Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 30. Juli 2009 - 2 B 411/09

30.07.2009

Tenor

Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28. Juli 2009 – 2 L 638/09 – wird die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 21. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 ausgesetzt, soweit darin die Ausweisung des Antragstellers verfügt und ihm die Abschiebung angedroht wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und der Antragsgegner je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.7.2009 – 10 L 638/09 -, durch den sein Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21.8.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.6.2009 anzuordnen bzw. wiederherzustellen, zurückgewiesen wurde. Da er in der Beschwerdeschrift ausdrücklich zwar Beschwerde gegen den vorbezeichneten „Beschluss“ eingelegt, aber keinen Beschwerdeantrag gestellt hat, ist mit Blick auf das Bestimmtheitserfordernis der Antragstellung im Sinne des § 146 IV 3 VwGO davon auszugehen, dass er den erstinstanzlich gestellten Antrag wiederholt.

Die Beschwerde ist, soweit sie sich somit auch gegen die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis richtet, bereits unzulässig, das der Antragsteller diesbezüglich keine Gründe dargelegt hat, aus denen die angefochtene Entscheidung abzuändern sei (§ 146 IV 3, 4 VwGO).

Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig und begründet, da der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids hinsichtlich Ausweisungsverfügung und Abschiebungsandrohung nicht offensichtlich rechtmäßig, der Erfolg der Klage des Antragstellers jedenfalls insoweit als offen anzusehen ist. Bei dieser Sachlage ergibt die Abwägung der widerstreitenden Interessen vorliegend ein Überwiegen des privaten Interesses des Antragstellers, von den Folgen der Ausweisung vorläufig verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes.

Der Antragsteller hat seine Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass der erstinstanzliche Beschluss gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2007 – 1 C 10/07 - verstoße. Vorliegend sei ein Ausnahmefall von der Regelausweisung gegeben, so dass sich die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung ergebe. Art. 8 EMRK stehe Ausweisung und Abschiebung des Antragstellers entgegen und gebiete eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien zugunsten des Antragstellers als Integrationsmerkmale nicht nur sein langjähriger Aufenthalt in Deutschland und seine deutschen Sprachkenntnisse in Betracht zu ziehen, sondern auch seine soziale Integration. Er habe bis zu seiner Verhaftung sehr wohl Aktivitäten – wie etwa Erwerb des Hauptschulabschlusses als Nicht-Schüler, Besuch der Erweiterten Realschule in Abendform zur Erlangung des Mittleren Bildungsabschlusses - entfaltet, die auf seine soziale Integration schließen ließen. In zwei – ausführlichen - Berichten habe der Sozialdienst der JVA A-Stadt ihm positive Prognosen hinsichtlich der Vermeidung einer weiteren Straffälligkeit gestellt und in seiner Einstellung einen gefestigten Wandel festgestellt. Diese Prognosen stünden den Ausführungen des Amtsgerichts B-Stadt in seinem Urteil vom 23.11.2007 entgegen, denn aus ihnen ergebe sich, dass er im Rahmen der Resozialisierung eine Entwicklung zum Positiven durchgemacht habe. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, weshalb weiterhin eine Wiederholungsgefahr beim Antragsteller bestehen solle. Zwar sei er vor seiner Inhaftierung in erheblichem Umfang und zum Teil in laufender Bewährung strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die Inhaftierung stelle aber ausweislich der eingehend begründeten Prognosen des Sozialdienstes eine Zäsur dar. Er sei trotz seiner Straffälligkeit „faktisch zum Inländer“ geworden. Dies zeigten seine Anstrengungen zur Erlangung eines Berufsabschlusses. Angesichts des beschrittenen Weges könne sehr wohl von einer gelungenen wirtschaftlichen Integration gesprochen werden. Die Straffälligkeit könne nicht gegen die soziale Integration eingewandt werden, da der EGMR bei seinen Entscheidungen zur Frage der Rechtmäßigkeit der Ausweisung straffällig gewordener (jugendlicher) Ausländer trotz dieser Straffälligkeit immer wieder eine soziale Integration bejahe. Daher müsse die Straffälligkeit bei der Feststellung des Vorliegens einer Integration außen vor bleiben, da sonst eine soziale Integration immer verneint werden müsste. Dies würde aber der Rechtsprechung des EGMR und dem Grundgedanken des Art. 8 EMRK nicht gerecht. Sein Suizidversuch demonstriere eindeutig, wie sehr der Antragsteller sich vor einer Abschiebung in die Türkei fürchte. Zu sehen sei auch, dass er bei Begehung der Straftaten, die zur Ausweisung geführt hätten, noch nicht volljährig gewesen sei. Auf diesen Zeitpunkt komme es aber nach der Rechtsprechung des EGMR an. Außerdem könne er sich auf Art. 6 ARB 1/80 berufen, da er in der JVA eine Ausbildung durchlaufe und keine Arbeitsleistungen erbringe. Zudem komme es im Jugendstrafvollzug auf den Erziehungsgedanken an. Die Ausweisung und die „verfügte Abschiebung“ verstießen daher gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Der Antragsgegner hat die Ausweisung des Antragstellers, der keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt, sowohl auf § 54 Nr. 1 AufenthG als auch auf § 55 I, II Nr. 2 AufenthG gestützt.

