Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 23. Dez. 2015 - 2 UF 163/15


Gericht
Gründe
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1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Verbundbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rockenhausen vom 2. November 2015 in seiner Ziffer 2. aufgehoben und das Verfahren insoweit zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Familiengericht zurückverwiesen.
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Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung und Zurückverweisung der Entscheidung über den angefochtenen Versorgungsausgleich führt.
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Bei seiner Entscheidung, der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich bei der Scheidung finde gemäß § 19 Abs. 3 VersAusglG wegen Unbilligkeit insgesamt - als auch in Bezug auf die ausgleichsreifen Anrechte beider Ehegatten bei inländischen Versorgungsträgern - nicht statt, weil der Antragsteller über nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG nicht ausgleichsreife Anrechte bei einem ausländischen Versorgungsträger verfüge, hat das Familiengericht den Sinn und Zweck der Vorschrift verkannt und unter Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG die in den USA bestehenden Versorgungsanrechte des Antragstellers nicht aufgeklärt. Nach der Gesetzesbegründung entbindet § 19 Abs. 2 Satz 4 VersAusglG, wonach ausländische Anwartschaften dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleiben, das Familiengericht nicht von seiner grundsätzlichen Pflicht, diese Anrechte im Hinblick auf § 19 Abs. 3 VersAusglG aufzuklären (BT-Drs. 1610144 S. 64). Denn das Bestehen ausländischer Anrechte bewirkt nach der gesetzlichen Regelung keine generelle Ausgleichssperre in Bezug auf die sonstigen ausgleichsreifen Anrechte der Ehegatten; es führt lediglich zu einer Billigkeitsprüfung, nach der jeweils im Einzelfall festzustellen ist, inwieweit die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs für den Ehegatten unbillig ist, der - ausgleichsreife inländische - Anrechte abgeben muss und in Bezug auf die ausländischen Anrechte des anderen Ehegatten auf den deutlich schwächeren schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch verwiesen wird. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe von der Ausgleichssperre des § 19 Abs. 3 VersAusglG Gebrauch zu machen ist, kann nur entschieden werden, wenn die ausländischen Anrechte dem Grunde und - zumindest annähernd - der Höhe nach aufgeklärt worden sind. Denn nur dann kann festgestellt werden, inwieweit die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs in Bezug auf die ausgleichsreifen Anrechte unbillig ist. Ein vollumfängliches Absehen von der Durchführung des Versorgungsausgleichs in Bezug auf die inländischen Anrechte wird nur dann gerechtfertigt sein, wenn die ausländischen Anwartschaften des einen Ehegatten zumindest etwa gleich hoch sind wie die inländischen Anrechte des anderen Ehegatten (Senat Beschluss vom 22. Mai 2012 - 2 UF 19/15 Rz. 41; OLG Frankfurt Beschluss vom 21. Juli 2014 - 5 UF 149/14 Rz. 3, Zweibrücken Beschluss vom 23. November 2012 - 6 UF 60/12 Rz. 27 und Karlsruhe Beschluss vom 6. Juni 2012 - 18 UF 293/10 Rz. 24) oder wenn Bestand oder Höhe der ausländischen Anrechte auch bei Ausschöpfung der gemäß § 26 FamFG gebotenen Amtsermittlung nicht ermittelt werden kann (Borth, Versorgungsausgleich 7. Auflage Rz. 734).
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Aufgrund der Nichterfüllung der Amtsermittlungspflicht in Bezug auf die in den USA bestehenden Anrechte des Antragstellers hat das Familiengericht in der Sache noch nicht in der gebotenen Weise umfassend entschieden; die Sache ist daher gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG von Amts wegen zur Nachholung der notwendigen Ermittlungen und erneuten Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen.
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2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.200,00 € festgesetzt (§ 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG).
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3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

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Annotations
(1) Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, so findet insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) Ein Anrecht ist nicht ausgleichsreif,
- 1.
wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes, - 2.
soweit es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist, - 3.
soweit sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre, - 4.
wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht oder - 5.
wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge nach dem Ende der Ehezeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird.
(3) Hat ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Absatz 2 Nr. 4 erworben, so findet ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre.
(4) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 bleiben unberührt.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, so findet insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) Ein Anrecht ist nicht ausgleichsreif,
- 1.
wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes, - 2.
soweit es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist, - 3.
soweit sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre, - 4.
wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht oder - 5.
wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge nach dem Ende der Ehezeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird.
(3) Hat ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Absatz 2 Nr. 4 erworben, so findet ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre.
(4) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 bleiben unberührt.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.
(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.
(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1 000 Euro.
(2) In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500 Euro.
(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.