Sozialgericht Koblenz Urteil, 16. Aug. 2018 - S 1 SO 143/17

bei uns veröffentlicht am16.08.2018

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Ansonsten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der beklagte Sozialhilfeträger die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege zu Recht wegen einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse aufgehoben hat.

2

Die am ….1951 geborene Klägerin war zuletzt in L wohnhaft und bezog neben einer Witwenrente und einer Erwerbsunfähigkeitsrente ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII). Seit dem 02.02.2015 befindet sich die Klägerin im Seniorenzentrum U in D, dessen Betreiber die Beigeladene ist. Gemäß dem Wohn- und Betreuungsvertrag vom 02.02.2015 betrug der Pflegesatz in der Pflegeklasse 0 31,98 € täglich, das Entgelt für Unterkunft 14,34 € täglich und das Entgelt für Verpflegung 7,71 € pro Tag. Der Ausbildungsrefinanzierungsbetrag betrug täglich 1,76 € und das vom Bewohner zu entrichtende Entgelt für Investitionsaufwandes 17,90 € pro Tag. Insgesamt betrug das Gesamtentgelt in der Pflegeklasse 0 täglich 73,69 Euro.

3

Die Klägerin beantragte im Januar 2015 beim Kommunalen Sozialverband Sachsen die Gewährung von Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung im Seniorenzentrum.

4

Aufgrund des gestellten Antrages auf Gewährung von Pflegeleistungen nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI) erstattete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 18.02.2015 ein Gutachten zur Pflegebedürftigkeit der Klägerin. In dem Gutachten wurde ein Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege von 17 Minuten festgestellt. Mit Bescheid vom 19.02.2015 lehnte die Pflegekasse der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung ab. In einem weiteren Pflegegutachten vom 23.02.2016 ermittelte der MDK einen Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege von 30 Minuten. Als Diagnosen wurden ein Diabetes mellitus, ein Mammakarzinom sowie Asthma bronchiale genannt. Die Erforderlichkeit der vollstationären Pflege sei jedoch wegen des Fehlens einer Pflegeperson und drohender oder bereits eingetretener Verwahrlosung der Klägerin erforderlich.

5

Mit Bescheid vom 20.04.2016 übernahm der Kommunale Sozialverband Sachsen für den Zeitraum vom 02.02.2015 bis zum 31.08.2016 die entstehenden und nicht gedeckten Kosten der Betreuung und Versorgung im Pflegeheim entsprechend der durch die Pflegekasse festgestellten Pflegestufe 0 unter Annahme der vereinbarten Vergütung. Mit Bescheid vom 31.08.2016 bewilligte der nunmehr zuständig gewordene Beklagte ab 01.09.2016 die Leistungen weiter.

6

Ab dem 01.01.2017 betrug gemäß der Regelung zwischen der Beigeladenen und der Pflegekasse der Pflegesatz bei Pflegegrad 1 täglich 35,95 €, der Ausbildungsrefinanzierungsbetrag 2,09 €, die Kosten für Unterkunft 15,40 € und die Kosten für Verpflegung 8,28 €.

7

Am 15.02.2017 erstattete der MDK ein weiteres Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit der Klägerin und stufte die Klägerin ab 12.01.2017 in den Pflegegrad 1 ein. Als Diagnosen wurden genannt eine chronische obstruktive Lungenkrankheit, chronischer Schmerz, Diabetes mellitus, Zustand nach Mammakarzinom rechts sowie Asthma bronchiale. Die ermittelte Gesamtpunktezahl ergab 20. Die Pflege sei nicht in geeigneter Weise sichergestellt aufgrund einer fehlenden Pflegeperson und aufgrund drohender oder bereits eingetretener Verwahrlosung der Klägerin.

