Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 25. März 2019 - AN 17 S 18.01880, AN 17 S 18.01886

published on 25/03/2019 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 25. März 2019 - AN 17 S 18.01880, AN 17 S 18.01886
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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen wird hinsichtlich der Ziffern II. und V. des Bescheids vom 6. September 2018 wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffern VIII. und XI. angeordnet.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

2. Die Kosten der Verfahren werden gegeneinander aufgehoben.

3. Der Streitwert wird in beiden Verfahren auf je 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen gegen bauaufsichtliche Anordnungen.

Die Antragstellerin zu 1) firmierte vormals als … ag & Co. KG. 2002 beantragte sie eine Baugenehmigung für einen Lebensmittelmarkt auf dem Grundstück … in …, für den ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1968 existiert, der im Umfeld ein Misch- und ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Baugenehmigung wurde am 8. August 2002 unter diversen Auflagen erteilt; unter anderem heißt es im Tenor des Bescheids: Nr. 21: „Hinsichtlich des Lärmschutzes sind die Bestimmungen der Technischen Anleitungen zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) von 26.08.1998 einzuhalten.“

Nr. 22: „Der Beurteilungspegel der von dem gesamten Betrieb ausgehenden Geräusche darf am Wohnhaus auf dem Grundstück mit der FlNr. … in der Zeit von 22.00 Uhr und 6.00 Uhr 37 dB(A) und in der Zeit von 6.00 Uhr und 22.00 Uhr 52 dB(A) nicht überschreiten.“ Nr. 23: „Einzelne kurzfristige Geräuschspitzen dürfen den zulässigen Spitzenpegel nach TA Lärm tags von 85 dB(A) und nachts von 60 dB(A) nicht überschreiten.“ Nr. 24: „Die Lärmschutzberechnung der Fa. … vom 01. Juli 2002 (Bericht 7077.2) ist Bestandteil dieser Genehmigung. Die unter Abschnitt 5 des Berichts genannten Berechnungsvoraussetzungen (Anlieferung usw.) sind einzuhalten. Die unter Abschnitt 8 des Berichts geforderten Lärmschutzmaßnahmen (Schallleistungspegel, bauliche Maßnahmen) sind einzuhalten.“

Die Antragstellerin zu 1) vermietet die o. g. Räumlichkeiten an die Antragstellerin zu 2).

Veranlasst durch wiederkehrende Beschwerden der das Anwesen …, … Straße, bewohnenden Nachbarn wegen Lärms durch den Verbrauchermarktbetrieb ordnete das Landratsamt … mit Bescheid vom 6. September 2018 schließlich gegenüber der Antragstellerin zu 1) an, die haustechnischen Anlagen des Lebensmittelmarkts auszutauschen durch Geräte, die einen Schallleistungspegel von 70 dB(A) nicht überschreiten und keine Tonhaltigkeit aufweisen (Ziffer II.). Unter Ziffer III. wurde festgesetzt, dass die Belieferung des Marktes nur zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr stattzufinden habe. Unter Ziffer IV. wurde angeordnet, während des Befahrens des Betriebsgeländes seien die Klimageräte anliefernder Lkws auszuschalten. Unter Ziffer V. bis VII. wurde bezüglich vorstehender Anordnungen gegenüber der Antragstellerin zu 2) die Duldung angeordnet. Schließlich wird ein Zwangsgeld von 2.500,00 EUR für den Fall der Nichtumstellung der Haustechnik binnen 6 Wochen angedroht, 5.000,00 EUR für die Nichteinhaltung der Anlieferungszeiten binnen 1 Woche ab Bescheidbekanntgabe und 2.500,00 EUR für den Fall der Nichtabschaltung der Lkw-Klimageräte, dies für die Antragstellerin zu 1) unter Ziffer VIII. bis X. und für die Antragstellerin zu 2) unter Ziffer XI. bis XIII. Unter den Ziffern XIV. bis XIX. wurde für die Ziffern II. bis VII. die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anordnungen stützten sich auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO. Nach dem dem Landratsamt vorliegenden Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) … … liege der Beurteilungspegel am Haus der Nachbarn tagsüber bei 57,3 dB(A), mithin 5,3 dB(A) zu hoch. Das Landratsamt folge der gutachterlichen Einschätzung, dass Tonhaltigkeit vorliege. Selbst bei Berücksichtigung des Messabschlags von 3 dB(A) nach Nr. 6.9 TA Lärm würden die Werte überschritten. Im ursprünglichen Prognosegutachten der Fa. … sei nicht von Tonhaltigkeit ausgegangen worden. Im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens habe das Landratsamt daher bauaufsichtlich einschreiten müssen. Die Lärmschutzanordnungen in der ursprünglichen Baugenehmigung hätten zudem nachbarschützenden Charakter. Die erhebliche Beeinträchtigung der Nachbarn könne nicht mehr länger hingenommen werden. Der Austausch der Haustechnik mit Lärmbegrenzung für die neuen Geräte und die Begrenzung der Lieferzeiten lasse unter Berücksichtigung des Messabschlags eine Einhaltung der Lärmgrenzwerte gemäß der Baugenehmigung erwarten. Die Anordnungen seien auch nötig, da der Bauherr die Lärmgrenzwerte nicht einhalten könne; ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Die Anordnung sei angemessen, da das öffentliche Interesse bei baurechtswidrigen Zuständen das private Interesse des Bauherrn am Fortbestand des rechtwidrigen Zustands überwiege. Insbesondere sei die Einhaltung der Lärmwerte eine zentrale Genehmigungsvoraussetzung des Bauvorhabens gewesen. Die Festsetzung von Lärmgrenzwerten habe auch eine Schutzfunktion für die Nachbarschaft, der es nicht zuzumuten sei, den Betrieb eines Verbrauchermarkts über das nachbarverträgliche Maß hinaus weiterhin zu dulden; es gelte das Gebot der Rücksichtnahme. Hinsichtlich Ziffer IV. stütze sich der Tenor auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO i. V. m. § 22 BImSchG. Nach dem Gutachten seien schädliche Umwelteinwirkungen durch tieffrequente Töne im Schlafzimmer der Nachbarn bei geschlossenem Fenster zu erwarten. Ursächlich hierfür seien laut Gutachten die Klimageräte der Lkw. Da von diesen Geräten schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen, die auch die Gesundheit der Bewohner des Nachbarhauses beträfen, sei das Landratsamt bei Anwendung pflichtgemäßen Ermessens zum Einschreiten aufgerufen gewesen. Das Ausschalten der Kühlgeräte sei zudem „einfach und praktisch“. Hier überwiege ebenso das öffentliche Interesse die privaten Interessen des Bauherrn, der die Auflagen nicht einhalte.

