Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 25. Juli 2014 - 7 K 13.244

bei uns veröffentlicht am25.07.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten eines Feuerwehreinsatzes.

Der Kläger und seine Ehefrau betreiben an der östlichen ... (...) auf dem Grundstück Fl.Nr. ... eine Stau- und Triebwerksanlage und auf dem Grundstück ... der Gemarkung ... ein Hochwasserwehr. Ihre Unterhaltungspflicht umfasst auch die Bedienung des Hochwasserwehrs.

Am 10. Dezember 2012 (20:53 bis 23:26 Uhr) fand an den Brücken der Bundesstraße ... und der Autobahn ... (Durchlass der östlichen ...), die sich unmittelbar oberhalb (südlich) des Hochwasserentlastungswehres des Klägers befinden, ein Einsatz (Technische Hilfe) der Freiwilligen Feuerwehr ... (nachfolgend: FFW) statt.

Im Einsatzbericht ist hierzu unter dem Punkt „Schadensereignis“ vermerkt: „Hochwasser, Überschwemmung, gefährdete Dämme, Eisstau“. Unter dem Punkt „Berichtstext“ ist ausgeführt: „Die Autobahnbrücke und die ... Brücke über die ... waren mit Schneematsch voll zugeweht. Das Wasser lief schon durch die Behelfsabflüsse unter der Autobahn. Den Bach unter den Brücken von diesem Schneematsch befreit, dass das Wasser wieder fließen konnte“.

Ein Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes ..., technische Gewässeraufsicht, hatte am 10. Dezember 2012 (ab ca. 15:30Uhr) eine Ortseinsicht vorgenommen. Hierzu teilte er dem Landratsamt ... per E-Mail am 18. Dezember 2012 (Bl. 11/12 der Behördenakte/BA) u. a. mit, dass es in den Fließgewässern aufgrund der Wetterlage am 9./10. Dezember 2012 (Schneefall mit anhaltendem Wind und starken Windböen) örtlich zum Abgang von Treibschnee gekommen sei. Treibschnee könne, wenn er nicht permanent abgeführt bzw. weiter fließen könne, zu einer Treibschneeansammlung (sog. Schneeversatz) führen. Hierbei könne es soweit gehen, dass der gesamte Abflussquerschnitt verschlossen werde und es dadurch zu Ausuferungen (Überschwemmungen) komme. Nach örtlichen Angaben seien auch an der Östlichen ... im Bereich .../... bereits seit den frühen Morgenstunden des 10. Dezember 2012 Treibschneeabgänge festgestellt worden. Im Bereich des Hochwasserentlastungswehrs des Klägers sei es am 10. Dezember 2012 zu einer massiven Ansammlung (Staubereich) von Treibschnee gekommen. Zwar habe der Kläger nach eigenen Angaben das Wehr am Vormittag des 10. Dezember 2012 kurzzeitig geöffnet, habe aber die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Treibschneeansammlungen nicht mehr abführen können. Zum Zeitpunkt der Ortseinsicht habe die massive Anlagerung von Treibschnee bereits weit unter die unmittelbar oberhalb der Stauanlage befindlichen Brücken der ... und ... gereicht und habe zu einer Teilblockade des Abflussquerschnitts geführt. Die Östliche ... sei südlich der ... ausgeufert, das Wasser sei über die Hochwasser-Entlastungsrohre (unter ... und ...) abgeflossen und sei beim Anwesen ... wieder in den Hochwasserlauf der Östlichen ... zurückgeflossen. Die massiven Treibschneeansammlungen vor dem Wehr des Klägers seien durch die von ihm eingebrachten Abweisbäume vor der Wehranlage begünstigt worden. Insbesondere an dem unter der ... Brücke angebrachten (am Brückenüberbau befestigt), annähernd 20 m langen Abweisbaum, der über den gesamten Abflussquerschnitt der Östlichen ... reiche, habe sich der Treibschnee angestaut. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht wäre durch eine konsequente und zeitnahe Bedienung des Wehres die Ansammlung des Treibschnees mit seinen beschriebenen Auswirkungen zu verhindern gewesen.

Mit Bußgeldbescheid vom 14. Januar 2013 (Bl. 17/18 der BA) setzte das Landratsamt ... wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit gegen den Kläger eine Geldbuße in Höhe von 300,00 EUR fest. Über den Einspruch des Klägers gegen diesen Bußgeldbescheid hat das Amtsgericht ... nach Aktenlage noch nicht entschieden.

Mit Schreiben des Beklagten vom 2. Januar 2013 (Bl. 16 BA) wurde der Kläger zum beabsichtigten Erlass eines Leistungsbescheids zum Ersatz der Kosten, die infolge des Einsatzes der FFW am 10. Dezember 2012 (Einsatzdauer: 20:53 bis 23:26 Uhr) entstanden sind, angehört. Der Kläger teilte hierzu mit Schreiben vom 21. Januar 2013 mit, dass die Hochwasserwehre an seiner Stau- und Triebwerksanlage ordnungsgemäß bedient worden seien.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 machte der Beklagte gegenüber dem Kläger den Ersatz von Aufwendungen für den Feuerwehreinsatz in Höhe von 2011,14 EUR geltend. Am 10. Dezember 2012 habe sich durch eine zunächst nicht und danach verzögerte Öffnung des Hochwasserwehrs durch den Kläger eine massive Ansammlung (Staubereich) von Treibschnee ergeben, die dazu geführt habe, dass ein Einsatz der FFW notwendig gewesen sei. Die FFW habe zwei Brücken im Bereich der Autobahn ... und der Bundesstraße ... von Schnee befreit und während dieses Einsatzes die Bundesstraße ... in beiden Fahrtrichtungen für den Verkehr gesperrt. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren entstanden seien. Kostenersatz nach Abs. 1 könne gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG verlangt werden für Einsätze, die durch eine vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Gefahr verursacht wurden. Der Kläger habe durch das verzögerte Öffnen seines Hochwasserentlastungswehrs sowie durch die zusätzlich eingebrachten Abweisbäume vor der Wehranlage diesen Feuerwehreinsatz vorsätzlich verursacht. Die Anhörung des Klägers habe keine Anhaltspunkte ergeben, dass eine Heranziehung zum Kostenersatz unbillig sei.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 21. Februar 2013, erhob der Kläger gegen den Kostenbescheid Klage und stellte den Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2013 aufzuheben.

Der Klageschrift waren 53 Bilder angefügt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Staubereich der Hochwasserentlastungswehre des Klägers habe sich am 10. Dezember 2012 durch ein Extremwetterereignis (heftige Schneefälle in Verbindung mit starkem Westwind) eine massive Ansammlung von Sulzschnee ergeben, die dazu geführt habe, dass ein Einsatz der FFW notwendig geworden sei. Die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt habe, sei vom Kläger nicht verursacht worden und auch nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden. Der Feuerwehreinsatz sei ausschließlich deswegen erforderlich gewesen, weil die Zufahrt zum Ausbaggern der Treibschneeberge, im Bereich zwischen und unter den Brücken der ... und ... über die östliche ..., nicht möglich gewesen sei. Die Anschuldigung, der Kläger sei am 10. Dezember 2012 seiner Bedienungspflicht der drei Hochwasserentlastungswehre vorsätzlich nicht nachgekommen, werde zurückgewiesen. Der Kläger habe die Hochwasserwehre am 10. Dezember 2012 mindestens zehnmal geöffnet. Oberhalb ... habe sich nachts der schwimmende Sulzschnee auf einer Länge von ca. 500 m gesammelt. Der schwimmende Sulzschnee habe mehrmals das Einlaufgitter zur Wasserturbine ... verstopft, so dass dieses freigemacht werden musste. Hierzu wurde auf Bild 3 verwiesen, aufgenommen am 9. Dezember 2012, 21:45 Uhr. Als um 4:00 Uhr morgens die Alarmglocke angeschlagen habe, habe der Kläger wegen der Verstopfungen der Einlaufgitter mit versulztem Schnee das Wehr ... geöffnet, so dass der schwimmende Sulzschnee habe abfließen können. Der Kläger habe das Wehr geschlossen, als kein schwimmender Sulzschnee mehr zu sehen war und habe sich schlafen gelegt. Um 7:37 Uhr habe der Kläger vom 1. Stock aus die Überschwemmung, von der östlichen Flutmulde kommend zwischen ... und der Nachbarscheune, gesehen. Der Kläger habe dann verschiedene Arbeiten getätigt, um den Abfluss zum Bach und die Schachteinläufe zur Kanalisation freizuhalten und eine Überschwemmung seines Anwesens und des Nachbaranwesens ... zu verhindern (Bilder 4 bis 15 vom 10.12.2012, zwischen 11:48 und 12:19 Uhr). Um 12:15 Uhr habe der Kläger nach einem Anruf des Nachbarn ... das östliche Hochwasserwehr (in Anwesenheit des Herrn ...) geöffnet, um den versulzten Schnee abzuführen. Der versulzte Schnee habe sich jedoch aufgrund der außergewöhnlich großen Eintragsmengen so verfestigt und zusammengeschoben, dass ein Ableiten nicht mehr möglich war (Bild 16 bis 18, zwischen 12:13 und 12:19 Uhr). Gegen 14 Uhr sei der Kläger nach einem Anruf des ersten Bürgermeisters der Beklagten wieder zum Hochwasserwehr gegangen. Dorthin seien auch der Feuerwehrkommandant ..., Herr ... vom Bauhof, Hauptflussmeister ... vom Wasserwirtschaftsamt ..., die Nachbarn ... und ... und andere gekommen. Der Kläger habe zum vierten Mal an diesem Tag beide Hochwasserwehre geöffnet. Nahezu die ganzen verdichteten, versulzten Schneemassen seien aber, ebenso wie bei weiteren Wehröffnungen, liegen geblieben. Verschiedene Schwimmbalken seien dann aus dem Wasser entfernt worden. Schnee und Eis könnten von den Schwimmbalken nicht zurückgehalten werden, weil diese von der Wasserströmung darunter hindurchgedrückt würden. Besondere Hindernisse seien vielmehr die großen Flussbausteine unter der ..., wo sich immer wieder Schwemmgut, Eis und versulzte Schneemassen verhakten. Mit Einbruch der Dunkelheit sei der angeforderte Bagger gekommen und habe den versulzten Schnee zwischen Hochwasserwehr und Brücke an der ... gelöst, der nach Öffnen beider Hochwasserwehre dann abgeflossen sei. Wegen fehlender Zufahrtsmöglichkeiten zwischen und unter den Brücken der ... und ... sei dort ein entsprechender Baggereinsatz nicht möglich gewesen, so dass der versulzte Schnee weiter den Flusslauf verstopft habe. Gegen 21 Uhr seien der Feuerwehrkommandant und sein Stellvertreter sowie ein Vertreter der der Autobahnmeisterei ... zum Kläger gekommen. Gemeinsam habe man beschlossen, dass die Feuerwehr unter dem Einsatz von Hochdruckwasserstrahlen (8 Bar) versuchen werde, die versulzten Schneemassen zu lösen. Nach Anweisungen des Feuerwehrkommandanten habe der Kläger noch viermal die Hochwasserwehre geöffnet, um die nacheinander losgelösten versulzten Schneemassen abzuleiten. Zuletzt habe der Sulzschnee auch unter der Autobahnbrücke mit Hochdruckwasserstrahlen gelöst werden können (Bild 33 bis 45 zwischen 21: 11 und 22:51 Uhr).

