Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Mai 2009 - S 4 SO 869/08

28.05.2009

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt vom Beklagten höhere Pflegegeldleistungen (Pflegestufe III).
Die am .... 2005 geborene und von ihren Eltern vertretene Klägerin leidet an frühinfantiler, schwerer spinaler Muskelatrophie (SMA) Typ I (Morbus Werdnig-Hoffmann) sowie an einem angeborenen Herzfehler. Am 04. Juli 2007 beantragten die Eltern für die Klägerin beim Beklagten Hilfe zur Pflege aus Mitteln der Sozialhilfe. Der Beklagte bewilligte zunächst mit Bescheid vom 17. Juli 2007 der Klägerin Hilfe zur Pflege im Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 31. Mai 2008 in Höhe eines monatlichen Pflegegelds ab dem Monat Juni 2007 von 205,-- EUR.
Ein vom Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit der Klägerin erstattete Dr. S., Öffentlicher Gesundheitsdienst, unter dem 08. Oktober 2007. Darin stellte Dr. S. einen Grundpflegebedarf für die Klägerin von täglich 183 Minuten fest (Körperpflege, Mehraufwand 10 min, Ernährung, Mehraufwand 118 min und Mobilität, Mehraufwand 55 min). Dr. S. empfahl dementsprechend die Zuordnung der Klägerin in Pflegestufe II. Daraufhin ersetzte der Beklagte seinen Pflegegeldbescheid vom 17. Juli 2007 durch Bescheid vom 22. Oktober 2007. Darin bewilligte er der Klägerin nunmehr für die Zeit ab dem 01. Juni 2007 rückwirkend bis zum 31. Mai 2008 ein monatliches Pflegegeld von 410,-- EUR entsprechend der Pflegestufe II.
Den dagegen von der Klägerin am 07. November 2007 erhobenen Widerspruch begründete diese wie folgt: Bei ihr liege ständige Betreuungsnotwendigkeit vor. Sie sei ein schwerstbehindertes Kind, das entsprechend Pflegestufe III pflegebedürftig sei. Es werde gebeten, über den Widerspruch baldmöglichst zu entscheiden.
Im Folgenden veranlasste der Beklagte eine gutachtliche Untersuchung der Klägerin durch den MDK. Im Gutachten vom 31. Januar 2008 wurde der tägliche Grundpflegebedarf mit 176 Minuten berechnet. Der Zeitbedarf für die tägliche Körperpflege betrage 28 min, derjenige für die Ernährung 90 min und derjenige für die Mobilität 58 min. Ferner bestehe ein nächtlicher Grundpflegebedarf im Hinblick auf Lagerung und Windelwechsel. Es werde weiter empfohlen, der Klägerin Pflegeleistungen entsprechend der Pflegestufe II zu erbringen. Längerfristig sei allerdings von einer Steigerung der grundpflegerischen Versorgung im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind auszugehen. Eine abschließende Prognoseentscheidung sei derzeit aber noch nicht möglich.
Daraufhin wies die Beklagte den gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2007 erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung hieß es, der MDK komme auch in seinem jüngsten Pflegegutachten vom 31. Januar 2008 dazu, für die Pflegebedürftigkeit der Klägerin die Pflegestufe II zu empfehlen. Dementsprechend kämen höhere Pflegegeldleistungen entsprechend der Pflegestufe III nicht in Betracht.
Am 25. Februar 2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erheben lassen.
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Zahlung von Pflegegeldleistungen nur nach Pflegestufe II entsprächen nicht dem tatsächlichen Grad ihrer Pflegebedürftigkeit. Mit einem GdB von 100 sei sie schwerbehindert. Sie leide an spinaler Muskelatrophie und bedürfe deshalb auch der ständigen Versorgung mit Pulsoxymeter und Sauerstoff. Ferner leide sie an fehlender Kopfkontrolle, könne nicht sitzen und sich auch nicht drehen. Ihre Muskelkraft sei deutlich eingeschränkt. Eigene Muskelreflexe seien beidseitig nicht auslösbar. Es bestehe daher krankheitsbedingt ein Pflegebedarf von mindestens sechs Stunden täglich, sodass die Pflegegeldleistungen entsprechend der Pflegestufe III zu gewähren seien.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr ab Antragstellung des streitgegenständlichen Bezugszeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. Juni 2008 Pflegegeldleistungen entsprechend Pflegestufe III zu gewähren.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Der Vortrag der Klägerin zur bestehenden Behinderung sei unstrittig. Ihr geltend gemachter krankheitsbedingter Pflegebedarf von mindestens sechs Stunden täglich bei mindestens fünf Stunden täglicher Grundpflege lasse sich jedoch nicht bestätigen. Die bereits vorliegenden Pflegegutachten gingen von einem deutlich niedereren Pflegeaufwand von täglich ca. nur drei Stunden aus. Ausschlaggebend für die Zuordnung einer Pflegestufe sei bei Kindern (der) gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind bestehende zusätzliche Pflegebedarf.