Die Duldungsanordnung gegenüber der Antragstellerin zu 2) ergehe, da sie als Mieterin auch Störer sei und hierdurch sichergestellt werde, dass im Wege der Verwaltungsvollstreckung keine Hinderungsgründe bestünden.

Adressat dieses Bescheids sei die Antragstellerin zu 1) als Grundstückseigentümerin und Zustandsstörerin. Da es sich um eine dauerhafte Abweichung von der ursprünglichen Baugenehmigung handele, sei eine alleinige Verpflichtung des Mieters im Hinblick auf einen möglichen Mieterwechsel untunlich. Ebenso sei die innerbetriebliche Unternehmensgliederung nicht vollends klar, so dass nicht eindeutig sei, wer letztlich den Verbrauchermarkt betreibe. Mithin sei es zielführender, den Eigentümer in die Pflicht zu nehmen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit beruhe auf überwiegendem öffentlichem Interesse. Bei der Abwägung hätten die Interessen der Antragstellerinnen zurückzustehen. Die Antragstellerin zu 1) habe eine angemaßte Rechtsposition und genösse im Vergleich zu rechtstreuen Bürgern einen Vorteil. Die ursprüngliche Baugenehmigung wäre ohne Auflagen zum Schutz der Nachbarn vor Lärm nicht erteilt worden. Das Interesse der Antragstellerinnen sei demgegenüber nicht durchschlagend; die Einhaltung der Lärmauflagen könnte durch sie sehr lange verzögert werden.

Hiergegen erhoben die Antragstellerinnen am 25. September 2018 (Eingang bei Gericht) Klage und beantragten mit Schriftsatz vom selben Tag,

die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragstellerinnen gegen die Anordnung aus II. bis VI. bzw. V. bis VII. des Bescheides des Landratsamts …vorn 6. September 2018 wiederherzustellen und die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragstellerinnen gegen die Zwangsgeldandrohung aus VIII. bis X. bzw. XI. bis XIII. des Bescheides des Landratsamts … vom 6. September 2018 anzuordnen.

Ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung begründeten sie folgendermaßen: Die Antragstellerin zu 1) habe früher unter …ag & Co. KG firmiert. Die Antragstellerin zu 1) sei nicht angehört worden. Zwar habe sich das Landratsamt mit Schreiben vom 10. Juni 2016 an die „… ag & Co. KG v. Fa. … GmbH & Co. KG“ unter der Adresse der Antragstellerin zu 2) gewandt, woraufhin sich die Kanzlei … … & … aber nur für die Antragstellerin zu 2) legitimiert habe. Von der Anhörung habe man auch weder absehen dürfen (Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG), noch sei sie entbehrlich gewesen (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG).

In der Sache würdige der Antragsgegner die Ergänzungsgutachten zum Ursprungsgutachten nur unzureichend. Nach Meinung des Landratsamts sei der festgelegte Grenzwert von 52 dB(A) um 2,3 dB(A) überschritten. Dies beruhe auf einem Tonhaltigkeitszuschlag von 3 dB(A), den der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren vorgenommen habe. Dieser Zuschlag sei nicht gerechtfertigt, da Anlieferungen keine tonhaltigen Geräusche verursachten. Messtechnisch müsse die Tonhaltigkeit nach DIN 45681 festgestellt werden. Nach diesem Verfahren - so habe es der Sachverständige festgestellt - liege keine Tonhaltigkeit vor.

Außerdem würde bei Zugrundelegung eines Tonhaltigkeitszuschlags von 3 dB(A) der Messwert bei 55 dB(A) liegen, so dass bei 3 dB(A) Messabschlag die Lärmgrenzwerte eingehalten würden; diesen Messabschlag habe das Landratsamt im Bescheid nicht berücksichtigt. Der Antragsgegner habe ferner das Auswahlermessen hinsichtlich des Störers falsch ausgeübt. Als Eigentümerin, die Grundstück und Markt an die Antragstellerin zu 2) vermiete, sei sie Zustandsstörerin, während die Mieterin Handlungsstörerin sei. Bei solch einer Konstellation sei primär der Handlungsstörer zur Pflichtenerfüllung heranzuziehen. Die Begründung des Landratsamtes mit der dauerhaften Geltung auch bei Mieterwechsel trage insbesondere mit Blick auf die Anordnungen zu den Anlieferungszeiten nicht, da die Zeitanordnungen aus der ursprünglichen Baugenehmigung auch für neue Mieter gälten. Außerdem habe die nötigen Einwirkungsmöglichkeiten auf Lieferanten nur die Betreiberin des Verbrauchermarkts. Inhaltlich sei gar nicht nachgewiesen, dass die Verkürzung der Anlieferungszeiten zu einer Behebung der Lärmproblematik führe; das anderweitige Ergebnis im Gutachten beruhe allein auf dem unberechtigten Zuschlag für die Tonhaltigkeit.

