Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 31. Jan. 2018 - Au 4 K 17.1683

bei uns veröffentlicht am31.01.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird angewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung zur Errichtung einer wandmontierten Werbeanlage.

Mit Datum vom 9. November 2015 beantragte die Klägerin beim Landratsamt ... die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung ... (postalische Adresse: ...str., ...). Die Werbeanlage soll an der Außenwand eines ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäudes montiert werden. Für das Grundstück besteht kein Bebauungsplan.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 2015 lehnte der beigeladene Markt ... die Erteilung seines Einvernehmens unter Hinweis auf seine Werbeanlagensatzung ab, nach der Werbeanlagen nur an der Stätte der Leistung zulässig seien.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 hörte das Landratsamt ... die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung des Bauantrags an.

Nach einem Aktenvermerk teilte die Klägerin dem Landratsamt am 21. März 2017 telefonisch mit, weiter Interesse an der Werbeanlage zu haben.

Mit Beschluss vom 4. Mai 2017 lehnte der Beigeladene die Erteilung seines Einvernehmens erneut ab.

In der Folge holte das Landratsamt ... Stellungnahmen der Polizeiinspektion ... ein. Diese gingen mit E-Mails vom 12. Juni 2017 sowie vom 28. September 2017 beim Landratsamt ein.

Am 9. Oktober 2017 erließ das Landratsamt einen ablehnenden Bescheid. Die Erteilung der Baugenehmigung werde nach Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 BayBO abgelehnt, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche. Gemäß Art. 14 Abs. 2 BayBO dürfe die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch baulichen Anlagen oder deren Nutzung nicht gefährdet werden. Dies sei hier der Fall. Im weiteren Verlauf der ...straße zum geplanten Standort befinde sich ein ...-Markt. Auf der gegenüberliegenden Seite der geplanten Werbeanlage befinde sich das ...museum und im gleichen Gebäude bzw. diesem angehängt befinde sich der Bauhof, die Feuerwehr ... sowie die BRK Bereitschaft. In unmittelbarer Nähe zum geplanten Standort münde (ortsauswärts) von rechts die Straße „Im ...“ und (ortsauswärts) von links die Straße ... in die ...straße. Der Geh- und Radweg auf der linken Fahrbahnseite (ortsauswärts) ende bereits vor der Einmündung des .... Wie die Polizeiinspektion ... mitteile, müssten Fußgänger oder auf dem Gehweg radelnde Kinder, welche auf dieser Seite ortsauswärts unterwegs seien, in unmittelbarer Nähe zur geplanten Werbeanlage die Fahrbahn wechseln. Zudem querten die Besucher des Heimatmuseums auf unmittelbarer Höhe der geplanten Werbeanlage die Fahrbahn. Hinzu komme die Ausfahrt der Feuerwehr und der Bauhoffahrzeuge. Die Kombination aus querenden Fußgängern und Radfahrern sowie die Ausfahrt der Feuerwehr und Bauhoffahrzeuge im Kreuzungsbereich verlange die ganze Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer. Eine Werbeanlage in unmittelbarer Nähe, die planmäßig die Aufmerksamkeit auf sich lenken wolle, sei der verkehrserforderlichen Aufmerksamkeit abträglich. Durch die Ablenkung der Verkehrsteilnehmer sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall mit querenden Fußgängern bzw. Radfahrern oder auch mit aus der Straße Im ... einbiegenden Radfahrern zu rechnen. Auch die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h bis zur Höhe des Grundstücks ... unterstreiche dies, denn nach § 45 Abs. 1 Ziffer c) StVO könnten Tempo-30-Zonen in Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf ausgewiesen werden. Insgesamt komme die örtliche Polizeidienststelle zum Ergebnis, dass eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit vorliege. Dieser Einschätzung schließe sich das Landratsamt vollumfänglich an.

Die Klägerin ließ am 10. November 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung,, ..., zu erteilen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Errichtung der Werbeanlage gefährde nicht die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs gemäß Art. 14 Abs. 2 BayBO. Die Werbefläche solle innerorts an einem großflächigen Gebäude errichtet werden. Das Gebäude selbst befinde sich in einer Tempo-30-Zone. Die vor dem Gebäude verlaufende ...straße sei vollkommen gerade.

In Richtung ...-Markt verlaufe ein Fußgängerweg. Radelnde Kinder bis zum Alter von 12 Jahren dürften diesen Fußweg auch als Radweg benutzen. Zwischen dem Markendiscounter sowie dem ...-Markt befänden sich insgesamt sechs Häuser. Bereits aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass der Fußgängerverkehr auf dem Gehweg der ...straße sehr überschaubar sei. Der Einwand des Beklagten, Fußgänger oder Radfahrer müssten im Bereich der geplanten Werbefläche die Fahrbahnseite wechseln, sei nicht nachvollziehbar. Auch der Einwand, dass Besucher wegen des gegenüberliegenden Heimatmuseums im Bereich der Werbetafel die Straße überqueren müssten, stehe nicht entgegen. Die ...straße sei in diesem Bereich sowohl ortsauswärts wie ortseinwärts weithin überschaubar. Da die Fahrzeuge im Bereich der Werbetafel die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduzieren müssten und überdies die Besucherzahl des Heimatmuseums eher gering sein dürfte, könne keine Verkehrsgefährdung erkannt werden. Die im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid zitierte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs betreffe einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. In dieser Entscheidung habe die Werbefläche in der unmittelbaren Umgebung eines stark befahrenen Autobahnzubringers errichtet werden sollen. Weiter hätten dort eingeschränkte Sichtverhältnisse vorgelegen, bedingt durch eine Kurvensituation und eine Senke auf Höhe der Einfahrt zu einem Gewerbetrieb, weiter wegen der Einmündung eines Fuß- und Radwegs in den Zugbringer zur Bundesstraße gegenüber dem geplanten Standort. Hierdurch sei eine schwierige, komplexe Verkehrssituation hervorgerufen worden, die eine erhöhte Konzentration von allen Verkehrsteilnehmern erfordere. Hingegen herrsche am beantragten Standort weder eine enorme Verkehrsbelastung, noch würden erhebliche Geschwindigkeiten gefahren. Die Straße verlaufe schnurgerade, und sowohl Autofahrer als auch Fußgänger und Fahrradfahrer hätten ungehinderte Sicht auf einen weiten Verlauf der Straße. Hinzu komme, dass die Werbetafel lediglich für die ortsauswärtsfahrenden Kraftfahrer erkennbar sei.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 30. November 2017,

die Klage abzuweisen.

Auf die Ausführungen im Ablehnungsbescheid werde verwiesen. Im Übrigen sei auszuführen, dass nicht die Anwohner der ...straße, sondern die der Verbindungs Straße, die in Richtung der Märkte ... oder ... unterwegs seien, im Bereich der Werbeanlage die Fahrbahn überqueren müssten. Die Verkehrsgefährdung werde nicht ausschließlich auf die Besucher des Heimatmuseums zurückgeführt. Innerorts könne nie eine Verkehrsgefährdung angenommen werden, wenn dies nur bei enormer Verkehrsbelastung und erheblichen Geschwindigkeiten möglich sei. Zudem unterstreiche die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h die verkehrserforderliche Aufmerksamkeit. Auf die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1c StVO für eine Tempo 30-Zone werde verwiesen. An dem Vorliegen einer Gefährdung der Sicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs ändere nichts, dass die Werbetafel nur ortsauswärts zu sehen sei.

Am 12. Dezember 2017 führte der Berichterstatter einen Augenscheinstermin durch.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 legte der Beigeladene ein Luftbild mit den in Bebauungsplänen in der Umgebung festgesetzten Gebietsarten sowie den tatsächlichen Nutzungen der umgebenden Gebäude vor.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2017 bekräftigte der Beklagte, dass im vorliegenden Fall eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vorliege. Nach den Geschwindigkeitsüberwachungen aus dem Jahr 2017 passierten pro Stunde durchschnittlich 163 Fahrzeuge die ...straße. Damit handle es sich bei der ...straße nicht um eine unbedeutende Gemeinde Straße, sondern diese sei stark frequentiert. Zudem befänden sich gegenüber der beantragten Werbeanlage die Ausfahrt der Berg- und Wasserwacht sowie der Feuerwehr. Ferner befinde sich im ... eine Schulbushaltestelle. Die Schulkinder aus den angrenzenden Wohngebieten müssten in unmittelbarer Nähe zur geplanten Werbeanlage die Fahrbahn überqueren um den Schulbus zu erreichen. Schließlich befänden sich die Ausfahrten der Gebäude ... und ... direkt an der ...straße. Die Pkws müssten von den Stellplätzen rückwärts auf die ...straße einfahren. Dies verdeutliche, dass eine komplexe Verkehrssituation vorliege. Von allen Verkehrsteilnehmern sei erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich.

Mit Schriftsatz ihre Bevollmächtigten vom 16. Januar 2018 trug die Klägerin weiter vor, die beim Ortstermin aufgenommenen Fotos dokumentierten, dass keine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hervorgerufen würde. Der Straßenverlauf im Bereich der geplanten Anlage sei gerade, die beiden Einmündungen so gestaltet, dass der Einbiegevorgang in die ...straße im Wesentlichen ohne Ablenkung oder Beeinträchtigung durch die Tafel durchgeführt werden könne, und die Begrenzung der Geschwindigkeit auf 30 km/h sei geeignet, eventuelle Gefahrensituationen zu vermeiden. Aus dem vom Beigeladenen vorgelegten Luftbild ergebe sich, dass das Vorhabengrundstück einem faktischen Mischgebiet zuzuordnen sei. Auch könne allein die vom Beklagten herangezogene Frequentierung der ...straße keine Verkehrsgefährdung hervorrufen. Dies gelte auch für Geschwindkeitsüberschreitungen, die sich ohnehin in moderatem Rahmen bewegten. Die ...straße sei auch kein Unfallschwerpunkt. Bei ansonsten unproblematischen Verkehrsverhältnissen, wie sie hier vorlägen, sei nur im Ausnahmefall von einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch Ablenkung der Verkehrsteilnehmer auszugehen. Ein solcher Ausnahmefall liege hier nicht vor. Er ergebe sich auch nicht aus der Schulbushaltestelle, welche nicht im Sichtfeld der Werbetafel liege. Die Mehrheit der Schüler werde wie bisher die Straße westlich der geplanten Tafel die vollkommen gerade Straße von Gehweg zu Gehweg überqueren. Drei Häuser weiter (...straße) sei ebenfalls eine Werbeanlage errichtet, von der offenbar bisher keine Ablenkung ausgehe; dies und die baurechtliche Zulässigkeit müssten daher auch für die beantragte Anlage gelten.

Am 31. Januar 2018 fand die mündliche Verhandlung statt. Hinsichtlich deren Verlaufs wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Das Bauvorhaben verstößt gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, auf die sich der Beklagte berufen hat (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO). Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2017 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Der von der Klägerin beantragten Werbetafel steht Art. 14 Abs. 2 BayBO entgegen, wonach die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen nicht gefährdet werden darf. Die Vorschrift ist zwar nicht Gegenstand des hier einschlägigen Prüfprogramms des Art. 59 BayBO. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO durfte der Beklagte den Bauantrag jedoch auch wegen der Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften ablehnen, die nicht im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs wird nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 2 ZB 16.1288 – Rn. 4; B.v. 27.10.2011 – 15 ZB 10.2409 – juris Rn. 6; B.v. 24.2.2003 – 2 CS 02.2730 – juris Rn. 16) bereits dann – konkret – gefährdet, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder – anders ausgedrückt – „bloßer“ Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass durch die Anlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird, insbesondere ein Durchschnittskraftfahrer durch sie abgelenkt wird. Der Nachweis, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist oder eine hohe Wahrscheinlichkeit hierfür sind nicht erforderlich. Zur Annahme einer Gefahrenlage genügt daher die Feststellung, dass die konkrete Situation die Befürchtung nahelegt, dass – möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände – irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt. Geht es dabei – wie hier – um die Gefährdung von Leben und Gesundheit, sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze stellt die geplante verfahrensgegenständliche Werbeanlage eine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dar. Im Rahmen der erforderlichen prognostischen Einschätzung kommt Stellungnahmen der zuständigen polizeilichen Dienststellen – hier: der Polizeiinspektion ... – eine besondere Bedeutung zu (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 2 ZB 16.1288 – Rn. 5). Derartige Stellungnahmen sind zwar weder für die Genehmigungsbehörde noch für das Gericht bindend; sie haben jedoch namentlich angesichts der Sach- und Problemnähe der örtlichen (polizeilichen) Dienststellen eine nicht unerhebliche Aussagekraft (VG Augsburg, U.v. 16.12.2015 – Au 4 K 15.869 – juris Rn. 41). Die Polizeiinspektion ... hat eine Gefährdung der Verkehrssicherheit insbesondere deshalb angenommen, weil es im Bereich der geplanten Werbeanlage zu vermehrten Querungen der ...straße durch Fußgänger sowie zu Ausfahrten von Feuerwehr- und Bauhoffahrzeugen komme; diese verkehrliche Situation erfordere die ganze Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer, welcher die geplante Werbeanlage abträglich sei (vgl. Bl. 16 und Bl. 27 des Behördenakts). Diese – vom zuständigen Polizeibeamten in der mündlichen Verhandlung wiederholte – Beurteilung hält die Kammer bei eigener Würdigung der örtlichen und verkehrlichen Verhältnisse für zutreffend. Eine konkrete Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wird namentlich durch die im gerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse belegt.

