Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 21. Juni 2017 - 7 WF 493/17

published on 21.06.2017 00:00
Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 21. Juni 2017 - 7 WF 493/17
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Tenor

I. Auf die Beschwerde des „L. i. V. e.V.“ wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 24.03.2017 abgeändert und neu gefasst wie folgt:

1. Auf Antrag des „L. i. V. e.V.“ wird er als Vereinsvormund des Kindes R. N., geb. am …, entlassen.

2. Als neuer Vormund für das Kind R… N…, geb. am …, wird Frau A. E. als Mitarbeiterin des „L. i. V. e.V.“ ausgewählt. Für den Fall der Verhinderung von Frau A. E. (z.B. durch Urlaub, Krankheit oder Fortbildungszeiten) wird Frau A. H., Mitarbeiterin des „L. i. V. e.V.“, als Ersatzvormund ausgewählt.

II. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Das Kind R. N., geb. am …, afghanischer Staatsangehöriger, hält sich seit dem 29.11.2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Deutschland auf. Der konkrete Aufenthalt seiner Eltern L. S. und I. N. ist unbekannt.

Mit Beschluss vom 12.01.2016 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg festgestellt, dass die elterliche Sorge der Eltern des Kindes R. N. ruht, da beide Elternteile auf längere Zeit die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausüben können. Gleichzeitig hat das Amtsgericht Vormundschaft angeordnet und als Vormund den „L. i. V. e.V.“ ausgewählt. Mit Schreiben vom 22.12.2016 hat der „L. i. V. e.V.“ beantragt, ihn als Vormund zu entbinden und die persönliche Bestellung seiner Mitarbeiterin, Frau A. E., als „Vereinsvormund“ beantragt. Als Ersatzvormund für den Fall der Verhinderung von Frau E. soll die weitere Mitarbeiterin des „L. i. V. e.V.“, Frau A. H., bestellt werden. Die dem „L. i. V. e.V.“ übertragene Vormundschaft werde von Anfang an von Frau E. bearbeitet. Beide Mitarbeiterinnen würden sich laufend kollegial austauschen, weshalb Frau H. mit dem Sachverhalt im Einzelfall stets vertraut sei.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg hat den Antrag vom 22.12.2016 mit Beschluss vom 24.03.2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, ein Grund für die Entlassung des bisherigen Vormunds sei nicht gegeben. Dem „L. i. V. e.V.“ sei bereits bei seiner Bestellung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vergütungsansprüchen eines Vormundschaftsvereins bzw. seiner Mitarbeiter bekannt gewesen. Zudem sei mit dem Verein bei einer Besprechung zwischen dem Familiengericht Nürnberg, der Geschäftsleitung des Vereins sowie dem Jugendamt N… im Herbst 2015 eine mündliche Vereinbarung getroffen worden, dass vom Familiengericht Nürnberg nur der Verein selbst und nicht ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Vereins als Vormund bestellt werde. Außerdem sei keine geeignete Person, die vorrangig zu bestellen sei, vorhanden. Nach aktueller Rechtslage könne nur ein Verein selbst zum Vormund bestellt werden, nicht dagegen einzelne Mitglieder oder Mitarbeiter des Vereins. Dass sich ein Vormundschaftsverein bei der Führung der Vormundschaft einzelner Mitglieder oder Mitarbeiter bediene, wirke nur intern, ändere aber nichts daran, dass ausschließlich der Verein selbst als Vormund zu bestellen sei.

Gegen diese Entscheidung, welche ihm über seinen Vorstand am 29.03.2017 zugestellt worden ist, hat der „L. i. V. e.V.“, vertreten durch den geschäftsführenden Vorstand J. G., mit Schreiben vom 24.04.2017 Beschwerde eingelegt, mit welcher der Antrag vom 22.12.2016 weiterverfolgt wird. Zur Begründung macht er geltend, auch das Bestreben, eine Vergütung zu erreichen, welche nur von einem Einzelvormund verlangt werden könne, rechtfertige die begehrte Änderung bezüglich des Vormundes. Da Frau A. E. innerhalb des Vereins bereits seit der Bestellung des „L. i. V. e.V.“ für die Betreuung des Jugendlichen R… N…zuständig sei, sei sie als geeignet anzusehen, die Vormundschaft persönlich zu führen.

