Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 26. Jan. 2016 - 3 U 1548/15

bei uns veröffentlicht am26.01.2016

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 01.07.2015, Az. 2 O 478/14 Rae, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil des Landgerichts Ansbach und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110%o des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 35.821,15 € festgesetzt.

Gründe

A

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus Anwaltshaftung geltend. Bei den Beklagten zu 1) und 2) handelt es sich um schweizerische Rechtsanwälte, die mit Datum vom 07.06.2011 die Beklagte zu 3) gründeten.

Die Klägerin hatte am 25.07.2002 mit der inzwischen insolventen G… AG (im Folgenden: G… AG), einer schweizerischen Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, einen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen und an diese verschiedene Zahlungen geleistet. Der G… AG wurde nach schweizerischem Recht Nachlassstundung gewährt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der neben dieser auch eine Vielzahl weiterer Anleger der G… AG vertrat und bereits seit einigen Jahren mit der Kanzlei der Beklagten zusammenarbeitete, fragte beim Beklagten zu 1) Ende 2010 an, ob dieser die Mandanten auch im Nachlassverfahren vertreten würde. Mit E-Mail vom 03.01.2011 (Anlage K 46) übersandte dieser sodann an den Klägervertreter unter dem Betreff „G… Nachlassstundung“ Auftrag, Vollmacht und „ein Rundschreiben an Klienten“ (Anlage K 24). Das Formular für den Auftrag wurde an die Klägerin versandt, die es mit Datum 18.03.2011 unterzeichnete und an ihren Prozessvertreter zurückschickte, von dem es an die Beklagten weitergeleitet wurde. Hierdurch beauftragte die Klägerin die Beklagten insbesondere mit der „Forderungseingabe in das Nachlassverfahren und Vertretung an den Gläubigerversammlungen betreffend der Nachlassstundung G… AG“ (Anlage K 2).

Der Beklagte zu 1) meldete die Forderung der Klägerin einschließlich entgangenem Gewinns im Nachlassverfahren der G… AG an. Die Forderung der Klägerin wurde vom Sachwalter der G… AG bestritten und ist bis heute nicht anerkannt.

Am 07.11.2011 fand im Nachlassverfahren der G… AG eine Gläubigerversammlung statt, in der den Gläubigern ein Nachlassvertrag mit Forderungsabtretung zur Unterzeichnung, d.h. Zustimmung, vorgelegt wurde. Der Beklagte zu 1) stimmte namens der Klägerin dem Nachlassvertrag mit Forderungsabtretung zu (Anlage K 3).

Die Klägerin erlitt erhebliche Verluste und machte in der Folgezeit deswegen Schadensersatzansprüche gegen die G… AG, die keine Erlaubnis für eine Vermögensverwaltung gemäß § 32 KWG hatte, und deren ehemalige Verwaltungsratsmitglieder bzw. Direktoren vor dem Landgericht Ansbach geltend. Die Klage unter dem Aktenzeichen 3 O 664/11 Fin wurde nach Klagerücknahme gegen eine der Beklagten im Übrigen durch Teilurteil vom 17.12.2013 (Anlage K 1) abgewiesen. Das Landgericht vertrat die Auffassung, dass eventuelle Ansprüche der Klägerin jedenfalls durch ihre Zustimmung zum Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung vom 07.01.2011 gemäß Art. 303 SchKG erloschen seien. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Klägerin wirft den Beklagten vor, durch die Zustimmung zum Nachlassvertrag die Rechtswirkung des Art. 303 Abs. 2 SchKG ausgelöst zu haben, so dass gegen die Funktionsträger der G… AG nicht mehr vorgegangen werden konnte. Sie ist der Ansicht, dass die Schadensersatzprozesse gegen diese andernfalls erfolgreich gewesen wären.

Die Klägerin hat beantragt,

  • 1.Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 35.821,15 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  • 2.Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin 1.369,78 € eigene außergerichtliche Kosten und 613,50 € Gerichtskosten zu ersetzen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat die Klage wegen seiner fehlenden internationalen Zuständigkeit abgewiesen. Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II greife nicht ein. Dabei könne dahin stehen, ob die Klägerin Verbraucherin i.S.d. Vorschrift sei. Denn jedenfalls liege kein „Ausrichten“ der Tätigkeit der Beklagten auf den Wohnsitzstaat der Klägerin mithin keine Verbrauchersache i.S.d. Abschnitts 4 des LugÜ vor. Solches ergebe sich weder aus der Gestaltung der Internetseite der Beklagten noch aus der besonderen Situation der Mandatsanbahnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre Klageansprüche weiterverfolgt. Sie meint, das Landgericht habe verkannt, dass es sich bei dem Rundschreiben vom 03.01.2011 (Anlage K 24) mit der Zusendung der übrigen Vertragsunterlagen (Anlagenkonvolut K 2) um ein Ausrichten der Tätigkeit auf Deutschland i.S.v. Art. 15 Abs. 1 c) 2.Alt. LugÜ II handele. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 07.12.2010, Az.: C-585/09) werde ein breites Spektrum von Tätigkeiten erfasst, das keine „Werbung“ voraussetze. Jedenfalls aber ergebe sich ein Ausrichten aufgrund der Werbemaßnahmen durch die Beklagten, wobei keine Einschränkung auf Werbemaßnahmen für allgemeine Kunden zu erfolgen habe. Vielmehr sei auch ein ausdrückliches Angebot an einen einzelnen Empfänger ausreichend. Die Zwischenschaltung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei dabei unerheblich. Unabhängig vom Zustandekommen der jeweiligen Mandatsverhältnisse sei ein Indiz für das Ausrichten der Tätigkeit auf Deutschland, dass verschiedene Mandanten von den Beklagten vertreten worden seien. Die Initiative des Verbrauchers sei für das Ausrichten i.S.d. Vorschrift unschädlich. Das Begrüßungsschreiben vom 03.01.2011 der Beklagten und die Zusendung der Auftragsformulare rechtfertige jeweils alleine schon die Annahme des Ausrichtens der Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat der Klägerin. Das Ausrichten der Tätigkeit auf Deutschland ergebe sich auch aus dem Internetauftritt der Beklagten. Im Übrigen führt die Berufung zur Begründetheit der Klage aus.

Die Klägerin beantragt,

I. Unter Abänderung des am 01.07.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Ansbach, Az. 2 O 478/14 Rae werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 35.821,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

II. Unter Abänderung des am 01.07.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Ansbach, Az. 2 O 478/14 Rae wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 1.369,78 € eigene außergerichtliche Kosten und 613,50 € Gerichtskosten zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Berufung und hilfsweise für den Fall, dass der Senat das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen annehme, die Sache an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

Sie verteidigen das Ersturteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Ergänzend führen sie aus, der Anwendung des Art. 15 LugÜ II stehe weiter entgegen, dass die Klägerin nicht als Verbraucherin anzusehen sei, da die Gelder, die sie der G… AG übergeben habe, vermutlich ihrer selbständigen gewerblichen Tätigkeit entstammten. Die Klägerin habe zur Herkunft der Gelder keine Angaben gemacht. Sie habe ihre Verbrauchereigenschaft nicht dargelegt und bewiesen. Der fehlende Sachvortrag gehe zu ihren Lasten. Die Parteien hätten deshalb wirksam gemäß Art. 23 Abs. 1 a LugÜ II eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen können, nach der die ordentlichen Gerichte des Kantons Zürich zuständig seien. Das Landgericht sei im Übrigen zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Ausrichten i.S.d. Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II vorliegend nicht gegeben sei. Dies ergebe sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH VI ZR 14/11) aber schon daraus, dass die Klägerin nicht durch die berufliche Tätigkeit der Beklagten zum Vertragsschluss zumindest motiviert worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden.

B

I.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage wegen seiner fehlenden Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Für die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen anwaltlicher Pflichtverletzung ergibt sich eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht. Die hierfür allein in Betracht kommende Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 LugÜ II greift nicht ein. Dabei kann die Frage offen bleiben, ob die Klägerin Verbraucherin im Sinne der Vorschriften ist. Denn es liegt jedenfalls kein Ausrichten der Tätigkeit der Beklagten auf den Wohnsitzstaat der Klägerin gemäß § 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II und daher keine Verbrauchersache i.S.d. Vorschrift vor.

