Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 03. Apr. 2018 - Au 7 K 17.30468

bei uns veröffentlicht am03.04.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Mit Schreiben vom 9. Februar 2018, der Klägerbevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis zugestellt am 13. Februar 2018, wurde die Klägerbevollmächtigte aufgefordert und gemäß § 81 Satz 3 AsylG belehrt, die derzeitige Anschrift der Kläger mitzuteilen und damit das Verfahren weiter zu betreiben.

Die Aufforderung war durch konkrete Umstände veranlasst. Die Beklagte hat dem Gericht mit Schreiben vom 5. Februar 2018 die dort per E-Mail eingegangene Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde (Landratsamt ...) übermittelt, dass die Kläger mit Datum 1. Februar 2018 nach unbekannt verzogen abzumelden sind. Da zu den prozessualen Mitwirkungspflichten die Mitteilung des Betroffenen über den Wechsel des Aufenthaltsortes gehört, kann das Verwaltungsgericht im Falle einer unterbliebenen Mitteilung grundsätzlich von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses ausgehen (BayVGH, B.v. 2.8. 2005 – 6 ZB 04.30509 – juris Rn. 2).

Ein Betreiben des Verfahrens im Sinne der Vorschrift besteht grundsätzlich nur in der Vornahme der konkreten Handlung, die Gegenstand der gerichtlichen Aufforderung ist. Wird diese Handlung nicht bzw. nicht fristgemäß erfüllt, ist der Schluss auf das Entfallen des Rechtsschutzinteresses gerechtfertigt (vgl. zu allem: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., AsylG § 81 Rn. 10 ff. m. w. N.).

Die Kläger haben das Verfahren trotz der am 13. Februar 2018 ihrer Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis zugestellten Aufforderung des Gerichts vom 9. Februar 2018 länger als einen Monat nicht betrieben.

Die Wirkung der Rücknahmefiktion trat gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 13. März 2018 unmittelbar kraft Gesetzes ein. Damit gilt die Klage als zurückgenommen (§ 81 Satz 1 AsylG) und das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die erst mit Fax-Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 29. März 2018 (Eingang bei Gericht: 31.3.2018, 15:26 Uhr) erfolgte Mitteilung der (neuen) Adresse der Kläger erfolgte erst nach Ablauf der Frist von einem Monat und geht damit ins Leere. Denn mit Fristablauf wird unwiderleglich vermutet, dass die Kläger ihr Rechtsschutzinteresse verloren haben. Einer Entscheidung des Gerichts hierüber bedarf es nicht, denn diesem steht keine irgendwie geartete Dispositionsbefugnis über die Verfahrensbeendigung zu (Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 81 AsylG Rn. 18; BayVGH, B.v. 29.12.2017 – 11 ZB 17.30845 – juris); der Einstellungsbeschluss hat nur deklaratorischen Charakter.

Soweit die Klägerbevollmächtigte in ihrem Schreiben vom 29. März 2018 ausführt, dass die gerichtliche Aufforderung vom 9. Februar 2018 versehentlich in eine falsche Akte eingeordnet war und erst jetzt aufgefunden worden sei, wird in der Sache eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Monatsfrist des § 81 AsylVfG begehrt. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen jedoch nicht vor. Eine Wiedereinsetzung kann im Rahmen einer Betreibensaufforderung nur gewährt werden, wenn die Fristversäumnis auf höhere Gewalt zurückzuführen ist (§ 58 Abs. 2, § 60 Abs. 3 VwGO analog), da es sich bei der Monatsfrist des § 81 AsylVfG um eine sog. uneigentlich gesetzliche Frist handelt, nach der auch bei fehlendem Verschulden eine Parteihandlung endgültig nicht mehr oder nur noch unter ganz besonderen Voraussetzungen vorgenommen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.1985 – 9 C 7.85 – EZAR 630 Nr. 19 zu § 33 AsylVfG a.F.; VG Saarland, B.v. 15.9.2000 – 11 K 108/00 – juris Rn. 15). Unter höherer Gewalt ist ein außergewöhnliches Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte, nach den Umständen des konkreten Falls vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe zu erwartenden und zumutbaren Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die versehentliche Einordnung des gerichtlichen Aufforderungsschreibens in eine falsche Akte durch die Prozessbevollmächtigte stellt offensichtlich kein solches außergewöhnliches Ereignis dar. Das Verschulden der Prozessbevollmächtigten ist dem Verschulden der Partei gleichzustellen (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Satz 2 AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 81 Nichtbetreiben des Verfahrens


Die Klage gilt in einem gerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als einen Monat nicht betreibt. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. In der Aufforderun

Referenzen

Die Klage gilt in einem gerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als einen Monat nicht betreibt. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. In der Aufforderung ist der Kläger auf die nach Satz 1 und 2 eintretenden Folgen hinzuweisen.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Die Klage gilt in einem gerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als einen Monat nicht betreibt. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. In der Aufforderung ist der Kläger auf die nach Satz 1 und 2 eintretenden Folgen hinzuweisen.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

Die Klage gilt in einem gerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als einen Monat nicht betreibt. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. In der Aufforderung ist der Kläger auf die nach Satz 1 und 2 eintretenden Folgen hinzuweisen.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.