Mit Schriftsatz vom 11. März 2013 beantragten die Bevollmächtigten des Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung dieses Antrags wurde mit Schriftsatz vom 18. Juni 2013 u. a. ausgeführt, der Kläger trete dem streitgegenständlichen Bescheid im Wesentlichen mit drei Argumenten entgegen, nämlich der Feuerwehreinsatz sei ausschließlich deswegen erforderlich geworden, weil die Zufahrt zum Ausbaggern der Treibschneeberge im Bereich zwischen und unter den beiden Brücken der ... und ... über die östliche ... nicht möglich sei. Auslöser für die massive Ansammlung von Sulzschnee seien die heftigen Schneefälle mit starkem Westwind („Extremwetterereignis“) gewesen. Auch am 10. Dezember 2012 habe der Kläger für einen schadlosen Abfluss des schwimmenden Sulzschnees zuerst ... bis 200 m oberhalb gesorgt.

Aus dem eigenen Vortrag des Klägers gehe hervor, dass er am 10. Dezember 2012 um 4 Uhr morgens nur das Wehr ... (wegen der Verstopfung des Einlaufgitters mit versulztem Schnee) geöffnet habe. Eine Öffnung des Hochwasserwehrs sei dann aber erst gegen 12:15 Uhr mittags erfolgt. Die Situation um 4 Uhr morgens hätte den Kläger auch bezüglich des Hochwasserentlastungswehres alarmieren müssen. Nach eigenem Vortrag sei der Kläger jedoch bis Mittag wohl damit beschäftigt gewesen, zu verhindern, dass sein Keller mit Wasser vollläuft. Da es bereits am 9. Dezember 2012 geschneit habe und dem Kläger nach eigenem Vortrag bereits mindestens seit 4 Uhr morgens am 10. Dezember 2012 bekannt gewesen sei, dass sich Sulzschnee/Treibschnee und Eis in der östlichen ... befunden habe, hätte er regelmäßig die Abflussverhältnisse überprüfen und in eigener Verantwortung die erforderlichen Maßnahmen, z. B. rechtzeitige Öffnung des Hochwasserwehrs, ergreifen müssen. Dies sei jedoch bis 12:15 Uhr unterblieben. Die Gefahr, die durch die Treibschneeansammlung ausgelöst worden sei, sei seitens des Klägers - zieht man dessen zunächst vorliegende Weigerung zur Öffnung des Wehrs ins Kalkül - vorsätzlich, zumindest jedoch grob fahrlässig herbeigeführt worden.

Mit Schreiben vom 2. September 2013 nahm der Kläger zum Vortrag des Beklagten Stellung und führte u. a. aus, um 4 Uhr morgens am 10. Dezember 2012 sei die Notwendigkeit, auch die Hochwasserwehre zu öffnen, nicht erkennbar und auch nicht erforderlich gewesen. Auch die Gefahr weiterer Treibschneeabgänge sei zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar gewesen. Als gegen 7:37 Uhr um die ... des Klägers Wasser geflossen sei, wären die nach 4:30 Uhr eingetragenen Schneemengen so verdichtet gewesen, dass die ... - nach Aussage des Herrn ... bereits um 5:30 Uhr - über die Ufer getreten sei, und die beschriebenen Auswirkungen durch eine Bedienung des Wehres überhaupt nicht hätten verhindert werden können. Nachdem der Kläger für einen schadlosen Treibschneeabfluss im Hof ... gesorgt habe, sei er nach dem Abhören des Anrufbeantworters unverzüglich zum Hochwasserwehr gegangen, um dieses gegen 12:19 Uhr zu öffnen. Die Abweisbäume, die keine Äste hätten (richtige Bezeichnung: Schwimmbalken), würden die Gefahr eines Schneeversatzes nicht erhöhen und seien bei den zahlreichen Ortsterminen von den Vertretern des Landratsamtes, Wasserwirtschaftsamtes usw. auch nie beanstandet worden. Die Entfernung der Schwimmbalken sei nur rein vorsorglich erfolgt und habe die Situation nicht verbessert. Die Situation unter und südlich der ...-Brücke sei wegen des Lärmschutzwalls zwischen der ... und der ... von den Hochwasserwehren aus nicht einsehbar. Der Kläger konnte also nicht zeitgleich ... für einen schadlosen Wasserabfluss sorgen und zugleich an den Hochwasserwehren und an den Brücken der ... und ... nach dem Rechten schauen, vor allem nicht bei Unwettern wie im vorliegenden Fall. Das Entstehen der massiven Treibschneeansammlungen sei offensichtlich von den extremen eingetragenen Schneemengen zwischen 4:30 und 7:37 Uhr am 10. Dezember 2012 ausgelöst worden. Der Kläger habe die Hochwasserwehre zwischen 7:37 und 12:15 Uhr wegen eines rechtfertigenden Notstands (Überflutungsgefahr seines Kellers) nicht bedienen können.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2014 regte der Kläger u. a. an, auch den Vertreter der Autobahnmeisterei ..., der am 10. Dezember 2012 vor Ort gewesen sei, als Zeugen zur mündlichen Verhandlung zu laden. Dieser übersandte per E-Mail vom 10. Juli 2012 mehrere Fotos und seinen Aktenvermerk vom 11. Dezember 2012. Darin wird u. a. ausgeführt, er sei am Nachmittag des 10. Dezember 2012 vom Beklagten darüber informiert worden, dass die östliche ... südlich der ... über die Ufer trete und über die beiden Hochwasserdurchlässe Richtung ... laufe. Bei der Ortsbesichtigung habe sich herausgestellt, dass die Baumstämme, die vom Kläger zur Schmutzabschottung eingebracht worden seien, vermutlich den Stau verursacht hätten. Durch die querliegenden Stämme und die falsche Wehraufstauung habe sich der angeschwemmte Matsch und Schnee so komprimiert, dass das nachfließende ...-wasser nicht mehr ordnungsgemäß habe abfließen können. Auch das mehrfache Absenken des Wehres und die Beseitigung eines Baumes hätten nicht den erwünschten Erfolg gebracht.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 25. Juli 2014 mündlich verhandelt. Dabei sind ein Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes ..., der Kommandant der FFW ..., ein Vertreter der Autobahnmeisterei ..., der ehemalige Bürgermeister des Beklagten und zwei Anwohner als Zeugen angehört worden. Der Kläger übergab dem Gericht und dem Bevollmächtigten des Beklagten den Schriftsatz vom 25. Juli 2014. Das Gericht erläuterte dem Kläger die Rechtslage hinsichtlich der im Schriftsatz vom 25. Juli 2014 gestellten Beweisanträge, nämlich die Möglichkeit, einen bedingten oder unbedingten Beweisantrag zu stellen. Der Kläger erklärte, dass die Beweisanträge als bedingte Beweisanträge gestellt seien.

Der Kläger stellte den Antrag, den Bescheid vom 13. Februar 2013 aufzuheben.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragte die Abweisung der Klage.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten und Zeugen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2014, auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1VwGO).

Der Beklagte konnte für den Feuerwehreinsatz vom 10. Dezember 2012 (20:53 bis 23:26 Uhr) gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (FwG) Kostenersatz vom Kläger verlangen, da dieser die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt hat, vorsätzlich verursacht hat (nachfolgend 1). Ermessensfehler des Beklagten liegen weder im Hinblick auf sein Entschließungsermessen (ob er überhaupt Kostenersatz verlangen will), noch im Hinblick auf sein Auswahlermessen (von wem er Kostenersatz fordern will) vor. Insbesondere widerspricht die Inanspruchnahme des Klägers zum Ersatz der vollen Kosten des Feuerwehreinsatzes auch nicht der Billigkeit (Art. 28 Abs. 1 Satz 3 FwG, siehe nachfolgend 2.)

1. Der Beklagte konnte vom Kläger Kostenersatz für den Feuerwehreinsatz vom 10. Dezember 2012 verlangen, da dieser die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt hat, vorsätzlich verursacht hat.

a) Die Gefahr, die den Einsatz der Feuerwehr erforderlich machte, bestand darin, dass es im Verlauf des 10. Dezember 2012 im Bereich oberhalb des Hochwasserentlastungswehrs des Klägers (Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ...) bis weit unter die ...- und ...-Brücken zu immer massiveren Treibschneeansammlungen in der östlichen ... gekommen war, so dass die östliche ... südlich der ... beidseitig über die Ufer trat und durch die beiden Hochwasserdurchlässe Richtung ... lief. Auch durch mehrfaches Öffnen des Hochwasserentlastungswehrs (erste Öffnung ca. 12:15) konnte ein Abfließen der Schneeansammlungen nicht mehr erreicht werden. Zudem staute sich der Schneematsch unter den Brücken der ... und ... im Verlauf des 10. Dezember 2012 so hoch auf, dass beim Einsatz der Feuerwehr (Beginn: 20:54 Uhr) z. B. unter der ...-Brücke zwischen Oberkante Schneedecke und Brückenunterkante lediglich noch ein Abstand von ungefähr 40 cm war (siehe Aussage des Feuerwehrkommandanten ..., S. 7 des Sitzungsprotokolls). Damit diente der Feuerwehreinsatz (Auflösen der Treibschneeansammlungen unter den Brücken) auch der Sicherung dieser Straßen.

b) Ursächlich für die o. g. Gefahr war, dass die Abflusssituation am Hochwasserentlastungswehr auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... am 10. Dezember 2012 erst ab Mittags in Augenschein genommen wurde und dieses Wehr erstmals gegen 12:15 Uhr bedient wurde.