1. Die Beklagten haben ihren Wohnsitz bzw Sitz in der Schweiz. Im Verhältnis zur Schweiz ist die internationale Zuständigkeit im revidierten Luganer Übereinkommen vom 30.10.2007 (LugÜ II) geregelt, das am 1.1.2011 für die Schweiz in Kraft getreten ist (Geimer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., Anh I Art. 1 EuGVVO Rn. 12). Es gilt gemäß Art. 63 Abs. 1 für alle Klagen, die nach dem Inkrafttreten erhoben werden, mithin auch für die hier am 5.5.2014 eingereichte Klage.

Danach sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben, grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedstaates zu verklagen (Art. 2 LugÜ II), falls nicht das Abkommen einen Gerichtsstand in einem anderen Mitgliedstaat zulässt (Art. 3 Abs. 1 LugÜ II).

2. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Voraussetzungen der Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II, Art. 16 Abs. 1 LugÜ II, die hier allein eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Ansbach begründen könnten, sind nicht erfüllt.

Danach kann ein Verbraucher eine Klage vor den Gerichten des Vertragsstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, wenn den Gegenstand des Verfahrens Ansprüche aus einem Vertrag bilden, den ein Verbraucher zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 a) und b) der Vorschrift nicht vorliegen und der Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche in irgendeinem Wege auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

a) Die Beklagten haben ihre Tätigkeit nicht in irgendeinem Wege auf Deutschland ausgerichtet.

aa) Ein Ausrichten der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit i.S.d. Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II kann dann angenommen werden, wenn der Gewerbetreibende bereits vor dem eigentlichen Vertragsschluss seinen Willen zum Ausdruck bringt, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern in diesem Staat herzustellen. Deshalb ist im Fall eines Vertrages zwischen einem Gewerbetreibenden und einem bestimmten Verbraucher zu ermitteln, ob vor dem Vertragsschluss mit diesem Verbraucher Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass der Gewerbetreibende Geschäfte mit Verbrauchern in dem anderen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der fragliche Verbraucher seinen Wohnsitz hat, tätigen wollte (BGH NJW 2015, 2339 Rn. 14; EuGH, Urteil vom 07.12.2010 -C-585/08, NJW 2011, Rn. 75 f) . Anhaltspunkte dafür, dass ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedsstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat, können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 15 Abs. 1 c) EuGVVO a.F. (EuGH a.a.O., Rn 93), dem Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II entspricht, folgende Umstände sein: Der internationale Charakter der Tätigkeit des Gewerbetreibenden, die Angabe von Anfahrtsbeschreibungen aus anderen Mitgliedstaaten zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache, die Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl, die Tätigung von Ausgaben für einen Internetre-ferenzierungsdienst, um in anderen Mitgliedstaaten wohnhaften Verbrauchern den Zugang zur Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers zu erleichtern, die Verwendung eines anderen Domainnamens oberster Stufe als desjenigen des Mitgliedstaates der Niederlassung des Gewerbetreibenden und die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, die sich aus in verschiedenen Mitgliedstaaten wohnhaften Kunden zusammensetzt.

bb) Diese Grundsätze hat das Landgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt und zu Recht angenommen, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein Ausrichten der Tätigkeit der Beklagten zu 1) und 2) auf Deutschland vorliegen. Wie die Kammer zutreffend ausführt, ergeben sich diese weder aus der Gestaltung der Internet-Website der Beklagten noch aufgrund der Umstände der Beauftragung der Beklagten durch die Klägerin.

(1) Aufgrund der Gestaltung der Internetseite der Beklagten ist nicht von einem Ausrichten deren Tätigkeit auf Deutschland i.S.d. Art. 15 Abs. 1 c) 2. Alt. LugÜ auszugehen.

Zunächst ist die bloße Zugänglichkeit der Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, nicht ausreichend. Das gleiche gilt für die Angabe einer elektronischen Adresse oder anderer Adressdaten (EuGH a.a.O. Rn. 77). Die Tätigkeit der Beklagten hatte keinen internationalen Charakter. Zwar enthält die Rubrik „Dienstleistungen“ die Formulierung: „E… Rechtsanwälte vertritt natürliche Personen und Unternehmungen aus der Schweiz und dem Ausland“. Aus der nachfolgenden Angabe: „Unsere Anwälte sind vor allen Gerichten der Schweiz zugelassen “ ergibt sich aber, dass die Tätigkeit auf das Schweizer Rechtssystem und damit eine Tätigkeit in der Schweiz ausgerichtet ist. Die unter der Überschrift „Kontakt“ abgebildete Anfahrtskizze enthält nur einen Auszug aus der Züricher Stadtkarte und keine Beschreibung von Deutschland aus. Auf die Verwendung der deutschen Sprache kommt es nicht an, da diese in der Schweiz die üblicherweise verwendete Sprache ist (EuGH a.a.O. Rn. 94). Aus der Angabe der internationalen Vorwahl bzw. der Verwendung der Top-Level-Domain „com“ kann eine Ausrichtung auf Deutschland ebenfalls nicht hergeleitet werden. Wie das Landgerichts Frankenthal in einem Parallelver fahren (Urteil vom 09.03.2015, Az.: 4 O 392/14,vom Beklagtenvertreter vorgelegt) zutreffend ausführt, kann die Angabe der internationalen Vorwahl zum einen auch der Kontaktaufnahme durch schweizerische Verbraucher, die sich im Ausland aufhalten, dienen, zum anderen dem Bestreben, erheblichen Geschäftsbetrieb zu suggerieren, nicht aber zwangsläufig den bewussten Ent-schluss zur Ansprache von Verbrauchern in anderen Mitgliedstaaten zum Ausdruck zu bringen. Die Verwendung der Top-Level-Domain „com“ nimmt allgemein auf eine Firma Bezug, ohne auf einen Geschäftsabschluss speziell mit deutschen Kunden abzuzielen. Nach einer Gesamtschau der genannten Umstände ist daher aufgrund des Internetauftritts nicht von einem Ausrichten der Tätigkeit auf Deutschland auszugehen.

(2) Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich auch im Zusammenhang mit dem Rundschreiben vom 03.01.2011 und der Zusendung der übrigen Vertragsunterlagen kein Ausrichten der Tätigkeit auf Deutschland.

Es handelt sich hierbei nicht um eine entsprechende Werbemaßnahme der Beklagten. Insofern folgt der Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart in einem Parallelverfahren (Urteil vom 22.12.2015, Az.: 12 U 91/15, Anlage BB 7), wonach ein Werben und Ausrichten nur dann gegeben ist, wenn der Vertragspartner „allgemein Kunden ansprechen“ möchte und nicht nur „gezielt bestimmte Einzelpersonen“, wie vorliegend. Das OLG Stuttgart (Urteil S. 13 ff) hat hierzu ausgeführt:

„Gezielt bestimmte „Einzelpersonen“ und gleichzeitig „allgemein Kunden“ spricht zwar auch derjenige an, der eine bestimmte Gruppe von Interessenten für seine Werbung aussucht. Es ist der Werbung immanent, dass gerade eine bestimmte Zielgruppe erreicht werden soll…Andererseits ist vorliegend zu beachten, dass das Schreiben im Rahmen eines Mandatsverhältnisses zwischen dem Kläger und der in vertretenen Kanzlei B… ihm „persönlich/vertraulich“ überlassen und zuvor zwischen ihren Anwälten und der Kanzlei der Beklagten zu 1) und 2) über die Möglichkeit einer Vertretung der Mandanten der Klägervertreter verhandelt wurde, um auch von Seiten der Klägervertreter die Interessen ihres eigenen Mandanten wahrzunehmen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich diese Schreiben an bereits konkretisierte - wenn auch den Beklagten namentlich noch nicht bekannte - Personen gerichtet haben, mit denen der Vertragsschluss faktisch - wenn auch rechtlich noch nicht bindend - über die Klägervertreter ausgehandelt war und nur noch des formalen Vollzugs durch die Unterschrift des Mandanten bedurfte. Das Schreiben vom 03.01.2011 kann deshalb im Ergebnis nicht als gewöhnliches Werbeschreiben angesehen werden.

Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Kanzlei der Beklagten zu Ziffer 1) und 2) ihre Tätigkeit bereits vor der entwaigen Werbung des Klägers auf irgendeinem Wege auf Deutschland ausgerichtet hatte. Allein das etwaige Werbeschreiben an die Klägerin genügt ebenso wenig, wie die Übersendung der Vertragsunterlagen, die diesem beigefügt waren.

