Sozialgericht Augsburg Beschluss, 30. März 2016 - S 8 AS 312/16 ER

30.03.2016

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilt, den Antragstellerinnen die mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit einem monatlichen Abzug von 40 EUR weiterhin zu erbringen.

2. Im Übrigen wird der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.

3. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen (Ast) begehren im Wege der einstweiligen Anordnung weiterhin laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).

Die 1982 geborene Antragstellerin zu 1 (Ast 1) wohnt zusammen mit ihrer 2010 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 2 (Ast 2). Beide sind deutsche Staatsangehörige und beziehen seit längerem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner (Ag). Zuletzt wurden den Ast mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2016 in Höhe von 912,40 EUR für April und von 919 EUR für Mai und Juni 2016 bewilligt. Dabei wurde für die Ast 1 ein Mehrbedarf für Alleinerziehende sowie bei der Ast 2 Kindergeld von 190 EUR monatlich und Unterhaltsvorschussleistungen von 145 EUR monatlich berücksichtigt.

Mitte März teilte die Ast 1 dem Ag mit, dass ihr 1987 geborener Ehemann, ein US-amerikanischer Staatsangehöriger und Vater der Ast 2, der Mitglied der amerikanischen Streitkräfte (gewesen) sein soll, bei ihnen eingezogen sei.

Die Ast wurden sodann vom Ag aufgefordert, ab April 2016 einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen. Außerdem wurde ihnen mitgeteilt, dass die Leistungen ab April 2016 vorläufig eingestellt werden. Bei einer Vorsprache am 22. März 2016 sind vom Ag zudem verschiedenen Unterlagen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen angefordert worden, die noch nicht vorgelegt wurden.

Ebenfalls am 22. März 2016 hat sich die Ast 1 an das Sozialgericht Augsburg gewandt und für sich und die Ast 2 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Ursprünglich seien ihnen Leistungen bis Juni 2016 bewilligt worden. Diese seien nun entzogen worden. Die Entscheidung über die Weiterbewilligung der Leistungen solle vier bis sechs Wochen dauern. Sie habe kein Geld und keine finanziellen Reserven und müsse den Lebensunterhalt für sich und ihren Mann bestreiten. Zudem sei die Miete fällig.

Für die Antragstellerin wird beantragt (sinngemäß):

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen.

Für den Antragsgegner wird beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die angeforderten Unterlagen seien zur Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehemanns der Ast 1 notwendig und lägen bisher nicht vor. Ohne die Unterlagen könne keine Entscheidung bezüglich eines Leistungsanspruchs ab April 2016 getroffen werden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren der Ast nach einstweiliger Weiterzahlung der bereits bewilligten Leistungen. Für den Ehemann der Ast 1 ist kein Antrag gestellt worden, weder ausdrücklich noch so, dass dies aus dem Vorbringen zu schließen wäre. Dass die mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 bis einschließlich Juni 2016 bewilligten Leistungen so weiter erbracht werden sollen, entnimmt das Gericht der Antragsbegründung, zumal dieses Begehren auch interessengerecht ist.

Der so verstandene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig.

Zugunsten der Ast geht das Gericht davon aus, dass für die Ast 2 wirksam einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden konnte. Im Hinblick auf die Regelung des § 1629 Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nimmt das Gericht an, dass - jedenfalls für das vorliegende Verfahren - die Ast 1 ihre Tochter alleine vertreten kann.

Ferner handelt es sich nicht um einen Fall des § 86b Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), also einen Fall, in dem Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben und in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft wäre. Die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II, § 331 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) stellt keinen Verwaltungsakt im Sinn des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) dar. Denn dabei wird gerade kein Bescheid erteilt und der Betroffene kann sich gegen die einstweilige Zahlungseinstellung mittels isolierter Leistungsklage wenden (vgl. BayLSG, Beschluss vom 15. Juli 2015, L 11 AS 353/15 B ER).