14 
Das erkennende Gericht hat von Amts wegen ein Pflegegutachten mit Hausbesuch veranlasst und den Pflegesachverständigen R. mit der gutachtlichen Untersuchung der Klägerin beauftragt. Mit Gutachten vom 24. Juli 2008 hat der Sachverständige eine tägliche Pflegebedürftigkeit der Klägerin für die Grundpflege in einem Umfang von 201 Minute errechnet. Dieser Grundpflegeaufwand setze sich aus einem Mehraufwand der pflegenden Person im Verhältnis zu gleichaltrigen gesunden Kinder auf täglich 31 min Körperpflege, 94 min Ernährungshilfe und 76 min Mobilitätshilfe zusammen. Es bestünden folgende Pflegediagnosen: Beeinträchtigter Gasaustausch bei der inneren Atmung, unwirksamer Atmungsvorgang, unwirksame Selbstreinigungsfunktion der Atemwege, beeinträchtigte Gehfähigkeit, beeinträchtigte körperliche Mobilität, Selbstversorgungsdefizite bei der Toilettenbenutzung, Obstipationsgefahr, Defizite bei der Körperpflege, dem sich Ein- und Auskleiden sowie bei der Nahrungsaufnahme. Die Klägerin erhalte dreimal wöchentlich häusliche Krankenpflege durch den Kinderkrankenpflegedienst Hotzenplotz aus Pforzheim. Dieser leiste in einem Zeitraum von zwei Stunden pro Einsatz Behandlungspflege (Physio- und Atemtherapie) sowie folgende Leistungen der Grundpflege: vollständige Übernahme nach Darm- bzw. Blasenentleerung (Windeln wechseln, Intimhygiene, Entsorgung), vollständige Übernahme des mundgerechten Zubereitens der Nahrung und teilweise Übernahme der Aufnahme der Nahrung. Um die Klägerin während der Einsätze nicht zu überfordern, würden zwischenzeitlich auch allgemeine Beaufsichtigungs- und Betreuungsleistungen durch den Kinderpflegedienst erbracht. Die Kinderpflegekräfte gingen mit der Klägerin auch Spazieren. Im Übrigen werde die Klägerin durch ihre Eltern gepflegt.
15 
Es lägen folgende pflegeerschwerende Faktoren vor: Kontrakturen/Einsteifung großer Gelenke/Fehlstellungen der Extremitäten sowie verrichtungsbezogene krankenspezifische Pflegemaßnahmen, die aus medizinisch pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer objektiv notwendig und im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit diesen Verrichtungen vorzunehmen seien. Zusammenfassend sei für den Beurteilungszeitraum von Schwerpflegebedürftigkeit gemäß Pflegestufe II auszugehen. Ein besonderer ständiger Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf gemäß Pflegestufe III liege aber nicht vor.
16 
Auf Antrag der Klägerin hat das Gericht ihre wahlärztliche gutachtliche Untersuchung durch den Kinder- und Jugendmediziner Dr. D. veranlasst. Im kinderneurologischen Fachgutachten vom 08. Dezember 2008 stellt Dr. D. fest, die an spinaler Muskelatrophie erkrankte Klägerin werde vor allem von ihrer Mutter, ergänzend durch den Vater, gepflegt. Des Weiteren sei ein Pflegedienst für wenige Stunden wöchentlich vor Ort. Durch den zunehmenden Verlust an Muskelkraft entwickelten sich Gelenkkontrakturen und häufig eine schwere Kyphoskoliose des Achsenskeletts. Umfangreiche medizinische und pflegerische Versorgung und therapeutische Maßnahmen seien notwendig. Besonders beeinträchtigt bei der Klägerin sei die Nahrungsaufnahme. Durch vorzeitige Ermüdung des Kauapparats sei die Klägerin nicht fähig, selbst in ausreichendem Maße Nahrung zum Mund zu führen. Hinzu kämen Verdauungsstörungen durch fehlende Bauchpresse und rasches Hochdrücken des Zwerchfells mit Atembeeinträchtigung. Die Klägerin sei auch inkontinent, bedingt durch Muskelschwäche. Die Gelenkbeweglichkeit und Gelenkstabilität sei im Bereich von Armen und Beinen schwer beeinträchtigt. Es bestünden fixierte Kontrakturen im Bereich beider Sprunggelenke. Die Muskelkraft im Bereich der unteren Extremitäten sei auf 1/6 reduziert. Im Bereich der Arme sei sie auf 1/6 bis 2/6 reduziert. Die Klägerin könne weder gehen noch stehen. Die freie Kopfkontrolle sei eingeschränkt. Zudem sei ein zunehmender Haltungsverlust des Kopfes im Verlauf der letzten Monate festzustellen. Die Klägerin könne beobachten, zuhören und wahrnehmen. Künftig werde ihr auch Schreiben theoretisch möglich sein. Sie könne komplexe Aufgaben durchführen, solange sie dafür keine Muskelkraft benötige. Bislang könne sie sich sprachlich ausreichend äußern. Es bestehe eine verkürzte Sprache und teilweise spreche sie sehr leise. Die Körperposition könne die Klägerin nicht selbständig verändern. Bzgl. der Selbstversorgung sei damit volle Abhängigkeit gegeben.
17 
