Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 02. Aug. 2018 - 7 U 2107/18
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.06.2018 (Az.: 3 HK O 3431/18) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 31.8.2018.
Gründe
I.
II.
III.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 02. Aug. 2018 - 7 U 2107/18
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 02. Aug. 2018 - 7 U 2107/18
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 02. Aug. 2018 - 7 U 2107/18 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war Fremdgeschäftsführer der beklagten GmbH, die mit Textilien handelt. In § 6 seines Anstellungsvertrages vom 28. April 1992 wurde folgendes vereinbart:
"Herr A. (Kläger) verpflichtet sich, nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer aus der Gesellschaft für die Dauer eines Jahres
weder bei einem Konkurrenzunternehmen der Gesellschaft tätig zu werden noch ein solches zu betreiben. Für die Dauer des Wettbewerbsverbots erhält Herr A. eine Entschädigung in Höhe von 80 % der zuletzt gewährten Jahresbezüge gemäß § 2, wenn er keine andere Beschäftigung findet. Sollte das im Verbotszeitraum erhaltene Einkommen unter 80 % der letzten ... Einkünfte liegen, so bekommt Herr A. die Differenz von der Firma vergütet." Unter dem 15. Dezember 1995 berief die Beklagte den Kläger als Geschäftsführer ab und kündigte den Anstellungsvertrag unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist von einem Jahr zum 31. Dezember 1996. Zugleich stellte sie den Kläger unter Weiterzahlung seines vollen Gehalts von allen Dienstpflichten frei. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 teilte sie ihm mit, daß sie mit Wirkung vom 1. Januar 1997 auf das Wettbewerbsverbot verzichte , woraufhin der Kläger unter dem 9. Januar 1997 darauf hinwies, daß er gleichwohl die vereinbarte Karenzentschädigung beanspruche.
Mit seiner am 30. Dezember 1998 eingereichten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung für das Jahr 1997 in Höhe von 80 % seines Jahreseinkommens von 184.776,90 DM unter Anrechnung behaupteter Einkünfte von 32.400,00 DM, mithin 115.421,52 DM. Die Beklagte hat sich u.a. auf Verjährung berufen und vorgetragen , die Parteien hätten das - nach Sachlage ohnehin hinfällige - Wettbewerbsverbot Ende Dezember 1996 einvernehmlich aufgehoben; zudem gebe der Kläger seine anderweitigen Einkünfte zu niedrig an.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot mit Karenzentschädigungspflicht nicht seinem Sinn und Zweck nach schon dadurch hinfällig geworden, daû der Kläger nach Ausspruch der Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 1995 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 1996 von seinen Dienstpflichten freigestellt und damit von den Geschäftsgeheimnissen sowie sonstigen Interna der Beklagten ferngehalten war. Diese Auslegung verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157, 242 BGB), insbesondere den Grundsatz beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung (vgl. dazu Sen.Urt. v. 9. Juli 2001 - II ZR 228/99, ZIP 2001, 1410 m.N.), wie die Revision zu Recht rügt.
a) Das Berufungsgericht geht allerdings insoweit zutreffend davon aus, daû das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigungspflicht nicht an die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, sondern an die Beendigung des - in der vorliegenden Vertragsurkunde geregelten - Anstellungsvertrages anknüpfen , was sich schon daraus ergibt, daû bis dahin das volle Gehalt und nicht nur 80 % hiervon zu zahlen waren. Dem Wortlaut der vertraglichen Regelung ist aber auch nicht zu entnehmen, daû es für die Geltung des Wettbewerbsverbots , seinen Beginn und seine Dauer, darauf ankommen sollte, ob und wie lange der Kläger nach Kündigung seines Anstellungsvertrages von seinen Dienstpflichten freigestellt wird. Derartiges geschieht nicht selten nach
Abberufung eines Geschäftsführers und ordentlicher Kündigung seines Anstellungsvertrages , weil damit regelmäûig ein Vertrauensverlust der Gesellschaft einhergeht, der es nicht ratsam erscheinen läût, den bisherigen Geschäftsführer in einer ähnlichen Position bis zur Vertragsbeendigung weiterzubeschäftigen. Da im vorliegenden Fall eine einjährige Kündigungsfrist vereinbart war und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erst danach einsetzen sollte, war nach den Vereinbarungen der Parteien die Karenzentschädigung bis zum 31. Dezember 1997 zu zahlen.
b) Zwar steht bei einem Wettbewerbsverbot das Interesse der Gesellschaft im Vordergrund, sich davor zu bewahren, daû der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt (Sen.Urt. v. 17. Februar 1992 - II ZR 140/91, ZIP 1992, 543). Soweit es zum Schutz eines derartigen berechtigten Interesses der Gesellschaft erforderlich ist und die Berufsausübung oder sonstige wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers zeitlich, örtlich und gegenständlich nicht unbillig erschwert wird, also ein Verstoû gegen § 138 BGB nicht vorliegt (vgl. dazu z.B. Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 - II ZR 283/96, NJW 1997, 3089), kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Geschäftsführer auch ohne Karenzentschädigung vereinbart werden, weil ihm gegenüber die gesetzliche Regelung für Handlungsgehilfen des § 74 Abs. 2 HGB nicht gilt (Sen., BGHZ 91, 1, 5; Urt. v. 17. Februar 1992 aaO). Daraus läût sich aber nicht schlieûen, daû auch bei einer vereinbarten Karenzentschädigung und bei der Auslegung dieser Vereinbarung allein die Interessen der Gesellschaft zu berücksichtigen wären. Vielmehr kommt hier auch der Dispositionsschutz des Geschäftsführers zum Tragen. Wollte die Beklagte, daû die bezahlte Karenz im Fall einer Frei-
stellung des Klägers von seinen Dienstpflichten verkürzt oder hinfällig wird, so wäre es ihre Sache gewesen, dies in dem Vertrag klarzustellen.
2. Was den Verzicht der Beklagten auf das Wettbewerbsverbot angeht, so verkennt das Berufungsgericht, daû das dem Kläger bis zur Beendigung seines Anstellungsvertrages gezahlte, reguläre Gehalt wie bisher zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts und nicht zur Vorsorge für die Zeit danach bzw. als Ersatz für die Karenzentschädigung bestimmt war. Die Beklagte hat den Kläger bis zum Zugang ihres Schreibens vom 16. Dezember 1996 in dem Glauben gelassen, er müsse seinen künftigen Lebensunterhalt auf einem anderen , ihm weniger geläufigen Geschäftssektor als demjenigen der Beklagten suchen und könne dafür auf die Karenzentschädigung zurückgreifen. Auch wenn die Klägerin ihrerseits von der Hinfälligkeit des Wettbewerbsverbots nach der Kündigung ausgegangen sein sollte, ist ihr vorzuwerfen, daû sie diese im Rechtsstreit nachdrücklich verfochtene Ansicht nicht bei Ausspruch der Kündigung zum Ausdruck gebracht und damit eine der Kündigungsfrist entsprechende Dispositionsfrist gewahrt, sondern den Verzicht erst kurz vor Beendigung des Anstellungsvertrages zu einem Zeitpunkt erklärt hat, in dem sie davon ausgehen muûte, daû der Kläger sich auf die Geltung des Wettbewerbsverbots und die damit verbundenen Einschränkungen beim Aufbau einer neuen beruflichen Existenz eingerichtet hatte. Infolgedessen muû sie es hinnehmen, an die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung gebunden zu bleiben.
3. Die Forderung des Klägers ist auch nicht gemäû §§ 196 Abs. 1 Nr. 8, 201 a.F. BGB ganz oder zum Teil verjährt, weil die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung erst Anfang 1997 fällig zu werden begann. Die Klage wurde
am 30. Dezember 1998 eingereicht und "demnächst" (§ 270 Abs. 3 ZPO) zugestellt.
4. Die Sache ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht zu der Behauptung der Beklagten, die Parteien hätten das Wettbewerbsverbot einvernehmlich aufgehoben, keine Feststellungen getroffen hat.
Die Sache ist daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war Fremdgeschäftsführer der beklagten GmbH, die mit Textilien handelt. In § 6 seines Anstellungsvertrages vom 28. April 1992 wurde folgendes vereinbart:
"Herr A. (Kläger) verpflichtet sich, nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer aus der Gesellschaft für die Dauer eines Jahres
weder bei einem Konkurrenzunternehmen der Gesellschaft tätig zu werden noch ein solches zu betreiben. Für die Dauer des Wettbewerbsverbots erhält Herr A. eine Entschädigung in Höhe von 80 % der zuletzt gewährten Jahresbezüge gemäß § 2, wenn er keine andere Beschäftigung findet. Sollte das im Verbotszeitraum erhaltene Einkommen unter 80 % der letzten ... Einkünfte liegen, so bekommt Herr A. die Differenz von der Firma vergütet." Unter dem 15. Dezember 1995 berief die Beklagte den Kläger als Geschäftsführer ab und kündigte den Anstellungsvertrag unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist von einem Jahr zum 31. Dezember 1996. Zugleich stellte sie den Kläger unter Weiterzahlung seines vollen Gehalts von allen Dienstpflichten frei. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 teilte sie ihm mit, daß sie mit Wirkung vom 1. Januar 1997 auf das Wettbewerbsverbot verzichte , woraufhin der Kläger unter dem 9. Januar 1997 darauf hinwies, daß er gleichwohl die vereinbarte Karenzentschädigung beanspruche.
Mit seiner am 30. Dezember 1998 eingereichten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung für das Jahr 1997 in Höhe von 80 % seines Jahreseinkommens von 184.776,90 DM unter Anrechnung behaupteter Einkünfte von 32.400,00 DM, mithin 115.421,52 DM. Die Beklagte hat sich u.a. auf Verjährung berufen und vorgetragen , die Parteien hätten das - nach Sachlage ohnehin hinfällige - Wettbewerbsverbot Ende Dezember 1996 einvernehmlich aufgehoben; zudem gebe der Kläger seine anderweitigen Einkünfte zu niedrig an.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot mit Karenzentschädigungspflicht nicht seinem Sinn und Zweck nach schon dadurch hinfällig geworden, daû der Kläger nach Ausspruch der Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 1995 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 1996 von seinen Dienstpflichten freigestellt und damit von den Geschäftsgeheimnissen sowie sonstigen Interna der Beklagten ferngehalten war. Diese Auslegung verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157, 242 BGB), insbesondere den Grundsatz beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung (vgl. dazu Sen.Urt. v. 9. Juli 2001 - II ZR 228/99, ZIP 2001, 1410 m.N.), wie die Revision zu Recht rügt.
a) Das Berufungsgericht geht allerdings insoweit zutreffend davon aus, daû das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigungspflicht nicht an die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, sondern an die Beendigung des - in der vorliegenden Vertragsurkunde geregelten - Anstellungsvertrages anknüpfen , was sich schon daraus ergibt, daû bis dahin das volle Gehalt und nicht nur 80 % hiervon zu zahlen waren. Dem Wortlaut der vertraglichen Regelung ist aber auch nicht zu entnehmen, daû es für die Geltung des Wettbewerbsverbots , seinen Beginn und seine Dauer, darauf ankommen sollte, ob und wie lange der Kläger nach Kündigung seines Anstellungsvertrages von seinen Dienstpflichten freigestellt wird. Derartiges geschieht nicht selten nach
Abberufung eines Geschäftsführers und ordentlicher Kündigung seines Anstellungsvertrages , weil damit regelmäûig ein Vertrauensverlust der Gesellschaft einhergeht, der es nicht ratsam erscheinen läût, den bisherigen Geschäftsführer in einer ähnlichen Position bis zur Vertragsbeendigung weiterzubeschäftigen. Da im vorliegenden Fall eine einjährige Kündigungsfrist vereinbart war und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erst danach einsetzen sollte, war nach den Vereinbarungen der Parteien die Karenzentschädigung bis zum 31. Dezember 1997 zu zahlen.
b) Zwar steht bei einem Wettbewerbsverbot das Interesse der Gesellschaft im Vordergrund, sich davor zu bewahren, daû der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt (Sen.Urt. v. 17. Februar 1992 - II ZR 140/91, ZIP 1992, 543). Soweit es zum Schutz eines derartigen berechtigten Interesses der Gesellschaft erforderlich ist und die Berufsausübung oder sonstige wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers zeitlich, örtlich und gegenständlich nicht unbillig erschwert wird, also ein Verstoû gegen § 138 BGB nicht vorliegt (vgl. dazu z.B. Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 - II ZR 283/96, NJW 1997, 3089), kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Geschäftsführer auch ohne Karenzentschädigung vereinbart werden, weil ihm gegenüber die gesetzliche Regelung für Handlungsgehilfen des § 74 Abs. 2 HGB nicht gilt (Sen., BGHZ 91, 1, 5; Urt. v. 17. Februar 1992 aaO). Daraus läût sich aber nicht schlieûen, daû auch bei einer vereinbarten Karenzentschädigung und bei der Auslegung dieser Vereinbarung allein die Interessen der Gesellschaft zu berücksichtigen wären. Vielmehr kommt hier auch der Dispositionsschutz des Geschäftsführers zum Tragen. Wollte die Beklagte, daû die bezahlte Karenz im Fall einer Frei-
stellung des Klägers von seinen Dienstpflichten verkürzt oder hinfällig wird, so wäre es ihre Sache gewesen, dies in dem Vertrag klarzustellen.
