Verwaltungsgericht Ansbach Gerichtsbescheid, 22. Dez. 2014 - AN 10 K 14.50008

22.12.2014

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 wird zu dessen Tenor Ziffer Nr. 1) aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Tatbestand

Der Asylantrag der Kläger war mit Bescheid vom 19. März 2014 als unzulässig gemäß § 27 a AsylVfG verbeschieden und die Abschiebung nach Polen angeordnet worden. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist mit Beschluss vom 8. April 2014 abgelehnt worden.

Im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt hat die Klägerin zu 1) angegeben, dass sie nach Deutschland gekommen sei, weil ihr Asylantrag im Polen abgelehnt worden sei und dies auch dagegen spreche, nach Polen überstellt zu werden.

Auf eine gerichtliche Anfrage vom 13. November 2014 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. November 2014 mitgeteilt, dass die Überstellungsfrist zwar abgelaufen sei und auch eine Abschiebung der Kläger bisher nicht erfolgt sei, eine Aufhebung der Nummer 1) des Bescheides vom 19. März 2014 jedoch nicht in Betracht komme. Aufgehoben werde hingegen die Ziffer 2) des streitgegenständlichen Bescheides.

Ausweislich eines EURODAC-Treffers der Kategorie I bzw. der Zuständigkeitserklärung Polens hätten die Kläger dort ein Asylverfahren betrieben, ihre hiesigen Asylanträge stellten sich deshalb als Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG dar. Ein wegen Unzulässigkeit des Asylantrages ablehnender Bescheid könne nur dann aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 71a AsylVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorlägen. Die Bundesrepublik Deutschland sei aber weder für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig noch seien die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegeben. Den Klägern fehle auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung von Ziffer 1. des angefochtenen Bescheides, denn sie brächte ihnen gegenüber einer Ablehnung (gemäß § 71a AsylVfG) der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens keinen rechtlichen Vorteil. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine Umdeutung des Bescheides vor, denn bei beiden Tenorierungen sei Ziel des (jeweiligen) Bescheides die Ablehnung einer materiellen Prüfung des Asylantrages. Die Aus- bzw. Weiterreise der Kläger nach Deutschland sei als ausdrückliche oder konkludente Beendigung des ersten Asylverfahrens im anderen Mitgliedstaat zu verstehen. Auch wenn man hiervon ausnahmsweise nicht ausgehe, sei der vorliegende Asylantrag unzulässig, denn die Durchführung paralleler Prüfungsverfahren in verschiedenen Mitgliedstaaten sei nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Dublin-III-VO rechtlich nicht möglich, ein Antrag auf internationalen Schutz könne zulässigerweise immer nur jeweils in einem (einzigen) Mitgliedstaat geprüft werden. Es werde deshalb beantragt, die Klage abzuweisen. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bestehe Einverständnis.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 9. Dezember 2014 wurde den Klägern anheimgestellt, die Formulierung der Klageanträge anzupassen.

Mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 12. Dezember 2014 wurde (letztlich) beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes vom 19. März 2014, zugegangen am 26. März 2014, aufzuheben.

Zuvor haben sich die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2014 mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.

Die Entscheidung wurde mit Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2014 auf den Einzelrichter übertragen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die erhobene Anfechtungsklage ist teilweise unzulässig (hinsichtlich Nummer 2) des angefochtenen Bescheides, da diese bereits aufgehoben worden ist), im Übrigen ist sie jedoch begründet.

Die Klägervertreter haben trotz Hinweis des Gerichts auf die vom Bundesamt bereits aufgehobene Abschiebungsanordnung ihre Anfechtungsklage dennoch auf den gesamten Bescheid bezogen. Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis somit unzulässig.

Im Übrigen ist die Anfechtungsklage zulässig und begründet.

