Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Apr. 2019 - AN 9 K 17.01949

bei uns veröffentlicht am03.04.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage eine Ausnahme von den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … für die Verlängerung der Öffnungszeiten der hofseitigen Freischankfläche des Restaurants … Der Kläger betreibt in dem Anwesen …straße … in …, Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, einen genehmigten Gastronomiebetrieb mit Freischankfläche im Innenhof, den sog. „…“. Der Innenhof hat eine Größe von ca. 15x19 m. Die Freischankfläche ist im nordwestlichen Teil des Innenhofes angeordnet, hin zu den Anwesen …Straße … (Fl.Nr. …*) und …Straße … (Fl.Nr. …). Im Süden grenzen das Anwesen …Straße … (Fl.Nr. …), im Norden das Anwesen …Straße … (Fl.Nr. …) an den Innenhof.

Der Bebauungsplan Nr. … vom 17. Dezember 1980 setzt für das streitgegenständliche Anwesen und die Umgebungsbebauung (Dreieck …straße, …gasse, …Straße) hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet fest. In § 2 Nummer 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es: „In den im Planteil mit Nr. 1-21 besonders gekennzeichneten Baugebieten (das streitgegenständliche Gebiet ist hiervon erfasst) können Schank- und Speisewirtschaften, auch solche, die der Versorgung des Gebiets dienen, nur ausnahmsweise zugelassen werden und zwar nur im Erdgeschoss und im Kellergeschoss und nur bis zu der im Planteil jeweils festgesetzten Anzahl und bis zu den festgesetzten Gesamtflächen.“

Mit Bescheid vom 25. April 2001 wurde dem Kläger eine Nutzungsänderung zu Gaststätte sowie eine stets widerrufliche Baugenehmigung für die Errichtung eines Restaurantbetriebs im Freien mit 75 Sitzplätzen, Betriebszeiten täglich 11.00 bis 22.00 Uhr genehmigt. Diese Genehmigung wurde auf einen Nachbarwiderspruch der Eigentümer des Anwesens …Straße … hin widerrufen, die Klage hiergegen wurde abgewiesen (U.v. 3.9.2003, AN 3 K 02.01140). Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 29. Juli 2004 abgelehnt, da die von der geplanten Freischankfläche ausgehenden Störungen und Belästigungen unzumutbar seien, angesichts der beengten Verhältnisse und überwiegenden Wohnnutzung (14 ZB 03.2831).

Mit Satzung vom 21. Dezember 2004 wurde der Bebauungsplan für Teile seines Geltungsbereichs - das streitgegenständliche Baugebiet ist umfasst - geändert und im § 2 folgende Nummer 1.2 eingefügt: „Soweit nach Nr. 1.1 Schank- und Speisewirtschaften zulässig sind, sind diesen Schank- und Speisewirtschaften zugeordnete Freischankflächen ausnahmsweise zulässig, jedoch höchstens bis zur Größe der zugelassenen Gastraumfläche“. Nach der jüngsten Änderung mit Satzung vom 3. Dezember 2012 lautet § 2 Nummer 1.2: „Soweit nach Nr. 1.1 Schank- und Speisewirtschaften zulässig sind, oder nach Nr. 1.3 als Bestand festgesetzt sind, sind diesen Schank- und Speisewirtschaften zugeordnete Freischankflächen ausnahmsweise zulässig, jedoch höchstens bis zur Größe der zugelassenen Gastraumfläche.“ In der Begründung zur Satzung vom 21. Dezember 2004 (Bl. 77 der Akte 2. Änderung des Bebauungsplans) heißt es, dass die Änderung erforderlich sei, weil nach der Auffassung der Aufsichtsbehörde der Bebauungsplan nur die Gaststättennutzung in den Gebäuden regele und deshalb alle Freischankflächen, die bereits vorhanden sind, planungsrechtlich nicht zulässig seien. Ziel der Änderung sei es deshalb, die heute vorhandenen Freischankflächen auch künftig genehmigen zu können, sofern sie nicht in Blockinnenhöfen liegen.

Mit Bescheid vom 9. Januar 2006 (* …*) wurde dem Kläger die Genehmigung zur Errichtung einer Freischankfläche im Innenhof erteilt, wobei die Betriebszeit der Freischankfläche auf werktags von 11.00 bis 19.00 Uhr zu begrenzen sei (Auflage 2), die Gastplatzzahl auf maximal 25 Plätze zu begrenzen sei (Auflage 3) und tags ein reduzierter Immissionsrichtwert von 57 dB(A) einzuhalten sei. Mit Ergänzungsbescheid vom 11. April 2006 (* …*) wurde eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … erteilt.

In der Bescheidsbegründung ist dazu ausgeführt, dass nur diese Öffnungszeiten und diese Betriebsgröße statt der ursprünglich beantragten längeren Öffnungszeiten sowie der beantragten Größe der Freischankfläche genehmigungsfähig seien. Es wurde insoweit darauf hingewiesen, dass eine Freischankfläche ungeachtet der Einhaltung der Immissionsrichtwerte in einem wie hier dem ruhigen Wohnen vorbehaltenen Innenhofbereich im Grundsatz der Eigenart des Gebiets widerspreche (unter Verweis auf BayVGH, U.v. 27.7.2005, 25 BV 03.73).

Hiergegen klagten die Eigentümer des Nachbaranwesens …Straße … Das Verfahren (AN 3 K 06.00673) wurde mit Beschluss vom 18. März 2006 eingestellt und die Kosten den Klägern auferlegt.

Mit Antrag vom 24. März 2011 (* …*) wurde für die streitgegenständliche Freischankfläche eine isolierte Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans dahingehend beantragt, die Zahl der Sitzplätze auf 33 zu erhöhen. Weiter wurde zunächst beantragt, Betriebszeiten (allerdings nunmehr für einen Betrieb Mitte April bis Ende September) von 11.00-20.00 Uhr (montags bis mittwochs), von 11.00-21:30 Uhr (donnerstags bis samstags) und von 11.00-20.00 Uhr (sonn- und feiertags) zuzulassen, wobei nach der Betriebszeit noch 15 Minuten für Aufräumarbeiten vorgesehen sind. Vorgelegt wurde ein Schallimmissionsbericht vom 22. Juli 2010 des … Ingenieurbüros, wonach die einschlägigen Immissionswerte unterschritten würden. Auf dem vorgelegten Lageplan ist die Freischankfläche mit ca. 33 Sitzplätzen und max. 40 m² Fläche (angegebene Maße 7,30x4,60 m) angegeben. Sie ist auf dem Lageplan im nordwestlichen Bereich des streitgegenständlichen Innenhofs situiert und etwa zwei bis drei Meter von den Anwesen …Straße … und … entfernt.

Das Vorhaben wurde von der Beklagten zunächst negativ beurteilt. Im Folgenden erhob der Kläger Untätigkeitsklage (AN 9 K 11.01393) und trug gegenüber der Beklagten ergänzend zur Notwendigkeit des Vorhabens, insbesondere im Hinblick auf die heute üblichen Essenszeiten in der Gastronomie und dessen Nachbarverträglichkeit vor, es habe bislang keine Beanstandungen gegen den Betrieb gegeben und es handele sich nicht um einen Biergarten, sondern einen Restaurantbetrieb mit kleinen Tischen für vier Personen. Nach Verhandlungen mit der Beklagten wurde der Antrag zuletzt mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2011 dahingehend abgeändert, dass Betriebszeiten von 11.00-20.00 Uhr (werktags) und von 11.00-15.00 (sonn- und feiertags) von Mitte April bis Mitte Oktober zugelassen werden sollen.

Hierauf wurde mit Bescheid vom 7. November 2011 eine entsprechende Ausnahme nach § 2 Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … für die Betriebsänderung der bestehenden Freischankfläche zugelassen.

Mit Antrag vom 1. März 2017 beantragte der Kläger die Verlängerung der Öffnungszeiten der Freischankfläche werktags um 1,5 Stunden bis 21.30 Uhr und sonntags um vier Stunden bis 19.00 Uhr, für den Zeitraum von April bis Oktober. Diesem Antrag wurde das schalltechnische Gutachten von … vom 22. Juli 2010 - wie im vorherigen Verfahren … - zugrunde gelegt, wonach das Vorhaben die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet tags einhalte.

Die Eigentümer des Anwesens …Str. … erklärten sich mit Schreiben vom 3. März 2017 der Beklagten gegenüber mit dem Vorhaben nicht einverstanden. Ihre Mieter hätten sich immer wieder über die unzumutbare Lautstärke der Freischankfläche beschwert, man habe diese zwar immer wieder besänftigt, noch mehr Lärm sei allerdings unzumutbar, zumal der Lärmpegel in der …Straße durch das Treiben am Platz „…“ sowieso hoch sei. Ebenfalls wandte sich der Eigentümer des Anwesens* …Straße … mit Schreiben vom 11. April 2017 an die Beklagte und erklärte sich mit dem Vorhaben nicht einverstanden, da die aktuelle Belastungssituation durch die Freischankfläche gerade noch akzeptabel sei, eine Ausweitung sei aber den Bewohnern keinesfalls zuzumuten, zumal die Schlafzimmer in Richtung des Innenhofs lägen. Wegen der notwendigen Aufräumarbeiten sei durch das Vorhaben mindestens bis 22 Uhr mit Betrieb zu rechnen. Neben der Lärmbelästigung sei die Belästigung durch Geruch zu besorgen, zumal im Sommer zur Abkühlung auch tagsüber die Fenster geöffnet sein müssten, da der Einbau von Klimageräten im denkmalgeschützten Anwesen nicht möglich sei.

Mit planungsrechtlicher Stellungnahme der Beklagten vom 29. Juni 2017 wurde die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens verneint. Das Vorhaben liege im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. …, der als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet festsetze. Gemäß § 2 der textlichen Festsetzungen seien Freischankflächen, die Schank- und Speisewirtschaften zugeordnet sind, ausnahmsweise zulässig, höchstens jedoch bis zur Größe der zugelassenen Gastraumfläche. Die bisher genehmigten Öffnungs-/Betriebszeiten der Freischankfläche (* …*) berücksichtigten die Belange des Nachbarschutzes in der Weise, dass die Zeiten erhöhten Ruhebedürfnisses unberührt blieben (Abendstunden ab 20:00 Uhr sowie Sonn- und Feiertagsnutzung nur von 11:00 bis 15:00 Uhr). Die neu beantragte Verlängerung der Öffnungszeiten sei mit dem Gebot der Rücksichtnahme i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht vereinbar. Ungeachtet der Überschreitung der Immissionsrichtwerte widerspreche eine Freischankfläche in einem dem ruhigen Wohnen vorbehaltenen Innenhofbereich der Eigenart des Gebietes gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Maßgeblich sei nicht die Unzumutbarkeit aufgrund zu hoher Lautstärke, sondern die Störung des sozialen Wohnfriedens durch das Eindringen wechselnder Öffentlichkeit in einen geschützten Innenhofbereich, der im deutlichen Gegensatz zu der bereits stark gewerblich und touristisch geprägten Straßenseite stehe (unter Verweis auf BayVGH, U.v. 27.7.2005, 25 BV 03.73 und VG München, U.v. 23.4.2015, M 11 K 14.228). Die im Bebauungsplan vorgesehene Ausnahme sei bereits mit der genehmigten Freischankfläche ausgeschöpft, eine Ausdehnung der Nutzung darüber hinaus überschreite den Rahmen einer Ausnahme und sei mit den nachbarlichen Belangen nicht vereinbar.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2017 wurde dem Kläger diese Einschätzung mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 14. August 2017 wurde die Erteilung der erforderlichen Ausnahme nach § 2 Ziffer 1.2 der Satzung zum einfachen Bebauungsplan Nr. … für eine Freischankfläche mit den beantragten, längeren Öffnungszeiten abgelehnt.

In der Begründung wurde die Argumentation zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit wiederholt.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 15. September 2017, mit der beantragt wurde,

die Beklagte zu verpflichten, die Verlängerung der Öffnungszeiten in den Monaten April bis Oktober jeweils einschließlich Montag bis Samstag von 11.00 bis 21.30 Uhr und Sonn- und Feiertagen von 11.00 bis 19.00 Uhr für die hofseitige Freischankfläche des Restaurants im Anwesen …straße … in … zu genehmigen und den diesbezügli chen Ablehnungsbescheid vom 14. August 2017 aufzuheben,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen, die Freischankfläche befinde sich ständig unter Sonnenschirmen, die auch die Geräuschentwicklung dämpften. Von den umliegenden Gebäuden könne man deshalb nicht auf die Gäste blicken und umgekehrt. Bei dem an das Vorhaben westlich angrenzenden Wohngebäude …Straße … seien zum Innenhof hin die Küchen, Bäder, Toiletten sowie das Treppenhaus und je Geschoss ein Aufenthaltsraum angeordnet. Bei dem ebenfalls westlich angrenzenden Anwesen …Str. … handele es sich um ein Gebäude mit Gaststätte im Erdgeschoss, darüber befänden sich Wohnungen, wobei Küche und Bäder und ein Aufenthaltsraum zum … angeordnet seien. Südlich und östlich, werde der … begrenzt durch die Anwesen …Straße …, … und …, bei denen allein das Wohngebäude Nr. … an den … angrenze, wobei jeweils die Küchen und Bäder sowie je Geschoss ein Aufenthaltsraum an den … angrenzten. Auf dem südlich gelegenen Grundstück Fl.Nr. … befinde sich ein Innenhof, der sog. „…“, der mittels eines Durchgangs mit dem … verbunden sei. Über das Anwesen …straße … weise der … einen Zugang zur …straße, über das Anwesen …Straße … der …einen Zugang zur …Straße auf. Beide Innenhöfe befänden sich zentral in der Altstadt unterhalb der Burg, in einem Quartier südlich des Platzes beim …tor, welches zahlreiche Gaststätten aufweise und insbesondere in den Sommermonaten von Einheimischen und Touristen aufgesucht werde, auch abends; aufgrund der öffentlichen Ein- und Ausgänge seien die beiden Innenhöfe daher - unabhängig vom Betrieb der Freischankfläche - ebenfalls belebt. Beide Innenhöfe würden seit jeher gewerblich genutzt, was näher ausgeführt wurde.

Die Eigentümer der Anwesen …Straße … sowie des Anwesens …Straße …, die dem Vorhaben nicht zugestimmt hätten, bewohnten diese Anwesen nicht selbst, sondern seien der Auffassung, dass ihre Mietshäuser unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt seien.

Der maßgebliche Bebauungsplan Nr. … sei 1980 aufgestellt und 1998, 2004 und 2012 geändert worden. Anlass der Aufstellung als auch der Änderungen des Bebauungsplans sei stets die Regelung des Verhältnisses der Freizeit- und Unterhaltungsaktivitäten zur Wohnbebauung gewesen. So werde bei der Begründung zur Aufstellung ausgeführt, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Wohnnutzungen zu Störungen im harmonischen Miteinander der vorhandenen Wohnbebauungen führen würden und deshalb insbesondere Beherbergungs- und gastronomische Einrichtungen beschränkt werden sollten. Bei der Änderung des Bebauungsplans 1998 sei ausgeführt worden, dass eine Lockerung der Beschränkungen der gastronomischen Nutzung in diesem Bereich vorgesehen werden müsse, da sonst notwendige und positive Entwicklungen zur Belebung und Strukturverbesserung nicht weiter verfolgt werden könnten. Der Änderung des Bebauungsplans im Jahr 2004 liege die Zulassung von Freischankflächen zugrunde. Insoweit sei ausgeführt, dass die Bewirtung im Freien kulturelle Tradition sei und auch als Teil der heutigen Lebensweise empfunden werde, weshalb sie zur vorhandenen Nutzungsmischung dazu gehöre. Es sei Ziel, die planungsrechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass die vorhandenen Freischankflächen auch künftig genehmigt werden könnten. Dies stehe unter dem Vorbehalt, dass die Wohnruhe nicht beeinträchtigt werde, insbesondere, wenn Freischankflächen in Innenhöfen lägen. Allgemein sollten Freischankflächen bis zur Größe der zugelassenen Gastraumfläche zugestanden werden, sofern sie im Einzelfall Nachbarschutz und öffentliche Belange berücksichtigten, da zu einer gesunden Mischung, besonders in den Sommermonaten, Freischankflächen gehörten.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme für die Freischankfläche mit den beantragten Betriebszeiten gem. § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 2 Ziffer 1.2 der Satzung zum Bebauungsplan habe, da die Voraussetzungen hierfür vorlägen, insbesondere gingen von dem Vorhaben keine Belästigungen oder Störungen aus, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien. Der zu entscheidende Fall sei mit der Entscheidung des BayVGH vom 27. Mai 2005, 25 BV 03.73 nicht vergleichbar, da in letzterem Fall die Immissionsrichtwerte überschritten worden seien. Die bisher in dieser Angelegenheit ergangenen Entscheidungen hätten eine weitaus größere Freischankfläche mit 75 Sitzplätzen zum Gegenstand gehabt. Da im Jahr 2004 eine ausnahmsweise Zulassung von Freischankflächen im Bebauungsplan ermöglicht worden sei, habe der Plangeber bereits die Interessen der Wohnbevölkerung und der Gewerbebetriebe abgewogen, aufgrund der nach dem Bebauungsplan ausnahmsweise zulässigen Freischankflächen würden diese die Eigenart des Baugebiets prägen. Das Vorhaben halte die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet ein, zudem seien ohnehin die höheren Immissionsrichtwerte für ein urbanes Gebiet nach § 6a BauNVO einzuhalten, da die tatsächliche Bebauung einem urbanen Gebiet entspreche. Im Übrigen wurde auf eine Reihe von Gerichtsentscheidungen verwiesen, die nach Auffassung der Klägerseite dafür sprächen, dass die schutzwürdigen Belage der Nachbarschaft bzw. die Schutzwürdigkeit der Innenhofsituation durch die beantragte Verlängerung der Öffnungszeiten nicht unzumutbar beeinträchtigt würden.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

In tatsächlicher Hinsicht wurde ausgeführt, der Innenhof werde nicht schon immer gewerblich genutzt. Das Anwesen (sog. „…“) sei bis zum Wiederaufbau 1959 ausschließlich wohngenutzt worden. Erst mit Baugenehmigung vom 18. September 1975 sei eine Gaststättennutzung genehmigt worden, mit Bescheid vom 21. Oktober 1982 sei dann die Genehmigung der Neuerrichtung eines Wohn- und Geschäftshauses und der Umbau des bestehenden Rückgebäudes in eine Kleinkunstbühne gefolgt, dabei sei erstmals die Nutzung der Freifläche im Innenhof erlaubt worden, wobei darauf hingewiesen worden sei, dass der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft nicht zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, die beantragte Erweiterung der Betriebszeiten der bestehenden Freischankfläche würde sich für die Bewohner der umliegenden Wohnbebauung als rücksichtlos darstellen. Insoweit wurde auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.

Das vorgelegte schalltechnische Gutachten vom 20. Juli 2010 beurteile die zu erwartenden Störungen zudem nicht abschließend, da ein Zuschlag für Informationshaltigkeit von 6 dB(A) nach Anhang A.3.3.5 der TA Lärm nicht eingerechnet worden sei, dieser jedoch wegen der belästigenden Wirkung von Gesprächen der Gäste und der äußerst geringen Entfernung zu den Fenstern der Wohnungen erforderlich sei. Die Berechnungsergebnisse seien daher um 6 dB zu gering. Auch das Ergebnis für den Spitzenpegel sei anzuzweifeln. Werde nämlich der angesetzte Pegel für lautes Schreien von 108 dB(A) am nächstgelegenen Rand der Freischankfläche angesetzt, so sei dort ein Spitzenpegel von 91 dB(A) zu erwarten und nicht nur die vom Gutachter prognostizierten 84 dB(A). Damit seien sowohl der Mischgebietswert als auch der - hier nicht heranzuziehende - Wert für ein Urbanes Gebiet deutlich überschritten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme vom 28. März 2019. Auf das Protokoll zum Augenschein sowie die erstellten Fotos wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 1. April 2019 führte der Klägervertreter weiter aus, die genehmigten 33 Sitzplätze seien so gut wie nie vollständig belegt. Selbst in Spitzenzeiten betrage die durchschnittliche Belegung nur ca. 80%, was auch daran liege, dass sich die Gäste, hauptsächlich Touristen oder Teilnehmer der von dem Kläger veranstalteten Felsenkellerführungen, eher nicht zu Fremden an den Tisch setzen würden. Der schalltechnischen Untersuchung sei daher nicht eine unrealistische Vollbelegung, sondern eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Belegung zugrunde zu legen (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 13.10.2015, 1 ZB 14.301). Weiterhin sei kein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit zu machen, da bei den vorliegenden Geräuschimmissionen der konkrete Verursacher nicht deutlich erkennbar sei. Es wurde eine Stellungnahme des … Ingenieurbüros vom 1. April 2019 vorgelegt. Demnach sei ein Zuschlag für Informationshaltigkeit deswegen nicht gerechtfertigt, weil bei größeren Personengruppen die Sprachverständlichkeit reduziert sei, zumal die Hinterhoflage zu Mehrfachreflexionen führe. Die besondere Störwirkung von Geräuschen sei zudem durch einen Zuschlag für Impulshaltigkeit ausreichend berücksichtigt. Lege man die von Klägerseite geschilderte Teilauslastung der Berechnung zugrunde, mindere sich die Geräuschbelastung um 1,2 dB(A).

Mit Schriftsatz vom 2. April 2019 trug die Beklagte vor, man könne im Hinblick auf die Lärmberechnung der Klägerseite wegen des erfolgten Zuschlags für Impulshaltigkeit auf einen Zuschlag für Informationshaltigkeit verzichten. Auch sehe die Freizeitlärmrichtlinie für ein Mischgebiet für die Zeit von 20.00 bis 22.00 Uhr reduzierte Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) vor, die hier im Hinblick auf die Berechnungen der Klägerseite deutlich überschritten seien. Weiter wurde auf die bereits bestehende Geräuschbelastung für die Anwohner hingewiesen, insbesondere durch den beliebten „…“ im mittelbaren Einwirkungsbereich, die wohl lauteste Ecke … Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2019 äußerten sich die Beteiligten übereinstimmend dahingehend, dass die Festsetzung Mischgebiet für das Baugrundstück nach wie vor wirksam sei. Die Klageseite legte eine erneute Einschätzung zur Lärmbelastung vom 2. April 2019 des Ingenieurbüros … vor. Dort wurde - für Zeiten geringer Auslastung - nun doch ein Zuschlag für Informationshaltigkeit mit einbezogen, somit sei zu den Werten in der Stellungnahme vom 22. Juli 2010 ein Zuschlag von 0,7 dB(A) hinzu zu rechnen. In der damaligen Berechnung sei jedoch eine gehobene Sprechweise zugrunde gelegt worden. Berücksichtige man, dass in Zeiten geringer Auslastung nur von normaler Sprechweise auszugehen sei, sei von 0,6 dB(A) geringeren Werten als in der Berechnung vom 22. Juli 2010 auszugehen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) auf die begehrte Zulassung von verlängerten Öffnungszeiten für die streitgegenständliche Freischankfläche im Wege der beantragten Zulassung einer isolierten Ausnahme (Art. 63 Abs. 3 BayBO) von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … gem. § 2 Ziffer 1.2 der textlichen Festsetzungen für dieses verfahrensfreie Vorhaben (Art. 57 Abs. 1 Nr. 15d BayBO), der angefochtene Bescheid vom 14. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1.1 Der Bebauungsplan Nr. … setzt für das Vorhaben und seine Umgebungsbebauung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet fest. An der Wirksamkeit dieser Festsetzung hat die Kammer - wie auch die Parteien nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung - keine Zweifel. Nach § 2 Ziffer 1.1 der aktuellen textlichen Festsetzungen sind in Mischgebieten des Plangebiets Schank- und Speiswirtschaften, im 1. Obergeschoss, Erdgeschoss und Kellergeschoss zulässig. Nach § 2 Ziffer 1.2 sind hinsichtlich nach Ziffer 1.1 zulässiger Schank- und Speisewirtschaften diesen zugeordneten Freischankflächen ausnahmsweise, bis zur Größe der zugelassenen Gastraumfläche, zulässig.

1.2 Bei der Zulassung von im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahmen bildet § 15 Abs. 1 BauNVO eine Zulässigkeitsgrenze (BVerwG, U.v. 6.10.1989, 4 C 14.87). Es kann dabei offen bleiben, ob das Vorhaben bzw. die Verlängerung der Öffnungszeiten für das Vorhaben nach seiner Lage der Eigenart des Mischgebiets entgegen steht und daher nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig ist (bejaht in der Entscheidung des BayVGH, U.v. 27.7.2005, 25 BV 03.73 für eine Freischankfläche in einem im wesentlichen unbelasteten Blockinnenhof in einem Mischgebiet, der dem Wohnen dient, während die nicht dem Wohnen dienenden Nutzungen zur Straßenseite hin orientiert sind; in der Begründung zur Einführung der Ausnahmevorschrift des § 2 Ziffer 1.2 vom 20.2.2004, Bl. 77 der diesbezüglichen Akte heißt es, damit sollen die sonst unzulässigen vorhandenen Freischankflächen künftig zugelassen werden können, sofern sie nicht in Blockinnenhöfen liegen). Denn das Vorhaben verstößt gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.

1.3 In der Entscheidung über die erstmalige Zulassung einer Freischankfläche im streitgegenständlichen Innenhof (75 Sitzplätze, Betriebszeiten von 11.00 bis 22.00 Uhr) führte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. 29.6.2004, 14 ZB 03.2831, folgend auf die Entscheidung der Kammer, U.v. 3.9.2003, AN 3 K 02.01140) insoweit aus:

Letztlich ist es für die Zulässigkeit der Freischrankfläche jedoch unerheblich, ob diese den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht oder nicht, weil die von ihr ausgehenden Störungen und Belästigungen im Sinn der nachschützenden Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO für die Antragsteller und die Bewohner der Gebäude am … unzumutbar sind. Die vorgesehene Fläche für den Restaurantbetrieb im Freien ist von Gebäuden mit überwiegender Wohnnutzung umgeben. So grenzen im Westen die viergeschossigen Gebäude …Straße …, … und …, im Süden die dreigeschossige Bebauung …Straße … und die fünfgeschossige Bebauung …Straße … an. Die Wohnungen in diesen Gebäuden weisen zum Innenhof hin nicht nur Nebenräume, sondern auch Schlafzimmer, zum Teil auch Wohnzimmer und Balkone auf. Der von der Freischankfläche ausgehende Lärm beeinträchtigt die Anwohner deshalb ganz erheblich, vor allem im Sommer bei geöffneten Fenstern und wenn die Bewohner sich auf den Balkonen aufhalten. Die Störungen und Belästigungen durch den Restaurantbetrieb im Freien wirken sich auf die Wohnnutzungen auch deshalb besonders nachteilig aus, weil der Innenhof nur eine verhältnismäßig kleine Fläche umfasst und der Restaurantbetrieb in unmittelbarer Nähe der Fenster von Aufenthaltsräumen und der Balkone stattfindet; in ungünstigen Fällen nur in Entfernungen von etwa zwei Metern und beim Anwesen der Antragsteller von etwa fünf Metern. Die Reflexionswirkung der umliegenden hohen Bebauung verstärkt auch die Lärmauswirkungen. Zudem wird die Wohnruhe dadurch gravierend beeinträchtigt, dass die Freischankfläche auch an Sonn- und Feiertagen von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr geöffnet ist, wenn das Ruhebedürfnis der betroffenen Bewohner besonders groß ist.