Die vorstehenden Ausführungen zur Störerauswahl beträfen zugleich die Anordnungen hinsichtlich der Lkw-Klimageräte. Außerdem verursachten diese Geräte keine unzumutbaren tieffrequenten Geräusche, aus den Anlagen 15 und 16 des Gutachtens vom 21. April 2015 könne dies jedenfalls nicht entnommen werden. Man könne dem Gutachten auch nicht entnehmen, dass der Sachverständige die TA Lärm einschließlich der DIN 45680 korrekt angewandt habe. Schließlich gehe auch eine Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerinnen aus. Es seien schwierige lärmphysikalische Fragen zu klären. Wenn im Hauptsacheverfahren ein Gutachten erholt werde, sei ein Obsiegen der Antragstellerinnen wahrscheinlich. Ein Vollzug der Anordnungen würde vollendete Tatsachen schaffen, was vor allem für den Austausch der haustechnischen Anlagen zutreffe. Eine besondere Vollzugsdringlichkeit sei nicht zu erkennen, da das Verfahren ohnehin schon lange dauere.

Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018 beantragt der Antragsgegner:

Die Anträge werden abgelehnt.

Zur Begründung äußerte der Antragsgegner, mit Schreiben 25. April und 13. Juni 2018 (Bl. 540, 600 d. Behördenakte) sei die …AG & Co. V. KG v. Fa. … GmbH & Co. KG angehört worden. Der Vertreter der Firmen habe auch zum Sachverhalt ausführlich Stellung genommen. Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 (Bl. 616 - 617 d. Behördenakte) habe er zudem geäußert, er gehe von der … als Anhörungsadressatin aus. Die Kanzlei … … & … habe auch nicht darauf hingewiesen, dass sie - wie sie jetzt angebe - nur die Antragstellerin zu 2) vertrete. Angesichts der Äußerungen von … … & … zum Gesamten wäre ein Hinweis, dass man nur die Antragstellerin zu 2) vertrete, auf jeden Fall geboten gewesen. Ein Anhörungsmangel wäre im Übrigen durch die Antragsbegründung vom 25. September 2018 gegenüber dem Verwaltungsgericht Ansbach geheilt. Mit Schreiben vom 19. und 25. Oktober 2018 habe das Landratsamt die Anhörung auch nachgeholt.

Hinsichtlich der Tonhaltigkeit verweise man auf den Gutachter. Diese Beurteilung sei seine Aufgabe.

Der Aggregatsaustausch am Verbrauchermarkt sei verhältnismäßig. Er helfe den Nachbarn am schnellsten und sei ohnehin in Anbetracht des Alters des Verbrauchermarkts angezeigt. Die Argumentation der Antragstellerinnen zur falschen Störerauswahl trage nicht. Die seinerzeit erteilte Baugenehmigung habe die Antragstellerin zu 1) - nur unter anderem Namen - betroffen. Auflagen aus der Baugenehmigung müssten auch vom Marktbetreiber umgesetzt werden. Die Rechtsansicht der Antragstellerinnen führte dazu, dass Auflagen aus der Baugenehmigung gegenüber dem Bauherrn nicht umsetzbar wären. Der Grundstückseigentümer sei verpflichtet, öffentlichrechtliche Vorgaben gegenüber seinen Mietern durchzusetzen, wobei ihm die Art und Weise der Umsetzung selbst überlassen bleibe. Die Anordnung der Duldung gegenüber der Antragstellerin zu 2) als Mieterin sei ausreichend.

Die Beschränkung der Anlieferungszeiten sei schon deshalb nicht rechtswidrig, weil genau das der Sachverständige (Gutachten vom 21.4.2015) empfehle. Dies sei nach Sachverständigenangaben nicht einmal ausreichend, vielmehr sei danach sogar eine Einhausung des Anlieferbereichs nötig. Dies fordere im Übrigen auch die Immissionsschutz-Fachabteilung des Landratsamtes. Die Regelung der Zufahrts- bzw. Lieferzeiten sei auch dem Grundstückseigentümer - etwa durch Anbringung einer zeitgesteuerten Schranke - zumutbar und möglich. Die Abschaltung der Lkw-Kühlgeräte sei ebenfalls vom Sachverständigen empfohlen; dabei sekundiere auch hier die Immisionsschutz-Fachabteilung. Der Verbrauchermarktbetreiber habe das Gebot der Rücksichtnahme zu beachten und den Nachbarschutz sicherzustellen. Dazu sei das Abschalten der Kühlaggregate eine sehr einfache und praktische und damit verhältnismäßige Lösung.

Die sechswöchige Austauschfrist für die Haustechnik halte das Landratsamt für angemessen. Der Umbau sei innerhalb dieser Frist umzusetzen.

Die Dringlichkeit des bauaufsichtlichen Eingreifens ergebe sich aus dem Nachbarschutz und dem Rücksichtnahmegebot. Gutachterlich festgestellt sei die Nichteinhaltung der Lärmgrenzwerte. Die - auch gesundheitliche - Belastung durch Lärm könne den Nachbarn nicht weiter zugemutet werden. Dahinter müssten die Interessen der Antragstellerinnen - insbesondere die Anlieferzeit ab 6.00 Uhr beibehalten zu können - zurückstehen.

