Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 29. Juni 2016 - Au 3 E 16.795

bei uns veröffentlicht am29.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Erteilung einer Pflegeerlaubnis bis zur Entscheidung in der Hauptsache für ein viertes Pflegekind, das sie im Einvernehmen mit der sorgeberechtigten Mutter bereits in ihrem Haushalt aufgenommen haben. Zwei der drei bereits vorhandenen Pflegekinder haben ebenso wie das vierte Pflegekind einen erhöhten Förderbedarf. Zudem leben in der Familie zwei eigene leibliche Kinder.

Den Antrag der Antragsteller auf Erteilung einer Pflegeerlaubnis für das vierte Pflegekind lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18. Mai 2016 ab. Das Kreisjugendamt sehe die Gefahr, dass sich die Familie mit der Aufnahme eines weiteren Kindes überfordere und damit die Gefahr bestehe, dass sich die Situation für alle Kinder deutlich verschlechtern könne.

Hiergegen haben die Antragsteller Verpflichtungsklage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

II.

Der Antrag nach § 123 VwGO hat keinen Erfolg.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO setzt voraus, dass die Antragsteller die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung durch das Gericht, den sog. Anordnungsgrund, und einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Zumindest an letzterem fehlt es hier. Einem Anspruch auf Erteilung der begehrten Pflegeerlaubnis (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) steht die gesetzliche Regelvermutung des Art. 35 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 AGSG entgegen, wonach in der Regel von einer Überforderung der Pflegeperson auszugehen ist, wenn sich bereits drei Pflegekinder in der Pflegestelle befinden. Den Antragstellern ist es nicht gelungen, diese Regelvermutung zu widerlegen.

1. Gemäß Art. 35 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 Alt. 2 AGSG ist eine Pflegeerlaubnis insbesondere zu versagen, wenn eine Pflegeperson mit der Betreuung eines weiteren Kindes überfordert ist. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn sich bereits drei Pflegekinder in einer Pflegefamilie befinden (Art. 35 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 AGSG). Diese landesgesetzliche Regelvermutung steht mit Bundesrecht im Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2009 - 12 C 09.953 - juris Rn. 6). § 49 SGB VIII bestimmt ausdrücklich, dass das Landesrecht das Nähere über die Pflege eines Kindes in Familien und in Einrichtungen regelt. § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ist nicht etwa so zu verstehen, dass das Wohl des Kindes nur dann nicht gewährleistet ist, wenn die Voraussetzungen einer konkreten Kindeswohlgefährdung gegeben sind (vgl. Mörsberger in Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 44 Rn. 18a). Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist deshalb nicht zu fordern, dass die Überforderung der Pflegeeltern tatsächlich belegt ist. Vielmehr ist aus der Formulierung des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zu folgern, dass bei der zu treffenden Prognoseentscheidung genügend Anhaltspunkte vorliegen müssen, die eine positive Entwicklung („Wohl des Kindes“) mit großer Sicherheit („Gewährleistung“) erwarten lassen (Mörsberger a. a. O. Rn. 10). Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil das Aufenthaltsbestimmungsrecht der sorgeberechtigten Mutter dort seine Grenze findet, wo das Kindeswohl nicht gewährleistet ist. Abgesehen davon können sich die Antragsteller bei der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nur auf die Verletzung eigener Rechte mit Erfolg berufen, nicht aber auf solche der sorgeberechtigten Mutter (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Antragsteller haben die gesetzliche Regelvermutung, dass sie durch die Aufnahme des vierten Pflegekindes überfordert sind, nicht widerlegt. Hierbei hat besonderes Gewicht, dass zwei der drei bereits aufgenommenen Pflegekinder einen erhöhten bzw. besonderen Förderbedarf haben (vgl. Stellungnahme des Fachdienstes Pflegekinderwesen vom 15.4.2016). Ein solcher qualifizierter Förderbedarf besteht auch bei dem vierten Pflegekind, das sich wegen traumatischer Erlebnisse (u. a. Tod des Vaters) in psychotherapeutischer Behandlung befindet (vgl. Psychotherapeutische Stellungnahme des Dr. ... vom 15.3.2016). Es kommt hinzu, dass der Fachdienst Pflegekinderwesen, dem bei der Einschätzung der Situation vor Ort eine besondere Sachkompetenz zukommt, aufgrund der dargelegten einzelfallbezogenen Umstände die (konkrete) Gefahr sieht, dass sich die Antragsteller mit der Aufnahme eines weiteren Kindes überfordern und sich damit die Situation für alle Kinder in der Familie deutlich verschlechtert. Diese Einschätzung wurde nicht „vom grünen Tisch aus“ getroffen. Vielmehr haben regelmäßige Besuche im Haushalt der Antragsteller stattgefunden, bei denen sich das Jugendamt des Antragsgegners ein persönliches Bild der Familiensituation vor Ort machen konnte. Im Gegensatz dazu kennt die Mitarbeiterin des Jugendamts des Landkreises ..., die den Kontakt zwischen den Antragstellern und der Kindsmutter vermittelte, die Verhältnisse vor Ort offenkundig nicht aus eigener Anschauung. Abgesehen davon teilt das Jugendamt des Landkreises ... die Auffassung des Antragsgegners uneingeschränkt (siehe Bescheid vom 30.3.2016 über die Ablehnung des Antrags der sorgeberechtigten Mutter des Kindes auf Hilfe zur Erziehung in Form der Unterbringung des Kindes bei der Pflegefamilie der Antragsteller und Übernahme der dafür anfallenden Kosten).

