Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 02. Juni 2014 - 17 A 2158/13
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 14. September 2012 wird insoweit aufgehoben, als die Gebühren für die Fleischuntersuchung die unionsrechtliche Mindestgebühr überschreiten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 6 %, der Beklagte trägt 94 % der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt den einzigen öffentlichen Schlacht- und Zerlegebetrieb im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Es werden dort Schweine mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg geschlachtet. Die nach fleischhygienerechtlichen Vorschriften vorzunehmenden amtlichen Kontrollen erfolgen durch Bedienstete des Beklagten.
3Mit Bescheid vom 14. September 2012 zog der Beklagte die Klägerin für im Monat April 2012 durchgeführte Amtshandlungen zu Gebühren in folgender Höhe heran:
4Fleischuntersuchung |
Zerlegungskontrolle |
Gesamtsumme in EUR |
||||
Anzahl der untersuchten Schweine |
Gebühr je Tier in EUR |
Summe in EUR |
Zerlegtes Fleisch in Tonnen |
Gebühr je Tonne in EUR |
Summe in EUR |
|
120.256 |
1,26 |
151.522,56 |
929,45 |
2,00 |
1.858,90 |
153.381,46 |
Der Gebührenbescheid war gestützt auf die Satzung des Kreises S. vom 27. September 2010 über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 124/2010 vom 28. September 2010 – GS 2010 –) in der Fassung der am 1. April 2012 in Kraft getretenen Zweiten Satzung des Kreises S. vom 26. Juni 2012 zur Änderung der vorgenannten Satzung (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 88/2012 vom 26. Juni 2012 – ÄndS 2012 –). Letztere sieht für die Fleischuntersuchung im öffentlichen Schlachthof der Klägerin eine Gebühr von 1,26 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg vor. Für die Zerlegungskontrolle normiert die insoweit unveränderte Ausgangssatzung eine Gebühr von 2,00 EUR je Kontrolltag je Tonne zerlegten Fleisches.
6Der Ermittlung des Gebührensatzes für die Fleischuntersuchung liegt eine auf den Schlachthof der Klägerin bezogene Kalkulation für das Jahr 2012 zugrunde. Diese beruht auf einer Hochrechnung von Kostendaten vornehmlich des Jahres 2011 und berücksichtigt zusätzlich „für das Jahr 2012 zu prognostizierende Kostenanteile“. Diese umfassen unter anderem anstehende Tariferhöhungen. In die Gesamtkosten einbezogen sind die Personal-, Sach- und Gemeinkosten für die Personalabteilung sowie für das Rechts-, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Kalkulation wird auf die entsprechenden Unterlagen Bezug genommen.
7Mit am 15. Oktober 2012 erhobener Klage wendet sich die Klägerin gegen den vorgenannten Gebührenbescheid insoweit, als die erhobenen Fleischuntersuchungsgebühren die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich der VO (EG) 882/2004 vorgesehene Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg überschreiten und Gebühren für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs erhoben werden.
8Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen:
9Die Kalkulation des Gebührensatzes genüge nicht den Vorgaben des Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004. Hiernach sei eine kostendeckende Gebührenerhebung nur möglich im Wege einer vorläufigen Pauschalgebühr, der nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums eine Spitzabrechnung zu folgen habe. Der Beklagte erhebe jedoch eine endgültige Pauschalgebühr auf unbestimmte Zeit, die auf hochgerechneten, pauschalierten und fiktiven Kostenansätzen beruhe. Diese seien im Übrigen in verschiedener Hinsicht zu beanstanden. Das gelte namentlich für die Kosten des eingesetzten Untersuchungspersonals, deren Kalkulation eine dem risikobezogenen Ansatz des Unionsrechts genügende Bedarfsanalyse vermissen lasse. Die durch die „ungewöhnlich hohen“ Krankenstände bedingten Mehrkosten seien der Klägerin nicht zurechenbar. Die Erhebung einer selbständigen Gebühr für die Zerlegungskontrolle verstoße gegen Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Wegen der Begründung der Klage im Einzelnen wird auf die Wiedergabe im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
10Die Klägerin hat beantragt,
11den Gebührenbescheid des Beklagten vom 14. September 2012 insoweit aufzuheben, als die darin nach § 1 Ziffer 1.1 der Satzung des Kreises S. über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene vom 27. September 2010 in der Fassung der Zweiten Änderungssatzung vom 26. Juni 2012 erhobenen Gebühren über die Mindestgebühr von 1,00 Euro hinausgehen und eine Gebühr für die Kontrolle von Zerlegungsbetrieben in Höhe von 1.858,90 EUR erhoben wird.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat sich bezogen auf die frühere Veranlagungszeiträume betreffenden Urteile des Verwaltungsgerichts vom 9. April 2013 in den Verfahren gleichen Rubrums 19 K 2891/09, 19 K 3819/09, 19 K 5341/10 und 19 K 3951/11 und seinen dortigen Vortrag. In jenen Verfahren hatte er im Wesentlichen ausgeführt:
15Die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Gebührensatzung finde ihre Ermächtigungsgrundlage in § 2 Abs. 3 Satz 1 GebG NRW. Das Landesrecht sei mit Unionsrecht vereinbar. Die Gebührenkalkulation habe von den wahrscheinlich entstehenden Kosten auszugehen; nicht entscheidend sei, ob sie unter optimalen Umständen tatsächlich anfielen. Das gelte beispielweise für den zu berücksichtigenden Krankenstand. Ähnlich verhalte es sich mit der Personalplanung. Insoweit sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass dem Beklagten ein Organisationsermessen zustehe, dessen Ausübung nur beschränkt einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sei. Die Personalplanung des Beklagten orientiere sich an § 9 AVV LmH. Sie berücksichtige eine Untersuchungszeit von 50 Sekunden bei Tieren ohne Veränderung sowie einen zusätzlichen Zeitaufwand von 17 Sekunden für Reinigung, Desinfektion und Messerwechsel. Hieraus ergebe sich bei einer Schlachtfrequenz von bis zu 580 Schweinen pro Stunde, dass ständig 11 Kontrolleure am Band stehen müssten; hinzu kämen 8 weitere Mitarbeiter für sonstige Tätigkeiten wie etwa erforderliche Nachuntersuchungen bei geschlachteten Schweinen mit Veränderungen. Die Erhebung gesonderter Gebühren für die Fleischuntersuchung und für die Zerlegungskontrolle entspreche der landesrechtlich vorgegebenen Gebührensystematik und verstoße nicht gegen Unionsrecht.
16Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. August 2013, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen.
17Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
18Die vom Beklagten praktizierte Methode der Vorauskalkulation des Gebührensatzes sei mit Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 nicht vereinbar. Die Vorschrift stelle – in der deutschen wie in der französischen Sprachfassung – ab auf die „während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten“ und verdeutliche damit, dass die Gebührenkalkulation nicht auf prognostisch hochgerechnete künftige Kostenbelastungen gestützt werden könne.
19Darüber hinaus verstoße die Kalkulation gegen Art. 27 Abs. 5 lit. a VO (EG) 882/2004 sowie gegen Art. 4 Abs. 9 und Art. 5 Abs. 5 lit. b VO (EG) 854/2004. Bei der Festsetzung der Gebühr für die Fleischuntersuchung seien die Art des klägerischen Unternehmens und die entsprechenden Risikofaktoren nicht berücksichtigt worden. Die für die Bestimmung von Art und Umfang der vorzunehmenden Überprüfung maßgebliche Risikobewertung habe nicht stattgefunden. Dementsprechend fehle es an einer risikobezogenen Veranschlagung des Bedarfs an amtlichem Personal für die Schlachtlinie. Der Betrieb der Klägerin erfülle schon seit Ende 2009 die Voraussetzungen für eine – im Vergleich zur konventionellen Fleischuntersuchung minder aufwändige – rein visuelle Fleischuntersuchung; diese werde vom Beklagten aber erst seit April 2013 praktiziert.
20Die in der Kalkulation angesetzten Kosten für die Personalabrechnung seien überhöht. Für die „Abrechnung“ von 37 Mitarbeitern seien 1.375,4 Stunden eingestellt worden. Demgegenüber gehe „man“ grundsätzlich davon aus, dass eine mit 169 Monatsstunden beschäftigte Kraft in der Lage sei, 450 leistungsbezogen tätige Mitarbeiter „abzurechnen“. Das entspreche einem durchschnittlichen jährlichen Zeitaufwand von 4,5 Stunden pro Mitarbeiter. Die Kalkulation lege das Achtfache dieses Wertes zugrunde.
21Der Doppelbeschäftigung von Mitarbeitern des Beklagten sowohl am Schlachthof der Klägerin als auch am Schlachthof in S. werde in Hinblick auf Urlaubs-, Feiertags- und Krankheitsvergütung nicht erkennbar Rechnung getragen.
22Der überdurchschnittlich hohe Krankenstand der Mitarbeiter des Beklagten sei der Klägerin nicht zurechenbar, da allein der Beklagte die Möglichkeit habe, mit entsprechenden personallenkenden arbeitsrechtlichen Instrumentarien Abhilfe zu schaffen.
23Die Erhebung einer selbständigen Gebühr für die Zerlegungskontrolle sei nicht vereinbar mit Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Im Übrigen verstoße ihre Bemessung gegen das Äquivalenzprinzip, da die Kosten der Zerlegungskontrolle im gesamten Kalkulationszeitraum mit lediglich 902,92 EUR angesetzt seien.
24Die Klägerin beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und den Gebührenbescheid des Beklagten vom 14. September 2012 insoweit aufzuheben, als die Gebühren für die Fleischuntersuchung die unionsrechtliche Mindestgebühr übersteigen und Gebühren für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs erhoben werden.