Unter dem 17. Dezember 2018 erwiderten die Antragstellerinnen schriftsätzlich, dass der Bescheid verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen sei. Schon die Adressatenbezeichnungen in den Anschreiben des Antragsgegners sei „verunglückt“ (s.a. AN 17 K 18.01428 und AN 17 S 18.01493), während antragstellerseits von Anfang an klar gewesen sei, dass die Kanzlei … … & … nur die Antragstellerin zu 2) vertreten habe. Eine Heilung sei nach der Rechtsprechung des BVerwG nicht eingetreten, denn das Landratsamt habe die Einwände mit Anwaltsschreiben vom 2. November 2018 nicht ausreichend gewürdigt. Insbesondere habe das Landratsamt einen (angeblichen) Widerspruch nicht gewürdigt: Die Beschränkung der Anlieferungszeit gehe allein auf den Betrieb der Klimageräte der Lkw und den dafür angesetzten Zuschlag für Tonhaltigkeit zurück; er entfiele, wenn die Klimageräte auf dem Betriebsgelände abgestellt würden. Betrachte man die Nachtwerte würde bei Berücksichtigung des Messabschlags der Grenzwert nicht überschritten, so dass der Austausch der Haustechnik nicht gerechtfertigt sei. Die Tonhaltigkeit sei nach DIN 45681 festzustellen, danach sei ein Zuschlag nicht gerechtfertigt. Im Ergänzungsgutachten vom 26. Juni 2017 habe der Sachverständige den Pegelzuschlag für Tonhaltigkeit auf 3 dB(A) reduziert. Die Störerauswahl sei nach wie vor falsch. Die Begrenzung der Anlieferungszeiten sei nicht gerechtfertigt, weil deren Wirksamkeit nicht belegt sei. Auch sei die gleichzeitige Reduzierung der Lieferzeiten und die Anordnung, die Lkw-Klimageräte auszuschalten, nicht erforderlich.

Betreffs der vorzunehmenden Interessenabwägung verkenne der Antragsgegner, dass eine Lärmgrenzwertüberschreitung nicht nachgewiesen sei. Außerdem liege eine Gesundheitsgefahr für die Nachbarn erst bei deutlich höheren Lärmwerten vor. Die Anordnungen dagegen hätten ganz erhebliche Folgen für die Antragstellerinnen; hinsichtlich der haustechnischen Anlagen wären erhebliche, nicht revidierbare Investitionen erforderlich. Die Lieferzeitverkürzung hätte zur Folge, dass die Antragstellerin zu 2) nicht ab der morgendlichen Marktöffnung das Frischesortiment anbieten könne. Das Abschalten der Lkw-Kühlgeräte sei aufwändig; tatsächlich seien die Kühlaggregate vor dem Öffnen der Lkw-Ladetore abzuschalten und nach deren Schließen wieder anzuschalten. Müsste das Aggregat schon beim Befahren des Grundstücks ausgeschaltet werden, müsste der Fahrer zuvor aussteigen und das Aggregat ausschalten; dies sei nur auf dem zweispurigen S.-weg möglich.

Dem gerichtlichen Verfahren sind bereits andere verwaltungsgerichtliche Verfahren mit den Antragstellerinnen vorausgegangen (AN 17 K 18.01428 und AN 17 S 18.01493). Jenen hat ein Bescheid des Landratsamts … vom 18. Juni 2018 zu Grunde gelegen, der inhaltlich die Anordnungen (einschließlich Duldung) des hiesig streitgegenständlichen Bescheids enthielt, jedoch an die … KG … GmbH & Co KG“ in … … Straße … gerichtet war. Gegenüber dem Gericht hat sich damals sowohl für die Antragstellerin zu 1) als auch für die Antragstellerin zu 2) die Kanzlei … … & … als Rechtsvertreterin angezeigt und ausführlich zur Sach- und Rechtslage geäußert. Den Bescheid vom 18. Juni 2018 hat das Landratsamt unter Ziffer I. des hier streitgegenständlichen Bescheids aufgehoben.

In seinem vor dem Amtsgericht … im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens (…) erstatteten Gutachten vom 21. April 2015 kommt der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) … … zu folgenden Erkenntnissen: Die Messungen hätten bei Temperaturen von 8 bis 10°C und Windstille stattgefunden; außen habe sich das Messverfahren an der TA Lärm orientiert, für die Innenmessungen tieffrequenter Töne wurde die Messungen nach DIN 45680 vorgenommen. Bei den Messungen seien tonhaltige Ereignisse und Geräusche mit tieffrequenten Anteilen aufgetreten, es seien Zuschläge von 6 dB(A) vorgenommen worden. Geräusche in den Zeiträumen von 5.00 bis 6.00 Uhr sowie von 6.00 bis 10.00 Uhr hätten eindeutig dem Betrieb des streitgegenständlichen Verbrauchermarkts zugeordnet werden können. Im Ergebnis gelange man tagsüber zu einem Beurteilungspegel von 57,3 dB(A) und nachts von 38,4 dB(A), was jeweils die Grenzwerte der Genehmigung überschreite. Zur Berechnung dieser Werte sei der Gutachter davon ausgegangen, dass über das allgemeine Betriebsgeräusch hinaus keine weiteren Anlieferungen o.ä. erfolgt seien. Im Schlafzimmer des Nachbarhauses seien bei geschlossenem Fenster tieffrequente Geräusche zu erwarten. Es sei ein Einzelton bei 80 Hz von einem Lkw mit in Betrieb befindlichem Klimagerät zu hören gewesen, wobei die Differenz zur Hörschwelle 22,5 dB betragen habe. Als Maßnahmen empfiehlt der Sachverständige hinsichtlich der haustechnischen Anlagen Einhausungen, Schalldämpfer, die Änderung von Betriebszuständen oder den Einsatz leiserer Geräte. Hinsichtlich des Lieferverkehrs regt er eine Verkürzung der Lieferzeiten an; würden diese nach 7.00 Uhr gelegt, erreichte man eine (nicht ausreichende) Beurteilungspegelreduzierung um 2 dB(A). Vorteilhafter sei daher eine vollständige Einhausung des Anlieferbereichs. Mit laufendem Motor und Kühlgerät auf dem Parkplatz des Marktes wartende Lkw müssten vermieden werden.

