Sozialgericht Rostock Urteil, 24. Sept. 2014 - S 15 KR 36/12

bei uns veröffentlicht am24.09.2014

Tenor

1. Der Bescheid vom 08.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten optischen Kohärenztomografie (OCT) in Höhe von 84,87 € freizustellen und auch in Zukunft die Kosten für eine Untersuchung mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) als Verlaufskontrolle über das Ausmaß der exsudativen Veränderungen zu übernehmen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine optische Kohärenztomografie (OCT) von bisher 84,87 €.

2

Die am …. 1935 geborene Klägerin leidet aufgrund ihrer Diabetes-mellitus-Erkrankung an einem persisitierenden Makulaödem bei diabetischer Retinopathie (DR) an beiden Augen. Am 30.08.2011 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit Lucentis wegen eines diabetischen Makulaödems am rechten und am linken Auge einschließlich einer OCT-Untersuchung.

3

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des MDK ein, der kurz ausführte, dass die Behandlung mit Lucentis rechts medizinisch indiziert sei (Bl. 6 BA).

4

Mit Bescheid vom 08.09.2011 (Bl. 7 BA) übernahm die Beklagte die Kosten der ärztlichen Behandlung für das rechte Auge mit Lucentis und lehnte eine Kostenübernahme für die OCT-Untersuchung ab. Sie führte zur Begründung aus, dass die OCT-Untersuchung keine im Rahmen der intravitrealen Injektion vereinbarte kassenärztliche Leistung sei.

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Gegen diesen Bescheid legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 23.09.2011 Widerspruch ein und führte u.a. aus, dass er sich gegen die Ablehnung einer Kostenerstattung für die notwendige OCT-Untersuchung wende.

6

Die OCT-Untersuchung wurde am 10.01.2012 durchgeführt und der Klägerin am 27.02.2012 ein Betrag in Höhe von 84,87 € in Rechnung gestellt.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass OCT keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sei.

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Die Klägerin hat am 30.03.2012 Klage erhoben. Sie trägt weiter vor, dass hier in Bezug auf die optische Kohärenztomografie ein Systemversagen in Betracht komme. Die optische Kohärenztomografie sei in Deutschland vor ca. 10 Jahren eingeführt worden. Die Untersuchungsgeräte würden bereits in der vierten Generation angeboten werden. Das Untersuchungsverfahren sei absoluter Standard bei der Behandlung altersbedingter Makuladegeneration und der diabetischen Retinopathie. Zum Teil würden die Kosten aufgrund von Verträgen zwischen einigen Krankenkassen und Augenärzten als Standarduntersuchung anerkannt.

9

Die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung genannte Leitlinie der AWMF, Fassung Oktober 2006, sei bereits abgelaufen und werde derzeit überprüft. Aus dem beigefügten Protokoll (Bl. 67 GA) einer Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 23.04.2013 gehe hervor, dass angenommen werde, dass die OCT-Untersuchung heute den absoluten Standard bilde und Bestandteil flächendeckender Selektivverträge sei. Flächendeckende Selektivverträge würden jedoch nicht bestehen.

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Die Klägerin beantragt,

11
1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.09.2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 zu verurteilen, die Klägerin die Kosten für die nach dem Bescheid vom 08.09.2011 angefallenen Untersuchungen mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) von bisher 84,87 € zu erstatten.
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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin auch zukünftig von den Kosten der Untersuchung mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und auf den Inhalt der Leistungsakte und trägt vor, dass eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bisher nicht vorliege. Eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit sei der Beklagten nicht bekannt. Es scheine vielmehr so, dass die Studienlage nicht ausreichend sei, um einen Antrag zu stellen. Nach den Ausführungen des MDKs im Sozialmedizinischen Gutachten vom 22.09.2014 werde zur Therapiesteuerung der Lucentis-Injektionen ein anderes Vorgehen empfohlen. An klinischen Studien, die Vorteile in Bezug auf Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Patienten bei Therapiesteuerung durch die beantragte OCT anstelle einer Steuerung anhand des Visus belegen, fehle es jedoch. Die vertragsärztlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (Visusbestimmung, Fundusuntersuchung, Fluoreszensangiographie) seien als ausreichend zu erachten sowohl für die Diagnostik und Indikationsstellung zur Primärtherapie sowie zur Diagnostik nach der initialen Therapie eines Makulaödems. Die in der Stellungnahme der Fachgesellschaften erwähnten Kriterien für die Wiederbehandlung mit einem VEGF-Hemmer in Abhängigkeit von OCT-Befunden würden eine Leistungspflicht der GKV nicht begründen.

