Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 26. Mai 2008 - 5 W 94/08

published on 26.05.2008 00:00
Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 26. Mai 2008 - 5 W 94/08
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes Schwerin vom 12.12.2007 - 21 O 64/07 - geändert und neu gefasst:

Die von der Beklagten an die Klägerin nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts Schwerin vom 21.08.2007 zu erstattenden Kosten werden auf 2.734,19 € festgesetzt. Der festgesetzte Betrag ist mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2007 zu verzinsen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 646,- €.

Gründe

I.

1

In dem Termin vor dem Landgericht Schwerin vom 21.08.2007 erörterten die Parteien zunächst die Sach- und Rechtslage. Danach beantragte der Kläger Erlass eines Anerkenntnisurteils, welches antragsgemäß erging. Sodann erklärte der Klägervertreter:

2

"Die Klägerin verpflichtet sich, aus dem Titel nicht zu vollstrecken, wenn die Beklagte auf die titulierte Forderung monatliche Raten zu je 5.000,00 € ab dem 15.09.2007 jeweils zum 15. eines jeden Monats, sowie eine Schlussrate zahlt. Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Zahlung ist dabei der Eingang des Geldes auf einem der Geschäftskonten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin."

3

Die Erklärung wurde ihm vorgespielt und von ihm genehmigt.

4

Sodann beantragte der Klägervertreter Kostenfestsetzung, wobei er eine Verfahrensgebühr, eine Terminsgebühr und eine 1,0- Einigungsgebühr in Höhe von 646,00 € zur Festsetzung anmeldete.

5

Der Rechtspfleger gab dem Antrag nur teilweise statt und setzte die geltend gemachte Einigungsgebühr ab. Zur Begründung führte er aus, die Einigungsgebühr entstehe nicht, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis- oder ein Verzicht beschränke.

6

Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.12.2007 sofortige Beschwerde ein, der das Landgericht nicht abhalf und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorlegte. Die Klägerin trug zur Begründung ihres Rechtsmittels vor, die Einigungsgebühr sei angefallen, da die Parteien sich Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf geeinigt hätten, dass die Beklagten den Anspruch in voller Höhe anerkenne, die Klägerin dafür bei entsprechend vereinbarter Ratenzahlung nicht aus dem Anerkenntnisurteil vorgehe.

II.

7

Die gemäß §§ 567, 569, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Einigungsgebühr gemäß den Nr. 1000, 1003 VV zum RVG ist entstanden. Sie erwächst dem Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über einen Rechtsstreit beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Honoriert werden soll jegliche vertragliche Beilegung eines Streites (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., Rn. 21 zu § 104 unter "Einigungsgebühr"). Nach der Entscheidung des BGH vom 01.03.2005 (MDR 2005, 897) fällt ein Ratenzahlungsvergleich mit gleichzeitiger Titulierung der Forderung ebenfalls darunter. Vorliegend erkannte der Beklagte die Klageforderung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage an und der Kläger räumte dem Beklagten im Gegenzuge Ratenzahlungen ein und verzichtete damit auf die sofortige Vollstreckung aus dem Urteil. Damit ist aufgrund gegenseitigen Nachgebens eine Einigungsgebühr nach den Nummern 1000 I, 1003 VV RVG entstanden, weil keine ausschließlich auf das Anerkenntnis beschränkte Einigung vorliegt, sondern die Klägerin der Beklagten durch eine Stundungszusage entgegenkam. Unzweifelhaft haben die Parteien sich über dieses Vorgehen in der mündlichen Verhandlung geeinigt, den Rechtsstreit in dieser Weise zu beenden. Dies trug die Klägerin im Übrigen unbestritten vor. Nur ein bloßes Anerkenntnis ist kein Vertrag und löst die Einigungsgebühr nicht aus. So liegt es hier nicht. Überdies bedarf es zu einer Einigung keines beiderseitigen Nachgebens mehr; das ändert nichts daran, dass in vielen Fällen eine Einigung auf einem beiderseitigen Entgegenkommen beruhen wird. Schon ein geringes Entgegenkommen reicht jedenfalls aus, um das negative Tatbestandsmerkmal der Beschränkung des Vertrages auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht zu beseitigen (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Rdn. 27 zu VV 1000; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., Rdn. 20 zu VV 1000 zum RVG; OLG Hamburg, Beschl. v. 07.03.1983 - 8 W 43/83=MDR 1983, 589).

8

Die Einigung erfolgte vorliegend in der mündlichen Verhandlung also gleichzeitig mit der Titulierung, so dass es auf die Entscheidung der Streitfrage, ob die Einigungsgebühr auch anfällt, wenn erst nach der Titulierung, etwa im Zwangsvollstreckungsverfahren, Ratenzahlung vereinbart wird (vgl. dazu Zöller/Herget, aaO), nicht ankommt.

9

Es kann aus der Akte und dem Vorbringen der Parteien nicht festgestellt werden, dass ein Verzichtsvertrag der beteiligten Parteien auf Erstattung von Vergleichskosten geschlossen wurde (so OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 2161). Im Übrigen sind materiell-rechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu prüfen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., Rn. 11 ud 12 zu § 104; OLG Köln JurBüro 1992, 318). Das Kostenfestsetzungsverfahren dient dazu, die Kostengrundentscheidung betragsmäßig auszufüllen. Die Prüfung, ob die zur Erstattung angemeldeten Rechtsanwaltskosten tatsächlich entstanden sind, hat nur unter prozessualen und gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen und beschränkt sich auf die Entscheidung der Frage, ob die zur Erstattung angemeldeten Kosten nach dem konkreten Verfahrensablauf und den einschlägigen Vorschriften des RVG entstanden sind (OLG Hamm AnwBl. 2000, 320 = Jur.Büro 2000, 655). Nur wenn offenkundig oder unstreitig ein Verzicht (OLG Koblenz JurBüro 2006, 480) oder ein Rechtsmissbrauch vorläge, könnte der Rechtspfleger die Festsetzung verweigern (Baumbach/Lauterbach/ aaO, Rn 13 unter 2 Rechtsmißbrauch"). So liegt es indes hier nicht.

10

Festsetzungsfähig sind daher folgende Beträge:

11

Verfahrensgebühr gemäß § 13 Nr. 3.1. VV-RVG 1,3

839,80 €

Terminsgebühr gemäß § 13 Nr. 3.1.4. VV-RVG 1,2

775,20 €

Einigungsgebühr gemäß § 13 Nr. 1003, VV-RVG 1,0

646,00 €

Geschäftsreise Tage-/ und Abwesenheitsgeld
für mehr als 8 Std. gemäß Nr. 7005 Nr. 3 VV-RVG

60,00 €

Pauschale für Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG     

20,00 €

Fahrtkosten

105,19 €

Gerichtskosten

288,00 €

Summe

2.734,19 €

12

Die Verzinsungspflicht ergibt sich aus §§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO.

III.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Annotations

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.