Demgegenüber sind die vorgelegten Äußerungen, die überwiegend von Privatpersonen stammen, nicht geeignet, die fachkundige Einschätzung des Fachdienstes Pflegekinderwesen ernstlich in Zweifel zu ziehen oder gar zu widerlegen. Die Mutter des Kindes und das Kind selbst sind offenkundig nicht in der Lage, die Belastung der Antragsteller objektiv einzuschätzen. Schon deshalb war der Antragsgegner vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht verpflichtet, sie anzuhören. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 36 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII. Das dort geregelte Wunsch- und Wahlrecht des Personensorgeberechtigten und des Kindes erstreckt sich nur auf Pflegestellen, die in der Lage sind, die im Einzelfall gebotene Hilfe uneingeschränkt zu erbringen (vgl. BayVGH, U.v. 30.3.2006 - 12 B 04.1261 - juris Rn. 12). Auch die Stellungnahmen und Eindrücke von Verwandten, guten Bekannten und Nachbarn sind naturgemäß nur sehr eingeschränkt aussagekräftig. Selbst die psychotherapeutische Stellungnahme vom 15. März 2016, die nur wenige Tage nach der Aufnahme des vierten Pflegekindes abgegeben wurde, lässt nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf die tatsächliche Belastung der Antragsteller durch die Betreuung der Pflegekinder und der eigenen Kinder zu. Gleiches gilt für die Stellungnahme des Förderzentrums ... in ... vom 1. Juni 2016, die sich ausschließlich mit dem Pflegekind ... und seinem (sehr guten) Verhältnis zur Antragstellerin befasst, und die E-Mail einer Dipl. Pädagogin des Stadtjugendamts ... vom 19. Mai 2016 an die Antragstellerin. Zwar lässt das Gesamtbild der vorgelegten Äußerungen darauf schließen, dass die Antragstellerin sehr engagiert sowie für die Betreuung von Pflegekindern qualifiziert ist und die Lage derzeit „im Griff“ hat. Dies besagt aber nicht, dass letzteres mittel- und langfristig so bleibt, zumal die aktuelle Situation und Motivation insbesondere durch das laufende Verfahren geprägt sein dürfte.

2. Darüber hinaus dürfte ein Anordnungsgrund nicht gegeben sein. Die Aufnahme des vierten Pflegekindes in den Haushalt der Antragsteller erfolgte ohne die gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erforderliche Pflegeerlaubnis, was gemäß § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Es würde dieser gesetzlichen Wertung widersprechen, wenn man aus dem rechtswidrigen Verhalten der Antragsteller einen Anordnungsgrund herleiten würde. Letztlich kann das Vorliegen eines Anordnungsgrundes jedoch dahingestellt bleiben, weil es bereits an einem Anordnungsanspruch fehlt.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil sie unterlegen sind (§ 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO).

Eine Streitwertfestsetzung ist nicht veranlasst, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).

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(1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. ohne Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 oder § 44 Absatz 1 Satz 1 ein Kind oder einen Jugendlichen betreut oder ihm Unterkunft gewährt,2. entgegen § 45 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 48a Absatz 1, ohne Erlaubni

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Nov. 2017 - Au 3 K 16.793

bei uns veröffentlicht am 28.11.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen

1.
im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche auf Grund einer Vermittlung durch das Jugendamt,
2.
als Vormund oder Pfleger im Rahmen seines Wirkungskreises,
3.
als Verwandter oder Verschwägerter bis zum dritten Grad,
4.
bis zur Dauer von acht Wochen,
5.
im Rahmen eines Schüler- oder Jugendaustausches,
6.
in Adoptionspflege (§ 1744 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
über Tag und Nacht aufnimmt.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. § 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend.

(3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Ist das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, so ist die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen.

(4) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen in erlaubnispflichtige Familienpflege aufgenommen hat, hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen.

(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen

1.
im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche auf Grund einer Vermittlung durch das Jugendamt,
2.
als Vormund oder Pfleger im Rahmen seines Wirkungskreises,
3.
als Verwandter oder Verschwägerter bis zum dritten Grad,
4.
bis zur Dauer von acht Wochen,
5.
im Rahmen eines Schüler- oder Jugendaustausches,
6.
in Adoptionspflege (§ 1744 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
über Tag und Nacht aufnimmt.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. § 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend.

(3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Ist das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, so ist die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen.

(4) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen in erlaubnispflichtige Familienpflege aufgenommen hat, hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen

1.
im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche auf Grund einer Vermittlung durch das Jugendamt,
2.
als Vormund oder Pfleger im Rahmen seines Wirkungskreises,
3.
als Verwandter oder Verschwägerter bis zum dritten Grad,
4.
bis zur Dauer von acht Wochen,
5.
im Rahmen eines Schüler- oder Jugendaustausches,
6.
in Adoptionspflege (§ 1744 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
über Tag und Nacht aufnimmt.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. § 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend.

(3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Ist das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, so ist die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen.

(4) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen in erlaubnispflichtige Familienpflege aufgenommen hat, hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
ohne Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 oder § 44 Absatz 1 Satz 1 ein Kind oder einen Jugendlichen betreut oder ihm Unterkunft gewährt,
2.
entgegen § 45 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 48a Absatz 1, ohne Erlaubnis eine Einrichtung oder eine sonstige Wohnform betreibt oder
3.
entgegen § 47 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder vorsätzlich oder fahrlässig seiner Verpflichtung zur Dokumentation oder Aufbewahrung derselben oder zum Nachweis der ordnungsgemäßen Buchführung auf entsprechendes Verlangen nicht nachkommt oder
4.
entgegen § 97a Absatz 4 vorsätzlich oder fahrlässig als Arbeitgeber eine Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 können mit einer Geldbuße bis zu fünfhundert Euro, die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nummer 2 kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro geahndet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.