Zunächst ist nach Aktenlage nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller wegen seines mit der JVA bestehenden Ausbildungsverhältnisses eine assoziationsrechtliche Rechtsposition im Sinne des Art. 6 I des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/ Türkei über die Entwicklung der Assoziation mit dem hiermit verbundenen verstärkten Abschiebungsschutz erlangt hat; es ist insoweit schon nicht ersichtlich, dass der Antragsteller eine zur Annahme der Arbeitnehmer-Eigenschaft erforderliche Gegenleistung erhält und dem regulären Arbeitsmarkt angehört. (vgl. hierzu etwa Renner/Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 4 AufenthG Rdnr. 89 ff.)

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Regelausweisung nach § 54 Nr. 1 AufenthG liegen vor, da der Antragsteller zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt wurde. Regelfälle sind solche, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleich liegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt. Diese Beurteilung stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsentscheidung dar, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. (2 BVerwG, Beschluss vom 13.11.1995 – 1 B 237/94 -, InfAuslR 1996, 103) Das Bundesverwaltungsgericht hat die Schwelle für das Vorliegen eines Ausnahmefalles von der Regelausweisung abgesenkt. Der Ausnahmefall liege bereits dann vor, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der EMRK geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten. Das Bundesverwaltungsgericht stellt darauf ab, dass nach seinen Erfahrungen der bisherige Maßstab nicht ausreiche, um in der Praxis die von Art. 6, Art. 2 I GG und Art. 8 EMRK geschützten Belange ausreichend zu schützen. (3 Kluth/ Hund/ Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, § 5 Rdnr. 114) Die Besonderheiten können sich aus dem Werdegang des Ausländers, den Umständen des die Ausweisung begründenden Verhaltens oder seinen persönlichen Verhältnissen ergeben. (4 Kluth/ Hund/ Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, § 5 Rdnr. 115) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung. (5 BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 – 1 C 45.06 -, DVBl 2008, 392)

Die Ausführungen des Antragsgegners in dem angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids tragen seine Annahme, es liege vorliegend kein Ausnahmefall vor, nicht. Im Widerspruchsbescheid ist dargelegt, dass die positive Sozialprognose der JVA A-Stadt für die gegenteilige Annahme nicht ausreichend sei. Zum einen stelle es den Regelfall dar, dass Straftäter die Strafhaft dazu nutzten, ihr Verhalten zu bessern, so dass „gute Führung in der Haft“ noch keine Atypik darstelle. Zum anderen stehe die positive Prognose des Sozialdienstes der JVA A-Stadt vom 30.6.2008 im Widerspruch zu den Ausführungen des Urteils vom „21.9.2007“ - gemeint offensichtlich: 23.11.2007 -, wonach gegen den Antragsteller wegen schädlicher Neigungen eine Jugendstrafe zu verhängen sei. Dieser sei auch bereits zuvor zu Jugendstrafen verurteilt worden und habe die Tat „in laufender Bewährung“ begangen. In diesem Verhalten zeigten sich erhebliche Mängel in der Charakterbildung, die ihn in seiner Entwicklung zu einem brauchbaren Glied der sozialen Gemeinschaft erheblich gefährdet erscheinen ließen. Diese Erziehungsmängel, die gerade auch in den vorliegenden Taten zum Ausdruck kämen, seien von einem derart gravierenden Ausmaß, dass ohne eine länger dauernde Gesamterziehung in einer Jugendstrafanstalt die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten bestehe. Ferner werde in dem Urteil auf die Vielzahl der Straftaten auch im Hinblick auf sein Alter hingewiesen. Dies zeige, dass der Antragsteller sich bereits daran gewöhnt habe, aus einer in seiner Persönlichkeit wurzelnden falschen Willensrichtung heraus in erheblicher Art und Weise gegen die bestehende Gemeinschafts- und Rechtsordnung zu verstoßen.