8

Mit Bescheid vom 20.02.2017 bewilligte die Pflegekasse der Klägerin einen Zuschuss i.H.v. 125 € monatlich. Zusätzlich könne die Klägerin Leistungen zur Betreuung und Aktivierung in ihrer Pflegeeinrichtung in Anspruch nehmen. Den Vergütungszuschlag für die Betreuung und Aktivierung zahle die Pflegekasse ab Februar 2017 direkt an das Pflegeheim. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

9

Mit Bescheid vom 23.03.2017 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung mit Wirkung ab 01.05.2017 auf und führte zur Begründung aus, entsprechend dem Bescheid der Pflegekasse vom 20.02.2017 erreiche die Klägerin ab dem 12.01.2017 den Pflegegrad 1. Das Dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III) vom 23.12.2016 sei am 01.01.2017 mit der Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes und eines neuen Begutachtungsassessments mit neuen Leistungsbeträgen in Kraft getreten. Hierdurch sei eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten. Gemäß § 138 SGB XII erfolge vorerst von Amts wegen bis zum Abschluss des Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung eines Pflegegrades im Sinne des § 62 SGB XII die Weitergewährung der Leistungen der Hilfe zur Pflege über den 31.12.2016 hinaus. Die der Klägerin bisher gewährten Leistungen erforderten seit dem 01.01.2017 das Vorliegen eines Pflegegrades 2, 3, 4 oder 5. Daher erfülle die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr. Die Leistungsgewährung sei daher für die Zukunft aufzuheben. Für die Vergangenheit regele § 138 SGB XII, dass die seit dem 01.01.2017 gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege nicht zu erstatten seien.

10

Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2017 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 könnten nur noch die im Gesetz ab 01.01.2017 vorgesehenen Leistungen erbracht werden. Die Beklagte als Sozialhilfeträger sei an die Feststellungen der Pflegekasse über den Pflegegrad gebunden. Die Klägerin habe deshalb keinen Anspruch mehr auf Hilfe zur Pflege in der stationären Einrichtung. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für körperbezogene pflegerische Verrichtungen ergebe sich auch nicht aus § 73 SGB XII. Diese Vorschrift sehe die Möglichkeit der Leistungsgewährung in sonstigen Lebenslagen vor. Eine sonstige Lebenslage sei immer dann gegeben, wenn die bedarfsauslösende Lebenslage weder innerhalb des SGB XII in den Kapiteln Drei bis Neun bzw. den sonstigen Hilfen in anderen Lebenslagen, noch in anderen Bereichen des Sozialrechts geregelt werde und sie ihre atypische Art nach geeignet sei, zur Sicherung der Ziele der Sozialhilfe eine Bedarfsdeckung unter Einsatz öffentlicher Mittel zu rechtfertigen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, denn die Leistungen der Hilfe zur Pflege seien im Kapitel Sieben des SGB XII sowie auch im SGB XI abschließend geregelt. Darüber hinaus liege auch keine atypische Lebenslage vor, denn in der Situation, dass geringe körperliche Einschränkungen vorliegen, welche noch keinen Anspruch auf einen Pflegegrad begründeten, befänden sich viele ältere, kranke oder behinderte Menschen. Soweit der Klägerin ein Erfordernis der stationären Versorgung bescheinigt worden sei, seien Kosten dieser Versorgung mit Ausnahme der nicht mehr zu beanspruchenden Aufwendungen für die Pflege als Bedarf anzuerkennen. Ausweislich der Entgeltaufstellung der Pflegekasse für die stationäre Einrichtung würden die täglichen Sätze für Unterkunft 15,40 € und für Verpflegung 8,28 € betragen. Für die Abrechnung voller Monate würden einheitlich 30,42 Tage gelten. Hieraus resultiere ein monatlicher Vergütungsanspruch i.H.v. 720,35 €. Unter Hinzurechnung des Barbetrages von 110,43 € ergebe sich ein Gesamtbedarf von 830,78 €. Nach Abzug beider Renteneinkommen verbleibe in vollen Monaten ein ungedeckter Bedarf i.H.v. 119,48 €, welchen die Klägerin ab Mai 2017 beanspruchen könne.

11

Hiergegen richtet sich die am 28.08.2017 beim Sozialgericht Koblenz eingegangene Klage.