2. Was den Verzicht der Beklagten auf das Wettbewerbsverbot angeht, so verkennt das Berufungsgericht, daû das dem Kläger bis zur Beendigung seines Anstellungsvertrages gezahlte, reguläre Gehalt wie bisher zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts und nicht zur Vorsorge für die Zeit danach bzw. als Ersatz für die Karenzentschädigung bestimmt war. Die Beklagte hat den Kläger bis zum Zugang ihres Schreibens vom 16. Dezember 1996 in dem Glauben gelassen, er müsse seinen künftigen Lebensunterhalt auf einem anderen , ihm weniger geläufigen Geschäftssektor als demjenigen der Beklagten suchen und könne dafür auf die Karenzentschädigung zurückgreifen. Auch wenn die Klägerin ihrerseits von der Hinfälligkeit des Wettbewerbsverbots nach der Kündigung ausgegangen sein sollte, ist ihr vorzuwerfen, daû sie diese im Rechtsstreit nachdrücklich verfochtene Ansicht nicht bei Ausspruch der Kündigung zum Ausdruck gebracht und damit eine der Kündigungsfrist entsprechende Dispositionsfrist gewahrt, sondern den Verzicht erst kurz vor Beendigung des Anstellungsvertrages zu einem Zeitpunkt erklärt hat, in dem sie davon ausgehen muûte, daû der Kläger sich auf die Geltung des Wettbewerbsverbots und die damit verbundenen Einschränkungen beim Aufbau einer neuen beruflichen Existenz eingerichtet hatte. Infolgedessen muû sie es hinnehmen, an die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung gebunden zu bleiben.
3. Die Forderung des Klägers ist auch nicht gemäû §§ 196 Abs. 1 Nr. 8, 201 a.F. BGB ganz oder zum Teil verjährt, weil die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung erst Anfang 1997 fällig zu werden begann. Die Klage wurde
am 30. Dezember 1998 eingereicht und "demnächst" (§ 270 Abs. 3 ZPO) zugestellt.
4. Die Sache ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht zu der Behauptung der Beklagten, die Parteien hätten das Wettbewerbsverbot einvernehmlich aufgehoben, keine Feststellungen getroffen hat.
Die Sache ist daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin war Geschäftsführerin der beklagten GmbH. In ihrem Anstellungsvertrag war u.a. vereinbart: "Frau S. verpflichtet sich, der Gesellschaft weder direkt noch indirekt Mandate abzuwerben oder anderen dabei behilflich zu sein, und zwar für zwei Jahre nach Ablauf des Dienstverhältnisses. Die Gesellschaft gewährt Frau S. dafür eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 % des zuletzt gezahlten GrundJahresgehalts."
- 2
- Die Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis zum 31. Dezember 2004 und zahlte der Klägerin bis einschließlich Oktober 2005 die vereinbarte Entschädigung. Mit der Klage forderte die Klägerin die Karenzentschädigung für November und Dezember 2005. Die Beklagte verlangte Zug um Zug Auskunft darüber, ob und in welchem Umfang die Klägerin seit 1. November 2005 anderweitigen Verdienst beziehe. Das Landgericht hat der Klage Zug um Zug gegen die Erteilung der Auskunft stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte ohne Einschränkung verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Beklagte kann von der Klägerin keine Auskunft über ihren anderweitigen Verdienst verlangen, weil er auf die Karenzentschädigung nicht anzurechnen ist. Ein Anspruch auf Auskunft, auch nach § 74 c Abs. 2 HGB, besteht nur, wenn ein anderweitiger Erwerb auf den Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung anzurechnen ist.
- 4
- 1. § 74 c Abs. 1 HGB, wonach sich der Handlungsgehilfe auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen muss, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, ist auf den Anspruch des Geschäftsführers einer GmbH auf Zahlung einer Karenzentschädigung nicht entsprechend anwendbar (Sen.Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 214/89, ZIP 1991, 797; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 74 Rdn. 3; a.A. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote 4. Aufl. Rdn. 751; dieselben BB 1995, 1134, 1137; dieselben GmbHR 1999, 885, 892; Thüsing, NZG 2004, 9, 12; Scholz/Schneider, GmbHG 10. Aufl. § 43 Rdn. 135 b; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG 18. Aufl. § 35 Rdn. 202; Ulmer/Paefgen, GmbHG § 35 Rdn. 255).
- 5
- a) Der Anrechnung des Erwerbs aus einer anderweitigen Verwertung der Arbeitskraft nach § 74 c Abs. 1 HGB liegt der Gedanke zugrunde, dem Arbeit- nehmer keinen Anreiz für einen steten Arbeitsplatzwechsel oder gar für ein Leben ohne Arbeit zu bieten (Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 74 c Rdn. 1 und 2). Der Arbeitnehmer soll nicht zur Kündigung verleitet werden, allein um eine Karenzentschädigung beziehen zu können. Außerdem soll vermieden werden, dass der Arbeitnehmer übersichert wird und eine Karenzentschädigung erhält, obwohl er durch das Wettbewerbsverbot gar keine beruflichen Nachteile erleidet (MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene 2. Aufl. § 74 c Rdn. 2; Röhricht/ v. Westphalen/Wagner, HGB 2. Aufl. § 74 c Rdn. 1; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Boecken, HGB 2. Aufl. § 74 c Rdn. 2). Die Entlastung des Arbeitgebers von der Zahlung der Karenzentschädigung ist nicht der Zweck der Regelung , sondern nur deren ein Reflex. Von diesem Schutzzweck ist der GmbHGeschäftsführer als Organ der Gesellschaft nicht betroffen.
- 6
- b) Gegen eine entsprechende Anwendung des § 74 c Abs. 1 HGB auf den Geschäftsführer spricht ferner, dass es sich bei ihm um eine speziell auf den zwingenden Charakter der Karenzentschädigung für den Handlungsgehilfen zugeschnittene Norm handelt. Ohne § 74 c Abs. 1 HGB könnte der Prinzipal die Anrechnung eines anderweitigen Verdienstes auf die Entschädigung unter ihre Mindesthöhe nicht vereinbaren, ohne gegen die zwingende Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB zur Höhe der Karenzentschädigung zu verstoßen. Dem Geschäftsführer einer GmbH muss dagegen überhaupt keine Karenzentschädigung versprochen und später gezahlt werden (Sen. BGHZ 91, 1, 3; Sen.Urt. v. 4. März 2002 - II ZR 77/00, ZIP 2002, 709). Wird dennoch eine Entschädigung versprochen, können die Vertragsparteien ihre Höhe frei vereinbaren. Entsprechend unterliegen auch die Anrechnung und das Ausmaß der Anrechnung eines anderweitigen Verdienstes der freien Vereinbarung, von der sich im übrigen die Gesellschaft durch die Entlassung des Geschäftsführers aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot auch einseitig lösen darf (Sen.Urt. v. 17. Februar 1992 - II ZR 140/91, ZIP 1992, 543).
- 7
- c) Der Zweck der Karenzentschädigung gebietet nicht, anderweitigen Erwerb stets anzurechnen. Wie bei einem Arbeitnehmer kann mit der Zahlung einer Entschädigung an den Geschäftsführer der GmbH beabsichtigt sein, die Nachteile des Wettbewerbsverbots für das berufliche Fortkommen des Betroffenen auszugleichen. Dann kann es auch eine zweckgerechte Entscheidung der Gesellschaft sein, dem Geschäftsführer die Früchte zusätzlicher Anstrengungen zu belassen, die er unternehmen muss, um in seinem bisherigen Tätigkeitsgebiet bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots weiter erwerbstätig zu sein oder sich ein neues Tätigkeitsfeld zu erschließen. Er steht in seiner Funktion eher einem Selbständigen gleich und muss - gerade bei einer Kunden- oder Mandantenschutzklausel - nach der Beendigung des Dienstverhältnisses häufig neue Kunden oder Mandanten gewinnen, um nicht gegen das Wettbewerbsverbot zu verstoßen. Der mit dem Wettbewerbsverbot verbundene Nachteil, dass mit den Kontakten zu den bisherigen Kunden oder Mandanten keine Einnahmen mehr erzielt werden können und dürfen, trifft ihn auch dann, wenn die Erweiterung des Kunden- oder Mandantenkreises, die bei ungestörtem Verlauf zudem möglicherweise zu zusätzlichen Einnahmen geführt hätte, gelingt. Die GmbH wird außerdem regelmäßig mit der Zahlung einer Karenzentschädigung einen Anreiz bieten wollen, erworbene Kenntnisse nicht anderweitig einzusetzen und keinen Gewinn aus Geschäftsgeheimnissen zu beziehen. Andere Einnahmen sind kein Grund, eine solche Prämie zu kürzen.
- 8
- d) Die Anrechnung des anderweitigen Verdienstes auf die Karenzentschädigung entspricht auch nicht einem allgemeinen Rechtsgedanken, der auf den Geschäftsführer einer GmbH ebenso wie auf einen Handlungsgehilfen zutrifft. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass ein anderweitiger Erwerb auf eine vertraglich geschuldete Entschädigung anzurechnen ist. Leistungen Dritter lassen vertragliche Verpflichtungen grundsätzlich unberührt.
- 9
- 2. Auch die ergänzende Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ergibt nicht, dass anderweitiger Verdienst der Klägerin auf die Karenzentschädigung anzurechnen ist. Die Parteien haben über eine solche Anrechnung keine Vereinbarung getroffen. Aus dem Vertrag lässt sich nicht entnehmen, was die Parteien zur Vereinbarung einer Karenzentschädigung veranlasst hat. Schon weil sie im Verfahren dazu nichts vorgetragen hat, ist auch eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Beklagten nicht möglich.
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 28.06.2006 - 4 O 51/06 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 22.12.2006 - 4 U 22/06 -
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. September 2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert und die Klage abgewiesen.
Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte als deren ehemaliger Geschäftsführer auf Erfüllung einer für die Dauer eines vereinbarten Wettbewerbsverbotes versprochenen Karenzentschädigung für die Zeit von Februar 2012 bis einschließlich August 2012 in Höhe von insgesamt 53.546,64 € brutto (= 7 Monate x 7.649,52 €/Monat) nebst Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 € in Anspruch. Weitergehende Ansprüche auf Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit ab September 2012 bis einschließlich Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 30.598,08 € brutto sind Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits (5 O 332/12 LG Dortmund), der inzwischen ebenfalls beim Senat anhängig ist (8 U 11/14).
4Der Bruder des Klägers, BZ, war ursprünglich Gesellschafter diverser auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Gesellschaften der C2‑Gruppe, zu der auch die C2 GmbH gehörte. Diese und die weiteren Gesellschaften veräußerte er im Juli 2007 zu einem Kaufpreis von insgesamt 27 Mio. € an eine zum E gehörende Gesellschaft in F, die später die Umfirmierung der Beklagten vornahm.
5Der mit dem Kläger am 08.10/14.10.2008 noch unter der alten Firma der Beklagten, der C2 GmbH G, abgeschlossene Dienstvertrag als Geschäftsführer, auf den Bezug genommen wird (Anlage 1 – Bl. 6 GA), begann rückwirkend zum 01.10.2008 und enthielt u.a. folgende Regelungen:
6„9. Wettbewerbsverbot
79.1 Dem Geschäftsführer ist es während der Dauer dieses Vertrages untersagt, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, während der Dauer dieses Vertrages ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit Gesellschaft verbundenen Unternehmen.
89.2 Ausgenommen von vorstehendem Verbot (…)
910. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
1010.1 Dem Geschäftsführer ist es untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund, ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen (soweit diese im gleichen Geschäftsfeld tätig sind).
1110.2 Ausgenommen von vorstehendem Verbot (…)
1210.3 Dem Geschäftsführer ist es für die Dauer von einem Jahr(..) nach Beendigung dieses Vertrages untersagt, direkt oder indirekt für eigene oder fremde Rechnung, allein oder zusammen mit Dritten Kunden des Unternehmens zu veranlassen, Geschäftsbeziehung mit der Gesellschaft aufzugeben oder einzuschränken.