Zwar mag es durchaus zutreffen, dass Straftäter sich in Strafhaft um gute Führung bemühen und dies insofern nichts Atypisches darstellt. Der Antragsgegner verkennt aber, dass das Verhalten und Bemühen des Antragstellers in der Zeit der Haft darüber weit hinausgegangen sind.

Der Bericht des Sozialdienstes vom 30.6.2008 (6 Gleichlautend Bericht des Sozialdienstes vom 17.9.2008) enthält daher zwar auch Angaben betreffend die gute Führung des Antragstellers, der sich „absolut hausordnungsgemäß“ verhalte, im Haus keinerlei Probleme mache, regelmäßig seiner Arbeit nachgehe und stets bereit sei, Zusatzaufgaben zu übernehmen, sich Bediensteten gegenüber absolut korrekt verhalte, auf Anordnungen sofort reagiere, für Anweisungen jeglicher Art Verständnis zeige und seinen Mitgefangenen gegenüber immer hilfsbereit, freundlich und zuvorkommend sei. Der Bericht geht aber darüber hinaus und schildert zunächst die Entwicklung im Wohngruppenvollzug, in den er wegen der positiven Allgemeinbeurteilung habe verlegt werden können und in dem er sich gut eingelebt habe und integriert, also absolut wohngruppentauglich sei. Er sei stets bereit, in der Gruppe mitzuarbeiten und sich am Wohngruppenalltag zu beteiligen, und erledige auch anfallende Arbeiten gerne. Zu seiner beruflichen Entwicklung ist dargelegt, dass er seit November 2007 dem Arbeitseinsatz in der Schreinerei zugeteilt sei und dort inzwischen auch einen Ausbildungsvertrag erhalten habe. Auch hier werde er positiv beurteilt. Er werde als sehr motiviert und arbeitswillig gesehen, alle ihm übertragenen Aufgaben erledige er zuverlässig; hie und da bedürfe es noch der Anleitung durch die Ausbildungsleiter. Da er die Ausbildung in der JVA während der Haftzeit nicht beenden könne, sei vorgesehen, eine Anschlusslehrstelle für den Zeitpunkt der Entlassung zu finden; eine in der JVA neu installierte Nachsorge soll ihm dort unterstützend zur Seite stehen. Zur Aufarbeitung seiner insbesondere kriminellen Vergangenheit stellt der Sozialdienst, dem gegenüber der Antragsteller freundlich, höflich und gesprächsbereit sei, heraus, dass er offen über seine Tat, die Probleme im Vollzug und über seine privaten Angelegenheiten spreche, so dass ein effektives und erfolgsorientiertes Arbeiten möglich sei. Der Antragsteller sei sehr daran interessiert, am Vollzugsziel mitzuarbeiten, und erarbeite stets neue Verhaltensweisen und neue Möglichkeiten, mit verschiedenen Situationen umzugehen. Nach allem kommt der Sozialdienst in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller gute Chancen habe, die von ihm gesteckten Ziele in die Tat umzusetzen. Der Antragsteller werde zum jetzigen Zeitpunkt als ein junger Mann gesehen, der sein bisheriges Leben kritisch überdenke, sich Fehler und Defizite eingestehe und gewillt sei, seine Zukunft straffrei, sinnvoll und effektiver zu gestalten.

Auch der Bericht des Sozialdienstes der JVA vom 2.7.2009, der allerdings der Widerspruchsbehörde noch nicht vorlag, zeigt den Antragsteller bei seiner Ausbildung konstant und hoch motiviert, kritikfähig und unproblematisch im Umgang, im Wohngruppenvollzug sehr gut integriert und mit guten sozialen Fähigkeiten. Die Möglichkeiten, seine Freizeit sinnvoll – durch Freizeitangebote oder Kochen - zu gestalten, nutze er regelmäßig. Besonders anzumerken sei, dass er trotz seiner momentan sehr schwierigen Situation Geduld zeige und bereit sei, sich mit seiner Lage auseinanderzusetzen. Da ihm Ausgänge und Urlaub aufgrund des ungeklärten Status von Seiten der Ausländerbehörde nicht gewährt würden, sei er momentan der Einzige in der Wohngruppe, dem diese Vorzüge nicht zugute kämen. Bei Veranstaltungen, Angeboten und Projekten zeige er stets hohe Motivation und bringe sich engagiert und interessiert ein. Der Gefangene vermittele durchaus den Eindruck, dass die Haft ihm eine Lehre und Anstoß sei, sein Leben zu überdenken und bisherige Unzulänglichkeiten zu bearbeiten. Abschließend ist in dem Bericht festgestellt, dass er in der Lage sei, seine Taten wie auch andere bisherige Verhaltensweisen zu reflektieren und zu hinterfragen sowie neue Handlungstendenzen zu entwickeln, die ihm ein Leben ohne Straftaten ermöglichen. Demzufolge sei die Prognose hinsichtlich der Vermeidung einer weiteren Straffälligkeit positiv.

