Sozialgericht Duisburg Urteil, 22. Okt. 2013 - S 15 KN 562/12 P
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Streitig sind Leistungen nach der Pflegestufe I.
3Der am 07.11.19xx geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Er leidet im Wesentlichen an degenerativen HWS- und LWS-Schäden, Schmerzsyndrom nach Oberschenkelhalsfraktur im Mai 2012, COPD und Polyneuropathie.
4Am 03.02.2012 beantragte er Leistungen aus der Pflegeversicherung.
5Die Beklagte liess ihn daraufhin durch den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 10.05.2012 stellte der SMD einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 39 Minuten täglich fest, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 18.05.2012 den Antrag ablehnte.
6Hiergegen erhob der Kläger am 04.06.2012 Widerspruch, welchen er im wesentlichen damit begründete, dass der Hilfebedarf deutlich höher sei als vom SMD ermittelt.
7Die Beklagte veranlasste eine weitere SMD-Begutachtung. In seinem Gutachten vom 10.09.2012 stellte der SMD einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 32 Minuten täglich fest.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Hilfebedarf von mindestens 46 Minuten täglich bei der Grundpflege bestehe nach den Feststellungen des SMD nicht, sodass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht gegeben seien.
9Hiergegen hat der Kläger am 17.12.2012 Klage erhoben, die im wesentlichen damit begründet wird, dass der Hilfebedarf bei der Grundpflege deutlich höher sei und der Pflegestufe I entspreche.
10Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2012 zu verurteilen, ihm ab dem 03.02.2012 Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.
12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hält den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf das Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme weiterhin für rechtmäßig.
15Das Gericht hat zunächst einen Befundbericht des behandelnden Arztes des Klägers eingeholt. Sodann hat das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. R. vom 17.05.2013.
16Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakten des Klägers Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung gewesen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu schriftsätzlich ihr Einverständnis erklärt haben.
20Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
21Die Beklagte hat zu recht die Bewilligung von Leistungen aus der Pflegeversicherung abgelehnt.
22Nach § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 11. Buch (SGB XI) sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die Abs. 4 der Vorschrift in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt.
23Gemäß § 15 Abs. 1 Ziffer 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I zuzuordnen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens 1 mal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Für Leistungen nach der Pflegestufe I ist es erforderlich, dass der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen in der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, im Tagesdurchschnitt mindestens 1 ½ Stunden beträgt, wobei der grundpflegerische Aufwand mit mindestens 46 Minuten gegenüber dem hauswirtschaftlichen Aufwand im Vordergrund stehen muss.
24Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme besteht bei dem Kläger kein Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 46 Minuten täglich.
25Der gerichtliche Sachverständige Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 17.05.2013 einen Hilfebedarf des Klägers bei den Verrichtungen der Grundpflege von insgesamt 28 Minuten täglich festgestellt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Darstellung des Hilfebedarfs des Klägers bei den einzelnen Verrichtungen der Grundpflege durch Dr. R. in seinem Gutachten vom 17.05.2013 Bezug genommen.
26Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht ein umfassender Hilfebedarf von mindestens 45 Minuten täglich in Form der Höchstpauschalzeit.
27Ein darüber hinausgehender Hilfebedarf konnte von dem gerichtlichen Sachverständigen nicht festgestellt werden.
28Das Gericht hat keinen Anlass, an den Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln und schließt sich dessen Einschätzung des Hilfebedarfs des Klägers an. Der Sachverständige hat den Kläger nach ausführlicher Anamnese gründlich untersucht sowie alle vorliegenden Befunde in die Bewertung des Hilfebedarfs mit einbezogen. Der Sachverständige verfügt insbesondere im Bereich der Pflegeversicherung über spezialisierte Kenntnisse, welche ihn im besonderen Maße befähigen, die entsprechenden Einstufungen unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und der Begutachtungs-Richtlinien zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit sachgerecht vorzunehmen.
29Dies schließt nicht aus, dass sich der Hilfebedarf des Klägers unter häuslichen Bedingungen zuweilen höher darstellen mag, als in dem von Amts wegen eingeholten Gutachten zum Ausdruck kommt. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass dem Kläger in seinem häuslichen Umfeld aufgrund enger persönlicher Verbundenheit und Fürsorge sicherlich mehr an Hilfe und Betreuung zuteil wird, als nach den strengen Kriterien des Pflegeversicherungsgesetzes an Pflegezeit anrechenbar ist. Unter Berücksichtigung der Maßgaben des Pflegeversicherungsgesetzes hat es jedoch für die Entscheidung des Gerichts bei den von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen zur Pflegezeit zu verbleiben.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.