Insbesondere angesichts des völlig geraden Verlaufs der ...straße und des im Vergleich zur umgebenden Bebauung südlich der ...straße vorspringenden Gebäudes, an dem die Werbeanlage angebracht werden soll – gerade dies soll offenbar der Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Werbeanlage zu Gute kommen –, wäre die geplante Anlage bereits von weitem aus Richtung Westen sichtbar. Insofern kommt es – was die Ablenkungswirkung der Anlage und darauf beruhende negative Folgen für die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer angeht – nicht allein auf den Bereich unmittelbar in Höhe der Werbeanlage an. Vielmehr ist mindestens auf die verkehrliche Situation ab der Einmündung der Straße „Im ...“ von Süden her abzustellen.

Maßgeblich zu berücksichtigen ist damit die Einmündungs- und Querungssituation im Bereich des von Norden in die ...straße einmündenden .... Dort befindet sich eine nach den Erkenntnissen der mündlichen Verhandlung gerade morgens stark frequentierte Schulbushaltestelle (insgesamt ca. 160 Schüler). Um zu dieser Schulbushaltestelle zu gelangen, müssen insbesondere die Schüler, die aus der westlich gelegenen Ortsmitte und aus den südlich der ...straße gelegenen Wohngebieten kommen, die ...straße an der Einmündung des ... überqueren. Auf der nördlichen Seite der ...straße befindet sich in Richtung Westen kein Gehweg. Selbst der südlich der ...straße verlaufende Gehweg ist schmal und bietet Fußgängern wenig Platz. Ein Fußgängerüberweg oder eine sonstige Querungshilfe ist nicht vorhanden, obwohl die ...straße jedenfalls für den Bereich des Beigeladenen eine – wie auch die vom Beklagten vorgelegten Zahlen belegen – beachtliche Verkehrsbedeutung hat, stellt sie doch – gerade auch für Touristen und Ausflügler – die Verbindung zum überörtlichen und überregionalen Verkehr sicher, namentlich zur östlich verlaufenden Bundesstraße .... Erneut handelt es sich insoweit um einen Umstand, den sich die Klägerin offenbar durch die Anbringung der Werbeanlage zu Nutze machen möchte, so dass damit eine Ablenkungswirkung der Verkehrsteilnehmer auf der ...straße korrespondiert.

Zu der bereits auf Grund der beschriebenen baulichen und verkehrlichen Verhältnisse nicht unproblematischen Querungssituation kommt wegen der Schulbushaltestelle hinzu, dass unberechenbares Verhalten von Kindern in Rechnung gestellt werden muss (vgl. § 3 Abs. 2a StVO); dies gilt insbesondere dann, wenn der Weg zur und von der Schulbushaltestelle in Gruppen – unter entsprechender gegenseitiger Ablenkung – bewältigt wird, sowie insbesondere, wenn die Abfahrt des Busses unmittelbar bevorsteht. Mit unbedachten Querungen der ...straße ist gerade dann zu rechnen. Dies erfordert in besonderem Maße, dass Autofahrer an dieser Stelle ihre Konzentration der Beurteilung der Verkehrssituation widmen; eine Ablenkung durch eine Werbeanlage ist damit nicht vereinbar.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Gebäude gegenüber der geplanten Anlage unter anderem von der Feuerwehr und von Rettungsdiensten genutzt wird. Deren Einsatzfahrzeuge werden ebenfalls an der Einmündung des ... in die ...straße einfahren; sie genießen bezüglich der Einhaltung der StVO Sonderrechte gem. § 35 Abs. 1 bzw. Abs. 5a StVO, so dass für das entsprechende Geschehen im Sicht- und Wirkbereich der Werbeanlage auch insoweit die volle Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer, namentlich der Autofahrer, erforderlich ist. Dies gilt umso mehr, als Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdiensten regelmäßig ihrerseits dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dienen, so dass eine Beeinträchtigung dieser Aufgaben durch oder in Folge der Ablenkung einer Werbeanlage auch insoweit nicht hinzunehmen ist.

An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Geschwindigkeit auf der ...straße im fraglichen Bereich – bis unmittelbar vor dem geplanten Anbringungsort der Werbeanlage – auf 30 km/h reduziert ist. Vielmehr ist umgekehrt aus der Anordnung einer solchen, auf § 45 Abs. 1 und Abs. 9 StVO gestützten streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung zu folgern, dass eine Gefahrenlage besteht, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (insbesondere Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt. Nur unter diesen Voraussetzungen ist die Straßenverkehrsbehörde befugt, durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h eine Beschränkung des fließenden Verkehrs anzuordnen (vgl. VG München, U.v. 23.6.2015 – M 23 K 13.3232 – juris Rn. 38). Insofern bestätigt die bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung, dass – gerade im maßgeblichen Bereich vor der Werbeanlage – eine besondere verkehrliche Situation vorliegt, welche eine besondere Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer erfordert. Die Notwendigkeit, von den Stellplätzen der Wohnanwesen ...straße ...und ... rückwärts unmittelbar auf die ...straße auszufahren, ist hierbei zusätzlich zu berücksichtigen.

Unerheblich ist, dass der genannte bislang keinen Unfallschwerpunkt bildet. Eine Art Probephase, ob sich bei einer Genehmigung einer Werbeanlage Unfälle mit schwerwiegenden Folgen ereignen können, verbietet sich angesichts der Gefährdung der hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit auch in Abwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 – 15 ZB 10.2409 – juris Rn. 5)

Insofern kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg geltend machen, die vorliegende Situation sei mit derjenigen nicht vergleichbar, über die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der im streitgegenständlichen Bescheid zitierten Entscheidung befunden habe. Vielmehr ist eine stets eine Würdigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls an Hand der aufgezeigten Maßstäbe zur Auslegung des Art. 14 Abs. 2 BayBO vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 2 ZB 16.1288 – Rn. 6); diese ergibt hier aus den dargestellten Gründen eine konkrete Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gem. Art. 14 Abs. 2 BayBO.

Die Klägerin kann auch nichts zu ihren Gunsten daraus herleiten, dass an den Garagen auf den Grundstücken Fl.Nrn., ... und ... ebenfalls eine Werbetafel angebracht wurde. Zum einen befindet sich diese noch vor der hier besonders zu berücksichtigenden Querungs- und Einmündungssituation im Bereich ...straße / .... Zum anderen wurde hierzu seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass diese Werbetafel ohne Genehmigung errichtet wurde und der Beklagte auf deren Beseitigung hinarbeite.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da sich der Beigeladene mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Aktenzeichen: Au 4 K 15.869

Gericht: VG Augsburg

Urteil

16. Dezember 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 990

Hauptpunkte: Doppelseitige Werbeanlage auf Monofuß; Überschreitung einer faktischen Baugrenze (bejaht); Gefährdung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, bejaht wegen Unfallhäufungsstelle und schlechter Einsehbarkeit an einem Überweg für Fußgänger und Fahrradfahrer

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt: ...

wegen Errichtung einer Werbeanlage

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... ohne mündliche Verhandlung am 16. Dezember 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die geplante Errichtung einer doppelseitigen Werbeanlage.

Mit Datum vom 26. Januar 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für eine beleuchtete, doppelseitige Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (... 33 /... Straße 75). Die Werbetafel des Typs „City-Star-Board“ hat Ausmaße von ca. 3,89 m x 2,87 m (Breite x Höhe) und soll auf einem 2,50 m hohen Monofuß errichtet werden. Ein Bebauungsplan besteht nicht.

Mit Datum vom 6. Februar 2015 nahm das Amt für Tiefbau und Verkehr der Beklagten Stellung. Im entsprechenden Formblatt war angekreuzt, dass das Vorhaben abzulehnen sei. Zur Begründung wurde angegeben, die geplante Anlage befinde sich direkt im Bereich der Lichtsignalanlage ... Straße /..., einem Bereich, der von Verkehrsteilnehmern die volle Aufmerksamkeit erfordere. Darüber hinaus sei von Westen her kommend eine Wegweisungsbeschilderung vorhanden. Bei dieser Kreuzung handele es sich zudem um eine Unfallhäufungsstelle, bei der zusätzliche Ablenkungen nicht akzeptiert werden könnten.

In den Akten befindet sich ferner ein Vermerk über eine jährliche Sitzung der Unfallkommission am 4. Dezember 2014, wobei Unfallhäufungen aus den Jahren 2009 bis 2011 betrachtet wurden. Thematisiert wurden unter anderem Linksabbiegeunfälle im Bereich „... /... Straße“.

Ferner findet sich eine Gesprächsnotiz der Beklagten in den Akten, wonach die Lage der beantragten Werbeanlage nach Rücksprache mit der Polizei dahingehend beurteilt werde, dass die Anlage auch unbeleuchtet abzulehnen sei, da aufgrund der nachgewiesenen erheblichen Unfallzahlen an dieser Kreuzung keine weitere Verschlechterung der Situation durch Ablenkung in Form einer zusätzlichen großflächigen Werbetafel stattfinden dürfe. Die Aufmerksamkeit, die für Linksabbieger aus der ... Straße erforderlich sei, werde durch die Werbeanlage negativ beeinflusst. Sowohl die Polizei als auch das Verkehrsamt der Beklagten lehnten die Anlage aus diesen Gründen ab.

Mit Schreiben vom 16. März 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung werde eine faktische Baugrenze überschritten, die durch das Hauptgebäude ... Straße 33 nach Norden definiert werde. Das Vorhaben trete wesentlich von der maßgebenden Bebauung hervor und füge sich folglich nicht bezüglich der überbaubaren Grundstücksflächen in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Ferner sei das Vorhaben auch wegen der festgestellten Unfallhäufungsstelle nicht akzeptabel.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 trat die Klägerin den von der Beklagten geltend gemachten Versagungsgründen im Einzelnen entgegen.

Daraufhin wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten mit Datum vom 17. April 2015 aus straßenverkehrlicher Sicht „nach nochmaliger Ortseinsicht und Abstimmung mit der Polizei“ eine Stellungnahme dahingehend abgegeben, dass auch die Errichtung einer unbeleuchteten Werbeanlage abgelehnt werde.

Mit Bescheid vom 3. Juni 2015 lehnte die Beklagte den Baugenehmigungsantrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung überschreite das Vorhaben eine faktische Baugrenze. Auch aus verkehrsrechtlichen Gründen sei die Anlage abzulehnen. Die Anlage befinde sich direkt im Bereich der Lichtsignalanlage ... Straße /..., der von den Verkehrsteilnehmern die volle Aufmerksamkeit erfordere. Von Westen her sei zusätzlich eine Wegweisungsbeschilderung vorhanden. Es handele sich um eine Unfallhäufigkeitsstelle, bei der zusätzliche Ablenkungen nicht akzeptiert werden könnten.

