Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 02. Jan. 2014 - Au 7 V 13.2042
Tenor
I. Das Betreten und die Durchsuchung der Wohnung mit Nebenräumen des Antragsgegners, ...straße ..., ..., durch Polizeibeamte/innen und Bedienstete des Antragstellers werden gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden.
Die Gestattung gilt für sechs Monate ab dem Beschlussdatum und nur zum Zwecke der Sicherstellung des Führerscheins des Antragsgegners
Nr. ..., erteilt am 13. April 2012, ausstellende Behörde: Landratsamt ...,
II. Es wird festgestellt, dass Bedienstete des Antragstellers und Polizeibeamte/innen den Antragsgegner sowie das abgemeldete Fahrzeug mit dem ehemaligen Kennzeichen ..., FIN: ..., sowie alle Fahrzeuge, die auf den Antragsgegner zugelassen sind, zum Zwecke der Sicherstellung des genannten Führerscheins durchsuchen dürfen.
III. Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner beauftragt.
IV. Der Antragsgegner hat die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Dieser Bescheid wurde dem Antragsgegner laut Postzustellungsurkunde am 25. Oktober 2013 zugestellt.
Am 24.Oktober 2013 ging beim Antragsteller das Schreiben des Antragsgegners vom 16. Oktober 2013 ein, mit dem er auf seine Fahrerlaubnis verzichtete. In der Folgezeit gab der Antragsgegner seinen Führerschein jedoch nicht bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.
II.
Bei der Anordnung in Ziffer 2. des Bescheids vom 23. Oktober 2013, den Führerschein unverzüglich bei der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der der Vollstreckung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs zugänglich ist (Art. 29 Abs. 1 BayVwZVG).
Die im Bescheid vom 23. Oktober 2013 verfügte Pflicht, den entzogenen Führerschein bei dem Antragsteller abzuliefern, ist im Sinne von Art. 19 BayVwZVG vollziehbar, da dieser Verwaltungsakt nach Aktenlage bestandskräftig geworden ist. Darüber hinaus ist diese Verpflichtung kraft Gesetzes nach § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV sofort vollziehbar. Der Antragsgegner ist seiner Verpflichtung zur Ablieferung seines Führerscheins nach Aktenlage bisher nicht nachgekommen.
Die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zum Zwecke des Auffindens des herauszugebenden Führerscheins ist nicht unverhältnismäßig. Ein geringer eingreifendes Mittel, das gleichermaßen geeignet wäre, den Zweck der Maßnahme - das Auffinden und Sicherstellen des Führerscheins - zu ermöglichen, ist nicht erkennbar. Angesichts des Gefährdungspotentials, das vom Antragsgegner ausgeht, wenn er ungehindert am Straßenverkehr teilnimmt, wird das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung durch eine kurzzeitige Durchsuchung nicht unverhältnismäßig eingeschränkt, zumal der Antragsgegner einer Durchsuchung durch die freiwillige Herausgabe seines Führerscheins zuvorkommen kann (VG Augsburg, B.v. 12.1.2009 – Au 7 V 09.8).
Die Gestattung zur Wohnungsdurchsuchung kann ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners ergehen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass der Antragsgegner seinen Führerschein anderweitig unterbringt und damit den Erfolg der durchzuführenden Durchsuchung gefährdet.
Weil die richterliche Prüfung einer Wohnungsdurchsuchung die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen nicht für unabsehbare Zeit gewährleisten kann, war die Durchsuchungsanordnung zu befristen.
Wie bereits ausgeführt wurde, ist die im Bescheid vom 23. Oktober 2013 statuierte Pflicht, den entzogenen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern, vollziehbar und kann durch das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs vollstreckt werden.
Es drängt sich geradezu auf, dass die Sicherstellung des Führerscheins des Antragsgegners nur zu erreichen ist, wenn nicht nur seine Wohnung, sondern auch er selbst und die auf ihn zugelassenen Fahrzeuge bzw. das abgemeldete Fahrzeug mit dem ehemaligen Kennzeichen ... durchsucht werden. Um eine reibungslose, effektive Vollstreckung zu gewährleisten und insbesondere dem Antragsgegner deutlich zu machen, dass der Antragsteller dazu befugt ist, nicht nur seine Wohnung, sondern auch die auf ihn zugelassenen Fahrzeuge sowie ihn selbst zu durchsuchen, liegt daher für den Feststellungsantrag auch das erforderliche Feststellungsinteresse vor.
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Referenzen - Gesetze
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
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(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.
(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.
(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.
Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rechts- und Amtshilfe.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.