Aus dem Schreiben vom 03.01.2011 geht zwar hervor, dass die Kanzlei der Beklagten zu 1) und 2) bereits seit Jahren „gemeinsam geschädigte Anleger der Unternehmung G… AG“ vertreten hat. Die Kanzlei B…, die Klägervertreter, stellt unzweifelhaft eine in Deutschland gelegene Kanzlei dar und vertritt nach den Umständen die deutschen Anleger, die Vermögen bei der G… AG angelegt haben. Es ist allerdings weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass die Zusammenarbeit in einer Weise erfolgt ist, die über das bloße „Doing-Business“ hinaus ein „gezieltes“ (vgl. hierzu insb. BGH NJW 2015, 2339 Rn. 13) auf Deutschland ausgerichtetes Marketing erkennen lässt. Unterstellt, die Kanzlei der Beklagten Ziffer 1) und 2) hätte in der Vergangenheit nicht nur die unstreitig durchgeführten Vollstreckungsverfahren, sondern auch weitere Mandante über die Kanzlei der Klägervertreter erhalten und sogar direkt mit diesen Mandanten abgerechnet, wie der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz behauptet, wäre hieraus noch nicht zu ersehen, dass die Mandate nicht nur aufgrund einer Empfehlung der Klägervertreter für ihre eigenen Mandanten zustande gekommen sind. Dies würde ein bloßes „Doing-Business“ auf Seiten der Kanzlei der Beklagten zu 1) und 2) begründen.

Auch aus der E-Mail der Kanzlei der Beklagten zu 1) und 2) vom 23.11.2010 (Anlage K 6) geht nicht hervor, in welcher Weise die beklagten Anwälte zuvor mit der Kanzlei B… zusammengearbeitet und gegebenenfalls Kunden geworben haben. Es kann damit derzeit nicht festgestellt werden, ob lediglich ein „Doing-Business“ oder ein „gezieltes“, auf Deutschland ausgerichtetes Marketing zuvor betrieben wurde."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an.

cc) Der Senat stimmt dem Oberlandesgericht in der zitierten Entscheidung auch darin zu, dass insoweit ohne Bedeutung ist, dass die Initiative für den Vertragsschluss mit der Kanzlei der Beklagten zu 1) und 2) von den Anwälten der Klägerin ausging und der Vertragsschluss mit veranlasst wurde durch die Aktivitäten Dritter, nämlich die Empfehlung der Kanzlei B… und den Umstand, dass die Klägerin die Unterlagen auf deren Initiative erhielt. Unerheblich ist ferner, ob die Klägerin durch das Werbeschreiben zum Vertragsschluss mit den beklagten Anwälten motiviert wurde, da eine Kausalität der Werbetätigkeit für den Vertragsschluss nicht erforderlich ist. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart unter II. b. (1) und (a), Seite 15 f. Bezug und macht sich diese zu eigen.

b) Da der Verbrauchergerichtstand bereits mangels eines Ausrichtens i.S.d. Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II nicht geben ist, kann der Senat die Frage offenlassen, ob die insofern beweispflichtige (Gei-mer in Zöller a.a.O. Art. 17 EuGVVO, Rn. 6) Klägerin auch als Verbraucherin i. S. der Vorschrift angesehen werden kann.

II. Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision wird zugelassen, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Streitfall gibt nach der Entscheidung des OLG Stuttgart Anlass, die Kriterien für das Merkmal des Ausrichtens i.S.d. Art. 15 Abs. 1 c) LugÜ II im Zusammenhang mit Fällen wie vorliegend näher zu bestimmen. Im Hinblick hierauf wird auch im hiesigen Verfahren die Revision zugelassen.

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1.
der über einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten Vermögenswerte des Unternehmens 30 Milliarden Euro überschreitet und es das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreibt oder
2.
der über einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten konsolidierten Vermögenswerte aller Unternehmen der Gruppe, die das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreiben, 30 Milliarden Euro überschreitet.
Gegebenenfalls ist der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 1 unverzüglich nachzuholen. War das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, da es oder die Gruppe die in Satz 2 bestimmte Grenze überschreitet, nach § 15 des Wertpapierinstitutsgesetzes erlaubt tätig, darf es im Rahmen dieser Erlaubnis sein Wertpapiergeschäft fortsetzen, bis die Aufsichtsbehörde über den Erlaubnisantrag bestandskräftig entschieden hat. Der Erlaubnisantrag muß enthalten
1.
einen geeigneten Nachweis der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel;
2.
die Angabe der Geschäftsleiter;
3.
die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Antragsteller und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4.
die Angaben, die für die Beurteilung der zur Leitung des Instituts erforderlichen fachlichen Eignung der Inhaber und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4a.
die Angaben, die für die Beurteilung, ob die Geschäftsleiter über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit verfügen, erforderlich sind;
5.
einen tragfähigen Geschäftsplan; aus dem Geschäftsplan muss hervorgehen:
a)
die Art der geplanten Geschäfte,
b)
der organisatorische Aufbau des Instituts unter Angabe von Mutterunternehmen, Finanzholding-Gesellschaften und gemischten Finanzholding-Gesellschaften innerhalb der Gruppe und
c)
die Angaben, die für die Beurteilung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation des Instituts gemäß § 25a Absatz 1 einschließlich der geplanten internen Kontrollverfahren erforderlich sind;
6.
sofern an dem Institut bedeutende Beteiligungen gehalten werden:
a)
die Angabe der Inhaber bedeutender Beteiligungen,
b)
die Höhe dieser Beteiligungen,
c)
die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit dieser Inhaber oder gesetzlichen Vertreter oder persönlich haftenden Gesellschafter erforderlichen Angaben,
d)
sofern diese Inhaber Jahresabschlüsse aufzustellen haben: die Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre nebst Prüfungsberichten von unabhängigen Abschlußprüfern, sofern solche zu erstellen sind, und
e)
sofern diese Inhaber einem Konzern angehören: die Angabe der Konzernstruktur und, sofern solche Abschlüsse aufzustellen sind, die konsolidierten Konzernabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre nebst Prüfungsberichten von unabhängigen Abschlußprüfern, sofern solche zu erstellen sind;
6a.
sofern an dem Institut keine bedeutenden Beteiligungen gehalten werden, die maximal 20 größten Anteilseigner;
7.
die Angabe der Tatsachen, die auf eine enge Verbindung zwischen dem Institut und anderen natürlichen Personen oder anderen Unternehmen hinweisen;
8.
die Angabe der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen sowie Angaben, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob sie der Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit widmen können.
Die nach Satz 2 einzureichenden Anzeigen und vorzulegenden Unterlagen sind durch Rechtsverordnung nach § 24 Abs. 4 näher zu bestimmen. Die Pflichten nach Satz 2 Nr. 6 Buchstabe d und e bestehen nicht für Finanzdienstleistungsinstitute. Die Aufsichtsbehörde berücksichtigt im Rahmen des Erlaubniserteilungsverfahrens in angemessener Weise die aufgrund der bestehenden Erlaubnis nach dem Wertpapierinstitutsgesetz bereits vorliegenden Angaben.

(1a) Wer neben einer Erlaubnis nach Absatz 1 und neben dem Betreiben von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 11 auch Eigengeschäft betreiben will, bedarf auch hierfür der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt. Dies gilt unabhängig von dem Bestehen einer Erlaubnis nach Absatz 1 und von einem Betreiben von Bankgeschäften oder dem Erbringen von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 11 auch dann, wenn das Unternehmen das Eigengeschäft als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz oder mit Warenderivaten, Emissionszertifikaten oder Derivaten auf Emissionszertifikate betreibt. Einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es in den Fällen des Satzes 2 nicht, wenn