Die Lärmvorbelastungen im … vor allem auf Grund des vorhandenen Restaurants, der Kleinkunstbühne und durch die Geräuschentwicklungen, die von den im … endenden Stadtführungen durch die Felsenkeller und zu den Kasematten unter den Burgbasteien ausgehen, ändern nichts an der rechtlichen Beurteilung. Für die Bewohner der umliegenden Gebäude verschlechtert sich die Situation hinsichtlich der Eigenschaft des … als Ruhezone durch die Lärmimmissionen der Freischankfläche auch in Anbetracht der Vorbelastung ganz erheblich. Unabhängig von Messwerten oder höchstzulässigen Immissionswerten, die die Belastung der Anwohner durch Lärm damit die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen oft nur unvollkommen erfassen (vgl. BVerwG Urteil vom 20.10.1989 NJW 1990, 925/928), sind die Beeinträchtigungen für die Antragsteller aufgrund der spezifischen Art des Lärms durch den Betrieb der Freischankfläche nicht hinnehmbar. Von den Gästen gehen über die gesamte Dauer des Restaurantbetriebs im Freien typische für die Anwohner besonders belästigende Geräusche aus, wie lautes Unterhalten, Lachen, Rufen usw.. Diese unregelmäßig auftretenden, informationshaltigen und deshalb für die Bewohner der umliegenden Gebäude besonders belästigenden Immissionen unterscheiden sich deutlich von den weniger störenden und belästigenden Geräuschen, die von den Teilnehmern der im … endenden Stadtführungen verursacht werden. Denn diese Teilnehmer verlassen in der Regel nach Ende der Führungen den … nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder und verursachen typischerweise weniger Lärm, als Gäste, die Restaurant der Kläger im Freien essen und trinken und längerer Zeit dort verweilen. Auch durch den An- und Abfahrtsverkehr der Hausbrauerei, die in einem an den … angrenzenden Gebäude von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr betrieben wird, entstehen keine ins Gewicht fallende Lärmimmissionen. Denn die Brauerei wird von Fahrzeugen nicht über den Innenhof, sondern von Außen her angefahren.

Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung der Wohnruhe ist der Senat mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass das Schutzbedürfnis der Antragsteller im Rahmen des Rücksichtnahmegebots schwerer wiegt als das Interesse der Kläger an einem Restaurantbetrieb im Freien. So müssen sich die Kläger auch entgegenhalten lassen, dass der … auf Grund der beengten Verhältnisse und der überwiegenden Wohnnutzung in den angrenzenden Gebäuden für eine Freischankfläche jedenfalls mit dem geplanten Umfang nicht geeignet ist.

1.4 Die Kammer schließt sich dieser Einschätzung vollumfänglich an und bejaht eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme auch durch das jetzige Vorhaben.

Denn die tatsächlichen Umstände haben sich nicht maßgeblich geändert.

Nach dem Ergebnis des Augenscheins stellt sich die Situation hinsichtlich der im Innenhof überwiegenden, schützenswerten Wohnnutzung praktisch unverändert dar. Gerade wegen der Situierung in der äußert beliebten und belebten Burgviertellage, die die Wohnumgebung des Vorhabens, soweit sie zur Straße orientiert ist, durch Verkehrslärm und Lärm durch Freischankflächen bis in die Nachtstunden erheblich belastet, kommt dem Innenhof eine besondere Bedeutung als Ruhezone zu.

Das Vorhaben weist zwar nunmehr eine geringere Zahl von 33 Sitzplätzen auf. Dadurch hat sich das Störpotential angesichts der beengten Innenhofsituation jedoch nicht maßgeblich verändert, zumal die Sitzplätze sich in unmittelbarer Nähe zur umgebenden Wohnbebauung, insbesondere zu den Anwesen …Straße … und … und den dortigen Fenstern zu Wohnräumen bzw. zu Balkonen befinden. Denn damit werden weiter Sitzgelegenheiten für eine nicht unerhebliche Zahl von Personen geschaffen. Zudem besteht das besondere Störpotential des Vorhabens gerade in der als besonders belästigend empfundenen Art des Lärms (Gespräche, Rufen, Lachen durch seine Informationshaltigkeit und Unregelmäßigkeit (BayVGH a.a.O.) und der Situierung in der bis zu viergeschossigen Innenhoflage. Insoweit hat sich die Situation nicht verändert. Die vorgesehenen Sonnenschirme dürften insofern kaum nennenswerten Einfluss auf die Lärmbelästigung haben, zumal sie in den vom Kläger vorgelegten Lärmgutachten nicht erwähnt wurden.

Die Situation hat sich zwar insofern verändert, dass im streitgegenständlichen Innenhof mit Bescheid vom 7. November 2011 im Wege der Ausnahme nach § 2 Ziffer 1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans bereits eine Freischankfläche mit Öffnungszeiten von 11-20 Uhr werktags und 11-15 Uhr sonn- und feiertags (Mitte April bis Mitte Oktober) zugelassen wurde, deren Verlängerung im hiesigen Verfahren begehrt wird, so dass eine Vorbelastung hinzugetreten ist. Gerade deshalb würde jedoch eine Verlängerung der Öffnungszeiten über die bisherige Zulassung hinaus hinsichtlich der Belange der benachbarten Wohnnutzung die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten. Die Vorbelastung durch die zugelassene Freischankfläche führt nicht dazu, dass die nachbarlichen Belange insofern entwertet würden, dass deswegen zusätzliche Störungen zumutbar seien. Dies erhöht im Gegenteil die Schutzbedürftigkeit hinsichtlich der Tageszeiten, in denen die Freischankfläche nicht geöffnet ist, um zumindest in diesen Zeiten Raum für das Ruhebedürfnis der Anwohner zu schaffen. Dies gilt in besonderem Maße, weil die beantragte Verlängerung in Zeiten mit erhöhtem Ruhebedürfnis und besonderer Schutzwürdigkeit fällt, in die Abendstunden (werktags) und in den Nachmittag von Sonn- und Feiertagen und in diesen Zeiten bislang kein Betrieb genehmigt ist. Die begehrte Verlängerung würde daher zu erheblichen, zusätzlichen Störungen der Wohnruhe führen, da damit erstmals Betrieb in diesen sensiblen Ruhebereichen möglich wäre und den Bewohnern der Umgebungsbebauung praktisch werktags keine Tageszeit mit Ruhe und praktisch kein Wochentag, der tagsüber weitgehend störungsfrei ist, verbliebe. Das Ruhe- und Rückzugsbedürfnis der Bewohner wäre damit erheblich gestört.

Die Belange der benachbarten Wohnnutzung würden daher durch die begehrte Verlängerung der Öffnungszeiten unzumutbar beeinträchtigt. Den wirtschaftlichen Belangen der Klägerseite ist durch den bisherigen Genehmigungsstand ausreichend Rechnung getragen, sie genießt auch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, den Betrieb der Freischankfläche weiter ausdehnen zu können, da bereits im Genehmigungsverfahren 2011 von der Beklagten mitgeteilt worden war, dass die damals erfolgte Regelung die äußerste Grenze des Möglichen darstelle, zumal die Bedenken hinsichtlich der Innenhoflage bereits in der Entscheidung der Kammer vom 3. September 2003 deutlich gemacht wurden. Die wirtschaftlichen Belange, die für eine weitere Verlängerung der Öffnungszeiten sprechen, müssen hier hinter den widerstreitenden, schutzwürdigen Belangen der benachbarten Wohnnutzung zurücktreten.

An dieser Bewertung ändern die vom Klägervertreter angeführten Entscheidungen (BVerwG, U.v. 16.3.2006, 4 A 1075.04; BayVGH, U.v. 4.8.2015, 15 N 12.2124; U.v. 25.11.2015, 22 BV 13.1686) nichts. Denn zum einen ist der diesen Entscheidungen jeweils zugrunde liegende Sachverhalt mit der hier zu entscheidenden Konstellation nicht zu vergleichen, da in diesen Fällen nicht die Beurteilung einer Innenhofsituation mit Wohnnutzung in Rede stand. Zum anderen steht die Auffassung der Kammer, dass die Abendstunden und Sonn- und Feiertage Zeiten erhöhten Ruhebedürfnisses darstellen und ein Betrieb der streitgegenständlichen Freischankfläche in diesen Zeiten in einem Wohninnenhof, dem für das Ruhebedürfnis der Bewohner eine besondere Bedeutung zukommt, unzumutbar ist, zu der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtsauffassung, dass die Nachtzeit ab 22.00 Uhr besonders schützenswert sei, nicht in Gegensatz.

Damit ist nach Abwägung aller Umstände, insbesondere aufgrund der besonderen Situierung des Vorhabens, der besonderen Lästigkeit der Störungen und der berührten besonders sensiblen Ruhezeiten davon auszugehen, dass das Vorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verstößt, ohne dass es dabei auf die exakte Einhaltung von Lärmrichtwerten ankommt.

1.5 Dabei kann offen bleiben, inwieweit für das Vorhaben zur Beurteilung von Lärmimmissionen die Regelungen der TA Lärm zur Anwendung kommen und daher bei der im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vorzunehmenden Abwägungsentscheidung zur Orientierung hergezogen werden können und müssen. Denn selbst bei Heranziehung der TA Lärm, wie vom Gutachter vorgenommen (von der Klägerseite vorgelegte Immissionsberechnung vom 20. Juli 2010, ergänzt durch die Berichte vom 1. und 2. April 2019) wäre die Einhaltung der einschlägigen Grenzwerte für ein Mischgebiet (tags, bis 22.00 Uhr 60 dB(A)) fraglich, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob wegen des unregelmäßigen, informationshaltigen Lärms durch das Vorhaben neben einem Zuschlag für Impulshaltigkeit auch ein Zuschlag für Informationshaltigkeit (3 oder 6 dB(A), TA Lärm, A.3.3.5) hinzuzurechnen wäre und ob für die Zeit von 20.00-22.00 Uhr ein Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit einzuberechnen gewesen wäre (Ziffer 6.5 TA Lärm), schließlich, soweit das Vorhaben die Verlängerung von Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen betrifft, ob die Schutzbedürftigkeit von Sonn- und Feiertagen in der Berechnung mit hätte berücksichtigt werden müssen. Weiter wäre der Lärmberechnung nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer die beantragte Maximalbelegung zugrunde zu legen und nicht eine reduzierte Belegungsquote, die nach Auffassung der Klägerseite den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen soll, da die streitgegenständliche begehrte Ausnahme rechtlich zur Ausnutzung der im Antrag angegebenen Belegungszahl von 33 Plätzen berechtigt und Gegenstand des Rechtsstreits die baurechtliche Zulässigkeit des beantragten Vorhabens ist, nicht dessen bisherige tatsächliche Nutzung. Ohnehin erscheint die volle Ausnutzung der Kapazitäten angesichts der Beliebtheit und Bekanntheit der klägerischen Gaststätte und deren Lage im belebten und beliebten Burgviertel, unabhängig von den Sitzplatzgewohnheiten der Gäste nicht fernliegend, sie wäre jedenfalls aber bei Erteilung einer entsprechenden Ausnahme innerhalb der genehmigten Öffnungszeiten durchgängig zulässig.

1.6 Angesichts des der begehrten Ausnahme entgegenstehenden Gebotes der Rücksichtnahme gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO war die Versagung rechtmäßig und zwingend auszusprechen, und die Klage ist sowohl im Hauptwie im Hilfsantrag erfolglos. Sie war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 11 K 14.228

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 23. April 2015

Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Rücksichtnahmegebot;

Freischankfläche;

Blockrandbebauung;

Blockinnenbebauung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

..., vertreten durch: ...

- Klägerin -

gegen

... - Beklagter -

beigeladen:

1. ...

2. ...

zu 1 und 2 wohnhaft: ...

zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Baugenehmigung, FlNR. ... Gemarkung ... Nachbarklage

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 11. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2015 am 23. April 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom ... Dezember 2013 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte und die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des voll-streckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die den Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamtes ... (im Folgenden Landratsamt) vom ... Dezember 2013 erteilte Tekturbaugenehmigung zur Sanierung und zum Umbau des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses - Nutzung des Hinterhofs als Freischankfläche - auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung ... am ...-see.

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... Gemarkung ..., ...-str. 1 in ...

Ursprünglich wurde den Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamtes vom ... Februar 2012 eine Baugenehmigung zur Sanierung und zum Umbau des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung ... am ...-see, ...-markt 32 in ... genehmigt. Der Bescheid enthält unter anderem eine Auflage Nr. 15 zum Immissionsschutz, der zufolge die vom genehmigten Restaurantbetrieb ausgehenden Geräusche z. B. durch Aggregate, Lüfter, aber auch von Gästen in der Summe angegeben als Gesamtbeurteilungspegel an schutzbedürftigen Räumen nach DIN 4109 im Gebäude und in Gebäuden der Nachbarschaft Immissionsrichtwerte „von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A)“ nicht überschreiten dürfen. Im Übrigen wird auf den Bescheid, der sich bei den Akten befindet, Bezug genommen.

Die Beigeladenen haben die im Erdgeschoss des Anwesens befindlichen Räume vermietet, der Mieter betreibt dort die Gaststätte „...“.

Mit Tekturbauantrag, eingegangen beim Landratsamt am 29. August 2013, beantragten die Beigeladenen die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung des Hinterhofs auf dem oben genannten Grundstück als Freischankfläche.

Das gemeindliche Einvernehmen wurde im Wege der Behandlung als Angelegenheit der laufenden Verwaltung erteilt.

Mit Bescheid des Landratsamts vom ... Dezember 2013 wurde die beantragte Baugenehmigung erteilt. Unter anderem wurde in dem Bescheid als Auflage 3 aufgenommen, dass die vom Hinterhof und vom Restaurant inklusive Maschinen und Aggregate ausgehenden Geräusche in der Summe - angegeben als Gesamtbeurteilungspegel - am Gebäude FlNr. ... einen Tagesimmissionsrichtwert „von 55 dB(A)“ nicht überschreiten dürfen. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürften diesen Wert um nicht mehr als 30 dB(A) überschreiten. Als Hinweise sind zu dieser Auflage 3 noch aufgenommen, dass Gäste auf leise Sprachäußerung hinzuweisen seien und dass die Tagzeit um 6 Uhr beginne und bis 22 Uhr dauere. Als Auflage 4 ist geregelt, dass die Öffnungszeiten von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr zu beachten seien. In Auflage 5 ist geregelt, dass ein Betrieb während der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) unzulässig sei. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Eine Ausfertigung dieses Bescheids wurde der Klägerin laut Postzustellungsurkunde am 19. Dezember 2013 zugestellt.

Mit Schreiben ihrer Vertreterin vom 18. Januar 2014 erhob die Klägerin per Telefax Klage „gegen den Bescheid“.

Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 ließ die Klägerin durch ihre Vertreterin beantragen, den Genehmigungsbescheid vom ... Dezember 2013 aufzuheben.

Mit Schreiben ihrer Vertreterin vom 13. Februar 2014 ließ die Klägerin die Klage begründen. Die Klägerin sei Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung ..., ...-straße 1 in ... Die Genehmigung sei rücksichtslos. Sie rufe unzumutbare Auswirkungen in Gestalt von erheblichen Lärmimmissionen auf dem klägerischen Grundstück hervor. Der Bescheid enthalte kein Betriebskonzept, die Immissionsfestlegungen seien nicht nachvollziehbar. Die TA-Lärm passe nicht für einen Gaststättenbetrieb. Zweimal im Monat fänden im Restaurant der Beigeladenen Konzerte statt, was im Bescheid nicht berücksichtigt sei. Der Bescheid sei hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstücks widersprüchlich, der Bescheid bezeichne die FlNr. ... In Wirklichkeit sei die FlNr. ... gemeint. Die Auflage bzw. der Hinweis im Bescheid, dass die Gäste auf leise Sprachäußerungen hinzuweisen seien, sei nicht umsetzbar. Schließlich seien auch die Festlegungen zum Brandschutz im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2014 legte das Landratsamt die Behördenakten vor, erwiderte auf die Klage und beantragte

Klageabweisung.

Das Vorhaben sei eigentlich genehmigungsfrei. Die (im vorgelegten Verwaltungsvorgang enthaltene) Stellungnahme der Fachstelle Immissionsschutz des Landratsamts habe ergeben, dass selbst im ungünstigsten Fall die im allgemeinen Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte und Spitzenpegel eingehalten seien. Mit Schreiben vom 6. März 2014 bestellten sich die Bevollmächtigten des Beigeladenen.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2014 teilte das Landratsamt mit, auf die zwischenzeitlich bei ihm eingegangene Klagebegründung keine weitere Stellungnahme mehr abzugeben.

Mit offensichtlich falsch datiertem Schreiben vom 28. Februar 2014, beim Gericht eingegangen am 12. Dezember 2014, übersandte das Landratsamt entsprechend der Bitte des Gerichts die von den Beigeladenen in Auftrag gegebene schalltechnische Untersuchung der Firma ... und Partner GmbH vom 7. Juli 2014.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 31. März 2015 erwiderten die Beigeladenen auf die Klage. Die Klage sei unbegründet. Von einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme könne nicht ausgegangen werden. Wie der Prognose und Beurteilung der vom streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden Geräuschimmissionen vom 7. Juli 2014 der Firma ... und Partner GmbH entnommen werden könne, würden am Anwesen der Klägerin tagsüber sogar die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für reine Wohngebiete deutlich unterschritten. Gleiches gelte für das Spitzenpegelkriterium an diesem Immissionsort. Hinzu komme, dass der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid in Verbindung mit dem ohnehin bestandskräftigen Bescheid vom ... Dezember 2012 durch geeignete Immissionsschutzauflagen sicherstelle, dass das klägerische Anwesen keinen unzumutbaren Immissionen ausgesetzt werde. Es werde daher

Klageabweisung

beantragt.

Mit Schreiben ihrer Vertreterin ließ die Klägerin weiter zur Begründung ihrer Klage vortragen. Auf das Schreiben samt Anlagen wird Bezug genommen.

Das Gericht erhob Beweis durch Einnahme eines Augenscheins am 23. April 2015.

Auf die Niederschrift über den Augenschein wird Bezug genommen. Im Anschluss daran fand die mündliche Verhandlung statt. Die Beteiligten stellten die bereits angekündigten Anträge. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat Erfolg.

Der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid vom ... Dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Zu berücksichtigen ist, dass Nachbarn wie die Klägerin - wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt - eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine baurechtliche Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (vgl. nur BVerwG, U.v. 25.02.1977 - IV C 22/75 -, BVerwGE 52, 122 = juris Rn. 27).

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist rechtswidrig. Sie verstößt gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Diese Vorschrift dient hier auch dem Schutz der Klägerin.

1. Das Vorhaben der Beigeladenen ist genehmigungspflichtig, Art. 55 Abs. 1 BayBO.

Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 lit. d BayBO liegt nicht vor. Die Freischankfläche, die als solche die Voraussetzung der Beschränkung auf „bis zu 40 m2“ erfüllt, wäre nur dann nicht genehmigungspflichtig, wenn sie als selbstständiges Einzelbauvorhaben ausgeführt werden würde (vgl. Lechner/Busse in: Simon/Busse, BayBO, Art. 57 Rn. 12). Das ist jedoch nicht der Fall, wovon das Landratsamt zu Recht ausging. Denn das Gesamtvorhaben erschöpft sich nicht in der Errichtung einer Freischankfläche verbunden mit einer Nutzungsänderung, sondern ist Teil des Vorhabens Sanierung und Umbau des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses. Die Tekturgenehmigung vom ... Dezember 2013 ist im Verhältnis zu der ursprünglichen Genehmigung vom ... Februar 2012 nicht teilbar. Das ergibt sich auch aus dem bei den Akten befindlichen genehmigten Plan.

Ebenso liegt keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO vor, da für die neue Nutzung insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens neu aufgeworfen wird.

2. Das Vorhaben ist jedoch nicht genehmigungsfähig, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1, 59 Satz 1 BayBO, weshalb die erteilte Baugenehmigung rechtswidrig ist. Das Bauvorhaben entspricht nicht den bauplanungsrechtlichen Anforderungen, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. §§ 29 ff. BauGB.

2.1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO. Es handelt sich entgegen der Annahme des Landratsamts, das von einem allgemeinen Wohngebiet ausgeht, um ein (faktisches) Mischgebiet. Die nähere Umgebung, auf deren Eigenart es danach für die Zulässigkeit des Vorhabens ankommt, wird von dem östlich des ...-markts und nördlich der ...-straße begrenzten Bebauungsblock gebildet, wobei die Nutzungen auf den Grundstücken auf der jeweils gegenüberliegenden Straßenseite auch noch zu berücksichtigen sind. Die nähere Umgebung entspricht den Grundstücken, die im gerichtlichen Augenschein hinsichtlich der jeweiligen Nutzungen aufgenommen wurden. In diesem Bebauungsblock sind die Grundstücke und die hierauf ausgeübten Nutzungen in besonderer Weise aufeinander bezogen. In dieser Umgebung ist quantitativ unter Berücksichtigung von Erd- und Obergeschossen die Wohnnutzung und die gewerbliche Nutzung in etwa gleich ausgeprägt, was bereits für die Bewertung als faktisches Mischgebiet, § 34 Abs. 2 i. V. m. § 6 BauNVO, und gegen ein allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) spricht. Zwar dominieren bei den gewerblichen Nutzungen solche, die im allgemeinen Wohngebiet entweder allgemein (§ 4 Abs. 2 Nr. 2, § 13 BauNVO) oder zumindest ausnahmsweise (§ 4 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 BauNVO) zulässig wären. Jedenfalls die auf relativ engem Raum bestehenden vier Schank- und Speisewirtschaften können aber in dieser Häufung nicht mehr maßgeblich der Versorgung des Gebiets dienen (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), so dass auch aufgrund einer qualitativen Betrachtung ein Mischgebiet anzunehmen ist, in dem dieser Versorgungszweck der Gaststätten nicht gefordert wird (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Das Vorhaben der Beigeladenen entspricht seiner Art nach dieser Vorschrift, so dass es zulässig wäre, wenn nicht im Einzelfall § 15 Abs. 1 BauNVO entgegenstünde.

2.2. Allerdings verstößt das Vorhaben der Beigeladenen nicht gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Danach sind die in den §§ 2 - 14 BauNVO aufgeführten baulichen Anlagen u. a. unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Obwohl sich die Tatbestandsmerkmale „Belästigungen oder Störungen“ teilweise von der in § 3 Abs. 1 BImSchG gewählten Begriffsbestimmung für schädliche Umwelteinwirkungen unterscheiden, was eine stärkere Betonung des städtebaulichen Blickwinkels nahe legt, deckt sich die Grenze dessen, was Nachbarn im Rahmen des § 15 Abs. 1 BauNVO an Einwirkungen zugemutet werden kann, grundsätzlich mit den Anforderungen, die das Bundesimmissionsschutzgesetz für nicht genehmigungspflichtige Anlagen festgelegt hat. Damit kann zur Beurteilung der Lärmbeeinträchtigung grundsätzlich auch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) herangezogen werden. Obwohl nach deren Nr. 1 Satz 2 lit. b Freiluftgaststätten ausdrücklich von der Anwendung ausgenommen sein sollen, wurde in der Rechtsprechung - insbesondere was die vorgesehenen Immissionsrichtwerte betrifft (Nr. 6 TA Lärm) - eine Heranziehung dieser Verwaltungsvorschrift als Anhaltspunkt für die Beurteilung dieser Art von Gaststättenlärm für sinnvoll gehalten (vgl. BayVGH, B.v 05.04.2005 - 25 ZB 00.1208 -; U.v. 31.07.2003 - 2 B 00.3282; U.v. 21.04.2004 - 20 B 02.2396; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 6 Rn. 6.2; anders mittlerweile BVerwG, B.v. 03.08.2010 - 4 B 9/10 -, juris Rn. 3f.; BayVGH, B.v. 17.09.2014 - 22 CS 14.2013 -, juris Rn. 8; vgl. aber auch VG Karlsruhe, B.v. 14.07.2015 - 7 K 1459/15 -, juris Rn. 11).

Danach sind die Belästigungen bzw. Störungen, die vom Vorhaben ausgehen, für die Klägerin nicht unzumutbar. Zur Beurteilung ist die vom Beigeladenen eingeholte und von diesem wie auch auf entsprechende Aufforderung des Gerichts vom Beklagten vorgelegte Schalltechnische Untersuchung vom 7. Juli 2014 geeignet. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diese Immissionsprognose und -beurteilung der Fa. ... & Partner GmbH zu Unrecht die Immissionsrichtwerte eines Mischgebiets zugrunde legt. Zwar teilt das Gericht wie oben ausgeführt die Einschätzung, dass es sich bei der näheren Umgebung um ein faktisches Mischgebiet handelt. Das Lärmgutachten übersieht jedoch, dass in rechtlicher Hinsicht gleichwohl lediglich die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet zugrunde gelegt werden dürfen. Das ergibt sich nämlich aus den Auflagen, die sowohl im ursprünglichen Genehmigungsbescheid vom ... Februar 2012 als auch im streitgegenständlichen Bescheid vom ... Dezember 2013 verfügt sind. Den ursprünglichen Bescheid haben die Beigeladenen bestandskräftig werden lassen, den streitgegenständlichen Bescheid haben sie ebenfalls nicht angegriffen, vielmehr ist er nur von der hiesigen Klägerin beklagt.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Landratsamt auch ganz unabhängig von der Klage und sogar unter Zugrundelegung seiner eigenen Rechtsauffassung rechtswidrig gehandelt hat bzw. handelt. Denn aus dem Lärmgutachten ergibt sich, dass die Freischankfläche der Beigeladenen bzw. ihres Mieters tatsächlich gegen die verfügte Auflage, tagsüber einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten, verstößt: Am - übrigens auch aus Sicht des Landratsamts (vgl. den streitgegenständlichen Bescheid unter Auflage 3., wonach am Gebäude FlSt. Nr. ... ein Tages-Immissionsrichtwert „Außen“ von 55 dB(A) nicht überschritten werden darf) - maßgeblichen, dem Vorhaben am nächsten gelegenen Immissionsort, am Grundstück Fl.Nr. ..., wird der nach dem Bescheid höchstens zulässige Immissionswert tagsüber um 1,7 dB(A) überschritten (vgl. Anlage A Seite 1 sowie Anlage B Seite 1 der schalltechnischen Untersuchung vom 07.07.2014). Das Landratsamt ist trotz Kenntnis - das Gutachten wurde dem Landratsamt von den Bevollmächtigten der Beigeladenen zur Verfügung gestellt - nicht gegen diese nachgewiesene Überschreitung eingeschritten, obwohl sogar im Schreiben des Landratsamts vom 11.11.2014 (in der Gerichtsakte) ausdrücklich die von den Beigeladenen erbetene Änderung der Tekturgenehmigung vom ... Dezember 2013 mit dem Ziel, die Immissionsrichtwerte eines allgemeinen Wohngebiets auf diejenigen eines Mischgebiets heraufzusetzen, abgelehnt wurde.

