Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Jan. 2016 - VGH N 11/14

ECLI:ECLI:DE:VERFGRP:2016:0129.VGHN11.14.0A
bei uns veröffentlicht am29.01.2016

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

A.

1

Mit ihrem Antrag wendet sich die Antragstellerin, die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn, gegen die Aufnahme der Verbandsgemeinde Hochspeyer im Rahmen einer Kommunal- und Verwaltungsreform.

I.

2

Die letzte große kommunale Funktions- und Gebietsreform fand in Rheinland-Pfalz Ende der 1960er Jahre/ Anfang der 1970er Jahre statt. Sie diente der Anpassung der kommunalen Strukturen an die gewachsenen Ansprüche im modernen Sozial- und Rechtsstaat. Ziel war es, Kommunen angemessener Größe zu schaffen, um eine effiziente Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen und dadurch die kommunale Selbstverwaltung zu stärken (vgl. hierzu LT-Drucks. 6/17, S. 18 ff., LT-Drucks. 6/698, S. 28 ff.; ferner Stamm, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 49 Rn. 6 m.w.N.; vertiefend Steinbicker, in: Junkernheinrich/Lorig [Hrsg.], Kommunalreformen in Deutschland, 2013, S. 213 ff.).

3

Mehr als 40 Jahre später hat der Landtag Rheinland-Pfalz beschlossen, eine weitere Kommunal- und Verwaltungsreform durchzuführen. Diese beinhaltet neben der Änderung zahlreicher Zuständigkeiten (vgl. hierzu das Zweite Landesgesetz zur Kommunal- und Verwaltungsreform vom 28. September 2010, GVBl. S. 280) auf einer ersten Stufe insbesondere eine Gebietsreform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden. Hierdurch sollen die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft dieser kommunalen Gebietskörperschaften gestärkt werden. Anlässe für die Änderung der Gebietsstrukturen seien, so der Gesetzgeber, im Wesentlichen demografische Veränderungen, die Situation der öffentlichen Finanzen, technische und soziale Entwicklungen sowie eine Änderung des Aufgabenspektrums der Verwaltungen (so LT-Drucks. 15/4488, S. 1, 21). Auf einer zweiten Stufe der Reform sollen bis zum Jahr 2019 die Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte optimiert werden (vgl. hierzu auch LT-Drucks. 15/4488, S. 32, LT-Drucks. 16/1081).

II.

4

Am 8. September 2010 beschloss der Landtag das Erste Landesgesetz zur Kommunal- und Verwaltungsreform, das am 5. Oktober 2010 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet wurde (GVBl. 272). Artikel 1 dieses Gesetzes beinhaltet das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform – KomVwRGrG – (im Folgenden: Grundsätzegesetz), das unter anderem die Kriterien für eine Änderung der Gebietsstrukturen festlegt.

5

§ 1 bis § 3 KomVwRGrG lauten wie folgt:

6

§ 1

Ziele

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(1) Ein Ziel der Kommunal- und Verwaltungsreform sind kommunale Gebietskörperschaften, die unter besonderer Berücksichtigung der demografischen Entwicklungen und des Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere im Rahmen von E-Government, in der Lage sind, langfristig die eigenen und die übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Zu diesem Zweck sollen Aufgabenzuständigkeiten verändert und die Leistungsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und der Verbandsgemeinden im Interesse einer bestmöglichen Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger durch Gebietsänderungen verbessert werden. Der Freiwilligkeit gebietlicher Veränderungen wird hierbei der Vorrang eingeräumt.

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(2) Darüber hinaus ist zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung eine Erweiterung der gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben und der gemeinsamen Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen durch öffentliche und private Stellen angestrebt; dies gilt insbesondere für eine Zusammenarbeit kommunaler Gebietskörperschaften, die ihren Sitz in derselben Gemeinde haben. Mit Dienstleistungsangeboten der kommunalen Gebietskörperschaften sollen die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger zur schnellen, qualitativ hochwertigen und kostengünstigen Abwicklung ihrer Verwaltungsangelegenheiten und die Unterstützung der Ortsgemeinden und der Ortsbezirke in Verwaltungsangelegenheiten verbessert werden. Ein Ziel der Kommunal- und Verwaltungsreform ist auch eine stärkere direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten, um das Potenzial des in Rheinland-Pfalz sehr ausgeprägten bürgerschaftlichen Engagements zur Verwirklichung des Gemeinwohlziels verstärkt nutzen zu können. Dazu sollen notwendige Voraussetzungen geschaffen und erweitert werden.

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§ 2

Grundsätze der Verbesserung kommunaler Gebietsstrukturen

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(1) Zur Stärkung der Leistungsfähigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und der Verbandsgemeinden werden die vorhandenen Gebietsstrukturen dieser kommunalen Gebietskörperschaften bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 verbessert.

11

(2) Eine ausreichende Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft haben in der Regel

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1. verbandsfreie Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und

13

2. Verbandsgemeinden mit mindestens 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

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Maßgebend ist die vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz zum 30. Juni 2009 festgestellte amtliche Zahl der Personen, die mit alleiniger Wohnung oder, sofern eine Person mehrere Wohnungen hat, mit ihrer Hauptwohnung in der verbandsfreien Gemeinde oder der Verbandsgemeinde gemeldet sind.

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(3) Unterschreitungen der Mindestgröße nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 sind in der Regel unbeachtlich bei Verbandsgemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die eine Fläche von mehr als 100 Quadratkilometern und mehr als 15 Ortsgemeinden haben. Aus besonderen Gründen können Unterschreitungen der Mindestgrößen nach Absatz 2 Satz 1 unbeachtlich sein, wenn die verbandsfreien Gemeinden und die Verbandsgemeinden die Gewähr dafür bieten, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Besondere Gründe sind vor allem landschaftliche und topografische Gegebenheiten, die geografische Lage einer kommunalen Gebietskörperschaft unmittelbar an der Grenze zu einem Nachbarstaat oder einem Nachbarland, die Wirtschafts- und Finanzkraft, die Erfordernisse der Raumordnung sowie die Zahl der nicht kasernierten Soldatinnen und Soldaten, Zivilangehörigen und Familienangehörigen der ausländischen Stationierungsstreitkräfte, soweit diese nicht den deutschen Meldevorschriften unterliegen.

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(4) Verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden sollen mit benachbarten verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden desselben Landkreises zusammengeschlossen werden. Eine Ausnahme von Satz 1 kann zugelassen werden, vor allem wenn innerhalb desselben Landkreises ein Zusammenschluss zu einer verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde mit einer ausreichenden Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft nicht möglich ist. Ferner können im Ausnahmefall die Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde in mehrere andere Verbandsgemeinden eingegliedert, die Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde und die Ortsgemeinden mehrerer anderer Verbandsgemeinden zu neuen Verbandsgemeinden zusammengeschlossen sowie eine Ortsgemeinde aus einer Verbandsgemeinde ausgegliedert und in eine andere Verbandsgemeinde eingegliedert werden.

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(5) Bei dem Zusammenschluss kommunaler Gebietskörperschaften sind vor allem die Erfordernisse der Raumordnung, landschaftliche und topografische Gegebenheiten, die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die Wirtschaftsstruktur und historische und religiöse Bindungen und Beziehungen zu berücksichtigen.

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§ 3

Freiwillige Gebietsänderungen

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(1) Im Falle der freiwilligen Eingliederung einer verbandsfreien Gemeinde oder einer Verbandsgemeinde in eine Verbandsgemeinde sind Beschlüsse des Gemeinderates der bisherigen verbandsfreien Gemeinde, der Verbandsgemeinderäte der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde sowie der Ortsgemeinderäte der Ortsgemeinden der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde erforderlich, mit denen übereinstimmend der Wille zu dieser freiwilligen Gebietsänderung erklärt wird. Im Falle der freiwilligen Eingliederung der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde in mehrere andere Verbandsgemeinden sind Beschlüsse nach Satz 1 des Verbandsgemeinderates der bisherigen Verbandsgemeinde und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden sowie der Verbandsgemeinderäte der aufnehmenden Verbandsgemeinden und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden erforderlich. Im Falle der freiwilligen Umgliederung einer Ortsgemeinde aus einer Verbandsgemeinde in eine andere Verbandsgemeinde sind Beschlüsse nach Satz 1 der Ortsgemeinderäte und der Verbandsgemeinderäte dieser kommunalen Gebietskörperschaften erforderlich. Die Zustimmung der Ortsgemeinden nach den Sätzen 1 bis 3 gilt als erteilt, wenn jeweils mehr als die Hälfte der Ortsgemeinden der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde zugestimmt hat und in diesen Ortsgemeinden jeweils mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde wohnt.

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(2) Im Falle der freiwilligen Bildung einer neuen verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde aus verbandsfreien Gemeinden oder Verbandsgemeinden sind Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 der Gemeinderäte der bisherigen verbandsfreien Gemeinden oder der Verbandsgemeinderäte der bisherigen Verbandsgemeinden und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden erforderlich. Im Falle des freiwilligen Zusammenschlusses der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde mit den Ortsgemeinden mehrerer anderer Verbandsgemeinden zu neuen Verbandsgemeinden sind Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 der Verbandsgemeinderäte der bisherigen Verbandsgemeinden und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden erforderlich. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

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(3) Im Hinblick auf eine freiwillige Änderung des Gebiets kommunaler Gebietskörperschaften, die verschiedenen Landkreisen angehören, sind die betroffenen Landkreise vorher zu hören.

22

(4) Die Beschlussfassung und die Anhörung nach den Absätzen 1 bis 3 müssen bis zum 30. Juni 2012 erfolgen.

23

(5) Eine Gebietsänderung, die aus Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist und nicht freiwillig erfolgt, wird nach vorheriger Anhörung der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften ohne deren Zustimmung durch Gesetz geregelt.

(…)

III.

24

Zur Vorbereitung der Gebietsreform hatte im Auftrag des Ministeriums des Innern und für Sport Prof. Dr. Junkernheinrich eine „begleitende Gesetzesfolgenabschätzung zu den Entwürfen des Ersten und Zweiten Landesgesetzes zur Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz“ (Stand: 13. April 2010) – im Folgenden: begleitende Gesetzesfolgenabschätzung – durchgeführt. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass in fiskalischer Hinsicht kleine Gemeinden im Durchschnitt deutlich schlechter dastehen als einwohnerstarke Gemeinden. Dies spiegele sich zum einen in ihren überwiegend negativen Haushaltsergebnissen und darüber hinaus auch in der Höhe ihrer Kassenkreditverbindlichkeiten wider. Beide Indikatoren korrespondierten deutlich mit der Gemeindegröße. Die fiskalischen Unterschiede gingen wesentlich auf ortsgrößenbedingte Kostendifferenzen zurück. Zwar stelle die Einwohnerzahl nicht die einzige Bestimmungsgröße für die Höhe des administrativen Ressourcenverbrauchs dar, doch insbesondere im fiskalisch besonders bedeutsamen Bereich der allgemeinen Verwaltung (Einzelplan 0) habe sie einen deutlich spürbaren Einfluss. Im Verbandsgemeindebereich ergäben sich im Hinblick auf eine künftige Mindestortsgröße zwei methodisch begründbare Wirtschaftlichkeitsgrenzen. Die erste liege bei einer Einwohnerzahl von 10.700, die zweite bei etwa 13.000 Einwohnern.

IV.

25

1. Unter dem 1. August 2012 erstellte Prof. Dr. Junkernheinrich im Auftrag des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur ein Gutachten mit dem Titel „Fusion von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz – Teil A – Prüfung der Ausnahmegründe von der Fusionspflicht im Rahmen der territorialen Neugliederung rheinland-pfälzischer Verbandsgemeinden und verbandsfreier Gemeinden“ (im Folgenden: Gutachten Junkernheinrich Teil A). Darin untersuchte er, welche verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden die primären Ausnahmegründe nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KomVwRGrG bzw. die besonderen Ausnahmegründe nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG erfüllten. Unter Zugrundelegung der im Gutachten angewandten Kriterien bestand für die Antragstellerin kein eigener Gebietsänderungsbedarf, weil sie mit 12.936 Einwohnern zum 30. Juni 2009, dem nach § 2 Abs. 2 S. 2 KomVwRGrG maßgeblichen Zeitpunkt, die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KomVwRGrG erforderliche Mindestgröße für Verbandsgemeinden von 12.000 Einwohner überschreite. Demgegenüber ergab sich für die Verbandsgemeinde Hochspeyer ein gemeindeimmanenter Gebietsänderungsbedarf, weil sie weder die Mindesteinwohnerzahl erreiche noch Ausnahmetatbestände für sich beanspruchen könne.

26

2. Im September 2012 legte Prof. Dr. Junkernheinrich zudem im Auftrag des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Teil B seines Gutachtens „Fusion von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz“ (im Folgenden: Gutachten Junkernheinrich Teil B) vor, in dem er Neugliederungsoptionen für diejenigen verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden entwickelte, für die zuvor ein gemeindeimmanenter Gebietsänderungsbedarf festgestellt worden war. In diesem Rahmen schlug er für die Verbandsgemeinde Hochspeyer in den beiden ersten von drei ausgearbeiteten Varianten für eine landesweite Neugliederung einen Zusammenschluss mit der Antragstellerin und der Verbandsgemeinde Winnweiler vor. Nach der dritten Variante sollte die Verbandsgemeinde Hochspeyer mit der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim zusammengeschlossen werden.