In seinem Ergänzungsgutachten vom 12. Oktober 2016 gibt der Sachverständige auf Fragen der (hiesigen) Antragstellerinnen an, dass bei Weglassen des Tonhaltigkeitszuschlags nachts die Grenzwerte eigehalten würden. Es seien alle Anlagen im Nahfeld messtechnisch untersucht worden, wobei drei Anlagen als ursächlich eingestuft worden seien. Diese Anlagen dienten der Kälteversorgung und wiesen in ihrer Bauart üblicherweise tonhaltige Geräusche auf; durch Wartungsarbeiten sei dies nicht zu beseitigen. Zur Tagzeit würden selbst bei Weglassen des Tonhaltigkeitszuschlags die Grenzwerte überschritten; auch das Abschalten der Kühlgeräte der Lieferfahrzeuge hülfe hier nicht weiter.

Nach dem Ergänzungsgutachten vom 26. Juni 2017 sei das Einzelgeräusch bei 400 Hz bei einer erneuten Messung wieder deutlich hervorgetreten und zu hören gewesen. Er sei subjektiv den Anlagen bei der Anlieferung zuzuordnen gewesen. Berechne man die Tonhaltigkeit nach DIN 45681, so ergebe sich ein Zuschlag von 0 dB(A). Durch das Ausschalten der Kühlgeräte ließe sich nicht erreichen, die Geräuschpegel auf zulässige Werte tagsüber zu senken. In seinem Ergänzungsgutachten vom 2. März 2018 gibt der Sachverständige an, dass während der Messung zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr ein Kühlaggregat nicht in Betrieb gewesen sei. Allerdings sei die An- und Abfahrt der Lkws als tonhaltig einzustufen. Selbst bei einem niedrigeren Tonhaltigkeitszuschlag von 3 dB(A) würde der Beurteilungspegel mit 55 dB(A) den Grenzwert von 53 dB(A) überschritten.

Ergänzend wird Bezug genommen auf den gesamten Inhalt der Gerichtssowie Behördenakten, einschließlich der Akten in den Verfahren AN 17 K 18.01428 und AN 17 S 18.01493.

II.

Die Anträge der Antragstellerinnen sind zulässig, aber nur teilweise begründet. Die Anträge hinsichtlich der Anlieferzeiten und des Abschaltens der Kühlgeräte der anliefernden Fahrzeuge haben in der Sache keinen Erfolg, anders aber der Antrag hinsichtlich des Austausches von Hausanlagen.

Bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist das Gericht - soweit die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit formell rechtmäßig ist - zu einer eigenständigen Ermessensentscheidung berufen, im Rahmen derer es das Vollzugsinteresse und das Aussetzungsinteresse der Antragsteller gegeneinander abzuwägen hat. Eine wesentliche Rolle spielt bei dieser Abwägung die Frage, ob der zu Grunde liegende Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Denn vor allem an einem voraussichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakt kann im Rechtsstaat kein gesteigertes Vollzugsinteresse bestehen. Dabei ist das Gericht im Zuge des Eilrechtsschutzes nur zu einer summarischen Prüfung des Verwaltungsakts aufgerufen.

1. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid hinsichtlich der Anlieferzeiten und des Kühlgerätabschaltens voraussichtlich rechtmäßig.

a) Die Anordnung des Sofortvollzuges ist formell rechtmäßig erfolgt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde gesondert verfügt und hinreichend schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO), denn sie geht auf den Einzelfall ein und bleibt nicht lediglich formelhaft.

b) Der Bescheid hinsichtlich der Ziffern III, IV, VI. und VII. ist rechtmäßig und überwiegende Interessen der Antragstellerinnen hinsichtlich einer Vollzugsaussetzung sind nicht ersichtlich.

aa) Die Anordnungen stützen sich zu Recht auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO.

Der Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig. Die Antragstellerinnen wurden insbesondere ordnungsgemäß angehört im Sinne von Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG; dies gilt auch für die Antragstellerin zu 1. Zwar hat sich in der Tat die Rechtsanwaltskanzlei … … & … im Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 16. Juni 2016 nur für die Antragstellerin zu 2) legitimiert. Dies geschah aber ohne ausdrücklichen Hinweis darauf, dass nur die Antragstellerin zu 2) vertreten würde, nicht aber die Antragstellerin zu 1), obschon aus der Adressierung des vorangegangen Schreibens des Landratsamts … vom 10. Juni 2016 ausreichend klar zu erkennen war, dass nicht nur die Antragstellerin zu 2) angesprochen sein sollte, auch wenn die Adressierung „… ag & Co. V. KG v. Fa. … GMBH & Co. KG“ nicht korrekt war. Das Landratsamt verweist zu Recht auf einen Schriftsatz der Kanzlei … … & … vom 10. Juli 2018, in dem geäußert wurde, man gehe von der Antragstellerin zu 1) als Anhörungsadressatin aus, ohne darauf hinzuweisen, nicht für diese bevollmächtigt zu sein. Es kann jedoch dahinstehen, ob hier deshalb eine Anscheinsvollmacht der Kanzlei … … & … für die Antragstellerin zu 1) anzunehmen ist; jedenfalls ist ihr aus Treu- und Glaubensgesichtspunkten ein Berufen auf eine angeblich mangelnde Anhörung verwehrt. Selbst die Kanzlei … … & … verlor anscheinend den Überblick, als sie im Schriftsatz für die Antragstellerin zu 2) vom 25. September 2018 (im Verfahren AN 17 S 18.01886) monierten: „Eine Anhörung der … GmbH & Co. KG ersetzt eine Anhörung der Antragstellerin [sc.: die …GmbH & Co. KG] nicht.“

