Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 12. Aug. 2016 - 25 U 3066/16

bei uns veröffentlicht am12.08.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 09.06.2016, Az. 25 O 23514/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung im tenorierten Umfang stattgegeben. Die Einwendungen der Beklagten in der Berufungsbegründung führen zu keiner anderen Bewertung.

Versichert ist nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen „Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz für die Verteidigung wegen des Vorwurfes einer Ordnungswidrigkeit“ im Rahmen einer Firmen-Rechtsschutzversicherung.

Wie bereits das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils näher dargelegt hat, ist für die Auslegung dieser Klausel nach ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei ist in erster Linie der Wortlaut der Klausel maßgeblich, und zwar grundsätzlich nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Einleitung, Rn. 271). Eine gewisse Einschränkung besteht bei Ausdrücken der Rechtssprache. Ausdrücke, mit denen die Rechtssprache feste Begriffe verbindet - wie hier „Ordnungswidrigkeit“ -, sind im Zweifel in diesem Sinne zu verstehen (vgl. Armbrüster, a. a. O., Rn. 272).

Hiervon ausgehend teilt der Senat die Bewertung des Landgerichts, dass es sich bei der Rechtsverteidigung gegen eine - selbstständige - Verfallsanordnung gemäß § 29a OWiG um die Verteidigung wegen des Vorwurfes einer Ordnungswidrigkeit handelt. Auf die Begründung des Landgerichts wird zunächst Bezug genommen, ergänzend ist Folgendes anzumerken:

In § 1 Abs. 1 OWiG ist eine Ordnungswidrigkeit legaldefiniert als eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Es handelt sich um eine rein formale Definition, indem einzig und allein an die vom Gesetzgeber angedrohte Rechtsfolge angeknüpft wird; als zulässige Rechtsfolge muss die Ahndung mit einer Geldbuße lediglich vorgesehen sein (Rogall in KK-OWiG, 4. Aufl., § 1 Rn. 1, Rn. 9) - nicht aber tatsächlich erfolgen. Wenn begrifflich eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, kommen als Rechtsfolge neben einem Bußgeld vielmehr auch andere Rechtsnachteile und Unrechtsfolgen in Betracht, wie z. B. Einziehung oder Verfall (vgl. Rogall, a. a. O., Rn. 11 ff., 15). Nach seiner Rechtsnatur ist der Verfall wie die Einziehung sog. „Nebenfolge“ einer Ordnungswidrigkeit; dem steht nicht entgegen, dass beim Verfall gemäß § 29a OWiG aufgrund der gesetzlichen Konzeption eine Kombination von Hauptrechtsfolge und Nebenfolge ausgeschlossen ist (vgl. näher Rogall, a. a. O., § 29a, Rn. 5: „Man kann den Begriff der „Nebenfolge“ aber auch abstrakt definieren; und zwar als die untergeordnete Tatfolge im Haupt- und Nebenfolgen umfassenden gesetzlichen System der staatlichen Reaktionen auf Ordnungswidrigkeiten und mit Geldbuße bedrohte Handlungen.“). Die Zugehörigkeit auch des Verfalls zum Reaktionskatalog auf Ordnungswidrigkeiten zeigt auch die Einbettung in die Systematik des OWiG. Die eigentliche Regelung des § 29a befindet sich im Ersten Teil des OWiG, also in den „Allgemeinen Vorschriften“, wobei im betreffenden Sechsten Abschnitt daneben in § 30 die Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen geregelt ist - eine Sanktion, die offensichtlich auch nach Ansicht der Beklagten vom Versicherungsschutz umfasst wäre. Die zugehörigen verfahrensrechtlichen Regelungen finden sich im Zweiten Teil des OWiG - „Bußgeldverfahren“ -; im dortigen Achten Abschnitt, „Verfahren bei Anordnung von Nebenfolgen oder ...“, regelt § 87 die Anordnung von Einziehung und Verfall. Gemäß § 87 Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 OWiG steht die Verfallsanordnung einem Bußgeldbescheid gleich.

Ausgehend von dieser gesetzlichen Konzeption und abstellend auf die maßgebliche Sicht eines durchschnittlichen, verständigen Versicherungsnehmers besteht nach Auffassung des Senats kein Zweifel daran, dass sich die Klägerin mit ihrer Rechtsverteidigung gegen die - an einen Ordnungswidrigkeitentatbestand anknüpfende - Verfallsanordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 (Anlage K 6) und gegen den nachfolgenden Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 18.02.2015 (Anlage K 8; der Beschluss trägt bezeichnenderweise ein OWi-Az. und schon das Rubrum beinhaltet: „In dem Bußgeldverfahren ... wegen OWi ...“) gegen „den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit“ zur Wehr gesetzt hat.

Entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung kommt es nicht darauf an, dass kein Bußgeldbescheid erging - darauf stellt die Formulierung der Versicherungsbedingungen nicht ab. Ebensowenig ist entscheidend, dass nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.08.2002, 1 StR 115/02, der Verfall in Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf das Schuldprinzip nicht als Strafe oder strafähnliche Maßnahme, sondern als Maßnahme eigener Art einzuordnen ist - zumal vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer keine Kenntnis der BGH-Rechtsprechung zu erwarten ist. Schließlich ist keine Grundlage für die Rechtsansicht der Beklagten ersichtlich, dass ein Ordnungswidrigkeitenverfahren im Rechtssinne erst dann vorliegen würde, wenn ein solches nicht nur formal eingeleitet wurde, sondern in diesem (konkreten) Verfahren darüber hinaus auch der Erlass eines Bußgeldbescheides vorgesehen ist. Im Übrigen wäre vorliegend wohl grundsätzlich auch eine Geldbuße nach § 30 OWiG in Betracht gekommen.

Auch die Argumentation zu den Kostenregelungen im Kostenverzeichnis (KV) zum GKG überzeugt nicht. Zwar sind im Teil 4., Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, die Nrn. 4110, 4120 KV im Hauptabschnitt 1., Bußgeldverfahren, gemäß der dortigen Vorbemerkung 4.1 wohl nicht einschlägig. Es gibt aber daneben Hauptabschnitt 2., Einziehung und verwandte Maßnahmen, mit Nrn. 4210 ff. KV, die gemäß Vorbemerkung 4.2 für die Verfahren über die Einziehung und dieser gleichstehende Rechtsfolgen (§ 442 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG) gelten - also auch für den Verfall. Gerichtsgebühren fallen danach im selbstständigen Verfallsverfahren bei Ordnungswidrigkeiten zwar nicht erstinstanzlich, aber in zweiter Instanz an (vgl. Zimmermann in Binz/Dörndorfer, GKG u. a., 3. Aufl., KVGKG 4110, Rn. 1 - 6; Heidrich in KK-OWiG, 4. Aufl., § 105 Rn. 90, 132 ff., 137); die zu Strafsachen gehörigen Nrn. 3410 ff. KV dürften hingegen nicht einschlägig sein.

Entgegen der Ansicht des Berufungsbegründung unter Ziffer 2. hat das Erstgericht seine Auffassung über das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sehr wohl und auch nachvollziehbar begründet. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Auch wenn es beim Verfall um die Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile geht, handelt es sich aus Sicht des Versicherungsnehmers klar um ein Verfahren „im Zusammenhang mit einer Ordnungswidrigkeit“. Denn - ähnlich bereits das Erstgericht in den Entscheidungsgründen - § 29a OWiG setzt voraus, dass der Täter bzw. ein Dritter für eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder aus ihr etwas erlangt hat. Die hier wiederholte Behauptung der Beklagten, dass das Verfallsverfahren nach der gesetzgeberischen Konzeption und dem BGH kein Ordnungswidrigkeitenverfahren sei, ist, wie oben erläutert, unzutreffend.

Das Erstgericht hat auch zu Recht das erforderliche Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag bejaht. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 29.04.2016 (Bl. 24/26 d. A.) geschätzten Kosten mögen weit zu hoch angesetzt sein (Näheres dazu im Hinweis der Einzelrichterin zum parallel hier anhängigen Streitwertbeschwerdeverfahren, Az. 25 W 1345/16). Dass im weiteren Verfahren neben den vom Landgericht unter Ziffer 1. des Tenors ausgeurteilten Rechtsanwaltskosten noch weitere ggf. erstattungspflichtige Kosten (besondere Kosten, eigene notwendige Auslagen, vgl. Heidrich, a. a. O.; vgl. auch Gieg in KK-StPO, 7. Aufl., § 472b, Rn. 2) anfallen können, ist danach aber jedenfalls anzunehmen.