1310.4 Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für die Dauer des Wettbewerbsverbots weder für sich selbst noch für Dritte, Arbeitnehmer der Gesellschaft abzuwerben, und an entsprechenden Versuchen Dritter nicht teilzunehmen.
1410.5 Während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erhält der Geschäftsführer eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Geschäftsführer zuletzt bezogenen vertraglichen Vergütung [inkl. variabler Vergütung] beträgt. Die Entschädigung wird in zwölf gleichen Raten zum Ende eines jeden Monats ausgezahlt.
1510.6 Der Geschäftsführer muss sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung des anderweitigen tatsächlichen oder hypothetischen Erwerbseinkommens den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen übersteigen würde. Der Geschäftsführer hat jeweils zu Beginn eines jeden Quartals der Gesellschaft unaufgefordert mitzuteilen, ob und in welcher Höhe er anderweitige Einkünfte (…) Solange diese Auskunft nicht vorliegt, hat die Gesellschaft ein Zurückbehaltungsrecht an der Karenzentschädigung. Auf Verlangen muss der Geschäftsführer die Angaben belegen.
1610.7 Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot wird die monatliche Entschädigung nicht ausbezahlt und der Geschäftsführer hat eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Zwölftel des Bruttojahresgrundgehalts zu zahlen. Diese Vertragsstrafe ist für jeden Bruch der zuvor genannten Vorschriften zu zahlen. Im Fall eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinaus gehenden Schadens durch die Gesellschafter bleibt vorbehalten.
1710.8 Die Gesellschaft kann vor der Beendigung dieses Vertrages durch schriftliche Erklärung auf dieses Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass sie nach Ablauf eines Jahres nach dem Zugang der Verzichtserklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung frei wird, während der Geschäftsführer bereits mit Beendigung dieses Vertrages nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden ist.
18Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 27.06.2011 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung als deren Geschäftsführer abberufen. Mit Schreiben vom 29.06.2011, mit dem dem Kläger seine Abberufung mitgeteilt wurde, wurde ihm zugleich die Kündigung seines Dienstvertrages zum 31.12.2011 erklärt. Gleichzeitig wurde er mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses entbunden.
19Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, der die Kündigung akzeptierte, wandten sich mit Schreiben vom 05.08.2011 an die Beklagte, in dem es u.a. wie folgt heißt:
20„(…) nachdem sämtliche Einzelmandate und auch das Beratungsmandat zwischen unserer Kanzlei und der Firma HGmbH einvernehmlich beendet worden sind, hat uns Ihr ehemaliger Geschäftsführer, Herr AZ (…), gebeten, das in seinem Dienstvertrag vorgesehene nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf seine Wirksamkeit zu überprüfen.
21Nach entsprechender Überprüfung kommen wir zu dem Ergebnis, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam ist.
22(…)
23Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen legt Herr Z Wert auf eine kurzfristige Bestätigung, dass seitens der Firma HGmbH sowie aller nach der Wettbewerbsregelung durch die Wettbewerbsvereinbarung begünstigten Unternehmen keinerlei Ansprüche aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot geltend gemacht werden. Für den Eingang der entsprechenden Erklärung [haben] wir eine Frist von 2 Wochen vorgemerkt.“
24Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erwiderten darauf mit Schreiben vom 12.08.2010 (Bl. 22 – Anlage 4). Dort heißt es u.a.:
25„(…) Sie vertreten (…) die Auffassung´, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in Bezug auf Ihren Mandanten unwirksam sei. Diese Auffassung wird demgegenüber weder durch unsere Mandantin noch durch uns geteilt.
26Entgegen der von Ihnen vertretenen Auffassung ist das mit Ihrem Mandanten begründete nachvertragliche Verkehrsverbot vollumfänglich wirksam. Seitens unserer Mandantin wird daher ausdrücklich Wert auf die Einhaltung der Bestimmungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot durch ihren Mandanten gelegt.
27Namens und in Vollmacht unserer Mandantin fordern wir Ihrem Mandanten daher bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf, sich für die Zeit nach Beendigung des zwischen den Parteien begründeten Dienstvertrages jeglicher wettbewerbswidriger Betätigung zu enthalten.
28(…)
29Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Einhaltung des vertraglichen Wettbewerbsverbotes für den Zeitraum bis zur Beendigung des Dienstvertrages am 31.12.2011. (…)“
30In einem weiteren Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.12.2011, teilten sie den Prozessbevollmächtigten des Klägers u.a. Folgendes mit:
31(…) Ungeachtet der wechselseitig vertretenen Auffassungen über die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (…) weisen wir ausdrücklich auf die Bestimmung in Ziffer 10.3 des Geschäftsführeranstellungsvertrages hin. (…)
32Wir fordern Ihren Mandanten hiermit namens und in Vollmacht unserer Mandantin auf, uns gegenüber unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 06.01.2012 rechtsverbindlich zu bestätigen, dass dieser sich an die vorgenannte Kundenschutzklausel halten wird. Selbstverständlich erhält Ihr Mandant für die Dauer des Wettbewerbsverbotes gemäß Ziffer 10.5 des Geschäftsführeranstellungsvertrages die dort vereinbarte Karenzentschädigung.
33Um die Höhe der Karenzentschädigung berechnen zu können, fordern wir ihren Mandanten zugleich auf, unserer Mandantin die erforderlichen Angaben gem. Ziffer 10.6 des Geschäftsführeranstellungsvertrages fristgerecht zu übermitteln.“
34Für den Monat Januar 2012 zahlte die Beklagte dem Kläger eine Karenzentschädigung in Höhe von 7.649,52 € brutto (= 5.086,93 € netto), wobei zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass es sich dabei der Höhe nach um die Hälfte der vertraglichen Vergütung im Sinne von Ziffer 10.5 des Dienstvertrages handelt.
35Nachdem die Zahlung der Karenzentschädigung für Februar 2012 ausblieb, ließ der Kläger die Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 13.03.2012 zur Zahlung des von der Beklagten ermittelten Betrages in Höhe von 7.649,52 € unter Hinzusetzung einer Kostennote seiner Bevollmächtigten in Höhe von 661,16 € auffordern.
36Unmittelbar nach seiner Freistellung Ende Juni 2011 veranlasste der Kläger, dass der auf die Beklagte lautende Mobilfunkvertrag mit dem Telekommunikationsanbieter bezüglich des ihm zur Nutzung überlassenen Mobiltelefons (0172-2370091) auf ihn umgeschrieben wurde. Gleichermaßen veranlasste er die Umschreibung des Mobilfunkvertrages bezüglich des Mobiltelefons (0172-2370092) auf sich, das zuvor dem ebenfalls aus den Diensten der Beklagten ausgeschiedenen Mitarbeiter Izur Nutzung überlassen worden war. Ende August 2011 erwirkte die Beklagte gegen den Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund (7 O 277/11), in der dem Kläger zur Sicherung des Anspruchs der Beklagten auf Rückgabe aufgegeben wurde, die beiden SIM‑Karten zu den genannten Mobilfunknummern an einen Sequester herauszugeben, und es ihm untersagt wurde, die SIM‑Karten oder Mobilfunknummern bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu nutzen. In der nach Widerspruch des Klägers vor dem Landgericht Dortmund am 07.11.2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, nachdem der Kläger zuvor die Erklärung abgegeben hatte, die SIM‑Karten über seinen Rechtsanwalt an die Klägerin herauszugeben, sobald bei diesem die ihm für diese Mobilfunknummern bis November 2011 angefallenen Grundgebühren eingegangen seien. Die Rückgabe der beiden SIM‑Karten erfolgte jedenfalls nicht in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zum Gerichtstermin.
37Der Bruder des Klägers, BZ, ist Mehrheitsgesellschafter einer Gesellschaft, die ursprünglich einen 38 %‑igen Anteil an der ebenfalls auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Z X GmbH L hielt. Weitere Anteile werden u.a. von Frau M (geb. Z) gehalten, bei der es sich um die Tochter des Bruders des Klägers handelt, die auch zur Geschäftsführerin der Z X GmbH bestellt worden war.
38Am 13.10.2011 verpfändete der Kläger sein Sparguthaben als Sicherheit für ein durch die O zugunsten der Z X GmbH ausgereichtes Darlehen über 286.400 € sowie für ein Mietaval über 13.518,70 €. Bereits zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte der Kläger nach eigenem Bekunden, nach Ablauf der vereinbarten Karenzzeit am 31.12.2012 einen Geschäftsanteil in Höhe von 37 % an der Z X GmbH zu erwerben.
39Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Z X GmbH vom 08.01.2013 ist der Kläger zum einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer bestellt worden. Darüber hinaus ist der Kläger seit Anfang 2013 – wie schon seit Ende 2011 beabsichtigt – an der Z X GmbH L als Gesellschafter mit Anteilen zu einem Nennwert von insgesamt 37.000 € (37 %) beteiligt.
40Der Kläger hat vorgetragen: Er habe weder während der Laufzeit des Vertrages noch nach Beendigung des Dienstvertrages irgendwelche Wettbewerbshandlungen vorgenommen. Vielmehr habe er sich jeglichen Wettbewerbs enthalten. Abwerbeversuche bei der P GmbH in Q habe es durch ihn am 16.11.2011 nicht gegeben. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund (Ende August 2011) habe er die beiden auf ihn umgeschriebenen Mobilfunknummern nicht mehr benutzt. Am 05.11.2011 sei er auch nicht unter der Mobilfunknummer ### Gesprächsteilnehmer der Detektivin R gewesen; es handele sich vielmehr um das Mobiltelefon seines Bruders, das er – der Kläger – nie genutzt habe. Die von der Beklagten vorgelegte SMS‑Korrespondenz mit S sei ihm nicht mehr erinnerlich; da er sich aber mit Herrn S duze, dürften sich die an ihn gerichteten Kurznachrichten nicht auf ihn, sondern seinen Bruder bezogen haben. Die von der Beklagten behaupteten Wettbewerbshandlungen bezögen sich jedenfalls nicht auf ein nachvertragliches Verhalten. Er sei nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten nicht für die Z X GmbH tätig gewesen; sein Bruder sei auch nicht Gesellschafter dieses Unternehmens. Sollte sich die Regelung über die Karenzentschädigung als unwirksam erweisen, ergebe sich der von ihm geltend gemachte Anspruch jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung.
41Der Kläger hat beantragt,
42die Beklagte zu verurteilen, an ihn
43- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.02.2012,
44- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2012,
45- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012,
46- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2012,
47- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2012,
48- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2012,
49- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2012
50sowie
51weitere 661,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.04.2012
52zu zahlen.
53Die Beklagte hat beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Sie hat vorgetragen, dass der Kläger während der Zeit seiner Freistellung – also zwischen dem 29.06.2011 und dem 31.12.2011 – mehrfach gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen habe. Am 16.11.2011 habe er Mitarbeiter der P GmbH in Q davon zu überzeugen versucht, die Vertragsverhältnisse mit der Beklagten aufzulösen und zur Z X GmbH zu wechseln. Zugleich habe er eine Visitenkarte zurückgelassen, die auf die Z X GmbH gelautet habe. Der SMS-Korrespondenz des Klägers lasse sich entnehmen, dass er bereits während der Zeit seiner Freistellung begonnen habe, das Wettbewerbsunternehmen Z X GmbH aufzubauen. Die Umschreibung der beiden Firmenmobilfunknummern auf den Kläger sei allein deswegen erfolgt, um mit diesen (bekannten) Telefonnummern im geschäftlichen Verkehr für Mitarbeiter und Kunden zu Gunsten der Z X GmbH agieren zu können. Bezeichnend sei auch, dass ein durch die Detektivin R am 05.11.2011 vorgenommener Anruf bei einer der Z X GmbH zuzuordnenden Mobilfunknummer (###) durch den Kläger entgegengenommen worden sei. Darüber hinaus spreche auch die Verpfändung des Sparguthabens durch den Kläger zur Besicherung eines Darlehens und eines Mietavals in Höhe von insgesamt rund 300.000 € zugunsten der Z X GmbH für sich. Der Kläger verhalte sich mit der vorliegenden Klage auch treuwidrig, da er sich außergerichtlich auf die Unwirksamkeit dieser Regelung berufen habe. Die Karenzentschädigung sei zumindest verwirkt, da der Kläger die Z X GmbH gemeinsam mit weiteren Personen aufgebaut habe. Die Zahlung der Karenzentschädigung für Januar 2012 sei irrtümlich durch die Finanzbuchhaltung in T angewiesen worden.