V.

27

1. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 an den Bürgermeister der Antragstellerin sowie den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hochspeyer teilte das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur mit, dass für die Verbandsgemeinde Hochspeyer nach Maßgabe des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform ein gemeindeimmanenter Gebietsänderungsbedarf gesehen und für diese erwogen werde, einen Zusammenschluss mit der Antragstellerin herbeizuführen. Der Antragstellerin wurde hierzu die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Hiervon machte sie mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Dezember 2012 Gebrauch. In den Schreiben sprach sich die Antragstellerin gegen einen Zusammenschluss mit der Verbandsgemeinde Hochspeyer aus und kündigte für den Fall einer zwangsweisen Durchführung eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof an. Allerdings könne sie sich unter bestimmten Voraussetzungen eine freiwillige Umsetzung vorstellen. Notwendig sei dazu eine vollständige Entschuldung der Verbandsgemeinde Hochspeyer, eine finanzielle Unterstützung für die Kosten der Umstrukturierung sowie die Möglichkeit, die Verbandsgemeindewerke für mindestens zehn Jahre getrennt zu behandeln. Mit späterem Schreiben teilte die Antragstellerin mit, dass sich bei einem am 24. Februar 2013 in ihrem Verbandsgemeindegebiet durchgeführten Bürgerentscheid – bei einer Abstimmungsbeteiligung von knapp unter 49 % – etwa 94,5 % der Bürger gegen eine Fusion mit der Verbandsgemeinde Hochspeyer ausgesprochen hätten.

28

Mit Schreiben vom 3. Mai 2013 informierte das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur die betroffenen verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, darunter auch die Antragstellerin, darüber, dass Gesetzesentwürfe zu Gebietsänderungen vorbereitet würden. Die Landesregierung sei auf Wunsch einiger Fusionskandidaten allerdings bereit, im Gesetzesentwurf die Gebietsänderung für einen späteren Zeitpunkt, spätestens aber zum 1. Juli 2019, vorzusehen, sofern die betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften der jeweilig vorgesehenen Gebietsänderung zustimmten. Von dieser Möglichkeit machte die Antragstellerin letztlich keinen Gebrauch.

29

2. Im Auftrag des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur erfolgte unter dem 22. November 2012 eine Untersuchung des Modells eines Zusammenschlusses der Antragstellerin mit der Verbandsgemeinde Hochspeyer durch die Mittelrheinische Treuhand GmbH. In der Untersuchung wurde insbesondere die Verschuldung der Verbandsgemeinde Hochspeyer als erhebliche Belastung für den Zusammenschluss ausgemacht. Hierzu wurden bezogen auf das Jahr 2010 unterschiedliche Vergleichsberechnungen zu den Auswirkungen einer Fusion auf den Umlagebedarf angestellt und dabei auch eine Entschuldung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in unterschiedlichem Maße in die Betrachtung einbezogen. Ebenso wurden Optimierungspotenziale durch den Zusammenschluss untersucht, die durch die Hebung von Synergien gegeben seien, sich aufgrund nicht vergleichbarer Kennzahlen jedoch nicht exakt quantifizieren ließen.

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3. Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur gab der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. Juli 2013 zum Entwurf eines Landesgesetzes über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 2. September 2013. Mit Schreiben vom 30. August 2013 teilte die Antragstellerin mit, dass ihr Verbandsgemeinderat nach Beschlusslage die vorgesehene Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer ablehne, allerdings einer freiwilligen Fusion auf Grundlage des unter Beteiligung der Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz erarbeiteten Konzepts zustimme. Das benannte Konzept enthielt dabei unter anderem die Forderung, über die im Gesetzentwurf vorgesehene Sonderzuwendung von 3 Mio. Euro hinaus, einen weiteren Betrag von 4,3 Mio. € zur weiteren Entschuldung der Verbandsgemeinde Hochspeyer bereitzustellen sowie fusionsbedingte Mehrbelastungen von ca. 700.000 € zu übernehmen. Am 21. November 2013 fand vor dem Innenausschuss des Landtages ein Anhörungsverfahren zu dem Gesetzesentwurf statt, zu dem unter anderem der Bürgermeister der Antragstellerin und der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hochspeyer eingeladen worden waren.

VI.

31

1. Am 13. Dezember 2013 beschloss der Landtag das Landesgesetz über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn (im Folgenden: Eingliederungsgesetz oder HochspEinglG) in der Fassung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. 16/2801) und unter Berücksichtigung des angenommenen Änderungsantrags (LT-Drucks. 16/3134). Das Gesetz wurde am 30. Dezember 2013 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet (GVBl. S. 553). Es lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1

32

Die Verbandsgemeinde Hochspeyer wird am 1. Juli 2014 in die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn eingegliedert.

§ 2

33

Die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn führt ihren Namen unverändert fort. Ihr Sitz bleibt Enkenbach-Alsenborn.

§ 3

34

(1) Der Verbandsgemeinderat und die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn werden am Tage der allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 neu gewählt. Eine etwaige Stichwahl zur Wahl der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters der umgebildeten Verbandsgemeinde findet am 14. Tag nach der ersten Wahl statt. Für die Vorbereitung und die Durchführung der Wahlen ist das gemeinsame Gebiet der Verbandsgemeinden Enkenbach-Alsenborn und Hochspeyer maßgeblich. Die Wahlzeit des neuen Verbandsgemeinderates Enkenbach-Alsenborn beginnt am 1. Juli 2014. Die Wahlzeiten der bisherigen Verbandsgemeinderäte der Verbandsgemeinden Enkenbach-Alsenborn und Hochspeyer und die Amtszeiten ihrer jeweils am 30. Juni 2014 amtierenden Bürgermeister enden mit Ablauf des 30. Juni 2014.

35

(2) Die am 30. Juni 2014 amtierenden Bürgermeister der Verbandsgemeinden Enkenbach-Alsenborn und Hochspeyer haben für den Rest der Amtszeiten, für die sie ernannt worden sind, einen Anspruch auf Verwendung als hauptamtliche Beigeordnete der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn. Eine Verpflichtung zur Übernahme eines gleich oder geringer zu bewertenden Amtes im Sinne des § 27 Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes (LBG) in Verbindung mit § 18 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) in der jeweils geltenden Fassung besteht nicht. Bei einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand findet § 83 Abs. 8 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157, BS 2032-2) entsprechende Anwendung.

36

(3) Wird der am 30. Juni 2014 amtierende Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hochspeyer oder Bürgermeister der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn in das Amt des Bürgermeisters oder für den Rest seiner Amtszeit, für die er ernannt worden ist, als hauptamtlicher Beigeordneter der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn berufen, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. In dem Zeitraum, in dem der am 30. Juni 2014 amtierende Bürgermeister der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn als hauptamtlicher Beigeordneter der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn Verwendung findet, kann er zugleich ehrenamtlicher Ortsbürgermeister einer Ortsgemeinde sein.

§ 11

37

Die umgebildete Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn kann neben der Verbandsgemeindeumlage von den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Hochspeyer im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2024 eine jährliche Sonderumlage in Höhe von bis zu 5 v. H. der auf diese Ortsgemeinden nach § 25 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Landesfinanzausgleichsgesetzes entfallenden Beträge erheben. Die Sonderumlage dient einem Ausgleich des den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Hochspeyer mit der Gebietsänderung durch einen Übergang der Kredite zur Liquiditätssicherung der bisherigen Verbandsgemeinde Hochspeyer auf die umgebildete Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn entstehenden finanziellen Vorteils. Der Umlagesatz der Sonderumlage ist in der Haushaltssatzung der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn festzusetzen.

§ 12

38

Die umgebildete Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn erhält vom Land Rheinland-Pfalz zum Abbau der auf sie von der Verbandsgemeinde Hochspeyer übergehenden Verbindlichkeiten außerhalb des „Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz (KEF-RP)“ Hilfen in Höhe von 3 000 000 Euro als allgemeine Finanzzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich in Ergänzung der in § 6 Satz 1 Nr. 1 und § 7 Nr. 2 bis 8 des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) genannten Zuweisungen. Das Land zahlt die Hilfen entsprechend einem von der Verbandsgemeindeverwaltung der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn vorzulegenden Tilgungsplan aus.

§ 15

39

Soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes geregelt ist, gilt ergänzend das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform.

40

2. In der Begründung zum Gesetzesentwurf vom 24. September 2013 (LT-Drucks. 16/2801) heißt es unter anderem: Für die Verbandsgemeinde Hochspeyer bestehe ein Gebietsänderungsbedarf. Sie unterschreite mit 6.858 Einwohnern zum Stichtag 30. Juni 2009 die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KomVwRGrG erforderliche Mindesteinwohnerzahl von 12.000 Einwohnern um 5.142 Einwohner. Ausnahmetatbestände, die ein Unterschreiten der Mindesteinwohnerzahl rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Bei der Verbandsgemeinde Hochspeyer bestehe eine große Verschuldung und ein demografischer Problemdruck. Beides bestätige das Erfordernis einer territorialen Neugliederung. Bei der Antragstellerin werde kein unmittelbarer Gebietsänderungsbedarf gesehen. Sie überschreite sowohl zum maßgeblichen Zeitpunkt am 30. Juni 2009 mit 12.936 Einwohnern als auch zum 30. Juni 2012 mit 12.680 Einwohnern die Regelmindestgröße nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KomVwRGrG.

41

Die Antragstellerin werde dennoch – auch ohne gemeindeinternen Gebietsänderungsbedarf – in die Gebietsreform einbezogen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei zwar angestrebt, Verbandsgemeinden mit jeweils eigenem Gebietsänderungsbedarf zu fusionieren. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gebietskörperschaften ohne eigenen Neugliederungsbedarf als Fusionspartner herangezogen werden müssten. Dies sei insbesondere der Fall, wenn ansonsten keine sinnvolle Gebietsstruktur der neu zu bildenden Gebietskörperschaft erreicht werden könne oder sogar überhaupt kein potenzieller Partner für eine Kommune mit Gebietsänderungsbedarf zu finden sei.

42

Eine Einbeziehung der Antragstellerin sei notwendig, da andere Neugliederungsoptionen dem Sinn und Zweck der Reform nicht gerecht würden. Einer Fusion der Verbandsgemeinde Hochspeyer mit der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim – wie sie im Gutachten Junkernheinrich als Neugliederungsvariante 3 vorgeschlagen werde – stehe der nur sehr kleine gemeinsame Grenzverlauf entgegen, der zur Folge habe, dass bei einem Zusammenschluss keine homogene Einheit entstünde. Hinzu komme, dass diese Variante einen landkreisübergreifenden Zusammenschluss begründete, der nach dem Grundsätzegesetz nur bei Vorliegen von – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen erfolgen solle. Ein Zusammenschluss der Verbandsgemeinde Hochspeyer mit der verbandsfreien Stadt Bad Dürkheim oder der Verbandsgemeinde Lambrecht (Pfalz) verstieße ebenfalls gegen den Vorrang landkreisinterner Lösungen. Zudem würden auch hier Kommunen einbezogen, die keinen eigenen Gebietsänderungsbedarf aufwiesen. Einer (zusätzlichen) Einbeziehung der Verbandsgemeinde Winnweiler neben der Antragstellerin – wie in der ersten und zweiten Neugliederungsvariante im Gutachten vorgeschlagen – stehe abermals entgegen, dass ein Ausnahmegrund für eine landkreisübergreifende Fusion nicht gegeben sei.