In den Bereichen Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Mobilität sei die Klägerin komplett auf fremde Hilfe angewiesen. In der Familie lebten vier Kleinkinder, zwei davon seien durch spinale Muskelatrophie behindert. Nehme man die Zeitrichtwerte für die Pflege gesunder Kinder nach den Begutachtungsrichtlinien vom 21. März 1997, so müsste die Mutter der Klägerin 700 Minuten tägliche Pflegezeit bei gesunden Kindern aufbringen. Damit wären bereits 11 Stunden an Lebenszeit vergeben. Zusätzlich seien nun zwei Kinder schwerbehindert und die Familie erhoffe sich die Anerkennung von zumindest drei bis vier weiteren Pflegestunden. Die pflegerische Belastung beginne bereits nachts, da vier Kleinkinder öfters wach würden und die Mutter brauchten. Die Klägerin selbst rufe pro Nacht vier- bis sechsmal nach der Mutter. Sie müsse dann umgelagert oder gewindelt werden oder sie wolle trinken. Auch wenn sich das Bett der Klägerin direkt neben demjenigen der Mutter befinde, seien teilweise längere Verrichtungen notwendig. Die Mutter der Klägerin berichte glaubhaft, dass sie mehr als drei bis max. vier Stunden nachts grundsätzlich nicht schlafen könne und dass drei- bis viermal 20 bis 30 min nächtliche Pflege der Klägerin ihrer Normalität entsprächen. Das größte Gesundheitsproblem der Mutter der Klägerin sei zurzeit die schwere und eigene anhaltende Übermüdung. Zwischen 7 Uhr und 9 Uhr würden dann alle Kinder wach und es beginne die Pflege der Kinder. Die Nahrungsaufnahme der Kinder ziehe sich bis gegen 10 Uhr hin. Dann seien alle Kinder satt. Die Mutter der Klägerin berichte, dass es ihr teilweise erst spät in der Nacht möglich sei, wichtige Teile der Hausarbeit zu erledigen. Die Mutter der Klägerin wasche täglich zwei Maschinen Wäsche. Sie bügele abends spät. Da bislang kein Kind ihr aktiv mithelfen könne, sei der Vater erforderlich, um mit der ältesten Tochter etwas zu unternehmen, einzukaufen oder direkte pflegerische Unterstützung zu leisten. Die tatsächliche Pflegebedürftigkeit lasse sich nicht in Zeitminuten abbilden. Zahlreiche Notwendigkeiten ließen sich im Alltag nicht umsetzen. Das Kind werde beispielsweise nur einmal pro Woche gebadet, obgleich die Erkrankung tägliche Bäder als angezeigt erscheinen lasse. Im warmen Wasser empfänden muskelschwache Kinder eine große Entspannung. Sie könnten sich hier aktiv bewegen und die Verkürzungstendenz der Muskulatur lasse sich so besser aufhalten. Ebenfalls wären regelmäßige Spazierfahrten in frischer Luft günstig, seien der Familie aber aus Zeitgründen unmöglich. Auch sei eine ausreichende Ernährungsstrategie so nicht leistbar.
18 
Die Pflege der Klägerin sei durch die massive Muskelschwäche in allen Bereichen erschwert. Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI liege eindeutig vor. Er empfehle die Vergabe der Pflegestufe III. Diese Pflegestufe entspreche den üblicherweise vorgenommenen Einstufungen bei entsprechend massiv geschädigten und behinderten Kindern. Indes gelinge es einer Migrantenfamilie mit vier Kleinkindern häufig nicht, eine entsprechende Pflegestufe glaubhaft zu machen. Während Krankheiten und Behinderungen sich valide darstellen ließen und auch deren Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens und den Pflegebedarf im Allgemeinen belegbar seien, fände sich keine wissenschaftlich zuverlässige Relation zum Bedarf in Minuten und Stunden. Der Pflegebedarf in Minuten und Stunden entspringe einer individuellen Pflegekultur und orientiere sich an den Möglichkeiten des individuellen Systems. Die tatsächliche Pflegezeit in Minuten halbiere sich bezogen auf das einzelne Kind, sobald eine Familie drei statt ein Kind habe. Die Klägerin als Schwerstpflegebedürftige benötige eigentlich mehr Zeit, ebenso wie ihre behinderte Schwester und die beiden nicht behinderten Geschwister. Indes sei es der Mutter der Klägerin nicht möglich, mehr als 24 Stunden am Tag für ihre Kinder da zu sein.
19 
Alle Gutachter hätten die erhebliche Behinderung der Klägerin gesehen und erkannt. Die Symptomatik der Pflegeversicherung gebe keinen Raum, die Belastungen eines familiären Systems zu erfassen und zu verstehen. Die Vorgutachter hätten die Progredienz der Erkrankung nicht in den Vordergrund gestellt. Die Belastung der Familie werde weiter zunehmen, obgleich bereits jetzt eine erhebliche Belastung der die Pflege tragenden Mutter vorhanden sei. Die tatsächliche Pflegesituation erscheine in den Vorgutachten nur teilweise. Die Pflegezeiten für die Klägerin seien nur auf das Notwendigste beschränkt. Die beiden gesunden Kinder müssten außerdem weit zurückstehen. Zum Teil fehlten sogar für den Schulbesuch die Ressourcen in der Familie. Der Beliebigkeit der Pflegestufenzuschreibung könne aber auch durch ein kinderneurologisches Fachgutachten nicht abgeholfen werden. Die Not der Familie der Klägerin und ihrer Kinder sei groß, es gelte dringlich qualifiziert zu helfen.