16

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Facharztes für Augenheilkunde Dr. med. C. sowie der Oberärztin Dr. med. G. und Prof. Dr. med. H. aus der Klinik für Augenheilkunde in E-Stadt. Auf die Befundberichte auf Blatt 51 GA und Blatt 98 GA wird verwiesen. Weiterhin hat das Gericht die die Kassenärztliche Bundesvereinigung und den Spitzenverband Bund der Krankenkassen um Stellungnahme gebeten, warum in Bezug auf die begehrte OCT-Untersuchung ein Antrag nach § 135 Abs. 1 SGB V bisher nicht gestellt worden sei. Auf die Antworten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Bl. 62 GA) und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (Bl. 82 GA) wird ebenfalls verwiesen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

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Die zulässige Klage ist begründet.

19

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012, mit dem die Beklagte die Übernahme der Kosten der ambulant durchgeführten optischen Kohärenztomografie abgelehnt hat. Dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

20

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist gem. § 1 Abs. 3 RDGEG nach dem Rechtsdienstleistungsregister beim OLG Rostock unter dem Aktenzeichen… als registrierter Erlaubnisinhaber u.a. zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung registriert und daher zur Vertretung der Klägerin vor dem Sozialgericht Rostock befugt.

21

Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind erfüllt. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- und Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 15/07 R m.w.N.).

22

In Bezug auf die begehrte Methode handelt es sich um eine neue Untersuchungsmethode. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind in einem formellen Sinne neue Methoden, wenn ihre Leistungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die vertragsärztliche Versorgung (EBM) - oder im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die vertragszahnärztliche Versorgung - enthalten sind. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind in diesem Sinne auch dann neue Methoden, wenn ihre Leistungen zwar im EBM aufgeführt sind, deren Indikationen oder Art der Erbringung aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen oder neuartige Kombinationen erfahren haben.

23

Ein Leistungsanspruch ergibt sich vorliegend aus einem sogenannten Systemversagen. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, dass Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4). Ein solcher Systemmangel liegt nur vor, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Dies kann u.a. nur dann in Betracht kommen, sobald nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse eine positive Abschätzung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss wahrscheinlich ist und auch im Übrigen eine positive Bewertung der Methode - etwa wegen fehlender Wirtschaftlichkeit - nicht ausgeschlossen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. August 2009, B 3 KR 10/07 R - juris -). Voraussetzung dafür ist der Beleg von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethode anhand so genannter randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter Studien (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. August 2009, B 3 KR 10/07 R - juris - unter Bezugnahme auf die Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung i.V.m. §§ 7 ff des 2. Kapitels der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses).

24

Die diabetische Retinopathie (DR) ist die häufigste Ursache für eine Erblindung der Menschen im berufsfähigen Alter. Die proliferative Form geht mit der Neubildung von krankhaften Blutgefäßen einher. Diese abnormalen Gefäße können zu Blutungen führen oder die Netzhaut vom Untergrund abheben (traktive Netzhautablösung). Die diabetische Makulaödem (DMÖ) ist die häufigste Ursache für eine Sehverschlechterung bei der DR. Das DMÖ ist eine Netzhautverdickung oder das Vorhandensein harter Exsudate innerhalb eines Papillendurchmessers und stellt die schwerwiegendste Form dar (so die Ausführungen des Spitzenverband der Krankenkassen im Schreiben vom 20.08.2013).