56Das Landgericht hat die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch aus Ziffer 10.5 seines Anstellungsvertrages ergebe. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot sei wirksam und verstoße weder gegen § 74 Abs. 2 HGB noch gegen § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 GG oder § 307 Abs. 1 BGB. Die von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen seien nicht durchgreifend. Der Kläger habe nicht auf die Geltendmachung des Karenzanspruchs verzichtet und seine Geltendmachung sei auch nicht treuwidrig. Schließlich sei die Karenzentschädigung auch nicht wegen Zuwiderhandlungen gegen die in Ziffer 10.7 des Anstellungsvertrages enthaltene Vertragsstrafenregelung ausgeschlossen. Diese Regelung sei dahin auszulegen, dass sie Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot nur insoweit sanktioniere, als diese nach Beendigung des Anstellungsvertrages lägen. Die von der Beklagten allein geltend gemachten Verstöße des Beklagten während des Zeitraums seiner Freistellung würden davon nicht erfasst, sondern unterfielen der Regelung in Ziffer 9 des Anstellungsvertrages.
57Die Beklagte rügt mit der Berufung, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Parteien durch ein wirksames Wettbewerbsverbot miteinander verbunden seien, und dass der Kläger dieses zudem nicht verletzt habe. Sie habe ausdrücklich vorgetragen, dass aufgrund der vom Kläger noch während der Vertragslaufzeit vorgenommenen Wettbewerbshandlungen das Wettbewerbsverbot aufgekündigt worden sei. Die Anweisung der Karenzentschädigung für den Monat Januar 2012 sei – worauf auch hingewiesen worden sei – durch die zentrale Finanzbuchhaltung irrtümlich erfolgt und lasse nicht den vom Landgericht gezogenen Schluss zu, sie habe an dem Wettbewerbsverbot festhalten wollen. Zudem lege die Gründung eines eigenen Unternehmens durch den Kläger und seinen Bruder (BZ) nahe, dass er nicht nur während der Laufzeit des Anstellungsvertrages im Wettbewerb zu ihr gestanden habe, sondern insbesondere auch danach. Die vom Landgericht vorgenommene Differenzierung zwischen Verstößen gegen das vertragsimmanente und gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nicht nachvollziehbar. Wenn der Kläger bereits während der Dauer seines Anstellungsvertrages Wettbewerbshandlungen durch das von ihm gegründete Unternehmen vorgenommen habe, so begründe dies zumindest den Anschein dafür, dass er entsprechende Handlungen auch nach dessen Beendigung vorgenommen habe.
58Sie beantragt,
59die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
60Der Kläger beantragt,
61die Berufung zurückzuweisen.
62Er ist dem Berufungsvorbringen entgegengetreten und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Er bestreitet, mit seinem Bruder ein eigenes Unternehmen gegründet zu haben, um der Beklagten dauerhaft Wettbewerb zu machen. Unzutreffend sei auch der Vortrag der Beklagten, sie habe ihm nach seiner vor Ablauf des Anstellungsvertrages erfolgten Mitteilung, er halte das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für unwirksam, ihrerseits mitgeteilt, dass sie eine Karenzentschädigung nicht zahlen werde, worin eine Aufkündigung des Wettbewerbsverbotes zu sehen sei. Die Behauptung der Beklagten, die Auszahlung der Karenzentschädigung sei irrtümlich erfolgt, stelle sich vor dem Hintergrund des (dargelegten) Schriftwechsels als bloße Schutzbehauptung dar und werde zudem erstmals mit der Berufung erhoben. Er bestreitet erneut, sich nach Erhalt der Kündigung durch die Beklagte für eine gemeinsam mit seinem Bruder betriebene Wettbewerbsfirma finanziell verpflichtet zu haben.
63II.
641.
65Der Antrag der Beklagten, das Verfahren gem. § 149 ZPO auszusetzen, war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. Dabei reicht jedoch die bloße Erwartung eines weiteren Erkenntnisgewinns durch ein Strafverfahren nicht aus, wenn schon nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit die Ermittlungen auf die Entscheidung von Einfluss sein sollen.
662.
67Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt in Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung zu.
68a)
69Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung gem. Ziffer 10.5 S. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrages vom 08.10/14.10.2008 nicht in Betracht. Dort ist zwar bestimmt, dass der Geschäftsführer während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Entschädigung erhält, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Geschäftsführer zuletzt bezogenen vertraglichen Vergütung beträgt, jedoch ist diese Regelung wegen der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes ebenfalls unwirksam.
70Das vereinbarte Wettbewerbsverbot, für dessen Einhaltung die Karenzentschädigung gewährt werden sollte, verstößt gegen § 138 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.03.2002 – II ZR 77/00, NJW 2002, 1875 (1876)), der der Senat folgt, hält die vorzunehmende Kontrolle der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbot diesem Maßstab nur stand, wenn das mit einem Geschäftsführer vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das notwendige Maß beschränkt bleibt. Wettbewerbsverbote sind nur gerechtfertigt, soweit und solange sie erforderlich sind, um die Partner des aus einer Gesellschaft Ausgeschiedenen vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Missbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen (BGH, Urteil vom 29.09.2003 – II ZR 59/02, WM 2003, 2334 - juris Rz. 7). Soweit dieses Interesse nicht betroffen ist, beschränken derartige Abreden die Freiheit der Berufsausübung unangemessen und sind sittenwidrig (BGH, Urteil vom 14.07.1997 – II ZR 238/96, NJW 1997, 3089 –juris Rz. 5 m.w.N.).
71aa)
72Das vorliegend in Ziffer 10.1 des Anstellungsvertrages vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot wird dem nicht gerecht. Jedenfalls in gegenständlicher Hinsicht geht die Umgrenzung dessen, was dem Kläger während der Karenzzeit verboten ist, deutlich über die berechtigten Interessen der Beklagten hinaus, sich davor zu bewahren, dass der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt (vgl. BGH, Urteil vom 04.03.2002 – II ZR 77/00, NJW 2002, 1875 (1876)).
73(1)
74Nach Ziffer 10.1 S. 1 des Anstellungsvertrages darf der Kläger in keiner Weise für ein Wettbewerbsunternehmen tätig werden, da ihm ein Tätigwerden „gleich aus welchem Grund, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise“ untersagt ist. Das ist zu weitgehend, da kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten daran besteht, dass der Kläger nicht für ein Wettbewerbsunternehmen in einer Weise tätig wird, das keinen Bezug zu dem Tätigkeitsbereich des Klägers bei der Beklagten, seiner dort relevanten Fachkompetenz oder zu ihren Kunden aufweist.
75(2)
76Ebenso ist es dem Kläger nach der vertraglichen Regelung untersagt, für ein Unternehmen tätig zu werden, das „mit einem Wettbewerbsunternehmen“ verbunden ist. Auch diese Beschränkung ist unangemessen. Denn die Beklagte ist nicht von einer illegitimen Ausnutzung der Kenntnisse, die der Kläger bei ihr erworben hat, bedroht, wenn er bei einem nicht im Wettbewerb zur Beklagten stehenden Unternehmen tätig werden möchte, das einem Konzern angehört, zu dem auch ein im Wettbewerb mit der Beklagten stehendes Zeitarbeits-Unternehmen gehört.
77(3)
78Schließlich ist es auch zu weitgehend, wenn dem Kläger nach Ziffer 10 S. 2 des Anstellungsvertrages untersagt wird, ein im Wettbewerb zur Beklagten stehendes Unternehmen „zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen“. Denn damit wird selbst eine rein kapitalistische Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen erfasst, die ohne die Möglichkeit und Absicht einer unternehmerischen Einflussnahme eingegangen werden soll.
79bb)
80Eine geltungserhaltende Reduktion eines in gegenständlicher Hinsicht über das notwendige Maß hinausgehenden Wettbewerbsverbotes kommt wegen der Notwendigkeit der Sanktionierung der übermäßigen Beschränkung anders als bei einem lediglich in zeitlicher Hinsicht überschießenden Verbot nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2000 – II ZR 308/98, NZG 2000, 831 – juris Rz. 13 m.w.N.). Der Nichtigkeit steht auch nicht entgegen, dass als Gegenleistung für die Beachtung des Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung versprochen worden ist, da sich damit das Fehlen eines berechtigten Gesellschaftsinteresses nicht kompensieren lässt (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage 2012, § 6 Rdn. 87 m.w.N.).
81b)
82Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung der Klageforderung gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB zu. Auch wenn eine vertraglich auferlegte Unterlassung – bei der es sich ebenfalls um eine Leistung i.S.v. § 241 Abs. 1 S. 2 BGB handelt (vgl. Köhler, AcP 190 (1990), 496 (532) – im Falle der Unwirksamkeit der zugrunde liegenden Vertragsklausel als Kondiktionsgegenstand anzusehen ist, wozu insbesondere ein vertraglich vereinbartes, aber nichtiges Wettbewerbsverbot gehört (vgl. Staudinger/Lorenz, BGB, Neubearbeitung 2007, § 812 Rdn. 65), hat sich der Senat nicht die Überzeugung bilden können, dass sich der Kläger in dem Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012 im Verhältnis zur Beklagten jedes wettbewerbswidrigen Handelns enthalten hat, da insoweit Zweifel verbleiben, die zu seinen Lasten gehen.
83Grundsätzlich trägt für die Voraussetzungen des § 812 BGB – und damit auch für das Unterlassen von Wettbewerb als das erlangte Etwas – der Kläger als Bereicherungsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast (Palandt/Sprau, BGB, 73. Auflage 2014, § 812 Rdn. 103). Allerdings trifft nach der ständigen Rechtsprechung des BGH den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, wodurch eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden soll (BGH, Urteil vom 24.03.2010 – XII ZR 175/08, NJW 2010, 1813 (1814) – Rz. 20 m.w.N.). Der Behauptung des Klägers, sich im Jahr 2012 gegenüber der Beklagten jeglicher Wettbewerbstätigkeit enthalten zu haben, ist die Beklagte mit entsprechendem Vortrag entgegengetreten, der selbst bei Wahrunterstellung der Behauptung des Klägers, dass die von der Beklagten im Übrigen dargelegten Wettbewerbshandlungen (Versuch der Abwerbung der P GmbH durch den Kläger am 16.11.2011 in Q, Korrespondenz des Klägers per SMS über betriebliche Belange der Z X GmbH in der zweiten Hälfte des Jahres 2011, Meldung des Klägers am 05.11.2011 unter einer der Z X GmbH zuzuordnenden Mobilfunknummer) unrichtig seien, Zweifel daran begründet, dass er – wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.05.2014 erklärt hat – im Jahr 2012 „die Füße still gehalten“ habe.
84aa)
85Zwischen den Parteien ist jedenfalls in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.05.2014 unstreitig geworden, dass der Kläger unter dem 13.10.2011 ein näher bezeichnetes Sparguthaben zugunsten der Deutschen Bank als Sicherheit für ein der Z X GmbH ausgereichtes Darlehen über 286.400 € sowie für ein Mietaval über 13.518,70 € verpfändet hat. Soweit der Kläger zuletzt mit nicht mehr nachgelassenem Schriftsatz vom 09.07.2014 mit Nichtwissen bestritten hat, dass das verpfändete Sparguthaben der Sicherung eines Darlehens und eines Mietavals dient, ist dies allein schon deswegen unzulässig und unbeachtlich, weil der Sicherungszweck Gegenstand der von ihm am 13.10.2011 unterzeichneten Verpfändungsurkunde und damit Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen ist (Anlage B29 zum SS Beklagte vom 19.08.2013).
86Die Bestellung einer solchen dauerhaft auch bis in das Jahr 2012 fortbestehenden Sicherheit zugunsten der im Wettbewerb zur Beklagten stehenden Z X GmbH zur Erlangung von Kreditmitteln begünstigt diese objektiv in ihren Möglichkeiten unternehmerischen Handelns und stellt damit ein wettbewerbswidriges Verhalten des Klägers dar, das für sich genommen schon geeignet ist, die Beachtung des Wettbewerbsverbotes im Jahr 2012 in Zweifel zu ziehen.
87Der ergänzende Vortrag des Klägers in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 27.05.2014 gibt keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Dass eine finanzielle Unterstützung der Z X GmbH gar nicht beabsichtigt gewesen sei, sondern er gegenüber seinem Bruder noch im Jahr 2011 die Ernsthaftigkeit des von ihm nach Ablauf der Karenzzeit beabsichtigten Anteilserwerbs an dieser Gesellschaft habe dokumentieren sollen und wollen, betrifft allein das Motiv der Bereitschaft zur Sicherheitsleistung. Auch wenn der Kläger dies nicht primär gewollt haben will, ändert dies nichts daran, dass es sich faktisch um eine wettbewerbswidrige Unterstützungshandlung durch den Kläger gehandelt hat.