Der Tenor ist in Ziffer 2. auch nicht zu weit gefasst. Bei dem Antrag geht es um die Feststellung, ob - bezüglich weiterer etwaiger Rechtsverteidigungskosten in dem betroffenen Bußgeldverfahren des Amtsgerichts Karlsruhe - grundsätzlich Deckungsschutz besteht. Dass der Beklagten dadurch sonstige Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag nicht abgeschnitten werden, ist durch die Formulierung „im Umfang ihres vertraglich festgelegten Leistungsumfanges“ hinreichend klargestellt.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 12. Aug. 2016 - 25 U 3066/16 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 30 Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen


(1) Hat jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,3. als vertretungsberechtigter Gesellsch

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 29a Einziehung des Wertes von Taterträgen


(1) Hat der Täter durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder für sie etwas erlangt und wird gegen ihn wegen der Handlung eine Geldbuße nicht festgesetzt, so kann gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages bis zu der Höhe angeordnet werden, die d

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 1 Begriffsbestimmung


(1) Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt. (2) Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung ist eine rechtswidrige Handlung, die den

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Hat der Täter durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder für sie etwas erlangt und wird gegen ihn wegen der Handlung eine Geldbuße nicht festgesetzt, so kann gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Erlangten entspricht.

(2) Die Anordnung der Einziehung eines Geldbetrages bis zu der in Absatz 1 genannten Höhe kann sich gegen einen anderen, der nicht Täter ist, richten, wenn

1.
er durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung etwas erlangt hat und der Täter für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(3) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist.

(4) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden. § 18 gilt entsprechend.

(5) Wird gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder wird es eingestellt, so kann die Einziehung selbständig angeordnet werden.

(1) Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt.

(2) Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung ist eine rechtswidrige Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes im Sinne des Absatzes 1 verwirklicht, auch wenn sie nicht vorwerfbar begangen ist.

(1) Hat der Täter durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder für sie etwas erlangt und wird gegen ihn wegen der Handlung eine Geldbuße nicht festgesetzt, so kann gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Erlangten entspricht.

(2) Die Anordnung der Einziehung eines Geldbetrages bis zu der in Absatz 1 genannten Höhe kann sich gegen einen anderen, der nicht Täter ist, richten, wenn

1.
er durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung etwas erlangt hat und der Täter für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(3) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist.

(4) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden. § 18 gilt entsprechend.

(5) Wird gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder wird es eingestellt, so kann die Einziehung selbständig angeordnet werden.

(1) Hat jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
3.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,
4.
als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder
5.
als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört,
eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die Pflichten, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden.

(2) Die Geldbuße beträgt

1.
im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu zehn Millionen Euro,
2.
im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu fünf Millionen Euro.
Im Falle einer Ordnungswidrigkeit bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße nach dem für die Ordnungswidrigkeit angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so verzehnfacht sich das Höchstmaß der Geldbuße nach Satz 2 für die im Gesetz bezeichneten Tatbestände. Satz 2 gilt auch im Falle einer Tat, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, wenn das für die Ordnungswidrigkeit angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt.

(2a) Im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge oder einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung (§ 123 Absatz 1 des Umwandlungsgesetzes) kann die Geldbuße nach Absatz 1 und 2 gegen den oder die Rechtsnachfolger festgesetzt werden. Die Geldbuße darf in diesen Fällen den Wert des übernommenen Vermögens sowie die Höhe der gegenüber dem Rechtsvorgänger angemessenen Geldbuße nicht übersteigen. Im Bußgeldverfahren tritt der Rechtsnachfolger oder treten die Rechtsnachfolger in die Verfahrensstellung ein, in der sich der Rechtsvorgänger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rechtsnachfolge befunden hat.

(3) § 17 Abs. 4 und § 18 gelten entsprechend.

(4) Wird wegen der Straftat oder Ordnungswidrigkeit ein Straf- oder Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder wird es eingestellt oder wird von Strafe abgesehen, so kann die Geldbuße selbständig festgesetzt werden. Durch Gesetz kann bestimmt werden, daß die Geldbuße auch in weiteren Fällen selbständig festgesetzt werden kann. Die selbständige Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus rechtlichen Gründen nicht verfolgt werden kann; § 33 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(5) Die Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung schließt es aus, gegen sie wegen derselben Tat die Einziehung nach den §§ 73 oder 73c des Strafgesetzbuches oder nach § 29a anzuordnen.

(6) Bei Erlass eines Bußgeldbescheids ist zur Sicherung der Geldbuße § 111e Absatz 2 der Strafprozessordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Urteils der Bußgeldbescheid tritt.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Hat der Täter durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder für sie etwas erlangt und wird gegen ihn wegen der Handlung eine Geldbuße nicht festgesetzt, so kann gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Erlangten entspricht.

(2) Die Anordnung der Einziehung eines Geldbetrages bis zu der in Absatz 1 genannten Höhe kann sich gegen einen anderen, der nicht Täter ist, richten, wenn

1.
er durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung etwas erlangt hat und der Täter für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(3) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist.

(4) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden. § 18 gilt entsprechend.

(5) Wird gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder wird es eingestellt, so kann die Einziehung selbständig angeordnet werden.