Die Klägerin ließ am 18. Juni 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag,

die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 3. Juni 2015, Az. ..., zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines doppelseitigen City-Star-Boards auf dem Grundstück ... Straße ..., Gemarkung ..., Fl.Nr. ... in ... nach Maßgabe der eingereichten Pläne zu erteilen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Eine einheitliche zurückgesetzte Bebauung, die zu der Annahme führen könnte, es liege eine faktische Baugrenze vor, sei nicht vorhanden. Bei der überbaubaren Grundstücksfläche sei der Rahmen hinsichtlich der prägenden bzw. beeinflussenden Bebauung enger zu bemessen als bei der Art der baulichen Nutzung. Im vorliegenden Fall befinde sich auf dem Baugrundstück ein Gebäude, das in nördlicher Richtung eine Rücklage zum Gehsteig von ca. 5 m bis 10 m aufweise. Östlich hieran schließe die ... Straße an. Weiter östlich folge sodann das Gebäude ... Straße 68, dessen nördliche Außenwand exakt auf gleicher Höhe wie der geplanten Werbeanlage befindlich sei. In diesem Bereich sei direkt an der Straße bereits eine Werbetafel im Euroformat vorhanden, die ca. 35 m weiter nördlich des beantragten Vorhabens, direkt am Gehsteig des ... anschließe. Weiter östlich folgten zunächst unbebaute Grundstücke. In westlicher Richtung grenze an das Baugrundstück das flächenmäßig sehr große Grundstück Fl.Nr. ... an, das zunächst über eine Breite von mehr als 60 m unbebaut sei und dann mit dem Gebäude des ... bebaut sei. Dieses sei nicht parallel zum in südwestlicher Richtung verlaufenden ..., sondern streng in Richtung Norden ausgerichtet und weise zum ... hin - bedingt durch Anbauten und einen zum Gebäude um 45 Grad verschwenkten Baukörper - eine äußerst heterogene Bautiefe auf. Die Umgebung werde damit durch die vorhandenen Freiflächen entscheidend geprägt. Eine Bauflucht sei nicht erkennbar. Soweit die Umgebung bebaut sei, sei ebenfalls keine einheitliche Bauflucht erkennbar. Damit könne von einer faktischen Baugrenze keine Rede sein. Es handele sich vielmehr um eine ausgesprochen heterogene Bebauung, sowohl was das Maß der baulichen Nutzung angehe als auch was die vorhandenen Bautiefen und die Ausrichtung zum Straßenkörper hin angehe. Ein maßstabbildender Rahmen aus dem die geplante Werbeanlage hinausfallen könne, sei nicht vorhanden.

Selbst dann, wenn das Vorhaben ohne Vorbild wäre müsse davon ausgegangen werden, dass sich das Vorhaben in die vorhandene Bebauung einfüge, da es nicht zu zusätzlichen Spannungen führe. Da sich die Umgebung als intensiv genutztes Gewerbegebiet darstelle, in der die Errichtung einer Werbeanlage ohne weiteres planungsrechtlich zulässig sei, könne von einer wesentlichen Verschlechterung der städtebaulichen Situation, die durch eine völlig ungeordnete und uneinheitliche Bebauung geprägt sei, keine Rede sein.

Mit dem Vorhaben trete auch keine Gefährdung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs ein. Eine Werbeanlage wie die vorliegende ziele nicht darauf ab, die Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers länger zu fesseln. Bei der Werbebotschaft einer Fremdwerbeanlage handele es sich regelmäßig um eine reine Suggestiv- bzw. Erinnerungswerbung, die über die unbewusste Wahrnehmung der Werbebotschaft hinaus in der Regel kein Ablenkungspotential darstelle. Hier bestehe ein Unterschied im Vergleich zur Werbung an der Stätte der Leistung. Fremdwerbung solle lediglich bei Gelegenheit der Vorbeifahrt - im wahrsten Sinne des Wortes am Rande - wahrgenommen werden. Der Betrachter einer Fremdwerbetafel könne sich nach Passieren einer Verkehrspassage in der Regel an ein im Unterbewusstsein wahrgenommenes Motiv bzw. ein Markenkennzeichen erinnern, nicht aber daran, eine Werbetafel oder ein Plakat gesehen zu haben. Dies habe die Konsumforschung schon mehrfach erwiesen. Die Entscheidung, die mit der Aufnahme der Werbebotschaft einhergehe, solle dann fallen, wenn ein Kauf anstehe Auswahl den Betrachter angesichts der Ausfall sozusagen vor dem Verkaufsregal beim Anblick der beworbenen Marke ein „kenn ich“ durch den Kopf gehe bzw. ein positiv besetztes Imagebild, das durch das Plakat transportiert werde. Für die Teilnehmer am Straßenverkehr bedeute dies, dass Fremdwerbung in aller Regel überhaupt nicht darauf abziele, dass sich der Verkehrsteilnehmer während der Vorbeifahrt inhaltlich mit ihr beschäftige. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer habe sich mittlerweile an Plakatwerbung der vorliegenden Art an hierfür geeigneten Plätzen gewöhnt.

Im vorliegenden Fall befänden sich zwischen der Lichtzeichenanlage und dem Baugrundstück noch die Abbiegespur vom ... in die ... Straße und der Gehsteig. Die Lichtzeichenanlage befinde sich im Bereich der Geradeausspuren. Damit befinde sich die Werbeanlage sehr deutlich außerhalb der Sichtachse zur Lichtzeichenanlage, nämlich mindestens 8 m bis 10 m von dieser abgerückt. Dadurch sei ausgeschlossen, dass Lichtzeichen überblendet oder sonst wie beeinflusst würden.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 20. Juli 2015,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Vorhaben sei wegen Verletzung einer faktischen Baugrenze planungsrechtlich unzulässig. Der konkrete Standort werde hauptsächlich durch die Gebäude ... Straße 75 und ... 39 sowie von der Verkehrsader ... geprägt. Diesen Gebäuden, zwischen denen sich ein größeres unbebautes Grundstück befinde, sei gemeinsam, da sie sich vom Straßenrand des stark befahrenen ... mindestens ca. 10 m in Rücklage zum Gehsteig befänden. Hierdurch ergebe sich eine Baugrenze. Da die ... Straße eine Zäsur darstelle, sei das von der Klägerin in Bezug genommene Grundstück ... Straße 68 nicht mehr in die maßgebliche Umgebungsbebauung miteinzubeziehen. Das Vorhaben sei auch geeignet, bodenrechtliche Spannungen und eine negative Vorbildwirkung zu erzeugen. Die Bebauung vom ... aus betrachtet stelle sich als zurückhaltend und abstandswahrend im Hinblick auf die stark befahrene Verkehrsader dar. Eine Monofuß-Werbeanlage würde dieses einheitliche Bild zerstören und Unruhe in die diskrete Bebauung bringen. Schließlich komme der streitgegenständlichen Anlage negative Vorbildwirkung zu. Auch sei das objektivrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt.

Außerdem würde das Vorhaben gegen Art. 14 BayBO verstoßen, da Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt seien. Die Kreuzung sei, wie aus den Akten ersichtlich, eine Unfallhäufungsstelle. Eine Ablenkung durch eine Werbeanlage könne nicht akzeptiert werden. Der ... sei an der betreffenden Stelle vierspurig. Zwischen der geplanten Werbeanlage und den beiden Geradeausspuren sowie der unfallträchtigen Linksabbiegespur liege die extra abgehende Rechtsabbiegespur, so dass insbesondere die Geradeausfahrer und Linksabbieger durch die Werbeanlage zu einer Blickausrichtung nach rechts und damit weg vom unfallträchtigen Kreuzungspunkt verleitet würden. Durch die geplante Beleuchtung würde der Ablenkungseffekt noch verstärkt. Eine Gefahr sei jedoch auch ohne Beleuchtung gegeben. Die notwendige erhöhte Aufmerksamkeit aufgrund der Lichtsignalanlage, insbesondere der Fußgänger- und Fahrradampel, lasse sich nicht vereinbaren mit der Blickabwendung des Verkehrsteilnehmers Richtung Werbeanlage, auch wenn dies zwar kurzzeitig, aber in unmittelbarer Nähe zur Lichtsignalanlage erfolge.

Die von der Klägerin in Bezug genommene vorhandene Werbeanlage im südöstlichen Teil der Kreuzung sei nicht genehmigt worden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege daher nicht vor. Außerdem liege diese Werbeanlage außerhalb der maßgeblichen unmittelbaren Umgebungsbebauung.

Am 11. August 2015 nahm der Berichterstatter das Vorhabengrundstück und die nähere Umgebung in Augenschein.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2015 nahm die Klägerin weiter Stellung. Der Augenschein habe gezeigt, dass keine faktische Baugrenze vorhanden sei. Hierfür reiche es nicht aus, wenn auf einem der benachbarten Grundstücke die Bebauung zurückgesetzt sei. Eine faktische Baugrenze liege auch dann nicht vor, wenn die Bebauung in der näheren Umgebung überwiegend oder sogar insgesamt mehr oder weniger hinter die Straßenbegrenzungslinie zurücktrete. Vielmehr müssten die tatsächlichen Verhältnisse planersetzend sein und müsse die Bebauung insofern eine gewisse Homogenität erkennen lassen. Eine Linie, die keine Planmäßigkeit erkennen lasse, gewissermaßen im Zickzack verlaufe, stelle keine faktische Baugrenze im Rechtssinne dar. Im vorliegenden Fall sei die Umgebung entscheidend durch die westlich an das Baugrundstück angrenzende Parkanlage und das Klinikgebäude geprägt, das zweifellos mit dem Gebäude ... Straße 75 keine einheitlich zurückversetzte Bebauung mit planersetzendem Charakter bilde. Auf dem Grundstück ... Straße 68 befinde sich ein Wirtshaus, dessen nördliche Giebelwand sich auf gleicher Höhe wie die beantragte Werbeanlage befinde. Die Werbeanlage wirke sich auch optisch auf dieses aus. Auch Richtung Norden liege angesichts der heterogenen Bebauung keine faktische Baugrenze vor.

Auch eine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs trete nicht ein. Die Unfälle beträfen vornehmlich den Linksabbiegerverkehr aus der ... Straße in den .... Diese Verkehrsteilnehmer verfügten jedoch über eine eigene ampelgeregelte Abbiegespur. Im Zeitpunkt des Abbiegens befinde sich die geplante Werbeanlage nicht nur weit außerhalb von deren Sichtfeld, sondern diese Verkehrsteilnehmer könnten bei der Einfahrt in die Kreuzung aus Richtung Nordwesten kommend die in Richtung Südwesten und Nordosten ausgerichtete Werbeflächen überhaupt nicht wahrnehmen. Allenfalls die Seitenansicht der Werbeanlage sei wahrnehmbar, welche aber kein Ablenkungspotential darstelle. Die Werbeanlage trete insgesamt erst in den Blick, wenn sich die Verkehrsteilnehmer bereits orientiert und sich in die richtige Spur eingeordnet hätten.

Mit Schreiben vom 8. bzw. 16. September 2015 wiederholten und vertieften die Parteien nochmals ihre Ausführungen zur maßgebenden Umgebungsbebauung und zu einer Verkehrsgefährdung.

Die Klägerin erklärte sich beim Ortstermin, die Beklagte im Schreiben vom 8. September 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Dem Bauvorhaben stehen Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO; unten 1.). Das Bauvorhaben verstößt ferner gegen sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften, auf die sich die Beklagte berufen hat (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO; unten 2.). Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 3. Juni 2015 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1.Im hier vorliegenden unbeplanten Innenbereich muss sich ein Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Dies ist wegen der Überschreitung einer faktischen Baugrenze durch die beantragte Werbeanlage nicht der Fall.

Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen. Dabei ist der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstückfläche maßgebliche Bereich in der Regel enger zu ziehen als derjenige für die Ermittlung der zulässigen Art der Nutzung (vgl. nur BayVGH, B.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Nicht mehr in den maßgeblichen Bebauungszusammenhang einzubeziehen ist danach die von der Klägerin angeführte Bebauung östlich der ... Straße. Ob einer Straße bezüglich des maßgeblichen Bebauungszusammenhangs trennende Wirkung zukommt, ist - wie letztlich die Bestimmung der „näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 BauGB überhaupt - im jeweiligen Einzelfall festzustellen. Anerkannt ist insoweit beispielsweise ein Abstellen auf die Funktion der Straße, ihren Ausbauzustand und ihre Breite (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2009 - 1 ZB 08.967 - juris Rn. 11 und 13). Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt der ... Straße trennende Wirkung zu.