88bb)
89Hinzu kommt, dass zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig ist, dass der Kläger die ihm und dem ebenfalls freigestellten Mitarbeiter Ivon der Beklagten in erster Linie zur dienstlichen Nutzung überlassenen Mobiltelefone, über die sie in der Vergangenheit für die Kunden der Beklagten erreichbar waren, in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Abberufung und Freistellung als Geschäftsführer am 29.06.2011 auf sich hat umschreiben lassen und er nach eigenem Bekunden diese Nummern jedenfalls bis zum Erlass der ihm dies untersagenden einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund Ende August 2011 genutzt hat.
90Dem nachvollziehbaren – vom Kläger bestrittenen – Argwohn der Beklagten, der Kläger habe diese Rufnummern allein deswegen „mitgenommen“, da sie den Kunden der Beklagten als „direkter Draht“ zu ihrer Geschäftsleitung bekannt gewesen seien und ihm deshalb die Möglichkeit zur Abwerbung ihrer Kunden eröffne, ist der Kläger nur unzureichend entgegengetreten. Seine Darstellung, die Umschreibung sei allein deswegen erfolgt, da er das ihm überlassene Mobiltelefon auch für private Zwecke habe nutzen dürfen und alle seine privaten Kontakte über diese Nummer mit ihm in Kontakt gestanden hätten, gibt schon für sich genommen zu Zweifeln Anlass, zumal dies keine Rechtfertigung dafür ist, auch die Mobilfunknummer des ebenfalls ausgeschiedenen Mitarbeiters Iauf sich umzuschreiben. Entscheidend ist allerdings, dass der Kläger für diese innere Tatsache auch in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 27.05.2014 keinen Beweis angetreten hat, durch den auf die private Erreichbarkeit als alleinigem Beweggrund für die Mitnahme der Mobilfunknummer geschlossen und damit die Unrichtigkeit der daher zugrunde zu legenden Darstellung der Beklagten festgestellt werden kann.
91Auch wenn die erfolgte Umschreibung der Mobilfunknummern außerhalb des vom Kläger zu beachtenden Karenzzeitraumes lag und der Kläger eine Nutzung der Mobilfunknummern jenseits des Erlasses der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund Ende August 2011 in Abrede stellt, stellt die Mitnahme der Mobilfunknummern – unabhängig davon, dass der Kläger die entsprechenden SIM‑Karten nach eigenem Bekunden in dem nicht mehr nachgelassenen Schriftsatz vom 09.07.2014 ohnehin erst im Mai 2012 herausgegeben haben will – bereits für sich genommen einen Umstand dar, der Anlass gibt, an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch den Kläger im Jahr 2012 zu zweifeln. Denn wenn nach dem nicht widerlegten Vortag der Beklagten davon auszugehen ist, dass die Mitnahme der Mobilfunknummern zur Kontaktpflege mit den Kunden der Beklagten erfolgt ist und weiter der – ebenfalls unstreitige – Umstand berücksichtigt wird, dass der Kläger am 08.01.2013, also unmittelbar nach Ablauf der am 31.12.2012 endenden Karenzeit zum Geschäftsführer der Z X GmbH L bestellt worden ist und er sich zudem noch in einem namhaften Umfang (37 %) – wie es von ihm bereits vor Beginn der Karenzzeit beabsichtigt war – an der Wettbewerberin beteiligt hat, vermag sich der Senat nicht die Überzeugung zu bilden, dass sich der Kläger lediglich vor und unmittelbar nach der Karenzzeit – abgesehen von der ohnehin dauerhaft gewährten Sicherheit durch Verpfändung eines Sparguthabens – im Verhältnis zur Beklagten Wettbewerbshandlungen vorgenommen hat, nicht jedoch während der Karenzzeit selbst.
92c)
93Schließlich ergibt sich ein für den Kläger auch kein Zahlungsanspruch aus dem Inhalt des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.12.2011, dessen Inhalt und Authentizität zwischen den Parteien unstreitig ist. Dort heißt es nach der an den Kläger gerichteten Aufforderung, sich an das Wettbewerbsverbot zu halten, dass der Kläger selbstverständlich die in Ziffer 10.5 des Anstellungsvertrages vereinbarte Karenzentschädigung erhalte. Damit gibt die Beklagte nur die aus ihrer Sicht bestehende – aber unzutreffende – Rechtslage wieder. Wollte man darin eine erneute Abrede der Zahlung einer Karenzentschädigung bei Beachtung des Wettbewerbsverbotes mit dem ursprünglich vereinbarten Inhalt sehen, wäre diese jedoch ebenfalls aus den genannten Gründen gem. § 138 BGB nichtig.
943.
95Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
96Veranlassung, die Revision zuzulassen bestand nicht, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Liquidator bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart.
(2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer ein Geheimnis der in Absatz 1 bezeichneten Art, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekanntgeworden ist, unbefugt verwertet.
(3) Die Tat wird nur auf Antrag der Gesellschaft verfolgt. Hat ein Geschäftsführer oder ein Liquidator die Tat begangen, so sind der Aufsichtsrat und, wenn kein Aufsichtsrat vorhanden ist, von den Gesellschaftern bestellte besondere Vertreter antragsberechtigt. Hat ein Mitglied des Aufsichtsrats die Tat begangen, so sind die Geschäftsführer oder die Liquidatoren antragsberechtigt.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der klagende Rechtsanwalt war seit 1992 mit den beiden Beklagten in einer Sozietät verbunden, zu welcher drei Tochter-Steuerberatungsgesellschaften gehörten. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs steht fest, daß der Kläger zum 31. Dezember 1994 aus der Sozietät ausgeschieden ist. § 9 des Sozietätsvertrages bestimmt über die Auseinandersetzung beim Ausscheiden eines Partners u.a. folgendes:"1. Der ausgeschiedene Partner erhält als Auseinandersetzungsguthaben den seiner Gewinnbeteiligung {beim Kläger waren dies 9 %} entsprechenden Anteil am Jahresumsatz, zuzüglich des Saldos auf seinem Verrechnungskonto. Maßgeblich ist der Umsatz des letzten Geschäftsjahres der Sozietät; Umsätze von Tochterunternehmen sind entsprechend der Beteiligungsquote der Sozietät einzubeziehen. Damit ist auch sein entsprechender Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Praxis abgegolten. 2. Wird die Praxis beim Ausscheiden eines Partners von keinem der verbleibenden Partner fortgeführt, tritt an die Stelle des Jahresumsatzes i.S.v. Abs. 1 der Verwertungserlös. 3. Das Auseinandersetzungsguthaben ist ... in halbjährlichen Raten auszuzahlen ... ."
Das nach diesen Berechnungsregeln zugunsten des Klägers ermittelte Guthaben beläuft sich auf 181.332,78 DM. Unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 3 des Sozietätsvertrages hat der Kläger, der sich zunächst einer höheren Abfindung berühmt hatte, von den Beklagten die Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen verlangt. Die Beklagten haben geltend gemacht, ihnen stünden die Abfindungsforderung weit übersteigende Schadenersatzansprüche zu, weil der Kläger unter Verstoß gegen das in § 10 des Partnerschaftsvertrages ("Es besteht grundsätzlich Mandantenschutz für die Sozietät") niedergelegte Verbot Mandanten abgeworben habe und diese in der im Dezember 1994 mit einem anderen Partner gegründeten Steuerberatungs-GmbH unter Einsatz einer früheren Mitarbeiterin einer der drei Tochtergesellschaften der früheren Sozietät betreue. Sie haben deswegen gegenüber der Auseinandersetzungsforderung die Aufrechnung erklärt und mit der Widerklage Zahlung des überschießenden Betrages von 248.536,-- DM nebst Zinsen gefordert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 193.726,62 DM entsprochen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage stattgegeben.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat angenommen, § 10 des Sozietätsvertrages begründe keine Pflichten, deren Verletzung die von den Beklagten erhobenen Schadenersatzansprüche auslösen könnten. § 10 enthalte nämlich, wie sich aus dem Wort "grundsätzlich" und der mangelnden Bestimmtheit der Aussage ergebe, lediglich einen Programmsatz; im übrigen wäre die Klausel aber auch wegen ihrer fehlenden zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Begrenzung nichtig, wenn man ihr Regelungsgehalt beilegen wollte. Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.
II.
Das Berufungsgericht mißdeutet das in § 10 des Sozietätsvertrages verwandte Wort "grundsätzlich", verletzt den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (Sen.Urt. v. 26. Januar 1998 - II ZR 243/96, ZIP 1998, 605, 606 m.w.N.), indem es die genannte Bestimmung isoliert und ohne ihren Zusammenhang mit § 9 des Sozietätsvertrages betrachtet, und wird bei
seiner Hilfserwägung zur Nichtigkeit der Mandantenschutzklausel von einem Fehlverständnis der Bedeutung und Tragweite einer solchen Vereinbarung geleitet.
1. Der Sozietätsvertrag der Parteien enthält in den §§ 9 und 10 aufeinander abgestimmte, der Annahme des Berufungsgerichts, der Mandantenschutz solle keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, entgegenstehende Regelungen. Nach § 9 aaO ist das Auseinandersetzungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters als gewinnproportionaler Anteil am letzten Jahresumsatz der Sozietät einschließlich ihrer Töchter zu ermitteln. Damit erhält der Betroffene - wie in § 9 Abs. 1 Satz 3 aaO ausdrücklich bestimmt wird - zugleich seinen Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Sozietät. Diese Regelung tritt an die Stelle der in früheren Entscheidungen des Senats als angemessene Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät bezeichneten Regelung, daß die Sachwerte geteilt werden und jeder Partner die rechtlich nicht beschränkte Möglichkeit erhält, um Mandanten der bisherigen Praxis zu werben (Sen.Urt. v. 6. Dezember 1993 - II ZR 242/92, ZIP 1994, 378, 380; Sen.Urt. v. 6. März 1995 - II ZR 97/94, ZIP 1995, 833, 834). Da bei einer Sozietät von Freiberuflern der in den Beziehungen zu den Mandanten bestehende "good will" in aller Regel den entscheidenden Wert der Gesellschaft ausmacht, hat eine diesen Wert - wie hier verabredet - einbeziehende Abfindungsklausel grundsätzlich zur Voraussetzung, daß der ausscheidende Gesellschafter den Mandantenstamm seinen bisherigen Partnern belassen muß. Anderenfalls erhielte er eine überhöhte Abfindung, weil die übernommenen Mandate dann doppelt - einmal durch die Beteiligung an dem in der Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens einbezogenen "good will", zum anderen durch die Übernahme der Mandate selbst - berücksichtigt würden.
2. Dieser schon in § 9 aaO angelegte Gedanke wird durch die Mandantenschutzklausel in § 10 aaO zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht und steht der Annahme entgegen, die Parteien hätten, was grundsätzlich möglich ist (Sen.Urt. v. 6. März 1995 aaO), eine Kumulation von einer den "good will" einbeziehenden Abfindungszahlung und des Rechts des Zugriffs auf den Mandantenstamm vereinbart. Bei der gebotenen den Wortlaut, die Systematik, den Sinn und die Interessen beider Teile berücksichtigenden Auslegung kann dem in § 10 aaO verwendeten Wort "grundsätzlich" nicht ein fehlender Rechtsbindungswille der Parteien entnommen werden. Vielmehr ist der Vertrag dahin zu verstehen, daß der ausgeschiedene Gesellschafter, welcher die in § 9 aaO definierte Abfindung beansprucht, keine Mandanten der Sozietät betreuen darf, sofern nicht im Einzelfall etwas von diesem Grundsatz Abweichendes vereinbart wird oder - wie noch unten auszuführen sein wird - die Zeit abgelaufen ist, während deren der Anspruch auf Wahrung von Mandantenschutz längstens gerechtfertigt ist.
3. Die danach von Rechtsbindungswillen getragene Mandantenschutzklausel ist entgegen der Hilfserwägung des Berufungsgerichts nicht wegen "Unbestimmtheit und Unkonkretheit" nichtig. Vielmehr ist die Vereinbarung räumlich und gegenständlich hinreichend bestimmt. Die fehlende zeitliche Begrenzung der den ausgeschiedenen Kläger treffenden Unterlassungspflicht führt nicht zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit.
Nach der zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen ständigen Rechtsprechung des Senats sind derartige Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit nur dann wirksam, wenn sie räumlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschreiten (Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 - II
ZR 238/96, WM 1997, 1707 m.w.N.). Ihre Rechtfertigung finden sie allein darin, die Partner des ausgeschiedenen Gesellschafters vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Mißbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. Dagegen darf ein solches Wettbewerbsverbot rechtlich nicht dazu eingesetzt werden, den ehemaligen Partner als potentiellen Wettbewerber auszuschalten. Soweit sich dieser in hinreichender räumlicher Entfernung niederläßt und seinen Beruf ausübt, ist das berechtigte Anliegen der verbleibenden Gesellschafter, vor illoyalem Wettbewerb geschützt zu sein, ebenso wenig berührt, wie wenn der ehemalige Partner auf einem nicht von der Sozietät gewählten anderen Berufsfeld tätig wird. Entsprechendes gilt, wenn sich durch Zeitablauf - der Senat legt hier einen Zeitraum von nicht mehr als zwei Jahren zugrunde - die während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft geknüpften Verbindungen typischerweise so gelockert haben, daß der ausgeschiedene Partner wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann. Verstößt eine solche Wettbewerbsklausel allein gegen diese zeitliche Grenze, ohne daß weitere Gründe vorliegen, deretwegen die Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit als sittenwidrig zu qualifizieren sind, läßt der Senat (Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 aaO unter 3. m.w.N.) eine geltungserhaltende Reduktion auf das zeitlich tolerable Maß zu.