20 
Die gerichtlich bestellten Sachverständigen sind in der mündlichen Verhandlung zu ihren schriftlich erstatteten Gutachten gehört und vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
21 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Behördenakten und den Inhalt der Prozessakte (S 4 SO 869/08) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage kann in der Sache keinen Erfolg haben.
23 
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat der Klägerin im vorliegend allein streitgegenständlichen Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. Juni 2008 zu Recht Pflegegeldleistungen nach Pflegestufe II erbracht. Während des fraglichen Zeitraums hat die Klägerin keinen Anspruch auf Pflegegeldleistungen entsprechend Pflegestufe III.
24 
Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege aus Mitteln der Sozialhilfe zu leisten. Die Höhe der Pflegegeldleistungen richtet sich nach § 64 SGB XII, der in seinen Absätzen 1-3 zwischen erheblich Pflegebedürftigen, Schwerpflegebedürftigen und Schwerstpflegebedürftigen unterscheidet. Erheblich pflegebedürftig ist danach, wer bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt (Pflegestufe I). Schwer pflegebedürftig ist, wer bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt (Pflegestufe II). Dem gegenüber ist schwerst pflegebedürftig, wer bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt (Pflegestufe III).
25 
Gemäß § 64 Abs. 4 SGB XII ist bei pflegebedürftigen Kindern wie der Klägerin, der in Folge Krankheit oder Behinderung gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind zusätzliche Pflegebedarf maßgeblich. Der Anspruch auf Pflegegeld setzt voraus, dass der Pflegebedürftige und die Sorgeberechtigten bei pflegebedürftigen Kindern mit dem Pflegegeld mit dessen Umfang entsprechend die Pflege in geeigneter Weise selbst sicherstellen (§ 64 Abs. 5 Satz 1 SGB XII).
26 
Die Pflegegeldleistungen entsprechend den nach § 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - definierten Pflegestufen I bis III für selbstbeschaffte Pflegehilfen regelt § 37 Abs. 1 SGB XI für Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) im fraglichen Bezugszeitraum bis Juni 2008 ein monatliches Pflegegeld von 205,-- EUR, während Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) 410,-- EUR monatlich erhalten und Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) mit 665,-- EUR Pflegegeld rechnen dürfen. Der tägliche Zeitaufwand für die Grundpflege muss für Pflegestufe I mehr als 45 Minuten, für Pflegstufe II mindestens 2 Stunden und für Pflegestufe III mindestens 4 Stunden betragen (§ 15 Abs. 3 S. 1 SGB XI, vgl. zur Zuordnung näher: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juni 2008, L 27 P 14/08, JURIS Rn. 17).
27 
An diesem Maßstab orientiert, hat der Beklagte der Klägerin im streitgegenständlichen Bezugszeitraum zu Recht Pflegegeldleistungen in Höhe von 410,-- EUR monatlich entsprechend Pflegestufe II gewährt. Denn die Klägerin ist während des fraglichen Zeitraums auf eine tägliche Grundpflege von 201 Minuten angewiesen gewesen (vgl. Pflegegutachten R. vom 24. Juli 2008). Damit beträgt der pflegerische Grundaufwand für die Klägerin drei Stunden und 21 Minuten. Für Pflegestufe III und damit für Pflegegeldleistungen in Höhe von monatlich 665,-- EUR bezogen auf den Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. Juni 2008 müssten gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI indes tägliche notwendige Grundpflegeleistungen über einen Zeitfenster von mindestens 240 Minuten = 4 Stunden erbracht werden. Davon ist die Klägerin im Bezugszeitraum bis Juni 2008 auch unter Berücksichtigung ihrer schweren gesundheitlichen Leiden, insbesondere der spinalen Muskelatrophie, mit 201 Minuten noch recht weit entfernt gewesen. Das Gericht macht sich dabei nach eigener kritischer Überprüfung die Ausführungen des Pflegesachverständigen R. im Gutachten vom 24. Juli 2008 zu eigen. Der Sachverständige R. hat das in Auftrag gegebene Gutachten entsprechend der allgemein anerkannten Pflegerichtlinien erstattet und die Pflegezeiten entsprechend der allgemeinen Standards in Minuten umgerechnet. Der wahlärztliche