Die Gesamtsituation des Vorhabengrundstücks und insbesondere des geplanten Standorts der Werbeanlage ist zunächst von der großräumigen und stark befahrenen Kreuzung zwischen ... und ... Straße geprägt. Der Durchmesser des Kreuzungsbereichs liegt, selbst wenn nur die dort mehrspurigen Fahrbahnen berücksichtigt werden, bei ca. 50 Metern. Schon deshalb muss davon ausgegangen werden, dass sich der jeweilige Bebauungszusammenhang nicht über die einzelnen Achsen der Kreuzung (Straßenzüge) hinaus erstreckt. Die ... Straße selbst weist auf Höhe des geplanten Standorts ebenfalls allein mit ihren Fahrbahnen eine Breite von über 20 Metern auf. Auf Höhe der bestehenden Bebauung auf dem Vorhabengrundstück liegt die Breite immer noch bei über 15 Metern. Werden die Gehsteige hinzugezählt, ergeben sich entsprechend höhere Werte. Ferner weist die ... Straße im fraglichen Bereich der geplanten Anlage drei Fahrspuren stadtauswärts (je eine für Linksabbieger, Geradeausfahrer und Rechtsabbieger) sowie eine - breite - Fahrspur stadteinwärts auf. Hinzu kommt jedenfalls auf Höhe der geplanten Anlage das Ende der Rechtsabbiegerspur aus dem ... stadteinwärts. Schließlich dient die ... Straße an dieser Stelle als Verbindung zum Zentrum der Beklagten, insbesondere auch vom mehrspurig um die Innenstadt herumführenden .... Entsprechende Beschilderungen befinden sich an der Kreuzung für Verkehrsteilnehmer aus allen drei in Betracht kommenden Richtungen (Westen, Norden, Osten). Maßgeblich abzustellen ist daher auf den Bereich südlich des ... und westlich der ... Straße.

In Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche kann zur Konkretisierung der Anforderungen des § 34 Abs. 1 BauGB auf die Bestimmungen des § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 7.7.2004 - 26 B 03.2798 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 15 ff.). Danach fügt sich die beantragte Werbeanlage nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil eine faktische Baugrenze besteht, die gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nicht überschritten werden darf. Die Anlage soll in unmittelbarem Anschluss an den südlichen Geh- und Radweg des ... errichtet werden. Damit wird bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche der sich aus der näheren Umgebung ergebende Rahmen verlassen.

Auf dem Vorhabengrundstück selbst ist die Bebauung vom ... (einschließlich des zugehörigen Geh- und Radwegs) um mehrere Meter zurückversetzt. Westlich schließt sich das ausgreifende Grundstück FlNr. ... mit zunächst einer Grünfläche bzw. parkähnlichen Nutzung an, die zu dem darauffolgenden, ebenfalls auf diesem Grundstück errichteten ... gehört. Dessen Gebäude weist zwar hinsichtlich seiner äußeren Form und Ausrichtung vermutlich bewusste architektonische Besonderheiten auf (kreuzähnliche Form, strenge Nord-Süd-Ausrichtung, Nordende mit um 45 Grad gedrehtem quadratförmigem Obergeschoss). Auch dieses Gebäude ist jedoch klar vom ... zurückversetzt. Der weiter westlich folgenden Bebauung kommt angesichts der erheblichen Entfernung zum Vorhabengrundstück (ca. 150 Meter und mehr) keine prägende Wirkung mehr zu; ohnehin ist auch bei dieser Bebauung eine Rückversetzung festzustellen. Auf die sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen, näher zum ... gelegen Garagen käme es nicht an, weil insoweit lediglich auf die Hauptanlagen abzustellen ist (OVG NRW, U.v. 29.7.2003 - 10 B 1057/03 - BauR 2004, 314 - juris Rn. 10).

Zwar verlangt die Feststellung einer faktischen Baugrenze hinreichende Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation; die tatsächlich vorhandene Bebauung und die hieraus zu folgernde Baugrenze - mit der Folge einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche - dürfen kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein (vgl. jüngst VG Augsburg, U.v. 29.10.2015 - Au 5 K 15.351 - UA Rn. 39 unter Hinweis auf OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 13.3.2013 - OVG 10 B 4.12 - juris Rn. 45 und auf VG München, U.v. 18.6.2015 - M 11 K 14.1181 - juris Rn. 30). Ähnliches ergibt sich aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung, wonach die tatsächlichen Verhältnisse planersetzend sein müssen und die Bebauung insofern eine gewisse Homogenität erkennen lassen muss.

Von einer lediglich zufälligen Konstellation ohne städtebaulichen Aussagewert oder planersetzenden Charakter kann hier jedoch keine Rede sein. Die Bebauung ist südlich des ... in der gesamten maßgeblichen näheren Umgebung und sogar darüber hinaus von dieser Straße etliche Meter zurückversetzt. Ein „Zufallsprodukt“ liegt nicht vor. Vielmehr stellt eine von einer derart ausgebauten und stark befahrenen Straße zurückversetzte Bebauung ein wesentliches und prägendes Element dar, dem auch eine eigene städtebauliche Aussage zukommt. Würde der fragliche Bereich mit einem Bebauungsplan überplant, würde es sich geradezu aufdrängen, die durchweg vorhandene Zurückversetzung mittels einer Baugrenze planerisch festzuschreiben. Dass sich zwischen dem Gebäude ... 33 /... Straße 75 auf dem Vorhabengrundstück und dem ... zunächst keine Bebauung, sondern eine Grünanlage befindet, spricht nicht gegen die erforderliche (gewisse) Homogenität, sondern belegt in besonderem Maße das dort faktisch herrschende Prinzip, dass bauliche Anlagen nicht direkt an den ... stoßen.

Eine ausnahmsweise Zulässigkeit nach der überbaubaren Grundstücksfläche - wegen harmonischer Beziehung zur vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, B.v. 4.2.1986 - 4 B 7/86 u. a. - NVwZ 1986, 740- juris Rn. 4) - ist vorliegend nicht ersichtlich, da die Werbeanlage frontal unmittelbar an der vorderen Grundstücksgrenze mit unmittelbarer Ausrichtung der Werbetafel auf den ... (West-Ost-Richtung) und insbesondere den bisher von Bebauung freien Bereich errichtet werden soll. Als erstes Vorhaben dieser Art im maßgeblichen Bereich außerhalb der faktischen Baugrenze würde die Anlage die ihr vorgegebene Situation gleichsam in Bewegung bringen und damit „Unruhe“ entstehen lassen (BVerwG, B.v. 23.7.1993 - 4 B 59/93 - juris Rn. 4).

2.Dem Vorhaben steht ferner Art. 14 Abs. 2 BayBO entgegen, wonach die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen nicht gefährdet werden darf. Die Vorschrift ist zwar nicht Gegenstand des hier einschlägigen Prüfprogramms des Art. 59 BayBO. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO durfte die Beklagte den Bauantrag jedoch auch wegen der Verletzung von öffentlichrechtlichen Vorschriften ablehnen, die nicht im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409 - juris Rn. 6; B.v. 24.2.2003 - 2 CS 02.2730 - juris Rn. 16) wird die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs - konkret - gefährdet, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder - anders ausgedrückt - „bloßer“ Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass durch die Anlage ein Verkehrsunfall verursacht wird oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird, insbesondere ein Durchschnittskraftfahrer durch sie abgelenkt wird. Der Nachweis, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist oder eine hohe Wahrscheinlichkeit hierfür sind nicht erforderlich. Zur Annahme einer Gefahrenlage genügt daher die Feststellung, dass die konkrete Situation die Befürchtung nahelegt, dass - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt. Geht es dabei um die Gefährdung von Leben und Gesundheit, sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen.

In Anwendung dieser Grundsätze, der auch die Kammer namentlich in jüngerer Zeit in Bezug auf die Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch Werbeanlagen gefolgt ist (VG Augsburg, U.v. 10.6.2015 - Au 4 K 14.1686 bzw. Au 4Au 4 K 15.168 - juris Rn. 34 bzw. Rn. 26; U.v. 12.8.2015 - Au 4 K 15.298 - juris Rn. 20), liegt eine Gefährdung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 BayBO durch die streitgegenständliche Werbeanlage vor.

Nach den nachvollziehbaren von der Beklagten im Genehmigungsverfahren eingeholten - einschließlich polizeilichen (vgl. Bl. 41 des Verfahrensakts) - Stellungnahmen handelt es sich bei der vorliegenden Kreuzung ... /... Straße schon bisher um eine Unfallhäufungsstelle, so dass keine weitere Verschlechterung der Situation durch Ablenkung stattfinden dürfe. Derartige Stellungnahmen sind zwar weder für die Genehmigungsbehörde noch für das Gericht bindend; sie haben jedoch namentlich angesichts der Sach- und Problemnähe der örtlichen (polizeilichen) Dienststellen eine nicht unerhebliche Aussagekraft (vgl. VG Augsburg, U.v. 12.8.2015 - Au 4 K 15.298 - juris Rn. 22). In tatsächlicher Hinsicht wird dies dadurch untermauert, dass es in den Jahren 2009 - 2011 (aktuellere Zahlen lagen im Zeitpunkt des Genehmigungsverfahrens nicht vor) zu Unfällen mit insgesamt sechs Verletzten gekommen ist (Bl. 39 des Verfahrensakts).

Ist aber eine Gefährdung des hochrangigen Rechtsgutes Gesundheit nicht „nur“ wahrscheinlich, sondern ist es bereits im Rahmen der bisherigen Situation immer wieder zu einer Verletzung dieses Rechtsguts gekommen, sind die Anforderungen an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts weiter gemindert. Erst recht braucht nicht in einer Art „Probephase“ zugewartet werden, ob bei einer Veränderung der Situation (Genehmigung und Errichtung der Werbeanlage) eine weitere Verschlechterung etwa dahin gehend eintritt, dass es zu häufigeren oder gar schwerwiegenderen Unfällen kommt. Ein solches Vorgehen verbietet sich angesichts der Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter auch in Abwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Dies gälte selbst dann, wenn es sich bisher nicht um einen Unfallschwerpunkt handelte (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409 - juris Rn. 5 unter Verweis auf OVG NRW, U.v. 17.4.2002 - 10 A 4188/01 - BauR 2002, 1231).

Vor diesem Hintergrund spielt es auch keine entscheidende Rolle, dass sich an der in Rede stehenden Kreuzung bisher vor allem die Linksabbiegevorgänge von der ... Straße in den ... als problematisch erwiesen haben, die Werbetafel aber senkrecht zum ... ausgerichtet sein soll. Ist das Verkehrsgeschehen an einer - stark befahrenen - Kreuzung ausweislich des Unfallgeschehens in der Vergangenheit bereits derart komplex und erfordert demzufolge die volle Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer, ist es nicht sachgerecht, bezüglich der Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs lediglich einige spezifische Verkehrsvorgänge herauszugreifen und zu prüfen, ob sich gerade für diese eine Erschwernis oder Verschlechterung ergibt. Bei einer derartig großen und stark befahrenen Kreuzung betrifft zwangsläufig das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers bzw. ein Verkehrsvorgang auch andere, selbst wenn sich diese Vorgänge bisher nicht gesondert als problematisch erwiesen haben.

Im Übrigen kann die streitgegenständliche Werbeanlage aufgrund ihrer Platzierung und Ausrichtung durchaus auch Relevanz für Linksabbiegevorgänge aus der ... Straße haben. So beginnt der Linksabbiegevorgang für die aus Richtung Süden kommenden Verkehrsteilnehmer auf der ... Straße bereits mit dem Einordnen in die Linksabbiegerspur, deren Beginn deutlich südlich des Standorts der Anlage liegt, so dass die Anlage während des Vorgangs noch - seitlich - in den Blick geraten kann. Auch die Geradeausfahrer aus Richtung Norden haben jedenfalls in der Mitte der Kreuzung einen schräg seitlichen Blick auf die Anlage. Gerade sie benötigen aber wegen der Linksabbieger aus Richtung Süden an dieser Stelle die volle Aufmerksamkeit. Ein Nachweis, dass die Situierung der Anlage tatsächlich zu einer Verkehrsgefährdung führt, ist dabei - wie ausgeführt - nicht erforderlich.