Diesen Maßstäben entspricht die in § 10 aaO niedergelegte Regelung. Als Mandantenschutzklausel ist sie gegenüber einem allgemeinen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bereits insofern eingeschränkt, als sich die Vereinbarung nur auf die bisherigen Mandanten der Sozietät beschränkt, die der ausscheidende Partner nicht mitnehmen darf. Hierin liegt die gebotene gegenständliche und räumliche Begrenzung, denn der Kläger darf alle anderen denkbaren Mandanten am Ort der Sozietät wie auch anderenorts betreuen, die sich mit Anliegen der Steuerberatung, der Wirtschaftsprüfung oder Rechtsbe-
sorgung an ihn wenden, ohne seine nachvertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen früheren Mitgesellschaftern zu verletzen. Daß dieses Gebot, Mandantenschutz zu gewähren, zeitlich nicht befristet ist, macht die Bestimmung nicht sittenwidrig und nichtig, sondern führt - wie oben ausgeführt - lediglich dazu, daß der Kläger für eine zweijährige Frist wettbewerblich in der Weise gebunden wird, daß er ehemalige Mandanten der Sozietät nicht betreuen durfte. Dabei ist unerheblich, ob er sie, wie die Beklagten behauptet haben, abgeworben hat oder ob sie sich aus freien Stücken an ihn gewandt haben, weil eine Abfindungsklausel, die, wie die hier geltende, auch den "good will" erfaßt, nur dann ungestört wirken kann, wenn der ausgeschiedene Partner nicht neben der Abfindungssumme das Mandat selbst und die mit ihm verbundenen Vorteile an sich zieht. Soweit Mandanten die verbliebenen Partner nicht weiter beauftragen, sondern zu Dritten abwandern, geht dies zu Lasten der fortgeführten Sozietät, deren Risiko es ist, die - im Verhältnis zu dem ausgeschiedenen Gesellschafter - ihnen zustehenden Mandanten an sich binden zu können.
4. Da unstreitig der Kläger jenem bindenden Verbot zuwider in dem fraglichen Zeitraum Mandanten der früheren Sozietät in seiner neuen Gesellschaft betreut hat, kann auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen über den geltend gemachten Abfindungsanspruch nicht befunden werden. Ob er überhaupt noch und ggfs. in welcher Höhe er besteht, ist von der von dem Berufungsgericht von seinem abweichenden Standpunkt aus folgerichtig nicht geprüften Frage abhängig, welche Mandate der Kläger in seine neue Gesellschaft mitgenommen hat, welcher Wert damit den Beklagten entzogen und ihm zugeflossen ist und ob dies nur zu einer Anrechnung auf den der Höhe nach rechnerisch im Ausgangspunkt übereinstimmend mit 181.332,78 DM bezifferten Auseinandersetzungsanspruch oder sogar zu einer Verurteilung des
Klägers auf die Widerklage hin führt. Damit das Berufungsgericht - ggfs. nach Ergänzung des Sachvortrags der Parteien - die dafür erforderlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Röhricht Henze Goette Kurzwelly Münke
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Die Revision ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen , weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20. November 2012 Bezug genommen (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO). Die im Anschluss an den Hinweis des Senats erfolgten Ausführungen der Revision im Schriftsatz vom 28. Januar 2013 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Die in dieser Stellungnahme angeführten Gesichtspunkte hat der Senat, soweit sie für die Revisionsentscheidung von Bedeutung sind, bei Erlass des Hinweisbeschlusses berücksichtigt.
- 2
- 1. Soweit die Beklagte meint, es liege ein Revisionszulassungsgrund vor, trifft dies nach wie vor nicht zu, zumal der Senat, wie im vorstehend genannten Hinweisbeschluss erwähnt, auch schon über die Verwendung einer salvatori- schen Klausel in einem Wohnraummietvertrag entschieden hat (Senatsurteil vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061 unter II 1 c - zur Klausel "soweit gesetzlich zulässig"). Entgegen der Auffassung der Revision ist eine weitere Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht deshalb erforderlich, weil die in § 11 Nr. 3 des vorliegenden Mietvertrags in der "Parkettklausel" enthaltene salvatorische Klausel im Anschluss an die Formulierung "sofern dies die Gesetzeslage bzw. die Rechtsprechung erlauben" die Formulierung enthält: ", was nach dem heutigen Stand nicht der Fall ist, so dass der Mieter die Versiegelung momentan auch nicht schuldet. Hintergrund dafür, dass dieser Satz dennoch in den Vertrag aufgenommen wird, ist Folgendes: Zunächst ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Gesetzeslage oder die Rechtsprechung ändern könnte[n]. …"
- 3
- Zur Beurteilung dieser salvatorischen Klausel, die das Berufungsgericht unter Anwendung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend wegen Verstoßes gegen das Verständlichkeitsgebot als unwirksam angesehen hat, bedarf es keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung. Denn es besteht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass salvatorische Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls dann nicht wirksam vereinbart werden können, wenn die Rechtslage - wie hier hinsichtlich der Parkettklausel der Fall - nicht zweifelhaft ist (vgl. nur Ulmer/ Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 305 BGB Rn. 153; MünchKommBGB/Basedow, 6. Aufl., § 305 Rn. 75; jeweils mwN).
- 4
- 2. Der Inhalt der Stellungnahme der Beklagten ändert auch nichts an der fehlenden Erfolgsaussicht der Revision. Anders als die Beklagte meint, hat der Senat ihren Sachvortrag, wonach es sich bei dem streitgegenständlichen Mietvertrag und namentlich bei den in § 2 (Mietdauer und Kündigung) und § 11 (Schönheitsreparaturen) enthaltenen Regelungen um Individualvereinbarungen handele, bei Erlass des Hinweisbeschlusses umfassend gewürdigt.
- 5
- a) Der Senat hält auch nach nochmaliger Überprüfung an seiner Auffassung fest, dass das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler angenommen hat, dass sich im vorliegenden Fall sowohl aus der Erscheinungsform des Textes des streitgegenständlichen Mietvertrags als auch aus dessen Inhalt ein erster Anschein für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ergibt. Ebenso bleibt der Senat bei seiner Einschätzung, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Vorbringen der Beklagten sei nicht geeignet , diesen ersten Anschein zu widerlegen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang die Vergleichbarkeit der Sachverhalte der im Hinweisbeschluss genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs mit dem vorliegenden Sachverhalt in Zweifel zieht, übersieht sie bereits, dass diese Entscheidungen, wie sich aus dem Zusatz "vgl. hierzu" ergibt, vorrangig zum Nachweis der genannten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung dienen.
- 6
- b) Soweit die Beklagte (erneut) geltend macht, das Berufungsgericht hätte zumindest über ihren Vortrag zum Aushandeln der Mietvertragsbedingungen Beweis durch Vernehmung der von ihr benannten damaligen Mitarbeiterin erheben müssen, verhilft auch diese - vom Senat bei Erlass des Hinweisbeschlusses bereits geprüfte - Rüge der Revision nicht zum Erfolg. Denn das Berufungsgericht durfte verfahrensfehlerfrei von einer Vernehmung der Zeugin absehen, weil nach seiner aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung bereits das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten nicht ausreicht , um den ersten Anschein des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu widerlegen.
- 7
- c) Hieran ändert der in der Stellungnahme der Beklagten hervorgehobene Gesichtspunkt nichts, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl in § 2 als auch in § 11 der Endfassung des Mietvertrags Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Vertragsentwurf vorgenommen worden sind. Die Revision vertritt die Auffassung, diese Änderungen seien als ein "Gesamtpaket" zu betrachten. Die Änderungen in § 11 des Mietvertrags seien erfolgt, nachdem die Beklagte zwar bereit gewesen sei, von ihrer eigentlichen Vorstellung einer Mindestvertragslaufzeit von 48 Monaten zu Gunsten der Kläger abzuweichen und so das Risiko einzugehen, auf anderenfalls garantierte Mieteinnahmen für den Differenzzeitraum zu verzichten, in diesem Zusammenhang aber klargestellt habe, dass sie hierzu nur dann bereit sei, wenn Einigkeit über die Verpflichtung der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen und zur Übernahme diesbezüglicher anteiliger Kosten bei Auszug vor Fälligkeit solcher Arbeiten herrsche.
- 8
- aa) Es kann offen bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft , dass es sich auch bei der Regelung über die Mindestvertragslaufzeit in § 2 des Mietvertrags trotz des vom Berufungsgericht insoweit festgestellten Änderungswunschs der Kläger um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Denn selbst wenn es sich um eine Individualvereinbarung handeln sollte, folgt hieraus noch nicht, dass davon auch hinsichtlich der Schönheitsreparaturklauseln auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109, 112; vom 6. März 1986 - III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 215; vom 19. Juni 1996 - VIII ZR 189/95, ZIP 1996, 1997 unter II 1 c bb; ebenso OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 628, 629; Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl., § 305 Rn. 22; Ulmer/Habersack, aaO Rn. 55; vgl. auch MünchKommBGB/Basedow, aaO, § 305 Rn. 41 und 44).
- 9
- bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Änderungen des § 11 Nr. 4 des Mietvertrags nicht zum Anlass genommen, die Regelung über die Schönheitsreparaturen insgesamt als Individualvereinbarung anzusehen (vgl. hierzu S. 5, 3. Abs. des Hinweisbeschlusses). Hieran ändert der von der Revision in ihrer Stellungnahme vorgebrachte Gesichtspunkt, mit der auf Wunsch der Kläger vorgenommenen Verkürzung der Mindestvertragslaufzeit sei eine Erhöhung ihres finanziellen Risikos verbunden, nichts. Denn in den Veränderungen der Regelung in § 11 Nr. 4 des Mietvertrags ist gleichwohl keine Änderung des wesentlichen Inhalts der Klausel, sondern lediglich eine unselbständige Ergänzung in Gestalt einer Änderung der Formulierung zu sehen, die den Charakter der Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in Frage stellt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 - V ZR 174/86, BGHZ 102, 152, 158; vom 18. Mai 1995 - X ZR 114/93, WM 1995, 1455 unter 1 b).
- 10
- cc) Das in der Stellungnahme der Revision angeführte Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. März 2009 (XII ZR 200/06, NJW-RR 2009, 947) führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben , ob die dort angestellten Überlegungen ohne weiteres auf das Wohnraummietrecht übertragen werden können. Denn anders als die Revision meint, unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von der Fallkonstellation, die der Entscheidung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zugrunde lag. Dort war auf Wunsch des Mieters eine Änderung der formularvertraglich vorgesehenen Endrenovierungspflicht in einem Punkt durch Aufnahme einer zusätzlichen Klausel in den Mietvertrag vorgenommen worden. Der XII. Zivilsenat hat hierin eine Verhandlung über den Umfang der dem Mieter bei Ende des Mietvertrags auferlegten Schönheitsreparaturen insgesamt gesehen. So liegt der Fall hier indes nicht. Denn nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist die geringfügige, lediglich ein vorhandenes Rechenbeispiel betreffende Änderung des § 11 Nr. 4 des Mietvertrags als solche nicht von den Klägern verlangt worden, sondern lediglich eine (notwendige) Folge der auf deren Wunsch vorgenommenen Verringerung der Mindestlaufzeit des Mietvertrags.