Spätestens im Rahmen der vorangegangenen Verfahren (AN 17 K 18.01428 und AN 17 S 18.01493) hat die Antragstellerin zu 1) durch ihre dort ordnungsgemäß legitimierten Verfahrensbevollmächtigten - die Kanzlei … … & … - vom Sachverhalt und der Rechtsansicht des Antragsgegners Kenntnis erlangt und sich dazu auch geäußert. Damit ist die Funktion des Anhörungsrechts, den Betroffenen zu informieren und ihm die Möglichkeit zur Äußerung zu geben, erfüllt. Es ist dabei irrelevant, dass im dortigen Verfahren die Antragstellerin zu 1) anders bezeichnet war; die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zu 1) haben selbst vorgetragen, die Antragstellerin zu 1) habe von … AG & Co. KG zu … … … GmbH & Co. KG umfirmiert. Eine Änderung der Rechtsperson ist mit einer Umfirmierung, also der Umbenennung eines Unternehmens, aber nicht verbunden, so dass sich die Antragstellerin zu 1) auch als … … … GmbH & Co. KG das Wissen aus an die … AG & Co. KG adressierten Schreiben und Informationen zurechnen lassen muss.

bb) Der Bescheid ist materiell hinsichtlich der Ziffern III, IV, VI. und VII. rechtmäßig. Der Betrieb des Verbrauchermarkts verstößt gegen die Lärmschutzauflagen der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 8. August 2002.

Davon ist auf Grund der vorgelegten Unterlagen - insbesondere des Lärmgutachtens aus dem vor dem Amtsgericht … geführten selbständigen Beweisverfahren samt seiner Ergänzungen - derzeit auszugehen. Der Sachverhalt ist insoweit ausreichend nachgewiesen. Angesichts der Eilbedürftigkeit des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO müssen je nach den Umständen des Einzelfalls umfangreiche Sachverhaltsermittlungen unterbleiben; Unsicherheiten sind jedoch bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen (vgl. etwa Gersdorf in BeckOK-VwGO, § 80 Rn. 176). Im Vorliegenden war auf die Einholung eines weiteren oder ergänzenden Gutachtens wegen der erfahrungsgemäß langen Erstellungsdauer zu verzichten.

Das vorliegende Gutachten des erfahrenen Dipl.-Ing. (FH) … samt der Ergänzungen ist nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei.

Der Gutachter hat die Tonhaltigkeit richtig ermittelt. Unzutreffend ist dabei die Darstellung der Antragstellerinnenvertreter, wonach die Tonhaltigkeit von Geräuschen nach DIN 46581 gemessen werden müsse. Diese Methode ist nur eine Möglichkeit. Die Tonhaltigkeit nach A.3.3.5 der Anlage zur TA Lärm kann aber auch subjektiv durch den Höreindruck des erfahrenen Sachverständigen selbst erfolgen. Es wird sogar der begleitende Rückgriff auf das geschulte Ohr des Sachverständigen stets für erforderlich gehalten (vgl. Beckenbauer in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., TA Lärm Rn. 402 m.w.N.).

Das Gutachten wird nicht durch das Privatgutachten vom 27. Oktober 2009 erschüttert. Zum einen ist letzteres schon älter. Zum anderen kommt dieses Gutachten, wie der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) … in seiner Gutachtensergänzung vom 26. Juni 2017, bei Messung der Tonhaltigkeit gemäß DIN 46581 zur Verneinung der Tonhaltigkeit. Die Gutachten divergieren also nicht, die Gutachter wenden nur unterschiedliche, aber jeweils zulässige Feststellungsmethoden an. Im Übrigen gelangt auch das Privatgutachen zu einem Beurteilungspegel von 51 dB(A) - also nur knapp unter dem Grenzwert.

Demgegenüber stellt die schriftsätzliche Kritik der Antragstellerseite das Gutachten nicht in Frage. Zwar ist es einer Partei unbenommen, durch ihren Vortrag die Richtigkeit eines Sachverständigengutachtens in Zweifel zu ziehen. Dies kann allerdings nur Anlass sein, ein ergänzendes oder aber ein weiteres Gutachten zu erholen. Zwar wurde vom Amtsgericht nunmehr die Einholung eines weiteren Gutachtens in Auftrag gegeben, doch das Ergebnis des bisherigen Gutachtens bleibt zunächst bestehen. Darüber hinaus sieht das Verwaltungsgericht keinen Anlass, sich angesichts des Antragstellervortrags über die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens hinwegzusetzen. Der wesentliche Streit zwischen Sachverständigem und Antragstellerinnen betrifft die Frage, ob die vorgefundenen Geräusche tonhaltig sind oder nicht. Hieran hält der Gutachter aufgrund seines persönlichen Eindrucks fest.

Das Gericht geht mit dem Gutachter auch von der Angemessenheit eines Tonhaltigkeitszuschlags von 6 dB(A) aus. Die TA Lärm lässt als Tonhaltigkeitszuschlag nach sachverständiger Auswahl entweder 3 oder 6 dB(A) zu. Auf Grund der ursprüngliche Wahl von 6 dB(A) durch den Sachverständigen …, der Auswahl von 6 dB(A) auf Grund des Empfindens des Sachverständigen (vgl. Ergänzungsgutachten vom 26.6.2017) und der Tatsache, dass die Berechnungen mit 3 dB(A) als Zuschlag nur auf Grund des Ersuchens der Antragsgegnerseite im selbständigen Beweisverfahren - hier die Antragstellerin zu 2) - erfolgten, ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO von dem Wert von 6 dB(A) auszugehen. Dies zu Grunde gelegt, liegt ein Beurteilungspegel von 57,3 dB(A) vor. Hiervon ist nach Nr. 6.9 der TA Lärm ein Messabschlag von 3 dB(A) vorzunehmen, so dass letztlich ein Pegel von 54,3 dB(A) vorliegt, der immer noch 2,3 dB(A) über dem nach der Baugenehmigung zulässigen Wert von 52 dB(A) liegt. Der Messabschlag ist deshalb vorzunehmen, weil in Orientierung an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.8.2007 - 4 C 2/07, NVwZ 2008, S. 76/77) hier der Sache nach eine Überwachungsmessung, also eine Messung beim laufenden Betrieb einer bereits früher errichteten Anlage zur Kontrolle der Einhaltung von Lärmgrenzwerten, vorliegt und folglich nach oben genannter Rechtsprechung der Messabschlag vorzunehmen ist. Dies gilt nach Ansicht der Kammer ungeachtet der Tatsache, dass in einem zivilrechtlichen Unterlassungsverfahren dieser Messabschlag nicht heranzuziehen wäre.