43

Mit der Antragstellerin stehe für die Verbandsgemeinde Hochspeyer im selben Landkreis ein geeigneter Fusionspartner zur Verfügung, für den die Aufnahme – auch unter Berücksichtigung der schlechten Finanzlage der Verbandsgemeinde Hochspeyer – nicht unzumutbar sei. Für eine finanzstärkere Kommune stelle es nicht per se eine unzumutbare Härte dar, eine finanzschwächere aufzunehmen. Ein damit angestrebter Disparitätenausgleich sei bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig, um eine zukunftsfähige Entwicklung des Gesamtraums zu erreichen. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass durch den Zusammenschluss eine Gebietskörperschaft mit einer unterdurchschnittlichen Steuerkraft und einer sehr hohen Pro-Kopf-Verschuldung entstehe. Während die Antragstellerin zum Teil Schuldenstände unter den durchschnittlichen Werten einer Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz aufweise, überschreite die Verbandsgemeinde Hochspeyer die Durchschnittswerte deutlich. Nach einem Zusammenschluss lägen die Liquiditätskredite pro Einwohner immer noch weit über dem Durchschnitt. Angesichts der finanziellen Situation, sei deshalb bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen eine finanzielle Zuwendung angezeigt. Ausgehend von einer Liquiditätskreditbelastung der Verbandsgemeinde Hochspeyer von rund 8,2 Mio. Euro zum 31. Dezember 2012 ergebe sich unter Berücksichtigung der Leistungen aus dem „Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz (KEF-RP)“ und des zusätzlichen Umlageaufkommens durch die Erhebung einer Sonderumlage von bis zu 5 Prozentpunkten bei den Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Hochspeyer über zehn Jahre, eine rechnerisch verbleibende Liquiditätskreditbelastung von rund 3 Mio. Euro. Mit einer Zuweisung dieses Betrages vom Land an die Antragstellerin sowie die Ermächtigung, die oben genannte Sonderumlage zu erheben, werde die umgebildete Verbandsgemeinde in die Lage versetzt, die Rückstände abzubauen und insbesondere die Liquiditätskredite zurückzuführen. Soweit die Verbandsgemeinde Hochspeyer überdies Investitionskredite in Höhe von 5,65 Mio. Euro aufweise, blieben diese bei der vorstehenden Betrachtung unberücksichtigt. Um eine unzumutbare Härte für die Antragstellerin zu vermeiden, sei eine vollständige Entschuldung der Verbandsgemeinde Hochspeyer nicht erforderlich. Ein Defizitausgleich durch den Zusammenschluss finanzstärkerer und finanzschwächerer Kommunen sei Ziel einer Kommunalreform. Unter Berücksichtigung der Vorgabe, vorrangig eine landkreisinterne Lösung anzustreben, und in Abwägung der im Gutachten Junkernheinrich Teil B vergebenen Punktwerte für die einzelnen Zieldimensionen des Grundsätzegesetzes entspreche der Zusammenschluss der Verbandsgemeinde Hochspeyer und der Antragstellerin den Erfordernissen des Gemeinwohls und den Grundsätzen des Ersten Landesgesetzes zur Kommunal- und Verwaltungsreform. Das ablehnende Ergebnis des Bürgerentscheids im Gebiet der Antragstellerin rechtfertige keine andere Bewertung. Der Gesetzgeber sei an das Votum nicht gebunden. Er habe bei einer das gesamte Land umfassenden Gebietsreform neben dem Willen der Bürgerinnen und Bürger die überörtlichen Belange für die gesamte Kommunalstruktur des Landes zu bedenken. Die nach § 2 Abs. 5 KomVwRGrG vor allem zu berücksichtigenden Belange stünden der vorliegenden Neugliederungsvariante nicht entgegen.

44

Schließlich entspreche der Weg der Eingliederung in Abgrenzung zur Bildung einer neuen Verbandsgemeinde durch Auflösung der bisherigen Gebietskörperschaften dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Für die Antragstellerin, die keinen eigenen Gebietsänderungsbedarf aufweise, stelle die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer den geringstmöglichen Eingriff dar.

B.

45

Mit ihrem Antrag macht die Antragstellerin geltend, durch das Landesgesetz über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn in ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie verletzt zu sein, und rügt weiter Verstöße gegen das im allgemeinen Gleichheitssatz verankerte Willkürverbot sowie den Grundsatz der Wahlgleichheit.

46

§ 1 HochspEinglG leide an mehreren Abwägungsfehlern. Es bestehe ein Abwägungsdefizit, weil der Gesetzgeber die angeordnete Fusion nicht auf aktuelle Daten gestützt habe. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs sei zum Stichtag 31. Dezember 2012 eine Liquiditätskreditbelastung der Verbandsgemeinde Hochspeyer von rund 8,2 Mio. Euro zugrunde gelegt worden. Bis zur Beschlussfassung am 20. Dezember 2013 habe der Gesetzgeber keine Aktualisierung vorgenommen, obwohl ein Anstieg der Schulden zum 1. Januar 2014 auf über 8,5 Mio. Euro bereits festgestanden habe und im Rahmen der Anhörung vor dem Innenausschuss des Landtages am 21. November 2013 vorgebracht worden sei. Eine Abwägungsfehleinschätzung liege in der Annahme begründet, die umgebildete Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn sei hinreichend leistungsfähig. Hier habe der Gesetzgeber ebenfalls nicht berücksichtigt, dass die Schuldenlast der Verbandsgemeinde Hochspeyer bis zum Fusionszeitpunkt weiter gestiegen sei, so dass trotz der gewährten Zuweisung von 3 Mio. Euro die alten Liquiditätskredite der Verbandsgemeinde Hochspeyer nicht getilgt werden könnten. Darüber hinaus seien bei der Betrachtung einer dauerhaften Leistungsfähigkeit Investitionskredite der Verbandsgemeinde Hochspeyer in Höhe von 5,65 Mio. Euro, eigene Liquiditätskredite im Umfang von knapp 670.000 Euro sowie Fusionskosten von etwa 700.000 € außen vor geblieben. Schließlich fehle es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass die angestrebten Einsparpotenziale von 15 % realisierbar seien.

47

Eine weitere Abwägungsfehleinschätzung lasse sich im Zusammenhang mit der Ermächtigung zur Erhebung einer Sonderumlage bei den Ortsgemeinden der alten Verbandsgemeinde Hochspeyer feststellen. Die Sonderumlage (§ 11 HochspEinglG) diene nach der Gesetzesbegründung zusammen mit der Sonderzuweisung von 3 Mio. Euro (§ 12 HochspEinglG) und den Mitteln aus dem Kommunalen Entschuldungsfond dazu, unzumutbare Belastungen für sie, die Antragstellerin, durch die hohen Liquiditätskredite der Verbandsgemeinde Hochspeyer zu vermeiden. Die danach mögliche Sonderumlage von 5 Prozentpunkten sollte – so die Gesetzesbegründung – für die betroffenen Ortsgemeinden allerdings nicht zu einer Gesamtumlage von mehr als 49 % führen. Dem folgend dürfe die allgemeine Verbandsgemeindeumlage bei maximal 44 % liegen, um die Sonderumlage in voller Höhe erheben zu können. Diese Maßgabe lasse sich jedoch bereits für das Jahr 2014 nicht einhalten, wie eine prognostische Berechnung der Mittelrheinischen Treuhand GmbH unter der Prämisse einer Fortschreibung der Zahlen aus den Jahren 2012 und 2013 zeige. Bei einer Sonderumlage von 5 Prozentpunkten sei danach zum Ausgleich des Finanzhaushalts ein allgemeiner Umlagesatz von 47 % erforderlich, der aufgrund der beschriebenen Grenze von 49 % (inklusive der Sonderumlage) jedoch nicht erhoben werden könne. Unabhängig davon komme hinzu, dass eine Steigerung des Umlagesatzes für ihre bisherigen Ortsgemeinden von bisher 37 % auf 47 % ein Sonderopfer darstelle, das der Gesetzgeber habe vermeiden wollen; dieser gehe offensichtlich davon aus, dass eine Verbandsgemeindeumlage im zumutbaren Bereich bei 44 % liege. Ein weiteres Abwägungsdefizit im Zusammenhang mit der dauerhaften Leistungsfähigkeit liege vor, weil der Gesetzgeber mögliche Steuerlasten der neuen Gebietskörperschaft nicht in seine Abwägung eingestellt habe. Konkret gehe es um die stillen Reserven der Gemeindewerke Hochspeyer, die bei der vorgenommenen Neugliederungsmaßnahme der Körperschaftssteuer und dem darauf zu entrichtenden Solidaritätszuschlag unterfielen.

48

Die Abwägung sei auch insoweit defizitär, als der Gesetzgeber das Ergebnis des Bürgerentscheids nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in seine Abwägung eingestellt habe und auch nicht den Gründen für die Ablehnung weiter nachgegangen sei.

49

Ihre Einbeziehung in die Kommunalreform begründe eine Abwägungsfehleinschätzung, weil sie – wie die Gesetzesbegründung zutreffend ausführe – keinen eigenen Gebietsänderungsbedarf aufweise und ihre Heranziehung dementsprechend unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten als ultima ratio anzusehen sei. Hierfür dürften jedoch überhaupt keine alternativen Neugliederungsoptionen für die fusionspflichtige Verbandsgemeinde Hochspeyer bestehen. Mit der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim habe jedoch eine Neugliederungsoption mit einer selbst fusionspflichtigen Kommune bestanden, die im Gutachten Junkernheinrich Teil B nur unwesentlich schlechter bewertet worden sei. Dem lasse sich nicht entgegen halten, dass die beiden Gebietskörperschaften nur einen sehr kleinen gemeinsamen Grenzverlauf aufwiesen und als Folge daraus keine homogene Einheit entstehen würde. Die gegenteilige Ansicht in der Gesetzesbegründung gehe fehl, weil die Schaffung homogener Einheiten kein Reformziel sei. Auch der weitere, in der Gesetzesbegründung benannte Grund für einen Ausschluss der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim sei nicht belastbar, weil er auf einer systemwidrigen Anwendung des Grundsätzegesetzes beruhe. Der Gesetzgeber habe der Leitlinie aus § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG, der zufolge grundsätzlich landkreisinterne Neugliederungsvarianten anzustreben seien, systemwidrig über die an sich gleichrangige Leitlinie der Mindesteinwohnerzahlen in § 2 Abs. 2 KomVwRGrG gestellt. Er habe nämlich gestützt auf § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG einer Neugliederung unter Einbeziehung einer Kommune ohne eigenen Gebietsänderungsbedarf innerhalb desselben Landkreises den Vorrang vor einer landkreisübergreifenden Fusion von zwei Verbandsgemeinden mit eigenem Gebietsänderungsbedarf eingeräumt. Richtigerweise müsse jedoch ein Zusammenschluss von zwei fusionspflichtigen Gebietskörperschaften Vorrang haben, auch wenn diese in verschiedenen Landkreisen lägen. Die Sichtweise des Gesetzgebers, der zufolge eine landkreisüberschreitende Lösung nur dann in Betracht komme, wenn auch eine landkreisinterne Neugliederungsmaßnahme mit einer Kommune ohne gemeindeinternen Gebietsänderungsbedarf nicht möglich sei, lasse den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 4 Satz 2 KomVwRGrG vollständig leerlaufen.

50

Weiter verstoße der Gesetzgeber gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit und gegen das Willkürverbot. Denn es mangele vorliegend an einem Gesamtkonzept in zeitlicher Hinsicht. Ein solches sei nach dem Grundsätzegesetz bereits vor Ende der Freiwilligkeitsphase am 30. Juni 2012 zu erstellen gewesen. Des Weiteren hätte der Gesetzgeber die Reform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden bis zum 25. Mai 2014, dem Tag der allgemeinen Kommunalwahlen, abschließen müssen. Abweichungen von diesem Zeitplan kämen nur im Einzelfall und bei Vorliegen zwingender Gründe in Betracht. Hierzu zählten jedoch keine Belange, denen bereits nach den Grundsätzen und Ausnahmetatbeständen des Grundsätzegesetzes Rechnung getragen werden könne.

51

Eine zusätzliche Abwägungsdisproportionalität und eine willkürliche Benachteiligung folgten durch die Zweiteilung in eine konzeptionelle Freiwilligkeitsphase bis zum 30. Juni 2012 und eine sich anschließende „Resteverwaltung“ durch Zwangsfusionen der übrigen Gebietskörperschaften mit Neugliederungsbedarf. Für sie, die Antragstellerin, habe mangels eigenen Gebietsänderungsbedarfs kein Anlass bestanden, sich während der Freiwilligkeitsphase um einen Fusionspartner zu bemühen. Sie habe erstmals im Oktober 2012 davon erfahren, als passiver Fusionspartner für die Verbandsgemeinde Hochspeyer in Betracht zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine Möglichkeit mehr gegeben, sich um einen anderen Fusionspartner zu kümmern – insoweit sei die Verbandsgemeinde Otterberg durchaus ein interessanter Partner gewesen –, um dadurch einer Zwangsfusion mit der hochverschuldeten Verbandsgemeinde Hochspeyer zu entgehen. Außerdem sei es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen, sich durch eine freiwillige Maßnahme eine „Hochzeitsprämie“ zu sichern. Hier wirke es sich benachteiligend aus, dass vorab kein landesweites Gesamtkonzept aufgestellt worden sei. Dass gerade der fehlende Gebietsänderungsbedarf damit Grund für die Benachteiligung sei, mache diese sachwidrig und willkürlich.

52

Durch den danach nicht gegebenen Zugang zu einer Fusion in der Freiwilligkeitsphase liege zugleich ein Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot vor, weil – auch unter Berücksichtigung der Sonderzuweisung von 3 Mio. Euro (§ 12 HochspEinglG) – ein vergleichbarer Schuldenabbau wie unter Inanspruchnahme der „Hochzeitsprämie“ nicht möglich gewesen sei. Dies zeige ein Vergleich der Entschuldungsquote (Zuweisung des Landes pro Euro Schulden), bei dem sie mit 0,14 deutlich hinter freiwilligen Fusionen mit Hochzeitsprämie und sonstigen Zahlungen zurück bleibe (0,31 bzw. sogar 2,1). Für diese Ungleichbehandlung gebe es keine sachliche Rechtfertigung, weil die Hochzeitsprämie ausweislich der Gesetzesbegründungen ebenso dem Schuldenabbau diene, wie die vorliegend gewährte Sonderzuweisung. Aufgrund dieser Zweckidentität sei der Landesgesetzgeber gehalten, sämtlichen betroffenen Gebietskörperschaften einen Schuldenabbau im gleichen Umfang zu ermöglichen. Insoweit sei die Anknüpfung an die Freiwilligkeit einer Fusion kein geeignetes, weil sachwidriges Differenzierungskriterium. Die Freiwilligkeit stehe mit dem Schuldenstand der neu gebildeten Kommune nämlich in keinem Zusammenhang.