Wie unter den Beteiligten unstreitig ist, war die Wetterlage am 9./10. Dezember 2012 geprägt von heftigen Schneefällen in Verbindung mit starkem Westwind. Wie der Kläger gaben auch die Zeugen ... (s. S. 7 des Sitzungsprotokolls) und ... (s. S. 8 des Sitzungsprotokolls) an, eine derartige Schneesituation bzw. Schneematschverstopfung bisher noch nie erlebt zu haben. Nach den eigenen Angaben des Klägers und den von ihm vorgelegten Bildern hatte sich bereits in der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember 2012 oberhalb ... der schwimmende Sulzschnee auf einer Länge von geschätzt 500 Metern gesammelt und den gesamten Staubereich bis zur ... mit schwimmendem, versulztem Schnee gefüllt, so dass das Einlaufgitter zur Wasserturbine ... mehrmals freigemacht werden musste (s. Bild 3, aufgenommen am 9.12.2012, 21:42 Uhr, Bl. 15 der Gerichtsakte). Wegen weiterer Verstopfungen des Einlaufgitters wurde dann um 4 Uhr morgens die Alarmglocke im Wohnteil ... ausgelöst. Durch vollständiges Öffnen des Wehres ... (Fl.Nr. ... der Gemrkung ...) und Absenken des Wasserstandes konnte der schwimmende Sulzschnee abfließen. Als der Kläger keinen schwimmenden Sulzschnee mehr sehen konnte, schloss er das Wehr ... wieder und legte sich schlafen (s. Schreiben des Klägers vom 20. Februar 2013, S. 4 „Extremwetterereignis“). Am 10. Dezember 2012, gegen 7:37 Uhr sah der Kläger, dass, von der östlichen Flutmulde kommend, bereits eine Überflutung zwischen seiner ... und der Nachbarscheune bestand (s. Bild 4, aufgenommen am 10.12.2012, 7:37 Uhr, Bl. 15 der Gerichtsakte). Da eine Überflutung seines Kellers drohte und das Wasser nach und nach immer mehr wurde, so dass auch größere versulzte Schneebrocken zwischen der Nachbarscheune und dem Wohnhaus flossen, arbeitete der Kläger bis ca. 12 Uhr mittags daran, dass das Hochwasser, ohne Schaden an seinem Anwesen oder der Garage des Nachbarn zu verursachen, abfließen konnte (s. Schreiben des Klägers vom 20. Februar 2013, S. 4 bis 6, Bild 5 bis 15, Bl. 16 bis 21 der Gerichtsakte).

Nach den eigenen Angaben des Klägers hat er das Hochwasserentlastungswehr (Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ...), das wegen des kurvigen Flusslaufs von ... aus nicht einsehbar ist, am 10. Dezember 2012 erstmals gegen ca. 12:15 Uhr geöffnet (s. Schreiben des Klägers vom 20. Februar 2013, S. 6 „Mittags am Hochwasserwehr“; Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, S. 12 des Sitzungsprotokolls). Bei dieser Wehröffnung floss zwar das Wasser ab, der versulzte Schnee war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits so verfestigt und zusammengeschoben, dass er allein durch das Öffnen des Wehres nicht mehr abgeleitet werden konnte (s. Schreiben des Klägers vom 20. Februar 2013, S. 6 „Mittags am Hochwasserwehr“, Bild 17 und 18, Bl. 22 der Gerichtsakte). Der Zeuge ..., der direkt neben dem Hochwasserentlastungswehr wohnt, gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass er am 10. Dezember 2012 nach dem Aufstehen gegen 7 Uhr (nicht wie vom Kläger angegeben bereits ab 5:30 Uhr) erstmals die Überflutung gesehen und im Laufe des Vormittags beobachtet hat, dass sich vor dem Hochwasserentlastungswehr Schneemassen ansammeln (s. S. 9/10 des Sitzungsprotokolls).

Wie der Kläger selbst angegeben hat, war es am 10. Dezember 2012 um 4 Uhr morgens möglich, den oberhalb ... schwimmenden Sulzschnee, der bereits mehrmals das Einlaufgitter zur Wasserturbine ... verstopft hatte, durch vollständiges Öffnen des Wehres ... und Absenken des Wasserstandes abfließen zu lassen. Damit liegt es auf der Hand, dass es jedenfalls zu diesem Zeitpunkt auch möglich gewesen wäre, eine entsprechende Ansammlung von Treibschnee am Hochwasserentlastungswehr durch Öffnen dieses Wehres abzuleiten. Zudem drängt sich die Annahme geradezu auf, dass ein Abfluss von Treibschnee auch im weiteren Verlauf des 10. Dezember 2012 stattgefunden hätte, wenn der Kläger nach dem Auslösen der Alarmglocke (4 Uhr morgens) oder zumindest nach dem Aufstehen gegen 7 Uhr die Abflussverhältnisse auch am Hochwasserentlastungswehr regelmäßig überprüft und, situations- bzw. wetterbedingt, die Wehre geöffnet hätte. Zumindest hätte die konsequente Beobachtung der Abflussverhältnisse und die Bedienung auch des Hochwasserentlastungswehrs bereits ab den frühen Morgenstunden zur Folge gehabt, dass Treibschneeansammlungen, die auch durch Öffnen des Wehres nicht mehr hätten abgeführt werden können, zeitnah bemerkt worden wären. Damit hätten entsprechende Maßnahmen zum Abfließen der Schneemengen (z. B. manuelle Zerkleinerung des Schnees oder Baggereinsatz im Bereich zwischen dem Hochwasserentlastungswehr und der ...) früh- bzw. rechtzeitig ergriffen werden können.

Soweit die Parteien darüber streiten, ob oder in welchem Ausmaß die vom Kläger eingebrachten sog. Abweisbäume die Treibschneeansammlung bzw. den Rückstau mitverursacht haben, kommt es darauf nicht an. Denn die maßgebliche Ursache dafür, dass die Treibschneeansammlungen im Verlauf des 10. Dezember 2012 nicht mehr abfließen konnten und den überschwemmungsauslösenden Rückstau bildeten, lag entsprechend den obigen Ausführungen darin, dass der Kläger bis ca. 12:15 Uhr weder die Abflusssituation am Hochwasserentlastungswehr beobachtet noch dieses Wehr situationsangepasst bedient hatte und bei der erstmaligen Öffnung des Hochwasserentlastungswehrs erst gegen 12:15 Uhr ein Ableiten der Treibschneeansammlung nicht mehr möglich war. Bei rechtzeitigem Tätigwerden hätten auch die Abweisbäume, soweit sie ein Abflusshindernis dargestellt hätten, zeitnah entfernt werden können.

Dass das verspätete Tätigwerden des Klägers am Hochwasserentlastungswehr am 10. Dezember 2012 kausal dafür war, dass sich der Schneeversatz in der östlichen ... vom Hochwasserentlastungswehr bis unter die ...- und ...-Brücken mit den beschriebenen Auswirkungen zurückstaute, bestreitet der Kläger im Ergebnis selbst nicht. Sein Vorbringen zielt im Wesentlichen darauf ab, dass er seine Pflichten als Triebwerksbetreiber nicht verletzt habe (Extremwettersituation, rechtfertigender Notstand aufgrund der drohenden Überflutung an seiner Hofstelle).

Auch die Aussagen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes, zum einen im Schreiben (E-Mail) vom 18. Dezember 2012 (Bl. 11/12 der Akte des Beklagten), zum anderen in der mündlichen Verhandlung (S. 3 bis 5 des Sitzungsprotokolls), belegen, dass die Schneemassen das Hochwasserentlastungswehr im Falle seiner frühzeitigen bzw. rechtzeitigen Bedienung hätten passieren können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird den wasserrechtlichen Fachbehörden gemäß Art. 63 Abs. 3 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) ein Bewertungsvorrang zuerkannt. Danach gilt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts eine hervorgehobene Bedeutung zukommt. Da sie auf jahrelanger fachlicher Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als z. B. Expertisen von privaten Fachinstituten. Dass Gutachten bzw. Auskünfte des Wasserwirtschaftsamts oftmals bereits im Verwaltungsverfahren eingeholt werden, ist insoweit regelmäßig unbedenklich. Die Notwendigkeit weiterer Begutachtung ist lediglich dann gegeben, wenn sich dem Erstgericht der Eindruck aufdrängen muss, dass das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts unvollständig oder widersprüchlich ist, auf einem fehlerhaften Sachverhalt beruht, der Gutachter nicht hinreichend sachkundig oder parteilich war oder ein anderer Gutachter erkennbar über überlegene Forschungsmittel verfügt (aus der jüngsten Rechtsprechung vgl. BayVGH, B. v. 13.5.2014 - 8 ZB 13.1600 - juris; B. v. 2.5.2011- 8 ZB 10.2312 - BayVBl 2012, 47/48; B. v. 19.9.2013 -8 ZB 11.1052 - juris Rn. 17 m. w. N.; B. v. 12.11.2013 - 8 C 13.313 - BA S. 5 f.).

Dass hier in Bezug auf die o. g. Stellungnahmen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts Fehler der vorgenannten Art einschlägig sein könnten, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Vielmehr liegt es - wie bereits ausgeführt wurde - auf der Hand, dass bei frühzeitiger und konsequenter Beobachtung der Abflussverhältnisse und entsprechender Bedienung des Hochwasserentlastungswehrs die Treibschneemassen hätten abgeführt werden können.

c) Der Kläger hat die Gefahr durch die Verletzung der ihm als Triebwerksbetreiber obliegenden Pflichten vorsätzlich, zumindest mit bedingtem Vorsatz, verursacht.

Die Ausübung des Staurechts ist aus Gründen des Gemeinwohls von vornherein mit der Pflicht zu schadensverhütenden oder -vorbeugenden Maßnahmen belastet (BGH, U. v 16.2.2006 - II ZR 68/05 - BayVBL 2007, 29).

Zudem ist auch im Bescheid des Landratsamtes ... vom 5. Oktober 1998 (Bewilligung für die Stauerhöhung beim Triebwerk auf dem Grundstück Fl.Nr. ... und beim Hochwasserwehr auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., Bl. 86 bis 94 der Gerichtsakte) festgelegt, dass die Unterhaltungspflicht des Klägers (und seiner Ehefrau) u. a. die Bedienung des Hochwasserwehrs (Ziffer 3.1.6) umfasst. Auch haben der Kläger und seine Ehefrau im Interesse des ungehinderten Wasserabflusses für eine schadlose Regelung der Eisverhältnisse zu sorgen und die Bedienungsfähigkeit der Wehranlagen bei Frost sicherzustellen (Ziffer 3.1.9 des Bewilligungsbescheids).

