vorgehend
Landgericht Landshut, 54 O 755/16, 24.03.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 24.03.2017, Az. 54 O 755/16, aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.578,69 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

Die in M. wohnende Klägerin verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Unfalls in einem Ferienhaus auf Kreta, das über die Internetseite der Beklagten gebucht worden war. Zum Zeitpunkt der Buchung im Jahr 2015 war auf der Internetseite unter dem Namen des Beklagten zu 1) eine Anschrift im Bezirk des Landgerichts Landshut bzw. des Amtsgerichts Freising angegeben. Die Klägerin hat sich vom 22.09.2015 bis 26.09.2015 in dem Ferienhaus aufgehalten. Sie behauptet, sie sei dort in der Nacht vom 23. auf den 24.09.2015 in einen Lichtschacht gestürzt und habe sich den Mittelfußknochen gebrochen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 23.03.2016 Klage zum Landgericht Landshut erhoben. Sie behauptet, die Beklagten wohnten unter der angegebenen Anschrift. Sie ist der Ansicht, die Beklagten müssten sich an den Angaben im Impressum ihrer Internetseite festhalten lassen.

Die Beklagten behaupten, sie wohnten seit 12 Jahren ausschließlich auf Kreta und hätten keinen Wohnsitz in Deutschland; an der von der Klägerin angegebenen Adresse wohne nur der (gleichnamige) Vater des Beklagten zu 1). Sie sind der Auffassung, ausschließlich zuständig seien die griechischen Gerichte, da nach der EuGVVO für Mietstreitigkeiten auch betreffend Ferienwohnungen ausschließlich die Gerichte des Belegenheitsstaates zuständig seien. Soweit Deliktsrecht in Betracht komme, sei ebenfalls die Zuständigkeit griechischer Gerichte begründet.

Das Landgericht hat über die Zulässigkeit der Klage vorab verhandelt und die Klage mit Endurteil vom 24.03.2017 abgewiesen mit der Begründung, die deutschen Gerichte seien nicht zuständig. Ein Wohnsitz der Beklagten im Inland bestehe nicht. Ein Gerichtsstand nach Art. 17, 18 EuGVVO sei nicht gegeben. Die Vertragsverhältnisse seien unklar. Art. 17 EuGVVO betreffe nur vertragliche Ansprüche und sei auf konkurrierende deliktische Ansprüche nur anwendbar, wenn die deliktische Schadenshaftung eine so enge Beziehung zum Vertrag aufwiesen, dass sie von ihm nicht getrennt werden könne. Das sei nicht der Fall. Die Beklagten hätten unwidersprochen vorgetragen, dass die Immobilie auf Kreta nicht in ihrem Eigentum stehe. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich nicht, welche genaue Funktion die Beklagten in Bezug auf die Immobilie ausübten. Die Klägerin habe ihre Ansprüche im Schriftsatz vom 04.04.2016 allein auf die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestützt, um eine Zuständigkeit des Landgerichts beizubehalten. Die beantragte Verweisung an das Amtsgericht Freising, das Landgericht München I oder das Amtsgericht München komme nicht in Betracht, weil aufgrund der unklaren Vertragsverhältnisse die eindeutige Zuständigkeit eines anderen Gerichts nicht geklärt werden könne.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiter verfolgt und hilfsweise Zurückverweisung beantragt an das Landgericht Landshut, hilfsweise an das Landgericht München I, weiter hilfsweise an das Amtsgericht Freising, weiter hilfsweise an das Amtsgericht München.

Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten. Sie bestreiten eine vertragliche Beziehung zwischen der Klägerin und den Beklagten und verweisen darauf, dass die Beklagten keine Reiseveranstalter seien und keine Leistungen erbrächten, die über die reine Gebrauchsüberlassung des Hauses hinausgingen.

Gründe

II.