Auf diesen Umstand kann sich die Klägerin allerdings nicht berufen. Am Grundstück der Klägerin selbst sind dagegen die Immissionswerte in jeder Hinsicht sicher eingehalten.

2.3. Die Freischankfläche scheitert jedoch an § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Danach sind die in §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Die Eigenart eines Mischgebiets wird dabei zunächst durch seine allgemeine Zweckbestimmung in § 6 Abs. 1 BauNVO gekennzeichnet, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll (BVerwG vom 4.5.1988 BVerwGE 79, 309/311). Mit dieser allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets ist eine Gaststätte mit Freisitzfläche grundsätzlich vereinbar, § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO geht aber über die Sicherung dieser generellen Gebietsverträglichkeit hinaus und ermöglicht die Vermeidung gebietsunverträglicher Auswirkungen nach Anzahl, Lage, Umfang und Zweckbestimmung im Einzelfall (BVerwG a. a. O.). Zur Eigenart eines konkreten Baugebiets gehören in diesem Sinne auch seine örtliche Situation und damit zusammenhängende, charakteristische Besonderheiten und Prägungen (BVerwG vom 3.2.1984 BVerwGE 68, 369/376 f.; vom 4.5.1988 a. a. O.). Im vorliegenden Fall ist das Baugebiet charakteristisch dadurch geprägt, dass die Wohnnutzung - und von dieser besonders die störanfälligen Teile - in das Innere der Blockrandbebauung gerichtet sind. Fast alle Wohnungen haben dorthin führende Balkone, alle sonstigen, dem Wohnen dienenden Freiflächen sind zwangsläufig dort untergebracht. Die nicht dem Wohnen dienenden Nutzungen orientieren sich demgegenüber zur Straßenseite des wegen der hier beginnenden Fußgängerzone des Marktes ... touristisch geprägten ...-marktes bzw. der ...-straße und lassen das Blockinnere von Immissionen weitestgehend unbelastet. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 27.07.2005 - 25 BV 03.73 -, VGHBY 58, 221 = BayVBl. 2006, 668 = KommJur 2006, 306 mit Anm. Dirnberger) ist bei einer am Gebäudebestand und den Nutzungen ablesbaren Eigenart des Baugebiets als Blockrandbebauung mit vorherrschender und schutzbedürftiger Wohnnutzung im Blockinnern sowie nach außen orientierter sonstiger Nutzung eine Freischankfläche an zentraler Stelle des Blockinnern nicht zu vereinbaren. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in der genannten Entscheidung aus (BayVGH, U.v. 27.07.2005 - 25 BV 03.73 -, juris Rn. 17):

„Damit ist die vom Kläger geplante Freischankfläche an zentraler Stelle des Blockinnern nicht zu vereinbaren. Das Vorhaben widerspricht im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nach seiner Lage der Eigenart des Baugebiets. Es würde einen städtebaulichen Missgriff darstellen, wenn der dem ruhigen Wohnen vorbehaltene Innenhofbereich einer verstärkten gewerblichen Nutzung geöffnet würde. Dabei kommt es nicht auf die Überschreitung von Immissionsrichtwerten an. Bereits das Eindringen einer wechselnden Öffentlichkeit von Gaststättenbesuchern in die Privatheit der Wohnnutzung im Hinterhof verursacht eine Störung. Insofern unterscheiden sich die Lebensäußerungen der Gaststättenbesucher qualitativ von denjenigen der Mitbewohner auf Balkonen, Freiflächen und an geöffneten Fenstern.“

Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an. Anders als in diesem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall, in dem im Blockinneren immerhin noch die Freischankflächen von zwei anderen Gaststätten vorhanden waren, was an der Entscheidung aber nichts änderte, da nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs diese Nutzungen eine Ausnahme darstellten und „obwohl die beiden Gaststättenfreiflächen gewisse Spannungen in das Baugebiet hineingetragen haben, […] somit die am Gebäudebestand und den Nutzungen ablesbare Eigenart des Baugebiets als Blockrandbebauung mit vorherrschender und schutzbedürftiger Wohnnutzung im Blockinnern sowie nach außen orientierter sonstiger Nutzung im wesentlichen aufrechterhalten geblieben (ist)“, ist im zu entscheidenden Fall der Blockinnenbereich, wovon sich das Gericht im gerichtlichen Augenschein überzeugt hat, völlig unberührt von jeglicher „wohnfremder“ Nutzung. Die Zulassung der streitgegenständlichen Freischankfläche wäre hier tatsächlich das allererste Eindringen einer gewerblichen Nutzung in die den Straßenseiten abgewandten, bisher ausschließlich dem ruhigen Wohnen vorbehaltenen Bereiche.

Dass es bei der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes um eine Freischankfläche für ca. 15 Personen geht an statt wie hier für 10 Personen - wobei dahingestellt bleiben kann, dass diese Zahl lediglich im genehmigten Plan erwähnt ist und zudem nicht klar ist, wie diese Beschränkung personengenau eingehalten wird (das Lärmgutachten geht wohl realistischer von 15 Personen aus, was die Freischankfläche platzmäßig auch hergibt) - geht, ist dabei unerheblich. Denn entscheidend für den Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist gerade nicht die Überschreitung von Lärmimmissionswerten, die hier weder vorliegt noch erforderlich ist, weshalb es auf einige Personen mehr oder weniger nicht ankommt. Entscheidend ist nämlich - insoweit unabhängig von der genauen bzw. maximalen Anzahl der Gäste - der Umstand, dass eine jedenfalls nicht vernachlässigbare gewerbliche bzw. gaststättenmäßige Nutzung, die im hiesigen Bauquartier der touristisch geprägten Blockrandbebauung zugeordnet ist, erstmals in die geschützte Innenhof-Lage Einzug hält, was gegen die konkrete Prägung des Blockinnern als Bereich des ruhigen Wohnens frei von solchen Nutzungen verstößt. Es geht bei der konkreten Rechtsverletzung eben nicht um eine Unzumutbarkeit wegen zu hoher Lautstärke, sondern um die Störung des sozialen Wohnfriedens durch das Eindringen wechselnder Öffentlichkeit in einen geschützten Bereich.

Daher ist die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO rechtswidrig, das Landratsamt hätte sie (unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes) nicht genehmigen dürfen.

2.4. Diese Rechtswidrigkeit stellt auch eine Rechtsverletzung der Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten dar.

§ 15 Abs. 1 BauNVO ist Ausprägung des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme und kann nachbarschützende Wirkung haben (ständige Rechtsprechung des BVerwG seit U.v. 05.08.1983 - 4 C 96.79 -, BVerwGE 67,33 = BayVBl. 1984, 25; U.v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = NJW 1994, 1546). Von dem sich auf das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme wegen unzumutbarer Auswirkungen stützenden Nachbarschutz zu trennen ist der Nachbarschutz auf Bewahrung der Gebietsart im Sinne des Satzes 1 des § 15 Abs. 1 BauNVO. Auch er ist von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BVerwG U.v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, a. a. O.; B.v. 02.02.2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679). Es ist daher zu unterscheiden der Nachbarschutz in Fällen des Satzes 1 von den Fällen des Satzes 2 des § 15 Abs. 1 BauNVO. Nachbarschutz nach Satz 1 bezieht sich auf die Wahrung der Eigenart des Baugebiets, der des Satzes 2 auf die Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen. Beide Regelungen können in Bezug auf den Nachbarschutz von einem Grundstückseigentümer geltend gemacht werden, auch soweit inhaltliche Überschneidungen bestehen. Zu beachten ist, dass der Nachbaranspruch nach Satz 1 nur von Grundstückseigentümern im Baugebiet geltend gemacht werden kann. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses und darauf, dass, weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen kann (BVerwG, U. v. 11.05.1989 - 4 C 1.88 -, BVerwGE 82, 61 = NVwZ 1989, 1163; B. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 -, juris Rn. 5). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks dadurch ausgeglichen wird, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind; es besteht ein „nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis“ (BVerwG, U. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151).

Danach wird die Klägerin von der erteilten Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt. Das Vorhaben ist ihr gegenüber unter Beachtung der Maßgaben von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO rücksichtslos (vgl. zur Rücksichtslosigkeit in einer derartigen Konstellation auch VG Augsburg, U.v. 24.05.2013 - Au 4 K 13.148 -, juris Rn. 34ff.). Die vom Beigeladenen als Außengastronomie beanspruchten Freiflächen treffen auf eine sensible Nutzung der umliegenden Häuser im hinteren - weg vom touristisch geprägten Altstadt-Straßenbereich - Gebäudebereich; dieser Umstand des besonders geschätzten Blockinneren kommt gerade den übrigen Bewohnern bzw. Anliegern des Blockinnenbereichs und damit auch der an den Innenhof angrenzenden Klägerin zugute.

Nach alledem ist der Bescheid des Landratsamtes vom ... Dezember 2013 aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. ZPO sowie § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung wird auf der Grundlage von §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124 und 124a Abs. 1 VwGO kann die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Über die Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungs-Gerichtsbarkeit, NVwZ 2013, Beilage 2).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Urbane Gebiete dienen dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. Die Nutzungsmischung muss nicht gleichgewichtig sein.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind,
2.
Tankstellen.

(4) Für urbane Gebiete oder Teile solcher Gebiete kann festgesetzt werden, dass in Gebäuden

1.
im Erdgeschoss an der Straßenseite eine Wohnnutzung nicht oder nur ausnahmsweise zulässig ist,
2.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind,
3.
ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine im Bebauungsplan bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist, oder
4.
ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine im Bebauungsplan bestimmte Größe der Geschossfläche für gewerbliche Nutzungen zu verwenden ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der zulässige Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg‚ weil weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch einer der geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vorliegt.

1. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist nicht ernstlich zweifelhaft. Die Baugenehmigung verletzt nicht das dem Schutz der Kläger dienende Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen‚ dass die in der Baugenehmigung vom 21. Januar 2013 (Auflage 1) vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte (60 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts in der lautesten Nachtstunde)‚ deren Berechtigung von ihrem Ansatz auch die Kläger nicht grundsätzlich in Abrede stellen, ein ausreichendes Schutzniveau für das hier vorliegende besondere Wohngebiet (§ 4a BauNVO) bieten‚ in dem sich sowohl die Gaststätte der Beigeladenen zu 1 als auch das Wohnhaus der Kläger befindet. Nachdem die hier mangels Erfüllung des Begriffs einer „Freiluftgaststätte“ i. S. v. Nr. 1. Satz 2 Buchst. b TA Lärm grundsätzlich anwendbare TA Lärm (vgl. zu ihrer Anwendbarkeit auf eine Gaststätte mit Innen- und Außenbetrieb: BVerwG B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BauR 2010, 2070; OVG NW U. v. 13.11.2009 - 7A 146/08 - DVBl 2010, 259) für besondere Wohngebiete keine ausdrücklich genannten Immissionsrichtwerte festlegt, waren diese entsprechend der Schutzbedürftigkeit des konkreten Wohngebiets zu bestimmen (Nr. 6.6 i. V. m. 6.1 TA Lärm). Diese Bestimmung hat der Beklagte nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung dessen vorgenommen, was nach der Lage der Dinge einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten zuzumuten und anderseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten aufzuerlegen ist (z. B. BVerwG, U. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184). Danach hat der Beklagte zu Recht den Tagwert in Anlehnung an den für ein Dorf- und Mischgebiet geltenden Wert (vgl. Nr. 6.1 c TA Lärm) festgesetzt; der für die Nachtzeit geltende Richtwert wurde an den in einem allgemeinen Wohngebiet geltenden Richtwert angepasst (vgl. Nr. 6.1 d TA Lärm), obwohl besondere Wohngebiete „in Ansätzen kerngebietsähnlichen Charakter“ (BVerwG, U. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207) besitzen und gerade Gaststätten und Cafés wesentlich zu ihrem charakteristischen Erscheinungsbild beitragen. Deshalb sind in einem besonderen Wohngebiet (zumindest tags) Lärmauswirkungen zulässiger Betriebe in einem größeren Maß als etwa in einem allgemeinen Wohngebiet hinzunehmen (Stock in König/Roeser/Stock, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 14 bis 16, 27).

1.1. Die grundlegende Annahme des Verwaltungsgerichts‚ die Einhaltung des Richtwerts von 60 Db(A) tags werde durch die dem angefochtenen Bescheid beigefügten neun Auflagen sichergestellt, wie sich aus der „nachvollziehbaren und überzeugenden“ schalltechnischen Verträglichkeitsuntersuchung des Dipl.-Ing. G. vom 2. Oktober 2012 (i. F.: schalltechnische Untersuchung) ergebe‚ wird durch das Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft erschüttert.

Die schalltechnische Untersuchung‚ der insbesondere die Untersuchung des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz („Geräusche aus Biergärten - ein Vergleich verschiedener Prognoseansätze“‚ München‚ 1999; i.f.: Biergartenstudie) zugrunde liegt‚ kommt zu dem Ergebnis‚ dass eine Lärmverträglichkeit der gastronomischen Einrichtung mit Außenbestuhlung (nur) gewährleistet ist‚ wenn eine Reihe schalltechnischer Schutzmaßnahmen beachtet werden (vgl. schalltechnische Untersuchung, S. 12‚ 7. u. S. 15). Zentrale Bedeutung kommt dabei der Beschränkung der Nutzung der Freisitzfläche auf die Tagzeit und der Begrenzung der maximalen Anzahl der Sitzplätze auf 78 zu. Auch die Beschränkung der Nutzung der beiden in der Einfahrt zum Innenhof gelegenen Stellplätze auf die Tageszeit ist von Bedeutung; hinzu kommen noch eine Reihe weiterer lärmmindernder Auflagen. Die von den Klägern geforderte und darüber hinausgehende Betrachtung der besonderen Umstände einer „Biergartennutzung“, insbesondere der dort auftretenden und als besonders lästig empfundenen Einzelgeräusche, leistet die schalltechnische Untersuchung dadurch, dass sie die Ansätze der Biergartenstudie für die „typischen“ Lärmquellen eines Biergartens bei der Ermittlung der dem Bauvorhaben zurechenbaren Schallemissionen berücksichtigt (vgl. S. 7: „Schallemissionen,...die bei der Nutzung der Freisitzfläche … entstehen‚ werden gemäß Biergartenstudie angesetzt“). Das Verwaltungsgericht bezeichnet dieses Vorgehen als „nachvollziehbar“‚ ohne dass die Kläger aufzeigen‚ in welcher Hinsicht die maßgebliche Studie „Biergartenlärm“ methodisch oder aus anderen Gründen unrichtig erfasst.

Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte‚ die die schalltechnische Untersuchung (vgl. dort: S. 15 Fazit) als „unter bestimmten Umständen“ für möglich hält‚ wird durch die im nächsten Satz enthaltene Aussage, bei Beachtung der vorgeschlagenen Schallschutzmaßnahmen sei die „schalltechnische Verträglichkeit“ gewährleistet, ausgeschlossen. Von der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen, die allesamt in Form von grundsätzlich vollstreckbaren Auflagen Bestandteil der angefochtenen Genehmigung geworden sind, ist auszugehen.

Nicht zutreffend ist der Vorwurf des Klägers‚ die schalltechnische Untersuchung übersehe‚ dass Biergartenbetrieb bereits ab 6.00 Uhr zulässig sei‚ weil im Gutachten für den Zeitraum von 6.00 bis 9.00 Uhr „keine Nutzung“ (S. 7) angesetzt werde. Dabei wird übersehen‚ dass die schalltechnische Untersuchung sehr wohl von einer Nutzung des Biergartens über die vollen 16 Stunden des Tageszeitraums ausgeht‚ dabei jedoch eine mittlere Belegung von insgesamt acht Stunden ansetzt‚ wobei zwischen den einzelnen Tageszeiträumen je nach Auslastungsgrad unterschieden wird; jedenfalls entspricht die angenommene Nutzung der Freisitzfläche während des gesamten‚ 16-stündigen Tageszeitraums einer 50%igen Auslastung‚ wie sich ohne weiteres aus einer Addition der auf die sechs Zeitfenster eines Tages bezogenen Auslastungsquoten (vgl. S. 7 der schalltechnischen Untersuchung) ergibt. Dieser Ansatz einer über 8 Stunden eines jeden Tages andauernden vollen Belegung des Biergartens bedeutet eine zugunsten der Kläger unterstellte‚ vermutlich in der Realität niemals so auftretende Belegung im Sinn eines worst-case-Szenarios; Gleiches gilt für die eher realitätsfern erscheinende Öffnung des Wirtsgartens zwischen 6.00 und 9.00 Uhr morgens.

Auch aus der von den Klägern angeführten Rechtsprechung lassen sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ableiten. Den Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B. v. 11.6.2002 - 2 CS 02.976 - und U. v. 27.7.2005 - 25 BV 03.73, jeweils juris), in denen dem Ruhebedürfnis der Nachbarn gegenüber den in zentraler innerstädtischer Lage geplanten Freischankflächen Vorrang eingeräumt wurde‚ sind schon deshalb mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil dort die Lärmrichtwerte entweder überschritten waren oder der Lärm bereits im Grenzbereich des Zulässigen lag; zudem sollten die Freisitzflächen in besonders schutzwürdigen rückwärtigen Bereichen der Bebauung‚ die bisher dem ruhigen Wohnen vorbehalten waren‚ eingerichtet werden. Demgegenüber kennzeichnet den hier zu entscheidenden Fall‚ dass sich im Innenhof - ungeachtet eines möglichen zeitweiligen Leerstandes - bereits seit langer Zeit ein baurechtlich genehmigtes Café mit einem allerdings im Hinblick auf seinen Umfang nicht näher definierten „Freischankbetrieb“ befand (vgl. die der Vertreterin der Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung vom 15.11.1990 zur „Nutzungsänderung (Einbau eines Cafes) und Hofumgestaltung eines Geschäfts- und Wohnhauses“, Anl. 5: Immissionsschutzrechtliche Beurteilung, S. 1 und Auflage Nr. 9). Auch wenn der Betrieb nur bis 22 Uhr erlaubt war, resultierte hieraus eine jahrelange Vorbelastung des Anwesens der Kläger. Außerdem waren ursprünglich neun Kraftfahrzeugstellplätze im Innenhof genehmigt worden‚ deren Anzahl später auf fünf herabgesetzt wurde. Die Kläger hatten im Übrigen bereits Einwendungen im damaligen Genehmigungsverfahren erhoben‚ die ausweislich der Baugenehmigung (vgl. S. 1 der Genehmigung v. 15.11.1990) „berücksichtigt“ wurden.

Das Zulassungsvorbringen widerlegt auch nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts‚ den Klägern komme keine erhöhte Schutzbedürftigkeit wegen ihres zwar „in ruhiger Lage‚ aber in einer von typischen Stadtgeräuschen geprägten Umgebung“ gelegenen Wohnhauses zu. Dieser Umstand wirkt sich auf die Festlegung der genannten Immissionsrichtwerte aus, ohne dass den Klägern ein darüber hinausgehender Schutzanspruch gegenüber Geräuschen aus gewerblicher Betätigung zustünde. Im Grunde setzen die Kläger lediglich ihre Bewertung der besonderen Schutzwürdigkeit ihres Wohnraums an die Stelle des Ergebnisses der vorgenommenen Einzelfallabwägung‚ ohne jedoch deren Unrichtigkeit aufzuzeigen.

Die Auflagen zur angefochtenen Baugenehmigung dienen auch nicht dazu‚ eine im Hinblick auf die Lärmbelastung an sich nicht genehmigungsfähige Nutzung auf einen genehmigungsfähigen Umfang „maßzuschneidern“ (so die von den Klägern zitierte Entscheidung des OVG NW‚ B. v. 10.8.2008 - 10 B 401/07 juris; vgl. a. BVerwG‚ B. v. 22.11.2002 - 4 B 72/02 - BauR 2004‚ 645). Hierfür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich; dagegen spricht insbesondere die erhebliche Unterschreitung des Richtwerts für die Tagzeit von 7 dB(A) an den beiden für die Kläger maßgeblichen Immissionsorten. Aus der schalltechnischen Untersuchung (S. 10‚ 5.2, IO 2: 53 dB(A) aus Tabelle 3 sowie S. 11‚ 6.) folgt die Richtigkeit dieser Annahme, aus der das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zu recht ableitet‚ dass es einer Verfünffachung des Lärms auf der Freisitzfläche bedürfte‚ um den Richtwert von 60 dB(A) zu erreichen. Nach allgemeinen lärmphysikalischen Erkenntnissen bedeutet nämlich eine Erhöhung des Schallleistungspegels von 53 auf 60 dB(A) eine Verfünffachung des Lärms (vgl. http://r.-l..de/logarithmus mit Berechnungsmöglichkeit). Damit trifft auch der Vorwurf der Kläger‚ das Verwaltungsgericht habe eine schematische Würdigung der Zumutbarkeit ausschließlich vor dem Hintergrund des Richtwerts vorgenommen, nicht zu; vielmehr hat es in seiner Betrachtung nachgewiesen‚ wieweit der tatsächlich zu erwartende Lärm von dem maßgeblichen Richtwert 60 dB(A) entfernt ist. Den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die von den Klägern zitierte Entscheidung: BVerwG‚ B. v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - NJW 2003‚ 3360) an eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets wurde Rechnung getragen.

Auch die weiteren Angriffe gegen das Urteil unter Verweis auf die behauptete Wirkungslosigkeit der einzelnen Auflagen vermögen die Zulassung der Berufung nicht zu begründen. Richtig ist zwar, dass im Vergleich zur ursprünglichen Baugenehmigung aus dem Jahr 1990 mit dem streitgegenständlichen Bescheid auch die Betriebszeit für die Innengastronomie auf nunmehr 24 Stunden täglich erweitert wurde. Allerdings geht das Verwaltungsgericht bei der Bewertung der Auswirkungen dieser - von der Genehmigungsbehörde möglicherweise nicht bewusst entschiedenen - Verlängerung der Betriebszeiten zu Recht davon aus, dass aus den Berechnungen der schalltechnischen Untersuchung der Schluss gezogen werden kann, auch bei einem - im Übrigen kaum realistischen - Betrieb „rund um die Uhr“ werde der hier maßgebliche Nachtrichtwert von 40 dB(A) immer noch um fast 3 dB(A) unterschritten (vgl. Stellungnahme des Landratsamts Neuburg vom 26.10.2012: Tabelle auf S. 2, IO 1 und IO 2). Entscheidend ist, dass jeglicher Nachtbetrieb auf der Freischankfläche zu unterbleiben hat und auch Auflagen für den Fall vorgesehen sind, dass die Gäste sich in der Nachtzeit zum Rauchen in den Hof begeben (vgl. Auflage Nr. 9., wonach Gäste außerhalb der dafür zugelassenen Zeiten keine Getränke mit auf die Freischankfläche nehmen dürfen). Die Auflage, Fenster und Türen der Gaststätte nachts stets geschlossen zu halten, ist entgegen der Auffassung der Kläger durchaus emissionswirksam, selbst wenn Gäste beim Betreten oder Verlassen der Gaststätte zwangsläufig die Eingangstüre für kurze Zeit öffnen müssen; aus der (mit Ausnahme der Auflagen Nr. 9 bis 11 in Anlage 5) nach wie vor geltenden Baugenehmigung vom 15. November 1990 ergibt sich, dass im Bereich des Eingangs ein Windfang mit Türe eingebaut werden musste (Anl. 5, Auflage Nr. 4.), um möglichst zu verhindern, dass bei Betreten und Verlassen des Gastraums Geräusche ins Freie dringen. Dies bezieht sich auch auf das von den Klägern kritisierte Abspielen der - im Übrigen ausschließlich zulässigen - „Hintergrundmusik“ (Anl. 5, Auflage Nr. 6. der Baugenehmigung v. 15.11.1990). Auflage Nr. 9 Satz 2, wonach der Gaststättenbetreiber bei ruhestörendem Lärm insbesondere durch „rauchende Gäste im Bereich des Innenhofs“ einschreiten muss, setzt zwar - worauf die Kläger zu Recht hinweisen - einen Verstoß gegen Satz 1 dieser Auflage voraus, beweist aber nicht deren Untauglichkeit; vielmehr ist in dem „Einschreitensgebot“ nur eine Verhaltensanweisung für den Gaststättenbetreiber zu sehen, die ihm seine Verantwortlichkeit für einen geordneten, der Genehmigungssituation entsprechenden Gaststättenbetrieb insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbarem Lärm deutlich vor Augen führen soll. Das gleiche Ziel verfolgen auch die Zwangsgeldandrohungen (vgl. B. des angefochtenen Bescheids) für jeden Fall der Zuwiderhandlung des Verbots der Nutzung der Freischankfläche nach 22.00 Uhr und der Überschreitung der maximal zulässigen Gästezahl.

Soweit die Kläger vortragen, es fehle im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung an der Berücksichtigung der „formell genehmigten drei Stellplätze“, so ist dem entgegenzuhalten, dass auf dem Baugrundstück nur noch zwei Stellplätze nachgewiesen werden müssen, nachdem vier Stellplätze bereits im Jahr 1990 und drei weitere mit dem im Zulassungsverfahren vorgelegten Vertrag zwischen der Stadt Schrobenhausen und dem Gaststätteneigentümer vom 21. April 2011 abgelöst worden waren. Der Fortfall der drei letztgenannten Stellplätze führt sogar zu einer Verbesserung der Lärmsituation für die Kläger zumindest im Hinblick auf Kraftfahrzeuggeräusche. Jedenfalls geht die schalltechnische Untersuchung bei ihren Berechnungen zutreffend davon aus, dass nur der Lärm von zwei, überdies ausschließlich während der Tagzeit genutzten Stellplätzen anzusetzen ist.