Die Pflicht des Klägers zur Gefahrenabwehr ergibt sich auch aus Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayWG. Danach sind, soweit es die Abwehr von Wassergefahren erfordert, die Unternehmer von Wasserbenutzungsanlagen verpflichtet, ihre Anlagen einschließlich der Nachrichtenmittel für eine Hochwasserrückhaltung oder eine Niedrigwasseraufhöhung einzusetzen.

Für die Frage, ob der Kläger die Pflichten, die ihm aufgrund Gesetzes und aufgrund der wasserrechtlichen Bewilligung obliegen, verletzt hat, ist hier ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umfasst die rechtlich gebotene Verkehrssicherung - um diese geht es vorliegend im Kern - diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BGH, U. v. 15.7.2003 - VI ZR 155/02 - NJW-RR 2003, 1459 ff.; U. v. 8.11.2005 - VI ZR 332/04 - NJW 2006, 610 ff.; U. v. 6.2.2007 - VI ZR 274/05 - NJW 2007, 1683 ff.). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH, U. v. 6.2.2007 - VI ZR 274/05 - NJW 2007, 1683 ff;BGH, U. v. 16.2.2006 - III ZR 68/05 - NVwZ-RR 2006, 469 ff.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger aus nachfolgenden Gründen seine Pflichten bei der Überwachung und Bedienung des Hochwasserentlastungswehrs am 10. Dezember 2012 vorsätzlich verletzt.

Wie der Kläger selbst vorgetragen und mit Bildern von der damaligen Situation belegt hat, hat er bereits am 9. Dezember 2012, gegen 21:42 Uhr, und - alarmiert durch die Alarmglocke - um 4 Uhr morgens am 10. Dezember 2012 gesehen, dass aufgrund der heftigen Schneefälle in Verbindung mit starkem Westwind sich oberhalb ... der schwimmende Sulzschnee auf einer Länge von geschätzt 500 Metern gesammelt und den gesamten Staubereich bis zur ... mit schwimmendem, versulztem Schnee gefüllt hat, so dass das Einlaufgitter zur Wasserturbine ... mehrmals freigemacht werden musste und er um 4 Uhr morgens das Wehr ... öffnen musste, damit die Schneemassen abfließen können. Diese Situation - das Wetter, die Ansammlung von Treibschnee und die Verstopfung am Einlaufgitter - hätte einen vorsichtigen und gewissenhaften Triebwerksbetreiber dahingehend alarmieren müssen, die Lage auch am Hochwasserentlastungswehr in Augenschein zu nehmen. Denn es lag ja auf der Hand, dass sich Ansammlungen von Treibschnee - wie vom Kläger ... festgestellt - dann auch im Bereich des Hochwasserentlastungswehrs befinden und den Abfluss behindern können. Eine Kontrolle der Treibschneeansammlungen bzw. der Abflussverhältnisse am Hochwasserentlastungswehr hätte jedenfalls spätestens dann erfolgen müssen, als der Kläger um 7:37 Uhr am 10. Dezember 2012 die Überflutungen im Bereich seiner ... feststellte, also davon ausgehen musste, dass am oberhalb gelegenen Hochwasserentlastungswehr eine durch Schneeversatz bedingte Abflussblockade bestand. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ein „verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter“ Triebwerksbetreiber versuchen müssen, die Treibschneeansammlungen durch Bedienen des Hochwasserentlastungswehrs abzuleiten oder, wenn dies nicht mehr möglich gewesen wäre, hätte er die Wassergefahr den zuständigen Behörden zur rechtzeitigen Schadensbekämpfung melden müssen. Insofern hat auch der Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass der Triebwerksbetreiber gerade bei solchen Wettersituationen besonders gefordert ist und die Wehranlagen ständig zu kontrollieren hat.

Indem der Kläger die Abflussverhältnisse am Hochwasserentlastungswehr nicht bereits ab den frühen Morgenstunden des 10. Dezember 2012 kontrolliert, sondern das Wehr erstmals gegen 12:15, als ein Treibschneeabfluss nicht mehr möglich war, geöffnet hat, hat er seine Pflichten, die ihm als Triebwerksbetreiber obliegen, verletzt. Dies geschah auch vorsätzlich, da der Kläger, ausgehend von den Wetter- und Abfluss- bzw. Überschwemmungsverhältnissen an seiner Triebwerksanlage bzw. ..., wusste, dass es auch zu abflusshindernden Treibschneeansammlungen im Bereich des Hochwasserentlastungswehrs gekommen war. Dass dem Kläger zwar die Notwendigkeit einer Beobachtung der Abflussverhältnisse und Bedienung des Hochwasserentlastungswehrs bewusst war, er sich aber dafür entschieden hat, Arbeiten an seiner Hofstelle zur Verhinderung einer Überschwemmung seines Kellers auszuführen, ergibt sich auch aus seinen eigenen Einlassungen, nämlich dass es ihm vorrangig um die Situation an seiner Hofstelle gegangen sei und er nicht gleichzeitig an allen Stellen habe tätig sein können (vgl. Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, S. 5 des Sitzungsprotokolls) und dass er in Abwägung möglicher Gefahren und des zu erwartenden Schadensfalls vorrangig die Gefahrenstelle am eigenen Wohnhaus beseitigt habe (s. Schreiben des Klägers vom 25.7.2014, S. 6). Damit hat der Kläger eine Verletzung seiner Pflichten als Triebwerksbetreiber mit den daraus folgenden Auswirkungen billigend in Kauf genommen.

Der Vortrag des Klägers, er habe den Eintrag so großer Schneemengen im Zeitraum zwischen ca. 4:30 Uhr und 7:37 Uhr nicht absehen können, ist unbehelflich. Wie bereits ausgeführt, war bereits um 4 Uhr morgens erkennbar, dass abflusshindernde Treibschneeansammlungen vorhanden waren. Dass zu diesem Zeitpunkt greifbare Anhaltspunkte dafür vorgelegen wären, dass es zu keinen weiteren Treibschneeabgängen kommen werde bzw. eine erhebliche Besserung der Wetterverhältnisse absehbar gewesen wäre, trägt der Kläger selbst nicht vor. Gerade die um vier Uhr morgens bestehende Situation und die Wetterverhältnisse (vom Kläger selbst als Extremwetterereignis bezeichnet) hätten den Kläger daher veranlassen müssen, die Abflussverhältnisse am Hochwasserentlastungswehr ab den frühen Morgenstunden regelmäßig zu kontrollieren und das Wehr situtionsangepasst zu bedienen sowie eine eventuelle, von ihm nicht mehr beherrschbare Wassergefahr den zuständigen Stellen zeitnah zu melden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayWG: „...einschließlich der Nachrichtenmittel ...einzusetzen“).

d) Dass die Höhe des geltend gemachten Kostenersatzes (2011,14 EUR) nicht den Bestimmungen der Satzung des Beklagten über Aufwendungsersatz und Gebühren für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren entspricht oder falsch berechnet worden wäre, ist nicht ersichtlich und wurde vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Entsprechend den obigen Ausführungen liegen daher die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Kostenersatz durch den Beklagten gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 FwG vor.

2. Der streitgegenständliche Kostenbescheid lässt auch keine Ermessensfehler erkennen.

Gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FwG ist zum Ersatz der Kosten verpflichtet, wer u. a. im Fall des Abs. 2 Nr. 4 die Gefahr, die zu dem Einsatz der Feuerwehr geführt hat, verursacht hat oder sonst zur Beseitigung der von der Feuerwehr erhobenen Gefahr verpflichtet war. Entgegen dem Wortlaut („ist verpflichtet“) handelt es sich hier nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes nicht um eine gebundene, sondern um eine Ermessensentscheidung (vgl. BayVGH, B. v. 16.6.2010 - 4 ZB 09.1807 - juris, m. w. N.), die gemäß § 114 Satz 1 VwGO daraufhin überprüfbar ist, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

a) Ermessensfehler des Beklagten liegen weder im Hinblick auf sein Entschließungsermessen (ob er überhaupt Kostenersatz verlangen will), noch im Hinblick auf sein Auswahlermessen (von wem er Kostenersatz fordern will) vor. Die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids lässt erkennen, dass der Beklagte sich deswegen entschlossen hat, vom Kläger vollen Kostenersatz zu fordern, weil er (zu Recht) davon ausgeht, dass der Kläger durch Verletzung seiner Pflichten als Triebwerksbetreiber die Gefahr bzw. den Feuerwehreinsatz vorsätzlich verursacht hat.

b) Die Inanspruchnahme des Klägers zum Ersatz der vollen Kosten des Feuerwehreinsatzes widerspricht auch nicht der Billigkeit (Art. 28 Abs. 1 Satz 3 FwG)

Der Vortrag des Klägers, er habe wegen eines rechtfertigenden Notstandes zwischen 7:37 Uhr und 12:15 Uhr die Hochwasserwehre nicht bedienen bzw. dort nicht nach dem Rechten sehen können, da er in diesem Zeitraum für einen schadlosen Wasserabfluss ... habe sorgen müssen, um eine Überflutung seines Kellers zu verhindern, kann einen Unbilligkeitsgrund nicht belegen.

Zum einen handelt es sich bei einer Wasser- oder Überflutungsgefahr für ein unmittelbar an einem fließenden Gewässer liegenden Anwesen, wie ... des Klägers, aller Lebenswahrscheinlichkeit nach nicht um ein so außergewöhnliches Ereignis, dass bereits von „höherer Gewalt“ gesprochen werden könnte. Zum anderen gehört es zu den Pflichten des Klägers als Triebwerkbetreiber, seinen Betrieb so zu organisieren, dass die ordnungsgemäße Unterhaltung und Bedienung der Anlage im Falle seiner plötzlichen Verhinderung (z. B. durch geeignetes abrufbares Personal) bzw. gerade im Falle einer Wassergefahr, die auch seinem Anwesen droht, sichergestellt ist. Insofern ist dem Kläger hier ein Organisationsverschulden anzulasten, so dass seine Heranziehung zum Kostenersatz nicht unbillig erscheint,

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Höhe des angeforderten Kostenersatzes von 2011,14 EUR unbillig, d. h. für den Kläger existenzbedrohend ist.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Kläger, indem er unter Vernachlässigung seiner Pflichten als Triebwerksbetreiber sein Anwesen vor Überflutungsschäden bewahrte, nicht unerhebliche Restaurationskosten erspart hat. Auch insofern erscheint es nicht unbillig, dass die Kosten des Feuerwehreinsatzes nicht von der Allgemeinheit bzw. vom Beklagten getragen werden, sondern vom Kläger gefordert werden.