12

Mit Bescheid vom 20.12.2017 hat die Pflegekasse bei der Klägerin ab 01.11.2017 die Voraussetzungen für den Pflegegrad 3 festgestellt und Leistungen zur stationären Pflege i.H.v. 1.262 € monatlich bewilligt. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die Klägerin ab dem 01.11.2017 Leistungen der Sozialhilfe erhalten könne, soweit die Leistungen der Pflegekasse zur Deckung des laufenden Bedarfs aus Heimkosten zuzüglich Barbetrag nicht ausreichen sollten. Die konkrete Anspruchsermittlung sei noch nicht abgeschlossen.

13

Die Klägerin trägt vor, die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) lägen nicht vor, denn es sei keine wesentliche Änderung der Sachlage eingetreten. Sie sei bereits im August 2016 nicht berechtigt gewesen, Leistungen zur vollstationären Pflege nach dem SGB XI zu erhalten, dies habe sich auch seit dem 01.01.2017 nicht verändert. Gleichwohl sei bereits im August 2016 die Erforderlichkeit einer vollstationären Versorgung bejaht worden, ebenso für die Zeit ab dem 01.01.2017. Es liege auch keine wesentliche Änderung der Rechtslage vor. Bereits nach den Vorschriften des SGB XII bis zum 31.12.2016 habe sie keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII gehabt. Das gleiche gelte für die Regelungen seit dem 01.01.2017. Vielmehr sei man seinerzeit von einer Einzelfallentscheidung ausgegangen, eine Anspruchsgrundlage habe die Beklagte nicht angegeben. Eine Anspruchsgrundlage habe sich bereits im Jahr 2016 entweder als „Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten“ nach §§ 67 ff. SGB XII oder als „Hilfe in sonstigen Lebenslagen“ nach § 73 SGB XII ergeben. Auch im Jahr 2017 bestehe nach diesen Vorschriften ein Leistungsanspruch. Der Wechsel von Pflegestufen zu Pflegegraden zur Jahreswende 2016/2017 habe für die vorliegend zu entscheidende Streitigkeit keine Veränderung gebracht. Das PSG III habe letztlich allein eine Änderung bei den anspruchsbegründenden Teilen für Leistungen nach dem SGB XI – nicht nach SGB XII – geregelt. Die anspruchsausfüllenden Leistungen des SGB XI – und damit letztlich auch des SGB XII – seien hingegen nicht geändert worden.

14

Die Klägerin beantragt,

15

den Bescheid vom 23.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie hält ihre Entscheidungen für rechtmäßig.

19

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

20

Sie hat mitgeteilt, für den Zeitraum vom 01.05.2017 bis zum 31.10.2017 bestünden noch offene Heimkostenrechnungen i.H.v. 4.165,89 €. Aus den vorgelegten Übersichten ergibt sich, dass für den Zeitraum vom 01.05.2017 bis 30.10.2017 noch ein Einzelzimmerzuschlag i.H.v. 180,42 € offen steht und ein Betrag i.H.v. 3.985,47 € für die Heimkosten. Der Beklagte hat tatsächlich letztmalig zum 01.07.2017 Heimkosten in der bisherigen Höhe gezahlt.

21

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstand zu Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 23.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben.

23

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung muss im Vergleich zur Rechts- und Sachlage bei Erlass des Ursprungsverwaltungsaktes vorliegen. “Wesentlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang „rechtserheblich“; vorausgesetzt wird also eine solche Änderung, die zur Folge hat, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt (so) nicht hätte erlassen dürfen, etwa weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell-rechtlich nicht mehr besteht (Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Randnr. 13 mit weiteren Nachweisen).