53

Die zunächst schriftsätzlich vorgetragenen Rügen im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des Grundsätzegesetzes und die im Vorfeld der Neugliederungsmaßnahme durchgeführte Anhörung hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten.

54

Schließlich verstoße § 3 Fusionsgesetz gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit, weil Wählergruppen, die bisher allein auf dem Gebiet einer Verbandsgemeinde aktiv gewesen seien, bei den alsbald im Gebiet der umgebildeten Verbandsgemeinde stattfindenden Wahlen nicht die gleichen Wahlchancen hätten wie Parteien, die bereits im gesamten neuen Gebiet organisiert seien.

C.

55

Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

I.

56

Der Landtag hält den Antrag mangels Antragsbefugnis für unzulässig, soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen die Wahlrechtsgleichheit rügt. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Der Zusammenschluss werde den prozeduralen und materiellen Anforderungen gerecht. Eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsermittlung – wie sie die Antragstellerin hinsichtlich der dem Gesetz zugrunde gelegten Datenbasis rüge – liege nicht vor. Der erhobene Einwand zur fehlenden Aktualität der Daten zum Schuldenstand der Verbandsgemeinde Hochspeyer erweise sich bereits als sachlich falsch. Hier habe der Gesetzgeber den Stand zum 31. Dezember 2012 zugrunde gelegt und damit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung hinreichend Rechnung getragen. Soweit die Antragstellerin im verfassungsgerichtlichen Verfahren nun erstmals zu einem Anstieg der Liquiditätskredite der Verbandsgemeinde Hochspeyer ab dem Jahr 2013 vortrage, könne sie mit diesem Einwand nicht mehr gehört werden. Gleiches gelte für die Behauptung einer Nichtberücksichtigung potenzieller Steuerlasten als Konsequenz der Übertragung der von der Verbandsgemeinde Hochspeyer unterhaltenen Gemeindewerke. Die in Umsetzung von Leitbild und Leitlinien des Grundsätzegesetzes erfolgende Eingliederung der Verbandsgemeinden Hochspeyer in die Antragstellerin sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Annahme der Antragstellerin, es entstehe eine nicht dauerhaft leistungsfähige Gebietskörperschaft, sei nicht zutreffend. Der Gesetzgeber habe die erheblichen Disparitäten der hier betroffenen Kommunen erkannt und zur Vermeidung einer unzumutbaren Härte für die Antragstellerin einen finanziellen Ausgleich für geboten erachtet. Unter Einbeziehung der Leistungen aus dem Kommunalen Entschuldungsfonds sowie des Umlageaufkommens, das durch die Erhebung einer Sonderumlage von 5 Prozentpunkten von den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Hochspeyer erzielt werden könne, sei der Gesetzgeber unter Annahme gleichbleibender Verhältnisse von einem rechnerisch verbleibenden Liquiditätskredit der Verbandsgemeinde Hochspeyer von 3 Mio. Euro ausgegangen, den er durch die Sonderzuweisung zum Ausgleich gebracht habe. Die von der Antragstellerin der Sache nach angestrebte vollständige Entschuldung sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Jenseits unzumutbarer Härten seien Belastungen auch mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie zulässig. Der Gesetzgeber habe des Weiteren das Ergebnis der Bürgerbefragung angemessen berücksichtigt, dem gemeinwohlorientierten Zusammenschluss jedoch den Vorrang eingeräumt. Auch die Annahme des Gesetzgebers, die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Antragstellerin sei gegenüber den in Betracht kommenden Alternativen im Ergebnis vorzugswürdig, erweise sich als nachvollziehbar und vertretbar. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Überlegung eines nur geringen gemeinsamen Grenzverlaufs mit der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim als insgesamt auch hinsichtlich der Beachtung des Regelvorrangs landkreisinterner Lösungen. Argumente, die eine andere Fusionsvariante als vorzugswürdig erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Verstöße gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit lägen ebenfalls nicht vor. Die Kommunal- und Verwaltungsreform sei ein mehrstufiger sukzessiver Prozess. Die stufenweise Aufstellung und Verwirklichung des Reformkonzepts sei Ausdruck des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot sei ebenfalls nicht verletzt. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber gestützt auf eine angenommene Akzeptanzsteigerung bei der Bevölkerung freiwillige Zusammenschlüsse finanziell fördere. Könne der Gesetzgeber mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot danach mit sachlichem Grund bei unfreiwilligen Maßnahmen sogar vollständig auf eine finanzielle Unterstützung verzichten, sei eine unterschiedliche Höhe der Zuwendung bei Freiwilligkeit und Unfreiwilligkeit erst recht zulässig.

II.

57

Die Landesregierung ist ebenfalls der Ansicht, der Antrag sei in Bezug auf die gerügte Verletzung der Wahlrechtsgleichheit unzulässig und im Übrigen unbegründet. Der Einwand, der Gesetzgeber habe seiner Beschlussfassung keine aktuellen Daten zur Belastung der Verbandsgemeinde Hochspeyer mit Liquiditätskrediten zugrunde gelegt, greife nicht durch. Die in der parlamentarischen Anhörung aktualisierten Daten seien ausweislich der Ausschussprotokolle durch den Innenminister bewertet worden und in den Meinungsbildungsprozess eingeflossen. Dass der Gesetzgeber jedoch nicht gehalten sein könne, eine nochmals aktualisierte Berechnung, die zwei Tage vor der Beschlussfassung erstellt worden sei, im Einzelnen zu berücksichtigen, sei offensichtlich. Darüber hinaus sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die umgebildete Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn als dauerhaft leistungsfähig einstufe. Insbesondere ergebe sich kein Abwägungsfehler bezüglich der Sonderumlage und der Finanzzuweisung. Der Sachvortrag der Antragstellerin führe zu keinen die Gesetzesbegründung insoweit in Frage stellenden Erkenntnissen. Ebenfalls nicht ersichtlich sei, weshalb die bei der Fusion im Zusammenhang mit den Eigenbetrieben der Verbandsgemeinde Hochspeyer möglicherweise anfallenden Steuern von irgendeiner Bedeutung für die vom Gesetzgeber vorzunehmende Abwägung sein könnten. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehalten, sämtliche tatsächliche Momente in allen Einzelheiten zu erfassen und zu würdigen. Ins Gewicht falle vielmehr, ob der Gesetzgeber die nach seinem Leitbild bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen gezogen habe. Vor diesem Hintergrund sei eine Berücksichtigung dieses steuerlichen Aspekts nicht erforderlich gewesen.

58

Die Annahme einer passiven Fusionspflicht sei verfassungsrechtlich anerkannt und stehe nicht in Widerspruch zum Grundsätzegesetz, dessen gesamtstaatlichem Bezugsrahmen keine Begrenzung auf Neugliederungsmaßnahmen für Gebietskörperschaften mit eigenem Gebietsänderungsbedarf entnommen werden könne. Ausgehend davon sei die Auswahl als Fusionspartner für die Verbandsgemeinde Hochspeyer nicht zu beanstanden. Insbesondere sei der Gesetzgeber nicht gehalten gewesen, einen Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Hochspeyer und Hettenleidelheim zu präferieren. In diesem Zusammenhang habe der Gesetzgeber die Schaffung homogener Einheiten auch nicht zu einem Reformziel erhoben, sondern stelle diesen Gesichtspunkt lediglich in die abwägende Auswahl denkbarer Fusionsvarianten ein. Ebenso könne auch nicht von einem „absoluten Vorrang“ landkreisinterner Lösungen ausgegangen werden. Aufgrund der Systematik des Grundsätzegesetzes habe der Gesetzgeber diese Erwägung lediglich mit einem höheren Gewicht in die Abwägung der Fusionsvarianten eingestellt als den von der Antragstellerin einseitig gewichteten Aspekt des Zusammenschlusses von Kommunen mit eigenem Gebietsänderungsbedarf. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

59

Ein Abwägungsdefizit ergebe sich auch nicht in Bezug auf die Berücksichtigung des Bürgerwillens. Der Gesetzgeber habe sich mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids auseinandergesetzt. Dass die Antragstellerin dieses inhaltlich anders gewichtet haben wolle, sei verfassungsrechtlich unerheblich.

60

Ein Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit könne nicht darin gesehen werden, dass der Gesetzgeber nicht bis zum Ende der Freiwilligkeitsphase ein landesweites Konzept zur Optimierung von Gebietsstrukturen aller Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden vorgelegt und nicht alle Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden mit Gebietsänderungsbedarf bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahl neugegliedert habe. Die Bindung des Gesetzgebers beziehe sich auf die Inhalte von Leitbild und Leitlinien, nicht auf deren Konkretisierung innerhalb einer bestimmten Frist. Die in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 4 KomVwRGrG genannten Fristen seien überdies nicht zwingend. Im Übrigen bestünden sachliche Gründe für die Durchführung von Neugliederungsmaßnahmen auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden nach der allgemeinen Kommunalwahl im Jahr 2014. Die Antragstellerin mache ferner nicht geltend, dass sie selbst unter Durchbrechung des Systems einer Neugliederungsmaßnahme unterworfen werde.

61

Ohne verfassungsrechtliche Relevanz sei das Vorbringen der Antragstellerin, sie sei erst nach Ablauf der Freiwilligkeitsphase erstmals über ihre Heranziehung als passiv Fusionspflichtige informiert worden. Durch eine anderweitige (freiwillige) Fusion mit der nunmehr angesprochenen Verbandsgemeinde Otterberg hätte sich die Antragstellerin einer potenziellen Neugliederungsmaßnahme unter Beteiligung der hochverschuldeten Verbandsgemeinde Hochspeyer nicht entziehen können, da der Gesetzgeber, der auch eine freiwillige Fusion durch Gesetz umzusetzen habe, die Verbandsgemeinde Hochspeyer durchaus in eine solche Fusion hätte einbeziehen können. Im Übrigen habe auch nach Ablauf der Freiwilligkeitsphase weiterhin die Möglichkeit einer freiwilligen Neugliederungsmaßnahme bestanden, wenngleich ohne die Gewährung einer Zuweisung nach § 17a LFAG. In diesem Kontext liege auch kein Verstoß gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung vor, weil die vorliegend gewährte Sonderzuweisung (§ 12 HochspEinglG) bezogen auf eine Entschuldungsquote hinter den Zuweisungen nach § 17a LFAG zurückbleibe. Der Gesetzgeber sei gestützt auf sachliche Gründe berechtigt, ausschließlich freiwillige Fusionen zu fördern. Vor diesem Hintergrund sei es nicht zu beanstanden, wenn er in Einzelfällen auch nicht-freiwilligen Zusammenschlüssen eine Zuweisung gewähre, diese jedoch hinter der Zuweisung bei Freiwilligkeit zurück bleibe.

D.

62

Der Antrag ist überwiegend zulässig (I.); soweit er zulässig ist, ist er allerdings unbegründet (II.).

I.

63

1. Der Antrag ist gemäß Art. 130 Abs. 1 Satz 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – als Normenkontrolle auf kommunalen Antrag statthaft. Nach Art. 130 Abs. 1 Satz 1 LV kann die Landesregierung, der Landtag und jede Landtagsfraktion eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob ein Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans, soweit es sich nicht um eine Gesetzesvorlage handelt, verfassungswidrig ist. Den Antrag können nach Satz 2 auch Körperschaften des öffentlichen Rechts stellen – und damit auch die Antragstellerin als kommunale Gebietskörperschaft (vgl. § 64 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung – GemO –) –, soweit sie geltend machen, durch das Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans in eigenen Rechten verletzt zu sein (zum Vorrang des Verfahrens nach Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV gegenüber der Verfassungsbeschwerde nach Art. 130a LV vgl. etwa VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 23 f. m.w.N.).

64

Unter Rechten in diesem Sinne sind nur solche zu verstehen, die sich aus dem Wesen und der Aufgabe der Körperschaft ergeben, die also zu ihrem spezifisch hoheitlichen Aufgabenbereich gehören (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. November 1966 – VGH 5/66 –, AS 3, 19 [20]; Urteil vom 8. Februar 1971 – VGH 10/70 –, AS 12, 256 [257]; Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1/93 u.a. –, AS 24, 321 [332 f.], Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 23 f.). Kommunale Gebietskörperschaften können sich daher im Wesentlichen auf die in Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 LV verankerte Selbstverwaltungsgarantie und das zum Rechtsstaatsprinzip zählende Willkürverbot (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Mai 1985 – VGH 2/84 –, AS 19, 339 [340]) berufen, sowie auf solche Vorschriften, die ihrem Inhalt nach geeignet sind, das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen (VerfGH RP, Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1/93 u.a. –, AS 24, 321 [333]; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. –, BVerfGE 56, 298 [310]; VerfGH NRW, Urteil vom 15. September 1986 – 17/85 –, OVGE 39, 292 [293]).