Die Berufung ist insoweit begründet, als eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte besteht. Zuständig ist nach Art. 17 Abs. 1 c, Art. 18 Abs. 1 Halbsatz 2 EuGVVO n.F. das Landgericht München I. An dieses Gericht wird der Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin zurückverwiesen.

1. Ein ausschließlicher Gerichtsstand gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 EuGVVO besteht nicht.

a) Nach dieser, gemäß Art. 27 EuGVVO von Amts wegen zu berücksichtigenden Vorschrift sind für Verfahren, welche die Miete von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dem die unbewegliche Sache belegen ist.

Der Gerichtsstand der belegenen Sache umfasst zwar grundsätzlich auch kurzfristige Verträge über die Miete von Ferienwohnungen (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 38. Aufl. 2017 EuGVVO Art. 24 Rn. 7 m.w.N). Die Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 EuGVVO ist jedoch nicht anwendbar für Ansprüche aus einem Vertrag, in dem sich ein Reiseveranstalter gegenüber seinen privaten Kunden zur zeitweisen Überlassung eines Ferienhauses verpflichtet, das in einem anderen Vertragsstaat belegen ist und im Eigentum eines Dritten steht. Denn ein solcher Vertrag bringt neben der Überlassung des Gebrauchs weitere Leistungen mit sich: z.B. Auskünfte und Ratschläge, wenn dem Kunden eine Reihe von Angeboten unterbreitet werden, die Reservierung für den vom Kunden gewählten Zeitraum, den Empfang vor Ort etc., und hat deshalb nicht das Gepräge eines Mietvertrages im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 EuGVVO (BGH, Urteil vom 23.10.2012 – X ZR 157/11 – NJW 2013, 308 Rn. 10, 15 m.w.N. Urteil vom 28.05.2013 – X ZR 88/12, MDR 2013, 995 Rn. 12).

b) So liegt der Fall hier: Die Beklagten betreiben eine Internetseite, auf der sie verschiedene, Dritten gehörende Ferienhäuser anbieten, aus denen der Interessent – ggf. nach Beratung durch die Beklagten – eine Auswahl treffen und das gewünschte Haus für den gewählten Zeitraum reservieren kann. Schon diese Leistung geht über die bloße Gebrauchsüberlassung hinaus. Die Beklagten nehmen Vermietung der Objekte an die Kunden im Auftrag der jeweiligen Eigentümer vor, die - wie auch die Eigentümer auch des streitgegenständlichen Ferienhauses - nicht in Griechenland leben, sondern im vorliegenden Fall nach dem Vortrag der Beklagten in Deutschland. Die Beklagten stehen den Gästen auch als Ansprechpartner auf Kreta zur Verfügung. Wie sich aus dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 31.01.2017, S. 3 f. (Bl. 50 f. d.A.) ergibt, sorgen sie - wie im vorliegenden Fall - dafür, dass die Objekte bei Ankunft der Gäste bezugsfertig sind und vergewissern sich, „dass die Gäste zufrieden sind und mit der Villa alles in Ordnung ist“.

2. Die Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz der Klägerin ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 Halbsatz 2 EuGVVO.

a) Die Klägerin macht vertragliche Ansprüche im Sinne des Art. 17 Abs. 1 c EuGVVO geltend. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift vorgetragen, der Mietvertrag über die Ferienvilla auf Kreta sei von dem Mitreisenden S. auch in ihrem Namen geschlossen worden; das haben die Beklagten nicht in Abrede gestellt (vgl. Schriftsatz vom 31.01.2017, S. 3, Bl. 50 d.A.). Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz einen Vertragsschluss auch mit der Klägerin bestreitet, ist das für die Begründung der Zuständigkeit unerheblich, denn dafür reicht es aus, wenn der Kläger vertragliche Ansprüche schlüssig behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011 - XI ZR 172/11, NJW 2012, 455 Rn. 14). In der Klageschrift hat die Klägerin ihre Ansprüche ausdrücklich auf die Verletzung sowohl mietrechtlicher als auch deliktischer Verkehrssicherungspflichten gestützt.

Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 04.04.2016 die Auffassung vertreten hat, dass die Beklagten (auch) aufgrund deliktischer Verkehrssicherungspflichten haften, kann daraus nicht hergeleitet werden, dass sie vertragliche Ansprüche nicht (mehr) geltend machen will, zumal sie hilfsweise Verweisung an das für Mietsachen zuständige Amtsgericht Freising beantragt hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass mit vertraglichen Ansprüchen konkurrierende deliktische Schadensersatzansprüche in den Anwendungsbereich von Art. 17 ff EuGVVO fallen, wenn – wie hier – die deliktische Schadenshaftung eine so enge Beziehung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (BGH, Urteil vom 05.10.2010 – VI ZR 159/09, NJW 2011, 532 Rn. 23; Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O., Art. 17 EuGVVO Rn. 4).

b) Die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 c EuGVVO sind gegeben: Die Klägerin ist Verbraucherin, da sie nicht berufs- oder gewerbebezogen gehandelt hat. Die Beklagten haben ihre gewerbliche Tätigkeit – die Vermietung von Ferienhäusern auf Kreta – (auch) auf Deutschland als den Mitgliedstaat ausgerichtet, in dem die Klägerin ihren Wohnsitz hat. Der in deutscher Sprache gehaltene Internetauftritt wendet sich ersichtlich an Interessenten in Deutschland: Die Internetseite ist in deutscher Sprache abgefasst, die Domaine („www…de“) endet mit der Kennung „de“, es wurde eine deutsche Telefonnummer und zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Buchung auch eine deutsche Adresse angegeben (vgl. EuGH, Urteil vom 07.12.2010 – C-585/08, C-144/08 - NJW 2011, 505 Rn. 83; BGH, Urteil vom 15.01.2015 – I ZR 88/14 - NJW 2015, 2339 Rn. 15, BGH, Urteil vom 10.03.2016 – III ZR 255/12 - NJW 2016, 2888 Rn. 16).

c) Nach Art. 18 Abs. 1 EuGGVO kann die Klägerin entweder am Wohnsitz der Beklagten (Halbsatz 1) oder an ihrem eigenen Wohnsitz (Halbsatz 2) Klage erheben. Eine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts ergibt sich nur aus der zweiten Alternative.

Der Wohnsitz der Beklagten befindet sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Bezirk des Landgerichts Landshut. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die Angabe einer unzutreffenden Adresse im Impressum des Internetauftritts mag einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG) darstellen, wonach Diensteanbieter die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, anzugeben haben. Diese unzutreffende Information ist jedoch nicht geeignet, einen (Wohn-)Sitz und damit einen Gerichtsstand zu begründen.

Der bloße Anschein einer unselbständigen Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung kann zwar eine Zuständigkeit nach Art. 17 Abs. 2 EuGVVO (= Art. 15 EuGVVO a.F.) begründen (h.M., vgl. BGH Beschluss vom 06.06.2007 – III ZR 315/06 juris Rn. 2, m.w.N. zu Art. 15 Abs. 2 EuGVVO a.F.). Diese Vorschrift kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers seinen (Wohn-)Sitz in einem Drittstaat hat. Das ist hier nicht der Fall, denn die Beklagten haben ihren Wohnsitz in Griechenland.

Nach Art. 62 Abs. 1 EuGVVO ist die Frage, ob eine Partei im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Gerichte angerufen sind, einen Wohnsitz hat, nach dem Recht des angegangenen Gerichts - hier also nach deutschem Recht - zu entscheiden. Eine Vorabentscheidung des EuGH dazu, ob bewusst falsche Angaben zum Wohnsitz eine Zuständigkeit nach Art. 24 Nr. 1 Abs. 2 EuGVVO begründen können, ist deshalb nicht veranlasst.