Diese Prognosen stehen keineswegs im Widerspruch zu den Ausführungen des Amtsgerichts B-Stadt vom 23.11.2007, wie der Antragsgegner meint. Zunächst ist zu sehen, dass das Amtsgericht Jugendstrafrecht auf den Antragsteller, der die Straftaten als Heranwachsender begangen hat, angewandt hat, weil er die geistige und sittliche Reife eines Erwachsenen noch nicht hatte. Es hat erhebliche Charakter- und Erziehungsmängel festgestellt, die durch „bloße Zuchtmittel oder Erziehungsmaßregeln“ nicht zu beseitigen waren. Vielmehr bedürfe es – so das Urteil – einer lang dauernden und intensiven erzieherischen Einwirkung auf den Antragsteller, um ihn an die Regeln der Gesellschaft und insbesondere an die geltende Rechtsordnung heranzuführen, ihn in seiner persönlichen und beruflichen Entwicklung zu fördern und so letztlich zu erreichen, dass er ein Leben ohne Straftaten werde führen können. „Unter Abwägung aller Umstände“ hielt das Gericht bei dem Antragsteller „eine Erhöhung der bereits verhängten Jugendstrafe auf insgesamt zwei Jahre für ausreichend, aber auch erforderlich, um dem Ausmaß der bei ihm vorhandenen Erziehungsdefizite gerecht zu werden.“ (7 Amtsgericht – Jugendschöffengericht - Saarbrücken, Urteil vom 23.11.2007, S. 35 d. amtl. Umdrucks, Bl. 152 Verwaltungsunterlagen) Das Amtsgericht hat also die Behebung der Charakter- und Erziehungsmängel nicht nur überhaupt als möglich angesehen, sondern gerade das verhängte Strafmaß dafür als ausreichend erachtet. Die über den Antragsteller erstellten Prognosen stehen daher entgegen der Meinung des Antragsgegners nicht im Widerspruch zum Urteil, weil sie – anders als die „Bestandsaufnahme“ im Urteil – positiv ausgefallen sind, sondern sie bestätigen nachdrücklich, dass die gerichtliche Einschätzung der Behebbarkeit der Mängel zutreffend war und die Erziehungsmaßnahmen – die verhängte Jugendstrafe - „gegriffen“ haben.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Antragsgegner die allgemein deutlich positive Entwicklung des Antragstellers, der in seiner Berufsausbildung zwischenzeitlich auch seine Zwischenprüfung abgelegt hat, bei der Prüfung des Vorliegens einer Ausnahme von der Regelausweisung des § 54 AufenthG nicht zutreffend bewertet hat. Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage des Antragstellers mit Blick auf Art. 8 EMRK das Vorliegen eines Ausnahmefalles von der Regelausweisung des § 54 AufenthG zu bejahen sein wird.

Bedenken bestehen auch gegen die Ausweisungsverfügung, soweit sie auf § 55 AufenthG gestützt ist. Nach § 55 I AufenthG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. In die Ermessensausübung sind insbesondere die in § 55 III AufenthG genannten Gesichtspunkte einzustellen. Vorliegend leidet die getroffene Ermessensentscheidung jedenfalls daran, dass der Antragsgegner – wie bereits dargestellt - Inhalt und Bedeutung der amtsgerichtlichen Ausführungen in Relation zu dem ihm bekannten Bericht des Sozialdienstes vom 30.6.2008 nicht vollständig zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat. Die sich daraus ergebende Fehleinschätzung der Entwicklung des Antragstellers hat zwangsläufig Auswirkungen auf den angenommenen Grad der hieraus abzuleitenden, von dem Antragsteller drohenden Wiederholungsgefahr.

Angesichts der somit nicht auszuschließenden Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers war bei der vorzunehmenden Abwägung seinem privaten Interesse am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem gegenläufigen staatlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ausweisungsverfügung – und ihr folgend der Abschiebungsandrohung – der Vorzug zu geben.

Die Beschwerde musste daher Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 I VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 II, 47, 53 III, 52 II GKG, wobei die Halbierung des Regelstreitwertes für die beiden Streitgegenstände für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren der Senatsrechtsprechung entspricht.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 30. Juli 2009 - 2 B 411/09 zitiert 8 §§.

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Referenzen

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.