Gutachter Dr. D. hat sich hierzu leider außer Stande gesehen. In seinem gründlichen Gutachten vom 08. Dezember 2008 beschreibt er in erster Linie die schwierige soziale Situation der Migrantenfamilie mit vier Kleinkindern, von denen zwei schwerbehindert sind. Diese Zustandsbeschreibung von Dr. D. teilt das erkennende Gericht durchaus. Allein damit kann es nicht sein Bewenden haben. Das Gericht ist darauf angewiesen, den täglichen Aufwand für die Grundpflege der Klägerin entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 15 SGB XI minutengenau zu erfassen und hieraus entsprechende Folgerungen für die Zuordnung von Pflegestufe und Pflegegeld zu ziehen. Es mag sein, dass die Symptomatik der Pflegeversicherung keinen Raum gibt, die Belastungen des familiären Systems, zumal einer Migrantenfamilie, zu erfassen und zu verstehen. Diese grundsätzliche Kritik ist aber an den Gesetzgeber zu richten. Sie ist nicht justiziabel. Dies mag sich durch eine von der Bundesregierung für nach 2009 geplante Reform der Pflegeversicherung weg von der erforderlichen Pflegezeit und hin zu einer Förderung der Selbständigkeit des Menschen künftig ändern (vgl. z.B. FAZ.NET vom 27. Mai 2009, Pflegeversicherung, Schmidt nimmt Kurs auf neue Reform). Das Gericht ist aber für die Beurteilung des zur Entscheidung stehenden Lebenssachverhalts der Klägerin im streitgegenständlichen Bezugszeitraum an die gegenwärtige bzw. die damit identische Rechtslage im Bezugszeitraum gebunden.
28 
Die dann von Dr. D. schließlich doch mitgeteilten zeitlichen Näherungswerte für eine annähernd minutengenaue Bestimmung der täglichen Grundpflegezeit eines Kleinkindes von 5-6 Stunden bei einer Ein-Kind-Familie - so in der mündlichen Verhandlung - oder 700 Minuten (11,66 Stunden bei einer Mehrkinder-Migrantenfamilie mit zwei schwerbehinderten Kindern) - so im Gutachten -, sind für das Gericht in ihrer Pauschalität nicht plausibel. Diese Werte wirken gegriffen und sind für das Gericht so nicht rational nachvollziehbar. Sie orientieren sich vor allem nicht an den anerkannten gesetzlichen Pflegemaßstäben und verkennen vor allem, dass auch gesunde Kleinkinder einen täglichen Grundpflegebedarf - nach Angaben des Sachverständigen Rau in der mündlichen Verhandlung für ein dreijähriges gesundes Kind 138 min. täglich - haben, der keine Pflegegeldleistungen auszulösen vermag.
29 
Soweit Dr. D. darüber hinaus meint, in den Vorgutachten sei die Progredienz der Erkrankung der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt worden, ist dem deutlich zu widersprechen. Bereits im MDK-Gutachten vom 31. Januar 2008, das der Beklagte veranlasst hat, ist längerfristig von einer Steigerung bei der grundpflegerischen Versorgung der Klägerin im Vergleich zu gesunden gleichaltrigen Kindern ausgegangen worden. Auch der gerichtlich bestellte Pflegesachverständige R. hat in seinem Gutachten vom 24. Juli 2008 festgestellt, dass angesichts der schweren Verlaufsform der spinalen Muskelatrophie längerfristig Gelenkeinsteifungen der unteren Extremitäten nicht aufzuhalten sein werden. Außerdem werde die fortschreitende Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) zu zusätzlichen Problemen bei der Atmung führen. Dies könne sich in vermehrten Atemwegsinfektionen niederschlagen. Das zeigt, dass auch der Pflegesachverständige Rau sich der Progredienz der Erkrankung durchaus bewusst ist und diese in seine Überlegung zur Bestimmung von Umfang und Ausmaß der Grundpflege mit einbezogen hat. Bestätigt hat dies der Sachverständige R.in der mündlichen Verhandlung, indem er für etwa ab dem 4. Lebensjahr der Klägerin - also ab Juli 2009 - die Pflegestufe III prognostiziert hat.
30 
Auch die weitere These des Wahlgutachters Dr. D., eine sprachlich versierte Ein-Kind-Familie würde für ein vergleichbares Kind wie die Kläger die Pflegestufe III erhalten, ist spekulativ und vom Gericht nicht überprüfbar.
31 
Der Beklagte ist an die festen Vorgaben des § 64 SGB XII i. V. mit den §§ 15 ff. SGB XI gebunden. Er kann sich darüber auch nicht aus Billigkeitsabwägungen oder aus ganzheitlichen Überlegungen, wie von Dr. D. angeregt, hinwegsetzen. Ein pflichtgemäßes Ermessen hat der Gesetzgeber exekutiv insoweit ebenso wenig eingeräumt, wie er Ausnahmetatbestände für besondere Fallkonstellationen geschaffen hat.
32 
Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass die Hinnahme der Einordnung in Pflegestufe II seitens der Klägerin durch die seit dem 01. Juli 2008 zuständige Pflegekasse (AOK Mittlerer Oberrhein) überrascht. Gegen den Pflegegeldbescheid der AOK Mittlerer Oberrhein mit entsprechender Pflegestufe II für die Zeit ab 01. Juli 2008 hat die Klägerin nach Aktenlage nämlich weder Widerspruch erhoben noch einen Höherstufungsantrag gestellt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage kann in der Sache keinen Erfolg haben.
23 
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat der Klägerin im vorliegend allein streitgegenständlichen Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. Juni 2008 zu Recht Pflegegeldleistungen nach Pflegestufe II erbracht. Während des fraglichen Zeitraums hat die Klägerin keinen Anspruch auf Pflegegeldleistungen entsprechend Pflegestufe III.
24 
Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege aus Mitteln der Sozialhilfe zu leisten. Die Höhe der Pflegegeldleistungen richtet sich nach § 64 SGB XII, der in seinen Absätzen 1-3 zwischen erheblich Pflegebedürftigen, Schwerpflegebedürftigen und Schwerstpflegebedürftigen unterscheidet. Erheblich pflegebedürftig ist danach, wer bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt (Pflegestufe I). Schwer pflegebedürftig ist, wer bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt (Pflegestufe II). Dem gegenüber ist schwerst pflegebedürftig, wer bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für mehrere Verrichtungen täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt (Pflegestufe III).
25 
Gemäß § 64 Abs. 4 SGB XII ist bei pflegebedürftigen Kindern wie der Klägerin, der in Folge Krankheit oder Behinderung gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind zusätzliche Pflegebedarf maßgeblich. Der Anspruch auf Pflegegeld setzt voraus, dass der Pflegebedürftige und die Sorgeberechtigten bei pflegebedürftigen Kindern mit dem Pflegegeld mit dessen Umfang entsprechend die Pflege in geeigneter Weise selbst sicherstellen (§ 64 Abs. 5 Satz 1 SGB XII).
26 
Die Pflegegeldleistungen entsprechend den nach § 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - definierten Pflegestufen I bis III für selbstbeschaffte Pflegehilfen regelt § 37 Abs. 1 SGB XI für Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) im fraglichen Bezugszeitraum bis Juni 2008 ein monatliches Pflegegeld von 205,-- EUR, während Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) 410,-- EUR monatlich erhalten und Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) mit 665,-- EUR Pflegegeld rechnen dürfen. Der tägliche Zeitaufwand für die Grundpflege muss für Pflegestufe I mehr als 45 Minuten, für Pflegstufe II mindestens 2 Stunden und für Pflegestufe III mindestens 4 Stunden betragen (§ 15 Abs. 3 S. 1 SGB XI, vgl. zur Zuordnung näher: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juni 2008, L 27 P 14/08, JURIS Rn. 17).
27 
An diesem Maßstab orientiert, hat der Beklagte der Klägerin im streitgegenständlichen Bezugszeitraum zu Recht Pflegegeldleistungen in Höhe von 410,-- EUR monatlich entsprechend Pflegestufe II gewährt. Denn die Klägerin ist während des fraglichen Zeitraums auf eine tägliche Grundpflege von 201 Minuten angewiesen gewesen (vgl. Pflegegutachten R. vom 24. Juli 2008). Damit beträgt der pflegerische Grundaufwand für die Klägerin drei Stunden und 21 Minuten. Für Pflegestufe III und damit für Pflegegeldleistungen in Höhe von monatlich 665,-- EUR bezogen auf den Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. Juni 2008 müssten gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XI indes tägliche notwendige Grundpflegeleistungen über einen Zeitfenster von mindestens 240 Minuten = 4 Stunden erbracht werden. Davon ist die Klägerin im Bezugszeitraum bis Juni 2008 auch unter Berücksichtigung ihrer schweren gesundheitlichen Leiden, insbesondere der spinalen Muskelatrophie, mit 201 Minuten noch recht weit entfernt gewesen. Das Gericht macht sich dabei nach eigener kritischer Überprüfung die Ausführungen des Pflegesachverständigen R. im Gutachten vom 24. Juli 2008 zu eigen. Der Sachverständige R. hat das in Auftrag gegebene Gutachten entsprechend der allgemein anerkannten Pflegerichtlinien erstattet und die Pflegezeiten entsprechend der allgemeinen Standards in Minuten umgerechnet. Der wahlärztliche Gutachter Dr. D. hat sich hierzu leider außer Stande gesehen. In seinem gründlichen Gutachten vom 08. Dezember 2008 beschreibt er in erster Linie die schwierige soziale Situation der Migrantenfamilie mit vier Kleinkindern, von denen zwei schwerbehindert sind. Diese Zustandsbeschreibung von Dr. D. teilt das erkennende Gericht durchaus. Allein damit kann