3. Sachlich zuständig ist nach § 71 Abs. 1 i.V.m. § 23 GVG das Landgericht, da der Wert des Streitgegenstands 5.000 € übersteigt (§ 23 Nr. 1 GVG) und eine Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 23 Nr. 2a GVG nicht besteht. Es handelt sich nicht um eine Streitigkeit über ein Mietverhältnis über Wohnraum im Sinne dieser Vorschrift. Voraussetzung dafür ist, dass der Wohnraum zum dauernden Aufenthalt bestimmt ist. Das ist bei einer nur für einen kurzen Zeitraum gebuchten Ferienvilla nicht der Fall (vgl. MüKoZPO/Zimmermann 4. Aufl. 2013 GVG § 23 Rn. 9; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 75. Aufl. 2017 GVG § 23 Rn. 7). Überdies umfasst der Vertrag neben der Gebrauchsüberlassung des Ferienhauses – wie oben unter Ziffer 1 a) ausgeführt – auch weitere Leistungen und weist nicht das Gepräge eines typischen Mietvertrages über Wohnraum auf.

III.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 11. Okt. 2017 - 20 U 1506/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 11. Okt. 2017 - 20 U 1506/17

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Endurteil, 11. Okt. 2017 - 20 U 1506/17 zitiert 7 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 538 Zurückverweisung


(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 23


Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:1.Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Gelde

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht München Endurteil, 11. Okt. 2017 - 20 U 1506/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 11. Okt. 2017 - 20 U 1506/17 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2013 - X ZR 88/12

bei uns veröffentlicht am 28.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 88/12 Verkündet am: 28. Mai 2013 Besirovic Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2010 - VI ZR 159/09

bei uns veröffentlicht am 05.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 159/09 Verkündet am: 5. Oktober 2010 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2012 - X ZR 157/11

bei uns veröffentlicht am 23.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 157/11 Verkündet am: 23. Oktober 2012 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 10. März 2016 - III ZR 255/12

bei uns veröffentlicht am 10.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL III ZR 255/12 Verkündet am: 10. März 2016 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Brüs

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2007 - III ZR 315/06

bei uns veröffentlicht am 06.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 315/06 vom 6. Juni 2007 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Kapsa, Dörr, Dr. Herrmann und Wöstmann beschlo

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - XI ZR 172/11

bei uns veröffentlicht am 29.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 172/11 Verkündet am: 29. November 2011 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Jan. 2015 - I ZR 88/14

bei uns veröffentlicht am 15.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I Z R 8 8 / 1 4 Verkündet am: 15. Januar 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Brüssel-I-VO

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

10
Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO allerdings nicht weiter ausgelegt werden, als es das Ziel der Vorschrift erfordert, denn sie bewirkt, dass den Parteien die ihnen sonst mögliche Wahl des Gerichtsstands genommen wird und sie in bestimmten Fällen vor einem Gericht zu verklagen sind, das für keine von ihnen das Gericht ihres Wohnsitzes bzw. Sitzes ist (EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1977 - C-73/77, Slg. 1977, 2283 = NJW 1978, 1107 Rn. 17 - Sanders/van der Putte, zu Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ; EuGH - Hacker/Euro Relais GmbH, aaO, Rn. 12; EuGH - Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 21; EuGH - Klein/Rhodos Management Ltd., aaO Rn. 15; BGH, Urteil vom 25. Juni 2008 - VIII ZR 103/07, NJW-RR 2008, 1381; Urteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 119/08, NJW-RR 2010, 712). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist deshalb Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Vertrag nicht anwendbar, der zwischen einem gewerblichen Reiseveranstalter und seinem Kunden an dem Ort geschlossen wird, an dem sie ihren Sitz bzw. Wohnsitz haben. Unabhängig von seiner Bezeichnung bringt ein solcher Vertrag nämlich, wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, wenn auch die darin vorgesehene Leistung in der Überlassung des Gebrauchs einer Ferienwohnung für einen kurzen Zeitraum besteht, weitere Leistungen mit sich. Er hat als solche in dem seiner Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit angesehen: Auskünfte und Ratschläge, wenn der Reiseveranstalter dem Kunden eine Reihe von Ferienangeboten unterbreitet, weiter die Reservierung einer Wohnung für den vom Kunden gewählten Zeitraum, die Reservierung von Plätzen für die Beförderung, den Empfang am Ort und gegebenenfalls eine Reiserücktrittsversicherung (EuGH - Hacker/Euro Relais GmbH, aaO Rn. 14).
c) Auch im Streitfall hat sich die Beklagte, ein Reiseveranstalter,