Der Antrag hat in der Sache zum größten Teil Erfolg.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Anspruchs, den sogenannten Anordnungsanspruch, sowie die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist somit, dass dem Antragsteller ohne eine entsprechende Regelung schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage ist. Eine solche Eilbedürftigkeit liegt nur dann vor, wenn dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann (Anordnungsgrund) und wenn ihm aufgrund der glaubhaft gemachten Tatsachen bei summarischer Prüfung der Rechtslage ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Handlung bzw. Unterlassung zusteht (Anordnungsanspruch). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, sondern es besteht zwischen ihnen eine Wechselbeziehung in dem Sinne, dass sich die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit und Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) verringern und umgekehrt. Denn Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (vgl. HessLSG, Beschluss vom 27. März 2009, L 3 U 271/08 B ER).

Nach diesen Maßstäben liegen Anordnungsanspruch und -grund vor und es ist eine einstweilige Regelung gerechtfertigt.

Ein Anordnungsanspruch ergibt sich aus der Leistungsbewilligung an die Ast mit Bescheid vom 17. Dezember 2015. Diese reicht noch bis Juni 2016 und ist nicht aufgehoben oder abgeändert worden.

Für das Gericht ist es wenigstens offen, eher fraglich, ob die Voraussetzungen für die vom Ag vorgenommene einstweilige Zahlungseinstellung gegeben sind. Derzeit ist es lediglich so, dass unklar ist, ob und über welches Einkommen und Vermögen der Ehemann des Ast 1 verfügt. Eine noch offene Situation stellt aber keine Tatsachen dar, welche zu einem geringeren Leistungsanspruch führen. Es ist eben noch nicht nachgewiesen oder zumindest wahrscheinlich, dass die Bedürftigkeit der Ast im Sinn des SGB II ganz oder zum Teil entfallen ist. Das wird vielmehr weiter zu ermitteln sein. Dass die Ast 2 bislang Unterhaltsvorschussleistungen bezogen hat, kann auch so gedeutet werden, dass ihr Vater unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig war. Das wiederum würde gegen relevante Mittel zur Verringerung der Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft sprechen.

Im Rahmen des summarischen Verfahrens ist weiter nicht anzunehmen, dass Leistungen an die Ast aufgrund von Art. 13 Abs. 1 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (NATO-TrStatZAbk, Gesetz vom 18. August 1961, BGBl. II, S. 1183) ausgeschlossen sind. Zum einen geht das Gericht davon aus, dass der Ehemann der Ast 1 seit der Übersiedlung nach Deutschland nicht mehr Mitglied der amerikanischen Streitkräfte ist. Zum anderen hat der Ag den Ast als Angehörigen auch bislang trotzdem Leistungen bewilligt.

Der Anordnungsgrund ist ebenfalls zu bejahen, da es sich um existenzsichernde Leistungen handelt und den Ast außer dem Kindergeld und - soweit noch geleistet - dem Unterhaltsvorschuss aktuell keine Einnahmen zur Verfügung stehen.

Sein Regelungsermessen gemäß § 86b Abs. 2 SGG übt das Gericht dahin aus, dass der Ag verurteilt wird, die mit Bescheid vom17. Dezember 2015 bewilligten Leistungen vorläufig weiterhin zu erbringen. Allerdings erscheint ein Abschlag von 40 EUR monatlich angezeigt, weil nach dem Einzug des Ehemanns der Ast 1 die Unterkunftskosten nunmehr zu dritteln sind. Der Wegfall des Mehrbedarfs für Alleinerziehende wird durch den zu erwartenden Wegfall der Unterhaltsvorschussleistungen aufgewogen. Ein weiterer Abschlag ist nicht angezeigt, weil zumindest nach dem Vortrag der Ast 1 diese auch für ihren Mann aufkommen muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

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(1) Die Agentur für Arbeit kann die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen und wenn der Beschei

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen und wenn der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Soweit die Kenntnis nicht auf Angaben der Person beruht, die die laufende Leistung erhält, sind ihr unverzüglich die vorläufige Einstellung der Leistung sowie die dafür maßgeblichen Gründe mitzuteilen, und es ist ihr Gelegenheit zu geben, sich zu äußern.

(2) Die Agentur für Arbeit hat eine vorläufig eingestellte laufende Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.