Ferner hat sich im Zuge des Ortstermins herausgestellt, dass die Werbeanlage für Rechtsabbieger vom ... aus Richtung Westen in die ... Straße in Richtung Süden wegen der Bepflanzungen, insbesondere Bäumen, auf dem genannten Grundstück Fl.Nr. ... erst kurz vor der Kreuzung, während des Rechtsabbiegevorgangs, (vollständig) sichtbar würde. An dieser Stelle ist jedoch die volle Aufmerksamkeit von Rechtsabbiegern nötig, weil Fußgänger und Fahrradfahrer den Rechtsabbiegestreifen aus Richtung Norden queren, hierfür jedoch keine eigene Lichtsignalregelung besteht. Es liegt nach der Lebenserfahrung nahe, dass Fahrradfahrer, aber auch Fußgänger aus Richtung Norden, denen die Lichtsignalanlage für die Querung des eigentlichen ... grünes Licht zeigt, versuchen werden, „in einem Zug“ die Kreuzung vollständig zu überqueren, einschließlich der genannten Rechtsabbiegerspur. Gerade aufgrund der Tatsache, dass sich diese Rechtsabbiegespur am Ende des Querungsvorgangs befindet und des Umstands, dass hier keine Regelung durch eine Lichtsignalanlage stattfindet, haben Autofahrer - die ausweislich der Beschilderung Radfahrern Vorfahrt zu gewähren haben - hier besonders darauf zu achten, ob sich von links ein querender Radfahrer nähert. Damit ist eine unvermittelt auf der rechten Seite in den Blick rückende Werbeanlage nicht zu vereinbaren.

Die Kammer vermag in rechtlicher Hinsicht den Ausführungen der Klägerin zu der Wirkungsweise der von ihr geplanten Werbeanlage nicht zu folgen. Werbepsychologisch bzw. im Bereich der Konsumforschung mag es zutreffen, dass Verkehrsteilnehmer von Anlagen der vorliegenden Art nicht länger „gefesselt“ werden sollen, sondern dass eine vor allem unbewusste Vermittlung der Werbebotschaft bezweckt ist. Letztlich liefe dies jedoch darauf hinaus, Werbeanlagen in aller Regel keine Ablenkungswirkung zuzumessen. Dies findet jedoch so in der Rechtsprechung keine Stütze. Die Klägerin muss sich vielmehr daran festhalten lassen, dass sie die starke Frequentierung der Kreuzung sowie die häufigen Haltevorgänge wegen der Lichtsignalanlagen für ihre Zwecke bzw. diejenigen ihrer Kunden (Erzielung von Aufmerksamkeit; Auffallen) nutzen möchte und damit zumindest in Kauf nimmt, dass sich die Verkehrsteilnehmer nicht mehr ausschließlich auf das Geschehen an der Kreuzung konzentrieren. Es wäre daher widersprüchlich anzunehmen, die Werbeanlage ließe das Verkehrsgeschehen auf der Kreuzung praktisch völlig unberührt. Zudem zeigt die Lebenserfahrung, dass derartige Werbeanlagen durchaus immer wieder auch mit bewusst auffälligen Plakaten versehen werden und dass auch - wie im Bereich der Werbung letztlich selbstverständlich - mit überraschenden oder ungewöhnlichen Gestaltungen und Botschaften gearbeitet wird, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Auf Einschränkungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Werbeplakate hat sich die Klägerin - soweit dies überhaupt praktikabel wäre - nicht festgelegt.

Nicht von Relevanz ist schließlich die bestehende Werbetafel am südöstlichen Kreuzungsrand. Abgesehen davon, dass insoweit der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ gilt, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, für diese Anlage keine Baugenehmigung erteilt zu haben. Die Beklagte dürfte diesbezüglich über die Einleitung von bauaufsichtlichen Maßnahmen gerade angesichts der von ihr festgestellten Unfallhäufung zu befinden haben, zumal diese Anlage in der Tat insbesondere in den Blick von Linksabbiegern aus der ... Straße (nördliche Richtung) gerät.

Von einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Sinne von Art. 14 Abs. 2 BayBO ist nach allem auszugehen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei wegen der Zweiseitigkeit der Werbeanlage der dort ausgewiesene Streitwert zu verdoppeln war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.

(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen

1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h,
2.
außerhalb geschlossener Ortschaften
a)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger,
cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie
dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
80 km/h,
b)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t,
bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie
cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t100 km/h.Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.

(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 23 K 13.3232

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 23. Juni 2015

23. Kammer

Sachgebiets-Nr. 550

Hauptpunkte:

Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts;

(keine) qualifizierte Gefahrenlage;

Anordnung einer Tempo-30-Zone;

Aufhebung der Anordnungen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

2. ...

3. ...

4. ...

5. ...

zu 1 bis 5: vertreten durch: ...

- Kläger -

gegen

Gemeinde Gauting vertreten durch die erste Bürgermeisterin Bahnhofstr. 7, 82131 Gauting

- Beklagte -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen verkehrsrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 23. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2015 am 23. Juni 2015 folgendes Urteil:

I.

Die verkehrsrechtliche Anordnung vom 16. August 2012, mit der in der Römerstraße die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30 angeordnet wurde, wird aufgehoben.

II.

Die verkehrsrechtliche Anordnung vom 16. August 2012, mit der in der Unterbrunner Straße eine Tempo-30-Zone angeordnet wurde, wird aufgehoben.

III.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen zwei von der Beklagten erlassenen verkehrsrechtlichen Anordnungen, mit der zum einen in der Römerstraße ab dem Ortseingang Gauting bis zum Kreuzungsbereich mit der Unterbrunner Straße eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) und zum anderen entlang der Unterbrunner Straße eine Tempo-30-Zone (Zeichen 274.1 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) angeordnet wurden.

Die Römerstraße verbindet die Ortschaften Gilching und Gauting. Ab der Ortsgrenze Gauting führt die Römerstraße bis zum Kreuzungsbereich mit der Unterbrunner Straße durch ein überwiegend mit Wohnbebauung versehenes Gebiet. Die Fahrbahnbreite beträgt innerorts ca. 6 m. Entlang der Römerstraße verläuft beidseitig ein ca. 1,50 m breiter Gehweg. Von der Römerstraße zweigen in beide Richtungen mehrere Seitenstraßen ab, die jeweils als Tempo-30-Zonen beschildert sind. Die Römerstraße ist im streitgegenständlichen Abschnitt durchgängig als Vorfahrtsstraße ausgewiesen und vor den Straßeneinmündungen mit dem Vorfahrtszeichen 306 beschildert. Bis auf wenige Abschnitte kann beidseitig entlang der Römerstraße geparkt werden. Bezüglich der weiteren örtlichen Gegebenheiten wird auf die Niederschrift des Augenscheins vom 23. Juni 2015 verwiesen.

Die Unterbrunner Straße führt innerorts von der Staatsstraße 2349 (Ammerseestraße) zum Pippinplatz. Entlang der Unterbrunner Straße verläuft beidseitig ein Gehweg. Die Straße ist mit Parkbuchten und zum Teil mit Grünstreifen versehen. Am südwestlichen Ende der Unterbrunner Straße befindet sich beidseitig eine Bushaltestelle. Die Busse der Linien 949 und 965 fahren entlang der Unterbrunner Straße. Von der Unterbrunner Straße zweigen in beide Richtungen insgesamt fünf Straßen - die jeweils zu Tempo-30-Zonen gehören - ab, wobei die Unterbrunner Straße durchgängig jeweils mit dem Vorfahrtszeichen 301 ausgeschildert ist. Darüber hinaus kreuzt die Unterbrunner Straße die Römerstraße. Die Römerstraße ist westlich dieser Kreuzung mit einer (ebenfalls streitgegenständlichen) Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h und östlich der Unterbrunner Straße als Tempo-30-Zone ausgewiesen. Die Unterbrunner Straße ist auch in dieser Kreuzung mit dem Vorfahrtszeichen 301 beschildert. Nordöstlich dieser Kreuzung befindet sich auf der Unterbrunner Straße ein Fußgängerüberweg, in dessen Mitte sich eine Verkehrsinsel befindet. Südlich dieses Kreuzungsbereichs beträgt die Straßenbreite der Unterbrunner Straße ca. 6 m. Es befindet sich dort, bis auf einige Mehrfamilienhäuser, überwiegend Wohneinzelbebauung. Ab dem Kreuzungsbereich mit der Römerstraße verbreitert sich die Unterbrunner Straße in Richtung Norden. Im nördlichen Bereich finden sich (auch) mehrere Gewerbeeinheiten wie Bäckerei, Schreinerei, Hotelbetrieb u. a.. Bezüglich der weiteren örtlichen Gegebenheiten wird auf die Niederschrift des Augenscheins vom 23. Juni 2015 verwiesen.

Der Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss der Beklagten beschloss am 3. Juli 2012 die „Erweiterung der bereits bestehenden Tempo-30-Zonen auf alle Gemeindestraßen. Sollte dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich sein,“ sei „die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30 zu prüfen und gegebenenfalls zu veranlassen.“

Mit Schreiben vom 23. Juli 2012 nahm die Polizeiinspektion Gauting gegenüber der Beklagten hierzu Stellung und führte zur Unterbrunner Straße aus, dass es sich hierbei nicht um eine unbedeutende Nebenstraße handle. Der Straße komme eine größere Bedeutung zu und sie weise auch eine größere Verkehrsstärke auf. Im morgendlichen Berufsverkehr sei es aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens zumeist nicht möglich, die erlaubten 50 km/h auszureizen. Oftmals herrsche ein „Stop and Go“-Verkehr, so dass hier geschwindigkeitsregelnde Maßnahmen weder sinnvoll noch gerechtfertigt seien. Bei der Römerstraße verhalte es sich teilweise ähnlich. Aufgrund zahlreicher geparkter Fahrzeuge sei ein zügiges Vorankommen durch den Fahrverkehr auf der Fahrbahn zu den Stoßzeiten und auch insbesondere zu Schulbeginn in der Regel nicht möglich. Aufgrund der am Fahrbahnrand geparkten Fahrzeuge sei ein gleichzeitiges Befahren in entgegengesetzter Richtung nicht möglich, so dass zwangsläufig eine Reduktion der gefahrenen Geschwindigkeit stattfinde. Im Ergebnis sprach sich die Polizeiinspektion Gauting gegen geschwindigkeitsregelnde Maßnahmen aus.

Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 16. August 2012 ordnete die Beklagte an der Römerstraße eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h durch das Verkehrszeichen 274-53 an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Römerstraße um einen von Schülern stark frequentierten Bereich handle, da die Römerstraße eine Sammelfunktion für die weiteren angrenzenden Wohnstraßen ausübe. Dieser Schulverkehr treffe auf den Kraftfahrzeugverkehr. Durch die in der Römerstraße parkenden Autos bestünde eine Gefährdung des Radverkehrs, wenn beim Umfahren dieser parkenden Kraftfahrzeuge Kraftfahrzeuge mit 50 km/h entgegenkämen. Diese Gefahr bestehe auch bei einer notwendigen Querung der Straße. Gerade die Querungszahlen würden in der Römerstraße beträchtlich ansteigen, da mit der Verlegung der Realschule zum Schulzentrum an der Germeringer Straße Schüler zu Fuß, aber auch mit dem Fahrrad, die Seitenstraßen vermehrt nutzen würden. Gerade höhere Geschwindigkeiten seien von Kindern schwer einzuschätzen. Hierdurch sei eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines schädigenden Ereignisses gegeben. Beim Eintritt eines solchen Schadensereignisses habe die gefahrene Geschwindigkeit einen ganz erheblichen Einfluss auf das Unfallgeschehen. Die Abwägung zwischen der Funktion der Straße im Rahmen der Freizügigkeit des Verkehrs einerseits und dem Schutz der Fußgänger und Radfahrer andererseits ergebe ein eindeutiges Übergewicht der Gründe für die Anordnung von Tempo 30; gewichtige Nachteile seien nicht erkennbar.