es nicht sein Bewenden haben. Das Gericht ist darauf angewiesen, den täglichen Aufwand für die Grundpflege der Klägerin entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 15 SGB XI minutengenau zu erfassen und hieraus entsprechende Folgerungen für die Zuordnung von Pflegestufe und Pflegegeld zu ziehen. Es mag sein, dass die Symptomatik der Pflegeversicherung keinen Raum gibt, die Belastungen des familiären Systems, zumal einer Migrantenfamilie, zu erfassen und zu verstehen. Diese grundsätzliche Kritik ist aber an den Gesetzgeber zu richten. Sie ist nicht justiziabel. Dies mag sich durch eine von der Bundesregierung für nach 2009 geplante Reform der Pflegeversicherung weg von der erforderlichen Pflegezeit und hin zu einer Förderung der Selbständigkeit des Menschen künftig ändern (vgl. z.B. FAZ.NET vom 27. Mai 2009, Pflegeversicherung, Schmidt nimmt Kurs auf neue Reform). Das Gericht ist aber für die Beurteilung des zur Entscheidung stehenden Lebenssachverhalts der Klägerin im streitgegenständlichen Bezugszeitraum an die gegenwärtige bzw. die damit identische Rechtslage im Bezugszeitraum gebunden.
28 
Die dann von Dr. D. schließlich doch mitgeteilten zeitlichen Näherungswerte für eine annähernd minutengenaue Bestimmung der täglichen Grundpflegezeit eines Kleinkindes von 5-6 Stunden bei einer Ein-Kind-Familie - so in der mündlichen Verhandlung - oder 700 Minuten (11,66 Stunden bei einer Mehrkinder-Migrantenfamilie mit zwei schwerbehinderten Kindern) - so im Gutachten -, sind für das Gericht in ihrer Pauschalität nicht plausibel. Diese Werte wirken gegriffen und sind für das Gericht so nicht rational nachvollziehbar. Sie orientieren sich vor allem nicht an den anerkannten gesetzlichen Pflegemaßstäben und verkennen vor allem, dass auch gesunde Kleinkinder einen täglichen Grundpflegebedarf - nach Angaben des Sachverständigen Rau in der mündlichen Verhandlung für ein dreijähriges gesundes Kind 138 min. täglich - haben, der keine Pflegegeldleistungen auszulösen vermag.
29 
Soweit Dr. D. darüber hinaus meint, in den Vorgutachten sei die Progredienz der Erkrankung der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt worden, ist dem deutlich zu widersprechen. Bereits im MDK-Gutachten vom 31. Januar 2008, das der Beklagte veranlasst hat, ist längerfristig von einer Steigerung bei der grundpflegerischen Versorgung der Klägerin im Vergleich zu gesunden gleichaltrigen Kindern ausgegangen worden. Auch der gerichtlich bestellte Pflegesachverständige R. hat in seinem Gutachten vom 24. Juli 2008 festgestellt, dass angesichts der schweren Verlaufsform der spinalen Muskelatrophie längerfristig Gelenkeinsteifungen der unteren Extremitäten nicht aufzuhalten sein werden. Außerdem werde die fortschreitende Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) zu zusätzlichen Problemen bei der Atmung führen. Dies könne sich in vermehrten Atemwegsinfektionen niederschlagen. Das zeigt, dass auch der Pflegesachverständige Rau sich der Progredienz der Erkrankung durchaus bewusst ist und diese in seine Überlegung zur Bestimmung von Umfang und Ausmaß der Grundpflege mit einbezogen hat. Bestätigt hat dies der Sachverständige R.in der mündlichen Verhandlung, indem er für etwa ab dem 4. Lebensjahr der Klägerin - also ab Juli 2009 - die Pflegestufe III prognostiziert hat.
30 
Auch die weitere These des Wahlgutachters Dr. D., eine sprachlich versierte Ein-Kind-Familie würde für ein vergleichbares Kind wie die Kläger die Pflegestufe III erhalten, ist spekulativ und vom Gericht nicht überprüfbar.
31 
Der Beklagte ist an die festen Vorgaben des § 64 SGB XII i. V. mit den §§ 15 ff. SGB XI gebunden. Er kann sich darüber auch nicht aus Billigkeitsabwägungen oder aus ganzheitlichen Überlegungen, wie von Dr. D. angeregt, hinwegsetzen. Ein pflichtgemäßes Ermessen hat der Gesetzgeber exekutiv insoweit ebenso wenig eingeräumt, wie er Ausnahmetatbestände für besondere Fallkonstellationen geschaffen hat.
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Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass die Hinnahme der Einordnung in Pflegestufe II seitens der Klägerin durch die seit dem 01. Juli 2008 zuständige Pflegekasse (AOK Mittlerer Oberrhein) überrascht. Gegen den Pflegegeldbescheid der AOK Mittlerer Oberrhein mit entsprechender Pflegestufe II für die Zeit ab 01. Juli 2008 hat die Klägerin nach Aktenlage nämlich weder Widerspruch erhoben noch einen Höherstufungsantrag gestellt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Mai 2009 - S 4 SO 869/08