- 11
- dd) Soweit die Revision in ihrer Stellungnahme schließlich geltend macht, unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der §§ 305 ff. BGB und des Berufs der Kläger, bei denen es sich um Richter handele, seien die Regelungen über die Schönheitsreparaturarbeiten hier nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen, da nach dem Vortrag der Beklagten von einer selbstverantwortlichen Prüfung, Abwägung und möglichen Einflussnahme der Kläger hätte ausgegangen werden müssen, vermag auch dieses Vorbringen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn selbst wenn es sich bei den Klägern - wie im Revisionsverfahren mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts zu Gunsten der Beklagten als richtig zu unterstellen ist - um Richter handeln sollte, änderte dies nichts an der Geltung der strengen Anforderungen , die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 - V ZR 174/86, BGHZ 102, 152, 158 mwN; vom 3. April 1998 - V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 2 b; Erman/Roloff, aaO Rn. 58) an ein Aushandeln von Vertragsbedingungen zu stellen sind. Danach durfte das Berufungsgericht auch auf der Grundlage des Vortrags der Beklag- ten rechtsfehlerfrei zu der Beurteilung gelangen, dass es sich bei den hier maßgeblichen Vereinbarungen zu den Schönheitsreparaturen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Ball Dr. Milger Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 08.07.2011 - 12 C 135/10 -
LG Berlin, Entscheidung vom 23.03.2012 - 63 S 375/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 31. März 2011 zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszugs verteilen sich wie folgt: Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1 11,2 % und die Beklagte 88,8 %. Der Kläger zu 1 trägt 11,2 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2 und 71,4 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin zu 2 (im Folgenden: Klägerin) übernimmt geschäftsmäßig die Erstellung und den Einzug zahnärztlicher Honorarrechnungen. Sie verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht das Honorar für eine zahnärztliche Behandlung, die der vormalige Kläger zu 1 (im Folgenden: Zedent) durchgeführt hat.
- 2
- Die Beklagte befand sich vom 30. Januar 2004 bis Mai 2005 in zahnärztlicher Behandlung in der Praxis des Zedenten. Dabei wurden unter anderem mehrere Implantate eingesetzt und ein Langzeitprovisorium eingegliedert. Zu Behandlungsbeginn unterzeichnete die Beklagte am 30. Januar 2004 eine von dem Zedenten formularmäßig verwendete "Einverständniserklärung" mit folgendem Inhalt: "Einwilligung zur Abtretung Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der umseitig genannte Zahnarzt zum Zweck der Erstellung der Rechnung sowie zur Einziehung und der ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung alle hierzu notwendigen Unterlagen, insbesondere meinen Namen, Anschrift, Geburtsdatum , Leistungsziffern, Rechnungsbetrag, Behandlungsdokumentation, Laborrechnungen, Formulare etc. an die ZA Zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft D … (im Folgenden: ZAAG) weitergibt. Insoweit entbinde ich den Zahnarzt ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht und stimme ausdrücklich zu, dass der Zahnarzt die sich aus der Behandlung ergebende Forderung an die ZAAG und diese ggf. an das refinanzierende Institut - D. bank e.G., D. - abtritt. Ich bin mir bewusst, dass nach der Abtretung der Honorarforderung mir gegenüber die ZAAG als Forderungsinhaberin auftritt und deshalb Einwände gegen die Forderung - auch soweit sie sich aus der Be- handlung und der Krankengeschichte ergeben - im Streitfall gegenüber der ZAAG zu erheben und geltend zu machen sind und der mich behandelnde Zahnarzt als Zeuge vernommen werden kann. Einwilligung nach Datenschutzgesetz Ich bin gleichfalls damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten und meine Behandlungsdaten von dem Zahnarzt und der ZAAG - ggf. elektronisch - erhoben, gespeichert, verarbeitet, genutzt und übermittelt werden zum Zweck der Erstellung der Honorarrechnung sowie der Einziehung und ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung."
- 3
- Für eine am 17. März 2004 durchgeführte Behandlung stellte der Zedent unter dem 11. Juni 2004 einen Betrag von 10.272,52 € in Rechnung. Die weiteren von ihm erbrachten Behandlungsmaßnahmen machte die Klägerin nach Abtretung der entsprechenden Honorarforderungen mit Rechnung vom 14. Juni 2004 in Höhe von 23.541,41 € geltend. Die Beklagte leistete keine Zahlungen. Im nachfolgenden Rechtsstreit über die Berechtigung der in Rechnung gestellten Honoraransprüche hat die Beklagte erstinstanzlich die Forderungshöhe bestritten und insbesondere eingewandt, über die Gesamtkosten nur unzureichend aufgeklärt worden und bei Abschluss der zugrunde liegenden Vergütungsvereinbarungen geschäftsunfähig gewesen zu sein.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte unter teilweiser Klageabweisung zur Zahlung von 9.691,81 € an den Zedenten und von weiteren 21.048,26 € an die Klägerin (jeweils nebst Zinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten) verurteilt. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte erstmals geltend gemacht, die Abtretung der Honorarforderungen an die Klägerin sei gemäß § 134 BGB in Verbindung § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB nichtig. Das Oberlandesgericht hat die Abtretung der Honoraranspruchs an die Klägerin für unwirksam gehalten und die Klage insoweit abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
- 5
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin erkannt hat.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Die Klägerin sei für den geltend gemachten Honoraranspruch nicht aktivlegitimiert. Die Abtretung des Honoraranspruchs an die Klägerin sei gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 StGB nichtig, da die Einverständniserklärung der Beklagten vom 30. Januar 2004 unwirksam sei. Zwar genüge die Zustimmungserklärung bezüglich der Klägerin den Anforderungen an eine wirksame Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht und den datenschutzrechtlichen Vorgaben; dagegen werde die vertraglich vorgesehene Möglichkeit der Weiterabtretung durch die Klägerin an die D. bank e.G. zum Zwecke der Refinanzierung nicht deutlich gemacht. Es werde vielmehr der Anschein erweckt, dass sensible, patientenbezogene Daten lediglich an die Klägerin weitergegeben würden. Eine geltungserhaltende Reduktion beziehungsweise lediglich eine Teilnichtigkeit der Abtretung komme nicht in Betracht. Die Erklärungen hinsichtlich der Abtretung und der Einwilligung stünden in einem rechtlich und inhaltlich untrennbaren Zusammenhang, weshalb der Verstoß gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Unwirksamkeit der in der Urkunde insgesamt enthaltenen Erklärungen nach § 139 BGB führe.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die streitgegenständliche Abtretung der Honorarforderung verstößt nicht gegen § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da die Beklagte jedenfalls in die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen an die Klägerin wirksam eingewilligt hat. Diese ist somit Inhaberin der Forderung geworden. Darauf, ob (auch) im Verhältnis zur D. bank e.G. eine rechtswirksame Einwilligung vorliegt, kommt es entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht an.
- 9
- 1. Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Abtretung einer ärztlichen oder zahnärztlichen Honorarforderung an eine gewerbliche Verrechnungsstelle, die zum Zwecke der Rechnungserstellung und Einziehung erfolgt, die ärztliche Schweigepflicht verletzt und deshalb wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) gemäß § 134 BGB nichtig ist, wenn der Patient der damit verbundenen Weitergabe seiner Abrechnungsunterlagen nicht zugestimmt hat (grundlegend BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 - VIII ZR 296/90, BGHZ 115, 123, 124 ff). Denn den Zedenten trifft, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist, nach § 402 BGB die Pflicht, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, auszuliefern; dies ist ohne Verstoß gegen die ärztliche Schweige- pflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) nicht möglich (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1991 aaO; vom 8. Juli 1993 - IX ZR 12/93, NJW 1993, 2795 f; vom 5. Dezember 1995 - X ZR 121/93, NJW 1996, 775; Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB 62/04, NJW 2005, 1505, 1506; Urteile vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, NJW 2010, 2509 Rn. 11; vom 21. Januar 2010 - IX ZR 65/09, BeckRS 2010, 07630 Rn. 11).
- 10
- Eine wirksame Einwilligung im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Erklärende eine im Wesentlichen zutreffende Vorstellung davon hat, worin er einwilligt, und die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken vermag. Er muss deshalb wissen, aus welchem Anlass und mit welcher Zielsetzung er welche Personen von ihrer Schweigepflicht entbindet ; auch muss er über Art und Umfang der Einschaltung Dritter unterrichtet sein (BGH, Urteil vom 20. Mai 1992 - VIII ZR 240/91, NJW 1992, 2348, 2350; MüKoStGB/Cierniak/Pohlit, 2. Aufl., § 203 Rn. 59; Schönke/Schröder/Lenckner/ Eisele, StGB, 28. Aufl., § 203 Rn. 24).
- 11
- 2. Nach diesen Grundsätzen liegt eine wirksame Zustimmung der Beklagten zur Weitergabe der Abrechnungsunterlagen an die Klägerin vor. Denn die von dem Zedenten formularmäßig verwendete und von der Beklagten unterzeichnete Einverständniserklärung vom 30. Januar 2004 informierte umfassend und detailliert über die mit der Abtretung an die Klägerin verbundenen Rechtsfolgen. Für die Beklagte war eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen, dass die Klägerin Forderungsinhaberin werden sollte und die Weitergabe der Behandlungsdaten zum Zwecke der Forderungseinziehung und gegebenenfalls zur klageweisen Geltendmachung erfolgte. Die Beklagte wurde weiterhin darauf hingewiesen, dass sie auf Grund der Abtretung in einem späteren Prozess gezwungen sein könnte, gegenüber einem außerhalb des Arzt-Patienten- Verhältnisses stehenden Dritten Einwände gegen die Honorarforderung vorzubringen und dazu unter Umständen Einzelheiten aus der Krankengeschichte und der Behandlung zu offenbaren.
- 12
- 3. Auf die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die Einverständniserklärung der Beklagten, soweit sie sich auf eine mögliche (jedoch nicht erfolgte) Weiterabtretung an die D. bank e.G. zum Zwecke der Refinanzierung bezieht, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 BGB), kommt es nicht an. Denn die Wirksamkeit der Zustimmung zur Weitergabe der Behandlungsdaten an die Klägerin bleibt davon unberührt.
- 13
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die in Form eines Formularvordrucks verwendete Einverständniserklärung als von dem Zedenten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff BGB gewertet. Damit beurteilen sich die Rechtsfolgen im Falle der (teilweisen) Unwirksamkeit der Klausel nach § 306 BGB. Abweichend von § 139 BGB, wonach die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts regelmäßig seine Gesamtnichtigkeit zur Folge hat, bleibt der Vertrag nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen grundsätzlich wirksam, wenn es sich bei den unwirksamen Teilen des Rechtsgeschäfts um AGBKlauseln handelt.
- 14
- b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel (BGH, Urteile vom 10. Oktober 1996 - VII ZR 224/95, NJW 1997, 394, 395 mwN und vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 Rn. 15). Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. blue-pencil-test); ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen ist dabei unerheblich (MüKoBGB/Basedow, 6. Aufl., § 306 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 306 Rn. 7, jeweils mwN).
- 15
- c) Nach diesem Maßstab hat die Einwilligung der Beklagten in die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen an die Klägerin auch dann Bestand, wenn ihre Zustimmung zur Weiterabtretung an das refinanzierende Kreditinstitut unwirksam sein sollte.
- 16
- aa) Das Einverständnis im Sinne von § 203 Abs. 1 StGB ist teilbar. Es kann sowohl in persönlicher als auch in zeitlicher und sachlicher Hinsicht beschränkt werden, indem zum Beispiel nur bestimmte Geheimnisse mitgeteilt oder geheimhaltungsbedürftige Umstände nur an bestimmte Personen weitergegeben werden (MüKoStGB/Cierniak/Pohlit aaO Rn. 64; Schönke/Schröder/ Lenckner/Eisele aaO Rn. 24d). Eine Beschränkung des Einverständnisses der Beklagten auf die Abtretung an die Klägerin ist deshalb ohne weiteres zulässig.
- 17
- bb) Die Abtretung an die Klägerin und die etwaige Folgeabtretung an das zum Zwecke der Refinanzierung eingeschaltete Kreditinstitut sind auch nicht untrennbar miteinander verknüpft. Die Abtretung an die zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft verliert ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Vertragsparteien nicht dadurch, dass eine Weiterabtretung durch den Zessionar ausgeschlossen ist. Die Folgeabtretung zur Kreditsicherung sollte nur "ggf." erfolgen. Es handelte sich nicht um einen "Automatismus". Dementsprechend ist im Streitfall die Abtretung an die D. bank auch unterblieben. Die Klägerin ist nicht gehindert, die abgetretenen Forderungen im eigenen Namen einzuziehen und erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen. Zu Recht führt die Revision in diesem Zusammenhang an, dass bei der streitgegenständlichen Klausel der Satzteil bezüglich der Folgeabtretung an die finanzierende Bank unproblematisch gestrichen werden kann, ohne dass dadurch der Sinn der verbleibenden Regelung in Frage gestellt wird. Der Fortfall der Möglichkeit zur Weiterabtretung ist nach alledem nicht von so einschneidender Bedeutung, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss (vgl. auch BGH, Urteile vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 Rn. 17 ff; vom 16. Juni 2009 - XI ZR145/08, NJW 2009, 3422 Rn. 32 ff; vom 28. Juli 2011 - VII ZR 207/09, NJW-RR 2011, 1526 Rn. 14, 20).
III.
- 18
- Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO).