Anders als teilweise im Verwaltungsverfahren von der Antragstellerseite vorgetragen, kommt der Sachverständige auch in seinen Ergänzungsgutachten nicht zu niedrigeren Werten, sondern er antwortet in den Ergänzungsgutachten nur auf Fragen der Antragstellerseite in der Form von „was wäre, wenn“. So wollte die Antragstellerin zu 1) im selbständigen Beweisverfahren wissen: „Der Sachverständige möge daher ergänzend nochmals zu der Frage Stellung nehmen, ob aufgrund des vergebenen Tonzuschlages in der Zeit von 06.00 bis 7.00 Uhr vom Betrieb eines Kühlaggregates auszugehen ist. Sollte dies nicht der Fall sein, möge der Sachverständige zu der Frage Stellung nehmen, ob er für die bloße Ladetätigkeit einen Tonzuschlag von 6 dB(A) rechtfertigt.“ (Ergänzungsgutachten vom 2.3.2018) Hierauf antwortete der Sachverständige - nach der Feststellung, dass auch schon die Lkw-An- und Abfahrt als tonhaltig einzustufen sei - unter anderem: „Würde man die von mir gemäß TA Lärm vorgenommene Einstufung der Zuschläge generell auf 3 dB reduzieren und den Betrieb des Kühlaggregats überhaupt nicht berücksichtigen, ergäbe sich für die Tagzeit folgende Tabelle: … Dies bedeutet, dass auch unter diesen Annahmen immer noch eine Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwertes von + 2 dB(A) vorläge und der Schallimmissionsschutz in der Nachbarschaft damit nicht gegeben wäre.“ Im Ergänzungsgutachten vom 26. Juni 2017 gab der Gutachter an, den Tonhaltigkeitszuschlag von 6 dB(A) habe er nach seinem Empfinden für angemessen gehalten. Angesichts dessen kann entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen nicht von einem Abrücken des Sachverständigen von einem adäquaten Tonhaltigkeitszuschlag von 6 dB(A) ausgegangen werden.

Der Eingriff in die Rechtsposition der Antragstellerinnen ist verhältnismäßig. Durch das Abschalten der Lkw-Kühlgeräte während des Liefervorgangs erleiden die Antragstellerinnen keine erheblichen Nachteile. Die bloße Umständlichkeit des Abschaltens der Geräte vor Befahren des Marktgeländes ist eine gegenüber den Belangen des Nachbarn geringfügige, hinzunehmende Einschränkung. Ein Verderb von Waren wurde bislang nicht vorgetragen und ist daher offenbar nicht zu befürchten.

Wenn auch die Einschränkungen der Anlieferungszeiten im Nachhinein nicht mehr rückgängig zu machen sind, so erscheint dem Gericht die Eingriffsintensität jedenfalls nur von geringem Maß. Entgegen der Antragstelleransicht führt die mögliche Einschränkung im Angebot des Marktes, namentlich zur Marktöffnung um 7.00 Uhr nicht bereits frisches Obst und Gemüse anbieten zu können, nicht zur Unverhältnismäßigkeit. Es ist eine kaufmännische Entscheidung, den Verbrauchermarkt bereits um 7.00 Uhr zu öffnen mit der wirtschaftlichen Erwartung, insbesondere den Konsum auch früher Kunden, vornehmlich von Arbeitnehmern auf dem Weg zur Arbeitsstelle, abzuschöpfen. Dieser allein von der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchermarktbetreibers abhängige Umstand führt nicht zu einer Verschiebung der Interessenssituation zu Lasten der im Umfeld wohnenden Nachbarn. Es ist vielmehr zu verlangen, dass die Antragstellerinnen sich mit der ungünstigen Situierung des Verbrauchermarkts mit Wohnbebauung in der Nähe arrangieren und sich nicht auf Kosten anderer über Genehmigungsbedingungen hinwegsetzen.

Im Ergebnis sind daher die Eingriffe auf Grund der Anordnungen Ziffer III., IV., VI. und VII. verhältnismäßig.

Die Störerauswahl begegnet keinen Bedenken. Zu Recht hat das Landratsamt die Beschränkung hinsichtlich der Anlieferungen gegenüber der Antragstellerin zu 1) angeordnet und die Antragstellerin zu 2) zur Duldung verpflichtet. Zwar ist nach Art. 9 Abs. 1 und 2 LStVG analog zwischen Verhaltens- und Zustandsstörer zu differenzieren und grundsätzlich vorrangig der Verhaltensstörer heranzuziehen (König in Schwarzer/König, BayBO, Art. 54 Rn. 27); die Behörde darf sich darüber hinaus aber sehr weitgehend von Zweckmäßigkeitsüberlegungen leiten lassen (König a.a.O.). Vor diesem Hintergrund können die Überlegungen des Antragsgegners überzeugen. Die Antragstellerin zu 1) war ehedem (noch unter anderer Firma) Bauherrin und ist nach wie vor Vermieterin des Verbrauchermarkts. Das damalige Bauvorhaben ist überdies von vorneherein als Verbrauchermarkt geplant und genehmigt worden, mit dementsprechend typischen Anlagen, die auch lärmemittierend sind. Damit vermietet die Antragstellerin zu 1) nicht ein bloßes Gebäude, sondern eben gerade einen Verbrauchermarkt. Als Bauherrin und Genehmigungsadressatin ist sie zu Recht auch Adressatin von Anordnungen in Bezug auf Verstöße gegen Auflagen in der Baugenehmigung. Sie ist gerade keine (reine) Zustandsstörerin.