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Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Mai 2009 - S 4 SO 869/08 zitiert 7 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 15 Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument


(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments er

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 37 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen


(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen P

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 64 Vorrang


Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

Referenzen

Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat

1.
316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.

(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.

(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben in folgenden Intervallen eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen:

1.
bei den Pflegegraden 2 und 3 halbjährlich einmal,
2.
bei den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich einmal.
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen. Auf Wunsch der pflegebedürftigen Person erfolgt im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis einschließlich 30. Juni 2024 jede zweite Beratung abweichend von den Sätzen 1 bis 3 per Videokonferenz. Bei der Durchführung der Videokonferenz sind die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden einzuhalten. Die erstmalige Beratung nach den Sätzen 1 bis 3 hat in der eigenen Häuslichkeit zu erfolgen.

(3a) Die Beratung nach Absatz 3 dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.

(3b) Die Beratung nach Absatz 3 kann durchgeführt werden durch

1.
einen zugelassenen Pflegedienst,
2.
eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder
3.
eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft, sofern die Durchführung der Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann.

(3c) Die Vergütung für die Beratung nach Absatz 3 ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von dem zuständigen Beihilfeträger. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach den Sätzen 2 und 4 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.

(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens

1.
zu Beratungsstandards,
2.
zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie
3.
zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall.
Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend.

(5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.

(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.

(7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 bis 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.

(8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.

(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat

1.
316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.

(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.

(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben in folgenden Intervallen eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen:

1.
bei den Pflegegraden 2 und 3 halbjährlich einmal,
2.
bei den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich einmal.
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen. Auf Wunsch der pflegebedürftigen Person erfolgt im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis einschließlich 30. Juni 2024 jede zweite Beratung abweichend von den Sätzen 1 bis 3 per Videokonferenz. Bei der Durchführung der Videokonferenz sind die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden einzuhalten. Die erstmalige Beratung nach den Sätzen 1 bis 3 hat in der eigenen Häuslichkeit zu erfolgen.

(3a) Die Beratung nach Absatz 3 dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.

(3b) Die Beratung nach Absatz 3 kann durchgeführt werden durch

1.
einen zugelassenen Pflegedienst,
2.
eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder
3.
eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft, sofern die Durchführung der Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann.

(3c) Die Vergütung für die Beratung nach Absatz 3 ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von dem zuständigen Beihilfeträger. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach den Sätzen 2 und 4 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.

(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens

1.
zu Beratungsstandards,
2.
zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie
3.
zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall.
Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend.

(5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.

(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.

(7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 bis 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.

(8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.

(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.