück Fl.Nr. * zu liegen. Auch das Interesse an der Aufrechterhaltung einer bestimmten Aussicht ist grundsätzlich kein schutzwürdiger Belang eines Drittbetroffenen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 26.7.2007 – 1 CS 07.865 – juris Rn. 17). Eine nicht nur die Aussicht schmälernde, sondern auch andere Belange beeinträchtigende unzumutbare „Riegelwirkung“ oder „erdrückende“ bzw. “einmauernde“ Wirkung auf das klägerische Grundstück (vgl. BayVGH, a.a.O.) ist bei der beschriebenen Sachlage (Abstand zum klägerischen Grundstück; weitgehende Unterschreitung des nötigen Abstands selbst bei Außerachtlassung der einschlägigen bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorgaben) offenkundig nicht gegeben.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Kläger meinen, auf dem Gesamtgrundstück Fl.Nr. * habe nach dem einschlägigen Bebauungsplan nur ein Einfamilienhaus errichtet werden dürfen. Abgesehen davon, dass der Bebauungsplan eindeutig ein „Einzelhaus“ festsetzt und damit gem. § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1968 lediglich Näheres zur (offenen) Bauweise vorgibt, wäre dem Begehren der Kläger bereits mit der – von ihnen im Verfahren Au 4 K 17.701 auch beantragten – Aufhebung der Baugenehmigung vom 13. April 2017 für die Doppelhaushälfte Ost Rechnung getragen.
Sind die Kläger in Bezug auf die streitgegenständliche Doppelhaushälfte keine Nachbarn gem. Art. 66 BayBO, waren sie auch nicht im Sinne dieser Vorschrift am Verfahren zu beteiligen. Im Übrigen ist Art. 66 BayBO keine drittschützende Vorschrift in dem Sinne, dass der Nachbar allein wegen ihrer Missachtung die Baugenehmigung erfolgreich anfechten könnte (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – a.a.O.).
Eindeutig keine Verletzung öffentlicher Nachbarrechte ergibt sich auch durch die Befürchtungen der Kläger, durch Sprengungen während der Bauarbeiten werde es zu Schäden an ihrem Wohnanwesen kommen; insoweit gilt Art. 68 Abs. 4 BayBO, wonach die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst, da er keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.