65

Diese Voraussetzungen sind vorliegend überwiegend erfüllt. Die Antragstellerin macht geltend, durch die sie betreffende Neugliederungsmaßnahme gemäß § 1 HochspEinglG in ihrer durch Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 LV geschützten Selbstverwaltungsgarantie verletzt zu sein. Sie hat Tatsachen vorgetragen, die eine Beeinträchtigung ihres Selbstverwaltungsrechts nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen. Insoweit ist sie zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofs nach Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV befugt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin bei der Neugliederungsmaßnahme in ihrer Existenz unangetastet bleibt und durch die Eingliederung eine Gebietserweiterung erfährt. Ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht einer Gebietskörperschaft liegt nämlich nicht nur bei Auflösung, Gebietsverminderung oder Aufgabenentzug vor, sondern auch dann, wenn der Gesetzgeber den Selbstverwaltungsbereich der Gebietskörperschaft neu ordnet (vgl. NdsStGH, Urteil vom 3. Juni 1980 – StGH 2/79 –, juris, Rn. 48).

66

Soweit die Antragstellerin allerdings rügt, § 1 HochspEinglG verstoße gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot sowie das Willkürverbot, weil ihr mit der nach § 12 HochspEinglG gewährten Ausgleichszahlung kein vergleichbarer Schuldenabbau ermöglicht worden sei wie bei anderen verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden durch finanzielle Zuwendung nach § 17a Landesfinanzausgleichgesetz – LFAG – bzw. § 6 Satz 1 Nr. 1 und § 7 Nr. 2 bis 8 LFAG, ist ihr Antrag nicht gemäß § 23 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – hinreichend begründet und damit unzulässig. Für eine substantiierte Darlegung, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert, muss der Antragsteller aufzeigen, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Recht verletzt sein soll (vgl. zum Verfassungsbeschwerdeverfahren etwa BVerfG, Beschluss vom 29. September 1998 – 2 BvR 1790/94 –, BVerfGE 99, 84 [87]; Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2011 – 2 BvR 1430/11 –, juris, Rn. 3) und sich mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhaltes auseinandersetzen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 2909/08 –, juris, Rn. 2). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragstellerin nicht. Insbesondere legt sie nicht dar, inwieweit sich im angegebenen Vergleich ein Zurückbleiben der finanziellen Zuwendung unmittelbar auf den hier in der Sache allein angegriffenen § 1 HochspEinglG auswirken könnte. Dass die Eingliederung als solche und eine zur Wahrung der Gleichbehandlung etwaig in höherem Maße zu gewährende finanzielle Zuwendung in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass das Fehlen letzterer zugleich die Verfassungswidrigkeit der Neugliederung als solcher zur Folge hat, zeigt sie nicht auf. Insoweit geht es gerade nicht um die hiervon abzugrenzende und zulässig erhobene Rüge, die gewährten Zuwendungen genügten nicht, um – zusammen mit dem Recht, eine Sonderumlage zu erheben – die Zumutbarkeit der Neugliederungsmaßnahme an sich herzustellen (vgl. dazu LT-Drucks. 16/2801, S. 82 ff.).

67

Unzulässig ist der Antrag der Antragstellerin ebenfalls, soweit sie in § 3 HochspEinglG eine Verletzung des wahlrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit mit der Begründung sieht, die kurzfristige Erweiterung des Wahlgebiets belaste diejenigen Wählergruppen stärker, deren Wirken sich bislang nur auf das Gebiet der bisherigen Verbandsgemeinden beschränkt habe. Damit macht sie keine Verletzung in eigenen Rechten geltend, sondern eine Verletzung der Rechte der Wahlberechtigten. Hierzu ist sie nicht befugt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 23. Mai 2014 – VGH A 28/14 -, BA S. 7 f.; hierzu auch LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. August 2011 – LVG 43/10 –; ferner BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Dezember 2011 – 2 BvR 1470/11 –, juris;).

68

2. Soweit für die Dauer des Verfahrens gegen den ihre Auflösung bewirkenden Rechtsakt Gemeinden und Gemeindeverbände zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes als fortbestehend gelten (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Dezember 2012 – 2 BvR 1470/11 –, juris, Rn. 7; VerfGH NRW, Beschluss vom 9. April 1976 – 58/75 –, OVGE 31, 309 [310]; VerfGH Saarland, Urteil vom 22. März 1993 – Lv 3/91 –, NVwZ 1994, 481; VerfG Brandenburg, Urteil vom 15. September 1994 – VfgBbg 3/93 –, juris, Rn. 37; VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 24 f.), geht der Verfassungsgerichtshof – ebenfalls mit Blick auf das Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes und nicht zuletzt auch, um von vornherein jeglichen möglichen Interessenkonflikt zu vermeiden – auch in Bezug auf die Antragstellerin davon aus, dass die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn in ihrer Gestalt bis zum 30. Juni 2014 beschwerdefähig ist.

69

3. Die Antragstellerin wird im Verfahren zulässigerweise durch ihren zuletzt amtierenden Bürgermeister vertreten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Juni 1971 – VGH 7/70 –, AS 12, 153 [159 ff.]; ferner Th. Schmidt, JA 2008, 763 [765]). Dem steht nicht entgegen, dass der ursprüngliche Bürgermeister der Antragstellerin nunmehr 1. Beigeordneter der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn ist. Angesichts der hier nur potentiell bestehenden Gefahr eines Interessenwiderstreits hält es der Verfassungsgerichtshof nicht für veranlasst, die Prozessfähigkeit der Antragstellerin über ihren Rat herzustellen (so aber VerfGH NRW, Urteil vom 18. Dezember 1970 – 11/70 –, OVGE 26, 306 [310 f.]; Urteil vom 18. Dezember 1970 – 13/70 –, OVGE 26, 316 [318] unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung). Es erscheint vielmehr sachgerechter, die Fiktion des Fortbestehens von Organen zum Zwecke der Prozessführung auf den Bürgermeister der aufgelösten kommunalen Gebietskörperschaft zu beschränken (ebenso Bosse, DÖV 1976, 34 [35]), zumal nach § 64 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 GemO grundsätzlich dem Bürgermeister die Vertretung der Gemeinde obliegt.

II.

70

Der Antrag ist, soweit er zulässig ist, nicht begründet. § 1 HochspEinglG verstößt nicht gegen die in Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 LV verankerte kommunale Selbstverwaltungsgarantie. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verlangt bei der Auflösung und Eingliederung von Verbandsgemeinden oder deren Zusammenschluss – ebenso wie bei Gemeinden –, dass die betroffenen Gebietskörperschaften angehört werden und der Eingriff in den individuellen Bestand dem Gemeinwohl dient (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 26 f., m.w.N.). Die Antragstellerin ist gemessen an den verfassungsrechtlichen Maßstäben, wie sie sich aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 8. Juni 2015 ergeben (VGH N 18/14, UA S. 27 ff.), ausreichend angehört worden. Die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Antragstellerin entspricht zudem dem Gemeinwohl.

71

1. Nach der übereinstimmenden, ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte verlangt die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung, so wie diese sich geschichtlich entwickelt hat, dass Gemeinden in ihrem individuellen Bestand nur dann geändert oder aufgelöst werden dürfen, wenn dieser Eingriff dem Gemeinwohl bzw. dem öffentlichen Wohl dient (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107]; BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. November 1981 – 2 BvR 827/80 –, juris, Rn. 2; VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [78 ff.]; Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [121]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [247 f.]; Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 43 f.; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [641]). Die Gemeinwohlbindung, wie sie für sämtliche Gesetzgebung besteht, folgt zudem aus Art. 1 Abs. 2 bis 4 LV (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [80]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [247 f.]).

72

Bei dem abstrakten Begriff des „Gemeinwohls“ handelt es sich um einen generalklauselartigen unbestimmten Rechts- bzw. Verfassungsbegriff, dessen Inhalt nicht festgelegt und keiner abstrakten Definition zugänglich ist. Es ist vielmehr Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, die für ihn maßgeblichen Gemeinwohlgründe zu bestimmen und daran die Neugliederung von Gemeinden auszurichten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [82 ff.]; Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 44). Dabei hat er – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben – einen großen politischen Spielraum (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 – UA S. 44; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Juli 2007 – 9/06 u.a. –, juris, Rn. 117). Das Gemeinwohl kann durch die rechtlichen Wertungen der Verfassung konkretisiert werden. Allerdings können auch Interessen und Zwecke, die sich nicht unmittelbar aus einem Verfassungsgrundsatz ableiten lassen, Gründe des öffentlichen Wohls darstellen. Dabei ist aber übergeordneten Verfassungsprinzipien bzw. der verfassungsmäßigen Wertordnung Rechnung zu tragen (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [641]; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217).

73

Mit dem erheblichen politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bestimmung des Gemeinwohls im Rahmen von Gebietsreformen und dem „planerischen Einschlag“ von Neugliederungsgesetzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [108]) korrespondiert eine nur eingeschränkte verfassungsgerichtliche Überprüfung der Gemeinwohlkonformität. Die Bewältigung komplexer Probleme, wie sie bei einer Gebietsreform auftreten, muss vorrangig dem Parlament überlassen bleiben (vgl. auch VerfG Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 1994 – VfGBbg 4/93 –).

74

Dabei lassen sich drei Stufen der gesetzgeberischen Entscheidung unterscheiden, auf denen jeweils eine Gemeinwohlkonkretisierung durch den Gesetzgeber erfolgt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 45 ff.; VerfGH Sachsen, Beschluss vom 9. November 1995 – Vf. 20-VIII-95 –; Urteil vom 18. Juni 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [642 ff.]; Beschluss vom 8. September 1997 – 8/95 –, juris, Rn. 76 ff.; Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 156 ff.):

75

Auf der ersten Stufe werden die Überlegungen, die der Durchführung der Reform als solcher zugrunde liegen, verfassungsrechtlich gewürdigt. Dabei prüft der Verfassungsgerichtshof nur, ob im Lichte der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie betrachtet verfassungsrechtlich legitime Reformziele verwirklicht werden sollen.

76

Auf der zweiten Stufe werden das Leitbild und die Leitlinien, die der Gesetzgeber seiner Reformmaßnahme selbst zugrunde gelegt hat, einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen. Diese erlangen rechtliche Bedeutung für die einzelne Neugliederung durch das aus dem Gleichheitssatz bzw. dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Systemgerechtigkeit (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [643]; NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 610; Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 190).

77

Auf der dritten Stufe wird schließlich die konkrete einzelne Neugliederungsmaßnahme verfassungsrechtlich gewürdigt.

78

2. Gemessen an diesem verfassungsrechtlichen „Prüfprogramm“ verfolgt der Gesetzgeber mit seiner Gebietsreform betreffend die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden ein verfassungsrechtlich legitimes Reformziel. Auch begegnen das Leitbild und die Leitlinien des Grundsätzegesetzes und damit dieses selbst keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der Verfassungsgerichtshof bereits mit seinen Urteilen vom 8. Juni 2015 (VGH N 18/14, UA S. 47 ff.) und vom 26. Oktober 2015 (VGH N 36/14, UA S. 43 ff.) entschieden. Die von der Antragstellerin zuvor schriftsätzlich erhobenen weiteren Rügen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der ersten beiden Stufen der Reform hält sie, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof klargestellt hat, nicht weiter aufrecht.

79

§ 1 HochspEinglG hält ebenfalls der verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Antragstellerin verletzt die Antragstellerin nicht in ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie.

80

a) Auch auf der Stufe der verfassungsrechtlichen Überprüfung des konkreten Fusionsgesetzes ist der politische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen, der nur eine eingeschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle zulässt (vgl. etwa LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. September 2012 – LVG 3/11 –; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 125). Allerdings unterliegt der Gesetzgeber hier einer intensiveren verfassungsgerichtlichen Kontrolle als auf den beiden vorangegangenen Stufen (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [644]; VerfGH Sachsen, Beschluss vom 9. November 1995 – Vf. 20-VIII-95 –; VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 64).

81

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verfassungsgerichte der Länder überprüft der Verfassungsgerichtshof die einzelne Neugliederung darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung erheblichen Sachverhalt zutreffend ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob er die im konkreten Fall angesprochenen Gemeinwohlgründe sowie die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in die vorzunehmende Abwägung eingestellt hat. Auf der Grundlage des in dieser Weise ermittelten Sachverhalts und der Gegenüberstellung der daraus folgenden verschiedenen – oft gegenläufigen Belange – ist der Gesetzgeber befugt, sich letztlich für die Bevorzugung eines Belangs und damit notwendig zugleich für die Zurückstellung aller anderen betroffenen Aspekte zu entscheiden. Insoweit hat sich die Prüfung auf die Kontrolle zu beschränken, ob die angegriffene Neugliederungsmaßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht und frei von willkürlichen Erwägungen ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 64 f.; BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [108 f.]; VerfGH Sachsen Urteil vom 6. Mai 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 124). Liegen zudem gesetzgeberische Leitbilder und Leitlinien für die Neugliederungsmaßnahme vor, prüft der Verfassungsgerichtshof, ob diese systemgerecht verwirklicht worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [130 f., 133]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [249 f.]; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 124). Soweit Ziele, Wertungen und Prognosen des Gesetzgebers in Rede stehen, hat der Verfassungsgerichtshof darüber zu wachen, dass diese nicht offensichtlich oder eindeutig widerlegbar sind oder gar den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978– 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [109]; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 124; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. September 2012 – LVG 3/11 –; VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 64 f.).