1.
das Eigengeschäft von einem Unternehmen, das keine Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, betrieben wird
a)
als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder
b)
mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz,
um objektiv messbar die Risiken aus der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement des Unternehmens oder der Gruppe, dem das Unternehmen angehört, zu reduzieren,
2.
das Eigengeschäft mit Emissionszertifikaten von einem Betreiber im Sinne des § 3 Nummer 4 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes betrieben wird, der keine Bankgeschäfte betreibt und Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 erbringt,
3.
das Eigengeschäft ausschließlich mit Warentermingeschäften, Emissionszertifikaten und Derivaten auf Emissionszertifikate betrieben wird und
a)
das Unternehmen nicht Teil einer Unternehmensgruppe ist, die in der Haupttätigkeit Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 erbringt,
b)
das Eigengeschäft in jedem dieser Fälle sowohl auf individueller als auch auf auf Ebene der Unternehmensgruppe aggregierter Basis eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit darstellt; die Kriterien, wann eine Nebentätigkeit vorliegt, werden in einem auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 4 und Artikel 89 der Richtlinie 2014/65/EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Kommission bestimmt,
c)
das Unternehmen der Bundesanstalt auf Anforderung die Umstände mitteilt, auf Grund derer es zu der Auffassung gelangt, dass seine Tätigkeit eine Nebentätigkeit zu seiner Haupttätigkeit darstellt.
d)
das Unternehmen auf Anforderung der Bundesanstalt unverzüglich mitteilt, aufgrund welcher Tatsachen und Berechnungsverfahren gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2017/592 es die Ausnahme in Anspruch nimmt,
4.
das Eigengeschäft als Mitglied einer Börse oder Teilnehmer eines Handelsplatzes von einem in einem Drittstaat ansässigen Unternehmen betrieben wird; dies gilt bis zu einer Entscheidung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über eine Eintragung des Unternehmens in das Register nach Artikel 48 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
Einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es auch, wenn ein Institut, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 Satz 1 erteilt wurde, eigene Finanzinstrumente vertreibt, soweit dies nicht ohnehin bereits als Betreiben eines Bankgeschäfts oder als Erbringen einer Finanzdienstleistung nach Absatz 1 Satz 1 oder als Betreiben des Eigengeschäfts nach Satz 1 unter Erlaubnisvorbehalt steht. Ein Unternehmen, das nach Satz 2 der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf, gilt als Finanzdienstleistungsinstitut. Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und die Absätze 2, 4 und 5 sowie die §§ 33 bis 38 sind entsprechend anzuwenden.

(1b) Die Erlaubnis für das eingeschränkte Verwahrgeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 12 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens einer Finanzdienstleistung im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 oder zum Betreiben eines Bankgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird; mit Erlöschen oder Aufhebung dieser Erlaubnis erlischt die Erlaubnis für das eingeschränkte Verwahrgeschäft.

(1c) Zentralverwahrer, die nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zugelassen sind, benötigen für das Erbringen von Kerndienstleistungen im Sinne des Abschnitts A des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und von nichtbankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts B des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 sowie für das Betreiben von Bankgeschäften und das Erbringen von Finanzdienstleistungen, die zugleich Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 8 des Wertpapierhandelsgesetzes sind, keine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1, soweit das Betreiben dieser Bankgeschäfte oder das Erbringen dieser Finanzdienstleistungen von der Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist. Satz 1 gilt für das Betreiben des Eigengeschäfts entsprechend.

(1d) Zentralverwahrer im Sinne des Artikels 54 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die eine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 haben, benötigen für das Erbringen von bankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts C des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keine weitere Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 für das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen, soweit das Erbringen der bankartigen Nebendienstleistungen von der Genehmigung nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist.

(1e) Benannte Kreditinstitute im Sinne des Artikels 54 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die eine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 haben, benötigen für das Erbringen von bankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts C des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keine weitere Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 für das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen, soweit das Erbringen der bankartigen Nebendienstleistungen von der Genehmigung nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist.

(1f) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, als Datenbereitstellungsdienst tätig werden will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt; die Bundesanstalt hat § 37 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden. Der Erlaubnisantrag muss enthalten:

1.
die Angabe der Geschäftsleiter;
2.
die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter erforderlich sind;
3.
die Angaben, die für die Beurteilung der zur Leitung des Unternehmens erforderlichen fachlichen Eignung der in § 1 Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4.
die Angaben, die für die Beurteilung, ob die Geschäftsleiter über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit verfügen, erforderlich sind;
5.
einen tragfähigen Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten Geschäfte, der organisatorische Aufbau und die geplanten internen Kontrollverfahren des Unternehmens hervorgehen;
6.
die Angabe der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen sowie Angaben, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob sie der Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichend Zeit widmen können.
Das Nähere zu Inhalt und Form des Erlaubnisantrages regeln die technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards gemäß Artikel 27d Absatz 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist Instituten und Trägern einer inländischen Börse, die eine Börse, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem betreiben, die Tätigkeit als Datenbereitstellungsdienst gestattet, sofern festgestellt wurde, dass sie den Anforderungen des Titels IVa der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 genügen. Diese Dienstleistungen sind in ihre Erlaubnis eingeschlossen.

(2) Die Bundesanstalt kann die Erlaubnis unter Auflagen erteilen, die sich im Rahmen des mit diesem Gesetz verfolgten Zweckes halten müssen. Sie kann die Erlaubnis auf einzelne Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beschränken.

(2a) Die Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben der Bankgeschäfte nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 und 10 sowie zum Erbringen der Finanzdienstleistungen nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens eines anderen Bankgeschäfts vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird. Satz 1 gilt nicht, wenn zugleich eine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft erteilt wird und sich die betriebenen Bankgeschäfte sowie die erbrachten Finanzdienstleistungen auf Rechnungseinheiten im Sinne des § 1 Absatz 11 Nummer 7 oder Kryptowerte im Sinne des § 1 Absatz 11 Nummer 10 beziehen.

(3) Vor Erteilung der Erlaubnis hat die Bundesanstalt die für das Institut in Betracht kommende Sicherungseinrichtung zu hören.

(3a) Mit der Erteilung der Erlaubnis ist dem Institut, sofern es nach den Vorschriften des Zweiten Abschnittes des Einlagensicherungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 des Anlegerentschädigungsgesetzes beitragspflichtig ist, die Entschädigungseinrichtung mitzuteilen, der das Institut zugeordnet ist. Bezieht sich die Tätigkeit eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes auf strukturierte Einlagen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und wird die strukturierte Einlage von einem Kreditinstitut ausgegeben, das Mitglied eines Einlagensicherungssystems im Sinne des Einlagensicherungsgesetzes ist, so deckt das Einlagensicherungssystem des Kreditinstituts auch die von dem Kreditinstitut ausgegebenen strukturierten Einlagen ab.

(4) Die Bundesanstalt hat die Erteilung der Erlaubnis im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) Die Bundesanstalt hat auf ihrer Internetseite ein Institutsregister zu führen, in das sie alle inländischen Institute, denen eine Erlaubnis nach Absatz 1, auch in Verbindung mit § 53 Abs. 1 und 2, erteilt worden ist, mit dem Datum der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder der Aufhebung der Erlaubnis einzutragen hat. Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zum Inhalt des Registers und den Mitwirkungspflichten der Institute bei der Führung des Registers erlassen.

(5a) Die Bundesanstalt führt auf ihrer Internetseite ein öffentlich zugängliches Register, in das sie alle Datenbereitstellungsdienste, denen eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1f erteilt worden ist, mit dem Datum der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder der Aufhebung der Erlaubnis einträgt. Das Erlöschen oder die Aufhebung der Erlaubnis bleibt für einen Zeitraum von fünf Jahren ab der entsprechenden Entscheidung im Register eingetragen.

(6) Soweit einem Zahlungsinstitut eine Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 Satz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder einem E-Geld-Institut eine Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erteilt worden ist und dieses zusätzlich Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 erbringt, bedarf dieses Zahlungsinstitut oder E-Geld-Institut keiner Erlaubnis nach Absatz 1. Die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 ist zu erfüllen und § 14 Abs. 2 bis 4 anzuwenden.

(7) Auf den Beschlussentwurf der Bundesanstalt nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 sind die Absätze 1, 2 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Aufgaben nach den Absätzen 3a bis 5 obliegen der Bundesanstalt unbeschadet davon, ob die Erlaubnis durch die Europäische Zentralbank oder die Bundesanstalt erteilt wird.