Schließlich vermag auch der Hinweis der Kläger auf von der schalltechnischen Untersuchung abweichende Berechnungen im Gutachten des Ingenieurbüros K. vom 21. September 2010 nicht die Unrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Annahmen zu begründen. Dieses Gutachten bezog sich nämlich auf den zunächst mit Bescheid vom 5. Mai 2011 genehmigten Betrieb einer Freischankfläche. Diesen Bescheid hat der Beklagte aber auf Anraten des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2012 gerade deshalb aufgehoben, weil das Gutachten des Ingenieurbüros K. nicht den Anforderungen entsprach (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. April 2012 im Verfahren M 9 K 11.2620, S. 4).

1.2. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 stellt sich auch nicht aus anderen Gründen und trotz voraussichtlich deutlicher Unterschreitung der festgelegten Immissionsrichtwerte bei Beachtung der verfügten Auflagen als (ausnahmsweise) rücksichtslos gegenüber der Wohnnutzung der Kläger dar.

Zunächst enthalten die Immissionsrichtwerte der TA Lärm konkrete Vorgaben für die rechtliche Beurteilung von Nutzungskonflikten, die anlagenbedingte Lärmimmissionen auf benachbarten Grundstücken hervorrufen. Dabei wird das zumutbare Lärmschutzniveau durch die Richtwerte konkretisiert, die je nach Schutzwürdigkeit des Gebiets im Einwirkungsbereich der Anlage abgestuft gelten und denen eine im Gerichtsverfahren zu beachtende Bindungswirkung zukommt; für eine hiervon abweichende, einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze lässt das Regelungskonzept der TA Lärm als normkonkretisierendes Konzept nur insoweit Raum, als dort durch Kann-Vorschriften Bewertungsspielräume eröffnet werden (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209). Ob diese Feststellungen auch für die sich nicht unmittelbar aus Nr. 6.1 TA Lärm ergebenden, sondern über Nr. 6.6 i. V. m. 6.1 TA Lärm von der Bauaufsichtsbehörde ermittelten und festgelegten Immissionsrichtwerte gelten, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls hat das Verwaltungsgericht seine Bewertung - wie bereits oben gezeigt - nicht ausschließlich mit der Unterschreitung der festgesetzten Lärmrichtwerte begründet, sondern darüber hinaus alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalles betrachtet (Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O. § 4a Rn. 14). Auf dieser Basis ist es zu der Beurteilung gelangt, dass die Gestattung einer Außengastronomie im vorgesehenen Umfang von 78 Sitzplätzen ausschließlich in der Tagzeit und der Wegfall der zeitlichen Beschränkung der Innengastronomie bis 22 Uhr nicht zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung am Anwesen der Kläger führen. Das Zulassungsvorbringen zeigt demgegenüber nicht auf, welche einzelfallbezogenen Umstände trotz erheblicher Unterschreitung der Richtwerte und trotz der vorhandenen Lärmvorbelastung durch die seit mehr als 20 Jahren in vergleichbarer Form betriebene Gastronomie ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis führen könnten.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 1 Nr. 5 VwGO).

Die Kläger rügen zu Unrecht, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs.1 VwGO) verstoßen oder ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ihren hilfsweise gestellten Beweisantrag in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteil mit der Begründung abgelehnt habe, die im Beweisantrag genannten Tatsachen seien nicht geeignet, die nachvollziehbaren Ergebnisse des Gutachtens zu erschüttern oder darzulegen, dass eine „Verfünffachung des Lärms“ (von 53 dB(A) auf 60 dB(A) tags) möglich sei.

Mit dieser Begründung verstößt das Verwaltungsgericht nicht gegen § 86 Abs. 1 VwGO; vielmehr hat es sich ohne Verfahrensfehler entschlossen, kein weiteres Gutachten einzuholen, weil sich ihm die Notwendigkeit hierzu auf der Basis des Vortrags der Kläger nicht aufgedrängt hat. Sie haben keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer es möglich erschienen wäre, dass der Richtwert von 60 dB(A) tags erreicht oder überschritten werden könnte. Wie oben bereits dargelegt, bleibt die tatsächliche Belastung derart weit hinter dem Tagesrichtwert zurück, dass auch die von den Klägern genannten - angeblich nicht berücksichtigten - Umstände nicht zu einer Überschreitung des Richtwerts führen können. Die der Baugenehmigung zugrunde liegende schalltechnische Untersuchung weist keine erkennbaren Mängel auf und geht nicht von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen oder unlösbaren Widersprüchen aus; auch sind weder Zweifel an der Sachkunde noch an der Unparteilichkeit der Gutachter gegeben oder geltend gemacht. Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, eine weitere schalltechnische Untersuchung in Auftrag zu geben, besteht aber nicht allein schon deshalb, weil die Kläger die bisher vorliegenden Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend halten (vgl. zuletzt: BVerwG, B. v. 18.2.2015 - 1 B 2.15 - juris Rn. 4).

Auch die Gehörsrüge greift nicht durch. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet ein Gericht nur, sich mit dem aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Vortrag auseinanderzusetzen. Da das Verwaltungsgericht einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ohne Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ausgeschlossen hat, brauchte es sich mit dem hilfsweise gestellten Beweisantrag der Kläger nicht auseinanderzusetzen.

3. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 15 N 12.2124

Im Namen des Volkes

Urteil

4. August 2015

15. Senat

P.-M. als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Normenkontrollantrag gegen Bebauungsplan, mangelnde Ermächtigungsgrundlage für Festsetzung der Vorlagepflicht schalltechnischer Gutachten im Baugenehmigungsverfahren, Bezugnahme auf DIN-Vorschrift im Satzungstext, rückwirkende Heilung eines Bekanntmachungsmangels im ergänzenden Verfahren, Bestimmtheit von Emissionskontingenten, Lärmschutzbelange in der Abwägung, Neuanlauf der Rügefrist nach Heilung des Bekanntmachungsmangels, Teilunwirksamkeit

Rechtsquellen:

In der Normenkontrollsache

...

gegen Große Kreisstadt Sch., S-garten ..., Sch.,

- Antragsgegnerin -

bevollmächtigt: ..,

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses, L-str. ..., M.,

wegen Unwirksamkeit des Bebauungs- und Grünordnungsplans „T.“,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schweinoch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 am 4. August 2015 folgendes

Urteil:

I.

Buchstabe A Nr. 2.6.a 3) und 6) der textlichen Festsetzungen des am 14. Juli 2011 als Satzung beschlossenen Bebauungs- und Grünordnungsplans „T.“ der Großen Kreisstadt Sch. in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2014 ist unwirksam.

II.

Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.

III.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungs- und Grünordnungsplan „T.“ der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der im Plangebiet gelegenen Grundstücke FlNr. ..., und ... Gemarkung ... Der Bebauungsplan überplant das ca. 8,3 ha große, im Stadtgebiet südwestlich der Innenstadt und nordöstlich der Bahnlinie gelegene Gelände der ehemaligen ...Fabrik der Firma ..., deren Betrieb 1994 aufgegeben wurde. Der Bebauungsplan setzt auf seiner Hauptfläche zwei Sondergebiete (SO 1 und SO 2) mit der Zweckbestimmung Handel fest (u. a. Einzelhandelsbetriebe mit eingeschränktem Sortiment, Anlagen für kirchliche, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Anlagen für freie Berufe, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften; im SO 1 zusätzlich Kino und Diskothek). Neben öffentlichen Verkehrsflächen weist er außerdem im Nordwesten eine kleinere Fläche für den Gemeinbedarf - Öffentliche Verwaltungen sowie ein Mischgebiet aus. Im Osten ist angrenzend an die bestehende Wohnbebauung ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt.

In seiner Sitzung am 3. Februar 2009 beschloss der Planungs- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin für das Gebiet die Aufstellung des Bebauungsplans und machte diesen Beschluss am 26. März 2010 öffentlich bekannt. Am 20. Mai 2010 billigte der Planungs- und Umweltausschuss den ersten Planentwurf, fasste den Auslegungsbeschluss und machte ihn am 27. Mai 2010 öffentlich bekannt. In der Zeit von 8. Juni 2010 bis 9. Juli 2010 erfolgte die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange. Nach einer Änderung der Planung billigte der Planungs- und Umweltausschuss am 27. Oktober 2010 einen zweiten Planentwurf und legte diesen nach öffentlicher Bekanntgabe am 2. November 2010 in der Zeit von 10. November 2010 bis 10. Dezember 2010 öffentlich aus. Am 16. Dezember 2010 billigte der Planungs- und Umweltausschuss eine dritte Änderung des Planentwurfs, deren Auslegung am 20. Dezember 2010 öffentlich bekannt gemacht wurde. In der Zeit von 3. Januar 2011 bis 7. Februar 2011 erfolgte eine erneute (beschränkte) Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange. Am 24. Februar 2011 billigte der Planungs- und Umweltausschuss schließlich die vierte Änderung des Planentwurfs und gab dies am 2. März 2011 öffentlich bekannt. In der Zeit von 10. März 2011 bis 11. April 2011 führte die Antragsgegnerin eine nochmalige (beschränkte) Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange durch. Die Antragstellerin erhob jeweils mit Schreiben vom 8. Juli 2010, 9. Dezember 2010, 4. Februar 2011 und 8. April 2011 Einwendungen. Am 14. Juli 2011 beschloss der Planungs- und Umweltausschuss den Bebauungsplan in der Fassung vom 27. April 2011 als Satzung. Der Oberbürgermeister fertigte den Bebauungsplan am 22. September 2011 aus. Die öffentliche Bekanntmachung an der Amtstafel der Antragsgegnerin erfolgte am 23. September 2011.

Am 10. September 2014 hat die Antragsgegnerin dem Bebauungsplan im ergänzenden Verfahren einen „Hinweis zur Zugänglichkeit von Normblättern, Richtlinien und Regelwerken etc.“ angefügt und die Originale mit einem Aufkleber versehen, wonach „die DIN 45691 sowie anderweitig im Bebauungsplan erwähnte Normblätter, Richtlinien, Regelwerke etc. bei der Stadtverwaltung der Antragsgegnerin einzusehen“ und „DIN-Normblätter ferner beim ... Verlag GmbH, B. und K., zu beziehen und beim Deutschen Patentamt in München archi. V. m.äßig niedergelegt (sind)“. Die Änderung wurde vom Oberbürgermeister am 10. September 2014 ausgefertigt und am 17. September 2014 ortsüblich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung ist darauf hingewiesen, dass die Änderung rückwirkend zum 23. September 2011 in Kraft tritt.

Bereits am 20. September 2012 hat die Antragsgegnerin Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan gestellt, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen Folgendes vorträgt: Der Bebauungsplan sei formell fehlerhaft. Er sei nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht, weil er auf die DIN 45691 und diese wiederum auf weitere DIN-Vorschriften und Literaturstellen verweise, die von Stadt nicht zur Einsicht vorgehalten würden. Die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans nach Heilung des Bekanntmachungsmangels sei unwirksam. Der Bebauungsplan sei auch materiell fehlerhaft. Eine Gliederung von Baugebieten nach Emissionsverhalten gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO sei im Sondergebiet nicht möglich. Auch bilde die Emissionskontingentierung die Besonderheiten der tatsächlichen Nutzungsarten nicht ab. Außerdem sei die Festsetzung in Buchst A Nr. 2.6. a und Nr. 6) des Satzungstextes zur Vorlage schalltechnischer Gutachten zum Nachweis der Einhaltung der Emissionskontingente mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Der Bebauungsplan leide an durchgreifenden Abwägungsmängeln. Diese könnten noch geltend gemacht werden, weil die Rügefrist nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB erst mit der erneuten Bekanntmachung angelaufen sei. Die Lärmschutzbelange und die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse des östlich an das Sondergebiet SO 2 angrenzenden allgemeinen Wohngebiets seien nicht hinreichend ermittelt und bewertet worden. Nach der schalltechnischen Untersuchung der ... vom 13. Oktober 2010 würden an den Immissionsorten IO 6 und IO 7 im allgemeinen Wohngebiet die Immissionsgrenzwerte der TA Lärm ohne aktiven Lärmschutz zwar gerade nicht überschritten; durch die Zunahme des Verkehrslärms sei aber insgesamt eine Überschreitung der Grenzwerte anzunehmen. Der Gutachter schlage insoweit einen passiven Lärmschutz durch Schallschutzfenster und Lüftungseinrichtungen vor; das sei den künftigen Bewohnern im Wohngebiet nicht zumutbar. Außerdem schlage der Gutachter eine Schallschutzmaßnahme durch einen 8 m hohen Baukörper vor; dies sei im Bebauungsplan nicht durch ein Baugebot umgesetzt worden. Weiterhin sei der Lärm von der Fabrikstraße und von dem geplanten Kreisverkehr mit zwei Abfahrten nicht in die Schallausbreitungsberechnung der schalltechnischen Untersuchung und damit auch nicht in die Abwägung einbezogen worden. Unter Zugrundelegung eines Gutachtes der ... vom 31. Mai 2013 ergebe sich im allgemeinen Wohngebiet - entgegen A.5.1.a der textlichen Hinweise des Bebauungsplan, dass der Orientierungswert der DIN 18005 nur nachts um maximal 4 dB (A) überschritten werde - ein nächtlicher Beurteilungspegel von bis zu 51 dB(A); auch tags würden mit bis zu 58 dB(A) die Orientierungswerte überschritten. Die festgesetzten Emissionskontingente seien entgegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 2009 (Az. 1 N 07.2977) nicht hinreichend bestimmt, weil die Bezugsflächen in der schalltechnischen Untersuchung der ... vom 13. Oktober 2010, Anlage 4 nicht mit denjenigen im Bebauungsplan übereinstimmten; Teile dieser Flächen seien im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsflächen oder Grünflächen festgesetzt worden. Schließlich sei in der schalltechnischen Untersuchung die gewerblich bedingte Vorbelastung nicht berücksichtigt worden.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

festzustellen, dass der am 14. Juli 2011 als Satzung beschlossene Bebauungs- und Grünordnungsplans „T.“ der Antragsgegnerin in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2014 unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

An den Immissionsorten IO 6 und IO 7 würden die Grenzwerte nicht überschritten. Baugebote seien im Bebauungsplan nicht erforderlich, da die Umsetzung des Bebauungsplans im Baugenehmigungsverfahren erfolge. Die Fabrikstraße sei keine relevante Lärmquelle, da in Buchst. A.2.4.a der Satzung ein Verbot der Einfahrt für Kraftfahrzeuge von Westen festgesetzt sei. In der schalltechnischen Untersuchung seien alle relevanten Verkehrswege bei Berechnung des Lärms berücksichtigt worden.

Die Landesanwaltschaft ... als Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat teilweise Erfolg. Er ist zulässig (vgl. unten A.) und hinsichtlich Buchstabe A Nr. 2.6.a 3) und 6) der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch begründet (vgl. unten B.). Im Übrigen ist er unbegründet (vgl. unten C.). Dies führt zur Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans (vgl. unten D.).

A. Der Antrag ist zulässig.

Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie ist Eigentümerin von mehreren im Plangebiet gelegenen Grundstücken und wendet sich unter anderem gegen Festsetzungen auf diesen Grundstücken; sie kann sich insoweit auf ihr durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentumsrecht berufen (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - BRS 79 Nr. 63 m. w. N.; U.v. 29.6.2015 - 4 CN 5/14 - NVwZ 2015, 1457 = juris Rn. 9).

B. Der Antrag ist hinsichtlich Buchst. A Nr. 2.6.a 3) und 6) der textlichen Festsetzungen begründet; insoweit ist der Bebauungsplan für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO).

Die Festsetzungen in Buchst. A Nr. 2.6.a 3) und 6) des Satzungstextes zur Vorlage schalltechnischer Gutachten zum Nachweis der Einhaltung der Emissionskontingente entbehren einer Ermächtigungsgrundlage. Die Gemeinden sind weder aufgrund der Ermächtigung zum Erlass örtlicher Bauvorschriften nach Art. 81 BayBO noch aufgrund anderer landesgesetzlicher Regelungen (vgl. Art. 64,Art. 80 Abs. 4 BayBO i. V. m. §§ 1 Abs. 4 BauVorlV) berechtigt, Vorschriften über im Baugenehmigungsverfahren vorzulegende Unterlagen zu erlassen (vgl. BayVGH, U. v. 8.7.2004 - 1 N 01.590 - juris Rn. 41 ff.); auch die in § 9 BauGB aufgeführten Festsetzungsmöglichkeiten sehen eine entsprechende Ermächtigung nicht vor. Art. 81 BayBO und§ 9 BauGB, der durch die BauNVO ergänzt wird, regeln die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan jedoch jeweils abschließend. Ein Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber insoweit nicht zu (vgl. BVerwG; U.v. 30.8.2001 - 4 CN 9/00 - BVerwGE 115, 77 = juris Rn. 8; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 288; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, S. 59).

C. Hinsichtlich der übrigen Festsetzungen ist der Antrag unbegründet. Insoweit liegen weder formelle noch materielle Verstöße vor, die zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen.

1. Der Bebauungsplan leidet nicht an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden formellen Mangel. Insbesondere wurde er entgegen der Auffassung der Antragstellerin ordnungsgemäß verkündet.

Zwar wurde der Bebauungsplan ursprünglich nicht wirksam bekannt gemacht, weil die mehrfache Bezugnahme in Buchst. A Nr. 2.6.a der textlichen Festsetzungen auf die „DIN 45691“ den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung nicht genügte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats muss die planende Gemeinde für den Fall, dass eine Festsetzung auf eine DIN-Vorschrift verweist und sich - wie hier - erst aus dieser Vorschrift die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ergibt oder erst aus dieser Vorschrift folgt, nach welchen Methoden und Berechnungsverfahren der Inhalt der Anforderungen an bauliche Anlagen und deren Benutzung im Einzelnen zu ermitteln ist, sicherstellen, dass die Planbetroffenen vom Inhalt auch dieser DIN-Vorschriften verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können. Hierfür genügt der einfache Verweis auf die betreffende DIN-Vorschriften in den planerischen Festsetzungen nicht (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2010 - 4 BN 21.10 - NVwZ 2010, 1567 = juris Rn. 12, 13; B.v. 5.12.2013 - 4 BN 48/13 - ZfBR 2014, 158 = juris Rn. 4; B. v. 30.9.2014 - 4 B 49/14 - ZfBR 2015, 60; BayVGH, U.v. 20.5. 2014 - 15 N 12.1517 - juris Rn. 29 ff.; U.v. 3.3.2015 - 15 N 13.636 - juris Rn. 14 ff.).

Diesen Mangel der Bekanntmachung hat die Antragsgegnerin aber während des gerichtlichen Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB im ergänzenden Verfahren geheilt, indem sie auf den Originalen des Bebauungsplans einen Zusatztext mit Hinweis auf Möglichkeiten der Einsichtnahme der DIN 45691 und weiterer Regelwerke bei der Stadtverwaltung der Antragsgegnerin sowie bei der... Verlag GmbH aufgebracht und dies öffentlich bekannt gemacht hat. Sie hat dadurch nachträglich sichergestellt, dass die Planbetroffenen sich vom Inhalt der einschlägigen DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen können. Dies gilt auch für die in der DIN 45691 weiter in Bezug genommenen Regelungen, soweit sie nicht ohnehin veröffentlicht (z. B. Literaturangaben oder TA Lärm v. 26.8.1998, GMBl 1998, S. 503 ff.) oder für das vorliegende Verfahren rechtlich unerheblich sind, weil sie für die in den textlichen Festsetzungen Buchst. Nr. 2.6.a getroffenen Regelungen nicht von Bedeutung sind. Dafür, dass diese Regelwerke entgegen den Angaben im ergänzenden Zusatztext und in der mündlichen Verhandlung zur Einsichtnahme bei der Stadtverwaltung tatsächlich nicht bereitgehalten werden, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Die Frage, ob für eine verlässliche und zumutbare Kenntnisnahme von den DIN-Vorschriften auch der allgemeiner Hinweis auf die ... Verlag GmbH als Bezugsquelle und die Möglichkeit der Einsichtnahme beim Deutschen Patent- und Markenamt genügt, auch wenn damit nicht unerhebliche Kosten verbunden sein können (vgl. dazu BayVGH, U.v. 3.3.2015 - 15 N 13.636 - juris Rn. 16; Storost in Ule/Laubinger/Repkewitz, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Stand Juli 2015, § 7 Rn. H2), muss daher nicht entschieden werden.

Da es sich bei dem Fehler der Bekanntmachung um einen im ergänzenden Verfahren behebbaren, die Identität des Bebauungsplans wahrenden Mangel handelt und der Bebauungsplan keine inhaltliche Änderung erfahren hat, der Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen, konnte der Mangel der Bekanntmachung auch rückwirkend und ohne Entscheidung des Planungs- und Umweltausschusses der Antragsgegnerin geheilt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.8.2000 - 4 CN 2/99 - NVwZ 2001, 203 = juris Rn. 16 ff. zu § 215a Abs. 2 BauGB 1998; B. v. 1.10.2009 - 4 BN 34/09 - NVwZ 2010, 42 = juris Rn. 7; VGH BW, U. v. 9.12.2014 - 3 S 1227/12 - BRS 82 Nr. 19 = juris Rn. 43 ff.; Petz in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Okt. 2015, § 214 Rn. 159 ff., 171 und 179 ff.).

2. Der Bebauungsplan ist nicht deswegen materiell fehlerhaft, weil die textlichen Festsetzungen in Buchst. A Nr. 2.6.a 1) zum Immissionsschutz in den Sondergebieten SO 1 und SO 2 unwirksam wären.

a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die im Bebauungsplan vorgenommene Gliederung von Baugebieten nach dem Emissionsverhalten von Betrieben und Anlagen für die Sondergebiete SO 1 und SO 2 zulässig.

Zwar finden nach § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BauNVO der § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO und damit auch§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO keine Anwendung, wonach die in den§§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden können, die das Baugebiet nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Möglich sind aber entsprechende Festsetzungen des Emissionsverhaltens durch „besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung“ im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2003 - 4 BN 57/02 - NVwZ 2003, 1259 = juris Rn. 16; U.v. 28.2.2002 - 4 CN 5.01 - BRS 65 Nr. 67 = juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 3.8.2010 - 15 N 09.1106 - Rn. 31). Durch die Einfügung des § 1 Abs. 3 Satz 3 BauNVO und die Herausnahme des § 11 aus§ 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO durch die Novelle von 1990 sollte nach dem Willen des Verordnungsgebers nämlich lediglich klargestellt werden, dass besondere Festsetzungen, wie sie für die Baugebiete der§§ 2 bis 9 in BauNVO in§ 1 Abs. 1 bis 10 BauNVO festgelegt sind, in den Sondergebieten aufgrund der §§ 10 und 11 (insbesondere § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 11 Abs. 2 Satz 1) erfolgen (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2003 - 4 BN 57/02 - a. a. O. unter Bezugnahme auf BR-Drs. 354/89 S. 40). Um eine solche Festsetzung handelt es sich hier.

b) Entgegen der Annahme der Antragstellerin steht die Festsetzung der Emissionskontingente (früher: immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel) in Buchst. A Nr. 2.6 der textlichen Festsetzungen und in der Planzeichnung nicht in Widerspruch zu den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit, weil die betreffenden Bezugsflächen in der schalltechnischen Untersuchung der... vom 13. Oktober 2010, Anlage 4, mit denjenigen im Bebauungsplan nicht vollständig übereinstimmen, sondern Teile dieser Flächen im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsflächen oder Grünflächen festgesetzt sind.

Nach der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 2009 (Az. 1 N 07.2977 - BauR 2010, 54 = juris Rn. 39) verlangt der Bestimmheitsgrundsatz, dass aus dem Bebauungsplan erkennbar ist, auf welche Flächen sich die Emissionskontingente beziehen. Das ist hier der Fall. Die betroffenen Flächen lassen sich zweifelsfrei den in Buchst. A Nr. 2.6 der textlichen Festsetzungen in Bezug genommenen Baugebietsflächen „SO 1“ und „SO 2“ zuordnen; sie sind in der Planzeichnung orange markiert. Dass die schalltechnische Untersuchung der ... auf der Grundlage des zweiten Bebauungsplanentwurfs noch von größeren Flächen ausgegangen ist, ist insoweit unerheblich. Im Übrigen ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Verringerung der festgesetzten gegenüber der in der schalltechnischen Untersuchung dargestellten Fläche nicht zu einer Erhöhung der Immissionspegel im allgemeinen Wohngebiet führt (vgl. Stellungnahme der ... vom 12.11.2014, S. 2).

c) Nicht durchzudringen vermag die Antragstellerin auch mit dem Einwand, der Bebauungsplan stehe in Widerspruch zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (U.v. 9.11.2012 - 2 D 63/11.NE - juris), weil die Emissionskontingentierung die Besonderheiten der Nutzungsarten nicht abbilde.

Nach dieser Entscheidung muss die Emissionskontingentierung in Sondergebieten spezifische Bestimmtheits- und Klarheitsanforderungen beachten. Soll mit dem Bebauungsplan ein bestimmtes Vorhaben ermöglicht werden, genügt die Festsetzung von Lärmemissionskontingenten regelmäßig nur dann dem Bestimmtheits- und Klarheitsgebot, wenn der Bebauungsplan klare Vorgaben für die im Genehmigungsverfahren vorzunehmende Prüfung enthält, ob der von der Gemeinde bezweckte Lärmschutz mit Blick auf den konkret geplanten Betrieb und seine Umgebung auch tatsächlich erreicht wird. Die Emissionskontingentierung muss der jeweiligen konkreten Planungssituation entsprechen und diese konzeptionell schlüssig widerspiegeln. Ist etwa ein Angebotsbebauungsplan konkret auf die Ansiedlung eines bestimmten gewerblichen oder industriellen Vorhabens ausgerichtet, muss die Emissionskontingentierung in der Regel dieses Vorhaben und sein voraussichtliches Emissionspotential abbilden und die Besonderheit der Nutzungsart im Sondergebiet und ihr Emissionspotential muss in die Emissionskontingentierung einfließen (OVG NRW, U.v. 9.11.2012, a. a. O., Rn. 167, 169 und 171).

Diesen Anforderungen widerspricht der angegriffene Bebauungsplan indes schon deswegen nicht, weil die Antragsgegnerin im Gegensatz zu dem vom Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall mit der Planung kein bestimmtes Vorhaben in den Sondergebieten SO 1 und SO 2 in den Blick genommen hat, das verwirklicht werden soll. Vielmehr lässt der Bebauungsplan nach Buchst. A Nr. 2.1.a der textlichen Festsetzungen generell Einzelhandelsbetriebe (mit Sortimentsbeschränkungen), Geschäfts-, Büro-, und Verwaltungsräume, Anlagen für kirchliche, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke etc. zu.

3. Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3,§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB).

Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG vom 5.5.2015 BauR 2015, 1620/1622; BayVerfGH vom 3.12.2013 BayVBl 2014, 237/239). Eine Verletzung des Abwägungsgebots liegt jedoch nicht vor, wenn aufgrund einer vertretbaren Bewertung der berührten Belange im Fall der Kollision einzelner Belange bestimmte bevorzugt und andere zurückgesetzt werden (vgl. BayVerfGH, E.v. 13.5.2015 - Vf. 16-VII-14 - BayVBl 2015, 677 = juris Rn. 53 m. w. N.). Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich sind und Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatten (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB).

Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass der Bebauungsplan gegen das Abwägungsgebot verstößt. Die diesbezüglichen Einwände der Antragstellerin sind nicht berechtigt. Insoweit sind zwar die Rügemöglichkeiten nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB verfristet, obwohl die Antragstellerin diese Einwände nicht innerhalb eines Jahres nach der (ersten) Bekanntmachung des Bebauungsplans vom 23. September 2011 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht hat. Da diese Bekanntmachung wegen der oben angeführten Mängel nicht geeignet war, die Öffentlichkeit verlässlich über den Inhalt der Satzung zu informieren, ist die Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB aber erst nach der (zweiten) Bekanntmachung vom 17. September 2014 angelaufen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.1997 - 4 NB 40/96 - ZfBR 1997, 206/207 = juris Rn. 8; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 215 Rn. 39; Petz in Berliner Kommentar, § 215 Rn. 23 und § 214 Rn. 171; SächsOVG, U.v. 14.2.1996 - 1 S 98/95 - SächsVBl 1997, 56) und wurde durch das Schreiben der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vom 22. September 2014 (Blatt 131 ff. der Gerichtsakte) gewahrt. Die darin geltend gemachten Abwägungsmängel bezüglich des Gewerbe- und Verkehrslärms liegen jedoch nicht vor.

a) Der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass durch den Gewerbelärm in den Sondergebieten SO 1 und SO 2 zusammen mit dem Verkehrslärm auf den geplanten Straßen die Orientierungswerte der DIN 18005-1 überschritten würde, geht fehl.

Nach Buchst. A Nr. 5.1.a der textlichen Hinweise und der den Festsetzungen des Bebauungsplans zum Immissionsschutz zugrunde gelegten schalltechnischen Untersuchung der ... vom 13. Oktober 2010 hält der Gewerbelärm in den Sondergebieten SO 1 und SO 2 die Orientierungswerte der DIN 18005-1 - Beiblatt 1 im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts gerade noch ein bzw. unterschreitet sie geringfügig. Hingegen überschreitet der Verkehrslärm von den Planstraßen und bestehenden Straßen die Orientierungswerte der DIN 18005-1 nachts um 4 dB(A) (vgl. Buchst. A Nr. 5.1.a der textlichen Hinweise). Aus dieser Überschreitung lässt sich indes noch kein Abwägungsmangel ableiten. Vielmehr hat die Antragsgegnerin diese Überschreitung erkannt, jedoch im Rahmen der Abwägung die öffentlichen Belange der Wirtschaft (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 a BauGB) höher gewichtet. Dies ist - auch nach Beiblatt 1 Nr. 1.2 der DIN 18005-1 - zulässig, zumal jedenfalls die Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts nicht überschritten werden (vgl. schalltechnische Untersuchung der ... vom 13.10.2010, S. 18). Eine Gesamtsummierung von Gewerbelärm und Verkehrslärm ist wegen verschiedener Berechnungsmethoden nicht zulässig ist (vgl. Hinweis 1.2 des Beiblattes 1 zur DIN 18005-1). Eine Ausnahme gilt insoweit allenfalls dann, wenn wegen der in Rede stehenden Planung insgesamt eine Lärmbelastung zu erwarten ist, die mit Gesundheitsgefahren oder einem Eingriff in die Substanz des Eigentums, d. h. in einem allgemeinen Wohngebiet mit Mittelungspegeln von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts, verbunden wäre (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 4 A 1001/04 - NVwZ 2006, 1055 = juris Rn. 384 ff; Rn. 69; U.v. 10.7.2012 - 7 A 11/11 - BVerwGE 143, 249 Rn. 53; U.v. 13.05.2009 - 9 A 72/07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69; B.v. 25.6.2013 - 4 BN 21/13 - juris Rn. 3). Dass dies hier der Fall ist, hat die Antragstellerin weder geltend gemacht noch ist dies sonst ersichtlich.

b) Soweit die Antragstellerin unter Berufung auf die Berechnungen in dem von ihr beauftragten und vorgelegten Privatgutachten der ... vom 31. Mai 2013 geltend macht, dass im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet entgegen Buchst. A. Nr. 5.1.a der textlichen Hinweise, wonach letztlich von einer Geräuschbelastung von 49 dB(A) nachts und von 55 dB(A) tags ausgegangen werde, tatsächlich ein nächtlicher Beurteilungspegel von bis zu 51 dB(A) und bis zu 58 dB(A) tags erreicht werden könne, zeigt sie ebenfalls keinen rechtlichen erheblichen Abwägungsmangel auf.

Zwar ist eine solche Erhöhung der Werte denkbar, wenn unter Ausnutzung der im allgemeinen Wohngebiet festgesetzten maximal zulässigen Wandhöhe von 9 m ein viertes (Dach-)Geschoss errichtet wird und deshalb der dem Sondergebiet nächst gelegene Immissionsort über 8,5 m und damit höher liegt als in der schalltechnischen Untersuchung der ... vom 13. Oktober 2010 angenommen. Da die Grenzwerte der 16. BImSchV in diesem Fall aber dennoch nicht überschritten werden und die Antragsgegnerin in Buchst. A Nr. 5.1.a der textlichen Hinweise deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass bei einer Überschreitung lediglich der Orientierungswerte architektonische Selbsthilfe durch Situierung der Aufenthaltsräume auf vom Lärm abgewandten Seiten möglich ist und eine Konfliktbewältigung im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren stattfinden soll, ist jedoch anzunehmen, dass der Planungs- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin bei Kenntnis dieses Mangels keine anderen Festsetzungen zum Immissionsschutz getroffen hätte, so dass der Abwägungsmangel nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 15 ZB 13.1578 - juris Rn. 37 m. w. N.).

Im Übrigen ist das Privatgutachten der ... vom 31. Mai 2013 insoweit nicht überzeugend, als es auch die Vorbelastungen durch andere Verkehrswege (W... Straße) mit in seine Berechnungen einbezogen hat. Lärmvorbelastungen sind jedoch - anders als bei der Anwendung der Orientierungswerte (vgl. Nr. 1.2 Abs. 8 Beiblatt 1 zur DIN 18005 Teil 1) - im Rahmen der 16. BImSchV grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 5.6.2003 - 4 BN 19/03 - BRS 66 Nr. 57 = juris Rn. 19; B.v. 24.11.2010 - 4 BN 28/10 - BRS 76 Nr. 19 = juris Rn. 3; U.v. 19.3.2014 - 7 A 24/12 - NVwZ 2014, 1454 = juris Rn. 26).

c) Nicht durchzudringen vermag die Antragstellerin auch mit den Einwand, ein Abwägungsmangel liege deswegen vor, weil der Lärm des geplanten Kreisverkehrs der Planstraße A mit zwei Abfahrten nach Westen und Osten fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sei.

Zwar trifft es zu, dass der Verkehrslärm aus dem Kreisverkehr in der der Abwägung zugrunde gelegten schalltechnischen Untersuchung der ... vom 13. Oktober 2010 nicht gesondert ausgewiesen ist (obwohl dieser in den als Anlage beigefügten Plänen der Untersuchung eingetragen ist); vielmehr hat der Gutachter seinen Berechnungen eine durchgehende Planstraße A mit genereller Geschwindigkeit der Fahrzeuge von durchgängig 50 km/h zugrunde gelegt. Nach den ergänzenden Stellungnahmen der ... vom 20. Januar 2013 (S. 5) und vom 12. November 2014 (S. 1) wäre bei Berücksichtigung des Kreisverkehrs jedoch eine geringere Fahrgeschwindigkeiten von 30 km/h anzusetzen, was insgesamt zu einer Reduzierung der Emissionspegel geführt hätte (vgl. auch VG Dresden, U.v. 9.7.2009 - 3 K 638/06 - juris Rn. 39; Nr. 1.4.4 Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 2006; Graf/Stähli, Weniger Lärm dank Verkehrskreisel?, Umweltpraxis Nr. 34/Juni 2003, Seite 33 f. [www...ch/...pdf]; Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Wirkung von Maßnahmen zur Umweltentlastung, Teil 2 Kreisverkehre, Stand 22.2.2015, S. 2 f. [http://www...de/...pdf]. Auch die Zu- und Anfahrten zum Kreisverkehr führen nach diesen Stellungnahmen wegen geringer Fahrstrecke und Fahrgeschwindigkeit von 10 km/h nicht zu einer Erhöhung des Gesamtbeurteilungspegels. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass durch die Errichtung des Kreisverkehrs jedenfalls keine höhere Verkehrslärmbelastung verursacht wird und daher ein diesbezüglicher Abwägungsmangel nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf Abwägungsergebnis ebenfalls nicht von Einfluss gewesen wäre.

d) Ebenso wenig ist ein Mangel der Abwägung darin zu sehen, dass im Bebauungsplan der von der schalltechnischen Untersuchung vorgeschlagene Schallschutz durch den Bau eines 8 m hohen Baukörpers im Sondergebiet SO 2 nicht als Verpflichtung festgesetzt wurde, in Buchst. A Nr. 2.3 der textlichen Festsetzungen und in der Bauzeichnung (Nutzungsschablone) vielmehr für das Sondergebiet SO 2 auf der Grundlage von § 18,§ 16 Abs. 4 Satz 1 BauNVO lediglich eine Mindestfirsthöhe von 8 m als „Angebotsplanung“ ausgewiesen ist.

Zwar sind „Bauverpflichtungen“ zur Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen durch (aufschiebend) bedingte Nutzungsfestsetzung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB möglich (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 49). Ob eine Gemeinde eine solche Verpflichtung im Bebauungsplan festlegt, liegt jedoch in ihrem planerischen Ermessen. Eine Festsetzungspflicht bestand hierzu nicht.

Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Gebot der Konfliktbewältigung ableiten. Die Belange des Lärmschutzes und der gesunden Wohnverhältnisse gehören nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 7 BauGB zwar zum Kreis der abwägungsrelevanten Belange. Die Gemeinde hat sich daher Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Ausmaß die durch den Bebauungsplan ermöglichten Vorhaben Maßnahmen des Schallschutzes nach sich ziehen. Dies folgt aus § 50 BImSchG. Durch zugelassene Bauvorhaben dürfen grundsätzlich keine Geräusche hervorgerufen werden, die als schädliche Umwelteinwirkungen zu qualifizieren sind. Das bedeutet aber nicht, dass die Gemeinde eine von ihr erkannte und in der Abwägung berücksichtigte Lärmschutzproblematik im Bebauungsplan stets selbst bewältigen muss. Von einer abschließender Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf die Gemeinde vielmehr Abstand nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist. Dies ist der Fall, wenn dem Planungsverfahren ein weiteres Verwaltungsverfahren nachfolgt, in dem der durch die Planung hervorgerufene Konflikt einer Lösung zugeführt werden kann (BVerwG, B.v. 17.5.1995 - 4 NB 30/94 - NJW 1995, 2572 = juris Rn. 15 ff.; BVerwG, U.v. 12.9.2013 - 4 C 8/12 - BVerwGE 147, 379 = juris Rn. 17; U.v. 7.5.2014 - 4 CN 5/13 - NVwZ 2014, 1170 Rn. 25 m. w. N.). In diesen Fällen bleibt es der Gemeinde unbenommen, planerische Zurückhaltung zu üben. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offen gelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen. Das ist hier nicht der Fall. Eine Konfliktbewältigung hinsichtlich der Lärmschutzfragen ist im Einzelfall ohne Weiteres in den jeweiligen Baugenehmigungsverfahren möglich und kann etwa im Wege von Auflagen geregelt werden, wenn durch die Lärmeinwirkungen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot verletzt wird.

e) Ein Abwägungsfehler liegt entgegen der Annahme der Antragstellerin auch nicht deswegen vor, weil die Antragsgegnerin die Anordnung von passivem Lärmschutz durch Schallschutzfenster und Lüftungseinrichtungen zum Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen im allgemeinen Wohngebiet für zulässig erachtet hat (vgl. Buchst. A Nr. 5.1.a der textlichen Hinweise sowie Ziff. II. der planlichen Hinweise). Denn zum einen handelt es sich hierbei nicht um Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB. Vielmehr hat die Antragsgegnerin insoweit nur nachrichtliche Hinweise in den Bebauungsplan aufgenommen und entsprechende Vorkehrungen für die betreffenden Einzelvorhaben ausdrücklich dem jeweiligen Baugenehmigungsverfahren vorbehalten. Zum anderen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass passive Lärmschutzmaßnahmen in Gestalt von Lärmschutzfenstern und Lüftungseinrichtungen jedenfalls dann zumutbar sind, wenn aktiver Schallschutz nicht möglich ist; einen Anspruch auf Schlafen bei offenem oder gekippten Fenster gibt es nicht (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.2006 - 4 C 4/05 - BVerwGE 126, 340 Rn. 26 ff.; B.v. 22.3.2007 - 4 CN 2/06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.; B.v. 7.6.2012 - 4 BN 6/12 - ZfBR 2012, 578 Rn. 7 f.; VGH BW, U.v. 19.10.2011 - 3 S 942/10 - DVBl 2012, 186 = juris Rn. 56; U.v. 8.10.2012 - 5 S 203/11 - UPR 2013, 160 = juris Rn. 106).

f) Zu Recht wurde bei der Ermittlung des Verkehrslärms die Fabrikstraße nicht mit in Schallausbreitungsberechnung einbezogen. Diese liegt zwar im Geltungsbereich des Plangebiets, erfährt durch die Planung aber keine wesentliche Änderung nach § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV. Eine solche liegt nur dann vor, wenn eine Straße entweder um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird (Abs. 1 Nr. 1), durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 Dezibel (A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird (Abs. 1 Nr. 2) oder der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms von mindestens 70 dB (A) am Tage oder 60 dB (A) in der Nacht durch einen erheblichen baulichen Eingriff erhöht wird. Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt wären, ist nicht ersichtlich und macht auch die Antragstellerin nicht geltend.

g) Nicht durchzudringen vermag die Antragstellerin schließlich mit dem Einwand, in der schalltechnischen Untersuchung der ... vom 13. Oktober 2010 sei die gewerblich bedingte Vorbelastung nicht berücksichtigt. Da die Flächen nicht im Einwirkungsbereich von Geräuschen aus bestehenden Anlagen und Betrieben liegen, vielmehr ein seit 1994 brach liegendes Gelände einer ehemaligen ... Fabrik neu überplant wird, liegt eine gewerbliche Vorbelastung nicht vor (vgl. auch ergänzende Stellungnahme der ... vom 12.11.2014, S. 2).

D. Die Rechtswidrigkeit von Buchst. A Nr. 2.6.a. 3) und 6) der textlichen Festsetzungen hat Unwirksamkeit allein dieser Festsetzungen, nicht jedoch die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge, weil die übrigen (rechtmäßigen) Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleiben und nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5/07 - BVerwGE 133, 377 Rn. 29; BayVGH, U.v. 12.5.2015 - 15 N 13.2533 - juris Rn. 57).

E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1,§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO. Gründe, derentwegen die Revision zuzulassen wäre, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in§§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 BV 13.1686

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. November 2015

(VG Ansbach, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: AN 4 K 13.231 u. a.)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 423

Hauptpunkte:

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über ein behördliches Einschreiten gegen von Gaststätten ausgehende Geräuschimmissionen;

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über eine Vorverlegung des Beginns der für Freischankflächen geltenden Sperrzeit;

- Klagebefugnis und Aktivlegitimation des Anspruchstellers als Eigentümer nicht selbstgenutzten Wohnraums im Einwirkungsbereich der emittierenden Gaststätten;

- Lage des Immobiliareigentums des Anspruchstellers und der emittierenden Gaststätten in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet, in dem zum Schutz der Wohnbevölkerung die Errichtung neuer Gaststätten ausgeschlossen ist;

- keine unmittelbare Anwendbarkeit der TA Lärm auch auf solche Freischankflächen, die Annex einer im Übrigen in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte sind;

- Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte durch „Raucherlärm“;

- formelle und materielle Voraussetzungen für eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ..., vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt,

Beklagte

beigeladen:

1. ...

2. ...

3.

4. ...

5. ...

6. ...

zu 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

zu 4 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen gaststättenrechtlicher Auflagen; Sperrzeitverlängerung;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. November 2015 am 25. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 wird in Nrn. 2 und 3 abgeändert.

II.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu bescheiden.

III.

Die Nummer 3 des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 erhält folgende Fassung:

„Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug fallen dem Kläger zu zwei Zehnteln, der Beklagten zu drei Zehnteln sowie den im ersten Rechtszug Beigeladenen zu 6) und 7) zu je einem Viertel zur Last. Die im ersten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.“

IV.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu zwei Fünfteln, die Beklagte zu drei Fünfteln zu tragen. Die im zweiten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

V.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet das Begehren des Klägers, die beklagte kreisfreie Gemeinde zu verpflichten, jeweils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum einen über seinen Antrag neu zu entscheiden, gegen die Geräuschimmissionen einzuschreiten, denen seine Anwesen aufgrund der in der G.-straße befindlichen Gaststätten und ihrer Besucher ausgesetzt sind, soweit diese zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr außerhalb von Gebäuden einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) und während der übrigen Zeit einen Beurteilungspegel von 60 dB(A) überschreiten, und zum anderen erneut über sein Verlangen auf Festsetzung des Sperrzeitbeginns der Freischankflächen von in der G.-straße vorhandenen Gaststätten auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen nach 22.00 Uhr, aber vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) zu befinden.

1. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen innerhalb der Altstadt der Beklagten und im Geltungsbereich des seit dem 19. Februar 1988 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 001, der ein Mischgebiet (§ 6 Abs. 1 BauNVO) festsetzt und in seinem Textteil u. a. folgende Regelungen trifft:

„2. Planungsrechtliche Einschränkungen des Mischgebietes gem. § 1 Abs. 5 BauNVO in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO:

2.1 In dem im Planblatt mit,A' gekennzeichneten Bereich ist die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässige Nutzung Schank- und Speisewirtschaften einschließlich deren besonderer Betriebsarten wie auch Cafés - auch solche, die der Versorgung des Gebietes dienen - nicht zulässig, wenn es sich um erlaubnispflichtige Betriebe nach dem Gaststättengesetz handelt. Das Gleiche gilt für die Teilung von Betrieben.

Die planungsrechtliche Einschränkung gilt nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheit bereitzustellen, in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen.

Bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz.

Eine Ausnahme kann bei Erweiterungen - sowohl innerhalb des Gebäudes als auch auf Freiflächen - nur gewährt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Erweiterung

- der Schank- u. Gastraumfläche des bestehenden Betriebes in geringem Umfange vergrößert wird,

- die Wohnnutzung im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht stört und

- des sich daraus ergebenden Bedarfes an notwendigen Stellplätzen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe untergebracht wird.“

Die G.-straße liegt innerhalb des mit „A“ gekennzeichneten Bereichs dieses Bebauungsplans, den die Beklagte mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 dahingehend geändert hat, dass seither auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, die in Verbindung mit einer gaststättenähnlichen Nutzung ausgeübt werden, unzulässig sind.

Am 24. September 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten, ein auf eine zweite Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 abzielendes Verfahren einzuleiten, um die in dessen Geltungsbereich bestehenden planungsrechtlichen Restriktionen für Schankund Speisewirtschaften zu beseitigen. Am 21. Oktober 2015 beschloss das gleiche Gremium als Zielvorgabe für die geplante Änderung des Bebauungsplans Nr. 001, dass der von ihm erfasste Bereich zu einem Stadtteil entwickelt werden solle, der eine „urbane Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe, zu dem auch gastronomische Betriebe zählen“, ermögliche. In noch genau festzulegenden Teilbereichen des Bebauungsplangebiets solle „der durch den Bebauungsplan festgesetzte .signifikant' verstärkte Schutz des Wohnens aufgehoben werden und auf die Einschränkung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften verzichtet werden“.

2. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen ferner im Geltungsbereich der am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Verordnung der Beklagten über die Sperrzeit von Gaststätten und Vergnügungsstätten („Innenstadt-Sperrzeitverordnung“) vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27). Sie sieht vor, dass - ausgenommen die Nacht zum 1. Januar - im Innenstadtbereich die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 2.00 Uhr beginnt und um 6.00 Uhr endet.

Die Beklagte hat außerdem eine Verordnung über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten („Sperrzeitverordnung“) erlassen. Sie sieht in ihrer derzeit geltenden, ebenfalls am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Fassung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27) vor, dass die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien wie Wirtschaftsgärten und Terrassen abweichend von § 8 Abs. 1 GastV auf 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr festgesetzt wird. Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist nach dieser Verordnung so rechtzeitig einzustellen, dass der Betrieb der Freischankfläche mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und der zurechenbare Straßenverkehr abgewickelt ist. Ferner dürfen nach dem Beginn der Sperrzeit Arbeiten, die geeignet sind, die Nachtruhe der Anwohner zu stören (z. B. Aufräumen, Zusammenstellen von Tischen und Stühlen), nicht mehr durchgeführt werden.

3. Der Kläger ist eigenem Bekunden zufolge zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44, das sie 2007 erworben und nach einer Sanierung im Juli 2008 bezogen hätten. Es liegt auf der Nordostseite der annähernd von Nordwesten nach Südosten verlaufenden G.-straße.

Einem Aktenvermerk der Beklagten vom 11. Juli 2012 zufolge befanden sich in dem Anwesen G.-straße 42 vom 11. April 1902 bis zum 1. März 1998 nahezu ohne Unterbrechung Gaststätten. Am 4. Juli 2012 erteilte die Beklagte der Ehefrau des Klägers eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG zur Fortführung der Schank- und Speisewirtschaft „Café E.“ im Gebäude G.-straße 42. Sie erstreckte sich u. a. auf eine Freischankfläche mit höchstens 28 Sitzplätzen. Seit Juli 2013 hat der Kläger die Räume des „Café e.“ und die vor dem Anwesen G.-straße 42 liegende Freischankfläche, für die weiterhin 28 Sitzplätze konzessioniert sind, an einen Dritten vermietet, der dort eine als „M.-Cafe-Bar“ bezeichnete Schank- und Speisewirtschaft betreibt.

Die Nutzung der Anwesen G.-straße 42 und 44 für eigene Wohnzwecke hat der Kläger im Laufe des Jahres 2014 beendet und auch den in diesen Gebäuden befindlichen Wohnraum vermietet.

4. Nach Südosten hin schließt sich an das Anwesen G.-straße 42 - von diesem durch eine Zuwegung getrennt - das Anwesen G.-straße 38/40 an, in dem der Beigeladene zu 3) die Gaststätte „K.“ betreibt. Danach folgt auf der gleichen (nordöstlichen) Straßenseite die vom Beigeladenen zu 2) im Anwesen G.-straße 36 geführte Gaststätte „Z.“. im nächsten Gebäude (G.-straße 34) befand sich ehedem die Gaststätte „Zum G.“, die nach Darstellung der Beklagten seit dem 30. November 2014 geschlossen ist.

Auf der südwestlichen Seite der G.-straße betreibt der Beigeladene zu 4) in dem den Anwesen des Klägers gegenüberliegenden Gebäude G.-straße 43 die Schank- und Speisewirtschaft „W.“. Er hat gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof schriftsätzlich erklärt, dieses Lokal mit Ablauf des Jahres 2015 einzustellen. In dem sich auf der gleichen Straßenseite anschließenden Anwesen G.-straße 41 besteht die Gaststätte „Zum g.“, die nunmehr von der Beigeladenen zu 6) betrieben wird. Daran schließt sich die vom Beigeladenen zu 5) geführte Gaststätte „G.“ die an die Stelle des zuvor in dem gleichen Anwesen (G.-straße 39) unter den Bezeichnungen „s.“ bzw. „p.“ betriebenen Lokals getreten ist. Während die beiden auf dieser Straßenseite nächstfolgenden Gebäude (G.-straße 37 und G.-straße 35) nicht für gastronomische Zwecke genutzt werden, unterhält der Beigeladene zu 1) im Anwesen G.-straße 33 das Lokal D. ...

Wegen der genehmigungsrechtlichen Situation dieser Betriebe, die ausnahmslos auch über Freischankflächen verfügen, wird auf die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Gaststättenakten sowie die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen, die jüngere Zeit betreffenden Unterlagen verwiesen.

5. Ab dem Jahr 2010 wandten sich Anwohner der G.-straße wegen der Geräuschbelastung, die sich aus den in dieser Straße betriebenen Gaststätten sowie aus in der Innenstadt durchgeführten Veranstaltungen ergebe, beschwerdeführend an die Beklagte. Auf Verlangen des Stadtrats der Beklagten trat am 6. Mai 2011 daraufhin ein „Runder Tisch“ zusammen, an dem u. a. Vertreter der Verwaltung der Beklagten, von Anwohnern der G.-straße sowie die Betreiber mehrerer in dieser Straße befindlicher Gaststätten teilnahmen. Wegen der damals in Aussicht genommenen Maßnahmen wird auf Blatt 140 bis 143 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten Bezug genommen.

In einer weiteren, am 16. November 2011 abgehaltenen Sitzung des „Runden Tisches“ erklärten die Vertreter der Anwohner, der am 6. Mai 2011 in Aussicht genommene Kompromiss sei aus ihrer Sicht u. a. deshalb gescheitert, da mehrere Gastwirte die hinsichtlich der Freischankflächen geltenden Sperrzeitregelungen nicht einhalten würden und die Zahl der dort genehmigten Sitzplätze überschritten werde.

Der Stadtrat der Beklagten befürwortete daraufhin am 21. Dezember 2011 u. a. den Erlass der vorerwähnten Innenstadt-Sperrzeitverordnung sowie eine einheitliche Dauer der Sperrzeit für Freischankflächen von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Wegen der weiteren in jener Sitzung getroffenen Festlegungen wird auf Blatt 277 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten verwiesen.

6. Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 10. Mai 2012 beantragten der Kläger, seine Ehefrau sowie zwei weitere Einwohner der Beklagten - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Belang - zum einen, geeignete Maßnahmen zu treffen und durchzuführen, damit die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der Gustav-/W.straße entstehenden und auf die Anwesen der Eingabeführer einwirkenden Geräuschimmissionen unter Einschluss der Geräusche, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten und die Nutzung der Freischankflächen verursacht würden, 45 dB(A) während der Nachtzeit und 60 dB(A) tagsüber nicht überschreiten. Zum anderen verlangten sie, die Sperrzeit der Freischankflächen von Gaststätten im Bereich der Gustav-/W.straße auf die Zeit von 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) bis 6.00 Uhr festzusetzen.

Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 31. Mai 2012, die Zuschrift vom 10. Mai 2012 sei dem Stadtrat am 23. Mai 2012 zur Kenntnis gebracht worden. Dieses Gremium habe die Auffassung vertreten, dass am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festgehalten werden solle. Die Aufrechterhaltung des Beginns der Sperrzeit für Freischankflächen um 23.00 Uhr begründete die Beklagte in diesem Schreiben damit, dass der in der TA Lärm vorgesehene Beginn der Nachtzeit um 22.00 Uhr nicht mehr dem geänderten Freizeitverhalten der Bevölkerung entspreche. Die Beklagte habe deshalb von der rechtlichen Möglichkeit, den Beginn der Sperrzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben, Gebrauch gemacht. Im Übrigen verwies die Beklagte u. a. darauf, dass der Grundstückserwerb des Klägers und seiner Ehefrau in der G.-straße zu einer Zeit stattgefunden habe, in der sich die Situation in gleicher Weise wie im Jahr 2012 dargestellt habe.

7. Mit der von ihm am 11. Januar 2013 zum Verwaltungsgericht Ansbach erhobenen Klage beantragte der Kläger bei Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug:

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf behördliches Einschreiten gegen die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der G.-straße in F. entstehenden und auf das Anwesen des Klägers einwirkenden Lärmimmissionen - einbezogen die Lärmimmissionen, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten, auch bei der Nutzung der Freischankflächen, verursacht werden -, die die maximalen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 45 dB(A) in der Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) und von 60 dB(A) zur Tagzeit überschreiten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf Festsetzung der Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten im Bereich G.-straße in F. auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen Beginn vor 23.00 Uhr) bis 6.00 Uhr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8. Durch Urteil vom 11. Juli 2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2012 auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Voraussetzungen für eine auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG gestützte Ermessensentscheidung - nämlich schädliche Umwelteinwirkungen zulasten des Klägers - lägen vor. Das Verwaltungsgericht verwies insoweit auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 und führte aus, die Geräuschvorbelastung durch eine genehmigte Nutzung führe nicht dazu, dass die Beigeladenen von jeder Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt wären. Zur Beurteilung der von einer Gaststätte ausgehenden Geräusche sei die TA Lärm heranzuziehen; das gelte auch für den von Freischankflächen ausgehenden Schall. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lasse das normkonkretisierende Konzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als dieses Regelwerk Spielräume in Gestalt von Kannvorschriften oder Bewertungsspannen eröffne.

Es sei unzutreffend, wenn die Beklagte annehme, der Beginn der Nachtzeit sei auf 23.00 Uhr anzusetzen, da es vorliegend sowohl an zwingenden betrieblichen als auch - jedenfalls bezogen auf das gesamte Stadtgebiet der Beklagten - an besonderen örtlichen Verhältnissen im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm fehle. Der Stadtratsbeschluss vom 21. Dezember 2011 stelle lediglich einen Bezug zur vorherigen, für die Anwohner ungünstigeren Sperrzeitregelung her; zu einem Hinausschieben der Nachtzeit verhalte er sich ebenso wenig wie die zugehörige Beschlussvorlage vom 13. Dezember 2011. Wollte man dennoch ein Hinausschieben im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm annehmen, fehle es an einer Würdigung des Umstandes, dass von einer Ausnahmeregelung der TA Lärm im größtmöglichen Umfang Gebrauch gemacht worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen Berücksichtigung gefunden habe, seien umso weniger erkennbar, als die Verwaltung der Beklagten in ihrer Beschlussvorlage darauf hingewiesen habe, dass rechnerisch 25% der Freischankplätze die Lärmrichtwerte überschreiten würden und dass die Toleranz der Anwohner aus immissionsschutzrechtlicher Sicht seit langem über Gebühr strapaziert worden sei. Angesichts eines in der Innenstadt während der Nachtzeit vorhandenen Grundgeräuschpegels von 45 bis 50 dB(A) sei ferner die weitere Voraussetzung für ein Hinausschieben der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm - nämlich die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe für die Nachbarschaft - nicht erfüllt, da am 15. November 2011, am 6. Juni 2012 und am 11. Juni 2012 durchgeführte Berechnungen eines Umweltingenieurs der Beklagten am Anwesen des Klägers für die Zeit zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr - und zwar auch sonntags - einen Beurteilungspegel von 58 dB(A) ergeben hätten. Angesichts der Bindung der Beklagten an die TA Lärm und der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 8 GastV den Gemeinden weiterhin die Möglichkeit von Sperrzeitverlängerungen nach § 10 und § 11 GastV zur Verfügung gestellt habe, scheide die Bejahung besonderer örtlicher Verhältnisse aufgrund des geänderten Ausgehverhaltens der Bevölkerung aus.

Dass es zu Überschreitungen des für die Nachtzeit maßgeblichen Beurteilungspegels von 45 dB(A) komme, ergebe sich u. a. aus den schalltechnischen Beurteilungen bzw. Immissionsprognosen von Umweltingenieuren der Beklagten vom 29. Dezember 2010, vom 6. Juni 2012 und vom 11. Juni 2012 sowie aus der Beschlussvorlage der Verwaltung der Beklagten für eine am 25. Januar 2012 abgehaltene Stadtratssitzung. Wenn in den beiden im Juni 2012 erstellten Immissionsprognosen hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr für das Anwesen des Klägers ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) und hinsichtlich der Zeit ab 23.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 59 dB(A) angesetzt worden sei, so ergebe sich hieraus eine massive Störung der Nachtruhe als Folge des von der Beklagten bis 23.00 Uhr zugelassenen Betriebs von Freischankflächen; diese Beurteilungspegel überträfen sogar den während der Nachtzeit in einem Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwert von 50 dB(A) deutlich. Zudem hätten an verschiedenen Punkten durchgeführte Messungen ergeben, dass der Raucherlärm zu Beurteilungspegeln von 62 dB(A), 46 dB(A) und 54 dB(A) führe; ähnliche, teilweise erhebliche Überschreitungen würden sich auch für das Anwesen des Klägers ergeben.

Aus der von der Beklagten vorgelegten schalltechnischen Beurteilung vom 8. Februar 2013 ergebe sich ferner, dass bei einigen größeren Freischankflächen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Tageszeit teilweise geringfügig überschritten würden.

Angesichts der eigenen Immissionsberechnungen der Beklagten lägen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Sperrzeit durch Einzelanordnung nach § 11 GastV vor. Die Erwägung, im Bereich der G.-straße bestehe angesichts der „historisch gewachsenen Kneipenmeile“ eine besondere Störungsunempfindlichkeit, sei angesichts der Tatsache, dass § 11 GastV keine atypischen Verhältnisse voraussetze und Gaststätten vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG keinen umfassenden Bestandsschutz genössen, mit dem Gesetz nicht vereinbar. Dies gelte zumal in Anbetracht der Zahl der in dieser Straße als wohnhaft gemeldeten Personen.

Aus dem Bescheid vom 31. Mai 2012 gehe nicht hervor, dass sich die Beklagte des Umstands bewusst gewesen sei, eine Ermessensentscheidung zu treffen; § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und die §§ 10 f. GastV seien nicht einmal erwähnt worden. Dies lasse den Schluss auf eine Ermessensunterschreitung zu. In die gleiche Richtung wirke es sich aus, dass die Beklagte die gegen ihre Entscheidung sprechenden Gesichtspunkte (hier: die Lärmbeeinträchtigung des Klägers) nicht ermittelt, gewürdigt und gewichtet habe. Dieser Mangel sei nicht nach § 114 Satz 2 VwGO heilbar, da diese Vorschrift nicht das erstmalige Ausüben von Ermessen im gerichtlichen Verfahren zulasse.

9. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu zu bescheiden.

In tatsächlicher Hinsicht verweist sie vor allem auf die Ergebnisse der Geräuschmessungen, die sie in den Monaten April bis September 2013 am Anwesen G.-straße 35 durchgeführt habe. Wegen der hierbei gewonnenen Ergebnisse und ihrer Bewertung durch die Beklagte wird auf Blatt 180 bis 213 der Gerichtsakte des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

10. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11. Die Beigeladenen haben im zweiten Rechtszug - ebenso wie der Vertreter des öffentlichen Interesses - keinen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die in beiden Rechtszügen angefallenen Gerichtsakten sowie auf die seitens des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat im Hilfsantrag Erfolg. Das Verwaltungsgericht ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2012 nicht als in jeder Hinsicht rechtskonforme und den Erfordernissen pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechende Verbescheidung des Begehrens angesehen werden kann, das der Kläger mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 10. Mai 2012 an die Beklagte herangetragen hatte. Bei der in der Nummer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils erfolgten Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts, der in dem Schreiben vom 31. Mai 2012 zu sehen ist, muss es nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens deshalb ebenso sein Bewenden haben wie bei der unter der Nummer 2 des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung ausgesprochenen grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten, den Kläger neu zu bescheiden. Die Gesichtspunkte, von denen sich die Beklagte hierbei leiten lassen muss, bedürfen teilweise allerdings einer anderen Bestimmung als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist, da das Verwaltungsgericht punktuell sowohl den Rahmen der rechtlichen Bindungen, denen die Beklagte insofern unterliegt, zu eng gezogen als auch eine zu weitreichende Einschränkung ihres Ermessensspielraums angenommen hat.

1. Zulässigkeit der Klage:

Die Klage ist ungeachtet des Umstandes zulässig geblieben, dass der Kläger die Anwesen G.-straße 42 und 44 nicht mehr für eigene Wohnzwecke nutzt. Unabhängig hiervon ergibt sich seine Klagebefugnis (ebenso wie sein „Verletzt-Sein“ in eigenen Rechten im Sinn von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) nämlich aus dem Umstand, dass er durch die nicht rechts- und ermessenskonforme Weigerung der Beklagten, die auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkenden Geräuschimmissionen zu verringern, in seinem Eigentum an diesen Gebäuden verletzt wird. Denn es kann sich auf die Nutzbarkeit einer solchen Liegenschaft - insbesondere auf die Vermietbarkeit darin befindlichen Wohnraums und den hierbei erzielbaren Mietzins - nachteilig auswirken, wenn das Mietobjekt Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, die das Maß dessen überschreiten, was angesichts der konkreten Lage der Immobilie hingenommen werden muss.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich dieser Nachteil bereits realisiert hat. Unerheblich ist namentlich, ob der Kläger bei der Vermietung der zuvor von ihm selbst genutzten Wohnung nur einen geringeren Mietzins erzielen konnte, als das der Fall wäre, befände sich diese Liegenschaft in einer ruhigeren Umgebung. Denn „schädliche Umwelteinwirkungen“, deren Unterbleiben der von ihnen Betroffene nach den vorliegend einschlägigen, drittschützenden Vorschriften des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG grundsätzlich verlangen kann, liegen nicht erst dann vor, wenn es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung eines der in § 1 Abs. 1 BImSchG aufgeführten Schutzgüter, zu denen auch Gebäude gehören (Führ in GK-BlmSchG, Stand Dezember 2011, § 1 Rn. 162; Kotulla in ders., BImSchG, Stand Juli 2004, § 1 Rn. 53), gekommen ist. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn Immissionen „geeignet“ sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Es genügt deshalb, wenn Immissionen erfahrungsgemäß erhebliche negative Effekte auf die in § 1 Abs. 1 BImSchG bezeichneten Schutzgüter zeitigen können (Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Dezember 1990, § 3 BImSchG Anm. 6). Auf die Entbehrlichkeit des Umstands, „dass die Störung tatsächlich eingetreten ist“, als Voraussetzung für das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG hat bereits die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 14. Februar 1973 (BT-Drs. 7/179, S. 29) hingewiesen. Es reicht vielmehr aus, „wenn die Immissionen nach Art, Ausmaß und Dauer die Eignung besitzen, derartige Störungen hervorzubringen“ (BT-Drs. 7/179, S. 29).

Zwar genügt die lediglich entfernte, abstrakte Möglichkeit des Eintritts negativer Effekte auf immissionsschutzrechtlich relevante Schutzgüter nicht (vgl. zur erforderlichen Konkretheit der zu besorgenden Beeinträchtigungen Kotulla in ders., BImSchG, Stand Januar 2004, § 3 Rn. 37; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 39). Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Belastung von Wohnräumen mit Geräuschimmissionen zu den - oft sogar wesentlichen - wertbildenden Faktoren jeder Wohnimmobilie gehört. Die Möglichkeit, der auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkende Schall könnte zu einer spürbaren Minderung der Ertragskraft dieser Immobilie sowie ggf. zu sonstigen erheblichen Nachteilen für den Kläger (z. B. in Gestalt eines häufigeren, lärmbedingten Mieterwechsels oder einer Vermietbarkeit nur an Personen, die aufgrund ihrer Vermögenslage oder ihrer Verhaltensmodalitäten ein höheres wirtschaftliches Risiko für den Vermieter bedeuten) führen, stellt deshalb nicht nur eine hypothetische, sondern eine nach der Lebenserfahrung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchtende Gefahr dar.

Der in § 3 Abs. 1 BImSchG verwendete Begriff der „erheblichen Nachteile“ umfasst zudem nicht nur Substanz-, sondern auch Vermögensschäden; das gilt jedenfalls dann, wenn sie die Folge von physisch (hier: in Gestalt von Schallwellen) auf ein Sachgut einwirkenden Immissionen sind (vgl. BayVGH, U. v. 25.1.2010 - 22 N 09.1193 - Rn. 45, unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz, BT-Drs. 7/179, S. 29).

2. Beurteilungsmaßstab für die Schädlichkeit des Gaststättenlärms:

Bei der Beantwortung der Frage, ob von den in der G.-straße vorhandenen Gaststätten schädliche Umweltauswirkungen ausgehen, hatte (und hat) die Beklagte die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) insoweit zu beachten, als gaststättenrechtlich relevante Betätigungen innerhalb geschlossener Räume („Innengastronomie“) inmitten stehen. Gleiches gilt, soweit sich Geräusche - wie das u. a. bei den Emissionen des Zu- und Abgangsverkehrs der „Innengastronomie“ der Fall ist - als unmittelbare Folgeerscheinungen eines solchen Betriebs darstellen und der erforderliche räumliche Zusammenhang mit der Gaststätte noch besteht (2.1). Anders stellt sich die Bindung der Beklagten an die TA Lärm grundsätzlich hinsichtlich der akustischen Auswirkungen der in der G.-straße betriebenen Freischankflächen dar (2.2).

2.1 Die Maßgeblichkeit der TA Lärm für die Ermittlung und Bewertung der von Gaststätten (ausgenommen den von der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erfassten Bereich) ausgehenden Geräusche folgt unmittelbar aus der Nummer 1 Abs. 3 Buchst. b TA Lärm (vgl. dazu BVerwG, B. v. 9.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Soweit diese Verwaltungsvorschrift den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, kommt ihr darüber hinaus auch eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12). Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift insbesondere durch Kann-Bestimmungen (z. B. in Gestalt der Nummer 6.5 Satz 3 und der Nummer 7.2) und Bewertungsspannen (vgl. z. B. die Nummer A 2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12).

An dem (auf die Innengastronomie beschränkten) Geltungsanspruch der TA Lärm für Zwecke der Ermittlung und Bewertung der durch Gaststättenbetriebe verursachten Geräusche ändert weder die nunmehr entfallene Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gaststättenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) noch die den Ländern zugewachsene Gesetzgebungskompetenz für verhaltensbezogenen Lärm (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG), sollten die vorliegend verfahrensgegenständlichen Immissionen hierzu zählen, etwas. Denn aus Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich die Fortgeltung sowohl des Gaststättengesetzes des Bundes in Bayern als partielles Bundesrecht als auch die fortbestehende Anwendbarkeit der §§ 22 BImSchG auf Gaststätten in diesem Bundesland jedenfalls neben § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (vgl. zur mangelnden Verdrängung des § 22 BImSchG durch das Gaststättenrecht BVerwG, B. v. 5.7.1986 - 7 N 1.96 u. a. - DÖV 1996, 919/920; SaarlOVG, U. v. 29.8.2006 -1 R 21/06 - NVwZ-RR 2007, 598/599 ff.; Czjaka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand August 2011, § 22 BImSchG Rn. 75; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Oktober 2006, Vor § 22 BImSchG Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 22 Rn. 14; ebenso Roßnagel/Hentschel in GK-BImSchG, Stand Dezember 2012, § 22 Rn. 174 für die beim Betrieb von Gaststätten einzuhaltenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen). Unter diesen Voraussetzungen bleiben bis zu ihrer (bisher nicht erfolgten) Ersetzung auch allgemeine Verwaltungsvorschriften in Kraft, die der Bund gemäß Art. 84 Abs. 2 GG zur Regelung des Vollzugs von Bundesrecht erlassen hat.

Aus dem Umstand, dass § 8 Abs. 1 GastV in der Fassung des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (GVBl S. 539) den Betrieb von Gaststätten nunmehr nahezu „rund um die Uhr“ (ausgenommen die Stunde zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr) zulässt, ergibt sich entgegen der in Abschnitt V.6 der Berufungsbegründung anklingenden Auffassung keine Modifizierung des Begriffsinhalts der „schädlichen Umwelteinwirkungen“, die einem Rückgriff auf § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG und den in diesen Bestimmungen vorausgesetzten, durch § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung u. a. mit der TA Lärm konkretisierten Bedeutungsgehalt dieses Rechtsinstituts entgegenstünde. Das folgt bereits daraus, dass eine landesrechtliche Norm gemäß Art. 31 GG einschlägiges Bundesrecht (hier: das sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG ergebende Gebot des Unterbleibens vermeidbarer bzw. der Minimierung unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen) weder verdrängen noch modifizieren kann. An dem sich aus Art. 31 GG ergebenden Vorrang des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG in Verbindung mit der in § 3 Abs. 1 BImSchG vorgenommenen Begriffsbestimmung der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ würde sich auch dann nichts ändern, wenn - was mangels Entscheidungserheblichkeit vorliegend ausdrücklich dahingestellt bleiben kann - die von den Besuchern einer Gaststätte ausgehenden Geräusche als „verhaltensbezogener Lärm“ im Sinn von Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG mit der Folge anzusehen sein sollten, dass die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung dieser Art von Immissionen nunmehr ebenso bei den Ländern läge wie das hinsichtlich des Gaststättenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG der Fall ist. Solange der Gesetzgeber in Bayern von einer sich aus den letztgenannten Verfassungsbestimmungen ergebenden Normsetzungsbefugnis nämlich nicht Gebrauch gemacht hat, gelten das Gaststättengesetz und die §§ 22 ff. BImSchG in diesem Bundesland gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG unverändert als Bundesrecht fort.

Der Annahme, der Landesgesetzgeber habe die sich aus §§ 22 BImSchG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BImSchG) ergebenden Anforderungen durch den Erlass des Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (a. a. O.) „mittelbar“ modifiziert, steht auch entgegen, dass eine Derogation oder Relativierung des materiellen Immissionsschutzrechts und eine Absenkung des Schutzniveaus zugunsten der Nachbarn von Gaststätten nachweislich nicht beabsichtigt war. Bereits die Begründung des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung (LT-Drs. 15/1892, S. 4) hielt zu dieser Frage fest:

„Den Belangen des Lärmschutzes und der ungestörten Nachtruhe der Anwohner wird dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, durch Rechtsverordnung für ihr gesamtes Gemeindegebiet oder für Teile hiervon eine abweichende Sperrzeit festzusetzen. Weiter können sie durch Einzelfallbescheid entsprechend regelnd eingreifen, wenn die Verhältnisse vor Ort dies erfordern.“

2.2 Soweit Freischankflächen den Gegenstand sowohl behördlicher Zulassungsentscheidungen als auch (geforderter) repressiver Maßnahmen bilden, besteht eine unmittelbare Bindung an die TA Lärm demgegenüber nicht, da es sich bei ihnen um „Freiluftgaststätten“ im Sinn der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm handelt, für die sich diese Verwaltungsvorschrift keine Geltung beimisst. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits in den Beschlüssen vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013 - GewArch 2014, 485 Rn. 8) und vom 30. September 2014 (22 B 14.267 - BA Rn. 5) zu erkennen gegeben, dass er in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188) dazu neigt, diese Bestimmung nicht nur auf „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch auf Freischankflächen anzuwenden, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden. An dieser Auffassung ist zum einen deshalb festzuhalten, weil die Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm andernfalls zumindest weitgehend leerliefe. Denn auf Dauer angelegte Gaststätten, die ausschließlich „unter freiem Himmel“ betrieben werden, sind nach dem Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs in der Lebenswirklichkeit kaum anzutreffen. Soweit vorübergehende gastronomische Betätigungen ohne einen geschlossenen Gaststättenraum auskommen, verbietet bereits das sich aus § 12 Abs. 1 GastG ergebende Erfordernis der Zulassung solcher Betätigungen „unter erleichterten Voraussetzungen“ eine unmodifizierte Heranziehung der TA Lärm (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014 a. a. O. Rn. 8); der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm kommt in solchen Fällen deshalb keine konstitutive Bedeutung zu. Zum anderen sind keine Umstände erkennbar, die es im Licht des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigen könnten, Freischankflächen, die sich als Bestandteile von in geschlossenen Räumen betriebenen Lokalen darstellen, im Gegensatz zu „selbstständigen“ Freiluftgaststätten von der Anwendung der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm auszunehmen. Sieht man mit dem Bundesverwaltungsgericht (B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 -BRS 76 [2010] Nr. 188 unter insoweit allerdings nicht recht nachvollziehbarer Bezugnahme auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für die TA Lärm, BR-Drs. 254/98, S. 47) die Intention des Vorschriftengebers darin, zum einen im Hinblick auf die Bedeutung der Freiluftgastronomie und ihre örtliche bzw. regionale Herkömmlichkeit die Zumutbarkeitsschwelle gegebenenfalls anheben zu können, zum anderen in der Notwendigkeit, den Besonderheiten des menschlichen Lärms angemessen Rechnung zu tragen, so erscheint es geboten, den in der Realität zumindest ganz im Vordergrund stehenden Typus der Freischankfläche, die zu einer in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte gehört, in den Anwendungsbereich der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm einzubeziehen.

Ein solches Verständnis der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erscheint umso eher vertretbar, als sich hieraus kein „Freibrief“ für rücksichtsloses, lärmverursachendes Verhalten der Inhaber und Nutzer von Freischankflächen ergibt. Vielmehr beanspruchen auch für solche Einrichtungen die in § 22 BImSchG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG bzw. - nach erfolgter Erteilung der Gaststättenerlaubnis - § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gelangenden immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten ungeschmälert Geltung. Eine Besonderheit ergibt sich lediglich daraus, dass bei weder der TA Lärm noch einem anderen lärmschutzfachlichen Regelwerk unterfallenden Geräuschquellen die Entscheidung, wann die Grenze zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG überschritten wird, einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der Art und Lästigkeit der jeweiligen Schallereignisse, des von ihnen hervorgerufenen Beurteilungspegels, ihrer Dauer, Häufigkeit, Impuls-, Ton- und Informationshaltigkeit sowie des Zusammenwirkens dieser verschiedenen Faktoren zu treffen ist (ähnlich Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 1 Rn. 25). Nicht anders als in sonstigen Fällen, in denen für die Bewertung von Immissionen kein unmittelbar einschlägiges Regelwerk zur Verfügung steht, hängt die Beantwortung der Frage nach ihrer Zumutbarkeit auch hier von einer umfassenden Würdigung all dieser Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets ab (vgl. BVerwG, B. v. 17.7.2003 - 4 B 55.03 -NJW 2003, 3360/3361; HessVGH, U. v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - NVwZ-RR 2006, 531/532; BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351). Wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz müssen ebenfalls in die Gesamtbetrachtung einfließen.

Wenn eine Anlage vollständig aus dem Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen ist, dann liegt darin zwar eine Klarstellung des Vorschriftengebers, dass die Beurteilungsmaßstäbe der TA Lärm für sie nicht passen (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, einzelne Vorschriften der TA Lärm entsprechend anzuwenden, soweit dies mit ihrer besonderen Eigenart vereinbar ist (Feldhaus, UPR 1999, 1/2, Kutscheidt, NVwZ 1999, 577/578), wobei ihnen allerdings nicht die Funktion einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift, sondern eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o.J., Nr. 1 Rn. 25).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist zunächst die Schutzwürdigkeit der klägerischen Anwesen zu berücksichtigen, wie sie sich aus dem Bebauungsplan Nr. 001 ergibt. Aus seinen textlichen Festsetzungen und aus seiner Begründung ergibt sich, dass es das zentrale von ihm verfolgte Anliegen ist, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen vor unzumutbaren Beeinträchtigungen - namentlich in Gestalt von Lärm - zu bewahren, die von Gaststätten ausgehen. Unmittelbar deutlich wird diese Regelungsabsicht zum einen im Ausschluss von Schank- und Speisewirtschaften nahezu jedweder Art mit Ausnahme solcher, die - wie Stehausschankflächen von Bäckereien, Metzgereien und anderen Lebensmittelgeschäften - unter dem Blickwinkel des Nachbarschutzes schlechthin kein Problempotential in sich bergen können, zum anderen in der Tatsache, dass die Nummer 2.1 der textlichen Festsetzungen eine Erweiterung bestandsgeschützter Betriebe nur unter der Voraussetzung zulässt, dass eine im Gaststättenanwesen selbst oder in der Nachbarschaft ausgeübte Wohnnutzung nicht gestört wird. In Übereinstimmung damit steht es, wenn die Begründung dieses Bebauungsplans auf ihrer Seite 2 ausführt, Anlass für seine Schaffung habe die Tatsache gegeben, dass während der vorangegangenen Jahre die Zahl der Restaurants, Kneipen und Cafés auf Kosten u. a. der Wohnnutzung zugenommen habe; eine Entwicklung dergestalt, dass die Wohnbevölkerung vor Lärm- und Verkehrsbelastungen aus der Innenstadt in periphere Wohnlagen fliehe, habe in dem Altstadtviertel, in dem die G.-straße liegt, teilweise bereits eingesetzt. Ziel der Planung sei es, diesen Teil der Innenstadt wieder für das Wohnen attraktiv zu machen (ebenda). In die gleiche Richtung weist es, wenn die Beklagte die „Überbelebung bei Nacht bis hin zum ruhestörenden Lärm ausgehend von den Kneipen bzw. Cafés selbst und durch mit Pkw's ankommende und abfahrende Kneipenbesucher“ in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 (S. 4) als einen der besonderen städtebaulichen Gründe anführte, aus denen sich die sachliche Rechtfertigung einer Einschränkung der in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansonsten allgemein zulässigen Nutzungsart „Schank- und Speisewirtschaften“ ergebe. Auch die Begründung der am 8. Februar 1997 in Kraft getretenen Änderung dieses Bebauungsplans hielt auf ihrer Seite 4 fest, die nach wie vor in den Abend- und Nachtstunden durch Musikdarbietungen und Tonwiedergabegeräte verursachten Störungen sowie der Zu- und Abfahrtsverkehr der Besucher hätten eine „Beeinträchtigung der Wohnruhe der unmittelbar angrenzenden Wohnbevölkerung“ zur Folge; dies führe zu einer Stagnierung der Wohnungsanzahl bzw. auch zu einer Abwanderung der Wohnbevölkerung.