3. Die vom Kläger in seinem (in der mündlichen Verhandlung übergebenen) Schreiben vom 25. Juli 2014 bedingt gestellten Beweisanträge (s. Sitzungsprotokoll, S. 13) waren abzulehnen.

a) Der Beweisantrag - „Für den Fall, dass die Extremwettersituation am 10.12.2012, die ursächlich die Verstopfung der östlichen ... durch einen ungewöhnlich großen Schneematsch-Pfropfen unter der Brücke der ... verursachte, bestritten wird, stellen wir Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Wetterverhältnisse am 10.12.2012 in ... südlich der Autobahn ..., zu erstellen durch den Deutschen Wetterdienst“ - wird aus folgenden Gründen abgelehnt:

Der Beweisantrag ist unbehelflich. Der Deutsche Wetterdienst kann als Sachverständiger nur zu Fragen über die Wetterverhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Gebiet Stellung nehmen. Die damaligen Wetterverhältnisse in ..., südlich der ..., - heftiger Schneefall mit anhaltendem Wind und starken Windböen - sind aber unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass es aufgrund dieser „Extremwetterlage“ zu Treibschneeabgängen und zu massiven Treibschneeansammlungen in der östlichen ..., oberhalb des Hochwasserentlastungswehrs des Klägers bis unter die Brücken der ... und ..., gekommen ist.

b) Der Beweisantrag, - „Für den Fall, dass die ordnungsgemäße Bedienung der Hochwasserwehre bestritten wird, stellen wir Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Funktionsweise der vollautomatischen Wehrsteuerung“ - wird aus folgenden Gründen abgelehnt:

Der unter Beweis gestellte Sachverhalt - die Funktionsweise der vollautomatischen Wehrsteuerung - ist unerheblich. Auf ihn kommt es für eine Entscheidung des Gerichts nicht an. Wie unter 1. und 2. bereits ausgeführt wurde, konnte der Kläger zum Kostenersatz herangezogen werden, da er die Abflussverhältnisse am Hochwasserentlastungswehr zu spät in Augenschein nahm und es dadurch versäumte, ein Abfließen der Schneeansammlungen durch situationsangepasstes Öffnen der Wehre zu ermöglichen oder durch rechtzeitiges Melden einer Wassergefahr schadensmindernde Maßnahmen frühzeitig zu ermöglichen.

c) Der Beweisantrag - „Für den Fall, dass der „rechtfertigende Notstand“ bestritten wird, stellen wir Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die tatsächliche Rechtssituation“ - wird aus folgenden Gründen abgelehnt:

Ein konkreter Sachverhalt wurde nicht unter Beweis gestellt. Die Klärung der Rechtslage obliegt dem erkennenden Gericht.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 155/02 Verkündet am:
15. Juli 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers eines Sägewerks.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - OLG Frankfurt/Main
LG Fulda
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in Kassel vom 26. März 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte ist Inhaber eines Sägewerkes und holzverarbeitenden Betriebes. Der Kläger, ein selbständiger Fliesenlegermeister, brachte im Januar 1998 Baumstämme in den Betrieb des Beklagten, um daraus Schalbretter und Kanthölzer herstellen zu lassen. Am 26. Januar 1998 wollte der Kläger das geschnittene Holz abholen. Dazu begab er sich auf das nicht eingezäunte Betriebsgelände des Beklagten und betrat dort einen nach zwei Seiten offenen, frei zugänglichen Schuppen, in dem ein Sägegatter (Vertikalgatter) in Betrieb war. Als der Kläger den Schneidearbeiten zusah, wurde er von einem aus dem Sägegatter herausgeschleuderten Kantholz am Kopf getroffen und schwer verletzt. Der Kläger begehrt Schadensersatz, Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle materiellen und immateriellen Zukunftsschäden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Zahlungsansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und der Feststellungsklage stattgegeben; wegen des Betragsverfahrens hat es den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält für nicht bewiesen, daß der Beklagte das Vertikalgatter in mangelhaftem Zustand betrieben habe und läßt offen, ob die Säge fehlerhaft bedient worden sei. Es meint, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch die Schädigung des Klägers herbeigeführt. Allerdings handele es sich beim Sägen an einem Vertikalgatter nach Angaben des Sachverständigen nicht um einen besonders gefährlichen Vorgang. Holz reagiere aber bei der Bearbeitung unterschiedlich. Aufgrund von Verwachsungen und sonstigen Besonderheiten im Innern des Stammes könne es beim Sägen reißen oder absplittern. Es sei auch nicht ausgeschlossen, daß sich durch die senkrechte Bewegung des Sägeblattes vor allem kurze Kanthölzer verkeilten und dadurch aus der Maschine herausgeschleudert würden. Dies sei für den Gatterführer auch bei aufmerksamer Beobachtung des Schneidevorgangs nicht vorhersehbar. Wegen dieser Gefahren hätte der Beklagte nach Auffassung des Berufungsgerichts betriebsfremden Personen den Zutritt zu dem Schuppen durch Anbringung von Warn- und Verbotsschildern verbieten müssen. Dafür, daß der Kläger ein entsprechendes Verbot beachtet hätte, spreche eine tatsächliche Vermutung. Ein Mitverschulden treffe ihn nicht. Als Betriebsfremder habe er nicht mit abfliegenden Spänen oder weggeschleuderten Kanthölzern rechnen müssen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht überspannt die dem Beklagten als Betreiber der Säge obliegenden Verkehrssicherungspflichten. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß derjenige , der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499 und vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; jeweils m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - III ZR 99/90 - VersR 1993, 586, 587 m.w.N.; BGHZ 121, 368, 375 und BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfaßt danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, daß sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO m.w.N.). 2. Das Berufungsgericht hält eine solche Gefahr hier deswegen für gegeben , weil nach Angaben des Sachverständigen bei dem Betrieb der Säge die Möglichkeit besteht, daß Teile des zu verarbeitenden Holzes absplittern oder Kanthölzer sich verkeilen und aus dem Gatter herausgeschleudert werden. Dieser vom Sachverständigen als möglich angesehene Geschehensablauf mag eine Erklärung für den Hergang des Unfalls vom 26. Januar 1998 sein. Eine solche nachträgliche Betrachtungsweise eines nach Kenntnis des Sachverstän-
digen bislang einmaligen Vorgangs erlaubt für sich allein jedoch nicht die Schlußfolgerung, daß der Beklagte betriebsfremden Personen den Zutritt zu der Anlage hätte verbieten müssen. Das Berufungsgericht verkennt, daß nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre unrealistisch (Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812). So ist eine Verkehrssicherung , die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar (Senatsurteil vom 21. April 1964 - VI ZR 39/63 - VersR 1964, 746). Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 – aaO m.w.N.; vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98 u. 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165 und vom 5. Mai 1987 - VI ZR 181/86 - VersR 1987, 1014, 1015). Deshalb muß nicht für alle nur denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen geboten, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98 u. 99/77 - aaO; BGHZ 14, 83, 85; BGH, Urteil vom 13. November 1970 - 1 StR 412/70 - NJW 1971, 1093, 1094 m.w.N.). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB), deren Verletzung zur deliktischen Haftung führt (§ 823 Abs. 1 BGB), ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich erachtet (Senatsurteil vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560 m.w.N.). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, dann, wenn die Gefahren bei der Ausübung eines Berufes oder eines Gewerbes auftreten, diejenigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger dieser Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren, und die diesem den Umständen
nach zuzumuten sind (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532 und vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801, jeweils m.w.N.). Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mußten und eine Gefährdung von anderen – wenn auch nicht völlig ausgeschlossen – nur unter besonders eigenartigen und entfernt liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden , so muß der Geschädigte den Schaden selbst tragen, auch wenn dies im Einzelfall hart sein mag. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten (Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - aaO). 3. Nach diesen Grundsätzen vermögen die bisher getroffenen Feststellungen eine Haftung des Beklagten gem. § 823 BGB nicht zu begründen.
a) Das Berufungsgericht stellt - sachverständig beraten - fest, daß die Anbringung eines Zutrittsverbotsschildes nach den maßgeblichen Unfallverhütungsvorschriften (UVV) für Maschinen und Anlagen zur Be- und Verarbeitung von Holz und ähnlichen Stoffen nicht erforderlich war. Damit ist allerdings die Frage noch nicht geklärt, ob der Beklagte dennoch gehalten gewesen wäre, insbesondere betriebsfremden Personen den Zutritt zu dem Maschinenraum zu verwehren. Insoweit geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, daß an die Sorgfaltspflicht des Unternehmers zum Schutz betriebsfremder Personen im Einzelfall durchaus höhere Anforderungen zu stellen sein können als gegenüber seinen Betriebsangehörigen, zu deren Schutz die UVV in erster Linie bestimmt sind (vgl. Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 – aaO S. 812 f. m.w.N.). Gesetzliche oder andere Anordnungen, einschlägige Unfallverhütungsvorschriften und DIN-Normen enthalten im allgemeinen nämlich keine abschließenden Verhaltensanforderungen (vgl. Senatsurteile vom 30. April
1985 - VI ZR 162/83 - VersR 1985, 781; vom 12. November 1996 - VI ZR 270/95 - VersR 1997, 249, 250; vom 26. Mai 1998 - VI ZR 183/97 - VersR 1998, 1029, 1030; vom 4. Mai 1999 - VI ZR 379/98 - VersR 1999, 1033, 1034 und vom 13. März 2001 - VI ZR 142/00 – VersR 2001, 1040 jeweils m.w.N.). Solche Bestimmungen können jedoch regelmäßig zur Feststellung von Inhalt und Umfang bestehender Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden (Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 118/84 - VersR 1985, 1147 f. und vom 13. März 2001 - VI ZR 142/00 - aaO, jeweils m.w.N.). Namentlich die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft stellen den von der zuständigen Stelle kraft öffentlicher Gewalt festgelegten Niederschlag der in einem Gewerbe gemachten Berufserfahrungen dar und sind von dem Unternehmer zu beachten (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1953 - VI ZR 58/52 - VersR 1953, 196 und vom 9. Juli 1985 - VI ZR 118/84 - VersR 1985, 1147 f., jeweils m.w.N.). Gebietet die Verkehrssicherungspflicht den Schutz vor anderen Gefahren als denen, die zu verhüten die Unfallverhütungsvorschrift dient, so kann sich der Verkehrssicherungspflichtige nicht darauf berufen, in Ansehung dieser Gefahren seiner Verkehrssicherungspflicht dadurch genügt zu haben, daß er die Unfallverhütungsvorschrift eingehalten hat. Vielmehr hat er die insoweit zur Schadensabwehr erforderlichen Maßnahmen eigenverantwortlich zu treffen. Dient hingegen die Unfallverhütungsvorschrift gerade der Vermeidung der Gefahren, die sich später in einem Unfall verwirklicht haben, so kann dem Verkehrssicherungspflichtigen nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er keine weitergehenden Schutzmaßnahmen ergriffen hat, als in der einschlägigen Unfallverhütungsvorschrift gefordert (vgl. Senatsurteile vom 30. April 1985 - VI ZR 162/83 - aaO und vom 12. November 1996 - VI ZR 270/95 - aaO, jeweils m.w.N.).
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sahen die seinerzeit maßgebenden UVV keine spezifischen Schutzmaßnahmen gegen ein Herausschleudern von Kanthölzern vor, sondern verlangten nur, beim Sägen von kur-
zen Stämmen an einem Vertikalgatter solche Vorrichtungen bereitzuhalten und zu benutzen, die das Hochschlagen der Stämme verhindern. Daß der Beklagte am Unfalltag gegen diese Vorschrift verstoßen hätte, ist nicht festgestellt. Deshalb ist im Revisionsrechtszug zu seinen Gunsten zu unterstellen, daß die Säge vorschriftsmäßig und fehlerfrei bedient wurde. Weitergehende Sicherungsvorkehrungen waren nach den UVV nicht zu treffen. Hat der Beklagte aber die Vorschriften beachtet, welche der Abwendung der (bekannten) Gefahr des Hochschlagens der Stämme dienten, hat er denjenigen Sicherheitsgrad geschaffen , den ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betreffenden Berufsgruppe für ausreichend halten durfte, um andere Personen vor Schaden zu schützen. Da die von dem Hochschlagen der Stämme ausgehende Gefährdung für alle sich in der Nähe der Säge aufhaltenden Personen und damit für Betriebsangehörige wie für Betriebsfremde in gleichem Maße galt, bestanden gegenüber letzteren auch keine zusätzlichen Sorgfaltspflichten. Für ein Zutrittsverbot gegenüber betriebsfremden Personen wegen der Möglichkeit des Herausschleuderns von Kanthölzern hätte nur dann Veranlassung bestanden, wenn es sich dabei um eine nach sachverständigem Urteil naheliegende Gefahr gehandelt hätte. Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Hat sich der Unfall vorliegend trotz Einhaltung der aus damaliger Sicht gebotenen Sicherheitsvorkehrungen ereignet, hat er die Erkenntnis gebracht, daß diese Maßnahmen nicht ausreichend waren. In diesem Fall mag sich eine bis dahin zwar denkbare, aber für das sachverständige Urteil seinerzeit allenfalls als bloß theoretisch anzusehende Möglichkeit des Herausschleuderns von Holzteilen in der Praxis realisiert haben. Das reicht jedoch zur Begründung einer Haftung aus einem solchen Unfall nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht aus (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - aaO m.w.N.; vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98 u. 99/77 - aaO und vom 5. Mai 1987 - VI ZR
181/86 - aaO). Nach alledem mußte der Beklagte den Zutritt zu der Anlage jedenfalls seinen Kunden nicht verwehren. Eine andere Frage mag es sein, ob er den Sägeschuppen allen Außenstehenden und somit z.B. auch Kindern zugänglich machen durfte. Einer Vertiefung dieser Frage bedarf es hier aber deshalb nicht, weil es sich insoweit um ein besonderes Risiko handeln würde, das sich im Streitfall nicht verwirklicht hat und das deshalb hier außer Betracht bleiben kann (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1978 - VI ZR 194/76 - VersR 1978, 739, 740; Lepa, Der Schaden im Haftpflichtprozeß, 1992, S. 17).