82

Für diese Prüfung ist es unabdingbar, dass der Gesetzgeber seiner Entscheidung eine Begründung beigibt, aus der die für den Abwägungsprozess und sein Ergebnis relevanten Gesichtspunkte erkennbar werden (VerfGH Sachsen, Urteil vom 6. Mai 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; Urteil vom 25. November 2005 – Vf. 119-VIII-04 –, juris, Rn. 246). Der Gemeinwohlvorbehalt für gemeindliche Neugliederungen bedeutet daher im Wesentlichen ein „legislatorisches Abwägungsgebot“ (Wallerath, in: Die Verfassungsgerichte der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern u.a. [Hrsg.], 20 Jahre Verfassungsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern, 2014, S. 53 [82]).

83

b) Hieran gemessen ist § 1 HochspEinglG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt in ausreichendem Maße ermittelt (aa). Die hier vorgenommene Abwägung genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen (bb).

84

aa) Die Sachverhaltsermittlung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

85

(1) Für eine ausreichende Sachverhaltsermittlung kommt es nicht darauf an, ob sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfasst und gewürdigt worden sind. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, alle irgendwie mit einem Neugliederungsvorhaben zusammenhängenden Aspekte umfassend aufzuklären. Ins Gewicht fällt vielmehr, ob er die Sachverhaltselemente vollständig ermittelt hat, die für sein selbst gesetztes Ziel erheblich sind. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber bei organisatorischen Regelungen, die das ganze Land betreffen, typisieren darf; er braucht nicht jeder einzelnen Gemeinde und grundsätzlich auch nicht jeder insgesamt gesehen unbedeutenden Gruppe von Gemeinden Rechnung zu tragen. Dies folgt schon aus dem notwendig generellen Charakter seiner Regelung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [14]). Erst wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, dass die Neugliederung anders ausgefallen wäre, besteht eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. VerfGH Sachsen, Urteil vom 25. November 2005 – Vf. 119-VIII-04 –, juris, Rn. 241 f.; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – VfgBbg 266/03 –, juris, Rn. 24, m.w.N.).

86

(2) Ausgehend hiervon vermag weder der Einwand, der Schuldenstand der Verbandsgemeinde Hochspeyer sei nicht aktualisiert worden (a), noch die fehlende Berücksichtigung einer potenziellen Steuerlast durch den Übergang der Gemeindewerke (b) eine unzureichende Sachverhaltsermittlung zu begründen.

87

(a) In Bezug auf die Belastung der Verbandsgemeinde Hochspeyer mit Liquiditätskrediten wird in der Gesetzesbegründung vom 24. September 2013 zum Stichtag 31. Dezember 2012 ein Volumen von rund 8,2 Mio. Euro zugrunde gelegt (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 83). Es kann dahinstehen, ob – wie der Landtag in seiner Stellungnahme vorträgt – die Zahlen vom 31. Dezember 2012 hinreichend aktuell waren und einer weiteren Aktualisierung auch dann nicht bedurften, wenn die Antragstellerin – wie hier – substantiiert zu einer zwischenzeitlich eingetretenen Erhöhung der Schuldenlast vorgetragen hat. Soweit nämlich die Antragstellerin in ihrem substantiierten Vortrag bei der Anhörung vor dem Innenausschuss am 21. November 2013 auf eine Liquiditätskreditbelastung von über 8,5 Mio. Euro und die damit verbundenen Folgen für die allgemeinen Umlagesätze sowie die (Un-) Möglichkeit einer Sonderumlage hinwiesen hat (vgl. APr Innenausschuss 16/34, S. 36 sowie die dort als Anlage 2 in Bezug genommene Berechnung der Mittelrheinischen Treuhand GmbH vom 11. November 2013, S. 2 ff., Bl. 462 der Verwaltungsakte), wurde dieses Vorbringen ausweislich der Erörterungen in der Sitzung des Innenausschusses am 28. November 2013 im weiteren Gesetzgebungsverfahren einbezogen (vgl. APr Innenausschuss 16/35, S. 39). Inhaltlich wurde die vorgelegte Berechnung durch den Innenminister unter anderem mit dem Argument als nicht belastbar bewertet, als dort für das Jahr 2014 unzutreffender Weise von einer Umlagegrundlage von rund 14 Mio. Euro anstatt der zu erwartenden 17 Mio. Euro ausgegangen worden sei (vgl. APr Innenausschuss 16/35, S. 39). Dies zugrunde gelegt ergebe sich ein allgemeiner Umlagesatz, der die Erhebung der Sonderumlage ermögliche. Der zusätzlich unter Verweis auf eine weitere Vergleichsberechnung der Mittelrheinischen Treuhand GmbH vom 18. Dezember 2013 (vgl. Anlage 3 zur Antragsbegründung vom 3. April 2014) erhobene Einwand einer fehlenden Aktualisierung vermag bereits deshalb nicht durchzudringen, weil der Gesetzgeber schon am 13. Dezember 2013 das verfahrensgegenständliche Gesetz angenommen hatte (vgl. PlPr 16/62, S. 4089 ff.), mithin zum Zeitpunkt des Normerlasses eine weitere Aktualisierung seit dem 11. November 2013 nicht vorlag.

88

(b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass der Gesetzgeber nicht gesondert geprüft hat, ob und, wenn ja, in welcher Größenordnung steuerliche Belastungen für die umgebildete Verbandsgemeinde durch den Übergang der Gemeindewerke der aufzulösenden Verbandsgemeinde Hochspeyer entstehen könnten. Insoweit handelte es sich – sofern eine entsprechende Steuerlast besteht – um Kosten der Fusion. Dass diese im Vergleich zu sonstigen Fusionskosten ein Volumen erreichen würden, das einer ausdrücklichen Berücksichtigung bedürfte, wird von der Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen. Der insoweit allgemein gehaltene Vortrag der Antragstellerin liefe auf die nicht bestehende Pflicht des Gesetzgebers hinaus, jede Einzelposition der Fusionskosten zu benennen und zu quantifizieren.

89

bb) Die gesetzgeberische Abwägung und Entscheidung über die Neugliederungsmaßnahme sind mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar (1). Der Gesetzgeber hat zudem im Rahmen seiner Abwägung weder gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit (2) noch der interkommunalen Gleichbehandlung (3) verstoßen.

90

(1) Die gesetzgeberische Abwägung und Entscheidung der für und gegen die Eingliederung der Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Antragstellerin sprechenden Belange lassen keine verfassungsrechtlich zu beanstandenden Fehler erkennen. Abwägungsfehler ergeben sich insbesondere nicht durch die Einbeziehung der Antragstellerin als lediglich passiv fusionspflichtige Gebietskörperschaft (a) und den Ausschluss anderer Fusionsalternativen (b), die Annahme einer dauerhaften Leistungsfähigkeit der umgebildeten Verbandsgemeinde (c) oder die konkrete Berücksichtigung des entgegenstehenden Bürgerwillens (d).

91

(a) Die für kommunale Neugliederungsmaßnahmen verfassungsrechtlich vorgegebene Gemeinwohlbindung steht der Inanspruchnahme einer selbst leitliniengerechten Gebietskörperschaft nicht entgegen. In der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte ist anerkannt, dass im Interesse einer großräumigen Verbesserung der kommunalen Selbstverwaltung auch Gebietskörperschaften einbezogen werden können, die ihren Aufgaben schon bisher gerecht wurden und auch die zukünftigen Aufgaben erfüllen können (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [251] und Urteil vom 11. Januar 2016
– VGH N 10/14, u.a. –, UA S. 50; BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Februar 1974 – Vf. 9-VII-72 –, DVBl. 1975, 28 [33]; NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 620). Eine sogenannte passive Fusionspflicht kommt vor allem in Betracht, wenn benachbarte Kommunen den Anforderungen nicht entsprechen und wenn insoweit eine Verwirklichung der gemeinwohlbezogenen Leitideen die Einbeziehung auch einer Gebietskörperschaft ohne eigenen Gebietsänderungsbedarf in den Neuordnungsvorgang vertretbar erscheinen lässt (vgl. VerfGH RP, Urteile vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [251] und vom 11. Januar 2016 – VGH N 10/14, u.a. –, UA S. 50). Allerdings erlangen bei einer Einbeziehung einer bereits leitliniengerechten Kommune das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs und das Übermaßverbot eine besondere Bedeutung (vgl. NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 620). Vor diesem Hintergrund ist der maßstäbliche Ansatz des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, demzufolge aus Gründen der Verhältnismäßigkeit möglichst Kommunen mit jeweils eigenem Gebietsänderungsbedarf fusioniert und solche ohne eigenen Gebietsänderungsbedarf als passiv fusionspflichtig nur dann herangezogen werden sollen, „wenn ansonsten keine sinnvolle Gebietsstruktur der neu zu bildenden bzw. umzubildenden Gebietskörperschaften erreicht werden oder sogar überhaupt kein potenzieller Partner für eine Kommune mit Gebietsänderungsbedarf gefunden werden kann“ (LT-Drucks. 16/2801, S. 76).

92

(b) Dies zugrunde gelegt sind die Abwägung und Entscheidung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, andere Fusionsmöglichkeiten in diesem Sinne als nicht sinnvoll zu bewerten und dementsprechend die Antragstellerin als Fusionspartner für die einen Gebietsänderungsbedarf aufweisende Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Reform einzubeziehen.

93

Der Gesetzgeber hat sich im Ausgangspunkt von der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Überlegung leiten lassen, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglichst Gemeindeverbände mit jeweils eigenem Gebietsänderungsbedarf zusammenzuschließen (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 76). Hinsichtlich der einen Fusionspartner benötigenden Verbandsgemeinde Hochspeyer hat der Gesetzgeber unter Aufzählung der an sie angrenzenden Verbandsgemeinden und der kreisfreien Stadt Kaiserslautern festgestellt, dass lediglich die Verbandsgemeinde Hettenleidelheim ebenfalls einen eigenen Gebietsänderungsbedarf aufweise (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 77 f.).

94

Die Erwägungen des Gesetzgebers, von einem Zusammenschluss mit der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim werde abgesehen, weil zum einen beide Verbandsgemeinden nur einen sehr kleinen gemeinsamen Grenzverlauf aufwiesen und zum anderen kein Anlass bestehe, durch die Fusion mit der in einem anderen Landkreis liegenden Verbandsgemeinde Hettenleidelheim den Regelvorrang landkreisinterner Lösungen zu durchbrechen, halten einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand.

95

Die Rüge der Antragstellerin, der Gesetzgeber erhebe entgegen der Vorgaben des Grundsätzegesetzes die Schaffung homogener Einheiten zu einem Reformziel und könne auf diese Erwägung gestützt nicht ihre passive Fusionspflicht begründen, wird dem Aussagegehalt der Gesetzesbegründung nicht gerecht. So erhebt der Gesetzgeber homogene Einheiten nicht zu einem aktiv zu verfolgenden Reformziel, sondern berücksichtigt diesen Punkt lediglich im Rahmen der gerade nicht abschließend gefassten Belange nach § 2 Abs. 5 KomVwRGrG, der nach der Gesetzesbegründung gerade auf funktional begründete Gebietszusammenschlüsse abzielt (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 32). Hinzu kommt, dass der Begriff der Homogenität vorliegend in Verbindung mit dem sehr geringen gemeinsamen Grenzverlauf verwendet wird und damit auch in einer räumlich strukturellen Dimension zu verstehen ist. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Zusammenhang mit dem Zuschnitt von Wahlkreisen die dortige Bedeutung des räumlichen Abwägungsgesichtspunkts eines „abgerundeten Gebiets“ betont, demzufolge ein Wahlkreis ein abgerundetes, zusammengehöriges Ganzes bilden soll, auch wenn gleichzeitig „Landbrücken“ oder eine „ungewöhnliche Gestalt“ nicht in jedem Fall per se ausgeschlossen seien (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2015 – VGH B 14/15 –, UA S. 20 f. und S. 26). Im vorliegenden Kontext begründet die räumliche Struktur ebenfalls einen berücksichtigungsfähigen Abwägungsbelang, indem sie auch Anlehnungen an die explizit als Zieldimension formulierte Bürgernähe bietet. Die besondere geografische Lage der Verbandsgemeinden Hochspeyer und Hettenleidelheim zueinander spiegelt sich insoweit konkret in einer insgesamt nur mit zwei Punkten bewerteten „Räumlichen Verflechtung“ als Unterkategorie der Bürgernähe in dem vom Gesetzgeber herangezogenen Punktesystem wieder (vgl. Gutachten Junkernheinrich Teil B, S. 209). Der in diesem Kontext weiter erhobene Einwand, der Zusammenschluss mit der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim sei insgesamt nur unwesentlich schlechter bewertet worden und sei hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit sogar vorteilhafter, stellt sich letztlich als eine vom Gesetzgeber abweichende Gewichtung einzelner Belange dar, die einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben nicht zu begründen vermag.