(8) Die Absätze 1 bis 7 finden auch dann Anwendung, wenn im Zuge einer Umwandlung nach § 305, § 320 oder § 333 des Umwandlungsgesetzes eine juristische Person, die nach den Absätzen 1 bis 1f erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt, ihren juristischen Sitz vom Ausland ins Inland verlegt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 14/11 Verkündet am:
20. Dezember 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Durch die Gewährung einer Nachlassstundung nach Art. 295 Abs. 1 Satz 1 des
Schweizer Bundesgesetzes über Schuldbeitreibung und Konkurs wird ein inländischer
Rechtsstreit nicht unterbrochen.
BGH, Versäumnisurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11 - OLG München
LG Landshut
Gegen das Urteil ist
Einspruch eingelegt
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Zwischenurteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der beklagten Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrags.
2
Anfang 2003 rief ein Vertriebsbeauftragter der Beklagten den in Deutschland ansässigen Kläger unaufgefordert an und traf sich mit ihm am 20. März 2003 in Moosburg in Bayern. Der Kläger unterschrieb einen Anlageauftrag in Form einer Einmalanlage über 70.000 CHF "unter Anerkennung der AGB" der Beklagten "aufgrund des erteilten Vermögensverwaltungsauftrags". Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sehen Zürich als Gerichtsstand und Schweizer Recht als anwendbares Recht vor. Mit Schreiben vom 27. März 2003 teilte die Beklagte mit, dass sie sich freue, für den Kläger als schweizerische Vermögensverwaltung tätig zu sein. Sie lud den Kläger "für die Realisierung der Vermögensanlage" nach Zürich ein, um die Anlage auf seine "persönlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten" abzustimmen.
3
Am 7. April 2003 unterzeichneten der Kläger und ein Vertreter der Beklagten bei einem Gespräch in Zürich, bei dem auch die Anlagestrategie festgelegt wurde, einen Vermögensverwaltungsauftrag sowie einen Anlageauftrag über 248.000 CHF, auf dem vermerkt ist: "ersetzt Anlageauftrag vom 20. März 2003". In dem Vermögensverwaltungsauftrag ist erneut als Gerichtsstand Zürich und die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vorgesehen. Am 16. Mai 2003 erteilte der Kläger einen weiteren Auftrag für eine Einmalanlage von 50.000 CHF.
4
Im Jahr 2006 ließ sich der Kläger von der Beklagten sein Kapital auszahlen. Er wäre keine vertraglichen Beziehungen zur Beklagten eingegangen, wenn er gewusst hätte, dass die Beklagte keine Erlaubnis zur Vermögensverwaltung nach § 32 KWG besitzt. Er hätte stattdessen sein Kapital anderweitig angelegt und hierfür einen Zinssatz von jährlich 5 % erlöst.
5
Mit Verfügung vom 11. Oktober 2010 gewährte das Bezirksgericht Zürich der Beklagten eine definitive Nachlassstundung, die es zuletzt bis zum 12. Dezember 2011 verlängerte. Die Gläubigerversammlung nahm einen Nachlassvertrag an. Das Bezirksgericht Zürich hat Termin zur Verhandlung über die Bestätigung des Nachlassvertrages bestimmt auf den 11. Januar 2012.
6
Der Kläger hat von der Beklagten zunächst 36.019,94 € Schadensersatz verlangt. Das Landgericht hat sich als international nicht zuständig angesehen und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat im Berufungsrechtszug die Klage teilweise zurückgenommen und noch 34.812,44 € verlangt. Das Berufungsgericht hat durch Zwischenurteil festgestellt, dass der Rechtsstreit seit 11. Oktober 2010 unterbrochen sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren aus der Berufungsinstanz weiter; hilfsweise beantragt er festzustellen, dass der Rechtsstreit nicht unterbrochen ist.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht bejaht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Es bestehe der internationale Gerichtsstand für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Art. 14 Abs. 1 Fall 2 des Luganer Übereinkommens vom 16. September 1988 (BGBl. II 1994, S. 2658, im Folgenden : LugÜ I). Der Kläger habe im Inland die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen, indem er beim Besuch des Vertriebsbeauftragten am 20. März 2003 in Moosburg alles getan habe, um den Vertragsschluss sowie die getätigte Anlage herbeizuführen. Der Kläger habe einen Vermögensverwaltungsauftrag, der Grundlage des Anlageauftrags sein sollte, zumindest mündlich erteilt. Der am 7. April 2003 in Zürich unterschriebene Vermögensverwaltungsvertrag sei eine Konkretisierung des Vermögensverwaltungsvertrages vom 20. März 2003 und keine Neubegründung des Schuldverhältnisses. Ebenso sei der am 7. April 2003 in Zürich erteilte Anlageauftrag, der den Anlageauftrag vom 20. März 2003 "ersetzen" sollte, eine Änderung des früheren Anlageauftrags, die ihre Grundlage im Vermögensverwaltungsvertrag habe, und keine Novation. Auch soweit der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auf § 823 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 1 KWG stützte, mache er einen Anspruch "aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LugÜ I geltend. Es reiche aus, dass sich der Schadensersatzanspruch allgemein auf einen Vertrag beziehe und die auf einer gesetzlichen Grundlage beruhende Klage eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweise, dass sie von ihm nicht getrennt werden könne. Dies sei bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen die Erlaubnispflicht des § 32 KWG, die sich an den Finanzdienstleister als Vertragsschließenden richte, der Fall. Der Gerichtsstand für Verbrauchersachen sei nicht wirksam durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abbedungen worden, weil Art. 15 Nr. 1 LugÜ I Gerichtsstandvereinbarungen erst nach Entstehung der Streitigkeit zulasse.
8
Das Berufungsgericht hält den Rechtsstreit durch die definitive Nachlassstundung gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO für unterbrochen. Das Nachlassverfahren nach Art. 293 ff. des Schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) sei als Insolvenzverfahren im Sinne von § 352 Abs. 1, § 343 Abs. 1 InsO zu qualifizieren. Die Unterbrechungswirkung trete unabhängig davon ein, dass der Insolvenzschuldner nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaats seine Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis verliere. Auch der Umstand, dass die Gewährung der Nachlassstundung nach schweizerischem Recht zu keiner Unterbrechung von Prozessen führe, sei unerheblich. Der Wortlaut der §§ 352, 343 InsO lasse nicht erkennen, dass die Unterbrechungswirkung im Inland davon abhänge, dass eine solche Wirkung auch im Staat der Insolvenzeröffnung eintrete. Die Bedeutung des § 352 InsO bestehe gerade darin, dass die Unterbrechungswirkung eines inländischen Rechtsstreits unabhängig vom Recht des Insolvenzeröffnungsstaats eintrete. Die Unterbrechung diene - ebenso wie die Unterbrechung nach § 240 ZPO im Fall der Eigenverwaltung nach § 270 InsO - auch bei ausländischen Insolvenzverfahren der Ermöglichung eines störungsfreien Ablaufs des Verfahrens. So habe auch im Streitfall die Unterbrechung den Sinn, im Nachlassverfahren dem Schuldner unter Aufsicht und eventuell Mitwirkung des Sachwalters eine Prüfungs - und Überlegungsfrist einzuräumen, wie er sich im betroffenen Rechtsstreit verhält.

II.