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 88/12 Verkündet am:
28. Mai 2013
Besirovic
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VO (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel-I-VO) Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1,
Art. 22 Nr. 1
Ansprüche eines Verbrauchers gegen einen Reiseveranstalter aus einem Vertrag
, in dem sich der Reiseveranstalter zur zeitweisen Überlassung eines in einem
anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegenen und einem Dritten
gehörenden Ferienhauses verpflichtet hat, können unabhängig vom Umfang
der Nebenleistungen, die der Vertrag mit sich bringt, vor den Gerichten des Mitgliedstaats
, in dessen Hoheitsgebiet der Reiseveranstalter seinen Sitz hat, oder
vor dem Gericht des Ortes geltend gemacht werden, an dem der Verbraucher
seinen Wohnsitz hat (Bestätigung des Urteils vom 23. Oktober 2012 - X ZR
157/11, NJW 2013, 308 = RRa 2013, 70).
BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - X ZR 88/12 - LG Ellwangen
AG Aalen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin
Schuster

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 11. Juni 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, bietet
1
Ferienhäuser auf ihren Internetseiten an. Der in Deutschland wohnhafte Kläger buchte bei ihr für die Zeit vom 10. bis 24. Juli 2010 ein Ferienhaus in Italien, das einem Dritten gehörte. Mit der beim Amtsgericht am Sitz der Beklagten erhobenen Klage ver2 langt der Kläger die Rückzahlung des hälftigen an die Beklagte geleisteten Preises als Minderung und macht geltend, das Ferienhaus habe sich nicht in dem von der Beklagten in der Beschreibung zugesagten Zustand befunden und es seien während seines Aufenthalts weitere Mängel aufgetreten. Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und die Ansprüche für nicht begründet erachtet. Das Amtsgericht hat abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und durch Zwischenurteil seine internationale Zuständigkeit bejaht. Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage als unzulässig begehrt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die internationale Zustän3 digkeit des angerufenen Gerichts ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 Nr. L 12,
S. 1, ber. ABl. Nr. L 307, S. 28 und ABl. 2010 Nr. L 328, S. 36; nachfolgend: Brüssel-I-VO). Der Klageanspruch unterliege nicht der ausschließlichen Zuständigkeit
4
gemäß Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO. Zwar habe zwischen den Parteien ein Reisevertrag bestanden, der lediglich die Anmietung des Ferienhauses zum Gegenstand gehabt habe und damit rechtlich ein Mietvertrag sei, auf den sich auch der geltend gemachte Klageanspruch beziehe. Doch sei Art. 22 Nr. 1 Brüssel-IVO nicht weiter auszulegen, als sein Zweck dies erfordere, da er die Parteien dazu zwingen könne, vor einem Gericht zu prozessieren, das für keine von beiden das Gericht am Sitz bzw. Wohnsitz sei. Das Ziel der Vorschrift, dem mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Gericht die Entscheidung zu übertragen, erfordere in Fällen wie dem vorliegenden eine Anwendung der Bestimmung nicht. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe die Anwendbarkeit der Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO entsprechenden wortgleichen Vorgängerregelung des Art. 16 Nr. 1 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (ABl. Nr. L 99 vom 31. Dezember 1972, S. 32 ff.; nachfolgend: EuGVÜ) verneint, wenn der gewerbliche Reiseveranstalter sich vertraglich verpflichtet habe, eine ihm nicht gehörende und in einem anderen Vertragsstaat gelegene Ferienwohnung dem Kunden für einige Wochen zu überlassen (EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 - Rs. C-280/90, Slg. 1992, I-1111 = NJW 1992, 1029, Rn. 14 f. - Hacker/Euro Relais GmbH). Die vom Gerichtshof angeführten Gesichtspunkte gälten in gleicher Weise für Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO.
5
II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