Im Übrigen sei bei dem Gespräch im Herbst 2015 deutliche gemacht worden, dass mit einer Bestellung als Vereinsvormund längerfristig nur Einverständnis bestehe, wenn die von der Stadt N… in Aussicht gestellte Finanzierung erfolgen werde. Zu einer langfristigen Finanzierung des Vormundschaftsvereins durch die Stadt N… sei es allerdings nicht gekommen. Deshalb sei nun eine Vergütung nach den Vorschriften des Betreuungsrechts unverzichtbar.

Der Senat hat die Beteiligten im Termin vom 21.06.2017 angehört. Zum Ergebnis wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Der betroffene Jugendliche hat der Bestellung von Frau A…E… zum persönlichen „Vereinsvormund“ und die Bestellung von Frau A. H. als Ersatzvormund zugestimmt. Der geschäftsführende Vorstand des „L. i. V. e.V.“ hat der Berufung seiner Mitarbeiterinnen ebenfalls zugestimmt.

II.

Die statthafte und zulässige Beschwerde führt im Ergebnis zu einer Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung, wie sie sich aus dem Beschlusstenor ergibt.

1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich aus Art. 13 Abs. 2 EuEheVO.

2. Die Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG statthaft und zulässig.

Der bisherige Vormund, der „L. i. V. e.V.“ ist gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, weil er durch die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts in seinem Anspruch auf Entlassung als Vormund und Auswahl und Bestellung einer Mitarbeiterin zum „Vereinsvormund“ bzw. „Vereinsersatzvormund“ in eigenen Rechten verletzt sein kann.

Dass Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.01.2016 den „L. i. V. e.V.“ zwar als Vormund ausgewählt, den Verein aber entgegen § 1791a Abs. 2 BGB nicht ausdrücklich als Vormund bestellt. Dies ändert an der Beschwerdebefugnis des „L. i. V. e.V.“ jedoch nichts, weil sein Abänderungsantrag auch die Entscheidung zur Auswahl des Vormunds betrifft und, wie unten noch näher dargelegt wird, der Beschluss vom 12.01.2016 auch die stillschweigende Bestellung zum Vormund umfasst.

Im Übrigen ist die Beschwerde form- und fristgerecht bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg eingelegt worden, §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG.

3. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

3.1. Anzuwenden ist deutsches Recht, weil sich das betroffene Kind als unbegleiteter Flüchtling in Deutschland aufhält, Art. 6 Abs. 1 KSÜ. Ein Fall des Art. 16 KSÜ liegt nicht vor, weil die elterliche Sorge bei tatsächlicher Verhinderung der Eltern nur nach einer Feststellung durch das Familiengericht ruht. Außerdem hat das Kind inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, weshalb auch nach Art. 16 KSÜ deutsches Recht zur Anwendung kommt.

3.2. Der „L. i. V. e.V.“ ist gem. § 1889 Abs. 2 BGB antragsgemäß als Vormund zu entlassen, weil eine andere als Vormund geeignete Person vorhanden ist und das Wohl des Mündels dieser Maßnahme nicht entgegen steht. Darüberhinaus liegt auch ein wichtiger Grund vor.

Umstände, weshalb die Diplom-Pädagogin A… E…, die als Mitarbeiterin des bisherigen Vormunds bereits bisher tatsächlich die in Ausübung der Vormundschaft notwendigen Geschäfte für den Jugendlichen R… N…erledigt hat, ungeeignet sein sollte, als Einzelperson im Rahmen ihrer Tätigkeit für den „L. i. V. e.V.“ die Vormundschaft zu übernehmen, sind nicht ersichtlich.