9
Über die Revision des Klägers ist, da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
10
Die Revision ist statthaft und auch ansonsten zulässig. Ein Zwischenurteil , das die Unterbrechung des Rechtsstreits feststellt, hat die Wirkung, dass der Kläger auf unbestimmte Zeit - während der Dauer der Nachlassstundung in der Schweiz - seine Ansprüche gegen die Beklagte in dem anhängigen Rechtsstreit nicht weiterverfolgen kann. Ein solches Urteil ist wie ein Endurteil anfechtbar , da es die rechtssuchende Partei in vergleichbarer Weise beschwert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2004 - IX ZR 281/03, ZIP 2004, 2024; vom 21. Oktober 2004 - IX ZB 205/03, ZIP 2004, 2399, 2400 und vom 10. November 2005 - IX ZB 204/04, WM 2006, 202, 203; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 240 Rn. 3).
11
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht Stand.
12
1. Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Unterbrechungswirkung durch Zwischenurteil festgestellt hat. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Umstand, dass die Parteien zuletzt übereinstimmend der Ansicht waren, dass keine Unterbrechung eingetreten sei und deshalb kein Zwischenstreit, wie ihn § 303 ZPO voraussetzt, bestanden habe, einer solchen Entscheidung nicht entgegen. Denn die Frage der Unterbrechung eines Rechtsstreits betrifft eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung (vgl. Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 239 Rn. 5). Sie wirkt unabhängig vom Vortrag der Parteien und den von ihnen geäußerten Rechtsansichten. Anderenfalls wäre es den Parteien verwehrt, die Auffassung des Gerichts , ein Rechtsstreit sei unterbrochen, zur Überprüfung durch die höhere Instanz zu stellen.
13
Das von der Revision herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 1981 - II ZR 129/80, BGHZ 82, 209 vermag keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Dort wurde die Zulässigkeit des Zwischenurteils bejaht, weil die Frage der Unterbrechung unter den dortigen Parteien im Streit stand (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1981 - II ZR 129/80, BGHZ 82, 209, 218). Daraus lässt sich jedoch nicht der Umkehrschluss ziehen, dass ein Zwischenurteil unzulässig ist, wenn die Parteien über eine Unterbrechung nicht streiten.
14
2. Die Revision wendet sich nicht gegen die zutreffende Annahme des Berufungsgerichts, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien, was auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7).
15
a) Zwar bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nicht nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (LugÜ I). Vielmehr ist bereits das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007 (LugÜ II), anwendbar. Gemäß Art. 63 Abs. 1 LugÜ II sind die Vorschriften dieses Übereinkommens auf Klagen anzuwenden, die erhoben worden sind, nachdem dieses Übereinkommen im Ursprungsstaat in Kraft getreten ist. Das Übereinkommen ist für die Europäische Gemeinschaft am 1. Januar 2010 in Kraft getreten (BGBl. I 2009 S. 2862; vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 16). Im Streitfall wurde Klage am 17. Januar 2010 erhoben.
16
Das Übereinkommen findet gemäß Art. 64 Abs. 2 Buchst. a LugÜ II mit Vorrang vor dem nationalen Prozessrecht Anwendung (vgl. zu Art. 54b Abs. 2 Buchst. a LugÜ I Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 9; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 16; BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 133).
17
Für die Auslegung gelten dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ), der EuGVVO und des LugÜ I, da sich die Unterzeichnerstaaten zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen verpflichtet haben (vgl. Art. 1 Protokoll 2 nach Art. 75 LugÜ II über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss; vgl. zum LugÜ I Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 10; vgl. EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - 1/03, Slg. 2006 S. I-1145 Rn. 19). Dabei ist zu beachten, dass die im Übereinkommen verwendeten Begriffe grundsätzlich autonom, d.h. ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae auszulegen sind, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (vgl. Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342 Rn. 11; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 10; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10 Rn. 17; vgl. zum EuGVÜ: EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00, Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel Rn. 37; vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02, Slg. 2005 S. I-499, Engler, Rn. 33; zur EuGVVO: EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - Rs. C-585/08, NJW 2011, 505 Rn. 55).
18
b) Für das vom Kläger verfolgte Schadensersatzbegehren aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deut- schen Gerichte aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Fall 2 LugÜ II (Zuständigkeit für Verbrauchersachen).
19
aa) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nicht durch eine Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen. Dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten Zürich als Gerichtsstand vorsehen, schließt die internationale Zuständigkeit der Gerichte im Wohnsitzstaat des Verbrauchs hier nicht wirksam aus. Denn gemäß Art. 17 LugÜ II (früher Art. 15 LugÜ I) kann von den Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur dann abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, dem Verbraucher lediglich zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnet oder die Gerichte des Staats für zuständig erklärt, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. So liegt der Streitfall nicht.
20
bb) Die Voraussetzungen der Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Fall 2 LugÜ II sind hier erfüllt. Danach kann ein Verbraucher eine Klage vor den Gerichten des Vertragsstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, wenn der andere Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
21
(1) Der Kläger schloss den Vermögensverwaltungsvertrag mit der Beklagten als Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 LugÜ II ab. Unter einem Verbraucher ist dabei eine Person zu verstehen, die zu einem Zweck tätig wird, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Vertrag diente der Anlage und Verwaltung des privaten Vermögens des Klägers und kann deshalb nicht seiner gewerblichen oder beruflichen Tä- tigkeit zugerechnet werden (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 22).
22
(2) Der auf § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG gestützte Anspruch ist als Anspruch aus einem solchen Vertrag zwischen Verbraucher und seinem Vertragspartner zu qualifizieren. Art. 15 Abs. 1 LugÜ II, der Art. 15 Abs. 1 EuGVVO nachgebildet ist, ist anwendbar, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch mit einem Verbrauchervertrag in Verbindung steht; der Vertrag muss im Gegensatz zur Rechtslage nach Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ bzw. Art. 13 Abs. 1 LugÜ I keine synallagmatischen Verpflichtungen mehr begründen (EuGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06, Slg. 2009 S. I-3961, Ilsinger, Rn. 51 f.). Für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 15 Abs. 1 LugÜ II ist nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinn erforderlich. Vielmehr genügt es, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. zu Art. 13 LugÜ I Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 23; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 32).
23
Im Streitfall weist der geltend gemachte Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG die für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands erforderliche enge Verbindung zu dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag auf. Der Kläger macht geltend, ihm sei dadurch ein Vermögensschaden entstanden, dass er sich auf einen Vertrag mit der Beklagten eingelassen habe, den er nicht geschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass der Vertrag gegen ein ihn schützendes gesetzliches Verbot verstoße. Das Klagebegehren kann vom Vertrag nicht getrennt werden.
24
(3) Ob die Beklagte ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in Deutschland ausgeübt hat, kann offen bleiben, denn sie hat ihre Tätigkeit zumindest auf irgendeinem Wege auf Deutschland ausgerichtet. Kernstück der Neuregelung in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO, dem Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II nachgebildet ist, ist der Begriff des Ausrichtens einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers. Der Gewerbetreibende richtet seine Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers aus, wenn er seinen Willen zum Ausdruck bringt, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern in diesem Staat herzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - Rs. C-585/08, NJW 2011, 505 Rn. 75; BGH, Urteil vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, z.V.b. WM 2012, 36, Rn. 21, zu Art. 15 EuGVVO). Erfasst werden sollte unter anderem die gezielt auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers gerichtete Werbung. Deshalb kommt es - anders als nach bisherigem Recht (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EuGVÜ bzw. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b LugÜ I) - auf den Ort des Vertragsschlusses oder der Vornahme der dafür erforderlichen Rechtshandlungen nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - Rs. C-585/08, NJW 2011, 505 Rn. 60; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht , 3. Aufl., Art. 15 Rn. 35). Denn nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO bzw. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II wird die notwendige Verbindung zum Staat des Verbrauchers schon dadurch geschaffen, dass dessen Vertragspartner seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet (BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298 Rn. 8). Weiter setzt das "Ausrichten" der gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers voraus, dass der Verbraucher dort zum Vertragsschluss zumindest motiviert worden ist, auch wenn der Vertragsschluss selbst nicht in dem Wohnsitzstaat erfolgt (BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298 Rn. 11).