Der die Unzulässigkeit des Asylbegehrens der Kläger aussprechende Bescheid gemäß § 27a, § 34a AsylVfG ist rechtswidrig - geworden -, weil die Überstellungsfrist in dem zuständigen EU-Mitgliedstaat abgelaufen ist und auch nichts dafür von der Beklagten vorgetragen oder ansonsten ersichtlich ist, dass eine Überstellung dennoch in absehbarer Zeit erfolgen kann, somit die Zuständigkeit eines anderen Staates für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers nicht - mehr - gegeben ist, der Asylantrag der Kläger in Deutschland deshalb nicht mehr im Sinne von § 27a AsylVfG unzulässig ist, was auch die Rechte der Kläger im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO deswegen verletzt, weil sie Gefahr laufen, bei Aufrechterhaltung des Bescheides ihr Schutzbegehren in keinem der Mitgliedstaaten - mehr - zulässig anbringen zu können.

Es ist unter den Beteiligten unstreitig, dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin-II-VO abgelaufen ist, mit der Rechtsfolge, dass die asylverfahrensrechtliche Zuständigkeit auf Deutschland übergegangen ist gemäß Abs. 4 der vorgenannten Vorschrift. Gleiches gilt bzw. würde gelten, falls die Regelungen der Dublin-III-VO als maßgeblich anzusehen sind, dann gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabsatz 1 und Abs. 2 der vorgenannten Verordnung.

Eine Umdeutung des hier streitgegenständlichen Bescheides („… der Asylantrag ist unzulässig“) in einen solchen nach § 71a AsylVfG („… ein weiteres Asylverfahren wird nicht durchgeführt“) verbietet sich wegen des unterschiedlichen Prüfungsmaßstabes und des hieraus resultierenden Regelungsgehaltes. Die Entscheidung, dass ein weiteres Asylverfahren (in Deutschland) nicht durchgeführt wird, setzt voraus, dass eine grundsätzliche Zuständigkeit Deutschlands gegeben ist, weil eine solche nur ergehen kann, wenn die weitere – wenn auch nur verfahrensrechtliche – Prüfung durchgeführt wurde, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Zudem würde die Prüfung eines Zweitantrages voraussetzen, dass die Tatsache der Durchführung eines Asylverfahrens in Polen feststeht. Auch wenn man dieses zu Gunsten der Beklagten hier unterstellte, ist den vorgelegten Verfahrensakten jedoch nichts entnehmbar darüber, was die Kläger in Polen vorgetragen haben oder ob sie etwa nichts vorgetragen haben, um eine Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vornehmen zu können.

Dem korrespondiert dann auch als Folge lediglich eine Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat gemäß § 34 AsylVfG, jedoch keine Abschiebungsanordnung nach § 34a i.V.m. § 26a oder § 27a AsylVfG, da diese beiden Vorschriften wegen der europarechtlichen Zuständigkeit Deutschlands für die Durchführung des Asylverfahrens, hier entsprechend der Dublin-II-VO/ Dublin-III-VO, nicht (mehr) anwendbar sind.

Mag ein Asylantragsteller regelmäßig kein subjektives Recht auf die Durchführung eines Asylverfahrens in einem der Vertragsstaaten haben und mögen deshalb auch regelmäßig die Vorschriften der vorgenannten Verordnungen keine drittschützenden Regelungen darstellen, so sind subjektive Rechte eines Asylantragstellers jedenfalls dann als verletzt anzusehen, wenn eine Unzulässigkeitsentscheidung rechtlich dazu führen kann, dass ein Asylantragsteller in keinem der Mitgliedstaaten einen zulässigen Asylantrag mehr stellen kann oder zumindest faktisch die Gefahr läuft, dass dies wesentlich erschwert sein wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die tenorierte Quotelung der Kostenanteile ergibt sich aus der Gewichtung der jeweiligen Streitgegenstände.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich die faktische Kostenteilung gleichermaßen ergeben hätte, wenn die Kläger hinsichtlich Nr. 2 des angefochtenen Bescheides, wie an sich geboten, die Erledigung der Hauptsache erklärt hätten, da die Beklagte hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ablauf der Überstellungsfrist rechtzeitig und angemessen durch Teilaufhebung reagiert hat. Insofern wäre eine analoge Anwendung von § 156 VwGO veranlasst gewesen.

Die Entscheidung konnte durch Gerichtsbescheid ergehen, insoweit haben sich die Kläger hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt. Die Beklagte ihrerseits hatte Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 47 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes


(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können un

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 156


Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.