24

Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 31.08.2016 war rechtmäßig. Der Beklagte hat seinerzeit der Klägerin entsprechend der damals geltenden Rechtslage Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung gewährt, obwohl bei der Klägerin keine Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung festgestellt worden war (so genannte Pflegestufe 0). Trotzdem konnte nach § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung Hilfe zur Pflege auch an Personen mit der Pflegestufe 0 gewährt werden; für Leistungen für eine stationäre Einrichtung galt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich war, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar waren oder nicht ausreichten. Dies traf auf die seinerzeitige Lebenssituation der Klägerin zu, wie sich aus den Gutachten des MDK ergibt. Die Klägerin hatte keine private Pflegeperson und es lag eine drohende oder bereits eingetretene Verwahrlosung vor, die die Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes begründete.

25

Durch das PSG III wurden sowohl die Vorschriften des SGB XI wie auch die des SGB XII zum 01.01.2017 in wesentlichen Teilen geändert. Statt dreier Pflegestufen werden Pflegebedürftige nunmehr in fünf Pflegegrade eingestuft. Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen haben nach § 43 Abs. 1 SGB XI nunmehr Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 erhalten bei vollstationärer Pflege gemäß § 43 Abs. 3 SGB XI für die in Abs. 2 S. 1 genannten Aufwendungen lediglich einen Zuschuss i.H.v. 125 € monatlich. Entsprechend regelt § 63 Abs. 1 SGB XII, dass einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen nach §§ 61 ff. SGB XII Pflegebedürftige der Pflegegrades 2, 3, 4 oder 5 haben, während für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 nach § 63 Abs. 2 SGB XII lediglich Pflegehilfsmittel nach § 64d SGB XII, Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes nach § 64e SGB XII und ein Entlastungsbetrag nach § 66 SGB XII vorgesehen sind. Im Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 18/9518) wurde hierzu ausgeführt, dass darüber hinausgehende Leistungen für Personen des Pflegegrades 1 explizit ausgeschlossen werden. Dem Umfang nach sei die neue Leistung nicht mit dem Umfang der Leistungen der bisherigen Stufe 0 vergleichbar (BT-Drucksache 18/9518 S. 49). Die im neuen § 63 SGB XII genannten Leistungen für Pflegebedürftige, die im Rahmen der Hilfe zur Pflege durch die Träger der Sozialhilfe erbracht würden, richte sich nach der Besonderheit des Einzelfalles (§ 9 SGB XII). Die Vorschrift übertrage im Wesentlichen inhaltsgleich den bisherigen § 61 Abs. 2 SGB XII. Der Leistungskatalog des § 63 SGB XII sei abschließend; unberührt blieben weitere Leistungen nach anderen Vorschriften des SGB XII (BT-Drucksache 18/9518 S. 88). Aufgrund der nur geringen Ausprägung der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten erhielten Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 nur eingeschränkte Leistungen entsprechend dem Leistungskatalog des Abs. 2. Mit diesen Leistungen werde der notwendige pflegerische Bedarf nach den Vorschriften zur Pflege umfassend abgedeckt. Darüber hinaus hätten Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 daher keinen Anspruch auf weitere Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Unberücksichtigt blieben Leistungen nach anderen Vorschriften des SGB XII wie z.B. die Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes nach § 70 SGB XII, die auch Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 gewährt werden könnten ebenso wie beispielsweise Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (BT-Drucksache 18/9518 S. 89).

26

Nach der Übergangsregelung des §§ 138 SGB XII waren einer Person, die am 31.12.2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31.12.2016 geltenden Fassung hatte, die ihr am 31.12.2016 zustehenden Leistungen über den 31.12.2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a SGB XII in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. Ergab das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 01.01.2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung zu gewähren waren, geringer waren als die nach S. 1 gewährten Leistungen, so waren die nach S. 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten. Mit dieser Übergangsregelung hat der Gesetzgeber zwar bis zur Entscheidung der Pflegekasse über die Einstufung nach den neuen Pflegegraden Vertrauensschutz auf die Weitergewährung der bisher bewilligten Leistungen begründet. Die Übergangsvorschrift trifft jedoch keine Regelung für Personen, die sich bei Pflegestufe 0 bereits am 01.01.2017 in einer stationären Pflegeeinrichtung befanden und denen es nicht zumutbar war, in ein häusliches Wohnumfeld zurückzukehren. Aufgrund der eindeutigen Aussagen in der Gesetzesbegründung kann auch nicht von einer Gesetzeslücke ausgegangen werden, denn der Gesetzgeber wollte Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 grundsätzlich von Leistungen in stationären Einrichtungen sowohl nach dem SGB XI wie nach dem SGB XII ausschließen.