Mit weiterer Anordnung vom 16. August 2012 ordnete die Beklagte für die Unterbrunner Straße eine Tempo-30-Zone durch das Verkehrszeichen 274-1 an. Ergänzend wurde die Vorfahrt durch Zeichen 301 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Unterbrunner Straße um eine Gemeindestraße innerhalb geschlossener Ortschaft handle, die durch ein Wohngebiet führe und bereits von weiteren Tempo-30-Zonen flankiert sei. Sie solle nicht der Aufnahme eines überörtlichen Verkehrs dienen und auch nicht als Durchgangsstraße fungieren. Die Zonenanordnung diene dem Schutz der Wohnbevölkerung und sei aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erforderlich. Auf der Unterbrunner Straße sei nahezu ausschließlich Wohnbebauung vorhanden; es handle sich um ein allgemeines Wohngebiet. Es bestehe eine hohe Fußgängerdichte mit entsprechendem Querungsbedarf. Hinzukommend diene die Unterbrunner Straße als Schulweg zum Schulzentrum für die weiteren angrenzenden Wohnstraßen. Bei der Entscheidung, durch die Geschwindigkeitsbeschränkungen den Abgas- und Lärmimmissionen entgegenzuwirken, habe dem besonderen Anliegen der dortigen Wohnruhe und dem hohen Rang der Gesundheit Rechnung getragen werden können. Die Unterbrunner Straße weise denselben Zonencharakter auf wie alle anderen sie flankierenden Tempo-30-Zonen. Auch ergebe sich erst mit dieser Anordnung ein geschlossenes Zonenbild in Übereinstimmung mit den umgebenden Straßen. Für den örtlichen und überörtlichen Durchgangsverkehr diene die angrenzende Staatsstraße 2349. Das versetzte Parken auf der gesamten Unterbrunner Straße und die so eingeengte Fahrbahn unterstreiche nochmals die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung und verleihe ihr Nachdruck. Die Belange des Buslinienverkehrs würden aber erfordern, dass abweichend von der Regelung „Rechts vor Links“ die Vorfahrt durch Zeichen 301 angeordnet werde. Die Beachtung der Bedürfnisse des Buslinienverkehrs in der Tempo-30-Zone erfordere es zwingend, auf der Unterbrunner Straße das Zeichen 301 häufiger als an drei hintereinanderliegenden Einmündungen zu verwenden. Dies diene dem sicheren und besseren Verkehrsablauf der MVV-Busse und vermeide ein gefahrenträchtiges plötzliches Abbremsen und Anfahren an den einmündenden Seitenstraßen zur Unterbrunner Straße und somit eine unnötige Gefährdung der Fahrgäste.

Die beiden streitgegenständlichen verkehrsrechtlichen Anordnungen enthalten keinen Beschilderungsplan. Ein Vermerk über den Vollzug der Anordnungen findet sich in der Akte nicht.

Mit Schreiben vom ... Januar 2013 wandte sich die Klägerin zu 5) an die Beklagte und beantragte die Aufhebung u. a. der streitgegenständlichen Anordnungen. Des Weiteren wandte sie sich an das Landratsamt Starnberg mit der Bitte um Überprüfung; den Schreiben waren jeweils umfangreiche Unterschriftenlisten beigefügt.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2013, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 23. Juli 2013, erhoben die Kläger Klage und beantragten:

I.

Die verkehrsrechtliche Anordnung der Gemeinde Gauting, wonach auf der Römerstraße durch Zeichen 274 der StVO am 16. August 2012 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h erlassen wurde, wird aufgehoben.

II.

Die verkehrsrechtliche Anordnung der Gemeinde Gauting, wonach auf der Unterbrunner Straße am 16. August 2012 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h erlassen wurde, wird aufgehoben.

Mit Schreiben vom 14. August 2013 beantragten die Bevollmächtigten der Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Ein weiterer vormaliger Kläger nahm mit Schreiben vom 20. August 2013 seine Klage zurück. Durch Beschluss des Gerichts vom 17. September 2013 wurde daraufhin das Verfahren dieses damaligen Klägers abgetrennt und eingestellt.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 begründeten die Kläger die Klage insbesondere damit, dass die Römerstraße im streitgegenständlichen Abschnitt durchgängig eine Vorfahrtsstraße mit einer Breite bis zu 6 m sowie eine Ortsverbindungstraße nach Gilching und zum Gewerbegebiet KIM sei. In früheren Verfahren seien bereits mehrfach angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkungen durch Gerichtsurteile aufgehoben worden. Bauliche Veränderungen, die zu einer neuen Beurteilung führen könnten, seien nicht vorgenommen worden.

Die Unterbrunner Straße sei eine Sammelstraße sowie eine Ortsdurchgangstraße. Sie diene auch der Aufnahme des überörtlichen Verkehrs. Des Weiteren spräche die vorgenommene Vorfahrtsregelung entlang der Unterbrunner Straße sowie die Einrichtung einer Fußgängerinsel gegen die Anordnung einer Tempo-30-Zone.

Die Bevollmächtigten der Beklagten erwiderten mit Schreiben vom 25. November 2013 und legten eine Verkehrsdatenauswertung über den Zeitraum vom 20. September bis 19. November 2013 für die Römerstraße vor. Zur Begründung wurde ergänzend zu der Begründung in den Anordnungen insbesondere ausgeführt, dass die Lage und Funktion der Römerstraße als Gemeindestraße, die sowohl der Verbindung nach Gilching als auch dem Schulweg von zahlreichen Schülerinnen und Schülern der angrenzenden Wohngebiete diene, die besonderen örtlichen Verhältnisse begründe, aus der die konkrete Gefahr entstehe, dass es hier zu vermehrten Unfällen zwischen Fußgängern, Radfahrern und Kraftfahrern kommen könne. Die Verkehrsfunktion der Straße trete in Konflikt mit ihrer Schulwegfunktion.

Die Unterbrunner Straße sei keine Straße des überörtlichen Verkehrs und keine Vorfahrtsstraße. Darüber hinaus habe sie für den Durchgangsverkehr eine nur geringe Bedeutung. Sie habe vor allem eine Erschließungs- und Sammelfunktion für die angrenzenden Wohngebiete. Naturgemäß bedinge die ganz überwiegende Wohnbebauung einen regen Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Dieser werde durch die Anordnung der Tempo-30-Zone geschützt; darüber hinaus diene sie dem Schutz der Wohnbevölkerung vor Verkehrslärm und Abgasen. Die Anordnungen der Tempo-30-Zone stünden im Einklang mit § 45 Abs. 1c Satz 3 und 4 StVO.

Das Gericht führte am 10. Dezember 2014 einen Erörterungstermin durch, bei dem sich der Bevollmächtigte der Kläger bestellt. Auf die Niederschrift des Erörterungstermins wird verwiesen.

Der Bevollmächtigte der Kläger machte mit Schreiben vom 3. Februar 2015 ergänzende Ausführungen. Die Bevollmächtigten der Beklagten erwiderten mit Schreiben vom 17. März 2015 und legten ergänzend Schüler- bzw. Kinderzahlen im Einzugsbereich der Römerstraße vor.

Auf Bitten des Gerichts legte die Beklagte des Weiteren eine aktualisierte Stellungnahme der Polizeiinspektion Gauting vom 8. Mai 2015 vor. Hierin wurde ausgeführt, dass es nach Einschätzung der Polizeiinspektion Gauting weiterhin sowohl in der Unterbrunner Straße als auch in der Römerstraße an den rechtlichen Voraussetzungen sowie der zwingenden Notwendigkeit geschwindigkeitsregelnder Maßnahmen fehle. Das Unfallgeschehen zeige auch nach der Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit keine signifikanten Veränderungen.

Das Gericht führte am 23. Juni 2015 einen Augenschein durch. Die mündliche Verhandlung schloss sich an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf das Protokoll über den Augenschein und die mündliche Verhandlung des Gerichts vom 23. Juni 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässigen Klagen sind begründet. Die streitgegenständlichen verkehrsrechtlichen Anordnungen sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Sie waren daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der ausdrücklichen Verpflichtung der Beklagten auf Entfernung der Verkehrszeichen bedurfte es nicht, da die Beklagte aufgrund der Aufhebung der verkehrsrechtlichen Anordnungen ohnehin zur Beseitigung verpflichtet ist und dies auch bereits in der mündlichen Verhandlung für den Fall des Unterliegens zugesagt hat.

Die Klagen sind zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Klagebefugnis dann zu bejahen, wenn das Klagevorbringen es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Maßnahme eigene Rechte der Kläger verletzt. Ein Verkehrsteilnehmer kann dabei als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 Abs. 1 StVO seien nicht gegeben (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1993 - 11 C 35/92 - juris).

Für die rechtliche Beurteilung von Verkehrszeichen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung kommt es maßgebend auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an (st. Rspr; vgl. BVerwG, U. v.18.11.2010 - 3 C 42/09 Rn. 14 m. w. N. - juris).

Weder die Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung in der Römerstraße, noch die Anordnung der Tempo-30-Zone in der Unterbrunner Straße erfüllen die hierfür jeweils erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen; sie sind daher rechtswidrig.

Die Beklagte ist grundsätzlich für den Erlass verkehrsrechtlicher Anordnungen an Gemeindestraßen in ihrem Gemeindegebiet zuständig, §§ 45, 44 StVO i. V. m. Art. 2 und 3 Gesetz über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustGVerk). Gemäß § 7 Abs. 6 Nr. 3.1 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Beklagten für die Wahlperiode 2008 bis 2014 war der beschließende Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss für grundsätzliche Fragen des Straßenverkehrsrechts, wie Zonengebote und -verbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Angelegenheiten von überörtlicher Bedeutung zuständig.

Im vorliegenden Fall hat der zuständige Ausschuss lediglich eine „Grundsatzentscheidung“ für sämtliche Gemeindestraßen getroffen. Die konkrete Einzelfallentscheidung einschließlich Ermessensabwägung innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens wurde jedoch durch die Verwaltung vorgenommen. Die Frage, ob dieses selbstbeschränkende Vorgehen durch die Satzung gedeckt ist - sei es, dass die Satzung dieses Vorgehen beabsichtigte (wogegen allerdings die in der Geschäftsordnung angeführten konkreten Beispiele sprechen) oder im vorliegendem Einzelfall eine Zuständigkeitsübertragung rechtmäßig auf die Verwaltung stattgefunden haben könnte, vgl. Art. 39 Abs. 2 Gemeindeordnung (GO) - kann im Ergebnis jedoch offen bleiben, da dies von den Klägern bereits mangels Verletzung eigener Rechte nicht gerügt werden könnte.

Rechtsgrundlage für die Anordnung von Verkehrszeichen sind die §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 9 StVO.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten.

Allerdings modifiziert und konkretisiert (vgl. hierzu BayVGH, U. v. 28.9.2011 - 11 B 11.910 - juris Rn. 24) § 45 Abs. 9 StVO diese Ermächtigungsgrundlage dahin gehend, dass Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen sind, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist (Satz 1). Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (Satz 2).

Hintergrund für diese strengen Voraussetzungen für die Anordnung von Verkehrszeichen des Gesetzgebers war, dass die „übermäßige Beschilderung im Straßenverkehr zu einer allgemeinen Überforderung und Ablenkung der Verkehrsteilnehmer sowie zu Akzeptanzproblemen bei der Beachtung von Verkehrsvorschriften“ führe. Dies habe „zu einer unerwünschten Abwertung der grundlegenden gesetzlichen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer und damit zu einer Minderung der Bereitschaft zu einer eigenverantwortlichen Beurteilung der Verkehrssituation und der sich daraus ergebenden Verhaltensweise“ geführt (vgl. Begründung des Bundesrats zur 24. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften - 24 StVRÄndV - Drucksache 374/97, S. 5).

Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 45 Abs. 1 und Abs. 9 StVO erfüllt sind, stehen die Maßnahmen im Regelungsbereich dieser Vorschrift grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde (vgl. BVerwG, U. v. 5.4.2001 - 3 C 23/00 - juris Rn. 20f.). An die Ermessensausübung sind jedoch angesichts der sehr strengen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 1 und 2 StVO keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, U. v. 28.9.2011 - 11 B 11.910 - juris Rn. 24).