25

Die optische Kohärenztomografie ist vom Gemeinsamen Bundesausschuss noch nicht bewertet worden und daher weder zur Früherkennung noch zur Verlaufsbeobachtung des Glaukoms oder anderer Erkrankungen Bestandteil der vertragsärztlichen Leistung. Die OCT ist eine neue Methode zur Untersuchung von Auge, Haut und Schleimhäuten. Bei der OCT werden Laserstrahlen des sichtbaren und infraroten Bereichs benutzt, um oberflächliche Gewebe schichtweise zu vermessen. Damit lassen sich dreidimensionale Querschnitte von dünnen Schichten darstellen, z.B. der Netzhaut des Auges. Angeboten wird diese Methode zu Früherkennung, Diagnostik oder Verlaufskontrollen bei Glaukom, aber auch bei anderen Erkrankungen des Auges. Das ursprüngliche Verfahren wird als Time Domain OCT (TD-OCT) bezeichnet, wobei sich das zweite Verfahren, die Frequency Domain OCT (FD-OCT) aufgrund der höheren Messgeschwindigkeit und Sensitivität gegenüber der TD-OCT weitgehend durchgesetzt hat.

26

Die Kammer ist insbesondere aufgrund der Ausführungen des Chefarztes der Augenklinik Prof. Dr. H. und der Oberärztin Dr. med. G. des Klinikum E-Stadt (Bl. 98 GA) vom 10.06.2014 und der Stellungnahmen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands zu der Auffassung gelangt, dass die OCT-Untersuchung in der Praxis eine bewährte und unverzichtbare Basisuntersuchung ist, da nicht immer eine Visusspiegelung, eine Netzhautspiegelung (Funduskopie) oder eine Fluoreszenzangiographie ausreichen, um eine zuverlässige Diagnose zu erhalten oder um den Verlauf einer diabetischen Retinopathie optimal zu kontrollieren. Denn die genannten Untersuchungen erlauben dem Arzt lediglich die Sicht auf die Netzhaut. Bei der Erkrankung der Klägerin kommt es neben einer Durchblutungsstörung aber zu einer Flüssigkeitseinlagerung in die Netzhaut. Die Möglichkeit einer Behandlung richtet sich nach der Ausdehnung dieser Veränderungen. Bei Diabetes können Netzhautschäden aufgrund von Flüssigkeitseinlagerungen zu schwerwiegenden Sehverlusten bis hin zur Erblindung führen. OCT ist die genaueste objektive Methode, um solche Flüssigkeitseinlagerungen frühzeitig zu erkennen. Ähnlich wie bei einer Ultraschalluntersuchung zeigt die optische Kohärenztomographie (OCT) dem die einzelnen Netzhautschichten in einem Querschnitt. So können alle Schichten der Netzhaut beurteilt werden. Nach der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigefügten Stellungnahme von DOG, Retinologischen Gesellschaft und BVA vom Februar 2012 zu Anti-VEGF-Therapie bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration: Therapeutische Strategien (Bl. 20 GA) ermöglicht die Spectral-Domain-OCT (SD-OCT) aufgrund einer deutlich höheren Auflösung der Strukturen eine hochdifferenzierte Beurteilung der Netzhaut und der subretinalen Strukturen und hier besonders der Flüssigkeitsansammlungen und Netzhautdicken. Diese Fortschritte seien in zahlreichen Studien untersucht und nachgewiesen. Sie erlauben es nun, dass SD-OCT nach wissenschaftlich gesicherten Kriterien als wichtiges und verlässliches Verfahren zur Verlaufsbeobachtung zu empfehlen. Die Messwerte werden digital gespeichert und ermöglichen somit eine optimale Verlaufskontrolle bei diabetischen Netzhauterkrankungen. In der Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands zur Therapie der diabetischen Makulopathie ist schon mit Stand vom Dezember 2010 aufgeführt, dass die hochauflösende Spectral Domain-OCT wichtige Informationen bieten könne, die für die Beurteilung der diabetischen Makulopathie auch im Verlauf von Bedeutung sind. Sie ermöglicht eine genaue Quantifizierung der makulären Netzhautdicke, eine qualitative Beurteilung verschiedener Netzhautschichten und eine genaue Lokalisation extrazellulärer Flüssigkeitsansammlungen. Zudem ist eine Verlaufskontrolle an identischen optischen Schnitten der Netzhaut möglich. So können die morphologischen Effekte einer Therapie besser beurteilt werden und die Entscheidung bezüglich einer eventuellen Wiederholungsbehandlung wird erleichtert. Die Spectral Domain (SD)-OCT-Untersuchung ist eine wichtige und unerlässliche Basis-Untersuchung, um das Ausmaß der exsudativen Veränderungen zu erkennen und einen objektiven Vergleich bei späteren Verlaufskontrollen zu ermöglichen, aber auch um fortgeschrittene retinale Atrophien identifizieren zu können, die eine Behandlung im Sinne einer Visusverbesserung wenig aussichtsreich erscheinen lassen (so die Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands Therapie der diabetischen Makulopathie Stand April 2013, S. 2).