96

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus eine abwägungsfehlerhafte Handhabung des Vorrangs kreisinterner Lösungen bei Heranziehung einer lediglich passiv fusionspflichtigen Gebietskörperschaft geltend macht, weil der Gesetzgeber einer kreisinternen Variante nach § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG einen absoluten Vorrang gegenüber der an sich ebenfalls vorrangigen Heranziehung einer Kommune mit eigenem Gebietsänderungsbedarf nach § 2 Abs. 2 KomVwRGrG einräume, geht der Einwand an der angegriffenen Abwägungsentscheidung vorbei. Der Gesetzgeber hat vorliegend ausweislich der Gesetzesbegründung keinen absoluten Vorrang landkreiswahrender Lösungen – gegebenenfalls auch unter Heranziehung passiv fusionspflichtiger Gebietskörperschaften – formuliert, sondern die Regelvorgabe aus § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG als weiteres Argument („zudem“, LT-Drucks. 16/2801, S. 78) neben dem beschriebenen Grenzverlauf in die Abwägung eingestellt und gegen die passive Fusionspflicht der Antragstellerin abgewogen. Der Kontrollmaßstab des Verfassungsgerichtshofs ist dabei hinsichtlich der inhaltlichen Abwägungsentscheidung auf die Prüfung beschränkt, ob diese frei von willkürlichen Erwägungen ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (vgl. nur VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 64 m.w.N.). Durch die vorgenommene Gesamtbetrachtung einer landkreisinternen, inhaltlich positiv bewerteten Einbeziehung einer Kommune ohne eigenen Gebietsänderungsbedarf einerseits und eines landkreisüberschreitenden, inhaltlich als nicht zielführend bewerteten Zusammenschlusses mit einer selbst fusionspflichtigen Gebietskörperschaft andererseits hat der Gesetzgeber seine Pflicht zum abwägenden Ausgleich von unter Umständen gegenläufigen Vorrangsituationen (kreisinterne Lösungen und Fusion von Kommunen mit eigenem Gebietsänderungsbedarf) in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erfüllt. Soweit die Antragstellerin in diesem Kontext einen generellen Vorrang der Heranziehung einer Gebietskörperschaft mit eigenem Fusionsbedarf – auch kreisübergreifend – einfordert, widerspricht dies der zuvor von ihr selbst aufgestellten Prämisse der Gleichstufigkeit beider Leitlinien. Auch wenn die Einbeziehung einer passiv fusionspflichtigen Gebietskörperschaft nur unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Betracht kommt, vermag dies keinen generellen Vorrang einer landkreisüberschreitenden Alternative zu begründen. Vielmehr ist bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ebenso einzubeziehen, dass der Regelvorrang nach § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG der Wahrung und Durchsetzung der durch den Gesetzgeber getroffenen Entscheidung dient, die Gebietsreform zunächst auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden und erst im Anschluss daran auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte durchzuführen. Dieses stufenweise Vorgehen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. VerfGH RP, Urteile vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 61 ff. und vom 26. Oktober 2015 – VGH N 36/14 –, UA S. 52 ff.). Entgegen der Rüge der Antragstellerin läuft der Ausnahmegrund nach § 2 Abs. 4 Satz 2 KomVwRGrG auch nicht leer, wenn der Gesetzgeber in der skizzierten Gesamtbetrachtung auch passiv fusionspflichtige Kommunen einzubeziehen hat; auch dann können nämlich Gründe – wie sie beispielhaft in § 2 Abs. 5 KomVwRGrG erwähnt sind – einer landkreisinternen Lösung entgegenstehen oder diese ungeeignet erscheinen lassen, so dass einer Ausnahme nach § 2 Abs. 4 Satz 2 KomVwRGrG der Vorrang einzuräumen wäre.

97

Soweit schließlich andere angrenzende Verbandsgemeinden oder verbandsfreie Gemeinden als Fusionspartner für die Verbandsgemeinde Hochspeyer abgelehnt wurden, ist die Entscheidung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, da auch diese Kommunen keinen eigenen Gebietsänderungsbedarf aufweisen und überdies in anderen Landkreisen liegen. Dies gilt im Besonderen auch für die abgelehnte Dreierfusion unter zusätzlicher Einbeziehung der Verbandsgemeinde Winnweiler, wie in der ersten und zweiten Neugliederungsvariante im Gutachten Junkernheinrich Teil B vorgeschlagen. Trotz einer besseren Punktzahl in dem vom Gesetzgeber herangezogenen Punktesystem stand es dem Gesetzgeber frei, eine Neugliederungsvariante auszuwählen, die die Regelvorgaben des § 2 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 KomVwRGrG in die Abwägung einstellt und dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine landkreisübergreifende Lösung nicht erforderlich sei.

98

(c) Die Annahme des Gesetzgebers, die umgebildete Verbandsgemeinde biete die Gewähr einer dauerhaften Leistungsfähigkeit, weist keine Abwägungsdefizite auf. Werden – wie hier in Bezug auf eine dauerhafte Leistungsfähigkeit – Wertungen und Prognosen des Gesetzgebers angegriffen, beschränkt sich die verfassungsgerichtliche Prüfung darauf, dass diese nicht offensichtlich oder eindeutig widerlegbar sind oder gar den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen (vgl. nur VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 65 m.w.N.).

99

Ausgehend davon ist es in einem ersten Schritt weder offensichtlich oder eindeutig widerlegbar noch ein Widerspruch zu den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung, wenn der Gesetzgeber die Fähigkeit der umgebildeten Verbandsgemeinde, eine dauerhafte Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, nicht von einer vollständigen Entschuldung der Verbandsgemeinde Hochspeyer und der Übernahme sämtlicher Fusionskosten abhängig macht. Gleichzeitig war der Gesetzgeber in einem zweiten Schritt jedoch gehalten, angesichts des erheblichen Schuldenstandes der Verbandsgemeinde Hochspeyer die damit einhergehenden Belastungen der umgebildeten Verbandsgemeinde durch Zins- und Tilgungsleistungen in die Prognose einzubeziehen. Dem ist der Gesetzgeber nachgekommen und hat in Anlehnung an das Gutachten der Mittelrheinischen Treuhand GmbH, die im November 2012 die Auswirkungen verschiedener Entschuldungsszenarien – allerdings unter vorrangiger Tilgung der Investitionsdarlehen – berechnet hatte, eine Rückführung der zum 31. Dezember 2012 bestehenden Liquiditätskredite von rund 8,2 Mio. Euro für erforderlich erachtet (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 83). Diese Summe soll nach dem Willen des Gesetzgebers aus den Leistungen des Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz von insgesamt 3,1 Mio. Euro, einem Sonderumlageaufkommen von rund 2,1 Mio. Euro (vgl. § 11 HochspEinglG) und einer Sonderzuweisung von 3,0 Mio. Euro (vgl. § 12 HochspEinglG) aufgebracht werden. Die darauf aufbauende Prognose des Gesetzgebers, mit einem derartigen Ausgleich könne eine angemessene Entwicklungsfähigkeit gewährleistet und eine (umgebildete) Verbandsgemeinde mit einer ausreichenden Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft erreicht werden (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 82), ist – auch unter Berücksichtigung der dennoch verbleibenden, auf die umgebildete Verbandsgemeinde übergehenden Kreditbelastungen der Verbandsgemeinde Hochspeyer (insbesondere Investitionskredite in Höhe von 5,65 Mio. Euro zum 31. Dezember 2012) – verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

100

Daran vermag weder die (prognostizierte) Steigerung der Liquiditätskredite der Verbandsgemeinde Hochspeyer zum 31. Dezember 2013 auf etwas mehr als 8,5 Mio. Euro noch die unter dem 11. November 2013 vorgelegte Berechnung zur (Un-)Möglichkeit der Erhebung einer Sonderumlage nach § 11 HochspEinglG, die ihrerseits Bestandteil des oben skizzierten (Teil-)Entschuldungskonzepts ist, etwas zu ändern.

101

Soweit die Antragstellerin rügt, die dem Eingliederungsgesetz zugrunde gelegte Tilgung von 8,2 Mio. Euro beziehe sich auf den Stand der Liquiditätskredite vom 31. Dezember 2012 und genüge nicht, um den bis zum Zeitpunkt der Fusion weiter gestiegenen Liquiditätskredit zu tilgen, lässt sie außer Acht, dass die Tilgung der zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Liquiditätskredite nicht Selbstzweck, sondern Bestandteil der Zumutbarkeitsprüfung und prognostizierten Tragfähigkeitsbetrachtung ist. Mit anderen Worten hat der Gesetzgeber nicht abstrakt die Tilgung der Liquiditätskredite als Voraussetzung der Fusion formuliert, sondern bezogen auf die Gesamtschuldensituation der Verbandsgemeinde Hochspeyer zum 31. Dezember 2012 eine Tilgung der damaligen Liquiditätskredite in Höhe von rund 8,2 Mio. Euro für erforderlich erachtet, gleichzeitig jedoch eine übergehende Belastung mit Investitionskrediten in Höhe von rund 5,65 Mio. Euro für zumutbar gehalten. Berücksichtigt man ausgehend davon, dass die in der Prognoseberechnung der Mittelrheinischen Treuhand GmbH vom 11. November 2013 veranschlagte Steigerung der Liquiditätskredite auf rund 8,5 Mio. Euro zum 31. Dezember 2013 im Umfang von rund 250.000 Euro auf Tilgung der Investitionskredite zurückzuführen sind, es sich mithin bezogen auf den zum 31. Dezember 2012 bestehenden Gesamtschuldenstand um eine „Umschuldung“ handelt, liegt schon keine maßgebliche Steigerung der Gesamtschuldenlast vor, die die in der Gesetzesbegründung niedergelegten Erwägungen in Frage stellt.

102

Auch der weitere Einwand der Antragstellerin, die in der Gesetzesbegründung für erforderlich erachtete Entschuldung in einem Volumen von 8,2 Mio. Euro könne nicht erreicht werden, weil die in § 11 HochspEinglG vorgesehene Sonderumlage, deren Aufkommen mit 2,1 Mio. Euro in die Entschuldung eingerechnet worden sei, faktisch nicht erhoben werden könne, begründet keinen Abwägungsfehler. Dabei ist es im Ausgangspunkt zwar richtig, dass angesichts der auch in der Gesetzesbegründung als Soll-Obergrenze festgelegten Verbandsgemeindeumlage von 49 % – inklusive einer Sonderumlage nach § 11 HochspEinglG – (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 104) der Erhebung einer Sonderumlage von den Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Hochspeyer faktische Grenzen gesetzt sind, wenn die allgemeine Verbandsgemeindeumlage einen Satz von 44 % übersteigt. Soweit allerdings die Prognoseberechnungen der Mittelrheinischen Treuhand vom 11. November 2013 einen allgemeinen Umlagebedarf jenseits der genannten Grenzen ausweisen und damit die Sonderumlage tatsächlich nicht erhoben werden könnte, ist der Innenminister im Rahmen der Sitzung des Innenausschusses am 28. November 2013 den der Prognose zugrunde gelegten Zahlen – insbesondere hinsichtlich der Höhe der Umlagegrundlage, die anstelle von rund 14 Mio. Euro mit rund 17 Mio. zu veranschlagen sei – entgegen getreten und hat dargelegt, dass ein allgemeiner Umlagesatz von unter 44 % erreichbar sei (vgl. APr Innenausschuss 16/35, S. 39). Die darauf aufbauende Annahme ist verfassungsrechtlich abermals nicht zu beanstanden. Dass die Prognose mit Unsicherheiten behaftet ist, führt nicht zu einem Handlungsverbot des Gesetzgebers bzw. zur Verfassungswidrigkeit der von ihm gewählten Maßnahme (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –). Ohne dass es mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Prognoseentscheidung darauf ankäme, weist der Verfassungsgerichtshof darauf hin, dass in § 8 der Haushaltssatzung der umgebildeten Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn für das Jahr 2015 ein allgemeiner Umlagesatz von 42 % und eine Sonderumlage im Sinne des § 11 HochspEinglG von 5 % festgesetzt wurden.