Die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO und die gleichlautende Vorschrift des § 39 Abs. 1 StVO zielen somit darauf ab, die allgemeinen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer aufzuwerten und die „Subsidiarität der Verkehrszeichenanordnung“ zu verdeutlichen. „Zwingend geboten“ ist ein Verkehrszeichen unter Berücksichtigung dieses Regelungszwecks und des Wortlauts der Vorschriften daher nur dann, wenn das Verkehrszeichen die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme ist. Das ist nicht der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf gewährleisten (vgl. BayVGH, U. v. 28.9.2011 - 11 B 11.910 - juris Rn. 25).

Voraussetzung für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs ist demnach eine Gefahrenlage, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (hier insbesondere Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt. Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO können bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen, der anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. Eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutsbeeinträchtigung erheblich übersteigt, setzt eine konkrete Gefahr voraus, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht (BVerwG, U. v. 23.9.2010 - 3 C 37.09 - juris Rn. 27). Die Beantwortung der Frage, ob eine solche qualifizierte Gefahrenlage besteht, bedarf einer Prognose (vgl. BayVGH, B. v. 7.2.2011 - 11 ZB 10.947 - juris Rn. 4).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt im vorliegenden Fall für die Römerstraße keine solche qualifizierte Gefahrenlage vor, die die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 2 StVO rechtfertigen würde, vor.

Die Beurteilung, ob eine qualifizierte Gefahrenlage gegeben ist, ist durch das Gericht vollständig aufgrund der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegenden Erkenntnisse zu überprüfen.

Irrelevant ist daher insoweit, ob die Beklagte selbst den Sachverhalt ausreichend ermittelt hat (vgl. hierzu Ziffer I zu §§ 39 bis 43 und I zu § 45 Abs. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung - VwV-StVO - ) und ob die Stellungnahme der Polizeiinspektion Gauting - die erst nach dem Beschluss durch den Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss eingeholt worden war - hierbei berücksichtigt wurde (vgl. Ziffer I zu § 45 VwV-StVO).

Nach der gesetzlichen Wertung beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit unter günstigsten Umständen innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h, vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO ist die Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. § 3 Abs. 2a StVO regelt, dass, wer ein Fahrzeug führt, sich gegenüber Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten muss, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Durch diese allgemeinen und jederzeit überall geltenden straßenverkehrsrechtlichen Grundsätze ist auch für den streitgegenständlichen Streckenabschnitt der Römerstraße sichergestellt, dass, - auch zu Stoßzeiten - mit einem Verkehrsverhalten zu rechnen ist, welches nicht zu einer konkreten Gefahr für schwächere Verkehrsteilnehmer führt. Einer darüberhinausgehenden Regulierung bedarf es daher nicht.

Die Beklagte begründet die Geschwindigkeitsreduzierung insbesondere damit, dass es sich bei der Römerstraße um eine von Schülern stark frequentierte Straße handle und diese eine Sammelfunktion für die angrenzenden Wohnstraßen ausübe. Hierdurch ergäbe sich ein großer Querungsbedarf hin zu dem an der Germeringer Straße liegenden Schulzentrum sowie zu Grundschulen und Kindergärten.

Zwar müssen unstrittig sowohl Schüler aus Pentenried als auch aus dem südlich der Römerstraße liegenden Wohngebiet auf ihrem Schulweg die Römerstraße queren. Schüler aus Unterbrunn dürften hingegen aufgrund der Streckenlänge, der Wegführung und dem Vorhandensein einer Schulbuslinie zu Fuß oder mit dem Fahrrad nur in geringem Umfang unter Querung der Römerstraße im streitgegenständlichen Abschnitt zur Schule gelangen. Das Gericht schätzt daher den tatsächlichen Querungsbedarf durch Schüler deutlich geringer ein. Soweit die Beklagte darüber hinaus auch die Kindergartenkinder, die den Kindergarten in der Nähe besuchen würden, als Verkehrsteilnehmer anführt, geht das Gericht davon aus, dass diese - zumindest im ganz überwiegenden Umfang - nicht alleine den Weg zum Kindergarten zurücklegen, sondern ohnehin jeweils in Begleitung von Erwachsenen sind.

Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten erscheint die erforderliche Querung - auch unter der Berücksichtigung, dass es sich in der Vielzahl um Kinder handelt - nicht mit konkreten Gefahren behaftet.

Das Gericht schließt sich, auch unter Berücksichtigung der Eindrücke beim Augenschein, im Ergebnis den Einschätzungen der Polizeiinspektion Gauting vom 23. Juli 2012 und 19. Mai 2015 an. Die Römerstraße dient dem überörtlichen Verkehr und weist erhebliches Verkehrsaufkommen auf. Sie wird durch am Straßenrand parkende Fahrzeuge in ihrer grundsätzlich bestehenden Straßenbreite beschränkt. Bereits die parkenden Fahrzeuge verhindern sowohl ein durchgängiges Fahren in Höchstgeschwindigkeit, als auch ein gleichzeitiges Befahren in beide Richtungen. Insbesondere während der Stoßzeiten ist damit zwangsläufig bereits aufgrund der gegebenen Umstände eine Geschwindigkeitsreduzierung erforderlich. Darüber hinaus ist die Geschwindigkeit zu diesen Zeiten durch die Anwesenheit von Radfahrenden, die den Verkehrsraum weiter einschränken und mit geringerer Geschwindigkeit unterwegs sind, zu reduzieren. Eine Geschwindigkeit von 50 km/h dürfte daher zu diesen Stoßzeiten schwerlich erreicht werden. Vielmehr ist eine angepasste, rücksichtsvolle und vorsichtige Fahrweise - entsprechend den gesetzliche Vorgaben, vgl. § 3 Abs. 1 StVO - in dem Streckenabschnitt zwingend erforderlich. Hierzu bedarf es aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten keiner zusätzlichen geschwindigkeitsbeschränkenden Regelung. Es liegt hier gerade nicht die Situation vor, dass zügiger PKW-Verkehr auf überraschend auftretende, sich zum Teil verkehrswidrig verhaltende Schülerströme trifft (vgl. VG Ansbach, U. v. 10.12.2012 - AN 10 K 12.01123 - juris Rn. 35).

Die Römerstraße befindet sich auch nicht unmittelbar vor dem Schulzentrum, sondern ist lediglich in weiterem Abstand zur Schule Teil des Schulwegs. Zwar rechtfertigt in der Regel der in unmittelbarere Schulnähe vorhandene Hol-und Bringverkehr sowie die dort vorhandene erhöhte Hektik und Betriebsamkeit in der Regel (zumindest zeitlich beschränkte) geschwindigkeitsbeschränkende Maßnahmen (vgl. VG Ansbach, U. v. 10.12.2012 - AN 10 K 12.01123 - juris Rn. 34). Eine solche Situation liegt an der Römerstraße jedoch nicht vor.

Auch der lediglich an drei Werktagen stattfindende Busverkehr innerhalb der Römerstraße führt nicht zu einer besonderen Gefährdungssituation, insbesondere da dieser nur während der Vormittagszeiten und damit außerhalb der Stoßzeiten stattfindet.

Schließlich vermittelt die Römerstraße auch außerhalb der Stoßzeiten durch die beidseitig angrenzende Wohnbebauung, die beidseitig parkenden Autos und den Straßenverlauf - trotz der vorhandenen durchgängigen Vorfahrtsregelung - einen klaren Eindruck, dass sich der Autofahrer innerhalb einer Ortschaft befindet, seine Fahrweise entsprechend anzupassen hat und mit Fußgängerquerungen zu rechnen ist. Eine darüberhinausgehende allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung ist nicht erforderlich. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass entlang der Römerstraße beidseitig Gehwege verlaufen, die grundsätzlich ein gesichertes Begehen entlang der Römerstraße ermöglichen.

Auch die von der Polizeiinspektion Gauting mitgeteilten Daten zum Unfallgeschehen können eine qualifizierte Gefahrenlage nicht belegen. Unfälle, die sich auf überhöhte oder unangepasste Geschwindigkeit zurückführen lassen, lagen im Auswertungszeitraum von 1. Januar 2010 bis 18. Mai 2015 demnach nicht vor.

Würde der Argumentation der Beklagten gefolgt, so könnte jede Straße, die in erheblichem Umfang von Schülern genutzt wird, mit Einzelfallregelungen versehen werden, was zu einer Aushöhlung der gesetzlichen Wertung führen würde - sowohl im Hinblick auf die gesetzlich vorgeschriebene Geschwindigkeitsregelung (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO), als auch bezüglich der gesetzgeberischen Absicht der Vermeidung eines „Schilderwalds“ und des Erreichens einer höchstmöglichen Akzeptanz von Einzelfallregelungen (vgl. Begründung des Bundesrats zur 24. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften - 24. StVRÄndV - DS 374/97, S.5).

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass in der Römerstraße keine Situation gegeben ist, die die Annahme einer qualifizierten Gefahrenlage rechtfertigt. Vielmehr erscheint zum Schutz der Verkehrsteilnehmer das allgemeine Vorsicht- und Rücksichtnahmegebot - insbesondere des § 3 Abs. 2a StVO - als ausreichend und eine zusätzliche Regelung durch Verkehrszeichen nicht zwingend geboten, vgl. § 39 Abs. 1 StVO.

Die verkehrsrechtliche Anordnung für die Römerstraße ist darüber hinaus in der vorliegenden Form - ohne konkrete Benennung eines Anfangs- und Endpunkts und ohne beigefügten Beschilderungsplan - nicht hinreichend bestimmt. Es ist Aufgabe des Entscheidungsträgers der Straßenverkehrsbehörde - und nicht der die Maßnahme lediglich vollziehenden Stellen -, zu bestimmen, wo und welche Verkehrszeichen konkret angebracht werden sollen, vgl. § 45 Abs. 3 Satz 2 StVO.

Mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen konnte im Ergebnis offen bleiben, inwieweit schließlich die Entscheidung über Art und Umfang der verkehrsrechtlichen Anordnung - insbesondere auch im Hinblick auf mögliche zeitliche Einschränkungen - ermessensgerecht getroffen wurde und alle erheblichen Belange ausreichend berücksichtigt wurden (vgl. BayVGH, B. v. 14.2.2006 - 11 ZB 04.3215 - juris).

Auch die verkehrsrechtliche Anordnung, mit der die Unterbrunner Straße zur Tempo-30-Zone erklärt wurde, ist rechtswidrig, da sie die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt.

Nach § 45 Abs. 1c StVO können die Straßenverkehrsbehörden innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo-30-Zonen anordnen (vgl. zur Frage der Ermessensentscheidung, BayVGH, B. v. 14.2.2006 - 11 ZB 04.3215 - juris). Die Zonenanordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs noch auf weitere Vorfahrtsstraßen erstrecken (Satz 2). Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen, Leitlinien und benutzungspflichtige Radwege umfassen (Satz 3). An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtsregel nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO („Rechts vor Links“) gelten (Satz 4).

Eine qualifizierte Gefahrenlage muss hingegen für eine solche Anordnung nicht vorliegen, so dass § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO Tempo-30-Zonen explizit von dieser Voraussetzung ausnimmt.

Mit der Neueinfügung von § 45 Abs. 1c StVO durch die 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl I 2000, 1690), in Kraft getreten zum 1. Februar 2001, sowie weiterer Gesetzesänderungen wurden die Möglichkeiten für die Anordnung von Tempo-30-Zonen neu geregelt und dem Wunsch der Kommunen nach Reduzierung des bislang hohen Anforderungsniveaus für die Einrichtung von Tempo-30-Zonen Rechnung getragen (vgl. Gesetzesbegründung, Drucksache 599/00, S. 12). Dementsprechend wurde auch in § 39 ein neuer Absatz 1a StVO eingefügt, der feststellt, dass innerhalb geschlossener Ortschaften abseits der Vorfahrtsstraßen mit der Anordnung von Tempo-30-Zonen zu rechnen ist. Die Kraftfahrzeugführer sollten zukünftig die Straßen in Tempo-30-Zonen deutlich von Straßen außerhalb solcher Zonen unterscheiden können. Dementsprechend wurde in § 45 Abs. 1c StVO durch negative Abgrenzung dargestellt, welche Straßen für eine Tempo-30-Zone nicht geeignet sind und durch die Sätze 3 und 4 zusätzliche Kriterien der Abgrenzung festgelegt, die im Interesse des Verkehrsablaufs und der Rechtsklarheit für den kraftfahrenden Verkehrsteilnehmer erforderlich sind. Bauliche Veränderungen (Einengungen, Schwellen etc.) dürften hingegen nicht mehr erwartet werden (vgl. Gesetzbegründung Drucksache 599/00, S. 13 und 27). Die VwV-StVO enthält darüber hinaus zu § 45 Abs. 1c StVO weitere, von der Verwaltung grundsätzlich zu beachtende Kriterien (vgl. zur Verbindlichkeit der VwV-StVO für die Verwaltung als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, BayVGH, U. v. 6.4.2011 - 11 B 08.1892 - juris Rn. 38).