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um zu klären, ob die Schädigung des Klägers durch eine fehlerhafte Bedienung des Vertikalgatters verursacht worden ist.
Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 332/04
vom
20. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die als Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des erkennenden Senats vom 8. November 2005 zu wertende Eingabe der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung.

Gründe:

Der erkennende Senat hat den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen Entscheidung der Vorinstanz auf 5.800,82 € festgesetzt. Davon entfielen auf die Feststellungsklage 1.533,88 € (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 2004). Durch diese Festsetzung, die auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist (§§ 61 Abs. 1, 32 Abs. 1 RVG), werden die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht entgegen der gesetzlichen Regelung beschwert. Eine Grundlage für eine höhere Bewertung der geltend gemachten Feststellungsklage ist nicht ersichtlich und nicht dargetan.
Zwar ist richtig, dass der Kläger nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils vorgetragen hat, er leide aufgrund des Tinnitus unter erheblichen Konzentrationsstörungen, so dass er in der Ausübung seines Berufs erheblich eingeschränkt sei. Ebenso sei seine Lebensqualität durch den Tinnitus erheblich beeinträchtigt. Das gestattet jedoch nicht die Annahme eines höheren als des festgesetzten Streitwerts. Vortrag des Klägers, mit welchem er Ansprüche wegen dieser Beeinträchtigung im Wege der Feststellungsklage bewertbar dargelegt hätte, zeigt die Gegenvorstellung nicht auf.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 274/05 Verkündet am:
6. Februar 2007
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Voraussetzung für die Annahme einer Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich
vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit
einer Schädigung von Rechtsgütern anderer ergibt (hier: Schaden an einer
Brücke durch Brand von unter der Brücke abgestellten, mit Heu beladenen
Wagen).
BGH, Urteil vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 - OLG Hamm
LG Münster
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Oktober 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Ersatz des Brandschadens an einer Brücke.
2
Die Brücke, deren Eigentümerin die Klägerin ist, ist Teil einer Bundesstraße. Unter der Brücke liegt der in der Gemeinde G. gelegene A-weg. Durch einen Wassergraben vom Weg getrennt, reicht eine gepflasterte Fläche bis ans Widerlager der Brücke. Die Fläche liegt einerseits stadtnah, da südlich ein Industriegebiet angrenzt, andererseits abgeschieden, da das einzige Wohnhaus in der Nähe zweihundert Meter entfernt ist und eine Sichtverbindung nicht besteht. An dem Widerlager der Brücke und an den Brückenpfeilern befinden sich mehrere Graffiti.
3
Am Freitag, dem 27. Juni 2003, abends gegen 22.00 Uhr fuhr der Beklagte vom A-weg über einen in Sichtweite der Brücke gelegenen Steg und eine Wiese auf die gepflasterte Fläche und stellte dort drei landwirtschaftliche Anhänger mit zuvor eingefahrenem, aufgrund des Wetters sehr trockenem Heu in Ballen für die Nacht unter, denn es war Regen vorhergesagt. Die für Samstag, den 28. Juni 2003, vorgesehene Abfuhr verzögerte sich jedoch. Die drei nebeneinander stehenden Heuwagen gingen am Samstagabend gegen 23.00 Uhr in Flammen auf. Beim Eintreffen der Feuerwehr schlugen die Flammen bereits gegen die Brückenkonstruktion, auf deren Unterseite sich auf ca. dreißig Quadratmetern eine ungefähr fünf bis zehn Zentimeter dicke Betonschicht löste. Die Brücke und ein Streckenabschnitt wurden daraufhin bis zum 29. Juni 2003 um 14.30 Uhr für den gesamten Fahrzeugverkehr gesperrt. Die Höhe des Schadens ist zwischen den Parteien streitig. Die Brandursache konnte nicht geklärt werden.
4
Die Zufahrt zu der gepflasterten Fläche unter der Brücke ist nach dem Brand durch Pfähle gesperrt worden.
5
Das Landgericht hat die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 36.993,85 € nebst Zinsen und auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz allen weiteren materiellen Schadens, welcher der Klägerin aus dem Brandschaden vom 27. Juni 2003 an dem Brückenbauwerk noch entstehen wird, abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz verneint.
7
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB bestehe nicht, weil dem Beklagten keine Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht zur Last falle. Die Gefahr einer fahrlässigen Inbrandsetzung des Heus durch Benutzer des A-weges oder durch die Brücke passierende Kraftfahrzeuginsassen, insbesondere durch achtloses Wegwerfen von Zigarettenkippen, sei an diesem Abstellort gering gewesen. Gleiches gelte für die Gefahr einer vorsätzlichen Inbrandsetzung. Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz, der Beklagte habe gewusst, dass der Platz unter der Brücke häufig von Jugendlichen als Treffpunkt benutzt werde, sei neu und bestritten und daher nicht zu berücksichtigen. Eine Selbstentzündung des Heus liege aufgrund dessen Trockenheit fern.
8
Ansprüche der Klägerin aus §§ 989, 990 bzw. § 992 BGB oder aus §§ 7, 18 StVG seien nicht gegeben.
9
§ 8 Abs. 2a Satz 3 Bundesfernstraßengesetz (künftig: FStrG) könne nicht analog herangezogen werden; das Abstellen der Anhänger sei keine Sondernutzung , sondern stelle eine Benutzung der Bundesfernstraße gemäß § 8 Abs. 10 FStrG dar.

II.