26Der Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Er bezieht sich auf sein zweitinstanzliches Vorbringen in den vorerwähnten Parallelverfahren, in denen er geltend macht:
29Die unionsrechtliche Zulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation sei durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2013 – 3 C 5.12 – geklärt. Aus dem risikobezogenen Ansatz des Fleischhygienerechts ließen sich keine mathematisierbaren Maßstäbe ableiten, die gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar wären. Es verbleibe vielmehr ein behördlicher Beurteilungsspielraum, dessen Einhaltung nur in Bezug auf Grenzüberschreitungen prüfbar sei. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass der Beklagte unter Beachtung des ihm zustehenden Organisationsermessens mehr Personal eingesetzt habe, als dieseine verantwortungsvolle Risikobewertung verlange. Die Entscheidung übereinen Übergang zur rein visuellen Fleischuntersuchung sei bis zum Eingang einer diesbezüglichen sachkundigen Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) zurückgestellt worden. Der Einwand gegen die Höhe der für die Personalabrechnung kalkulierten Kosten sei nicht substantiiert; der behauptete Abrechnungsschlüssel sei nicht nachgewiesen. Die weiteren Monita der Klägerin griffen aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht durch.
30Die tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 lägen nicht vor, da der Schlacht‑ und der Zerlegebetrieb der Klägerin keine Einheit bildeten und die Zerlegungskontrolle zeitlich und organisatorisch losgelöst von der Fleischuntersuchung erfolge. Im Übrigen ermögliche es das Landesrecht nicht, zwei eigenständige Gebührentatbestände zu einer Gebühr zusammenzufassen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
32Entscheidungsgründe:
33Die Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
34I. Soweit die Klage die Erhebung einer über die unionsrechtliche Mindestgebühr hinausgehenden Gebühr für die Fleischuntersuchung betrifft, hat das Verwaltungsgericht sie zu Unrecht abgewiesen. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 14. September 2012 ist in Höhe des betreffenden Teilbetrags aufzuheben. Denn insoweit ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
35Die Erhebung einer über die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich VO (EG) 882/2004 festgelegte Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg hinausgehenden Gebühr für die Fleischuntersuchung ist rechtswidrig, da es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Die in dem Gebührenbescheid insoweit zugrunde gelegte Regelung in § 1 Punkt 1.1 GS 2010 in der Fassung der Zweiten Änderungssatzung, die für Amtshandlungen nach der Tarifstelle 23.8.4.1.3 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung einen Gebührensatz von 1,26 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von 25 kg und mehr vorsieht, ist unwirksam und nichtig. Denn der Gebührensatz ist fehlerhaft ermittelt.
361. Allerdings begegnet – entgegen der Ansicht der Klägerin – die vom Beklagten praktizierte Methodik der Gebührenermittlung im Wege der Vorauskalkulation als solche keinen Bedenken. Namentlich verstößt sie nicht gegen Unionsrecht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Art. 27 VO (EG) 882/2004 – ebenso wie die Vorgängerregelung der Richtlinie 85/73/EWG – eine Festsetzung von Gebührensätzen, die auf einer Kalkulation „ex ante“ beruht, zulässt und es nicht etwa einer nachträglichen Kostenabrechnung jedes Einzelfalls bedarf. Das Unionsrecht macht den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht keine Vorgaben. Soweit Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 bestimmt, dass die Gebühren „auf der Grundlage der von den zuständigen Behörden während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten“ festgesetzt werden können, lässt sich daraus kein Verbot der Vorauskalkulation der Gebühren ableiten. Die Formulierung knüpft an den Grundsatz der Kostendeckung (Art. 27 Abs. 1 und Erwägungsgrund 32 VO
BVerwG, Urteil vom 25. April 2013 – 3 C 1.12 –, NVwZ-RR 2013, 937 = juris, Rdn. 20; ebenso als Vorinstanz: Senat, Urteil vom 16. November 2011 – 17 A 576/09 –, juris, Rdn. 34 ff.
38Die von der Klägerin an dieser Rechtsprechung geübte Kritik gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Sie meint, die Auslegung des in Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 verwendeten Begriffes der „getragenen Kosten“ durch das Bundesverwaltungsgericht überschreite die Grenze der zulässigen Wortlaut-Interpretation. Die „getragenen Kosten“ seien nicht der Ausgangspunkt einer Vorauskalkulation der Gebühren, sondern „schon nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut“ der Ausgangspunkt für ihre Festsetzung entweder als Pauschale oder gegebenenfalls entsprechend den unionsrechtlichen Mindestbeträgen. Dieses Vorbringen verfängt nicht. Es begründet nicht, warum der Wortlaut von Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 eine Gebührenvorauskalkulation ausschließen soll, sondern erschöpft sich in dem Postulat, dass dem so sei. Soweit die Klägerin die von ihr favorisierte Wortlaut-Interpretation durch Ausführungen in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Juli 2011 – Rs. C-523/09 – bestätigt sieht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Die in Bezug genommenen Ausführungen begründen die Unanwendbarkeit der in Art. 27 Abs. 4 lit. a VO (EG) 882/2004 normierten Obergrenze auf nach lit. b der Regelung festgelegte Gebühren (Randnummern 25 f.). Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation lassen sich ihnen nicht entnehmen.
392. Die der Ermittlung des Gebührensatzes für die Fleischuntersuchung zugrunde liegende Gebührenkalkulation für das Jahr 2012 ist fehlerhaft. Die angesetzten Personalkosten der nicht vollbeschäftigten amtlichen Fachassistenten und Tierärzte beruhen auf einem unzutreffend prognostizierten Personalbedarf.
40a) Die Personalbedarfsprognose ist Teil der Personalplanung. Diese fällt in den Organisationsbereich einer Körperschaft. Ihr steht insoweit ein Organisationsermessen zu, dessen Ausübung einer gerichtlichen Prüfung nur beschränkt zugänglich ist. Eine Grenze des Ermessens ergibt sich aus Art. 5 Abs. 5 lit. b Satz 1 VO (EG) 854/2004. Hiernach ist bei der Veranschlagung des Bedarfs an amtlichem Personal für die Schlachtlinie der einzelnen Schlachthöfe ein risikobezogener Ansatz zu verfolgen. Dies bedeutet, dass der Personalaufwand der jeweiligen Risikolage adäquat sein muss. Hiernach ist die von der Behörde zu treffende Risikobewertung ausschlaggebend dafür, in welcher Häufigkeit und in welchem Umfang amtliche Kontrollen durchzuführen sind. Die Annahme eines höheren Risikos bedingt einen erhöhten behördlichen Personalaufwand, weil eine intensivere Kontrolltätigkeit geboten ist; umgekehrt führt die Annahme eines geringeren Risikos zu einem entsprechend niedrigeren Personalaufwand.
41Zu Letzterem vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 – 3 C 20.11 –, NVwZ 2012, 1467 = juris, Rdn. 22.
42Dies bedeutet, dass das Ergebnis der jeweiligen Risikobewertung (zum Begriff vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. a VO
b) Der für die Untersuchungstätigkeit am Band veranschlagte Personalbedarf war im vorliegend zu beurteilenden Satzungszeitraum nicht (mehr) risikoadäquat.
44Ausweislich der Angaben in seinem Schriftsatz vom 19. März 2012 im Parallelverfahren gleichen Rubrums 19 K 3951/11 VG Gelsenkirchen (17 A 1266/13 OVG NRW) orientiert sich der Beklagte bei seiner Personalplanung an den Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung von Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs und zum Verfahren zur Prüfung von Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis (AVV Lebensmittelhygiene – AVV LmH). Diese regelt in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 eine Mindestuntersuchungszeit von 50 Sekunden für die Durchführung des in Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Teil B der VO (EG) 854/2004 beschriebenen Untersuchungsgangs bei Hausschweinen.
45Ein Festhalten an der in dieser Norm geregelten konventionellen Fleischuntersuchung war bezogen auf den in Rede stehenden Satzungszeitraum unter Risikogesichtspunkten nicht (mehr) gerechtfertigt. Denn der Betrieb der Klägerin erfüllte sämtliche Voraussetzungen für eine Umstellung auf die weniger personalaufwändige visuelle Fleischuntersuchung. Gründe, die es hätten vertretbar erscheinen lassen, hiervon gleichwohl weiterhin abzusehen, sind auch unter Berücksichtigung des dem Beklagten zustehenden Organisationsermessens nicht ersichtlich.
46Diesbezüglich nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren gleichen Rubrums 17 A 1266/13, das den Satzungszeitraum vom 1. April 2011 bis zum 31. März 2012 betrifft. Die dortigen Erwägungen gelten für den vorliegend zu beurteilenden Anschlusszeitraum erst recht. In dem Urteil heißt es:
47„Bereits unter dem 12. November 2009 hatte die Klägerin, seinerzeit noch firmierend als „C. GmbH“, beim Tierarzt des Beklagten „beantragt“, möglichst ab dem ersten Quartal 2010 von der durch Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Teil B Nr. 2 VO (EG) 854/2004 i.V.m. Anhang II Nr. 3 VO 1244/2007 eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Fleischuntersuchung unter Verzicht auf Palpation und Inzision auf eine Besichtigung der Tierkörper (visuelle Fleischuntersuchung) zu beschränken. Hierbei hatte sie sich bezogen auf ein von ihrer Muttergesellschaft erstelltes und den für die Schlachtstellen der Unternehmensgruppe zuständigen Veterinärbehörden präsentiertes Konzept zur Einführung der risikoorientierten Fleischuntersuchung.
48Zu diesem Antrag wird in einer undatierten, handschriftlich mit dem Vermerk „X/2009“ versehenen Stellungnahme des Leitenden Amtlichen Tierarztes des Beklagten betreffend die „Einführung der Risikoorientierten Fleischuntersuchung (RFU) am Schlachthof P. -F. “ festgehalten, dass „(a)lle Vorgaben der gesetzlichen Vorschriften für die RFU (EG VO 854/2004, AVV LmH und EG VO 1244/2007) erfüllt werden“. Der Stellungnahme ist ferner zu entnehmen, dass die risikoorientierte Fleischuntersuchung auf Basis des von der Muttergesellschaft der Klägerin erstellten Konzepts an einem anderen Standort des Unternehmens seit Mai 2008 durchgeführt werde. Eine diesbezügliche, unter Mitwirkung des Bundesinstituts für Risikobewertung erstellte Projektstudie sei im September 2009 abgeschlossen und den für die Schlachthöfe der Westfleisch-Gruppe zuständigen Veterinärbehörden, den zuständigen Ministerien des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen sowie dem LANUV NRW vorgestellt worden. Alle Beteiligten seien sich darin einig gewesen, dass die risikoorientierte Fleischuntersuchung unter den gegebenen Umständen in der Westfleisch-Gruppe machbar und umsetzbar sei. Die Stellungnahme spricht sich dafür aus, dass die Umstellung auf die visuelle Fleischuntersuchung in zwei Phasen, beginnend am 1. Juli 2010 bzw. 1. Juli 2011, erfolgen soll.
49Hierzu kam es allerdings in der Folgezeit zunächst nicht. Stattdessen übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 die zwischenzeitlich fortgeschriebene Stellungnahme seines Leitenden Amtlichen Tierarztes, in der dieser weiterhin von der Erfüllung aller rechtlichen Vorgaben für eine Umsetzung der risikoorientierten Fleischuntersuchung am Schlachthof der Klägerin ausgeht und den Eintritt in die erste Phase nunmehr für das erste Quartal 2011 vorschlägt, dem LANUV NRW „mit der Bitte um Zustimmung“. Dieses stellte den Vorgang indes einstweilen zurück bis zum Abschluss eines Verfahrens betreffend die Übertragung der Zulassung der C. GmbH auf die Klägerin. In einem diesbezüglichen Schreiben des LANUV NRW an den Beklagten vom 6. September 2012 heißt es, dass „danach relativ schnell geprüft und entschieden werden kann, weil (…) bei der (Klägerin) auf die bereits praktizierten Verfahren der anderen Westfleisch-Betriebe Bezug genommen werden soll und dieses ‚Standartverfahren Westfleisch‘ von mir in den anderen Betrieben akzeptiert wurde“. Tatsächlich kam dann das LANUV NRW mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 an den Beklagten „auf das Thema vFU zurück“ und teilte bereits eine Woche später mit weiterem Schreiben vom 17. Dezember 2012 mit, dass „keine grundsätzlichen Bedenken“ gegen eine visuelle Fleischuntersuchung im Betrieb der Klägerin bestünden.
50Hiervon ausgehend war nach Ansicht des Senats im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 19. Mai 2011 eine Fortschreibung des mit der konventionellen Form der Fleischuntersuchung verbundenen erhöhten Personalaufwands aus folgenden Gründen nicht mehr vertretbar:
51Zu dem genannten Zeitpunkt stand der als Anregung zu verstehende „Antrag“ der Klägerin vom 12. November 2009 auf Übergang zur visuellen Fleischuntersuchung bereits seit über anderthalb Jahren unbeschieden im Raum. Der Leitende Amtliche Tierarzt des Beklagten hatte bereits frühzeitig nach Eingang des Antrags festgestellt, dass alle rechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Änderung der Untersuchungspraxis vorlagen. Die Entscheidung hierüber lag – wie er selbst in seiner vorzitierten Stellungnahme zutreffend ausführt – „ausschließlich im Verantwortungsbereich der zuständigen Behörde (Kreisveterinäramt)“. Ein Zustimmungserfordernis seitens des LANUV NRW bestand nicht. Zwar war dem Beklagten die Einholung einer fachkundigen Einschätzung seitens des LANUV NRW unbenommen. Indes war es spätestens im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht mehr vertretbar, die in eigener Kompetenz zu treffende Entscheidung über die Einführung der visuellen Fleischuntersuchung länger zurückzustellen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Befassung des LANUV NRW durch Schreiben vom 21. Dezember 2010 bereits seit über einem Jahr vom Vorliegen aller rechtlichen Vorgaben für eine Umstellung auf die genannte Untersuchungsform ausging. Überdies war ihm bekannt, dass das LANUV NRW das – von diesem selbst so bezeichnete – „Standardverfahren Westfleisch“, dem auch das Konzept der Klägerin folgte, auf der Basis einer an einem anderen Standort der Unternehmensgruppe durchgeführten Projektstudie gebilligt hatte und dass die zuständigen Ministerien des Landes und des Bundes diese Einschätzung teilten. Vor diesem Hintergrund war aus Sicht des Beklagten davon auszugehen, dass die von ihm mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 erbetene „Zustimmung“ keinen umfänglichen Prüfungsaufwand erfordern würde. Für die Dauer des hierfür benötigten Zeitraums war eine Zurückstellung der Entscheidung über die Einführung der visuellen Fleischuntersuchung vertretbar. Dieser Zeitraum ist mit maximal drei Monaten anzusetzen; tatsächlich hat das LANUV NRW nach – erst im Dezember 2012 erfolgtem – Aufgreifen des Vorgangs sogar schon binnen Wochenfrist mitgeteilt, dass keine Bedenken bestünden. Der Zeitraum vertretbaren Zuwartens war im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 19. Mai 2011 abgelaufen. Die – letztlich fast zwei Jahre währende – Zurückstellung der Vorgangsbearbeitung durch das LANUV NRW rechtfertigte einen dementsprechend langen Entscheidungsaufschub seitens des Beklagten nicht. Dies gilt auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der im Rahmen der Fleischuntersuchung zu gewährleistenden Lebensmittelhygiene. Insoweit war dem Beklagten aufgrund des ihm vorliegenden Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. September 2010 bekannt, dass „bundesweit Konsens darüber (besteht), dass das Gesamtpaket der Maßnahmen im Rahmen der risikoorientierten Fleischuntersuchungen bereits jetzt zu einem vergleichsweise höheren Sicherheitsniveau des Lebensmittels ‚Schweinefleisch‘ nach der Tauglichkeitserklärung führt als bei der konventionellen Untersuchung“. In Anbetracht dieser seinerzeit bereits vorhanden gewesenen Erkenntnislage, die zwischenzeitlich ihren Niederschlag gefunden hat in der Etablierung der berührungslosen Fleischuntersuchung als Regelverfahren durch die VO (EU) 219/2004, waren im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 19. Mai 2011 das Festhalten an der konventionellen Untersuchungsform und die Fortschreibung des hierfür erforderlichen erhöhten Personalbedarfs trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine Änderung der Untersuchungspraxis nicht mehr vertretbar.“
523. Bei dieser Sachlage braucht über die von der Klägerin erhobenen weiteren Einwände nicht entschieden zu werden. Lediglich informatorisch merkt der Senat insoweit an:
53a) Das Monitum, der Doppelbeschäftigung von Mitarbeitern des Beklagten sowohl am Schlachthof der Klägerin als auch am Schlachthof in S. werde in Hinblick auf Urlaubs-, Feiertags- und Krankheitsvergütung nicht erkennbar Rechnung getragen, dürfte nicht verfangen. Bereits in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ausgeführt, dass die Zuordnung auf der Basis getrennter Lohnkonten und entsprechender Tagessätze erfolge. Dieses Procedere, das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend erläutert wurde, gewährleistet die erforderliche Abgrenzung und ist von der Klägerin nicht in Frage gestellt worden.
54b) Der Einwand, die in der Gebührenkalkulation angesetzten Kosten für die Personalabrechnung seien überhöht, dürfte schon nicht hinreichend substantiiert sein. Ihm liegt die Behauptung zugrunde, ein vollbeschäftigter Personalsachbearbeiter sei in der Lage, 450 Mitarbeiter „abzurechnen“. Insoweit beruft sich die Klägerin auf angebliche Erfahrungswerte ihres eigenen Unternehmens. Abgesehen davon, dass diese Erfahrungswerte in keiner Weise belegt sind, fehlt es an jedweder Darlegung zur Frage ihrer Übertragbarkeit auf die spezifischen Gegebenheiten der Personalverwaltung des Beklagten.
55c) Das Vorbringen der Klägerin, der überdurchschnittlich hohe Krankenstand der Mitarbeiter des Beklagten sei ihr nicht zurechenbar, dürfte nicht geeignet sein, die kalkulatorische Berücksichtigungsfähigkeit der entsprechenden Kosten in Frage zu stellen. Auf die Ausfallzeiten seiner Mitarbeiter hat der Beklagte nur begrenzten Einfluss. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte beschäftige seine Mitarbeiter unter Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz „regelmäßig mit einer monatlichen Arbeitszeit von über 200 Stunden“ und setze sie so „einem erheblichen Krankheitsrisiko“ aus, ist nicht näher substantiiert. Anhaltspunkte dafür, dass er ihm objektiv zu Gebote stehende Instrumentarien zur Senkung der Krankenstände ohne sachlichen Grund ungenutzt lässt, sind nicht ersichtlich.
56II. Soweit die Klage die Erhebung einer Gebühr für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs betrifft, hat das Verwaltungsgericht sie zu Recht abgewiesen. Denn insoweit ist die Klage nicht begründet. Die Gebühr für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
57Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühr ist § 1 Punkt 2.1 GS 2010. Hiernach werden für Amtshandlungen nach der Tarifstelle 23.8.4.2 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung je Kontrolltag je Tonne zerlegten Schweinefleisches 2,00 EUR erhoben.
58Die rechnerische Richtigkeit der auf dieser Grundlage vom Beklagten ermittelten Gebührenhöhe steht nicht im Streit.
591. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die Erhebung einer selbständigen Gebühr für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs nicht gegen Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Hiernach betrachtet die zuständige Behörde, wenn sie in ein und demselben Betrieb verschiedene amtliche Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen gleichzeitig durchführt, diese Kontrollen als eine einzige Maßnahme und stellt eine einzige Gebühr in Rechnung.
60a) Es spricht einiges dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
61Namentlich dürfte davon auszugehen sein, dass der Schlachtbetrieb und der Zerlegebetrieb der Klägerin im Sinne der Norm Teile ein und desselben Betriebs sind. Zwar findet sich eine Legaldefinition des Betriebsbegriffs weder in Art. 2 Satz 2 VO (EG) 882/2004 noch in den durch Satz 1 der Vorschrift in Bezug genommenen Art. 2 und 3 VO (EG) 178/2002. Es besteht jedoch kein Anlass zu der Annahme, dass der Unionsgesetzgeber durch den Verzicht auf eine Legaldefinition von dem überkommenen Verständnis des Betriebsbegriffs abrücken wollte. Dieses findet seinen Ausdruck in Art. 2 lit. k der vormals gültigen Richtlinie 64/433/EWG. Hiernach fielen unter den Begriff „Betrieb“ ein zugelassener Schlachtbetrieb, ein zugelassener Zerlegungsbetrieb, ein zugelassenes Kühl- und Gefrierhaus sowie „ein aus diesen Betrieben bestehender Gebäudekomplex“. Von der Möglichkeit einer betrieblichen Einheit von Schlacht- und Zerlegebetrieb ging auch das frühere Finanzierungsrecht aus, indem es eine Verringerung der Zerlegungsgebühr für den Fall vorsah, dass die Zerlegung in dem Betrieb stattfand, in dem das Fleisch gewonnen wurde, vgl. Anhang A Kapitel I Nr. 2 Satz 2 RL 96/43/EG. Dies galt auch dann, wenn Schlacht- und Zerlegungsbetrieb sich am selben Ort befanden, aber unterschiedlichen Personen gehörten,
62vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – Rs. C-423/01 – (Färber), Slg 2003, I-11985, Rdn. 25.
63Der Annahme einer betrieblichen Einheit stand nicht entgegen, dass Schlacht- und Zerlegebetrieb jeweils über eine eigene Zulassung verfügen,
64vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 27. Februar 2003 in der oben genannten Rechtssache, a.a.O., Rdn. 51.
65Ausgehend von diesem überkommenen Verständnis des Betriebsbegriffs, von dessen Fortgeltung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen ist, dürfte vorliegend eine Betriebseinheit gegeben sein. Hierfür spricht insbesondere, dass die Bereiche Schlachtung und Zerlegung durch ein Rohrbahnsystem verbunden und dadurch funktional aufeinander bezogen sind. Dem entspricht es, dass ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Zahlenmaterials die Anteile von zugekauftem fremdgeschlachteten Fleisch und von abverkauftem unzerlegten Fleisch sehr gering sind.
66Sowohl die Fleischuntersuchung als auch die Kontrolle des Zerlegungsbetriebes stellen amtliche Kontrollen im Sinne von Art. 2 Satz 2 Nr. 1 VO (EG) 882/2004 dar und unterfallen somit Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Das Merkmal der Gleichzeitigkeit dürfte an den Tagen der Zerlegungskontrolle erfüllt sein, da anzunehmen ist, dass auch an diesen Tagen Fleischuntersuchungen stattfinden.
67b) Die tatbestandliche Einschlägigkeit von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 zugrunde gelegt, trägt der angefochtene Gebührenbescheid den sich aus dieser Vorschrift ergebenden Anforderungen Rechnung.
68Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 sieht vor, dass die zuständige Behörde die gleichzeitig durchgeführten Kontrollen als eine einzige Maßnahme betrachtet und eine einzige Gebühr in Rechnung stellt. Die auf das „In-Rechnung-Stellen“ abhebende Formulierung legt die Annahme nahe, dass die Vorschrift im Sinne einer verwaltungstechnischen Regelung zu verstehen ist, die eine die Einzelgebühren additiv zusammenfassende einheitliche Gebührenheranziehung vorgibt. Die der Behörde aufgegebene fiktive Betrachtung der verschiedenen Kontrollen als eine einzige Maßnahme stellt sich danach als ein diese Form der Heranziehung flankierendes konstruktives Vehikel dar.
69Für ein Verständnis von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 im vorstehend dargelegten Sinne spricht auch ein vergleichender Blick auf die frühere Rechtslage. Nach Anhang A Kapitel I Nr. 6 lit. b RL 96/43/EG konnten die Mitgliedstaaten im Fall von Betrieben, die in einer oder mehreren Betriebsstätte(n) mehrere Vorgänge abwickeln, an einem Ort eine einmalige, die verschiedenen Beträge umfassende Gesamtgebühr erheben. Dies betraf – wie sich aus dem Zusammenhang mit lit. a der Vorschrift ergab – insbesondere auch den Fall kombinierter Schlacht- und Zerlegebetriebe. Von dieser Regelung unterscheidet sich Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 – lediglich – insoweit, als er statt auf die betrieblichen „Vorgänge“ auf deren amtliche Kontrollen abstellt, der Behörde kein Ermessen einräumt und statt von einer „die verschiedenen Beträge umfassende(n) Gesamtgebühr“ von „eine(r) einzige(n) Gebühr“ spricht. Dass Letztere etwas anderes sein soll als die vormalige „Gesamtgebühr“, die sich aus einer Addition der (Teil-) Gebühren ergab, ist in Anbetracht der ansonsten bestehenden weitgehenden Regelungsparallelität wenig naheliegend.
70Das vorstehend dargelegte Verständnis der in Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 getroffenen Rechtsfolgenanordnung wird vor allem durch rechtssystematische Erwägungen gestützt. Die Vorschrift trifft keine Aussage zu der Frage, wie die dort vorgesehene „eine einzige Gebühr“ zu bilden ist. Dies wäre jedoch zu erwarten, wenn es sich hierbei nicht um die Summe der angefallenen (Teil-) Gebühren, sondern – wie die Klägerin meint – um eine eigenständige Gebühr sui generis handeln würde. Denn ein nicht näher ausgestalteter Gebührentatbestand wäre ein Fremdkörper im Regelungsgefüge des Art. 27 VO (EG) 882/2004, der in seinen Absätzen 3 und 4 differenzierte Regelungen über die Bildung der gemäß Absatz 1 bzw. 2 zu erhebenden Gebühren enthält. Namentlich bliebe unklar, ob und gegebenenfalls in welcher Weise eine originäre Gebühr auf der Grundlage von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 die in Art. 27 Abs. 3 VO (EG) 882/2004 normierten Mindestbeträge zu berücksichtigen hätte. Dies gilt zumal in Ansehung des Umstands, dass die diesbezüglichen Gebührenmaßstäbe bei Fleischuntersuchung (pro Tier) und Zerlegungskontrolle (pro Tonne Fleisch) nicht kongruent sind.
71Soweit Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 der Regelungszweck beigemessen wird, eine Doppelfinanzierung von Kontrollmaßnahmen zu verhindern,
72vgl. Lühmann, Die Lebensmittelüberwachung und ihre Finanzierung, 2007, S. 65,
73wird dieser durch eine additive Bildung der „eine(n) einzige(n) Gebühr“ auf der Grundlage der angefallenen (Teil-) Gebühren nicht gefährdet, da Fleischuntersuchung und Zerlegungskontrolle keine Überschneidungen aufweisen.
74Da nach alledem die Auslegung von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 nicht zweifelhaft ist, besteht kein Anlass zur Einholung einer diesbezüglichen Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof.
75Den sich danach ergebenden Anforderungen an die Gebührenerhebung genügt der angefochtene Gebührenbescheid, indem er für die im Gebührenzeitraum durchgeführten Amtshandlungen der Fleischuntersuchung und der Zerlegungskontrolle „eine“ Gebühr festsetzt, die sich durch Addition der angefallenen (Teil-) Gebühren errechnet.
762. Der Einwand der Klägerin, die für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs erhobene Gebühr verstoße gegen das Äquivalenzprinzip, da die diesbezüglich kalkulierten Kosten weitaus niedriger seien, geht fehl. Er verkennt, dass die zugrunde liegende Satzungsregelung sich an der unionsrechtlich in Anhang IV Abschnitt B Kapitel II Spiegelstrich 1 VO (EG) 882/2004 vorgegebenen Mindestgebühr orientiert. Die in dem genannten Anhang festgesetzten Mindestbeträge sind als Untergrenze anzusehen, von der die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht abweichen dürfen. Dies gilt auch dann, wenn die der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit der betreffenden Amtshandlung erwachsenden Kosten niedriger als die Mindestbeträge sind.
77Vgl. EuGH, Urteil vom 07. Juli 2011 – Rs. C-523/09 – (Rakvere Piim AS und Maag Piimatööstus AS), Slg 2011, I-5935, Rdn. 22 ff.
78Eine Unterschreitung der Mindestbeträge ist nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von Art. 27 Abs. 6 VO (EG) 882/2004 zulässig. Das Vorliegen eines der dort genannten Tatbestände unterstellt, hat der Satzungsgeber von dieser Möglichkeit in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht, indem er als Gebührenmaßstab die an den Kontrolltagen angefallene Zerlegungsmenge gewählt hat und nicht die – für die Mindestgebühr maßgebliche – Zerlegungsmenge des gesamten Gebührenzeitraums.
79Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
80Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO nicht vorliegen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 02. Juni 2014 - 17 A 2158/13
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Urteil einreichenOberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 02. Juni 2014 - 17 A 2158/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 17. August 2011 wird insoweit aufgehoben, als die Gebühren für die Fleischuntersuchung die unionsrechtliche Mindestgebühr überschreiten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 10 %, der Beklagte trägt 90 % der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt den einzigen öffentlichen Schlacht- und Zerlegebetrieb im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Es werden dort Schweine mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg geschlachtet. Die nach fleischhygienerechtlichen Vorschriften vorzunehmenden amtlichen Kontrollen erfolgen durch Bedienstete des Beklagten.
3Mit Bescheid vom 17. August 2011 zog der Beklagte die Klägerin für im Monat April 2011 durchgeführte Amtshandlungen zu Gebühren in folgender Höhe heran:
4Fleischuntersuchung |
Zerlegungskontrolle |
Gesamtsumme in EUR |
||||
Anzahl der untersuchten Schweine |
Gebühr je Tier in EUR |
Summe in EUR |
Zerlegtes Fleisch in Tonnen |
Gebühr je Tonne in EUR |
Summe in EUR |
|
131.668 |
1,27 |
167.218,36 |
1.940,79 |
2,00 |
3.881,58 |
171.099,94 |
Der Gebührenbescheid war gestützt auf die Satzung des Kreises S. vom 27. September 2010 über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 124/2010 vom 28. September 2010 – GS 2010 –) in der Fassung der am 1. April 2011 in Kraft getretenen Ersten Satzung des Kreises S. vom 19. Mai 2011 zur Änderung der vorgenannten Satzung (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 72/2011 vom 20. Mai 2011 – ÄndS 2011 –). Letztere sieht für die Fleischuntersuchung im öffentlichen Schlachthof der Klägerin eine Gebühr von 1,27 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg vor. Für die Zerlegungskontrolle normiert die insoweit unveränderte Ausgangssatzung eine Gebühr von 2,00 EUR je Kontrolltag je Tonne zerlegten Fleisches.
6Der Ermittlung des Gebührensatzes für die Fleischuntersuchung liegt eine auf den Schlachthof der Klägerin bezogene Kalkulation für das Jahr 2011 zugrunde. Diese beruht auf einer Hochrechnung von Kostendaten vornehmlich des Jahres 2010 und berücksichtigt zusätzlich „für das Jahr 2011 zu prognostizierende Kostenanteile“. Diese umfassen unter anderem anfallende Leistungsentgelte und Tariferhöhungen. In die Gesamtkosten einbezogen sind die Personal-, Sach- und Gemeinkosten für die Personalabteilung sowie für das Rechts-, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Kalkulation wird auf die entsprechenden Unterlagen Bezug genommen.
7Mit am 19. September 2011 erhobener Klage wendet sich die Klägerin gegen den vorgenannten Gebührenbescheid insoweit, als die erhobenen Fleischuntersuchungsgebühren die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich VO (EG) 882/2004 vorgesehene Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg überschreiten und Gebühren für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs erhoben werden.
8Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen:
9Die Kalkulation des Gebührensatzes genüge nicht den Vorgaben des Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004. Hiernach sei eine kostendeckende Gebührenerhebung nur möglich im Wege einer vorläufigen Pauschalgebühr, der nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums eine Spitzabrechnung zu folgen habe. Der Beklagte erhebe jedoch eine endgültige Pauschalgebühr auf unbestimmte Zeit, die auf hochgerechneten, pauschalierten und fiktiven Kostenansätzen beruhe. Diese seien im Übrigen in verschiedener Hinsicht zu beanstanden. Das gelte namentlich für die Kosten des eingesetzten Untersuchungspersonals, deren Kalkulation eine dem risikobezogenen Ansatz des Unionsrechts genügende Bedarfsanalyse vermissen lasse. Die durch die „ungewöhnlich hohen“ Krankenstände bedingten Mehrkosten seien der Klägerin nicht zurechenbar. Die Erhebung einer selbständigen Gebühr für die Zerlegungskontrolle verstoße gegen Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Wegen der Begründung der Klage im Einzelnen wird auf die Wiedergabe im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
10Die Klägerin hat beantragt,
11den Gebührenbescheid des Beklagten vom 17. August 2011 insoweit aufzuheben, als die darin nach § 1 Ziffer 1.1 der Satzung des Kreises S. über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene vom 27. September 2010 erhobenen Gebühren über die Mindestgebühr von 1,00 Euro hinausgehen und eine Gebühr für die Kontrolle von Zerlegungsbetrieben in Höhe von 3.881,58 EUR erhoben wird.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat im Wesentlichen vorgetragen:
15Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Gebührensatzung finde ihre Ermächtigungsgrundlage in § 2 Abs. 3 Satz 1 GebG NRW. Das Landesrecht sei mit Unionsrecht vereinbar. Die Gebührenkalkulation habe von den wahrscheinlich entstehenden Kosten auszugehen; nicht entscheidend sei, ob sie unter optimalen Umständen tatsächlich anfielen. Das gelte beispielweise für den zu berücksichtigenden Krankenstand. Ähnlich verhalte es sich mit der Personalplanung. Insoweit sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass dem Beklagten ein Organisationsermessen zustehe, dessen Ausübung nur beschränkt einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sei. Die Personalplanung des Beklagten orientiere sich an § 9 AVV LmH. Sie berücksichtige eine Untersuchungszeit von 50 Sekunden bei Tieren ohne Veränderung sowie einen zusätzlichen Zeitaufwand von 17 Sekunden für Reinigung, Desinfektion und Messerwechsel. Hieraus ergebe sich bei einer Schlachtfrequenz von bis zu 580 Schweinen pro Stunde, dass ständig 11 Kontrolleure am Band stehen müssten; hinzu kämen 8 weitere Mitarbeiter für sonstige Tätigkeiten wie etwa erforderliche Nachuntersuchungen bei geschlachteten Schweinen mit Veränderungen. Die Erhebung gesonderter Gebühren für die Fleischuntersuchung und für die Zerlegungskontrolle entspreche der landesrechtlich vorgegebenen Gebührensystematik und verstoße nicht gegen Unionsrecht.
16Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. April 2013, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen.
17Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
18Die vom Beklagten praktizierte Methode der Vorauskalkulation des Gebührensatzes sei mit Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 nicht vereinbar. Die Vorschrift stelle – in der deutschen wie in der französischen Sprachfassung – ab auf die „während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten“ und verdeutliche damit, dass die Gebührenkalkulation nicht auf prognostisch hochgerechnete künftige Kostenbelastungen gestützt werden könne.
19Darüber hinaus verstoße die Kalkulation gegen Art. 27 Abs. 5 lit. a VO (EG) 882/2004 sowie gegen Art. 4 Abs. 9 und Art. 5 Abs. 5 lit. b VO (EG) 854/2004. Bei der Festsetzung der Gebühr für die Fleischuntersuchung seien die Art des klägerischen Unternehmens und die entsprechenden Risikofaktoren nicht berücksichtigt worden. Die für die Bestimmung von Art und Umfang der vorzunehmenden Überprüfung maßgebliche Risikobewertung habe nicht stattgefunden. Dementsprechend fehle es an einer risikobezogenen Veranschlagung des Bedarfs an amtlichem Personal für die Schlachtlinie. Der Betrieb der Klägerin erfülle schon seit Ende 2009 die Voraussetzungen für eine – im Vergleich zur konventionellen Fleischuntersuchung minder aufwändige – rein visuelle Fleischuntersuchung; diese werde vom Beklagten aber erst seit April 2013 praktiziert.
20Die in der Kalkulation angesetzten Kosten für die Personalabrechnung seien überhöht. Für die „Abrechnung“ von 37 Mitarbeitern seien 1.375,4 Stunden eingestellt worden. Demgegenüber gehe „man“ grundsätzlich davon aus, dass eine mit 169 Monatsstunden beschäftigte Kraft in der Lage sei, 450 leistungsbezogen tätige Mitarbeiter „abzurechnen“. Das entspreche einem durchschnittlichen jährlichen Zeitaufwand von 4,5 Stunden pro Mitarbeiter. Die Kalkulation lege das Achtfache dieses Wertes zugrunde.
21Der Doppelbeschäftigung von Mitarbeitern des Beklagten sowohl am Schlachthof der Klägerin als auch am Schlachthof in S. werde in Hinblick auf Urlaubs-, Feiertags- und Krankheitsvergütung nicht erkennbar Rechnung getragen.
22Der überdurchschnittlich hohe Krankenstand der Mitarbeiter des Beklagten sei der Klägerin nicht zurechenbar, da allein der Beklagte die Möglichkeit habe, mit entsprechenden personallenkenden arbeitsrechtlichen Instrumentarien Abhilfe zu schaffen.
23Die Erhebung einer selbständigen Gebühr für die Zerlegungskontrolle sei nicht vereinbar mit Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Im Übrigen verstoße ihre Bemessung gegen das Äquivalenzprinzip, da die Kosten der Zerlegungskontrolle im gesamten Kalkulationszeitraum mit lediglich 982,74 EUR angesetzt seien.
24Die Klägerin beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und den Gebührenbescheid des Beklagten vom 17. August 2011 insoweit aufzuheben, als die Gebühren für die Fleischuntersuchung die unionsrechtliche Mindestgebühr übersteigen und Gebühren für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs erhoben werden.
26Der Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Er macht geltend:
29Die unionsrechtliche Zulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation sei durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2013 – 3 C 5.12 – geklärt. Aus dem risikobezogenen Ansatz des Fleischhygienerechts ließen sich keine mathematisierbaren Maßstäbe ableiten, die gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar wären. Es verbleibe vielmehr ein behördlicher Beurteilungsspielraum, dessen Einhaltung nur in Bezug auf Grenzüberschreitungen prüfbar sei. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass der Beklagte unter Beachtung des ihm zustehenden Organisationsermessens mehr Personal eingesetzt habe, als dies eine verantwortungsvolle Risikobewertung verlange. Die Entscheidung über einen Übergang zur rein visuellen Fleischuntersuchung sei bis zum Eingang einer diesbezüglichen sachkundigen Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) zurückgestellt worden. Der Einwand der Klägerin gegen die Höhe der für die Personalabrechnung kalkulierten Kosten sei nicht substantiiert; der behauptete Abrechnungsschlüssel sei nicht nachgewiesen. Die weiteren Monita der Klägerin griffen aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht durch.
30Die tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 lägen nicht vor, da der Schlacht‑ und der Zerlegebetrieb der Klägerin keine Einheit bildeten und die Zerlegungskontrolle zeitlich und organisatorisch losgelöst von der Fleischuntersuchung erfolge. Im Übrigen ermögliche es das Landesrecht nicht, zwei eigenständige Gebührentatbestände zu einer Gebühr zusammenzufassen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
32Entscheidungsgründe:
33Die Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
34I. Soweit die Klage die Erhebung einer über die unionsrechtliche Mindestgebühr hinausgehenden Gebühr für die Fleischuntersuchung betrifft, hat das Verwaltungsgericht sie zu Unrecht abgewiesen. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 17. August 2011 ist in Höhe des betreffenden Teilbetrags aufzuheben. Denn insoweit ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
35Die Erhebung einer über die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich VO (EG) 882/2004 festgelegte Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg hinausgehenden Gebühr für die Fleischuntersuchung ist rechtswidrig, da es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Die in dem Gebührenbescheid insoweit zugrunde gelegte Regelung in § 1 Punkt 1.1 GS 2010 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung, die für Amtshandlungen nach der Tarifstelle 23.8.4.1.3 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung einen Gebührensatz von 1,27 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von 25 kg und mehr vorsieht, ist unwirksam und nichtig. Denn der Gebührensatz ist fehlerhaft ermittelt.
361. Allerdings begegnet – entgegen der Ansicht der Klägerin – die vom Beklagten praktizierte Methodik der Gebührenermittlung im Wege der Vorauskalkulation als solche keinen Bedenken. Namentlich verstößt sie nicht gegen Unionsrecht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Art. 27 VO (EG) 882/2004 – ebenso wie die Vorgängerregelung der Richtlinie 85/73/EWG – eine Festsetzung von Gebührensätzen, die auf einer Kalkulation „ex ante“ beruht, zulässt und es nicht etwa einer nachträglichen Kostenabrechnung jedes Einzelfalls bedarf. Das Unionsrecht macht den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht keine Vorgaben. Soweit Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 bestimmt, dass die Gebühren „auf der Grundlage der von den zuständigen Behörden während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten“ festgesetzt werden können, lässt sich daraus kein Verbot der Vorauskalkulation der Gebühren ableiten. Die Formulierung knüpft an den Grundsatz der Kostendeckung (Art. 27 Abs. 1 und Erwägungsgrund 32 VO
BVerwG, Urteil vom 25. April 2013 – 3 C 1.12 –, NVwZ-RR 2013, 937 = juris, Rdn. 20; ebenso als Vorinstanz: Senat, Urteil vom 16. November 2011 – 17 A 576/09 –, juris, Rdn. 34 ff.
38Die von der Klägerin an dieser Rechtsprechung geübte Kritik gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Sie meint, die Auslegung des in Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 verwendeten Begriffes der „getragenen Kosten“ durch das Bundesverwaltungsgericht überschreite die Grenze der zulässigen Wortlaut-Interpretation. Die „getragenen Kosten“ seien nicht der Ausgangspunkt einer Vorauskalkulation der Gebühren, sondern „schon nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut“ der Ausgangspunkt für ihre Festsetzung entweder als Pauschale oder gegebenenfalls entsprechend den unionsrechtlichen Mindestbeträgen. Dieses Vorbringen verfängt nicht. Es begründet nicht, warum der Wortlaut von Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 eine Gebührenvorauskalkulation ausschließen soll, sondern erschöpft sich in dem Postulat, dass dem so sei. Soweit die Klägerin die von ihr favorisierte Wortlaut-Interpretation durch Ausführungen in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Juli 2011 – Rs. C-523/09 – bestätigt sieht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Die in Bezug genommenen Ausführungen begründen die Unanwendbarkeit der in Art. 27 Abs. 4 lit. a VO (EG) 882/2004 normierten Obergrenze auf nach lit. b der Regelung festgelegte Gebühren (Randnummern 25 f.). Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation lassen sich ihnen nicht entnehmen.
392. Die der Ermittlung des Gebührensatzes für die Fleischuntersuchung zugrunde liegende Gebührenkalkulation für das Jahr 2011 ist fehlerhaft. Die angesetzten Personalkosten der nicht vollbeschäftigten amtlichen Fachassistenten und Tierärzte beruhen auf einem unzutreffend prognostizierten Personalbedarf.
40a) Die Personalbedarfsprognose ist Teil der Personalplanung. Diese fällt in den Organisationsbereich einer Körperschaft. Ihr steht insoweit ein Organisationsermessen zu, dessen Ausübung einer gerichtlichen Prüfung nur beschränkt zugänglich ist. Eine Grenze des Ermessens ergibt sich aus Art. 5 Abs. 5 lit. b Satz 1 VO (EG) 854/2004. Hiernach ist bei der Veranschlagung des Bedarfs an amtlichem Personal für die Schlachtlinie der einzelnen Schlachthöfe ein risikobezogener Ansatz zu verfolgen. Dies bedeutet, dass der Personalaufwand der jeweiligen Risikolage adäquat sein muss. Hiernach ist die von der Behörde zu treffende Risikobewertung ausschlaggebend dafür, in welcher Häufigkeit und in welchem Umfang amtliche Kontrollen durchzuführen sind. Die Annahme eines höheren Risikos bedingt einen erhöhten behördlichen Personalaufwand, weil eine intensivere Kontrolltätigkeit geboten ist; umgekehrt führt die Annahme eines geringeren Risikos zu einem entsprechend niedrigeren Personalaufwand.
41Zu Letzterem vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 – 3 C 20.11 –, NVwZ 2012, 1467 = juris, Rdn. 22.
42Dies bedeutet, dass das Ergebnis der jeweiligen Risikobewertung (zum Begriff vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. a VO
b) Der für die Untersuchungstätigkeit am Band veranschlagte Personalbedarf war im vorliegend zu beurteilenden Satzungszeitraum nicht (mehr) risikoadäquat.
44Ausweislich der Angaben in seinem Schriftsatz vom 19. März 2012 orientiert sich der Beklagte bei seiner Personalplanung an den Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung von Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs und zum Verfahren zur Prüfung von Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis (AVV Lebensmittelhygiene – AVV LmH). Diese regelt in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 eine Mindestuntersuchungszeit von 50 Sekunden für die Durchführung des in Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Teil B der VO (EG) 854/2004 beschriebenen Untersuchungsgangs bei Hausschweinen.
45Ein Festhalten an der in dieser Norm geregelten konventionellen Fleischuntersuchung war bezogen auf den in Rede stehenden Satzungszeitraum unter Risikogesichtspunkten nicht (mehr) gerechtfertigt. Denn der Betrieb der Klägerin erfüllte sämtliche Voraussetzungen für eine Umstellung auf die weniger personalaufwändige visuelle Fleischuntersuchung. Gründe, die es hätten vertretbar erscheinen lassen, hiervon gleichwohl weiterhin abzusehen, sind auch unter Berücksichtigung des dem Beklagten zustehenden Organisationsermessens nicht ersichtlich.
46Im Einzelnen:
47Bereits unter dem 12. November 2009 hatte die Klägerin, seinerzeit noch firmierend als „C. GmbH“, beim Tierarzt des Beklagten „beantragt“, möglichst ab dem ersten Quartal 2010 von der durch Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Teil B Nr. 2 VO (EG) 854/2004 i.V.m. Anhang II Nr. 3 VO 1244/2007 eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Fleischuntersuchung unter Verzicht auf Palpation und Inzision auf eine Besichtigung der Tierkörper (visuelle Fleischuntersuchung) zu beschränken. Hierbei hatte sie sich bezogen auf ein von ihrer Muttergesellschaft erstelltes und den für die Schlachtstellen der Unternehmensgruppe zuständigen Veterinärbehörden präsentiertes Konzept zur Einführung der risikoorientierten Fleischuntersuchung.
48Zu diesem Antrag wird in einer undatierten, handschriftlich mit dem Vermerk „X/2009“ versehenen Stellungnahme des Leitenden Amtlichen Tierarztes des Beklagten betreffend die „Einführung der Risikoorientierten Fleischuntersuchung (RFU) am Schlachthof P. -F. “ festgehalten, dass „(a)lle Vorgaben der gesetzlichen Vorschriften für die RFU (EG VO 854/2004, AVV LmH und EG VO 1244/2007) erfüllt werden“. Der Stellungnahme ist ferner zu entnehmen, dass die risikoorientierte Fleischuntersuchung auf Basis des von der Muttergesellschaft der Klägerin erstellten Konzepts an einem anderen Standort des Unternehmens seit Mai 2008 durchgeführt werde. Eine diesbezügliche, unter Mitwirkung des Bundesinstituts für Risikobewertung erstellte Projektstudie sei im September 2009 abgeschlossen und den für die Schlachthöfe der Westfleisch-Gruppe zuständigen Veterinärbehörden, den zuständigen Ministerien des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen sowie dem LANUV NRW vorgestellt worden. Alle Beteiligten seien sich darin einig gewesen, dass die risikoorientierte Fleischuntersuchung unter den gegebenen Umständen in der Westfleisch-Gruppe machbar und umsetzbar sei. Die Stellungnahme spricht sich dafür aus, dass die Umstellung auf die visuelle Fleischuntersuchung in zwei Phasen, beginnend am 1. Juli 2010 bzw. 1. Juli 2011, erfolgen soll.
49Hierzu kam es allerdings in der Folgezeit zunächst nicht. Stattdessen übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 die zwischenzeitlich fortgeschriebene Stellungnahme seines Leitenden Amtlichen Tierarztes, in der dieser weiterhin von der Erfüllung aller rechtlichen Vorgaben für eine Umsetzung der risikoorientierten Fleischuntersuchung am Schlachthof der Klägerin ausgeht und den Eintritt in die erste Phase nunmehr für das erste Quartal 2011 vorschlägt, dem LANUV NRW „mit der Bitte um Zustimmung“. Dieses stellte den Vorgang indes einstweilen zurück bis zum Abschluss eines Verfahrens betreffend die Übertragung der Zulassung der C. GmbH auf die Klägerin. In einem diesbezüglichen Schreiben des LANUV NRW an den Beklagten vom 6. September 2012 heißt es, dass „danach relativ schnell geprüft und entschieden werden kann, weil (…) bei der (Klägerin) auf die bereits praktizierten Verfahren der anderen Westfleisch-Betriebe Bezug genommen werden soll und dieses ‚Standartverfahren Westfleisch‘ von mir in den anderen Betrieben akzeptiert wurde“. Tatsächlich kam dann das LANUV NRW mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 an den Beklagten „auf das Thema vFU zurück“ und teilte bereits eine Woche später mit weiterem Schreiben vom 17. Dezember 2012 mit, dass „keine grundsätzlichen Bedenken“ gegen eine visuelle Fleischuntersuchung im Betrieb der Klägerin bestünden.
50Hiervon ausgehend war nach Ansicht des Senats im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 19. Mai 2011 eine Fortschreibung des mit der konventionellen Form der Fleischuntersuchung verbundenen erhöhten Personalaufwands aus folgenden Gründen nicht mehr vertretbar:
51Zu dem genannten Zeitpunkt stand der als Anregung zu verstehende „Antrag“ der Klägerin vom 12. November 2009 auf Übergang zur visuellen Fleischuntersuchung bereits seit über anderthalb Jahren unbeschieden im Raum. Der Leitende Amtliche Tierarzt des Beklagten hatte bereits frühzeitig nach Eingang des Antrags festgestellt, dass alle rechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Änderung der Untersuchungspraxis vorlagen. Die Entscheidung hierüber lag– wie er selbst in seiner vorzitierten Stellungnahme zutreffend ausführt – „ausschließlich im Verantwortungsbereich der zuständigen Behörde (Kreisveterinäramt)“. Ein Zustimmungserfordernis seitens des LANUV NRW bestand nicht. Zwar war dem Beklagten die Einholung einer fachkundigen Einschätzung seitens des LANUV NRW unbenommen. Indes war es spätestens im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht mehr vertretbar, die in eigener Kompetenz zu treffende Entscheidung über die Einführung der visuellen Fleischuntersuchung länger zurückzustellen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Befassung des LANUV NRW durch Schreiben vom 21. Dezember 2010 bereits seit über einem Jahr vom Vorliegen aller rechtlichen Vorgaben für eine Umstellung auf die genannte Untersuchungsform ausging. Überdies war ihm bekannt, dass das LANUV NRW das – von diesem selbst so bezeichnete – „Standardverfahren Westfleisch“, dem auch das Konzept der Klägerin folgte, auf der Basis einer an einem anderen Standort der Unternehmensgruppe durchgeführten Projektstudie gebilligt hatte und dass die zuständigen Ministerien des Landes und des Bundes diese Einschätzung teilten. Vor diesem Hintergrund war aus Sicht des Beklagten davon auszugehen, dass die von ihm mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 erbetene „Zustimmung“ keinen umfänglichen Prüfungsaufwand erfordern würde. Für die Dauer des hierfür benötigten Zeitraums war eine Zurückstellung der Entscheidung über die Einführung der visuellen Fleischuntersuchung vertretbar. Dieser Zeitraum ist mit maximal drei Monaten anzusetzen; tatsächlich hat das LANUV NRW nach – erst im Dezember 2012 erfolgtem – Aufgreifen des Vorgangs sogar schon binnen Wochenfrist mitgeteilt, dass keine Bedenken bestünden. Der Zeitraum vertretbaren Zuwartens war im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 19. Mai 2011 abgelaufen. Die – letztlich fast zwei Jahre währende – Zurückstellung der Vorgangsbearbeitung durch das LANUV NRW rechtfertigte einen dementsprechend langen Entscheidungsaufschub seitens des Beklagten nicht. Dies gilt auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der im Rahmen der Fleischuntersuchung zu gewährleistenden Lebensmittelhygiene. Insoweit war dem Beklagten aufgrund des ihm vorliegenden Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. September 2010 bekannt, dass „bundesweit Konsens darüber (besteht), dass das Gesamtpaket der Maßnahmen im Rahmen der risikoorientierten Fleischuntersuchungen bereits jetzt zu einem vergleichsweise höheren Sicherheitsniveau des Lebensmittels ‚Schweinefleisch‘ nach der Tauglichkeitserklärung führt als bei der konventionellen Untersuchung“. In Anbetracht dieser seinerzeit bereits vorhanden gewesenen Erkenntnislage, die zwischenzeitlich ihren Niederschlag gefunden hat in der Etablierung der berührungslosen Fleischuntersuchung als Regelverfahren durch die VO (EU) 219/2004, waren im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 19. Mai 2011 das Festhalten an der konventionellen Untersuchungsform und die Fortschreibung des hierfür erforderlichen erhöhten Personalbedarfs trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine Änderung der Untersuchungspraxis nicht mehr vertretbar.
523. Bei dieser Sachlage braucht über die von der Klägerin erhobenen weiteren Einwände nicht entschieden zu werden. Lediglich informatorisch merkt der Senat insoweit an:
53a) Das Monitum, der Doppelbeschäftigung von Mitarbeitern des Beklagten sowohl am Schlachthof der Klägerin als auch am Schlachthof in S. werde in Hinblick auf Urlaubs-, Feiertags- und Krankheitsvergütung nicht erkennbar Rechnung getragen, dürfte nicht verfangen. Bereits in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung des Parallelverfahrens gleichen Rubrums 19 K 4623/12 VG Gelsenkirchen (17 A 2158/13 OVG NRW) hat der Beklagte ausgeführt, dass die Zuordnung auf der Basis getrennter Lohnkonten und entsprechender Tagessätze erfolge. Dieses Procedere, das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend erläutert wurde, gewährleistet die erforderliche Abgrenzung und ist von der Klägerin nicht in Frage gestellt worden.
54b) Der Einwand, die in der Gebührenkalkulation angesetzten Kosten für die Personalabrechnung seien überhöht, dürfte schon nicht hinreichend substantiiert sein. Ihm liegt die Behauptung zugrunde, ein vollbeschäftigter Personalsachbearbeiter sei in der Lage, 450 Mitarbeiter „abzurechnen“. Insoweit beruft sich die Klägerin auf angebliche Erfahrungswerte ihres eigenen Unternehmens. Abgesehen davon, dass diese Erfahrungswerte in keiner Weise belegt sind, fehlt es an jedweder Darlegung zur Frage ihrer Übertragbarkeit auf die spezifischen Gegebenheiten der Personalverwaltung des Beklagten.
55c) Das Vorbringen der Klägerin, der überdurchschnittlich hohe Krankenstand der Mitarbeiter des Beklagten sei ihr nicht zurechenbar, dürfte nicht geeignet sein, die kalkulatorische Berücksichtigungsfähigkeit der entsprechenden Kosten in Frage zu stellen. Auf die Ausfallzeiten seiner Mitarbeiter hat der Beklagte nur begrenzten Einfluss. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte beschäftige seine Mitarbeiter unter Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz „regelmäßig mit einer monatlichen Arbeitszeit von über 200 Stunden“ und setze sie so „einem erheblichen Krankheitsrisiko“ aus, ist nicht näher substantiiert. Anhaltspunkte dafür, dass er ihm objektiv zu Gebote stehende Instrumentarien zur Senkung der Krankenstände ohne sachlichen Grund ungenutzt lässt, sind nicht ersichtlich.
56II. Soweit die Klage die Erhebung einer Gebühr für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs betrifft, hat das Verwaltungsgericht sie zu Recht abgewiesen. Denn insoweit ist die Klage nicht begründet. Die Gebühr für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
57Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühr ist § 1 Punkt 2.1 GS 2010. Hiernach werden für Amtshandlungen nach der Tarifstelle 23.8.4.2 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung je Kontrolltag je Tonne zerlegten Schweinefleisches 2,00 EUR erhoben.
58Die rechnerische Richtigkeit der auf dieser Grundlage vom Beklagten ermittelten Gebührenhöhe steht nicht im Streit.
591. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die Erhebung einer selbständigen Gebühr für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs nicht gegen Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Hiernach betrachtet die zuständige Behörde, wenn sie in ein und demselben Betrieb verschiedene amtliche Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen gleichzeitig durchführt, diese Kontrollen als eine einzige Maßnahme und stellt eine einzige Gebühr in Rechnung.
60a) Es spricht einiges dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
61Namentlich dürfte davon auszugehen sein, dass der Schlachtbetrieb und der Zerlegebetrieb der Klägerin im Sinne der Norm Teile ein und desselben Betriebs sind. Zwar findet sich eine Legaldefinition des Betriebsbegriffs weder in Art. 2 Satz 2 VO (EG) 882/2004 noch in den durch Satz 1 der Vorschrift in Bezug genommenen Art. 2 und 3 VO (EG) 178/2002. Es besteht jedoch kein Anlass zu der Annahme, dass der Unionsgesetzgeber durch den Verzicht auf eine Legaldefinition von dem überkommenen Verständnis des Betriebsbegriffs abrücken wollte. Dieses findet seinen Ausdruck in Art. 2 lit. k der vormals gültigen Richtlinie 64/433/EWG. Hiernach fielen unter den Begriff „Betrieb“ ein zugelassener Schlachtbetrieb, ein zugelassener Zerlegungsbetrieb, ein zugelassenes Kühl- und Gefrierhaus sowie „ein aus diesen Betrieben bestehender Gebäudekomplex“. Von der Möglichkeit einer betrieblichen Einheit von Schlacht- und Zerlegebetrieb ging auch das frühere Finanzierungsrecht aus, indem es eine Verringerung der Zerlegungsgebühr für den Fall vorsah, dass die Zerlegung in dem Betrieb stattfand, in dem das Fleisch gewonnen wurde, vgl. Anhang A Kapitel I Nr. 2 Satz 2 RL 96/43/EG. Dies galt auch dann, wenn Schlacht- und Zerlegungsbetrieb sich am selben Ort befanden, aber unterschiedlichen Personen gehörten,
62vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – Rs. C-423/01 – (Färber), Slg 2003, I-11985, Rdn. 25.
63Der Annahme einer betrieblichen Einheit stand nicht entgegen, dass Schlacht- und Zerlegebetrieb jeweils über eine eigene Zulassung verfügen,
64vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 27. Februar 2003 in der oben genannten Rechtssache, a.a.O., Rdn. 51.
65Ausgehend von diesem überkommenen Verständnis des Betriebsbegriffs, von dessen Fortgeltung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen ist, dürfte vorliegend eine Betriebseinheit gegeben sein. Hierfür spricht insbesondere, dass die Bereiche Schlachtung und Zerlegung durch ein Rohrbahnsystem verbunden und dadurch funktional aufeinander bezogen sind. Dem entspricht es, dass ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Zahlenmaterials die Anteile von zugekauftem fremdgeschlachteten Fleisch und von abverkauftem unzerlegten Fleisch sehr gering sind.
66Sowohl die Fleischuntersuchung als auch die Kontrolle des Zerlegungsbetriebes stellen amtliche Kontrollen im Sinne von Art. 2 Satz 2 Nr. 1 VO (EG) 882/2004 dar und unterfallen somit Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Das Merkmal der Gleichzeitigkeit dürfte an den Tagen der Zerlegungskontrolle erfüllt sein, da anzunehmen ist, dass auch an diesen Tagen Fleischuntersuchungen stattfinden.
67b) Die tatbestandliche Einschlägigkeit von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 zugrunde gelegt, trägt der angefochtene Gebührenbescheid den sich aus dieser Vorschrift ergebenden Anforderungen Rechnung.
68Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 sieht vor, dass die zuständige Behörde die gleichzeitig durchgeführten Kontrollen als eine einzige Maßnahme betrachtet und eine einzige Gebühr in Rechnung stellt. Die auf das „In-Rechnung-Stellen“ abhebende Formulierung legt die Annahme nahe, dass die Vorschrift im Sinne einer verwaltungstechnischen Regelung zu verstehen ist, die eine die Einzelgebühren additiv zusammenfassende einheitliche Gebührenheranziehung vorgibt. Die der Behörde aufgegebene fiktive Betrachtung der verschiedenen Kontrollen als eine einzige Maßnahme stellt sich danach als ein diese Form der Heranziehung flankierendes konstruktives Vehikel dar.
69Für ein Verständnis von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 im vorstehend dargelegten Sinne spricht auch ein vergleichender Blick auf die frühere Rechtslage. Nach Anhang A Kapitel I Nr. 6 lit. b RL 96/43/EG konnten die Mitgliedstaaten im Fall von Betrieben, die in einer oder mehreren Betriebsstätte(n) mehrere Vorgänge abwickeln, an einem Ort eine einmalige, die verschiedenen Beträge umfassende Gesamtgebühr erheben. Dies betraf – wie sich aus dem Zusammenhang mit lit. a der Vorschrift ergab – insbesondere auch den Fall kombinierter Schlacht- und Zerlegebetriebe. Von dieser Regelung unterscheidet sich Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 – lediglich – insoweit, als er statt auf die betrieblichen „Vorgänge“ auf deren amtliche Kontrollen abstellt, der Behörde kein Ermessen einräumt und statt von einer „die verschiedenen Beträge umfassende(n) Gesamtgebühr“ von „eine(r) einzige(n) Gebühr“ spricht. Dass Letztere etwas anderes sein soll als die vormalige „Gesamtgebühr“, die sich aus einer Addition der (Teil-) Gebühren ergab, ist in Anbetracht der ansonsten bestehenden weitgehenden Regelungsparallelität wenig naheliegend.
70Das vorstehend dargelegte Verständnis der in Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 getroffenen Rechtsfolgenanordnung wird vor allem durch rechtssystematische Erwägungen gestützt. Die Vorschrift trifft keine Aussage zu der Frage, wie die dort vorgesehene „eine einzige Gebühr“ zu bilden ist. Dies wäre jedoch zu erwarten, wenn es sich hierbei nicht um die Summe der angefallenen (Teil-) Gebühren, sondern – wie die Klägerin meint – um eine eigenständige Gebühr sui generis handeln würde. Denn ein nicht näher ausgestalteter Gebührentatbestand wäre ein Fremdkörper im Regelungsgefüge des Art. 27 VO (EG) 882/2004, der in seinen Absätzen 3 und 4 differenzierte Regelungen über die Bildung der gemäß Absatz 1 bzw. 2 zu erhebenden Gebühren enthält. Namentlich bliebe unklar, ob und gegebenenfalls in welcher Weise eine originäre Gebühr auf der Grundlage von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 die in Art. 27 Abs. 3 VO (EG) 882/2004 normierten Mindestbeträge zu berücksichtigen hätte. Dies gilt zumal in Ansehung des Umstands, dass die diesbezüglichen Gebührenmaßstäbe bei Fleischuntersuchung (pro Tier) und Zerlegungskontrolle (pro Tonne Fleisch) nicht kongruent sind.
71Soweit Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 der Regelungszweck beigemessen wird, eine Doppelfinanzierung von Kontrollmaßnahmen zu verhindern,
72vgl. Lühmann, Die Lebensmittelüberwachung und ihre Finanzierung, 2007, S. 65,
73wird dieser durch eine additive Bildung der „eine(n) einzige(n) Gebühr“ auf der Grundlage der angefallenen (Teil-) Gebühren nicht gefährdet, da Fleischuntersuchung und Zerlegungskontrolle keine Überschneidungen aufweisen.
74Da nach alledem die Auslegung von Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004 nicht zweifelhaft ist, besteht kein Anlass zur Einholung einer diesbezüglichen Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof.
75Den sich danach ergebenden Anforderungen an die Gebührenerhebung genügt der angefochtene Gebührenbescheid, indem er für die im Gebührenzeitraum durchgeführten Amtshandlungen der Fleischuntersuchung und der Zerlegungskontrolle „eine“ Gebühr festsetzt, die sich durch Addition der angefallenen (Teil-) Gebühren errechnet.
762. Der Einwand der Klägerin, die für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs erhobene Gebühr verstoße gegen das Äquivalenzprinzip, da die diesbezüglich kalkulierten Kosten weitaus niedriger seien, geht fehl. Er verkennt, dass die zugrunde liegende Satzungsregelung sich an der unionsrechtlich in Anhang IV Abschnitt B Kapitel II Spiegelstrich 1 VO (EG) 882/2004 vorgegebenen Mindestgebühr orientiert. Die in dem genannten Anhang festgesetzten Mindestbeträge sind als Untergrenze anzusehen, von der die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht abweichen dürfen. Dies gilt auch dann, wenn die der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit der betreffenden Amtshandlung erwachsenden Kosten niedriger als die Mindestbeträge sind.
77Vgl. EuGH, Urteil vom 07. Juli 2011 – Rs. C-523/09 – (Rakvere Piim AS und Maag Piimatööstus AS), Slg 2011, I-5935, Rdn. 22 ff.
78Eine Unterschreitung der Mindestbeträge ist nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von Art. 27 Abs. 6 VO (EG) 882/2004 zulässig. Das Vorliegeneines der dort genannten Tatbestände unterstellt, hat der Satzungsgeber von dieser Möglichkeit in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht, indem er als Gebührenmaßstab die an den Kontrolltagen angefallene Zerlegungsmenge gewählt hat und nicht die – für die Mindestgebühr maßgebliche – Zerlegungsmenge des gesamten Gebührenzeitraums.
79Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
80Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.