27

Der behandelnde Facharzt für Augenheilkunde Dr. med. C. führte in seinem Befundbericht (Bl. 51 GA) aus, dass seine Praxis leider nicht über diese zwingend notwendige diagnostische Möglichkeit verfüge, es sich bei der OCT aber nach seinem Wissensstand bei dem Behandlungsverfahren der Kläger um den wissenschaftlichen Grundstandard handele. Eine Versorgungslücke der gesetzlichen Krankenversicherung liege vor. Im Übrigen sei der Anwender Prof. Dr. H. der Klinik für Augenheilkunde in E-Stadt zu befragen.

28

Nach den Ausführungen des Chefarztes der Augenklinik Prof. Dr. med. H. und der Oberärztin Dr. med. G. des Klinikum E-Stadt (Bl. 98 GA) vom 10.06.2014 ist die optische Kohärenztomographie (OCT) die einzige Untersuchungsmethode, die eine genaue Quantifizierung der Netzhautdicke ermöglicht und genau das sei bei der Verlaufskontrolle der diabetischen Netzhauterkrankung eine entscheidende Größe. Sie weise eine hohe Sensitivität bezüglich des Nachweises eines Makulaödems auf, auch wenn sich diese klinisch oder fluoreszenzangiographisch nicht nachweisen lassen. Außerdem ermögliche sie den Ausschluss vitreoretinaler Traktionen und epiretinaler Membranen. Darüber hinaus biete sie die Möglichkeit, verschiedene Netzhautschichten qualitativ zu beurteilen und extrazelluläre Flüssigkeitsansammlungen zu lokalisieren. So würden die morphologischen Effekte einer Therapie – insbesondere bei der diabetischen Netzhautschwellung (Makulaödem) – besser beurteilt werden und die Entscheidung bezüglich der Notwendigkeit einer eventuell erforderlichen Wiederholungsbehandlung werde erleichtert. Im Rahmen der Verlaufsbeobachtungen würden nach dem Empfehlungen der Fachgesellschaften (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschland e.V.) die Sehschärfe geprüft, ein Fundusbefund erhoben sowie eine OCT durchgeführt. Die diagnostische Genauigkeit und der Nutzen des OCT-Verfahrens seien mannigfaltig belegt.

29

Die kassenärztliche Bundesvereinigung führte im Schreiben vom 02.07.2013 (Bl. 62 GA) aus, dass ihr bislang keine aussagekräftigen wissenschaftlichen Unterlagen vorliegen würden, die den Nutzen der Methode als belegt ansehen. Die OCT werde zwar zunehmend häufiger angewandt, habe aber bisher keinen Eingang in die Nationale Versorgungsleitlinie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) gefunden. Als Goldstandard werde derzeit die Fluoreszenzangiographie angesehen. Dem Prozessbevollmächtigten ist Recht zu gegen, dass die Nationale Versorgungs-Leitlinie Typ-2-Diabetes: Prävention und Therapie von Netzhautkomplikationen nur bis zum 30.09.2011 gültig war und derzeit immer noch überarbeitet wird, so dass die Ausführungen der kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht überzeugen.