10
Die zulässige Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
11
1. Ein Anspruch aus §§ 7, 18 StVG besteht nicht. Auch Ansprüche aus §§ 989, 990, 992 BGB stehen der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu. Beides nimmt die Revision ausdrücklich hin.
12
2. Das Berufungsgericht hat auch einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB ohne Rechtsfehler verneint. Der Brand der mit Heu beladenen Anhänger hat zwar die im Eigentum der Klägerin stehende Brücke beschädigt. Für diese Eigentumsverletzung war das Handeln des Beklagten ursächlich. Der Beklagte hätte jedoch nur dann für die Schädigung einzustehen, wenn er pflichtwidrig gehandelt hätte, als er die mit Heu beladenen Anhänger unter der Brücke abstellte (vgl. Staudinger/Hager, 13. Bearbeitung 1999, § 823 Rn. A 9 f. und E 2 ff.; Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., Vor § 823 Rn. 17 und § 823 Rn. 12 f.; Spindler in: BeckOK BGB, § 823 Rn. 10; Raab, JuS 2002, 1041, 1048). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
13
a) Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint.
14
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senat, Urteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 294/03 - VersR 2005, 279, 280 und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - VersR 2006, 233, 234, - jeweils m.w.N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen , die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Sie kann sich auch auf Gefahren erstrecken, die erst durch den unerlaubten und schuldhaften Eingriff eines Dritten entstehen (vgl. Senat, Urteile vom 16. September 1975 - VI ZR 156/74 - VersR 1976, 149, 150; vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - aaO).
15
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden , wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt , ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO m.w.N.). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senat, Urteile vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und - VI ZR 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senat, Urteile vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier: der Verkehrsteilnehmer - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: der Eigentümer angrenzender Bauwerke - vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. Senat, Urteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - VersR 2006, 1083).
16
Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen , aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden , so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen (vgl. Senat, Urteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - aaO).
17
b) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte nicht aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht gehalten, vom Abstellen der mit Heu beladenen Anhänger unter der Brücke abzusehen.
18
aa) Das Unterstellen der mit Heu beladenen Anhänger war - anders als in den den Entscheidungen OLG München (VersR 1974, 443 f.) und LG Mannheim (NJW-RR 1997, 921, 922) zugrunde liegenden Fällen - weder gesetzlich noch behördlich wegen möglicher Gefahren für die Brücke untersagt.
19
bb) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler in tatrichterlicher Würdigung des Sachvortrags der Parteien verneint, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergeben habe, es könnten Rechtsgüter anderer verletzt werden. Das wäre jedoch nach den dargestellten Grundsätzen Voraussetzung für die Annahme einer Verkehrssicherungspflicht.
20
(1) Zwar ist nicht auszuschließen, dass untergestellte, mit Heu beladene Anhänger objektiv eine Gefahrenquelle sein können, weil Heu grundsätzlich leicht entzündbar ist (vgl. etwa OLG Oldenburg, r+s 1999, 162 f.; OLG Hamm, NZV 1997, 309). Es ist revisionsrechtlich aber nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter den Umständen des konkreten Falles angenommen hat, für ein sachkundiges Urteil habe vorausschauend die Gefahr einer Verletzung von Rechtsgütern durch einen Brand der für zwei Nächte untergestellten Heuanhänger nicht nahe gelegen.
21
Das Berufungsgericht hat in tatrichterlicher Würdigung in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Parteien vor dem Tatrichter angenommen, dass die Gefahr einer Selbstentzündung des Heus aufgrund der Trockenheit des Materials fern liegend war. Das beanstandet die Revision vergeblich als widersprüchlich. Allein dadurch, dass das Berufungsgericht die Realisierung der fernliegenden Möglichkeit einer Brandstiftung nicht ausschließen konnte, wurde diese nicht zu einer nahe liegenden Möglichkeit, deren Verwirklichung hätte verhindert werden müssen.
22
(2) Fern lag grundsätzlich auch die Gefahr einer Selbstentzündung der Anhänger (vgl. OLG München, NZV 1996, 199, 200).
23
(3) Das Berufungsgericht hat auch die Gefahr eines fahrlässigen InBrand -Setzens des Heus durch Dritte als nicht nahe liegend angesehen. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung aufgrund der Besonderheiten der Örtlichkeit für unwahrscheinlich hält, dass auf dem A-weg oder auf der Bundesstraße achtlos weggeworfene brennende oder glühende Zigarettenstummel oder sonstige Gegenstände bis zu den Anhängern gelangten. Übergangener Vortrag oder sonstige Umstände, die einer solchen Würdigung entgegenstünden, sind nicht ersichtlich und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
24
(4) Die Gefahr einer vorsätzlichen Brandstiftung hat das Berufungsgericht aufgrund der Abgelegenheit der Örtlichkeit als vernachlässigbar angesehen. Das begegnet revisionsrechtlich keinen Bedenken, da entsprechende Vorgänge für diese Örtlichkeit bisher nicht bekannt waren (vgl. OLG Oldenburg, r+s 2001, 107, 108; Wussow/Hemmerich-Dornick, UHR, 15. Aufl., Kap. 3 Rn. 75). Die Revision zeigt keine Umstände auf, denen der Tatrichter eine Pflicht des Beklagten hätte entnehmen müssen, aus dem Vorhandensein von - auch sonst häufigen - Graffiti gegenteilige Schlüsse zu ziehen.
25
(5) Erfolglos verweist die Revision auf den Grundsatz, dass typischen Gefahren, auch wenn sie selten eintreten, um so eher zu begegnen ist, je gewichtiger die drohenden Schäden sind (vgl. Senat, Urteile vom 17. Oktober 1989 - VI ZR 258/88 - VersR 1989, 1307; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO, 235 - je m.w.N.; vgl. auch Steffen, VersR 1980, 409, 411; Staudinger /Hager aaO, § 823 Rn. E 27). Die Revision zeigt jedoch nicht auf, dass die Gefahr einer Entzündung des Heus mit der Folge eines erheblichen Sachschadens an der Brücke und einer Verkehrsbehinderung typisch gewesen wäre. Zudem war die Verwirklichung einer solchen Gefahr innerhalb von nur zwei Tagen des Unterstellens wenig wahrscheinlich.
26
cc) Den weitergehenden und mit Parteivernehmung des Beklagten unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz, auch neben den Anhängern habe Heu herumgelegen, hat das Berufungsgericht als verspätet nicht zugelassen (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Gleiches gilt für das weitere Vorbringen der Klägerin, der Beklagte habe gewusst, dass die Fläche häufig von Jugendlichen als Treffpunkt genutzt werde. Entgegen der Ansicht der Revision ist hierin keine unzulässig vorweggenommene Beweiswürdigung und kein Verstoß gegen § 286 ZPO, sondern eine aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende Zurückweisung verspäteten Vortrags zu sehen. Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung des Beklagten (§ 448 ZPO) lagen deshalb nicht vor.
27
3. Der Klägerin steht auch kein Ersatzanspruch aus § 8 Abs. 2a Satz 3 FStrG zu. Nach dieser Bestimmung hat bei Sondernutzung einer Bundesstraße der Erlaubnisnehmer alle Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Straßenbaulast durch die Sondernutzung entstehen; zu diesen zählen grundsätzlich auch die Kosten für die Beseitigung von Schäden (vgl. Grupp in: Marschall/Schroeter /Kastner, FStrG, 5. Aufl., § 8 Rn. 35).
28
a) Die Bestimmung des § 8 Abs. 2a Satz 3 FStrG spricht schon nach ihrem Wortlaut nicht von einem Nutzer, sondern von einem Erlaubnisnehmer, und setzt deshalb nicht (nur) eine Sondernutzung voraus, sondern auch eine dafür erteilte Erlaubnis. Fehlt diese - wie vorliegend -, dann bestehen bei Beschädigung einer Bundesstraße keine (vertragsähnlichen) Schadensersatzansprüche nach dem Bundesfernstraßengesetz, sondern nur solche nach den allgemeinen Vorschriften.
29
b) Hier lag auch keine Sondernutzung (§ 8 Abs. 1 FStrG) vor. Eine solche wäre nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Nutzung der Bundesstraße über den Gemeingebrauch (§ 7 FStrG) hinaus erfolgte (§ 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG) und dieser beeinträchtigt würde oder werden könnte (vgl. Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., S. 795, 800). Das ist hier nicht der Fall.
30
Die Nutzung von Flächen außerhalb der Verkehrsfläche richtet sich regelmäßig gemäß § 8 Abs. 10 FStrG ausschließlich nach bürgerlichem Recht (Grupp aaO, § 8 Rn. 46; Pradel, Entstehung und Entwicklung des Bundesfernstraßenrechts , Dissertation 2003, Seite 132 ff.). Eine analoge Anwendung von § 8 Abs. 2a FStrG in solchen Fällen scheidet - entgegen der Ansicht der Revision - mangels einer gesetzlichen Regelungslücke aus.
31
c) Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Fläche unter der Brücke wegerechtlich Teil der Bundesfernstraße ist (vgl. § 1 Abs. 4 FStrG), was der Beklagte bestreitet. Nicht nachgegangen werden muss auch dem Vortrag des Beklagten, der hier in Rede stehende Platz sei über eine seit Jahren gebildete Zuwegung frei zugänglich gewesen. Träfe dies zu, könnte es sich - selbst wenn es sich wegerechtlich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche handelte - um eine Fläche handeln, die jedenfalls tatsächlich der Allgemeinheit zum Verkehr offen stand und auf der verkehrsrechtlich die StVO gelten würde (vgl. Grupp aaO, § 1 Rn. 12; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 1 StVO Rn. 13).
32
Soweit nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts unter Beachtung dieser Rechtslage nicht auszuschließen ist, dass die Benutzung einer in fremdem Eigentum stehenden Fläche außerhalb des Verkehrsraumes ohne eine Erlaubnis durch den Träger der Straßenbaulast (vgl. Grupp aaO, § 8 Rn. 46 a. E) pflichtwidrig gewesen sein könnte, bedürfen die damit zusammenhängenden Fragen unter den Umständen des Streitfalles keiner abschließenden Entscheidung.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 28.04.2005 - 14 O 40/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 19.10.2005 - 13 U 110/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 68/05
Verkündet am:
16. Februar 2006
Böhringer-Mangold
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Dc; Nieders. WasserG § 84
Zu den Sorgfaltspflichten des Betreibers einer Stauanlage bei Hochwasser.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2006 - III ZR 68/05 - OLG Celle
LG Verden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. März 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin betreibt in R. in der M. Straße einen Einzelhandel für Büroartikel und eine Druckerei. Ca. 50 m nördlich unterquert der sogenannte M. , ein Arm der Wiedau, die M. Straße. Unmittelbar an dem Brückenbauwerk befindet sich ein zu einer Wassermühle des Beklagten gehörendes bewegliches Stauwehr. Das Sommerstauziel hierfür ist seit einer Entscheidung des Kreisausschusses des Kreises R. vom 29. September 1921 auf 19,35 m über NN festgesetzt.
2
In den Tagen vor dem 17. Juli 2002 kam es Norddeutschland zu ergiebigen Regenfällen. Weitere Niederschläge vom 18. und 19. Juli 2002 bewirkten unter im Einzelnen streitigen Umständen eine Überschwemmung großer Teile der M. Straße, durch die auch das Hausgrundstück der Klägerin überflutet wurde. Für ihren auf 361.237,60 € bezifferten Schaden macht die Klägerin den Beklagten verantwortlich. Sie hat vorgetragen, er habe das Stauwehr nicht, wie erforderlich, bereits am 17. Juli 2002, als das Sommerstauziel überschritten worden sei, oder zumindest in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 2002 vollständig geöffnet, sondern erst am 19. Juli 2002 gegen 12.30 Uhr. Hierdurch bedingt habe sich das Wasser oberhalb des Wehrs und in der M. Straße bis zu einem Wasserstand von 20,48 m über NN aufgestaut. Hätte der Beklagte demgegenüber sein Stauwehr rechtzeitig geöffnet, wäre die festgesetzte Stauhöhe nicht überschritten und die Überschwemmung vermieden worden.
3
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hat. Eine Haftung lasse sich nur begründen, wenn der Beklagte als Staurechtsinhaber seiner Verpflichtung, die Wehrklappen rechtzeitig im Falle einer Überschwemmungsgefahr zu öffnen, nicht nachgekommen sei. Es lasse sich jedoch unabhängig von einer etwaigen objektiven Pflichtwidrigkeit jedenfalls nicht feststellen, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eine Hochwassergefahr für das Stadtgebiet habe erkennen können und ob er dann noch eine Überschwemmung durch vollständiges Niederlegen des Wehrs hätte vermeiden können. Eine Beobachtungspflicht hinsichtlich der Hochwassergefahr habe jedenfalls nicht ihm, sondern dem Landkreis obgelegen. Der Beklagte sei nur verpflichtet gewesen, Gefahren abzuwenden, die er selbst an Ort und Stelle habe erkennen können. Alles andere sei in den administrativen Bereich gefallen, so dass eine prophylaktische Öffnung des Wehrs von ihm nicht habe erwartet werden können.
6
Das Sommerstauziel spiele bezüglich der Hochwassergefahr keine Rolle. Die Staumarke habe nicht die Funktion eines Hochwasserschutzes, sondern solle einen Ausgleich zwischen den Interessen des Beklagten als des Betreibers der Wassermühle (der einen möglichst großen Wasservorrat, also eine möglichst hohe Staumarke, besitzen wolle) und denen der Oberlieger (deren Wiesen nicht zu feucht werden sollten) sowie der Unterlieger (die auf einen ausreichenden Wasserzufluss angewiesen seien) herbeiführen. Aus einer Überschreitung der Stauhöhe könne die Klägerin deshalb als nicht zu dem durch das Stauziel geschützten Personenkreis gehörende Geschädigte nichts herleiten. Es komme daher auch nicht darauf an, wann der Beklagte oder sonst jemand die Haltung des Stauziels letztmals kontrolliert habe.
7
Der Beklagte sei außerdem nicht etwa verpflichtet gewesen, sich Kenntnis über die Pegelstände zu verschaffen, um eine Hochwassergefahr zu klären. Denn die Gefahrenabwehr und damit auch der Hochwasserschutz habe dem Landkreis oblegen. Im Übrigen hätte die bloße Kenntnis der Pegelstände auch nicht ausgereicht. Der Beklagte hätte sich vielmehr zusätzlich über die Situation in den Überschwemmungsgebieten der Rodau und der Wiedau informieren und die Frage der Wassersättigung beurteilen müssen. Die Klärung dieser Fragen sei aber in den administrativen Bereich des Landkreises gefallen, der gerade keine Veranlassung gesehen habe, dem Beklagten nach § 84 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) aufzugeben, die beweglichen Teile der Stauanlage zu öffnen, um das aufgestaute Wasser unter die Höhe der Staumarke zu senken.