- 19
- Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückweisen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 20
- Landgericht und Berufungsgericht (im Zusammenhang mit der Zuerkennung des Vergütungsanspruchs des Zedenten) vermochten nach umfassender (wiederholter) Beweisaufnahme nicht festzustellen, dass der Zedent im Rahmen der von ihm geschuldeten "wirtschaftlichen Aufklärung" eine Pflichtverletzung begangen hat oder der Behandlungsvertrag an einem Nichtigkeitsmangel leidet. Diese Ausführungen, gegen die die Revisionsbeklagte keine Gegenrügen erhoben hat, lassen keine Rechtsfehler erkennen.
- 21
- Soweit die Beklagte einzelne Rechnungspositionen (sog. BleechingKosten von 255,64 € und 38,34 €; Positionen 20 und 21 aus der Rechnung der Klägerin vom 14. Juni 2004) beanstandet hat, hat das Berufungsgericht - das diese Positionen versehentlich der Rechnungsstellung des Zedenten zugeordnet hat - die Einwendungen der Beklagten ohne erkennbare Rechtsfehler für nicht durchgreifend erachtet; auch insoweit hat die Beklagte im Revisionsverfahren keine (Gegen-)Rügen erhoben.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 31.03.2011 - 9 O 2/11 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 13.09.2012 - 1 U 31/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Schadenersatz für einen Fahrzeuganhänger, den er von der Klägerin angemietet hatte.
- 2
- Die Klägerin vermietet gewerblich Fahrzeuge. Der Beklagte mietete am 28. September 2009 einen Fahrzeuganhänger zum Preis von 38 € brutto für vier Stunden, um auf diesem einen ausgebrannten PKW zu überführen. Auf einer Brücke geriet der Anhänger in eine Pendelbewegung, infolge derer das Gespann verunfallte, wobei der genaue Hergang streitig ist. Der Anhänger erlitt wirtschaftlichen Totalschaden.
- 3
- In dem Mietvertrag hatten die Parteien eine Haftungsbegrenzung zugunsten des Beklagten auf eine Selbstbeteiligung von 350 € vereinbart, ohne dass dafür ein besonderes Entgelt im Vertrag ausgewiesen wurde.
- 4
- Der Formularvertrag enthält dazu folgende Bestimmungen: "Der Mieter haftet auch bei Vereinbarung der Haftungsreduzierung in voller Höhe für: - Schäden, die unter Einfluss von Rauschmitteln (Drogen, Alkohol etc.) oder vorsätzlich bzw. grob fahrlässig, - Schäden, die durch unsachgemäßes Verstauen, ungesicherte Ladung, unsachgemäßen Verschluss des Koffers oder der Plane bzw. der Bordwände, - Schäden am Fahrzeug einschließlich Aufbauten (Plane, Koffer, Spiegel etc.), durch Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe oder Einfahrtshöhe, verursacht werden."
- 5
- Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung von 350 € zuzüglich 5 € Mahnkosten stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 3.375,53 € sowie 307,10 € vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten jeweils nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Berufung, mit der die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin auch den Ersatz von Umsatzsteuer verlangt hat, zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die vollständige Zurückweisung der Berufung.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 7
- Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Durch den undifferenzierten Ausschluss der Haftungsbegrenzung für Schäden, die durch unsachgemäße Beladung oder durch grob fahrlässiges Verhalten verursacht werden, werde der Vertragspartner der Klägerin unangemessen benachteiligt. Der Ausschluss sei deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Eine entgeltliche Haftungsbegrenzung habe der Vermieter nach dem Leitbild der Kaskoversicherung auszugestalten.
- 8
- Entgeltlichkeit der Haftungsbegrenzung sei bei einer gewerblichen Fahrzeugvermietung auch dann anzunehmen, wenn ein besonderer Preis für die Haftungsbegrenzung nicht ausgewiesen, sondern bereits in den Mietpreis eingerechnet sei. Die vereinbarte Haftungsbegrenzung entspreche jedoch nicht dem gesetzlichen Leitbild der Vollkaskoversicherung, da § 81 Abs. 1 VVG die vollständige Leistungsfreiheit nur bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls vorsehe, während § 81 Abs. 2 VVG für Fälle grober Fahrlässigkeit eine Leistungskürzung in Abhängigkeit von der Schwere des Verschuldens vorsehe. Dagegen sei in den von der Klägerin verwendeten Geschäftsbedingungen eine komplette Leistungsfreiheit bei grober Fahrlässigkeit vorgesehen.
- 9
- Die Unwirksamkeit der Klausel führe jedoch nicht zu deren ersatzlosem Wegfall. An ihre Stelle trete gemäß § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung , hier also § 81 Abs. 2 VVG. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sei außerdem die Regelung in Ziffer A.2.3.2. AKB heranzuziehen, wonach es sich bei dem eingetretenen Ereignis als sogenannter Betriebsschaden von vornherein nicht um ein in der Kaskoversicherung versichertes Unfallereignis handle. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Schadensereignis durch eine falsche Beladung des Anhängers herbeigeführt worden sei, wodurch die erforderliche Stützlast nicht erreicht worden sei, was die Schleuderbewegung und den Schadenseintritt allein verursacht habe.
II.
- 10
- Das hält einer rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
- 11
- 1. Unzutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass die in den Vertragsbedingungen enthaltene Regelung, soweit sie hier von Bedeutung ist, unwirksam sei.
- 12
- a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteil vom 24. Oktober 2012 - XII ZR 40/11 - NZM 2013, 165 Rn. 14 mwN). Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen , wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
- 13
- b) Der vorliegende Mietvertrag enthält in Bezug auf die Haftungsbegrenzung keine von gesetzlichen Regelungen abweichenden Bestimmungen, die den Mieter unangemessen benachteiligen.
- 14
- Denn gemäß § 280 Abs. 1 BGB schuldet der Mieter dem Vermieter den Ersatz von Schäden, die durch die Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis entstehen, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten (§ 538 BGB).
- 15
- Die in das Vertragsformular aufgenommene Haftungsbegrenzung stellt gegenüber der gesetzlichen Regelung keine Schlechterstellung, sondern eine Besserstellung des Mieters dar. Denn er haftet danach nur bis zu einem Höchstbetrag von 350 € mit Ausnahme bestimmter Sonderfälle, für die die Haftungsbegrenzung nicht gilt. Für die von den Ausnahmen erfassten Fälle bleibt es bei der gesetzlichen Verschuldenshaftung des Mieters. Darin liegt keine Abweichung zu seinen Lasten von der gesetzlichen Regelung.
- 16
- c) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - auch des Senats -, wonach in Fällen, in denen die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrags gegen zusätzliches Entgelt eine Haftungsbegrenzung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung vereinbaren, dieser - gleichsam als Quasi-Versicherungsnehmer - darauf vertrauen darf, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde (vgl. Senatsurteile vom 24. Oktober 2012 - XII ZR 40/11 - NZM 2013, 165 Rn. 15 und vom 14. März 2012 - XII ZR 44/10 - NJW 2012, 2501 Rn. 19; BGHZ 191, 150 = NJW 2012, 222 Rn. 11; vgl. auch BGHZ 22, 109).
- 17
- Dabei kann dahinstehen, ob - wie das Landgericht meint - der Fahrzeugmieter auch dann darauf vertrauen darf, dass die vereinbarte Haftungsbegrenzung im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde, wenn für die Haftungsbegrenzung kein zusätzliches Entgelt vereinbart wird. Denn für das hier vorliegende Schadensereignis gewährte auch die Kaskoversicherung keinen Versicherungsschutz.
- 18
- aa) Welche Leistungen die Vollkaskoversicherung umfasst, ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen. Die berechtigte Erwartungshaltung kann deshalb nur dahin gehen, eine Haftungsbegrenzung für Schadensfälle zu erlangen, die in der Vollkaskoversicherung nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) versichert wären. Gemäß Ziffer A.2.3.2. AKB 2008 sind das Unfälle des Fahrzeugs. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.
- 19
- Nicht als Unfallschäden gelten die in Ziffer A.2.3.2. Abs. 2 AKB 2008 aufgeführten Schadensereignisse, insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Dazu zählen z.B. Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder durch Abnutzung, Verwindungsschäden , Schäden aufgrund Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung des Fahrzeugs und Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen.
- 20
- bb) Indem die Bedingungen des abgeschlossenen Mietvertrages Schäden "durch unsachgemäßes Verstauen, ungesicherte Ladung, unsachgemäßen Verschluss des Koffers oder der Plane bzw. der Bordwände" ausschließen, bleiben sie hinter der kaskomäßigen Erwartungshaltung nicht zurück. Denn die mietvertraglich vereinbarten Ausschlüsse entsprechen den auch in der Fahrzeugvollversicherung nicht versicherten Betriebsschäden in Form von Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder Schäden aufgrund Bedienungsfehler.
- 21
- cc) Die die sachliche Reichweite der Haftungsbegrenzung festlegende Klausel ist auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil sie im äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen Vertragsbedingungen steht, die einer Klauselkontrolle nicht standhalten.
- 22
- (1) Zwar entspricht die Einschränkung der Haftungsbegrenzung im ersten und dritten Spiegelstrich der Vertragsklausel nicht dem gesetzlichen Leitbild der Vollkaskoversicherung, weil hier eine volle Haftung des Mieters für Schäden unter Einfluss von Rauschmitteln und für vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung einschließlich Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe festgelegt wird, demgegenüber in einem Versicherungsverhältnis § 81 Abs. 1 VVG die vollständige Leistungsfreiheit nur bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls vorsähe, § 81 Abs. 2 VVG hingegen für Fälle grober Fahrlässigkeit eine Leistungskürzung in Abhängigkeit von der Schwere des Verschuldens. Insoweit benachteiligt die vertragliche Regelung den Mieter unangemessen gegenüber dem in der Vollkaskoversicherung gewährten Versicherungsschutz (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 2012 - XII ZR 40/11 - NZM 2013, 165 Rn. 16 ff.).
- 23
- (2) Die Gesamtklausel kann jedoch in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil zerlegt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, auch wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur dann, wenn der als wirksam anzusehende Rest im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel (BGH Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 325/12 - NJW 2014, 141 Rn. 14; BGHZ 179, 374 = NJW 2009, 1664 Rn. 15 mwN). So liegt der Fall hier jedoch nicht.
- 24
- Die in Rede stehende Klausel enthält zwei voneinander sachlich zu trennende Regelungsbereiche, nämlich unter dem ersten und dritten Spiegelstrich Regelungen über die schuldhafte Herbeiführung des Schadensfalls, unter dem zweiten Spiegelstrich eine Festlegung der versicherungsähnlich erfassten Schadensereignisse. Diese Regelungsbereiche sind inhaltlich unabhängig und können losgelöst voneinander bestehen. Sind die Regelungen unter dem ersten und dritten Spiegelstrich als unwirksam zu erachten, bleibt als Regelungsgegenstand diejenige Bestimmung übrig, die den Umfang der quasi-versicherten Schadensereignisse in Übereinstimmung mit der insoweit durch Ziffer A.2.3.2. AKB 2008 begründeten Erwartungshaltung bestimmt. Dass beide Regelungsbereiche nicht voneinander abhängen, äußert sich bereits darin, dass im Versicherungsrecht für die Herbeiführung des Versicherungsfalls zwingende gesetzliche Regelungen in § 81 VVG bestehen, während die versicherten Schadensereignisse privatautonom durch die Versicherungsbedingungen bestimmt werden.
- 25
- dd) Hinzu kommt, dass die in Ziffer A.2.3.2. Abs. 2 AKB 2008 wie auch im zweiten Spiegelstrich der Vertragsklausel genannten Ereignisse keine Risi- koausschlüsse im eigentlichen Sinne darstellen, sondern lediglich den Begriff des Schadensereignisses eines "Unfalls" erläutern (vgl. Halm/Kreuter/Schwab/ Stomper AKB 2008 Rn. 683). Die durch betriebsinterne Vorgänge verursachten Schäden stellen nämlich von vornherein keinen Unfall im Sinne einer äußeren Einwirkung als kaskoversicherte Schadensursache dar, so dass der Mieter auch bei gänzlichem Fehlen der im zweiten Spiegelstrich enthaltenen Regelungen keine berechtigte Erwartungshaltung dahin haben könnte, dass er gegen betriebsinterne Vorgänge und Bedienungsfehler abgesichert sei.
- 26
- d) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht deshalb den durch einen betriebsinternen Vorgang entstandenen Schaden als von der Haftungsbegrenzung ausgenommen angesehen.
- 27
- 2. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen gegen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zum Unfallhergang und zum Verschulden des Beklagten greifen nicht durch. Von einer Begründung insoweit wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
AG Kehl, Entscheidung vom 26.11.2012 - 4 C 150/10 -
LG Offenburg, Entscheidung vom 08.10.2013 - 1 S 154/12 -