30

Der Spitzenverband der Krankenkassen führte mit Schreiben vom 20.08.2013 (Bl. 82 GA) aus, dass die Lasertherapie bis vor kurzem als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung des DMÖ galt. Neben der Lasertherapie seien in der Vergangenheit auch intravitreale Injektionen von Kortikosteroiden erfolgt, die aber wegen ihres Nebenwirkungsprofils in Therapieoption eher in den Hintergrund getreten seien. Durch die Einführung der VEGF-Antikörper hätten sich erfolgversprechende Therapieoptionen der DR ergeben. Als diagnostische Verfahren komme die stereoskopische Fundusuntersuchung (biomikroskopische Untersuchung der Netzhaut in Mydriasis) und die Prüfung der Sehschärfe als auch die Fluoreszein-Angiographie in Betracht. Zusätzlich stelle das OCT-Verfahren eine weitere diagnostische Maßnahme der DR dar. Die hochauflösende Spectral Domain OCT könne dabei Informationen im Hinblick auf die Quantifizierung der makulären Netzhautdicke und der qualitativen Beurteilung verschiedener Netzhautschichten liefern, die für die Beurteilung der DR im Verlauf von Bedeutung sein können. Im Gegensatz zur subjektiven stereoskopischen Funduskopie und der nicht quantifizierbaren Leckage bei der FA stelle das OCT-Verfahren eine objektive Maßnahme dar. Zwar werde die OCT immer häufiger als objektivierendes diagnostisches Verfahren in der Indikation feuchte AMD und DR eingesetzt, die diagnostische Genauigkeit des OCT-Verfahrens gegenüber dem Goldstandard bzw. gegenüber herkömmlicher diagnostischer Verfahren sei jedoch nicht ausreichend geklärt. Es bestehe Klärungsbedarf, ob in der klinischen Praxis in erster Linie durchgeführte Therapiesteuerung durch OCT (morphologische Verlaufsbeurteilung) gegenüber der herkömmlichen Therapiesteuerung durch funktionelle Parameter (Beurteilung der Sehschärfe) einen Zusatznutzen für AMD- bzw. DR-Patienten im Hinblick auf den Erhalt der Sehschärfe, unerwünschte Wirkungen und Lebensqualität aufweist. Der GKV-Spitzenverband habe eine wissenschaftlich unabhängige systematische Übersichtsarbeit beauftragt. Das Ergebnis der Beauftragung werde im Mai 2014 erwartet. Vergleichbare wissenschaftliche Ergebnisse würden bisher nicht vorliegen, die eine Antragstellung gerechtfertigt hätte. Nach den Ausführungen des Chefarztes der Augenklinik Prof. Dr. med. H. und der Oberärztin Dr. med. G. des Klinikum E-Stadt (Bl. 98 GA) vom 10.06.2014 und der Fachgesellschaften gibt es jedoch zahlreiche Studien, die belegen, dass morphologische Kriterien zur Verlaufsbeobachtung geeigneter seien als funktionelle. Auf die Stellungnahme wird verwiesen.