27

Trotzdem kann vorliegend nicht von einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des §§ 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ausgegangen werden, denn die Klägerin hatte einen Anspruch auf Weitergewährung der bewilligten stationären Leistungen gemäß § 73 SGB XII. Nach dieser Vorschrift können Leistungen der Sozialhilfe auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Hierbei handelt es sich um eine Öffnungs- und Zukunftsklausel, damit in der Praxis die Möglichkeiten der Hilfeleistungen weiter entwickelt und an künftige Entwicklungen angepasst werden können. Die Hilfe ergänzt den in § 8 SGB XII ausgewiesenen Hilfekatalog. Eine solche Regelung ist notwendig, um den Auftrag der Sozialhilfe, jedem die Menschenwürde widersprechenden Zustand zu begegnen, gerecht zu werden. Sonstige Lebenslagen liegen nur vor, wenn sich die Hilfesituation thematisch keinem Tatbestand der in § 8 SGB XII aufgeführten Hilfen zuordnen lässt. Weil mit der Vorschrift unbekannten Notlagen von einigem Gewicht begegnet werden soll, kann § 73 SGB XII keinesfalls so verstanden werden, dass schon bei Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der im SGB XII namentlich aufgeführten Hilfen die Hilfeleistung nach § 73 SGB XII zu erbringen ist (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 4. Auflage 2012, § 73 Randnr. 3f.).

28

Die Kammer braucht nicht zu entscheiden, ob bei Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1, wenn dieser erstmals nach dem 01.01.2017 festgestellt wird und nach diesem Zeitpunkt stationäre Betreuung erfolgt, aufgrund der Neuregelungen der §§ 61 ff. SGB XII die Gewährung von Hilfe zur Pflege in vollstationären Einrichtungen grundsätzlich ausgeschlossen ist und auch nicht über § 73 SGB XII ein Leistungsanspruch besteht. Jedenfalls ist aber bei Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1, welche bis zum 31.12.2016 rechtmäßig Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen bei damals bestehender Pflegestufe 0 erhalten haben, die Weitergewährung der Hilfe in der bisherigen Höhe nach § 73 SGB XII gerechtfertigt. Aus den Pflegegutachten des MDK geht hervor, dass die Klägerin sich bereits im Jahr 2015 in einem Zustand befand, der ein Verbleiben im bisherigen häuslichen Umfeld ausschloss. So wurde neben des Fehlens einer Pflegeperson eine drohende oder bereits eingetretene Verwahrlosung der Klägerin festgestellt, die einen Verbleib in der stationären Einrichtung rechtfertigte. Dies bestätigten auch die behandelnden Ärzte. Eine Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin, der im Jahr 2017 die Rückkehr in eine Wohnung und die Gewährung dortiger ambulanter Pflege gerechtfertigt hätte, ist nicht eingetreten. Daher konnte die Klägerin nur in der Einrichtung der Beigeladenen verbleiben. Diese „Besitzstandswahrung“ stellt eine „sonstige Lebenslage“ im Sinne des §§ 73 S. 1 SGB XII dar, die die Weitergewährung von Leistungen durch den beklagten Sozialhilfeträger rechtfertigte. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin in eine Wohnung mit ambulanter Betreuung hätte zurückkehren können.

29

Zwar steht die Gewährung von Leistungen nach § 73 SGB XII im Ermessen des Sozialhilfeträgers, vorliegend ist jedoch von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen, denn jede andere Ermessensausübung als die Weitergewährung der Leistungen wäre ermessensfehlerhaft gewesen. Die Leistung ist auch als Beihilfe und nicht als Darlehen zu gewähren, da eine Darlehensrückzahlung durch die Klägerin nicht möglich ist.