6
1. Der Bundesgerichtshof hat als Revisionsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ungeachtet der Vorschrift des § 545 Abs. 2 ZPO zu prüfen (BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82 = NJW 2003, 426).
7
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Brüssel-I-VO ergibt und nicht durch die ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO verdrängt wird.
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 23. Oktober 2012 (X ZR 157/11,
8
NJW 2013, 308 Rn. 8 ff.) ausgeführt und näher begründet hat, unterfällt ein Rechtsstreit, in dem ein Verbraucher gegenüber einem Reiseveranstalter Ansprüche aus einem Vertrag geltend macht, in dem sich der Reiseveranstalter zur zeitweisen Überlassung eines in einem anderen Vertragsstaat gelegenen und einem Dritten gehörenden Ferienhauses verpflichtet hat, auf der Grundlage der Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Hacker gegen Euro Relais GmbH nicht der ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO. Der zwischen einem gewerblichen Reiseveranstalter und einem privaten Kunden geschlossene Vertrag bringt - auch wenn er sich nur auf die zeitweise Überlassung eines Ferienhauses und damit auf eine einzige Reiseleistung bezieht - typischerweise weitere (Neben-)Leistungen "mit sich" (vgl. EuGH - Hacker/Euro Relais GmbH, aaO Rn. 14) und trägt damit nicht das Gepräge eines Mietvertrags im Sinne des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO.
b) Auch im Streitfall ist der Bestimmung des international zuständigen
9
Gerichts zugrunde zu legen, dass der Kläger, ein Verbraucher, gegen die Beklagte , einen gewerblichen Reiseveranstalter, Ansprüche aus einem Vertrag geltend macht, in dem sich der Reiseveranstalter zur zeitweisen Überlassung eines in einem anderen Vertragsstaat gelegenen und einem Dritten gehörenden Ferienhauses verpflichtet und die Beklagte nicht lediglich den Abschluss des Mietvertrags zwischen dem Kläger und dem Eigentümer des Ferienhauses vermittelt hat. aa) Reiseunternehmen können als Erbringer von Reiseleistungen in ei10 gener Verantwortung tätig werden, wobei sie sich Dritter als Leistungsträger bedienen können. Sie können aber auch bloß Vermittler solcher Reiseleistun- gen sein. Welche Art von Tätigkeit vorliegt, hängt vom Inhalt und den weiteren Umständen der Vertragsverhandlungen ab. Hierbei ist entscheidend darauf abzustellen , wie das Reiseunternehmen aus der Sicht des Reisenden auftritt. Reiseveranstalter und damit Vertragspartner des Reisevertrags ist derjenige, der aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Reisekunden als Vertragspartei Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - Xa ZR 130/08, NJW 2011, 599 Rn. 9 ff.). bb) Der Kläger hat nach den Ausführungen des Berufungsurteils vorge11 tragen, die Beklagte sei gewerblicher Reiseveranstalter und er habe mit dieser einen "Ferienhausveranstaltungsvertrag" geschlossen, woraus sich ergibt, dass die Beklagte sich nach Behauptung des Klägers zur Überlassung der Ferienwohnung in eigener Verantwortung verpflichtet hatte. Entsprechend hat er gegen die Beklagte und nicht den Eigentümer des Ferienhauses bereits vorgerichtlich Ansprüche wegen der gerügten Mängel des Ferienhauses geltend gemacht. Allein diese schlüssige Behauptung der erforderlichen Tatsachen betreffend die Art der Tätigkeit der Beklagten, die sowohl für die Prüfung der Zulässigkeit als auch der Begründetheit von Relevanz sind, genügt im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit (BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, NJW-RR 2010, 1554 Rn. 8; Urteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07, NJW-RR 2008, 516 Rn. 14). Zudem hat die Beklagte in Übereinstimmung hiermit vorgetragen, ungeachtet ihrer Unternehmensbezeichnung "Ferienhausvermittlung" am Markt so aufgetreten zu sein, dass sie nicht lediglich die Gebrauchsüberlassung vermittle, sondern selbst die Leistung der Bereitstellung der Ferienhäuser erbringe.