In entsprechender Anwendung des § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht grundsätzlich die Möglichkeit, nicht nur einen Vormundschaftsverein gemäß § 1791 a Abs. 1 BGB zum Vormund zu bestellen, sondern auch eine Mitarbeiterin eines Vormundschaftsvereins, wenn diese bei dem Verein ausschließlich oder teilweise als Vormund tätig ist. Weitere Voraussetzung ist, dass der rechtsfähige Verein von dem Landesjugendamt als zur Ausübung von Vormundschaft geeignet erklärt worden ist, § 1791 a Abs. 1 Satz 1 BGB, und der Verein mit der Bestellung seines Mitarbeiters zum „Vereinsvormund“ einverstanden ist, § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB (vergl. BGH FamRZ 2011, 1394). Der Bundesgerichtshof hat die entsprechende Anwendung des § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB in der genannten Entscheidung ausdrücklich für rechtens erklärt. Der Senat schließt sich dieser Bewertung in vollem Umfang an.

Im Übrigen liegt auch ein wichtiger Grund für die Entlassung im Sinn des § 1889 Abs. 2 Satz 2 BGB vor.

Der nach § 1791 a BGB zum Vormund bestellte „L. i. V. e.V.“ kann eine Vergütung aus der Staatskasse nicht erlangen (vgl. BGH FamRZ 2007, 900). Wird jedoch ein Mitarbeiter eines Vormundschaftsvereins zum „Vereinsvormund“ bestellt, kann der Verein hierfür eine Vergütung beanspruchen. Die zu Gunsten eines Betreuungsvereins bestehenden Vergütungsvorschriften (§ 1887 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 7 VBVG) sind entsprechend auch auf einen Vormundschaftsverein anzuwenden (vergl. BGH FamRZ 2011, 1394, Rn. 22).

Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist es unerheblich, dass zum Zeitpunkt der Bestellung des Beschwerdeführers bereits höchstrichterlich geklärt war, dass einem zum Vormund bestellten Vormundschaftsverein ein Vergütungsanspruch nicht zusteht (vergl. BGH FamRZ 2013, 946). Die Annahme eines wichtigen Grundes im Sinn der genannten Vorschrift setzt nicht voraus, dass sich in wirtschaftlichen Verhältnissen nachträglich wesentliche Veränderungen ergeben haben. Grundsätzlich ist jedenfalls das Begehren eines Vormundschaftsvereins, durch Einsetzen eines Mitarbeiters als Vormund einen Vergütungsanspruch zu erwerben, als wichtiger Grund anzuerkennen (vergl. BGH a.a.O.).

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der „Vereinbarung“ vom Herbst 2015. Der Umstand, dass die „Vereinbarung“ nicht schriftlich abgefasst worden ist, spricht bereits eindeutig dafür, dass es sich um eine - unverbindliche - Absprache und nicht um eine rechtsverbindliche vertragliche Regelung handeln sollte. Eine rechtlich bindende Vereinbarung hätte „das Familiengericht Nürnberg“ zu dem in Frage stehenden Regelungsinhalt mangels Rechtsgrundlage auch nicht schließen können.

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Auswahl von Frau A. E. als „Vereinsvormund“ vor. Frau E. ist als Mitarbeiterin des „L. i. V. e.V.“ mit der Führung von Vormundschaften beschäftigt. Der „L. i. V. e.V.“, der vom Landesjugendamt als Vormundschaftsverein anerkannt worden ist, hat der Auswahl und Bestellung von Frau A. E. auch zugestimmt.

Die Bestellung von Frau A. H. zum „Vereinsersatzvormund“ für den Fall der Verhinderung von Frau A. E. (z.B. wegen Urlaubs, Krankheit oder Fortbildungszeiten) beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 1899 Abs. 4 BGB (vergl. OLG Düsseldorf FamRZ 2013, 54).