31

Nach den Ausführungen des Chefarztes der Augenklinik Prof. Dr. med. H. und der Oberärztin Dr. med. G. des Klinikum E-Stadt (Bl. 98 GA) vom 10.06.2014 gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Laserstrahlen, die zur Anwendung kommen, schädlich sind. Die Untersuchung ist nicht invasiv und nur wenig belastend und biete daher keinerlei systemische Risiken. Auch im Internet ist auf allen Seiten, die sich mit der optischen Kohärenztomografie befassen, zu lesen, dass diese Untersuchung – im Gegensatz zur Fluoreszensangiographie - völlig risikofrei sei. Das Auge selbst wird während der Untersuchung nicht berührt. Die Fluoreszensangiographie hingegen ist eine Untersuchungsmethode, bei der ein Farbstoff (Fluoreszein) intravenös injiziert wird, und dessen Zirkulation durch die Netzhaut und Aderhaut fotographisch festgehalten wird. Nach den Ausführungen des Chefarztes der Augenklinik Prof. Dr. med. H. und der Oberärztin Dr. med. G. des Klinikum E-Stadt (Bl. 98 GA) erlaube ein angiographischer Befund keine Aussage darüber, in welcher Netzhautschicht sich die aus den Blutgefäßen ausgetretene Flüssigkeit angesammelt hat und erlaube keinerlei Aussage bezüglich der Netzhautdicke. Die Fluoreszensangiographie sei für die Primärdiagnostik des diabetischen Makulaödems von Bedeutung, da sie zusammen mit dem OCT zur Diagnosebestätigung und zur Abgrenzung gegen andere Erkrankungen von Bedeutung sei. Die Fluoreszensangiographie sei auch zur Verlaufskontrolle bei einem diabetischen Makulaödem nur dann sinnvoll, wenn der Verdacht auf eine zunehmende ischämische Komponente bestehe (etwa wenn es trotz morphologischer Verbesserung im OCT zu keinem Visusanstieg gekommen sei). Um aussagekräftige Bilder anfertigen zu können, muss der Arzt den Farbstoff zügig verabreichen. Das kann bei einigen Patienten Übelkeit, Erbrechen oder Schwindel verursachen. Alle Stoffe, mit denen der Körper in Berührung kommt, können allergische Reaktionen auslösen.

32

Deshalb ist die Kammer der Ansicht, dass das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die Kammer ist überzeugt, dass die OCT eine risikofreie und die genaueste Methode ist, um Flüssigkeitseinlagerungen frühzeitig zu erkennen, auch wenn die SD-OCT-Untersuchung kein Ersatz der Fluoreszensangiographie ist, sondern beide Untersuchungen sich sinnvoll ergänzen, da die OCT-Untersuchung die ischämischen Areale nicht darstellen kann. Nach der Stellungnahme von DOG, Retinologischen Gesellschaft und BVA vom Februar 2012 zu Anti-VEGF-Therapie bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration: Therapeutische Strategien (Bl. 20 GA) sind die Fortschritte der OCT in zahlreichen Studien untersucht und nachgewiesen. Sie erlauben es nun, dass SD-OCT nach wissenschaftlich gesicherten Kriterien als wichtiges und verlässliches Verfahren zur Verlaufsbeobachtung zu empfehlen. Die Spectral Domain (SD)-OCT-Untersuchung ist eine wichtige und unerlässliche Basis-Untersuchung, um das Ausmaß der exsudativen Veränderungen zu erkennen und einen objektiven Vergleich bei späteren Verlaufskontrollen zu ermöglichen, aber auch um fortgeschrittene retinale Atrophien identifizieren zu können, die eine Behandlung im Sinne einer Visusverbesserung wenig aussichtsreich erscheinen lassen (so die Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands Therapie der diabetischen Makulopathie Stand April 2013, S. 2). Auch nach den Ausführungen des Chefarztes der Augenklinik Prof. Dr. med. H. und der Oberärztin Dr. med. G. des Klinikum E-Stadt (Bl. 98 GA) vom 10.06.2014 sind die diagnostische Genauigkeit und der Nutzen des OCT-Verfahrens mannigfaltig belegt.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

34

Die Berufung ist nicht zulässig, da der Beschwerdewert von 750 € nicht erreicht ist. Die Berufung ist von der Kammer nicht zugelassen worden, weil es sich vorliegend um eine Tatsachenfrage handelt. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr.1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr.2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr.3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Ob für die Untersuchungsmethode der OCT ein Systemversagen vorliegt oder nicht, kann mit Hilfe der juristischen Methodik nicht beantwortet werden; vielmehr ist hierfür die Klärung tatsächlicher Fragen entscheidend (siehe dazu: Landessozialgericht F-Stadt-Brandenburg, Beschluss vom 02. Dezember 2013 – L 9 KR 263/13 NZB –, juris; BSG, Beschluss vom 12. Februar 2014 – B 1 KR 30/13 B –, juris).