c) Da Gegenstand des Rechtsstreits damit Ansprüche aus einem Ver12 trag sind, in dem sich die Beklagte als Reiseveranstalter gegenüber dem Kläger , ihrem privaten Kunden, zur zeitweisen Überlassung eines Ferienhauses, das in einem anderen Vertragsstaat gelegen ist und einem Dritten gehört, verpflichtet hat, unterfällt der Rechtsstreit, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2012 (X ZR 157/11) näher ausgeführt und begründet hat, nicht der ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO. Dem steht das Urteil des Gerichtshofs vom 27. Januar 2000 (C-8/98, Slg. 2000, I-393 = NJW 2000, 2009 - Dansommer AS/Götz) nicht entgegen, wonach die Klage aus Ansprüchen des Eigentümers gegen den Mieter eines Ferienhauses auch dann der ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO (vormals Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ) unterliegt, wenn diese Ansprüche aus abgetretenem Recht von einem gewerblichen Reiseveranstalter geltend gemacht werden. Davon ist der vorliegende Fall zu unterscheiden, in dem aus einem Vertrag geklagt wird, in dem sich der gewerbliche Reiseveranstalter selbst zur Überlassung der Ferienwohnung verpflichtet hat (vgl. Senat, aaO Rn. 16) und dem privaten Kunden als der zur Durchführung und Abwicklung des Vertrags Verantwortliche - beispielsweise als Adressat von Beanstandungen - gegenübertritt. Die damit übernommenen vertragsspezifischen Pflichten gehören ebenso zu den weiteren Nebenleistungen, die ein solcher Vertrag neben der Wohnungsüberlassung für den Veranstalter "mit sich bringt" (EuGH - Hacker/Euro Relais GmbH, aaO Rn. 14) wie sonstige Zusatzleistungen - hier ausweislich der Buchungsbestätigung K1 die Endreinigung und ausweislich der Beschreibung des Ferienhauses Anlage K2 die Bereitstellung des Gemeinschaftspools der Ferienanlage - und die vom Gerichtshof gleichfalls herangezogenen Auskünfte und Ratschläge bei der Unterbreitung verschiedener Angebote, etwa aus einem Ferienhauskatalog.
d) Der Senat ist nicht gehalten, den Rechtsstreit gemäß Art. 267 Abs. 3
13
AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO vorzulegen. Diese Vorschrift entspricht der Vorgängervorschrift des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ, deren Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt ist; sie ist hier lediglich auf den Einzelfall anzuwenden.
14
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO; die Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gegen das Zwischenurteil zu tragen (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 280 Rn. 8 aE).
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
AG Aalen, Entscheidung vom 16.12.2011 - 8 C 613/11 -
LG Ellwangen, Entscheidung vom 11.06.2012 - 1 S 4/12 -
14
cc) Es reicht vielmehr aus, wenn der Kläger vertragliche Ansprüche im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO schlüssig behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13). Das ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist bei autonomer Auslegung des Vertragsbegriffs im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands im Sinne der EuGVVO nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinn erforderlich (so zu Art. 13 Abs. 1 LugÜ I: BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, WM 2011, 1324 Rn. 32). Vielmehr liegen bei autonomer Auslegung - wie der EuGH im Rahmen der Auslegung des Vertragsbegriffs in Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl. 1972 II S. 774; im Folgenden: EuGVÜ) und in Art. 5 Nr. 1 EuGVVO ausgeführt hat - vertragliche Ansprüche (jedenfalls) dann vor, wenn eine Partei gegenüber einer anderen freiwillig eine Verpflichtung eingegangen ist (EuGH, Slg. 1998, I-6511 Rn. 15, 17; NJW 2005, 811 Rn. 51; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13). Der Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO ist in diesem Sinne eröffnet, wenn eine Partei ein verbindliches Angebot macht, das hinsichtlich seines Gegenstandes und seines Umfangs so klar und präzise ist, dass eine Vertragsbeziehung, wie sie die Norm