Mit dieser Zielsetzung des von der Beklagten selbst gesetzten Ortsrechts wäre es unvereinbar, wollte man sie als befugt ansehen, bei der Bewertung der Störeignung der Geräusche, die von den in der G.-straße nunmehr in großer Zahl und in insgesamt erheblichem Umfang vorhandenen Freischankflächen ausgehen, die nach der TA Lärm für Mischgebiete geltenden Schutzstandards insbesondere in der Nachtzeit außer Acht zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die durch den Betrieb der Freischankflächen hervorgerufenen Geräusche die Gesamtlärmsituation dort jedenfalls dann maßgeblich prägen, wenn sie voll oder stark besetzt sind (vgl. die diesbezüglichen, auf Seite 6 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof festgehaltenen Angaben einer Umweltingenieurin der Beklagten und die damit ein Einklang stehende Tatsache, dass nach den Anlagen 8 bis 13 zur „schallmesstechnischen Betrachtung“ vom Oktober 2013, in der die Ergebnisse der von der Beklagten in der G.-straße durchgeführten Messungen referiert und kommentiert werden, die Stundenmittelwerte für die Zeit ab 23.00 Uhr - d. h. nach dem Beginn der Sperrzeit für die Freischankflächen - zumeist deutlich niedriger liegen als zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Bebauungsplan 001 nichts daran geändert hat, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt). Dies zeigen schon die in ihm enthaltene Bestandsklausel sowie das Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen ergibt, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind.

3. Einschreiten gegen der Innengastronomie zuzurechnenden nächtlichen Lärm, insbesondere „Raucherlärm“.

Der Kläger kann - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - nicht verlangen, dass die Beklagte gegen diejenigen Geräuschimmissionen einschreitet, die von den in der G.-straße betriebenen Gaststätten ausgehen und die zu einer Überschreitung der sich aus der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm ergebenden Beurteilungspegel führen, soweit diese Überschreitung durch Lautäußerungen von Personen verursacht wird, die die Innenräume einer von ihnen besuchten Gaststätte vorübergehend zum Zwecke des Rauchens verlassen, sich jedoch gleichwohl noch in deren unmittelbarer Nähe aufhalten.

Da dieser „Raucherlärm“ unmittelbar kausal auf den Betrieb der jeweiligen Gaststätte zurückzuführen ist, ist er nach dem Vorgesagten zwar grundsätzlich ebenso wie die Geräusche des Zu- und Abgangsverkehrs dieser Anlage zuzurechnen und deshalb bei der Feststellung, ob die jeweils einschlägigen Beurteilungspegel eingehalten sind, mitzuberücksichtigen.

Die Beklagte hat u. a. in Abschnitt I.2.c der Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf die im Jahr 2013 durchgeführten Messungen aufgezeigt, dass bereits einige wenige Raucher, die sich vor Gaststätten in der G.-straße aufhalten und dabei Gespräche führen, Schalldruckpegel hervorrufen, die zwischen 45 und knapp 60 dB(A) liegen können. Bei der Interpretation dieser Werte muss berücksichtigt werden, dass es sich hierbei nicht um Schallleistungspegel, d. h. um Werte handelt, die die Lautstärke am Ort der Entstehung eines Geräuschs wiedergeben, sondern dass die in der Tabelle 2 der Berufungserwiderung dargestellten Messergebnisse bereits die Abnahme der Schallintensität berücksichtigen, die sich aufgrund der Entfernung zwischen den jeweiligen Rauchergruppen und dem von der Beklagten im Dachgeschoss des Anwesens G.-straße 35 angebrachten Mikrofon ergaben. Unberücksichtigt lassen die von der Beklagten mitgeteilten Messergebnisse ferner den Umstand, dass die Kommunikation von Rauchern nach der Nummer A.3.3.5 TA Lärm vielfach die Vergabe eines Zuschlags für Informationshaltigkeit erfordern wird. Eine Umweltingenieurin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar dargelegt, dass es in Fachkreisen als üblich und angemessen angesehen wird, einen solchen Zuschlag dann, wenn ein Dritter vollständige Sätze verstehen kann, in Höhe von 6 dB(A), und, wenn für ihn nur Satzteile oder Wortfetzen hörbar sind, in Höhe von 3 dB(A) anzusetzen. Von einem solchen Zuschlag hat die Beklagte nach der Vorbemerkung zur Tabelle 2 auf Seite 5 der Berufungserwiderung abgesehen. Zwar sind „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG nicht bereits dann zu bejahen, wenn die von Personen, die sich zum Zwecke des Rauchens vor der von ihnen besuchten Gaststätte aufhalten, ausgehenden Geräusche während einer Zeitspanne, die kürzer ist als der maßgebliche Beurteilungszeitraum (er beträgt nach der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm während der Nachtzeit eine Stunde), an einem Immissionsort den während der Nachtzeit maßgeblichen Richtwert übersteigt. Da die Verweildauer einer sich unterhaltenden Rauchergruppe vor einer Gaststätte indes durchaus bis zu 15 Minuten betragen kann (die auf Seite 5 unten der Berufungsbegründung insoweit mitgeteilten Wahrnehmungen der mit der Durchführung der Geräuschmessungen beauftragten Dienstkräfte der Beklagten sind glaubhaft), spricht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass bereits eine kleine Zahl von Rauchern, die sich (gleichzeitig oder nacheinander) während ein und derselben Stunde in kommunikativer Weise vor einer Gaststätte aufhalten, eine Überschreitung des in Dorf-, Misch- und Kerngebieten während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) nach sich zieht. In gesteigertem Maß besteht eine dahingehende Gefahr dann, wenn sich - wie in der G.-straße der Fall - die maßgeblichen Immissionsorte (vgl. dazu die Nummer 2.3 in Verbindung mit der Nummer A.1.3 TA Lärm) in großer Nähe zu Gaststätten befinden und die Bebauungsstruktur (sie ist in der vergleichsweise schmalen G.-straße durch auf beiden Straßenseiten geschlossene Bauweise gekennzeichnet) z. B. wegen der durch sie bewirkten Reflexionen eine schallverstärkende Funktion entfaltet. Hinzu kommt, dass es auf die Gesamtgeräuschbelastung ankommt und insofern in der G.-straße auch gaststättenunabhängige Geräuschquellen in Betracht kommen.

Die sich aus diesem Befund ergebende Folge, dass Gaststätten (ausgenommen ggf. nur solche Lokale, die ihrem Betriebszuschnitt nach ausschließlich auf die Einnahme von Speisen und Getränken mit hochpreisigem Niveau ausgelegt sind) wegen der Problematik des Raucherlärms in Dorf-, Misch- und sogar Kerngebieten weithin generell (und nicht nur - wie in § 15 Abs. 1 BauNVO vorausgesetzt - im „Einzelfall“) zur Nachtzeit als gebietsunverträglich angesehen werden müssten, stünde ersichtlich in Widerspruch zu der Entscheidung des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, dass Schank- und Speisewirtschaften in diesen Gebieten - vorbehaltlich gegenteiliger Regelungen in einem Bebauungsplan (vgl. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO) - allgemein zulässig sein sollen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Da es sich beim Phänomen des „Raucherlärms“ um eine Erscheinung handelt, die in der nunmehr zu verzeichnenden Massivität erst in jüngerer Zeit - nämlich im Gefolge des ausnahmslos geltenden Rauchverbots in den Innenräumen von Gaststätten gemäß Art. 2 Nr. 8, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 Satz 2 des Gesundheitsschutzgesetzes in der am 1. August 2010 in Kraft getretenen, gegenüber den vorangegangenen Fassungen verschärften Gestalt des Gesetzes vom 23. Juli 2010 (GVBl S. 314, BayRS 2126UG) - vor allem in Bayern aufgetreten ist, konnte die TA Lärm diese Problemstellung noch nicht berücksichtigen.

Der Konflikt, der zwischen den in § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO enthaltenen Vorgaben des Bundesrechts und dem im Gesundheitsschutzgesetz in der nunmehr geltenden Fassung zum Ausdruck gebrachten Willen des Volksgesetzgebers auf Landesebene besteht, kann zwar nicht in der Weise gelöst werden, dass der Raucherlärm als „sozialadäquat“ eingestuft und hieraus eine unbegrenzte Duldungspflicht der im akustischen Einwirkungsbereich von Gaststätten wohnenden Menschen hergeleitet wird; auch die Beklagte ist auf diese Auffassung in den letzten von ihr während des Berufungsverfahrens eingereichten Schriftsätzen zu Recht nicht mehr zurückgekommen. Gründe für eine solche Privilegierung können zum Einen in Traditionen, zum Andern in rechtlichen Sonderstellungen oder in allgemeinen Wertungen begründet sein, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben (BVerwG, U. v. 7.10.1983 - 7 C 44.81 - NJW 1984, 989/990; BVerwG, B. v. 2.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Davon kann hier nicht die Rede sein.

Die Konkordanz zwischen den Vorgaben des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, denen zufolge Schank- und Speisewirtschaften in Dorf-, Misch- und Kerngebieten, sofern durch Bebauungsplan nichts Gegenteiliges bestimmt wird, allgemein zulässig sind, und der Tatsache, dass der Raucherlärm dazu führen kann, dass die in solchen Gebieten liegenden Gaststätten die dort geltenden Immissionsrichtwerte (namentlich zur Nachtzeit) u. U. fortlaufend nicht einzuhalten vermögen, ist vielmehr in der Weise herzustellen, dass die zuständigen Behörden als befugt anzusehen sind, in Wahrnehmung des durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffneten Ermessensspielraums - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - in (faktischen oder bauplanungsrechtlich festgesetzten) Dorf-, Misch- und Kerngebieten von einem Einschreiten gegen den Gastwirt abzusehen, soweit es zu Überschreitungen des einzuhaltenden Beurteilungspegels aufgrund des Raucherlärms kommt. Ob dies auch bei in allgemeinen Wohngebieten liegenden Gaststätten angesichts des dort geltenden Vorrangs der Wohnnutzung (vgl. § 4 Abs. 1 BauNVO) und der Tatsache gilt, dass in solchen Gebieten nur der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaften bauplanungsrechtlich zulässig sind, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.

Der erforderliche praktische Ausgleich des auf diese Weise gewahrten Grundsatzes, demzufolge die Auswirkungen einer landesrechtlichen Regelung nicht dazu führen dürfen, dass die bundesrechtliche Grundsatzentscheidung für die generelle Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften in den der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm unterfallenden Gebietsarten unterlaufen wird, mit dem Anliegen des Nachbarschutzes ist in diesen Fällen entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG durch ein - strikt zu handhabendes - Gebot der Minimierung des Raucherlärms herzustellen. Die Heranziehung des der letztgenannten Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedankens erscheint deshalb sachgerecht, weil für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, dass Gastwirten und Behörden Mittel zur Verfügung stehen, um den Raucherlärm stets auf ein Maß abzusenken, bei dem insbesondere der in Dorf-, Misch- und Kerngebieten geltende Nachtrichtwert von 45 dB(A) eingehalten wird; unter der Geltung des Gesundheitsschutzgesetzes ist er deshalb in gewissem Umfang als „unvermeidbar“ im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG anzusehen. Zum anderen stellen die bestehenden Möglichkeiten zur Lärmminderung nach der im achten Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 TA Lärm zum Ausdruck kommenden Wertung des Vorschriftengebers einen Gesichtspunkt dar, dem bei der Ermessensausübung Gewicht zukommt: Je mehr die zur Verfügung stehenden Instrumente ausgeschöpft sind und sich die verbleibende Geräuschbelastung als unabwendbar darstellt, desto eher ist es ermessensgerecht, hinsichtlich des verbleibenden Restbestands an Immissionen - auch soweit sie die in § 3 Abs. 1 BImSchG umschriebene Erheblichkeitsgrenze überschreiten - von Eingriffsmaßnahmen abzusehen.

Die Beklagte hat diesem Minimierungsgebot in nicht unbedeutendem Umfang bereits dadurch Geltung verschafft, dass sie gegenüber allen Beigeladenen auf § 5 Abs. 1 GastG gestützte Bescheide erlassen hat, die dazu dienen sollen, die nachteiligen Auswirkungen des Raucherlärms auf die Wohnbevölkerung in der G.-straße einzuschränken. Sie hat in diesen Bescheiden verfügt, dass Raucher, die den Innenraum der jeweiligen Gaststätte verlassen, keine Getränke mit nach außen nehmen dürfen, und dass ihre Bewirtung auf den vor den Lokalen befindlichen Freischankflächen sowohl innerhalb als auch außerhalb der für diese Betriebsteile geltenden Sperrzeit unstatthaft ist. Der Verwaltungsgerichtshof versteht den Satz 3 der Nummer 3 des Tenors dieser Bescheide ferner so, dass die Verbote der Abgabe von Speisen und Getränken an Gäste, die ein Lokal zum Zwecke des Rauchens verlassen, und der Mitnahme von Getränken durch die Gäste auch dann gelten, wenn diese sich vor der Gaststätte aufhalten, ohne sich auf einer dort vorhandenen Freischankfläche niederzulassen. Unter der Voraussetzung, dass diese Auflagen von den betroffenen Gastwirten beachtet sowie Verstöße hiergegen durch die Beklagte konsequent und in empfindlicher Weise geahndet werden, sind damit wesentliche Anreize dafür entfallen, dass sich Gaststättenbesucher länger oder häufiger vor Lokalen aufhalten, als dies für eine „Raucherpause“ notwendig ist.

Im Licht des Grundrechts des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 GG (ebenso wie des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich verbürgten Anspruchs von Anwohnern der G.-straße auf Schutz ihrer Gesundheit) können derartige Regelungen indes noch nicht als abschließende Konkretisierung des aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG resultierenden Minimierungsgebots angesehen werden. Um einen wirksamen Schutz der vorgenannten Grundrechte zu gewährleisten, erscheint es vielmehr geboten, dass die Beklagte die Gastwirte in der G.-straße zusätzlich verpflichtet, entweder in eigener Person oder durch verantwortliche Beauftragte dann auf vor dem Lokal verweilende Gäste mündlich mit dem Ziel der Lärmminderung einzuwirken, wenn diese - sei es wegen der Länge ihres Aufenthalts dort, sei es wegen der Art oder der Lautstärke des hierbei praktizierten Verhaltens - die gebotene Rücksichtnahme auf die Wohnbevölkerung in der Nachbarschaft vermissen lassen, sie insbesondere den Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 117 Abs. 1 OWiG verwirklichen, und ihnen im Nichtbeachtungsfall Lokalverbot zu erteilen. Eine Pflicht, auf ihre Gäste mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsverletzungen, anderer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie erheblicher Belästigungen von Anwohnern einzuwirken, obliegt Wirten zwar unmittelbar von Rechts wegen (vgl. zu dieser Pflicht und dem daraus resultierenden Gebot, Gästen erforderlichenfalls Lokalverbot zu erteilen, ferner zur Erstreckung dieser Pflicht auch auf Gäste, die sich in unmittelbarer Nähe des Lokals aufhalten, z. B. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 4 Rn. 24 m. w. N.). Nur die bescheidsmäßige Konkretisierung dieser Pflicht verschafft der Beklagten jedoch die Möglichkeit, Missachtungen des Gebots der Lärmminimierung gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 2 GastG im Bußgeldwege zu ahnden oder gegebenenfalls Zwangsgeldandrohungen als Beugemittel einzusetzen. Die in der Lebenswirklichkeit des Öfteren anzutreffenden Hinweisschilder, durch die Gäste im Interesse der Nachbarschaft zu ruhigem Verhalten ermahnt werden, vermögen ein persönliches Einwirken schon deshalb nicht zu ersetzen, weil ihnen nicht die gleiche Nachdrücklichkeit wie einer dahingehenden, im Nichtbeachtungsfall mit der Sanktion eines Lokalverbots einhergehenden persönlichen Ansprache durch den Gastwirt oder einen von ihm Beauftragten zukommt.

Die Notwendigkeit, die Erfordernisse des bundesrechtlichen Bauplanungsrechts einer- und diejenigen des Lärmschutzes andererseits einem Ausgleich mit dem Ziel praktischer Konkordanz zuzuführen, entfällt im gegebenen Fall nicht deshalb, weil der Bebauungsplan Nr. 001 unter Modifizierung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO die Errichtung neuer Schank- und Speisewirtschaften für unzulässig erklärt. Denn das im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte Begehren des Klägers schließt auch die unter die Bestandsschutzklausel dieses Bebauungsplans fallenden Gaststätten in der G.-straße ein. Wie die Beklagte im Abschnitt II.3.a ihres Schreibens an den Verwaltungsgerichtshof vom 11. Juni 2015 sowie in den Anlagen 4 und 5 hierzu aufgezeigt hat, fällt ein erheblicher Anteil der in dieser Straße vorhandenen Gaststätten dem Grunde nach - wenn auch nicht notwendig (selbst unter Berücksichtigung der einer jeden Nutzungsart innewohnenden Bandbreite möglicher Ausgestaltungen) hinsichtlich des räumlichen Umfangs und des konkreten Betriebszuschnitts - unter die Bestandsschutzklausel. Soweit der Raucherlärm von Lokalen ausgeht, die nicht nur dergestalt Bestandsschutz genießen, dass im jeweiligen Anwesen der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft bauplanungsrechtlich überhaupt zulässig ist, sondern die auch hinsichtlich ihrer aktuellen Größe und ihrer sonstigen Erscheinungsform nach dieser Klausel unterfallen, greifen die vorstehend erwähnten Gesichtspunkte, die zu einem ermessensfehlerfreien Absehen von einem Einschreiten gegen solche Immissionen ermächtigen, die sich als Manifestationen nicht mehr reduzierbaren Raucherlärms darstellen, ebenfalls Platz.

Nicht ermessensfehlerfrei verweisen darf die Beklagte den Kläger auf die erfolgte Ausschöpfung lediglich aller in Betracht kommenden Maßnahmen zur Minimierung des Raucherlärms demgegenüber dann, soweit an seinen Anwesen die Beurteilungspegel von 60 dB(A) während der Tageszeit und von 45 dB(A) in der lautesten Nachtstunde durch den Raucherlärm solcher Gaststätten überschritten werden, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 in der G.-straße entweder überhaupt nicht oder nicht in dem vorhandenen Umfang bzw. nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung betrieben werden dürfen, sofern diese Nutzung nicht durch eine hierfür erteilte Baugenehmigung legalisiert wurde. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 sind - wie dargestellt - dazu bestimmt, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen zu schützen (zu denen auch solche gehören, die erst nach dem Inkrafttreten dieses Bebauungsplans aufgenommen wurden). Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, dem Kläger diesen Schutz dann ermessensgerecht zu verweigern, wenn schädliche Umwelteinwirkungen (z. B. in Gestalt von Raucherlärm) durch eine bauplanungsrechtlich unzulässige und deshalb ihrerseits nicht schutzwürdige Nutzung hervorgerufen werden.

Ebenfalls nicht ermessensfehlerfrei verwiesen werden darf ein Immissionsbetroffener auf das Minimierungsgebot selbst für den Fall einer tatsächlichen vollständigen Erfüllung dieses Postulats ferner dann, wenn die am maßgeblichen Immissionsort zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung ein Ausmaß übersteigt, bei dem mit dem Entstehen von Gesundheitsschäden zu rechnen ist. Dies gilt auch, soweit dieser Zustand durch von bauplanungsrechtlich zulässigen Gaststätten ausgehenden Schall unabhängig davon hervorgerufen wird, ob es zur Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte aufgrund von Raucherlärm oder wegen anderer Geräuscharten kommt. Denn von der Wahrnehmung ihrer Verpflichtung, sich schützend vor die Grundrechte zu stellen (vgl. z. B. BVerfG, U. v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/78 m. w. N.), kann die öffentliche Gewalt dann nicht mehr in ermessensfehlerfreier Weise absehen.

Notwendiges Korrelat des Umstandes, dass die Anwohner von Gaststätten es unter den vorbezeichneten Voraussetzungen und mit den dargestellten Einschränkungen hinnehmen müssen, wenn die zuständige Behörde von Maßnahmen zur Reduzierung des Raucherlärms auch dann absieht, wenn es hierdurch zu einer Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte kommt, ist allerdings, dass das durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffnete Ermessen - sowohl was das „Ob“ eines Einschreitens als auch was die Effektivität der angewendeten Instrumentarien anbetrifft - dann, wenn gaststättenbedingte Geräusche die sich aus § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit den einschlägigen Regelwerken ergebende Erheblichkeitsgrenze aus anderen Gründen als wegen des Raucherlärms übersteigen, - abgesehen von ersichtlichen Bagatellfällen - tendenziell zugunsten Lärmbetroffener ausgeübt wird. Denn das Rücksichtnahmegebot, dem nach dem fünften Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 in Verbindung mit der Nummer 5.2 Abs. 1 TA Lärm eine das Ermessen der Vollzugsbehörden steuernde Funktion zukommt (vgl. dazu Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, TA Lärm Nr. 5 Rn. 1; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 5 Rn. 8), würde einseitig zulasten der Anwohner von Gaststätten gehandhabt, würde die öffentliche Gewalt als befugt angesehen, die Belange dieses Personenkreises, was den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt gaststättenbedingten Lärms anbetrifft, in stärkerem Umfang hintanzusetzen, als das angesichts der faktischen Auswirkungen des Gesundheitsschutzgesetzes unabweisbar ist.

4. Einschreiten gegen der Außengastronomie zuzurechnenden Lärm nach 22.00 Uhr.

Einer teilweisen Korrektur bedarf die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung, soweit der Beginn der Nachtzeit in Frage steht. Das Verwaltungsgericht ging zwar zutreffend davon aus, dass der von der Beklagten vertretene Standpunkt, in ihrem Gebiet (oder in - nie näher bezeichneten - Teilen hiervon) beginne die Nachtzeit bereits gegenwärtig um 23.00 Uhr, unzutreffend ist. Da beide Klageanträge indes auf die Verpflichtung der Beklagten zu einem künftigen Handeln gerichtet sind, darf bei der gerichtlichen Bestimmung der rechtlichen und der Ermessenserwägungen, von denen sich die Beklagte bei der geschuldeten Neuverbescheidung sowohl des umfassenderen Begehrens, das dem Antrag 1 zugrunde liegt, als auch des Verlangens, erneut über eine Vorverlegung des Sperrzeitbeginns für die Freischankflächen im Bereich der G.-straße auf einen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt zu befinden, nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte tatsächlich und rechtlich in der Lage sein könnte, hinsichtlich der Abende, die einem Samstag oder einem Sonntag oder Feiertag vorausgehen, in der G.-straße die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Nachtzeit als 22.00 Uhr zu schaffen.

Die Beklagte hat das mit Schreiben vom 10. Mai 2012 an sie herangetragene Verlangen des Klägers, die Sperrzeit von Freischankflächen der u. a. in der G.-straße betriebenen Gaststätten um 22.00 Uhr (hilfsweise zu einem anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen zu lassen, am 31. Mai 2012 mit der Begründung abgelehnt, sie habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anfangszeitpunkt der Nachtzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben. Der Frage, wann im Umfeld der Anwesen des Klägers die Nachtzeit beginnt, kommt jedoch Bedeutung auch dafür zu, ob die Beklagte hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr Maßnahmen im Sinn des Klageantrags 1 ergreifen muss, da - abhängig von ihrer Beantwortung -während dieser Zeitspanne unterschiedlich hohe Beurteilungspegel einzuhalten sind.

Ausgangspunkt für die insofern gebotene tatrichterliche Würdigung der Umstände des Einzelfalls (s. oben 2.2) ist die Erkenntnis, dass nahezu alle gängigen Regelwerke zur Lärmbeurteilung die Nachtzeit im Regelfall um 22.00 Uhr beginnen lassen. Dass es Ausnahmen geben kann, zeigen § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142) und Nr. 6.4 Abs. 2 der TA Lärm. Der Verwaltungsgerichtshof hält die in der zuletzt genannten Vorschrift aufgezählten Gesichtspunkte auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der TA Lärm für grundsätzlich sachgerechte Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit bis 23.00 Uhr. Eine solche Entscheidung bei einem tiefgreifenden Interessenkonflikt für das ganze oder für einen größeren Teil des Stadtgebiets der Beklagten zu treffen, obliegt jedoch dem Stadtrat der Beklagten, der darüber noch nicht entschieden hat (4.1). Außerdem lagen auch die sachlichen Voraussetzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug (noch) nicht vor (4.2).

4.1 Will eine Kommune von der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option für das ganze oder für einen größeren Teil des Gemeindegebiets Gebrauch machen, so handelt es sich bei einer solchen Entscheidung jedenfalls dann, wenn sie - wie vorliegend der Fall - vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Konflikts getroffen werden muss, der in dieser Gemeinde zwischen dem Ruhebedürfnis der betroffenen Wohnbevölkerung einerseits und dem Wunsch nach möglichst unbegrenzter Nutzung von Gaststätten in der „Kneipenmeile“ andererseits zutage getreten ist, auch in einer Stadt von der Größe der Beklagten nicht um ein laufendes Geschäft der Verwaltung im Sinn von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO; vielmehr liegt die Entscheidungszuständigkeit hierüber gemäß Art. 29 GO beim Gemeinderat.