Auch der Hinweis des Antragsgegners auf wechselnde Mieter kann überzeugen. Schon die Umfirmierung der Antragstellerin zu 1) macht die Problematik von Namensänderungen, Umwandlungen im Sinne des UmwG oder eines tatsächlichen Mieterwechsels deutlich.

In seinen Ziffern III., IV., VI. und VII. ist der Bescheid vom 6. September 2018 daher rechtmäßig. Entgegenstehende Interessen der Antragstellerinnen sind nicht so gewichtig, als dass sie der Sofortvollzugsanordnung entgegenstünden.

c) Die diesbezüglichen Zwangsgeldandrohungen (Ziffern IX., X., XII. und XIII.) begegnen keinen Bedenken. Dies gilt auch für die für Verstöße gegen die verkürzten Anlieferungszeiten angedrohte Höhe von 5.000,00 EUR, die innerhalb des Rahmens des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG liegt und angesichts der vorangegangenen, wiederholten Verstöße durchaus angemessen erscheint. Die gilt erst recht für die verhängten 2.500,00 EUR für die weiteren Anordnungen im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung des betroffenen Bauobjekts.

2. Begründet ist der Antrag dagegen hinsichtlich der im Bescheid geforderten Erneuerung der Hausklimatechnik (Ziffern II. und V.).

a) Die Interessenabwägung geht hier zu Gunsten der Antragstellerinnen aus. Zwar hat die auch hier getroffene Beurteilung des Verwaltungsakts als voraussichtlich rechtmäßig im Rahmen der Interessenabwägung hohes Gewicht. Doch mit Blick auf die zu verändernde Haustechnik hat es überwiegendes Gewicht, dass dazu ein Umbau erforderlich wird und letztlich vollendete Tatsachen geschaffen werden. Der Umbau erfordert - wie die Antragstellerinnen überzeugend vortragen - nicht unerhebliche Investitionen, die sich nur teilweise amortisieren werden. Darüber hinaus aber ist ein Rückbau unwirtschaftlich. Die Eingriffsintensität ist hier deutlich stärker als bei den anderen Auflagen.

Mit Blick auf die im Eilverfahren zu verlangende Prüfdichte und Gewissheit über den Sachverhalt (vgl. Gersdorf in BeckOK-VwGO, a.a.O.) ist außerdem nach derzeitiger Gutachtenslage nicht ausgeschlossen und durchaus möglich, dass bei Erfüllung der Auflagen, die die Lkw-Anlieferung betreffen (Ziffern III., IV., VI. und VII.), und gleichzeitigem Abzug des Messabschlags sowie eines eventuell niedrigerem Tonhaltigkeitszuschlags (auch wenn dies nach derzeitiger Sachlage eher unwahrscheinlich erscheint) ein Lärmwert erreicht wird, der noch baugenehmigungskonform ist. Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) … hat den Messabschlag (zulässigerweise) gerade noch nicht berücksichtigt, so dass seine Schlussfolgerung, dass die Auflagen zur Lkw-Situation allein nicht ausreichend sind, für das öffentlichrechtliche Verfahren nicht ohne weiteres trägt. In jedem Fall liegt bei Umsetzung der Anordnungen III. und IV. im Bescheid vom 6. September 2018 wohl nur noch eine geringfügige Grenzwertüberschreitung vor, der gegenüber ein sofortiger kostenintensiver, endgültiger Komplettaustausch der Klima-Haustechnik unverhältnismäßig ist. Die insofern bestehende Restunsicherheit bezüglich des Gutachtens hinsichtlich des Tonhaltigkeitszuschlags bekommt hier höheres Gewicht als bei den vergleichsweise kleinen Eingriffen hinsichtlich der anliefernden Lkws, denn derartige Unsicherheiten sind bei der Abwägung zu berücksichtigen (Gersdorf in BeckOK-VwGO, a.a.O.).

Hinsichtlich der Störerauswahl wird auf die Ausführungen unter 1. b) bb) verweisen. Die aufschiebende Wirkung der Klagen wird hinsichtlich Ziffern II. und IV. des Bescheides vom 6. September 2018 deshalb wiederhergestellt.

b) Nachdem dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Grundverwaltungsakte stattgegeben wird, ist die aufschiebende Wirkung auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen anzuordnen (Ziffer VIII und XI des Bescheids).

3. Die Kostenentscheidung fußt auf § 155 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO. Aus Sicht des Gerichts ist die aufwändige Haustechnikerneuerung höher zu bewerten als die eher geringfügig eingreifenden Maßnahmen, die die Lkw-Anlieferung betreffen. Indessen hat das Landratsamt für Verstöße gegen die verkürzten Anlieferungszeiten ein höheres Zwangsgeld angedroht, so dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die Kostenaufhebung als angemessen zu werten ist.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 VwGO unter Veranschlagung der Höhe der angedrohten Zwangsgelder.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Annotations

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch das nächsthöhere Gericht bestimmt,

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist,
2.
wenn es wegen der Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist,
3.
wenn der Gerichtsstand sich nach § 52 richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen,
4.
wenn verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben,
5.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 52 nicht gegeben ist, bestimmt das Bundesverwaltungsgericht das zuständige Gericht.

(3) Jeder am Rechtsstreit Beteiligte und jedes mit dem Rechtsstreit befaßte Gericht kann das im Rechtszug höhere Gericht oder das Bundesverwaltungsgericht anrufen. Das angerufene Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden.