Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. März 2015 - 16 A 2570/14.A
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. November 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2Der auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte Berufungszulassungsantrag des Klägers hat keinen Erfolg.
3Soweit der Kläger im Zulassungsantrag einleitend auf seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, ist das ungeeignet zur Darlegung von Zulassungsgründen. Das folgt schon daraus, dass sich die gesetzlichen Zulassungsgründe auf die angefochtene Entscheidung bzw. auf das im Vorfeld der Entscheidung angewandte Verfahren beziehen und sich der jeweilige Rechtsschutzsuchende hierzu vorab zumindest in aller Regel noch nicht sinnvoll äußern konnte. Dass es sich vorliegend anders verhalten haben könnte, ist nicht ersichtlich.
4Im Übrigen hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete fallübergreifende, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts‑ oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Rechtsmittelverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
5Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 127 mit weiteren Nachweisen; zum Revisionsrecht siehe etwa BVerwG, Beschluss vom 30. März 2005 ‑ 1 B 11.05 ‑, NVwZ 2005, 709 = juris, Rn. 3.
6Die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Frage, ob aufgrund seines als unwiderlegbar bezeichneten Vorbringens ein innerstaatlicher Schutz in seinem Heimatstaat Indien gewährleistet sei oder ihm bei Rückkehr "unausweislich" Gefahr für Leib und Leben drohe, erfüllt diese Anforderungen nicht (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG). Sofern der Kläger mit den Worten "innerstaatlicher Schutz" allein die Annahme des Verwaltungsgericht angreifen will, für ihn bestehe jedenfalls ‑ das heißt ungeachtet erfolgter oder künftig drohender Verfolgung am bisherigen Aufenthaltsort ‑ die Möglichkeit des Ausweichens in andere (verfolgungsfreie) Landesteile, ist der geltend gemachte Zulassungsgrund schon deshalb nicht gegeben, weil das Verwaltungsgericht ‑ jeweils selbständig die Entscheidung tragend ‑ mit Blick auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG schon die Anknüpfung etwaiger Übergriffe an die unter Nr. 1 dieser Bestimmung genannten Merkmale (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) bzw. mit Blick auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes das Drohen eines ernsthaften Schadens i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylVfG verneint hat; die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Möglichkeit des Ausweichens in andere Landesteile erfolgten jeweils nur ergänzend, wie schon die einleitenden Worte ("Zudem muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, …", "Im Übrigen müsste sich der Kläger …") verdeutlichen.
7Aber auch wenn der Kläger mit der Frage, ob (für ihn) ein innerstaatlicher Schutz bestehe, auf die Situation in Indien insgesamt abstellen möchte, er also sein bisheriges und gegebenenfalls auch künftiges Verfolgungsschicksal auch am bisherigen Aufenthaltsort einbezogen wissen möchte, sind die Voraussetzungen an die Darlegung einer grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht erfüllt, weil es insoweit an der erforderlichen Konkretisierung fehlt. Mit der so verstandenen Frage tritt der Kläger der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, das eine asylrelevante Verfolgungsgefahr verneint hat, vorrangig in tatsächlicher Hinsicht entgegen. Eine auf tatsächliche Verhältnisse gestützte Grundsatzrüge erfordert die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
8Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Juli 2005 ‑ 3 A 2389/05.A ‑, vom 19. Dezember 2007 ‑ 3 A 1290/06.A ‑, vom 16. Juni 2009 ‑ 16 A 2274/08.A ‑ und zuletzt vom 6. Oktober 2014 ‑ 16 A 1724.13.A ‑.
9Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht einmal ansatzweise. Der Kläger beschränkt sich vielmehr darauf, seine Schutzlosigkeit in Indien zu behaupten und "diese Frage" als eine solche zu bezeichnen, die sich "für entsprechend verfolgte Inder generell stellt".
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 83b AsylVfG.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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