Das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg hat mit Beschluss vom 12.01.2016 den „L. i. V. e.V.“ zwar gemäß § 1779 Abs. 1 BGB als Vormund ausgewählt, ihn aber nicht ausdrücklich gemäß § 1791 a BGB zum Vormund bestellt. Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Auswahl eines Vormunds und seiner anschließenden Bestellung gemäß § 1789 BGB um zwei voneinander zu trennende Akte handelt. Die Bestellung erfolgt gemäß § 1789 BGB grundsätzlich durch persönliche Verpflichtung. Wird allerdings ein rechtsfähiger Verein zum Vormund bestellt, bedarf es einer persönlichen Verpflichtung nicht. Die persönliche Verpflichtung wird durch den Erlass eines Bestellungsbeschlusses ersetzt.

Der Senat geht insoweit davon aus, dass mit Beschluss vom 12.01.2016 stillschweigend auch die Bestellung des „L. i. V. e.V.“, nicht nur die Auswahl zum Vormund, umfasst sein sollte. Bei den nunmehr zur Ausübung der Vormundschaft ausgewählten Mitarbeiterinnen des „Leben in Verantwortung e.V.“ handelt es sich jedoch um Einzelvormünder, welche gemäß § 1789 ff. BGB zu bestellen sind (Palandt/Götz BGB, 76. Aufl., Rn 5 zu § 1897). Über die Bestellung ist den ausgewählten Mitarbeiterinnen eine Bestallungsurkunde auszustellen, aus der sich ergibt, dass sie als Mitarbeiterinnen des Vormundschaftsvereins „L. i. V. e.V.“ bestellt worden sind, § 286 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Bestellung und Ausstellung einer Bestallungsurkunde sind Aufgaben des Amtsgerichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 69 Abs. 3, 81 Abs. 1 FamFG.

Die Entscheidung zum Verfahrenswert beruht auf §§ 40, 45 Abs. 1 FamGKG.

Gegen diese Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt, weil die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde nicht vorliegen.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG ):

2. Schlussbehandlung

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(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist. (2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Recht

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. (2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet: 1

Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Ist ein Vereinsbetreuer bestellt, so ist dem Verein eine Vergütung und Aufwendungsersatz nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 4 bis 5a zu bewilligen. § 1 Abs. 1 sowie § 1835 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden keine Anwendung.

(2) § 6 gilt entsprechend; der Verein kann im Fall von § 6 Satz 1 Vorschuss und Ersatz der Aufwendungen nach § 1835 Abs. 1, 1a und 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verlangen. § 1835 Abs. 5 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(3) Der Vereinsbetreuer selbst kann keine Vergütung und keinen Aufwendungsersatz nach diesem Gesetz oder nach den §§ 1835 bis 1836 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geltend machen.

(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Bestellung eines Betreuers auch

1.
die Bezeichnung des Aufgabenkreises des Betreuers unter Benennung der einzelnen Aufgabenbereiche;
2.
bei Bestellung eines Vereinsbetreuers die Bezeichnung als Vereinsbetreuer und die des Vereins;
3.
bei Bestellung eines Behördenbetreuers die Bezeichnung als Behördenbetreuer und die der Behörde;
4.
bei Bestellung eines beruflichen Betreuers die Bezeichnung als beruflicher Betreuer.

(2) Die Beschlussformel enthält im Fall der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Bezeichnung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen.

(3) Der Zeitpunkt, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung einer Maßnahme nach Absatz 1 oder Absatz 2 zu entscheiden hat, ist in der Beschlussformel zu bezeichnen.

(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.

(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In einer Kindschaftssache, die

1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
4.
die Kindesherausgabe oder
5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 4 000 Euro.

(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.

(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.

(2) Der Beschluss enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
die Beschlussformel.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit

1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist,
2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder
3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.

(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:

1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung;
2.
in Abstammungssachen;
3.
in Betreuungssachen;
4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.

(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.