Die Unterbrunner Straße erfüllt die gesetzlichen Kriterien für die Ausweisung einer Tempo-30-Zone nicht.

§ 45 Abs. 1c Satz 2 StVO bestimmt, dass sich Zonenanordnungen weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs noch auf weitere Vorfahrtsstraßen erstrecken dürfen. Die Unterbrunner Straße stellt aber eine Verbindung zwischen der Staatsstraße (Ammerseestraße) zum Pippinplatz dar; mehrere weitere Straßen, wie auch die Römerstraße, münden in die Unterbrunner Straße und leiten ihr Verkehr zu. Vom Pippinplatz wiederum zweigt die Germeringer Straße ab, die die Verbindung nach Germering darstellt. Unstreitig war die Unterbrunner Straße vor der verkehrsrechtlichen Anordnung eine Vorfahrtsstraße mit entsprechender Beschilderung.

Zwar erscheint es möglich, Straßen im Rahmen einer Gesamtplanung eines Verkehrskonzepts in ihrer Verkehrsbedeutung - auch ohne Straßenrückbaumaßnahmen - so zu reduzieren, dass sie weder Straßen des überörtlichen Verkehrs noch damit einhergehend erforderliche Vorfahrtsstraßen darstellen. Eine solche tatsächliche Umplanung der Verkehrsflüsse innerhalb der Gemeinde hat die Beklagte jedoch nicht vorgenommen.

Die Anordnung von Tempo-30-Zonen soll auf der Grundlage einer flächenhaften Verkehrsplanung der Gemeinde vorgenommen werden, in deren Rahmen zugleich das innerörtliche Vorfahrtsstraßennetz festgelegt werden soll, vgl. Ziffer XI zu § 45 der VvV-StVO. Dabei ist ein leistungsfähiges, auch den Bedürfnissen des öffentlichen Personennahverkehrs und des Wirtschaftsverkehrs entsprechendes Vorfahrtsstraßennetz sicherzustellen. Der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Verkehrssicherheit ist vorrangig Rechnung zu tragen. Zonengeschwindigkeitsbeschränkungen kommen danach nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist.

Lediglich die Umwandlung der bisher sowohl für den überörtlich genutzten Verkehr als auch als Vorfahrtsstraße ausgewiesenen Straße in eine Tempo-30-Zone kann nicht dazu führen, dass diese tatsächlich ihre vorhandene Verkehrsbedeutung verliert. Vielmehr hätte es hierfür eines umfassenden Verkehrskonzeptes mit Umleitung der bisher bestehenden Verkehrsflüsse aus der Unterbrunner Straße bedurft. Die Beklagte konnte auch im Rahmen des umfangreich stattgefundenen Erörterungstermins und der nachfolgenden Schriftsätze nicht darlegen, inwieweit der bis dahin durch die Unterbrunner Straße geflossene Verkehr über andere Vorfahrtsstraßennetze innerorts sinnvoll umgeleitet werden soll. Der Verweis der Beklagten auf die Möglichkeit des Verkehrs über die Staatsstraße 2349 ist hierzu nicht ausreichend. Denn diese verläuft in West-Ost-Ausrichtung, während die Unterbrunner Straße eine Verbindung nach Norden zum Pippinplatz - auf dem sich in erheblichem Umfang Gewerbeeinheiten befinden - und weiter zur Germeringer Straße nach Germering darstellt. Auch die Gewerbeeinheiten insbesondere im nördlichen Bereich der Unterbrunner Straße, die auch nicht ausschließlich dem täglichen Bedarf für die Anwohner des Gebiets dienen, dürften schließlich zu erhöhtem Verkehr innerhalb der Unterbrunner Straße führen. Tatsächlich spielt damit der Durchgangsverkehr in der Unterbrunner Straße keine geringe Bedeutung (vgl. Ziffer XI Nr. 2 zu § 45 VwV-StVO). Schließlich spricht auch die Errichtung des Fußgängerüberwegs mit Verkehrsinsel gegen das Vorliegen einer Straße mit geringem Durchgangsverkehr. Denn die Errichtung von Fußgängerüberwegen hat nur dort zu erfolgen, wo der Fahrzeugverkehr so stark ist, dass Fußgänger die Fahrbahn nicht sicher überschreiten können (vgl. Ziffer I zu § 25 VwV-StVO).

Die Anordnung entspricht auch bezüglich der festgesetzten Vorfahrtsregelungen nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 45 Abs. 1c StVO. Zwar steht der Straßenverkehrsbehörde bei der Anordnung einer Tempo-30-Zone ein Ermessensspielraum zu. Sofern die Behörde jedoch - wie im vorliegenden Fall - von den gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen für die Anordnung einer Tempo-30-Zone abweicht, bedarf es zumindest einer besonders intensiven Ermessensentscheidung, um ein solches Abweichen zu rechtfertigen (vgl. BayVGH, B. v. 14.2.2006 - 11 ZB 04.3215 - juris). Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich nach dem Willen des Gesetzgebers für den Verkehrsteilnehmer eine Tempo-30-Zone bereits aus dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - ohne weitere, ein Zonenbewußtsein schaffende Erscheinungsbilder - aufzeigen soll (vgl. König, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 45 Rn. 37).

Die Beklagte hat zwar die Unterbrunner Straße nicht als Vorfahrtsstraße mit Zeichen 306 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO gekennzeichnet, sie hat jedoch an jeder vorhandenen Straßeneinmündung die Vorfahrt der Unterbrunner Straße durch Zeichen 301 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO angeordnet. Die Unterbrunner Straße stellt sich daher für den Verkehrsteilnehmer tatsächlich und weiterhin als Vorfahrtsstraße dar, welche zwingend von Tempo-30-Zonen auszunehmen ist.

Durch die mehrfach hintereinander folgende Beschilderung mit Zeichen 301 hat die Beklagte darüber hinaus gegen Ziffer IV zu Zeichen 301 zu § 42 der VwV-StVO verstoßen. Dieser sieht vor, dass innerhalb geschlossener Ortschaften das Zeichen 301 nicht häufiger als an drei hintereinander liegenden Kreuzungen oder Einmündungen zu verwenden ist; andernfalls ist das Zeichen 306 zu verwenden. Zwar sieht die VwV-StVO ein Abweichen von diesem Regelfall vor, wenn die Bedürfnisse des Buslinienverkehrs in Tempo-30-Zonen dies zwingend erfordern, worauf die Beklagte ihre verkehrsrechtliche Anordnung stützt. Allerdings hat die Beklagte es unterlassen, im Vorfeld der verkehrsrechtlichen Anordnung überhaupt eine Stellungnahme des Trägers des öffentlichen Nahverkehrs und dessen Bewertung einzuholen und auch selbst nicht dargelegt, warum im vorliegenden Fall der Buslinienverkehr eine Ausnahme zwingend erforderlich macht. Lediglich der Hinweis darauf, dass die Vorfahrtsregelung dem sicheren und besseren Verkehrsablauf der MVV-Busse diene und ein gefahrenträchtiges, plötzliches Abbremsen und Anfahren an den einmündenden Seitenstraßen und damit eine unnötige Gefährdung der Fahrgäste verhindere, reicht hierfür nicht. Vielmehr erscheint dies als üblicher Verkehrsfluss, der insbesondere bei einer Tempo-30-Zone mit entsprechend verringerter Geschwindigkeit schon nicht zu solchen befürchteten abrupten Anfahrten und Bremsreaktionen führen kann. Um eine Ausnahme von den gesetzlich vorgesehenen Wertungen für verkehrsrechtliche Anordnungen zu rechtfertigen, bedarf es darüber hinaus besonderer Umstände des Einzelfalls wie z. B. besondere Gegebenheiten durch extreme Steigungen etc.. Solche wurden nicht dargelegt und konnte das Gericht auch im Rahmen des Augenscheins nicht erkennen.

Des Weiteren widerspricht die vorgenommene Vorfahrtsregelung auch den Vorgaben in § 45 Abs. 1c Satz 4 StVO, wonach grundsätzlich die Vorfahrtsregel nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO („Rechts vor Links“) gelten soll. Auch insoweit ist zwar ein Abweichen im Einzelfall möglich. Die von der Beklagten vorgebrachte Rechtfertigung hierfür genügt jedoch nicht. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht nur in einem Teilabschnitt der Tempo-30-Zone von den gesetzlichen Vorgaben („Rechts vor Links“) abweicht, sondern dies durchgängig über den gesamten Zonenbereich hinweg führt. Die Beklagte hat es unterlassen, im Rahmen der verkehrsrechtlichen Anordnung überhaupt festzulegen, an wievielen Kreuzungsbereichen sie entgegen der gesetzlichen Vorgaben das Verkehrsschild 301 anordnet. Darüber hinaus hat sie sich nicht damit auseinander gesetzt, dass die Regelung durchgängig erfolgen soll und damit mindestens einer besonderen Begründung und Rechtfertigung bedurft hätte.

Schließlich findet sich in der verkehrsrechtlichen Anordnung keinerlei Auseinandersetzung mit den durch die Polizeiinspektion Gauting geltend gemachten Einwänden gegen eine solche Anordnung. Zwar hat die Beklagte im Rahmen des Gerichtsverfahrens vorgetragen, dass die Stellungnahme gewürdigt wurde. Dies kann jedoch allenfalls durch die - möglicherweise durch eine Delegation mit der Ermessensentscheidung beauftragten (s.o.) - Verwaltung erfolgt sein, sicherlich jedoch nicht durch eine Entscheidung des grundsätzlich zuständigen Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschusses, da zu diesem Zeitpunkt die Stellungnahme noch nicht vorlag. Unabhängig davon erwähnt die damalige Begründung die ablehnende Stellungnahme der - im Verfahren zwingend zu beteiligenden - Polizeiinspektion Gauting überhaupt nicht und setzt sich auch nicht inzident mit den vorgetragenen Einwänden auseinander.

Die Anordnung der Tempo-30-Zone erfüllt somit weder die in § 45 Abs. 1c StVO aufgeführten gesetzlichen Vorgaben, noch die Anforderungen an die erforderliche Ermessensentscheidung (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 14.2.2006 - 11 ZB 04.3215 - juris).

Darüber hinaus ist die verkehrsrechtliche Anordnung für die Unterbrunner Straße in der vorliegenden Form - insbesondere ohne klare Angaben über Anzahl und Standort der Zeichen 301 und ohne entsprechenden Beschilderungsplan - nicht hinreichend bestimmt, vgl. § 45 Abs. 3 Satz 2 StVO.

Die Frage, ob auf die Anordnung von Tempo-30-Zonen darüber hinaus auch § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO Anwendung findet, kann daher im Ergebnis offenbleiben. Während sich König (in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 45‚ Rn. 37) dafür ausspricht, dass die Maßnahme zwingend geboten sein müsse und nur keine qualifizierte Gefahrenlage erforderlich sei, führt das OVG Lüneburg (U. v. 18.7.2006 - 12 LC 270/04 - juris Rn. 42) hierzu aus, dass bei einer solchen Sichtweise die Regelung in § 45 Abs. 1c StVO weitgehend ins Leere liefe. Deshalb käme die Anordnung einer Tempo-30-Zone schon dann in Betracht, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1c StVO gegeben seien und außerdem den Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO Beachtung geschenkt worden sei, d. h. Gründe der Sicherheit oder Ordnung für die Zonenanordnung sprächen.

Den Klagen war daher stattzugeben und die Anordnungen waren aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 50.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs) und beruht auf zweifacher objektiver bei fünffacher subjektiver Klagehäufung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.