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Sozialgericht Rostock Urteil, 24. Sept. 2014 - S 15 KR 36/12 zitiert 5 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

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Bundessozialgericht Beschluss, 12. Feb. 2014 - B 1 KR 30/13 B

bei uns veröffentlicht am 12.02.2014

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

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(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Inhaber von behördlichen Erlaubnissen zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, die nicht Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, können unter Vorlage ihrer Erlaubnisurkunde die Registrierung nach § 13 des Rechtsdienstleistungsgesetzes beantragen.

(2) Behördliche Erlaubnisse zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten von Erlaubnisinhabern, die nach § 209 der Bundesrechtsanwaltsordnung in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommen sind (Kammerrechtsbeistände), erlöschen mit ihrem Ausscheiden aus der Rechtsanwaltskammer. Kammerrechtsbeistände, deren Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer nach § 209 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung auf eigenen Antrag widerrufen wird, können die Registrierung nach § 13 des Rechtsdienstleistungsgesetzes beantragen. Wird der Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Widerruf gestellt, bleibt die Erlaubnis abweichend von Satz 1 bis zur Entscheidung über den Antrag gültig.

(3) Inhaber einer Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 5 oder Nr. 6 des Rechtsberatungsgesetzes werden unter Angabe des Umfangs ihrer Erlaubnis als registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes registriert. Erlaubnisinhaber, deren Erlaubnis sich auf andere Bereiche erstreckt oder deren Befugnisse über die in § 10 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes geregelten Befugnisse hinausgehen, werden gesondert oder zusätzlich zu ihrer Registrierung nach Satz 1 als Rechtsbeistände oder Erlaubnisinhaber registriert (registrierte Erlaubnisinhaber) und entsprechend § 16 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragen. Sie dürfen unter ihrer bisher geführten Berufsbezeichnung Rechtsdienstleistungen in allen Bereichen des Rechts erbringen, auf die sich ihre Registrierung erstreckt. Rechtsdienstleistungen auf den Gebieten des Steuerrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes dürfen sie nur erbringen, soweit ihre Registrierung diese Gebiete ausdrücklich umfasst.

(4) Abweichend von § 13 des Rechtsdienstleistungsgesetzes prüft die zuständige Behörde vor der Registrierung nur, ob eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes besteht. Als qualifizierte Personen werden die zur Zeit der Antragstellung in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Ausübungsberechtigten registriert. Kosten werden für die Registrierung und ihre öffentliche Bekanntmachung nicht erhoben. Die spätere Benennung qualifizierter Personen ist nur für registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes und nicht für registrierte Erlaubnisinhaber möglich.

(5) Ist ein registrierter Erlaubnisinhaber, der nach Maßgabe des § 3 Absatz 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt ist, verstorben oder wurde seine Registrierung zurückgenommen oder widerrufen, kann die für die Registrierung zuständige Behörde einen Abwickler für seine Praxis bestellen. § 14a Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Freistellung von den Kosten einer ambulanten Liposuktion mit vier Behandlungseinheiten im Verwaltungsverfahren und auf Kostenerstattung der 2011 durchgeführten Behandlungen in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin Kostenerstattung für die Liposuktion der Arme geltend mache, weil es insoweit an einer Entscheidung der Beklagten fehle. Im Übrigen sei die Liposuktion der Beine nicht Gegenstand einer Sachleistung, weil eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) fehle. Ein Systemversagen liege nicht vor. Die gegenüber dem GBA antragsberechtigten Stellen hätten nicht willkürlich oder aufgrund sachfremder Erwägungen von einem Antrag abgesehen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erlaubten die vorliegenden Studien keine verlässliche Nutzen-Risiko-Abwägung; die vorhandenen medizinischen Leitlinien seien nicht evidenzbasiert. Ein Anspruch nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung komme hier nicht in Betracht. Aus dem Lipödem erwachsende psychische Beschwerden seien psychotherapeutisch zu behandeln. Den im Schriftsatz der Klägerin vom 6.2.2013 enthaltenen Beweisanträgen könne mangels eines weiteren Ermittlungsbedarfs nicht entsprochen werden (Urteil vom 7.2.2013).