II.


8
Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Im Ansatz zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten - nur - unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) geprüft, auch soweit es um die Einhaltung der festgesetzten Stauhöhe geht.
10
a) Die dem jetzigen Niedersächsischen Wassergesetz vorausgegangenen gesetzlichen Regelungen in § 101 des Preußischen Wassergesetzes (PrWG) hatten zwar noch ausdrückliche Vorschriften über das Stauziel enthalten. Danach durfte das Wasser bei Stauanlagen nicht über die durch die Staumarke festgesetzte Höhe aufgestaut werden (Absatz 1). Sobald das Wasser über diese Höhe wuchs, hatte der Unternehmer durch Öffnen der beweglichen Teile der Stauanlage und durch Wegräumen aller Hindernisse (Treibzeug, Eis, Geschiebe und dergleichen) den Abfluss des Wassers ohne Anspruch auf Entschädigung sogleich und unausgesetzt so lange zu befördern, bis das Wasser wieder auf die Höhe der Staumarke gesunken war (Absatz 2 Satz 1). Diese Vorschriften wurden allgemein als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verstanden (Bergdolt, Preußisches Wasserrecht, 1957, Anm. zu § 101; Holtz/Kreutz/Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, 3./4. Aufl. unveränderter Nachdruck 1955, § 101 Anm. 5; Wulff, Wassergesetz, 2. Aufl. 1928, § 101 Anm. 1; entsprechend zu der ähnlichen Bestimmung des Art. 31 BayWG: BayObLGZ 1980, 65, 70; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, BayWG, Stand Juni 1995, Art. 31 Rn. 35; zu § 41 Abs. 1 HessWG a.F.: Becker, HessWG, 3. Aufl. 1997, § 41 Rn. 1; s. auch Senatsurteil vom 11. November 2004 - III ZR 200/03 - NVwZ-RR 2005, 149, 151). Sie sind mit diesem Inhalt aber nicht in das niedersächsische Wasserrecht übernommen worden; lediglich das in § 101 Abs. 2 Satz 2 PrWG normierte, hier nicht unmittelbar einschlägige Eingriffsrecht der Wasserpolizeibehörde bei Hochwasser entspricht dem heutigen § 84 NWG.
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b) Eine gesetzliche Verpflichtung zum Hochwasserschutz bei Einwirkungen auf ein Gewässer enthält seit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1690) allerdings § 1a Abs. 2 WHG. Danach ist jedermann verpflichtet, bei Maßnahmen , mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um (unter anderem) eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden. Wegen ihrer gemeinwohlbezogenen Zielrichtung und ihres pauschalen Charakters ist diese Regelung jedoch nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen (Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 165; Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl. 2003, § 1a Rn. 24; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand September 2002, § 1a Rn. 22).
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c) Ob § 313 StGB als Schutzgesetz gilt, wie die Revision meint, kann offen bleiben. Aus dem dort normierten, ebenfalls allgemein gefassten Verbot, Überschwemmungen herbeizuführen, ergäben sich jedenfalls keine über die zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht hinausgehenden Handlungspflichten.
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2. Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (Senatsurteil BGHZ 121, 367, 375; BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - NJW-RR 2003, 1459; Urteil vom 3. Februar 2004 - VI ZR 95/03 - NJW 2004, 1449, 1450; Urteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 33/05 - Rn. 11; Senatsurteil vom 2. Februar 2006 - III ZR 159/05 - zur Veröffentlichung vorgesehen; jeweils m.w.N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen , die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, dass sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH, Urteile vom 15. Juli 2003 aaO S. 1459 f.; vom 3. Februar 2004 aaO und vom 20. Dezember 2005 aaO).

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3. a) Diese Grundsätze gelten - auch mit Rücksicht auf das erwähnte, für jedermann geltende Gebot des Hochwasserschutzes bei Einwirkungen auf Gewässer nach § 1a Abs. 2 WHG (dazu näher Breuer, aaO, Rn. 164 f.; Czychowski /Reinhardt, aaO, § 1a Rn. 16 ff.) - ebenso für den den Wasserabfluss behindernden und dadurch insbesondere bei Hochwasser Dritte gefährdenden Betrieb einer Stauanlage. Dabei besteht ein Gebot, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen, zumindest dann, wenn die Grenzen des bestehenden Staurechts überschritten sind und der Betreiber sich deshalb auf keine geschützten Eigeninteressen mehr stützen kann. Das ist spätestens mit dem Zeitpunkt der Fall, in dem der Wasserstand die zulässige Stauhöhe übersteigt. Der Stauberechtigte hat daher auch ohne behördliche Weisung von sich aus einzugreifen und das Wehr in dem notwendigen Umfang zu öffnen oder sonstige Abflusshindernisse zu beseitigen, sobald das Hochwasser die obere Staumarke erreicht und weiter zu steigen droht. Dass das Niedersächsische Wassergesetz auf eine entsprechende ausdrückliche Regelung wie in § 101 Abs. 2 Satz 1 PrWG verzichtet, ist ohne Bedeutung. Eine dahingehende Handlungspflicht des Betreibers ist auch beim Fehlen einer besonderen gesetzlichen Vorschrift Inhalt des Staurechts selbst. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beschränkt sich der Schutzbereich dieser Verpflichtung auch nicht auf die Oberund Unterlieger des Gewässers, sondern schließt wie allgemein die Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich jeden durch den gefährlichen Zustand beeinträchtigten Dritten ein. Dazu gehört hier die Klägerin mit ihrem im Hochwasserbereich gelegenen Gewerbebetrieb.
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Darüber b) hinaus kann es entgegen dem Berufungsgericht für den Betreiber eines Stauwehrs aber auch geboten sein, bereits vorsorglich bei drohendem Hochwasser Schutzvorkehrungen zu treffen und die beweglichen Teile seiner Stauanlage zu öffnen. Die Ausübung des Staurechts ist aus Gründen des Gemeinwohls von vornherein mit der Pflicht zu schadensverhütenden oder -vorbeugenden Maßnahmen belastet (Reffken in Haupt/Reffken/Rhode, NWG, Stand Juni 1999, § 84 Rn. 3). § 84 NWG enthält insoweit zwar nur eine Ermächtigung für wasserbehördliche Anordnungen gegenüber dem Unternehmer. Das ist im Kern jedoch gleichzeitig ein privatrechtliches Gebot der Verkehrssicherung zum Schutze Dritter. Eine eigene Handlungspflicht des Inhabers setzt allerdings voraus, dass er nach seinen eigenen, regelmäßig beschränkten Erkenntnismöglichkeiten mit dem alsbaldigen Eintritt von Hochwasser rechnen muss. Hierzu braucht er, wie dem Berufungsgericht zuzugeben ist, nicht selbst die Pegelstände im Einzugsbereich des Gewässers abzufragen und darauf gestützt eine eigene Hochwasserprognose zu treffen. Er darf sich jedoch andererseits allgemein oder ihm selbst zugänglichen Informationsquellen nicht verschließen und wird deshalb vor allem Hochwassermeldungen in den Medien sowie Geschwindigkeit und Maß des Wasseranstiegs an dem Stauwehr beobachten müssen. Drängt sich unter solchen Umständen die Gefahr eines Hochwassers und einer Überschwemmung im Bereich der Wehranlage auf, ist unabhängig von einem behördlichen Einschreiten ein Öffnen der Schütze oder Klappen in dem erforderlichen Umfang veranlasst, noch bevor der Wasserspiegel die zulässige Stauhöhe erreicht.
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4. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht den Streitfall nicht geprüft. Sein Urteil kann darum nicht bestehen bleiben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die fehlenden Feststellungen nachzuholen.
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Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 06.07.2004 - 5 O 564/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.03.2005 - 9 U 140/04 -

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.