Eine Beschlussfassung des Stadtrats der Beklagten, in deren Vorfeld er sich zunächst Gewissheit über das Vorliegen der - hier entsprechend anwendbaren - Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm verschafft hat und in deren Rahmen, nachdem diese Prüfung zu einem bejahenden Ergebnis geführt hat, eine diesbezügliche Ermessensentscheidung in Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen wurde, lässt sich nicht feststellen. Sie kann insbesondere nicht in der Sitzung dieses Gremiums am 23. Mai 2012 gefallen sein. Denn die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 31. Mai 2012 ausgeführt, sie habe an jenem Tag die Zuschrift der damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 10. Mai 2012 dem Stadtrat lediglich zur Kenntnis gebracht, wobei sich ein eindeutiges Meinungsbild dahingehend ergeben habe, dass man am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festhalten wolle. Die Beklagte trägt damit selbst nicht vor, dass sie dem Stadtrat für die Sitzung am 23. Mai 2012 eine Beschlussvorlage unterbreitet hat, in der die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm dargelegt, ihre Erfüllung nachgewiesen und die anzustellenden Ermessenserwägungen aufgezeigt wurden. Eine derartige Aufbereitung der Entscheidung erübrigte sich schon deshalb nicht, weil die Zuschrift vom 10. Mai 2012 die letztgenannte Regelung weder erwähnt noch sie die Kriterien anspricht, von denen ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit abhängt.

Aber auch am 21. Dezember 2011 hat der Stadtrat der Beklagten keine Entscheidung getroffen, die als Ausübung der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option angesehen werden könnte. Weder der an jenem Tag gefasste Beschluss selbst (er hatte noch nicht die Änderung der Sperrzeitverordnung als solcher zum Gegenstand, sondern traf nur eine dahingehende - gleichsam „politische“ -Festlegung) noch die der Vorbereitung jener Sitzung dienende Vorlage der Verwaltung der Beklagten erwähnen diese Vorschrift überhaupt; desgleichen fehlt in diesen Unterlagen jedwede Auseinandersetzung mit den Tatbestandsmerkmalen der genannten Vorschrift. Gleiches gilt für die Stadtratssitzung am 25. Januar 2012, in der die am 16. Februar 2012 in Kraft getretene Änderung der Sperrzeitverordnung rechtsförmlich verabschiedet wurde. Vielmehr haben im Zusammenhang mit diesen Sitzungen weder der Stadtrat selbst noch die Verwaltung der Beklagten die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm ausdrücklich oder der Sache nach überhaupt „in den Blick genommen“. Die seinerzeit getroffenen Entscheidungen beschränkten sich vielmehr darauf, die Sperrzeit für Freischankflächen, die sich bereits zuvor mit der Maßgabe grundsätzlich auf die Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr erstreckte, dass sie vom 15. Juni bis zum 15. August freitags und samstags sowie unter gewissen Voraussetzungen an den Tagen vor Christi Himmelfahrt und vor Fronleichnam erst um 24.00 Uhr begann (vgl. die Sperrzeitverordnung der Beklagten vom 17.6.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 31.5.2011, Amtsblatt der Beklagten vom 8.6.2011, S. 18), ausnahmslos um 23.00 Uhr beginnen zu lassen.

Die Annahme, der Stadtrat der Beklagten habe damit zugleich eine Entscheidung im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm getroffen, verbietet sich auch deshalb, weil die Sperrzeitverordnung der Beklagten einheitlich für ihr gesamtes Stadtgebiet gilt; läge in den auf ihre künftige erneute Änderung abzielenden Beschlüssen vom 21. Dezember 2011 und vom 25. Januar 2012 die Festsetzung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr, käme einer solchen Festlegung damit ebenfalls für das gesamte Stadtgebiet Bedeutung zu. Es kann jedoch nicht angenommen werden, der Stadtrat der Beklagten habe eine Regelung dahingehend treffen wollen, der zufolge auch die in reinen Wohngebieten sowie in Krankenhäusern und Pflegeanstalten (vgl. zur besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Gebiete bzw. Einrichtungen Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. e und f TA Lärm) lebenden Menschen verpflichtet sein sollten, bis 23.00 Uhr die für die Tageszeit geltenden, deutlich höheren Lärmrichtwerte hinzunehmen. Eine hinreichend bestimmte Beschränkung auf Teile des Stadtgebiets, z. B. eine mehr oder weniger große „Kneipenmeile“, liegt nicht vor.

Einer Interpretation der beiden vorgenannten Stadtratsbeschlüsse als stillschweigende Zurückverlegung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr steht zudem entgegen, dass die einheitliche Festsetzung des Sperrzeitbeginns für Freischankflächen auf diesen Zeitpunkt mit der Aufhebung einer zugunsten der Gastwirte und Gaststättenbesucher zuvor partiell großzügiger ausgestalteten Regelung einherging; diese Maßnahme stellte sich daher als ein Entgegenkommen gegenüber den Anwohnern solcher Einrichtungen unter Bestätigung des Status quo im Übrigen dar. Eine Vergewisserung darüber, dass - wie die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm das fordert - „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen, die einen späteren Beginn der Nachtzeit rechtfertigen, vor allem aber darüber, dass trotz einer nur sieben Stunden dauernden Sperrzeit für die Freischankflächen eine achtstündige Nachtruhe der Anwohner gewährleistet ist (vgl. Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm), lassen diese Erwägungen nicht einmal im Ansatz erkennen.

4.2 Unabhängig hiervon waren die Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit in entsprechender Anwendung der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm weder zur Zeit der vorerwähnten Beschlussfassungen erfüllt, noch ist das gegenwärtig der Fall. Es ist allerdings denkbar, dass solche Voraussetzungen wenigstens teilweise geschaffen werden können.

Die sachlichen Voraussetzungen bestehen darin, dass in Abweichung vom Regelfall besondere örtliche Verhältnisse bejaht werden können (4.2.2) und dass in der Regel eine achtstündige Nachtruhe der Nachbarschaft sichergestellt ist (4.2.1). Beides kann hier (noch) nicht bejaht werden.

4.2.1 Die TA Lärm selbst legt nicht näher fest, unter welchen Voraussetzungen „Nachtruhe“ im Sinn ihrer Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 sichergestellt ist. Die Bedeutung erschließt sich, wenn man vom Zweck des Kriteriums, dem Gesundheitsschutz, ausgeht. Eine gewisse Parallele, wenn auch nur bezogen auf die Einzelanlage, enthält § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142).

Keinesfalls mehr gewahrt ist eine ausreichende Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm dann, wenn die Möglichkeit ungestörten Schlafens während einer zusammenhängenden Zeitspanne von acht Stunden in einem Ausmaß beeinträchtigt ist, die bei den Betroffenen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Denn das aus dem Grundrecht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herrührende Abwehrrecht verwehrt es der öffentlichen Gewalt, ohne rechtfertigenden Grund durch aktives Tun mittels einer Entscheidung entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm am Entstehen von Gesundheitsschäden mitzuwirken. Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung ist nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 - juris Rn. 44; U. v. 23.2.2005 - 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37/46; U. v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69) erreicht, wenn ein aus allen Geräuschen, die auf einen zum Schlafen bestimmten Raum einwirken, zu bildender Summenpegel über eine ins Gewicht fallende Zeitspanne hinweg 60 dB(A) überschreitet.

Zur Wahrung dieses „absoluten“ Erfordernisses muss hinzutreten, dass die Bewohner des betroffenen Gebiets zwischen 23.00 Uhr und 7.00 Uhr jenes Maß an Ruhe finden, das sie entweder nach den einschlägigen bauplanungsrechtlichen Vorgaben oder aber nach der Eigenart der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) schutzwürdig erwarten dürfen. Da die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm die Zulässigkeit eines Hinausschiebens des Beginns der Nachtzeit davon abhängig macht, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen berücksichtigt wird, darf die für das jeweilige Gebiet maßgebliche „Schädlichkeitsgrenze“ nicht überschritten werden. Was die Gesamtheit der von der TA Lärm erfassten Geräusche anbetrifft, ist eine Orientierung an den in der Nummer 6.1 TA Lärm normierten Immissionsrichtwerten möglich; für ihre Einhaltung kommt es entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm auf die Gegebenheiten in der lautesten Nachtstunde an.

Die Möglichkeit eines ungestörten, zusammenhängenden Schlafens über acht Stunden hinweg setzt zusätzlich allerdings voraus, dass auch die von der TA Lärm nicht erfassten Geräusche keine Intensität aufweisen, die der Bejahung von „Nachtruhe“ und der Erfüllung des vom Vorschriftengeber damit beabsichtigten Schutzzwecks entgegenstehen. Denn es entspräche nicht der u. a. in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sowie in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gebrachten Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, die Nachtruhe von Personen, die sich bereits einer hohen Belastung durch nicht der TA Lärm unterfallende Geräusche ausgesetzt sehen, durch ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit weiter einzuschränken. Da die für diese Art von Schall geschaffenen Regelwerke - soweit vorhanden - ebenfalls von einem „relativen“ (gebiets- bzw. einrichtungsbezogenen) Maßstab ausgehen (vgl. z. B. § 2 der Verkehrslärmschutzverordnung, § 2 der Sportanlagenlärmschutzverordnung, Nummer 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.8.1970, Beil. zum BAnz. Nr. 160), erscheint es sachgerecht, diesen differenzierenden Ansatz auch der Beantwortung der Frage zugrunde zu legen, welche Lautstärke diese Geräusche erreichen dürfen, damit mit Blickrichtung auf sie Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm bejaht werden kann. Soweit Schall inmitten steht, der von keinem der vorgenannten Regelwerke erfasst wird, ist er in entsprechender Anwendung derjenigen Normen zu ermitteln und zu bewerten, die unter Berücksichtigung der physikalischen Charakteristik der jeweiligen Geräusche, ihrer typischerweise empfundenen Lästigkeit und der sozialen Wertigkeit der Verhaltensweisen, auf die sie zurückzuführen sind, hierfür am besten geeignet sind.

Da es an Vorgaben dafür fehlt, wie die Gesamtbelastung messtechnisch oder prognostisch zu ermitteln ist, die sich auf der Grundlage einer summativen Berücksichtigung der von der TA Lärm einer- und für bestimmte sonstige Geräuscharten andererseits geltenden Regelungen ergibt, erachtet der Verwaltungsgerichtshof eine getrennte Betrachtung beider Kategorien so lange für ausreichend, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bildung eines Summenpegels der verschiedenen Geräuscharten dazu führt, dass die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschritten wird.

„Nachtruhe“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm ist deshalb - vorbehaltlich der Einhaltung der vorbezeichneten absoluten Grenze - dann zu bejahen, wenn an allen maßgeblichen Immissionsorten in dem Gebiet, für das ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit angeordnet wurde oder verfügt werden soll, sowohl die für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm als auch diejenigen der jeweils einschlägigen Sonderregelwerke gewahrt sind.

4.2.2 Die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe alleine reicht jedoch nicht aus, um den Beginn der Nachtzeit in rechtmäßiger Weise auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt verlegen zu können. Dies zeigt das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm enthaltene Tatbestandsmerkmal, demzufolge „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen müssen, um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen.

Dieses Kriterium spielt auf die Üblichkeit bestimmter Schlafzeiten an. Die Bejahung „besonderer örtlicher Verhältnisse“ scheidet stets aus, wenn die im betroffenen Gebiet wohnende Bevölkerung nach den Wertungen der Rechtsordnung schutzwürdig erwarten darf, bereits ab 22.00 Uhr ungestörten Schlaf zu finden. Eine dahingehende praktische Notwendigkeit besteht vor allem für Erwerbstätige, Schüler und sonstige Auszubildende, die, um ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle rechtzeitig zu erreichen, bereits um (ggf. sogar deutlich vor) 6.00 Uhr aufstehen müssen und die deshalb allenfalls dann eine achtstündige Nachtruhe finden, wenn ab 22.00 Uhr die Möglichkeit ungestörten Schlafs besteht.

Eine dahingehende, rechtlich geschützte Erwartung ist in jedem Gebiet zu bejahen, das entweder aufgrund der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Regelungen (d. h. nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans in Verbindung mit den Aussagen der Baunutzungsverordnung) oder aber wegen der „Eigenart der näheren Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB so beschaffen ist, dass dort Personen, die aus rechtlich anerkennenswerten Gründen auf eine ungestörte Nachtruhe bereits ab 22.00 Uhr angewiesen sind, Wohnung nehmen können, ohne sich dem Vorwurf der offensichtlichen Missachtung eigener Interessen auszusetzen. Dies wird stets in reinen und in aller Regel auch in allgemeinen Wohngebieten der Fall sein, während eine Person, die die in einem Kerngebiet ggf. zugelassene Wohnnutzung (vgl. § 7 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 BauNVO) aufnimmt, angesichts der Zweckbestimmung solcher Gebiete, außer Schank- und Speisewirtschaften u. a. auch Vergnügungsstätten aufzunehmen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), hiervon vielfach nicht wird ausgehen dürfen. Wie die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Bewohner von Misch- und besonderen Wohngebieten (§ 6 bzw. § 4a BauNVO) zu bewerten ist, die Nachtruhe beginne stets um 22.00 Uhr, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der Aussagen des jeweils einschlägigen Bebauungsplans oder - sofern ein solcher fehlt - nach Maßgabe des konkreten Zuschnitts eines derartigen Gebiets bestimmen. Insbesondere eine Person, die in einem faktischen Mischgebiet eine Wohnnutzung aufnimmt, das entweder seit langem durch einen hohen Anteil an solchen Gaststätten gekennzeichnet ist, die nicht der Einnahme von Speisen in gehobenem Ambiente dienen, sondern die während einer das Entstehen eines gegenläufigen Vertrauens hindernden Zeitspanne in „kneipenähnlicher“ Weise betrieben wurden, kann nicht schutzwürdig erwarten, der zuständige Träger öffentlicher Gewalt werde dem gewandelten Ausgehverhalten wesentlicher Teile der Bevölkerung nicht dadurch Rechnung tragen, dass er die Nachtzeit erst um 23.00 Uhr (oder zu einem zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen lässt. Gleiches gilt für Gebiete, die ebenfalls in einem Umfang, der in quantitativer und zeitlicher Hinsicht traditionsbegründend wirkt, als Wohnquartier für Bevölkerungsteile dienen, deren Lebensbedingungen nicht durch einen frühen Arbeitsbeginn gekennzeichnet oder für die geräuschintensive Verhaltensweisen auch nach 22.00 Uhr typisch sind.

Um festzustellen, ob unter Beachtung dieser Grundsätze „besondere örtliche Verhältnisse“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm vorliegen, bedarf es - zumindest in aller Regel - keiner empirischen Erhebungen über die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im fraglichen Gebiet. Ausschlaggebend kommt es vielmehr auf die zutreffende Erfassung des diesbezüglichen Aussagegehalts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen Normen und Festsetzungen bzw. der prägenden Wirkungen der tatsächlichen Gegebenheiten im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB an. Denn die planungsrechtlichen Aussagen über die (Un-)Zulässigkeit baurechtlich relevanter Nutzungen bzw. die gemäß § 34 BauGB an ihre Stelle tretenden tatsächlichen Gegebenheiten sind es, die im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des in diesem Gebiet vorhandenen Immobiliareigentums bestimmen. Sind diese Faktoren so beschaffen, dass Immobilienerwerber oder Mietinteressenten nach dem Vorgesagten angesichts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass sie bei einer Ansiedlung dort ab 22.00 Uhr Nachtruhe finden werden, so kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Eigentümer (für den Fall der Eigennutzung) selbst zu dem Personenkreis gehört, der auf ein ungestörtes Schlafen ab diesem Zeitpunkt angewiesen ist, oder er ihm gehörenden Wohnraum bereits bisher solchen Personen überlassen hat; von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützt wird bereits der Lagevorteil, der aus der bauplanungsrechtlich (unter Einschluss der Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB) eröffneten Möglichkeit einer künftigen derartigen Eigen- oder Fremdnutzung folgt.

Auch in Fällen, in denen danach eine Verlegung des Beginns der Nachtzeit auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz einer im betroffenen Gebiet zulässigen Wohnnutzung grundsätzlich ausscheidet, kann es jedoch rechtens sein, hinsichtlich bestimmter Wochentage dann eine auf die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung gestützte Entscheidung zu treffen, wenn dem insoweit keine schutzwürdigen Belange der im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen wohnenden Bevölkerung entgegenstehen. Dies kommt insbesondere in Ansehung der Nächte in Betracht, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorangehen. Sonn- und Feiertage sind von Rechts wegen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919; § 9 Abs. 1 ArbZG) grundsätzlich arbeitsfrei. Auch unter tatsächlichem Blickwinkel besteht an Sonn- und Feiertagen für den weitaus größten Teil der erwerbstätigen oder in Ausbildung stehenden Bevölkerung nicht die Notwendigkeit frühen Aufstehens. Ob dies auch für den Samstag gilt, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere davon ab, ob ein ggf. vorhandener Bebauungsplan das schutzwürdige Vertrauen begründet, dass in den Nächten von Freitag auf Samstag bereits ab 22.00 Uhr Nachtruhe herrscht. Der Bestand einer „Kneipenmeile“ mit regem Besuch gerade am Ende der Arbeitswoche darf dabei ebenfalls beachtet werden.

4.2.3 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 001 hinsichtlich der Nächte von Sonntag auf Montag bis einschließlich Donnerstag auf Freitag bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil angesichts der Festsetzungen dieses Bebauungsplans auch Menschen, die wegen ihrer Berufs- oder Ausbildungssituation so früh aufstehen müssen, dass sie auf die Möglichkeit ungestörten Schlafs ab 22.00 Uhr angewiesen sind, schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass die öffentliche Gewalt - insbesondere aber die Stelle, die den diesen Schutz vermittelnden Bebauungsplan erlassen hat - keine Maßnahmen ergreifen wird, die diese berechtigte Erwartung unterlaufen.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Nächte, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen. Nicht nur aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001, sondern auch aus weiteren von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (vor allem aus den Anlagen 4 und 5 zu ihrem Schriftsatz vom 11.6.2015) geht hervor, dass die G.-straße bereits vor dem 19. Februar 1988 durch eine außerordentlich hohe Dichte an Gaststätten gekennzeichnet war. Die gleichen Unterlagen verdeutlichen zudem, dass es sich bei diesen Betrieben zu einem wesentlichen Teil nicht um unter dem Blickwinkel des Lärmschutzes - insbesondere zur Nachtzeit - unproblematische Lokale handelte. Die Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 verwendet zum Zweck der Charakterisierung der vorhandenen Gaststätten an einer Vielzahl von Stellen vielmehr den Terminus „Kneipen“; bereits ein im August 1983 erstellter Entwurf dieses Bebauungsplans wurde von der Beklagten mit der Bezeichnung „Kneipenstoppplan“ versehen. Der Bebauungsplan selbst setzt sich zwar die Verhinderung der Ausweitung dieser Nutzungsart zum Ziel; an der Tatsache, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt), hat sich durch sein Inkrafttreten schon angesichts der in ihm enthaltenen Bestandsschutzklausel und nach dem Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind, indes nichts geändert. Vor diesem Hintergrund kann das Interesse von Personen, denen auch am Vorabend von Samstagen oder von Sonn- und Feiertagen an einen Beginn der Nachtruhe um 22.00 Uhr gelegen ist, bzw. von Inhabern von Immobiliareigentum in einem solchen Gebiet daran, dass diese Menschen nicht aus dem Kreis potenzieller Mietinteressenten ausscheiden, nicht als in einem Grad schutzwürdig anerkannt werden, dass ihm von Rechts wegen der Vorrang gegenüber dem Wunsch breiter Bevölkerungskreise zukommt, an solchen Abenden Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) in größerem Umfang nutzen zu können, als das auf der Grundlage der für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte möglich ist.

Stünde demnach das Erfordernis der „besonderen örtlichen Verhältnisse“ einem Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf höchstens 23.00 Uhr an den Abenden, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen, als solches nicht entgegen, so könnte eine solche Entscheidung gegenwärtig gleichwohl deswegen nicht als rechtens angesehen werden, weil auch in diesen Nächten derzeit das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm genannte zusätzliche Kriterium (s. oben 4.2.1) nicht erfüllt ist. Denn nach den von der Beklagten zwischen dem April 2013 und dem September 2013 durchgeführten Messungen wird jedenfalls der nach der TA Lärm in einem Mischgebiet zur Nachtzeit geltende Beurteilungspegel von 45 dB(A) zum Teil erheblich und während mehrerer Stunden der Nacht überschritten (vgl. die Anlagen 6 bis 13 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013). Danach waren nicht nur in der Stunde zwischen 23.00 Uhr und 24.00 Uhr, sondern in der Mehrzahl der Monate sogar noch zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr Beurteilungspegel zu verzeichnen, die zwischen 50 und 55 dB(A) lagen. Nach der Aufschlüsselung, die in den Anlagen 8 bis 13 zu dieser schallmesstechnischen Betrachtung vorgenommen wurde, war das auch (und gerade) an Wochenenden - mithin auch in den Nächten Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag - der Fall. Es ist offenbar noch nicht hinreichend sichergestellt worden, dass die Freischankflächen die Nachtruhe ab 23.00 Uhr tatsächlich einhalten (vgl. zu diesem Erfordernis auch § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20.4.1999 GVBl S. 142). Ebenso kommt es darauf an, ob an Wochenenden nicht gaststättenbezogene Feierlichkeiten auf der G.-straße stattfinden, von denen bis nach Mitternacht erhebliche Lärmbelästigungen ausgehen. Auch ist von Bedeutung, ob es der Beklagten gelingt, den Raucherlärm auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat gezeigt, dass es der Beklagten möglich sein könnte, diese Voraussetzungen zu schaffen. Außer Betracht bleiben in diesem Zusammenhang diejenigen Veranstaltungen, die als seltene oder sehr seltene Ereignisse behandelt werden können, einschließlich der damit verbundenen Gestattungen nach § 12 GastG.

Da gegenwärtig nicht nur eine Entscheidung des zuständigen Beschlussorgans der Beklagten über ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr fehlt, sondern auch die materiellen Voraussetzungen einer solchen Maßnahme nicht vorliegen, behält es mit der durch das Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung sein Bewenden, sowohl erneut über eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit (Klageantrag 2) als auch über sonstige Maßnahmen zu befinden, die der Einhaltung des im Bereich der G.-straße ab 22.00 Uhr in Ansehung gaststättenbedingter Geräusche geltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) dienen (Klageantrag 1).

5. Einschreiten gegen Gaststättenlärm zur Tagzeit:

Die vom Verwaltungsgericht bejahte Verpflichtung der Beklagten, im Sinn des Klageantrags 1 erneut über Maßnahmen zu befinden, die auf eine Begrenzung der von Gaststätten in der G.-straße ausgehenden Geräusche auf den während der Tageszeit einzuhaltenden Beurteilungspegel von 60 dB(A) abzielen, besteht dann nicht mehr, sobald die Beklagte alle von Rechts wegen eröffneten Möglichkeiten ausgeschöpft hat, diejenigen gaststättenrechtlichen Nutzungen zu unterbinden, die sie in Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 zugelassen hat oder die unabhängig hiervon unter Missachtung der Vorgaben dieses Bebauungsplans ausgeübt werden und die sich auf die an den Anwesen des Klägers bestehende Immissionssituation nachteilig auswirken. Das folgt daraus, dass die Anwesen des Klägers schon bisher (d. h. vor der Durchführung der vorbezeichneten Maßnahmen) - sowohl was die Häufigkeit als auch was die Höhe von Überschreitungen des für die Tageszeit geltenden Beurteilungspegels von 60 dB(A) anbetrifft - nur in begrenztem Umfang schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sind; auf die Frage, ob auch das sich aus der Nummer 6.1 Abs. 2 TA Lärm ergebende Spitzenpegelkriterium gewahrt ist, ist angesichts der Beschränkung des mit dem Klageantrag 1 verfolgten Begehrens auf die Einhaltung der maßgeblichen Beurteilungspegel nicht einzugehen.

Ausweislich der der schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 beigefügten Tabelle 1 kam es in den Monaten Mai und Juni 2013 an jeweils einem, im April an zwei, im August an drei und im Juli jenes Jahres an sechs Messtagen zu über 60 dB(A) liegenden Pegelwerten. An sieben dieser Tage wurde hierbei ein Beurteilungspegel von 61 dB(A), an drei weiteren ein solcher von 62 dB(A) ermittelt; an jeweils einem Tag lag dieser Wert bei 63, bei 64 bzw. bei 66 dB(A). Es steht außer Frage, dass nach Eliminierung der bauplanungsrechtlich unzulässigen gaststättenrechtlichen Geräuschquellen in dem rechtlich möglichen Umfang „gaststättenbedingte“ Richtwertüberschreitungen während der Tageszeit nur noch ein derart geringes Maß erreichen können, dass kein anerkennenswertes Interesse des Klägers an einem über die vorbezeichneten Schritte hinausgehenden diesbezüglichen Tätigwerden der Beklagten mehr bejaht werden kann. Diese Annahme ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil die in der Anlage 1 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 verzeichneten Pegelwerte nicht nur auf die Schallemissionen von Gaststätten zurückzuführen sind, sondern in sie auch andere Geräuschquellen (insbesondere der Verkehrs- und der im Zentrum einer Großstadt tagsüber sonst vorhandene Lärm) Eingang gefunden haben.

6. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Hauptbeteiligten des Rechtsstreits auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, hinsichtlich der im zweiten Rechtszug Beigeladenen auf § 154 Abs. 3 Halbs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Da keiner von ihnen einen Sachantrag gestellt hat, scheidet die Überbürdung von Kosten auf sie ebenso aus wie die Zuerkennung eines (anteiligen) Kostenerstattungsanspruchs zu ihren Gunsten. In erster Instanz haben nur die damaligen Beigeladenen zu 6) und 7) einen - auf Abweisung der Klage abzielenden - Antrag gestellt. Da er nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Gänze erfolglos geblieben ist, wurden sie im angefochtenen Urteil folgerichtig zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von je einem Viertel herangezogen. Da diese früheren Beigeladenen im Laufe des Berufungsverfahrens aus dem Rechtsstreit ausgeschieden sind, hält es der Verwaltungsgerichtshof für sachgerecht, den sie betreffenden Teil der erstinstanzlichen Kostenentscheidung unverändert bestehen zu lassen. Dies hat allerdings zur Folge, dass die im ersten Rechtszug angefallene Kostenmasse nur noch im Umfang von 50% zwischen den übrigen Kostenpflichtigen (d. h. den beiden Hauptbeteiligten des Verfahrens) zu verteilen ist; der Grundsatz der Kosteneinheit muss insoweit zwangsläufig eine Durchbrechung erfahren. Diese Verteilung hat der Verwaltungsgerichtshof unter Abänderung der Nummer 3 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils unter Zugrundelegung der gleichen Quote vorgenommen, wie er das nach dem Ausgang des Berufungsverfahrens ausweislich der Nummer IV des Tenors seines Urteils für angezeigt erachtet.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.