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensfehlers.

4

1. Die Klägerin legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

5

Die Klägerin formuliert zwar folgende Frage:

        

"Stellt es ein Systemversagen dar, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Behandlungsmethode 'Liposuktion bei Lipödemen' ein Verfahren zur Anerkennung als Behandlungsmethode im gesetzlichen Leistungssystem nicht oder nicht rechtzeitig durchführt, wenn diese Methode anerkannte Behandlungsmethode ist?"

6

Der Senat lässt offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage hinreichend klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Die Klägerin verweist selbst auf Entscheidungen des erkennenden Senats (BSG SozR 3-2500 § 138 Nr 2; BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3; s ferner auch BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - neuropsychologische Therapie; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 - LITT) und speziell zur Liposuktion auf seinen Beschluss vom 10.5.2012 (BSG SozR 4-2500 § 140f Nr 1). Sie legt nicht hinreichend dar, wieso danach in rechtlicher Hinsicht noch Klärungsbedarf verblieben ist. Unerheblich ist insoweit, dass ggf neuere tatsächliche Erkenntnisse im Fall einer bestimmten Behandlungsmethode zur Annahme eines Systemversagens führen können. Die Frage nach dem Vorliegen solcher neuerer Erkenntnisse wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Fragen tatsächlicher Art können nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache führen, wenn lediglich die Klärungsbedürftigkeit konkret-individueller oder so genannter allgemeiner (genereller) Tatsachen von nicht normativer Qualität betroffen ist.

7

Die Klägerin legt auch nicht hinreichend dar, wieso die speziell auf die Liposuktion bei Lipödemen ausgerichtete Fragestellung über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Sie setzt sich nicht mit der Rechtsprechung auseinander, wonach die Frage nach den Therapiemöglichkeiten für ein einzelnes Leiden und dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch regelmäßig keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher" Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 5 ff; BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 16/07 B - Juris RdNr 6).

8

2. Die Klägerin bezeichnet auch einen Verfahrensmangel nicht ausreichend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), muss die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen, um den Verfahrensmangel zu bezeichnen (§ 160a Abs 2 S 3 SGG; vgl hierzu zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).

9

Die Klägerin rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), legt aber die erforderlichen Umstände einer Pflichtverletzung nicht dar. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag(zur ausreichenden Wiedergabe nicht protokollierter Beweisanträge in den Urteilsgründen vgl BSG Beschluss vom 23.7.2013 - B 1 KR 84/12 B - RdNr 5 mwN) bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - Juris RdNr 3 mwN). Die Klägerin gibt nicht hinreichend die Rechtsauffassung des LSG wieder, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, die von Beweisanträgen umfasst sind. Dies betrifft die von ihr gestellten Beweisanträge mit dem Ziel der Feststellungen, dass ihre bisherige konservative Behandlung erfolglos gewesen sei und auch erfolglos bleiben müsse, dass daneben - abgesehen von der Liposuktion - keine weitere Therapiealternative bestehe und dass das Lipödem bei ihr zu Persönlichkeitsveränderungen mit suizidalen Tendenzen geführt habe. Soweit sie einen vom LSG abweichenden materiell-rechtlichen Standpunkt einnimmt, vernachlässigt sie, dass die Rechtsauffassung des LSG maßgebend ist. Indem die Klägerin rügt, das LSG habe ihrem Beweisantrag nicht entsprochen, dass die Liposuktion eine mittlerweile anerkannte Therapiealternative sei, greift sie lediglich die Beweiswürdigung des LSG an. Eine auf (behauptete) fehlerhafte Beweiswürdigung gestützte Rüge ist jedoch ausdrücklich nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ohne Belang. Hiervon ausgehend legt die Klägerin auch nicht hinreichend dar, wieso sich das LSG ausgehend von seiner Rechtsauffassung hätte gedrängt fühlen müssen, bei dem Vorsitzenden des GBA nach dem Verfahrensstand über die Prüfung der Liposuktion als neue Behandlungsmethode des Lipödem nachzufragen.

10

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.