25
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts rief ein Vertriebsbeauftragter der Beklagten den Kläger unaufgefordert an und besuchte ihn am 20. März 2003 in Deutschland. Hierin kommt der Wille der Beklagten, Kunden in Deutschland zu gewinnen, zum Ausdruck. Diese Tätigkeit war auch die entscheidende Ursache für den Entschluss des Klägers, vertragliche Beziehungen mit der Beklagten einzugehen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob am 7. April 2004 in Zürich ein neuer Vertrag geschlossen wurde. Jedenfalls war die vorangegangene Tätigkeit des Vertriebsbeauftragten der Beklagten in Deutschland ursächlich dafür, dass sich der Beklagte am 7. April 2004 in die Schweiz begab und dort einen Vertrag mit der Beklagten unterzeichnete.
26
(4) Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag fällt in den Bereich der von der Beklagten auf Deutschland ausgerichteten Tätigkeit. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II kommt nur zur Anwendung, wenn der konkret geschlossene Vertrag in den Bereich der Tätigkeit fällt, die der Vertragspartner in dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausübt oder auf diesen ausrichtet (Geimer in Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 Rn. 39).
27
Davon ist im Streitfall auszugehen. Die Beklagte wurde in Deutschland aktiv, um Vermögensverwaltungsverträge zu schließen oder zumindest anzubahnen.
28
c) Für das Luganer Übereinkommen II besteht - im Gegensatz zum Luganer Übereinkommen I (vgl. dazu Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342 Rn. 9; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10 Rn. 17; EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - 1/03, Slg. 2006 S. I-1145 Rn. 19) - eine Auslegungszuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs (Präambel zum Protokoll 2 nach Art. 75 LugÜ II über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss, ABl. EU 2007, L 339, S. 27; Rauscher /Staudinger, 2011, Einl. LugÜ II Rn. 29; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Art. 1 EUGVVO Rn. 17). Eine Vorlage an diesen nach Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist aber hier nicht geboten, weil die richtige Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Fall 2 LugÜ II, das Teil des Gemeinschaftsrechts ist, derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2007 - NotZ 23/07, BGHZ 174, 273 Rn. 34; Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 35).
29
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , der Rechtsstreit sei infolge der Nachlassstundung unterbrochen. Denn die Annahme einer Unterbrechungswirkung im Inland ist nicht gerechtfertigt , wenn das ausländische Insolvenzverfahren, wie hier, nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaates keinerlei Wirkungen auf einen anhängigen Rechtsstreit entfaltet.
30
Für die Entscheidung des Zwischenstreits über die Unterbrechung sind die prozessualen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel maßgeblich (vgl. BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 8). Die Nachlassstundung dauert derzeit noch an. Mit Verfügung vom 11. Oktober 2010 hat das Bezirksgericht Zürich der Beklagten eine definitive Nachlassstundung gewährt, die es zuletzt bis zum 12. Dezember 2011 verlängert hat. Die Gläubigerversammlung hat einen Nachlassvertrag angenommen. Das Bezirksgericht Zürich hat Termin zur Verhandlung über die Bestätigung des Nachlassvertrages auf den 11. Januar 2012 bestimmt. Auch nach Ablauf der Frist wirkt die Nachlassstundung noch bis zur Publikation des Entscheids über die Bestätigung des Nachlassvertrages fort (Art. 308 Abs. 2 SchKG), wenn der Sachwalter vor Ablauf der Frist die Akten mit seinem Gutachten dem Nachlassgericht vorlegt (Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 25. Oktober 1958, BGE 84 III 117, 118 f.; Hunkeler/Hardmeier, SchKG, 2008, Art. 295 Rn. 11; Jaeger, SchKG, 4. Aufl., Art. 295 Rn. 6; Vollmar in Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG, 1998, Art. 297 Rn. 4).
31
a) Die Frage, ob eine Nachlassstundung nach schweizerischem Recht zur Unterbrechung eines inländischen Rechtsstreits führt, bestimmt sich nach §§ 343, 352 Abs. 1 Satz 1 InsO und nicht nach der Übereinkunft zwischen dem schweizerischen Kanton Zürich u. a. und dem Königreich Bayern über gleich- mäßige Behandlung der gegenseitigen Staatsangehörigen in Konkursfällen vom 11. Mai / 27. Juni 1834. Diese Übereinkunft gilt zwar für das Gebiet des heutigen Freistaats Bayern und der beteiligten Kantone bis heute (vgl. Blaschczok, ZIP 1983, 141; Bürgi, Festschrift 100 Jahre SchKG, 1989, S. 175, 181 f.; Graf, Die Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheidungen, 2003, S. 171 f.; Wenner in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 20 Rn. 19). Die Übereinkunft enthält aber keine für die Entscheidung der Streitfrage maßgeblichen Regelungen. Die im Übereinkommen geregelten Konkursfälle umfassen nicht die hier in Rede stehende Nachlassstundung.
32
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht das Nachlassverfahren als Insolvenzverfahren im Sinne von §§ 343, 352 Abs. 1 Satz 1 InsO qualifiziert.
33
aa) Der Eintritt der Unterbrechung (§ 352 Abs. 1 Satz 1 InsO) bzw. die Anerkennung des ausländischen Verfahrens nach § 343 InsO setzen voraus, dass ein "Insolvenzverfahren" vorliegt. Als ein solches Verfahren werden Auslandsverfahren nicht völlig schrankenlos anerkannt, sondern nur, wenn damit in etwa die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit den in der Insolvenzordnung vorgesehenen Verfahren (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 8; vgl. BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 19; BT-Drucks. 15/16, S. 21). Den in § 1 InsO formulierten Zielen des Insolvenzverfahrens dienen neben Verfahren, die in erster Linie auf alsbaldige Liquidation des Schuldnervermögens angelegt sind, auch solche, durch die - wie bereits im früheren deutschen Vergleichsverfahren - der Bestand eines Unternehmens trotz bestehender Insolvenzgründe erhalten werden soll, sofern mit diesem Verfahren auch das Ziel der Befriedigung der Gläubiger verfolgt wird (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 8; BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 20; Anders in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 240 Rn. 4; vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 236; vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 82 ff.).
In der Insolvenzordnung ist diese Zielsetzung durch Anerkennung solcher Verfahren als Insolvenzverfahren verwirklicht, bei denen die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger nicht nur in der Weise bewirkt wird, dass das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird, sondern auch dadurch, dass in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 InsO; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 8).
34
bb) Das in Art. 293 ff. des Schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) geregelte Nachlassverfahren bezweckt die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger und entfaltet Wirkungen, wie sie für ein Insolvenzverfahren typisch sind.
35
Das Nachlassverfahren ist in der schweizerischen Rechtsordnung ein Sanierungsverfahren, das darauf abzielt, das Vermögen des Schuldners bestmöglich zu erhalten und dadurch die Gläubiger besser zu stellen als im Konkursverfahren (vgl. Hunkeler/Hardmeier, SchKG, 2008, Art. 293 Rn. 2; Vollmar in Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG, 1998, Art. 293 Rn. 1).
36
Die Bewilligung der Nachlassstundung, durch die das Verfahren eröffnet wird, hat ähnliche Wirkungen wie die Konkurseröffnung und der Pfändungsvollzug (vgl. Spühler/Dolge, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht II, 5. Aufl., Rn. 404 ff.): Es sind unverzüglich die zur Erhaltung des schuldnerischen Vermögens notwendigen Anordnungen zu treffen (Art. 293 Abs. 3 SchKG); es muss ein Sachwalter bestimmt werden, der die Handlungen des Schuldners, insbesondere die Fortführung der Geschäftstätigkeit, falls und soweit sie dem Schuldner überhaupt überlassen wird, überwacht (Art. 295 Abs. 1, Abs. 2, Art. 298 Abs. 1 SchKG); eine Betreibung (Zwangsvollstreckung) gegen den Schuldner kann weder eingeleitet noch fortgesetzt werden, Verjährungs- und Verwirkungsfristen stehen still, der Zinsenlauf für alle nicht pfandgesicherten Forderungen hört auf, und für die Verrechnung gelten die Vorschriften des Kon- kursverfahrens, wobei an die Stelle der Konkurseröffnung die Bekanntmachung der Nachlassstundung tritt (Art. 297 SchKG); weder darf Anlagevermögen vom Schuldner veräußert oder belastet, noch dürfen Pfänder bestellt, Bürgschaften eingegangen oder unentgeltliche Verfügungen getroffen werden (Art. 298 Abs. 2 SchKG); für die Berechnung der Frist zur Anfechtung von Rechtshandlungen ist nach Art. 331 Abs. 2 SchKG anstelle der Konkurseröffnung oder der Pfändung die Bewilligung der Nachlassstundung maßgeblich (Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 15. Dezember 1998, BGE 125 III 154, 157 f.; Jaeger, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., Art. 297 Rn. 7).
37
c) Voraussetzung für die Inlandswirkung eines ausländischen Insolvenzverfahrens ist, dass das ausländische Insolvenzverfahren eine extraterritoriale Geltung beansprucht (BT-Drucks. 12/2443, S. 241; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht , 6. Aufl., Rn. 3512a; Graf, Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheidungen , 2003, S. 286 ff.). Nach schweizerischem Recht hat die Nachlassstundung ebenso wie der Konkurs Auslandswirkung (Spühler/Dolge, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht II, 5. Aufl., Rn. 408).