103

Schließlich war der Gesetzgeber entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die von ihm durch die Fusion angenommenen Einsparpotenziale weiter zu konkretisieren. Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den wirtschaftlichen Effekten der Gebietsreform bzw. einzelner Zusammenschlüsse ist weder der Gesetzgeber noch der Verfassungsgerichtshof verpflichtet (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 60 f. m.w.N.). Die Antragstellerin kann sich insoweit auch nicht auf eine zu weiteren Nachweisen verpflichtende Sondersituation berufen, die sie darauf zu stützen sucht, der Gesetzgeber sei selbst davon ausgegangen, dass die umgebildete Verbandsgemeinde nicht ohne weiteres überlebensfähig sei. Denn insoweit handelt es sich bei der auch gesetzgeberseits identifizierten Sondersituation um die hohe Schuldenlast der Verbandsgemeinde Hochspeyer, der er mit der oben skizzierten (Teil-)Entschuldung entgegentritt, um damit auch die strukturellen Auswirkungen in Form von Zins- und Tilgungsleistungen auf ein für die umgebildete Verbandsgemeinde handhabbares Niveau zu bringen. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass im Wesentlichen „prestigeträchtige Großprojekte“ der Verbandsgemeinde Hochspeyer für die hohe Gesamtverschuldung verantwortlich seien und nicht eine mangelnde Finanzausstattung (vgl. Antragsbegründungsschrift vom 3. April 2014, S. 8 f.). Vor diesem Hintergrund sind anderweitige strukturelle Besonderheiten, die verfassungsrechtlich Anlass für eine gesonderte Ermittlung der wirtschaftlichen Effekte geben könnten und den Gesetzgeber verpflichteten, belastbare Anhaltspunkte für die prognostizierten Einsparpotenziale im konkreten Fall zu benennen, weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den vorgenannten Gründen bestand auch keine Veranlassung, die einmalig anfallenden Fusionskosten weitergehend zu erörtern, die der Gesetzgeber dem Grunde nach – und in Kenntnis der seitens der Antragstellerin bezifferten Höhe von rund 700.000 Euro (vgl. dazu LT-Drucks. 16/2801, S. 60) – ausweislich der Gesetzesbegründung in seine Erwägungen eingestellt und den prognostizierten Synergieeffekten der Reform gegenübergestellt hat (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 57 f.).

104

(d) Ein Abwägungsdefizit liegt auch nicht vor, soweit der Gesetzgeber das Ergebnis des Bürgerentscheids der Antragstellerin nicht als durchgreifenden Belang gegen die geplante Eingliederung berücksichtigt hat. Der Gesetzgeber, der im Rahmen der Abwägung generell befugt ist, sich für die Bevorzugung eines Belanges und damit notwendig zugleich für die Zurückstellung anderer betroffener Aspekte zu entscheiden, ist nicht gehalten, dem Bürgerwillen den Vorrang vor dem herausgearbeiteten Gebietsänderungsbedarf einzuräumen. Die Ergebnisse von Bürgerbefragungen und Bürgerentscheiden stellen ein Merkmal unter weiteren Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern, so dass nicht nur örtliche Gegebenheiten – wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde – ins Gewicht fallen (vgl. VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – 167/03 –, juris, Rn. 52; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. August 2011 – LVG 45/10 –, BeckRS 2011, 54411). Der Gesetzgeber verweist insoweit ausdrücklich darauf, dass er nicht allein den Bürgerwillen, sondern auch die überörtlichen Belange bzw. die gesamte Kommunalstruktur des Landes zu bedenken habe, und erkennt in der ablehnenden Haltung der Bürger letztlich keinen durchgreifenden Grund, von dem gemeinwohlbegründeten Zusammenschluss Abstand zu nehmen (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 89). Auch weitergehende Ermittlungen zu Ausmaß, Gewicht und Hintergründen der ablehnenden Haltung waren vorliegend nicht erforderlich. Soweit die Antragstellerin die Pflicht zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu stützen sucht (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [110 ff.]), lässt sie außer Acht, dass die dieser Entscheidung zugrunde liegende Konstellation einer Rückneugliederung mit der vorliegenden Fallgestaltung insoweit nicht vergleichbar ist (vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 26. Oktober 2015 – VGH N 8/14 –, UA S. 27 f.).

105

(2) Entgegen der Annahme der Antragstellerin liegt unter den Gesichtspunkten der zeitlichen Umsetzung und des Erfordernisses eines vor Durchführung bzw. sogar vor Ende der Freiwilligkeitsphase abgeschlossenen Gesamtkonzepts auch kein Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit vor (zu Herleitung, Inhalt und Grenzen des Gebots vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, UA S. 68 f., m.w.N.). Dies hat der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Juni 2015 – VGH N 7/14 –, UA S. 37 ff. [zum inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Vortrag der Antragstellerin]; vgl. auch VerfGH RP Urteil vom 26. Oktober 2015 – VGH N 36/14 –, UA S. 79 ff.). Wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls bereits entschieden hat, ist auch die Annahme einer passiven Fusionspflicht mit den Vorgaben des Grundsätzegesetzes vereinbar und stellt demnach auch keinen Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit dar (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 11. Januar 2016 – VGH N 10/14, u.a. –, UA S. 59 ff.).

106

(3) Ein Verstoß gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung oder das Willkürverbot lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Dies gilt insbesondere, soweit die Antragstellerin einwendet, sie habe aufgrund eines fehlenden eigenen Ge-bietsänderungsbedarfs keinen Anlass gehabt, sich während der Freiwilligkeitsphase um einen etwaigen Fusionspartner zu bemühen und sei erst nach deren Ablauf – im Stadium der von ihr so bezeichneten „Resteverwaltung“ – über ihre vorgesehene Einbeziehung (passive Fusionspflicht) in Kenntnis gesetzt worden. Dass die Antragstellerin seinerzeit – wie ihr Vortrag in der mündlichen Verhandlung nochmals gezeigt hat – entgegen der gesamtstaatlichen Konzeption des Grundsätzegesetzes und der damit verbundenen Möglichkeit der passiven Fusionspflicht (vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 11. Januar 2016 – VGH N 10/14, u.a. –, UA S. 50, 59 ff.) davon ausgegangen ist, sie könne ohne eigenen Gebietsänderungsbedarf nicht in die Gebietsreform einbezogen werden, ist verfassungsrechtlich unbeachtlich. Für die Antragstellerin bestand – wie für jede andere Kommune mit und ohne eigenen Gebietsänderungsbedarf – nach Erlass des Grundsätzegesetzes die Möglichkeit, Überlegungen zu freiwilligen Fusionsvarianten anzustellen, in Verhandlungen einzutreten und – im Fall einer Einigung – entsprechende Beschlüsse herbeizuführen. Dass zu diesem Zeitpunkt das Interesse an einer freiwilligen Fusion bei denjenigen Gebietskörperschaften mit festgestelltem Reformbedarf größer gewesen ist als bei denjenigen ohne, ist nachvollziehbar, begründet jedoch keinen Verstoß gegen das interkommunaler Gleichbehandlungsgebot oder das Willkürverbot.

107

Ergänzend ist festzustellen, dass an den in der Gesetzesbegründung in Bezug genommenen freiwilligen Fusionen (vgl. LT-Drucks. 16/2801, S. 45 f.) auch eine ganze Reihe von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden beteiligt waren, die – wie die Antragstellerin – keinen eigenen Gebietsänderungsbedarf aufwiesen (z.B. die ehemaligen Verbandsgemeinden Cochem-Land, Bernkastel-Kues, Schweich, Untermosel, Lauterecken und Bitburg-Land sowie die verbandsfreie Stadt Cochem), und dennoch ihre Möglichkeiten zur gestaltenden Einflussnahme bei der Gebietsreform wahrgenommen haben. Dem Gesetzgeber ist es nicht anzulasten, wenn die Antragstellerin, der jedenfalls seit der Vorstellung des Eckpunktepapiers der Kommunal- und Verwaltungsreform Anfang 2009 bekannt sein konnte, dass bei den an sie angrenzenden Verbandsgemeinden Otterberg und Hochspeyer ein „vordringlicher“ Gebietsänderungsbedarf gesehen wurde (vgl. dazu Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz [2009]: Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz, Mainz, S. 11 f. [Anlage 1]), davon abgesehen hat, während der Freiwilligkeitsphase (mit-)gestaltend auf die Gebietsreform einzuwirken.

108

Vor diesem Hintergrund geht auch der weitere Einwand der Antragstellerin fehl, für sie sei die Prämie für einen freiwilligen Zusammenschluss nach § 17a LFAG nicht zugänglich gewesen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die sogenannte Hochzeitsprämie nach § 17a LFAG nicht allein und unmittelbar in einer Verbindung mit der im Grundsätzegesetz geregelten ersten Stufe der Kommunalreform gesehen werden kann. Insoweit ist zwar eine Verbindung zwischen der Regelung in § 17a LFAG und dem Grundsätzegesetz zur Reform auf Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden nicht in Abrede zu stellen. Dies zeigt sich daran, dass die Beschlussfassung für eine freiwillige Gebietsänderung gemäß § 3 Abs. 4 KomVwRGrG bis zum 30. Juni 2012 erfolgen muss und § 17a Abs. 1 LFAG, der nach dem Gesetzentwurf noch übereinstimmende Erklärungen bis zum 30. Juni 2013 vorsah (vgl. LT-Drucks. 15/2963, S. 5, 12), hinsichtlich der Frist im Gesetzgebungsverfahren an die Dauer der Freiwilligkeitsphase nach dem Eckpunktepapier zur Kommunal- und Verwaltungsreform (vgl. Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz [2009]: Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz, Mainz, S. 7) angepasst wurde (vgl. LT-Drucks. 15/3511, S. 1, 3). Gleichzeitig zeigen jedoch die in § 17a Abs. 2 LFAG als förderfähig aufgeführten freiwilligen Maßnahmen zur Optimierung der kommunalen Strukturen, dass diese Regelung von vornherein nicht darauf beschränkt war, Gebietskörperschaften einen finanziellen Anreiz für eine freiwillige Fusion zu geben, bei denen nach den Vorgaben des Grundsätzegesetzes ein Gebietsänderungsbedarf festgestellt wurde (zur Anreizfunktion vgl. LT-Drucks. 15/2963, S. 12). Soweit nämlich in § 17a Abs. 2 Nr. 6 bis Nr. 8 LFAG Landkreise und kreisfreie Städte adressiert werden, sind Gebietskörperschaften betroffen, deren Gebietsstrukturen durch das Grundsätzegesetz nicht zur Revision gestellt werden. Gegenstand des Grundsätzegesetzes ist allein die Gebietsreform auf Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2, § 2 Abs. 1 KomVwRGrG).

109

Soweit die Antragstellerin schließlich einen Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot daraus herleitet, dass die in § 12 HochspEinglG gewährte Zuweisung hinsichtlich der damit bewirkten Entschuldungsquote zum Teil deutlich hinter derjenigen bei Gewährung einer Hochzeitsprämie zurückbleibe, dringt sie damit ebenfalls nicht durch. Ihr ist insoweit zwar zuzugeben, dass sowohl die Zuweisung nach § 12 HochspEinglG als auch die Hochzeitsprämie nach § 17a LFAG hinsichtlich des Verwendungszwecks vor allem zur Schuldentilgung gewährt werden. Allerdings liegt der (sachliche) Grund für die Gewährung einmal in der Schaffung eines sachlichen Anreizes für freiwillige Neugliederungsmaßnahmen und einmal in der Herstellung der Zumutbarkeit der Fusion für die aufnehmende Gebietskörperschaft. Dass vor diesem Hintergrund überhaupt Gleiches gegenüberzustellen ist, legt die Antragstellerin nicht dar.

E.

110

Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist kostenfrei (§ 21 Abs. 1 VerfGHG). Gründe dafür, die volle oder teilweise Erstattung der Auslagen gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG anzuordnen, liegen nicht vor.

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Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 18 Rechtsstellung der Beamtinnen und Beamten


(1) Beamtinnen und Beamten, die nach § 16 in den Dienst einer anderen Körperschaft kraft Gesetzes übertreten oder übernommen werden, soll ein gleich zu bewertendes Amt übertragen werden, das ihrem bisherigen Amt nach Bedeutung und Inhalt ohne Rücksic

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(1) Beamtinnen und Beamten, die nach § 16 in den Dienst einer anderen Körperschaft kraft Gesetzes übertreten oder übernommen werden, soll ein gleich zu bewertendes Amt übertragen werden, das ihrem bisherigen Amt nach Bedeutung und Inhalt ohne Rücksicht auf Dienststellung und Dienstalter entspricht. Wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist, kann ihnen auch ein anderes Amt mit geringerem Grundgehalt übertragen werden. Das Grundgehalt muss mindestens dem des Amtes entsprechen, das die Beamtinnen und Beamten vor dem bisherigen Amt innehatten. In diesem Fall dürfen sie neben der neuen Amtsbezeichnung die des früheren Amtes mit dem Zusatz „außer Dienst“ („a. D.“) führen.

(2) Die aufnehmende oder neue Körperschaft kann, wenn die Zahl der bei ihr nach der Umbildung vorhandenen Beamtinnen und Beamten den tatsächlichen Bedarf übersteigt, innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, Beamtinnen und Beamte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder auf Zeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn deren Aufgabengebiet von der Umbildung berührt wurde. Bei Beamtinnen auf Zeit und Beamten auf Zeit, die nach Satz 1 in den einstweiligen Ruhestand versetzt sind, endet der einstweilige Ruhestand mit Ablauf der Amtszeit; sie gelten in diesem Zeitpunkt als dauernd in den Ruhestand versetzt, wenn sie bei Verbleiben im Amt mit Ablauf der Amtszeit in den Ruhestand getreten wären.