30

Der Rückgriff auf § 73 SGB XII entspricht auch den Vorgaben in einigen Bundesländern. So ist unter Nr. 7.1 des „Rundschreiben Pflege Nr. 01/2016 über Umsetzung des Zweiten und Dritten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II und PSG III) in der Hilfe zur Pflege zum 01.01.2017“ vom 29.12.2016 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin eine entsprechende Anwendung des § 73 SGB XII für die vorliegenden Fallgestaltungen vorgesehen. Eine ähnliche Regelung trifft die „Verwaltungsanweisung Hilfe zur Pflege“ des Landes Bremen, Stand 13.06.2017 unter Nr. 7 und Nr. 3.2.1.1 der „Arbeitshilfe zu § 138 SGB XII“ der Stadt Hamburg vom 25.07.2017.

31

In Rheinland-Pfalz haben der überörtliche und die örtlichen Sozialhilfeträger mit den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen am 12.01.2017 die „Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII als Übergangsregelung zum § 138 SGB XII sowie zum Abrechnungsverfahren analog zu § 16 des Rahmenvertrages nach § 75 SGB XI für die vollstationäre Pflege in Rheinland-Pfalz über die Berechnung und Zahlung der Heimentgelte gemäß § 87a SGB XI“ getroffen. Hiernach war die Vergütungsabrechnung in der vollstationären Pflege für den Personenkreis der Menschen mit Pflegegrad 0 oder 1 ab dem 01.01.2017 auf Grundlage des seither in der betreffenden Pflegeeinrichtung gezahlten Pflegesatzes der Pflegestufe 0 für nicht pflegebedürftige Personen bzw. den Pflegesatz für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 vorzunehmen. Diese Vereinbarung war zwar bis zum 31.05.2017 begrenzt, wurde jedoch durch einzelvertragliche Regelungen fortgeführt. Auch hieraus ergibt sich, dass der Personenkreis mit Pflegegrad 1, der sich bereits in stationärer Pflege befand, dort verbleiben sollte und die Finanzierung gesichert werden sollte.

32

Letztlich wird hierdurch auch verhindert, dass Leistungserbringer wie die Beigeladene, die bis zum 31.12.2016 bei Pflegestufe 0 rechtmäßig entsprechend der seinerzeitigen Gesetzeslage Leistungen der stationären Pflege erbracht haben, Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 weiterhin versorgen müssen, ohne von irgendeiner Stelle Kostenersatz verlangen zu können.

33

Nach alledem ist der Klage stattzugeben.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


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Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 64e Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes


Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen können gewährt werden, 1. soweit sie angemessen sind und2. durch sie a) die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert werden kann oderb) eine möglichst selbständige Lebens

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 64d Pflegehilfsmittel


(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die 1. zur Erleichterung der Pflege der Pflegebedürftigen beitragen,2. zur Linderung der Beschwerden der Pflegebedürftigen beitragen oder3. den Pflegebedürftigen eine selbstän

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Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. Soweit eine Person zugleich Leistungen nach dem Elften Buch in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung erhält, sind diese anzurechnen. Dies gilt nicht für die Zuschläge nach § 141 Absatz 2 des Elften Buches sowie für den Entlastungsbetrag nach § 45b des Elften Buches. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, geringer sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die nach Satz 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten; § 45 des Zehnten Buches bleibt unberührt. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, höher sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die Leistungen rückwirkend nach den Vorschriften des Siebten Kapitels in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren.

Die Ermittlung des Pflegegrades erfolgt durch ein Begutachtungsinstrument nach Maßgabe des § 15 des Elften Buches. Die auf Grund des § 16 des Elften Buches erlassene Verordnung sowie die auf Grund des § 17 des Elften Buches erlassenen Richtlinien der Pflegekassen finden entsprechende Anwendung.

Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. Soweit eine Person zugleich Leistungen nach dem Elften Buch in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung erhält, sind diese anzurechnen. Dies gilt nicht für die Zuschläge nach § 141 Absatz 2 des Elften Buches sowie für den Entlastungsbetrag nach § 45b des Elften Buches. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, geringer sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die nach Satz 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten; § 45 des Zehnten Buches bleibt unberührt. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, höher sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die Leistungen rückwirkend nach den Vorschriften des Siebten Kapitels in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren.

Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen.

(2) Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen übernimmt die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen Leistungsbeträge nach Satz 2 die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Der Anspruch beträgt je Kalendermonat

1.
770 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
1 262 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
1 775 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
2 005 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.
Abweichend von Satz 1 übernimmt die Pflegekasse auch Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, soweit der nach Satz 2 gewährte Leistungsbetrag die in Satz 1 genannten Aufwendungen übersteigt.

(3) Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 vollstationäre Pflege, erhalten sie für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Aufwendungen einen Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich.

(4) Bei vorübergehender Abwesenheit von Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim werden die Leistungen für vollstationäre Pflege erbracht, solange die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 Satz 5 und 6 vorliegen.

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

1.
häusliche Pflege in Form von
a)
Pflegegeld (§ 64a),
b)
häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),
c)
Verhinderungspflege (§ 64c),
d)
Pflegehilfsmitteln (§ 64d),
e)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
f)
anderen Leistungen (§ 64f),
g)
digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h)
ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k),
2.
teilstationäre Pflege (§ 64g),
3.
Kurzzeitpflege (§ 64h),
4.
einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und
5.
stationäre Pflege (§ 65).
Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

1.
Pflegehilfsmittel (§ 64d),
2.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3.
digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4.
ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k) und
5.
einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die

1.
zur Erleichterung der Pflege der Pflegebedürftigen beitragen,
2.
zur Linderung der Beschwerden der Pflegebedürftigen beitragen oder
3.
den Pflegebedürftigen eine selbständigere Lebensführung ermöglichen.
Der Anspruch umfasst die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch.

(2) Technische Pflegehilfsmittel sollen den Pflegebedürftigen in geeigneten Fällen leihweise zur Verfügung gestellt werden.

Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen können gewährt werden,

1.
soweit sie angemessen sind und
2.
durch sie
a)
die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert werden kann oder
b)
eine möglichst selbständige Lebensführung der Pflegebedürftigen wiederhergestellt werden kann.

Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden einzusetzen zur

1.
Entlastung pflegender Angehöriger oder nahestehender Pflegepersonen,
2.
Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags,
3.
Inanspruchnahme von
a)
Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 64b,
b)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes nach § 64e,
c)
anderen Leistungen nach § 64f,
d)
Leistungen zur teilstationären Pflege im Sinne des § 64g,
4.
Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten im Sinne des § 45a des Elften Buches.

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

1.
häusliche Pflege in Form von
a)
Pflegegeld (§ 64a),
b)
häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),
c)
Verhinderungspflege (§ 64c),
d)
Pflegehilfsmitteln (§ 64d),
e)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
f)
anderen Leistungen (§ 64f),
g)
digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h)
ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k),
2.
teilstationäre Pflege (§ 64g),
3.
Kurzzeitpflege (§ 64h),
4.
einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und
5.
stationäre Pflege (§ 65).
Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

1.
Pflegehilfsmittel (§ 64d),
2.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3.
digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4.
ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k) und
5.
einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

1.
häusliche Pflege in Form von
a)
Pflegegeld (§ 64a),
b)
häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),
c)
Verhinderungspflege (§ 64c),
d)
Pflegehilfsmitteln (§ 64d),
e)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
f)
anderen Leistungen (§ 64f),
g)
digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h)
ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k),
2.
teilstationäre Pflege (§ 64g),
3.
Kurzzeitpflege (§ 64h),
4.
einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und
5.
stationäre Pflege (§ 65).
Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

1.
Pflegehilfsmittel (§ 64d),
2.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3.
digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4.
ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k) und
5.
einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

(1) Personen mit eigenem Haushalt sollen Leistungen zur Weiterführung des Haushalts erhalten, wenn weder sie selbst noch, falls sie mit anderen Haushaltsangehörigen zusammenleben, die anderen Haushaltsangehörigen den Haushalt führen können und die Weiterführung des Haushalts geboten ist. Die Leistungen sollen in der Regel nur vorübergehend erbracht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Unterbringung in einer stationären Einrichtung vermieden oder aufgeschoben werden kann.

(2) Die Leistungen umfassen die persönliche Betreuung von Haushaltsangehörigen sowie die sonstige zur Weiterführung des Haushalts erforderliche Tätigkeit.

(3) Personen im Sinne des Absatzes 1 sind die angemessenen Aufwendungen für eine haushaltsführende Person zu erstatten. Es können auch angemessene Beihilfen geleistet sowie Beiträge der haushaltsführenden Person für eine angemessene Alterssicherung übernommen werden, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt ist. Ist neben oder anstelle der Weiterführung des Haushalts die Heranziehung einer besonderen Person zur Haushaltsführung erforderlich oder eine Beratung oder zeitweilige Entlastung der haushaltsführenden Person geboten, sind die angemessenen Kosten zu übernehmen.

(4) Die Leistungen können auch durch Übernahme der angemessenen Kosten für eine vorübergehende anderweitige Unterbringung von Haushaltsangehörigen erbracht werden, wenn diese Unterbringung in besonderen Fällen neben oder statt der Weiterführung des Haushalts geboten ist.

Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. Soweit eine Person zugleich Leistungen nach dem Elften Buch in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung erhält, sind diese anzurechnen. Dies gilt nicht für die Zuschläge nach § 141 Absatz 2 des Elften Buches sowie für den Entlastungsbetrag nach § 45b des Elften Buches. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, geringer sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die nach Satz 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten; § 45 des Zehnten Buches bleibt unberührt. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, höher sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die Leistungen rückwirkend nach den Vorschriften des Siebten Kapitels in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

Die Sozialhilfe umfasst:

1.
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),
2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),
3.
Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),
4.
Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),
5.
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69),
6.
Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74)
sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.

Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. Soweit eine Person zugleich Leistungen nach dem Elften Buch in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung erhält, sind diese anzurechnen. Dies gilt nicht für die Zuschläge nach § 141 Absatz 2 des Elften Buches sowie für den Entlastungsbetrag nach § 45b des Elften Buches. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, geringer sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die nach Satz 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten; § 45 des Zehnten Buches bleibt unberührt. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, höher sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die Leistungen rückwirkend nach den Vorschriften des Siebten Kapitels in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren.

(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere:

1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen,
1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen,
2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte,
3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen,
4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege,
5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim,
6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen,
7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen,
8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten,
9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können,
10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
Durch die Regelung der sächlichen Ausstattung in Satz 1 Nr. 3 werden Ansprüche der Pflegeheimbewohner nach § 33 des Fünften Buches auf Versorgung mit Hilfsmitteln weder aufgehoben noch eingeschränkt.

(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder

1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder
2.
landesweite Personalrichtwerte
zu vereinbaren. Dabei ist jeweils der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Bei der Vereinbarung der Verfahren nach Satz 1 Nr. 1 sind auch in Deutschland erprobte und bewährte internationale Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Personalrichtwerte nach Satz 1 Nr. 2 können als Bandbreiten vereinbart werden und umfassen bei teil- oder vollstationärer Pflege wenigstens
1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie
2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
Die Maßstäbe und Grundsätze nach Absatz 2 Nummer 3 sind auch daraufhin auszurichten, dass das Personal bei demselben Einrichtungsträger in verschiedenen Versorgungsbereichen flexibel eingesetzt werden kann. Dies umfasst auch Personalpools oder vergleichbare betriebliche Ausfallkonzepte auf Grundlage einer einrichtungsspezifischen Konzeption, mit denen die vertraglich vereinbarte Personalausstattung bei kurzfristigen Personalausfällen oder vorübergehend nicht besetzbaren Stellen sichergestellt wird.

(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.

(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.

(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.