38
d) Die in § 343 Abs. 1 Satz 2 InsO genannten Hindernisse für eine Anerkennung liegen nicht vor.
39
Die schweizerischen Gerichte sind nach deutschem Recht für Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zuständig (vgl. § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). In Ermangelung vorrangiger Kollisionsnormen ist zu fragen, ob unter gleichsam "spiegelbildlicher" Zugrundelegung deutscher Zuständigkeitsnormen ein Gericht des Staats, in dem die Entscheidung ergangen ist, international zuständig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334, 337 mwN; Kemper/Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 343 Rn. 11 (Stand August 2008); Lüer in Uhlenbruck/Hirte/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 343 Rn. 7). Grundsätzlich verteilen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht nur die Rechtsprechungsaufgaben auf die einzelnen deutschen Gerichte nach örtlichen Gesichtspunkten, sondern legen mittelbar auch den Umfang der internationalen Zuständigkeit fest (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 20; BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 24). Die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte für Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten ergibt sich hier entsprechend § 3 InsO, denn sie hat ihren Sitz in der Schweiz.
40
e) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Unterbrechung des Rechtsstreits sei nicht davon abhängig, dass nach dem ausländischen Recht die Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis vom Schuldner auf eine dritte Person übergeht, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Eine Ansicht macht zwar eine Unterbrechung von einem solchen Übergang der Prozessführungsbefugnis abhängig (FK-InsO/Wenner/Schuster, 5. Aufl., § 352 Rn. 6; Geimer , Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 3529; MünchKommBGB /Kindler, 5. Aufl., § 352 InsO Rn. 13; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 240 Rn. 11; Saenger/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 240 Rn. 5; Wenner in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 20 Rn. 238). Nach überwiegender Ansicht soll aber ein in Deutschland geführter Rechtsstreit auch dann unterbrochen werden, wenn nach dem Recht des Staats der Insolvenzeröffnung ein Wechsel der Prozessführungsbefugnis nicht erfolgt (BT-Drucks. 12/2443, S. 244; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Februar 2007 - 5 U 24/05, ZIP 2007, 932, 934; Dahl in Andres/Leithaus, InsO, 2. Aufl., § 352 Rn. 3; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, 7. Aufl., Rn. 2680; Gottwald /Kolmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 133 Rn. 53; Holzer in Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht , 2010, Kapitel 11 Rn. 96; Kolmann, Kooperationsmodelle im Internationalen Insolvenzrecht, 2001, S. 191 ff.; Kreft/Stephan, InsO, 6. Aufl., § 352 Rn. 5; Ludwig, Neuregelungen des deutschen Internationalen Insolvenzverfahrens- rechts, 2004, S. 102 f.; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 240 Rn. 4; Stephan in Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Aufl., § 352 Rn. 5; vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17. Oktober 2007 - 16 W 24/07, ZIP 2007, 2287, 2288). Diese Ansicht trifft zu.
41
Schon der Wortlaut des § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt einenWechsel der Prozessführungsbefugnis nicht voraus. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers erfordert die Unterbrechung nach § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO keinen Wechsel der Prozessführungsbefugnis im Insolvenzeröffnungsstaat. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts vom 14. März 2003 (BGBl. I S. 345) eingeführt. Der Gesetzgeber lehnte sich dabei eng an die im Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung vorgesehenen Regelungen zum internationalen Insolvenzrecht an (BT-Drucks. 15/16, S. 13 f.). In der Gesetzesbegründung zu § 391 des Entwurfs, der hinsichtlich der hier relevanten Frage dem geltenden § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO entspricht, wird ausdrücklich ausgeführt, dass die Unterbrechung des inländischen Verfahrens auch eintrete, wenn die ausländische Rechtsordnung dem Schuldner die Befugnis zur Fortführung eines anhängigen Prozesses belässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 244).
42
Dass es auf einen Wechsel der Prozessführungsbefugnis nicht ankommt, wird weiter dadurch bestätigt, dass eine Unterbrechung nach § 240 ZPO nicht zwingend einen Wechsel der Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis voraussetzt. So wird ein Prozess auch im Fall der Eigenverwaltung gemäß § 270 InsO unterbrochen (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - V ZB 93/06, ZIP 2007, 249 Rn. 6 ff.). Die durch die Unterbrechung bewirkte Überlegungsfrist benötigt auch ein Insolvenzschuldner, der sein Vermögen selbst verwaltet. Denn er darf sein bisheriges Prozessverhalten nicht ohne weiteres beibehalten; vielmehr hat er nach der Insolvenzeröffnung ausschließlich die Interessen seiner Gläubiger zu wahren und eigene Interessen zurückzustellen; zudem kann eine Abstimmung mit dem Sachwalter (vgl. § 274 Abs. 2, § 279 InsO) erforderlich werden (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - V ZB 93/06, ZIP 2007, 249 Rn. 8).
43
f) Soweit das Berufungsgericht allerdings eine Unterbrechung des vorliegenden Rechtsstreits selbst dann annehmen will, wenn das ausländische Insolvenzverfahren , wie hier, nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaats weder einen Übergang der Prozessführungsbefugnis vorsieht noch eine Unterbrechungswirkung beansprucht oder sich in sonstiger Weise auf den Fortgang anhängiger Prozesse auswirkt, kann dem nicht gefolgt werden.
44
Die Frage, ob im Inland eine Unterbrechungswirkung angenommen werden kann, wenn das ausländische Insolvenzrecht eine solche nicht kennt, wird unterschiedlich beantwortet. Eine Ansicht lehnt eine Unterbrechung des in Deutschland geführten Rechtsstreits dann ab, wenn das ausländische Recht eine Unterbrechung nicht vorsieht (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 240 Rn. 3a; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 240 Rn. 4). Nach der Gegenansicht soll es auf die Frage, ob das ausländische Insolvenzverfahren eine solche Wirkung hat, generell nicht ankommen (Braun/Liersch, InsO, 4. Aufl., § 352 Rn. 2; FK-InsO/Wenner/Schuster, 5. Aufl., § 352 Rn. 6; Gottwald/Kohlmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 133 Rn. 53; Liersch, NZI 2003, 302, 308; Ludwig, Neuregelungen des deutschen Internationalen Insolvenzverfahrensrechts , 2004, S. 101 f.; Pannen in Blersch/Goetsch/Haas, InsO, § 352 Rn. 4 (Stand April 2008); Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 240 Rn. 6).
45
Die Frage kann im Streitfall letztlich offen bleiben. Zwar kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob das ausländische Prozessrecht seinerseits gerade eine automatische Unterbrechungswirkung wie § 240 ZPO vorsieht, denn die Unterbrechung des Verfahrens ist keine Frage des Insolvenzrechts, sondern des Prozessrechts und wird deswegen grundsätzlich durch das Recht des jeweiligen Prozessgerichts beantwortet (BGH, Beschluss vom 26. Novem- ber 1997 - IX ZR 309/96, ZIP 1998, 659, 660; Ludwig, Neuregelungen des deutschen Internationalen Insolvenzverfahrensrechts, 2004, S. 101). So kann eine Unterbrechungswirkung oft die unvermeidliche Folge eines Übergangs der Prozessführungsbefugnis sein, auch wenn das ausländische Insolvenzrecht keine automatische Unterbrechungswirkung vorsieht (BGH, Beschluss vom 26. November 1997 - IX ZR 309/96, ZIP 1998, 659, 660). Im Streitfall liegt nach dem ausländischen Recht jedoch auch kein Übergang der Prozessführungsbefugnis vor. Die Bewilligung der Nachlassstundung hat in der Schweiz keinen Einfluss auf die Fortsetzung von Zivilprozessen (vgl. Hunkeler/Hardmeier, SchKG, 2008, Art. 297 Rn. 7; Jaeger, SchKG, 4. Aufl., Art. 297 Rn. 24; Vollmar in Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG, 1998, Art. 297 Rn. 10). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Schweizer Nachlassstundung im Ausland eine Unterbrechungswirkung beansprucht (vgl. zur Auslandswirkung fremden Insolvenzrechts BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 254/92, BGHZ 122, 373, 376). Jedenfalls in den Fällen, in denen wie hier nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaats das Insolvenzverfahren keinerlei Einfluss auf anhängige Rechtsstreitigkeiten haben soll, ist die Annahme einer Unterbrechung in Deutschland nicht gerechtfertigt.
46
g) Schließlich erfordern auch die Interessen der Parteien im nationalen Zivilprozess keine Unterbrechung. § 352 Abs. 1 InsO soll wie § 240 ZPO dem infolge der Insolvenzeröffnung eintretenden Wechsel der Prozessführungsbefugnis Rechnung tragen und sowohl dem Insolvenzverwalter als auch den Parteien Gelegenheit geben, sich auf die durch die Insolvenz veränderte rechtliche und wirtschaftliche Lage einzustellen (BGH, Beschluss vom 26. November 1997 - IX ZR 309/96, ZIP 1998, 659, 660, Kempter/Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 352 Rn. 1 (Stand August 2008)). Soweit, wie hier, ein Wechsel in der Prozessführungsbefugnis nicht erfolgt, beschränkt sich das Interesse der Parteien darauf, sich auf die infolge der Insolvenz des Schuldners geänderte Situation einzustellen. Diesem Interesse muss aber nicht zwingend durch eine Un- terbrechung, die unabhängig vom Willen der Parteien eintritt, Rechnung getragen werden. Eine ausreichende Überlegungszeit kann regelmäßig auch durch die Gewährung von Fristverlängerungen (§ 224 Abs. 2 ZPO) und Terminsverlegungen (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erreicht werden. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 31.05.2010 - 23 O 2478/09 -
OLG München, Entscheidung vom 22.12.2010 - 20 U 3526/10 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.