voraussetzt, entstehen kann (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 54). Die Partei muss nur ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, im Fall einer Annahme durch die andere Partei an ihre Verbindlichkeit gebunden zu sein (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 55). Ausreichend ist hierbei eine - aus der maßgeblichen Empfängersicht (vgl. EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 60; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 15 EuGVO Rn. 20) - einseitige Verpflichtung des Gewerbetreibenden, eine wie auch immer geartete rechtliche Verpflichtung des Verbrauchers ist hingegen nicht notwendig (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 54; so auch Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 2; Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 9, Art. 15 Rn. 6; Staudinger/ Magnus, BGB, Bearb. 2011, Art. 6 Rom I-VO Rn. 63; Bach, IHR 2010, 17, 19, 22). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ist nach der Rechtsprechung des EuGH vom nationalen Gericht zu beurteilen (EuGH, Slg.2009, I-3961 Rn. 55); es ist - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann. Zu prüfen ist nur, ob die tatrichterliche Würdigung ver- tretbar ist, nicht gegen die Denkgesetze verstößt und nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 21 mwN).
23
aa) Für eine Anknüpfung an einen Vertrag und die Begründung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ genügt, dass sich die Schadenshaftung allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine Klage, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. EuGH, Ur- teile vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 38, 56; vom 14. Mai 2009, Ilsinger, Rn. 44). Dies entspricht dem Zweck der Sonderregelung der Art. 13 ff. LuGÜ, wonach der Verbraucher als der wirtschaftlich schwächere und rechtlich weniger erfahrene Vertragspartner geschützt werden soll und ihm der Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat (vgl. zum Brüsseler Abkommen EuGH, Urteil vom 19. Januar 1993 - Rs. 89/91 - Slg. 1993 S. 139, Shearson Lehmann Hutton, Rn. 18). Dagegen bezieht sich Art. 5 Nr. 3 LügU nur auf alle nicht an einen Vertrag anknüpfenden Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne, Rn. 22; vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 33; vom 20. Januar 2005, Engler, Rn. 29; Dasser/Oberhammer/Oberhammer, Kommentar zum Lugano - Übereinkommen (LugÜ), 2008, Art. 5 Rn. 20; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO, Rn. 78).
15
Anhaltspunkte dafür, dass ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat, können sich aus dem internationalen Charakter der Tätigkeit des Gewerbetreibenden, der Angabe von Anfahrtsbeschreibungen aus anderen Mitgliedstaaten zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, oder der Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache ergeben. Dabei obliegt es den Gerichten der Mitgliedstaaten zu prüfen, ob diese Anhaltspunkte vorliegen (EuGH, NJW 2011, 505 Rn. 93 - Pammer/Schlüter und Alpenhof/Heller; Urteil vom 17. Oktober 2013 - C-218/12, NJW 2013, 3504 Rn. 31 - Emrek/Sabranovic).
16
a) Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass die von den in Spanien ansässigen Beklagten ausgeübte Vermittlungstätigkeit auch auf Deutschland ausgerichtet war. Dies ist somit im Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Hiervon dürfte im Übrigen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes auch ohne weiteres auszugehen sein. Ob im Einzelfall unter Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen der jeweilige Verbrauchervertrag geschlossen wurde, die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO a.F. erfüllt sind, hat der nationale Richter zu entscheiden (EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - C-218/12 - Emrek, NJW 2013, 3504 Rn. 26, 31). Hierbei handelt es sich zwar um eine grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltene Bewertung. Dessen ungeachtet stellen die Umstände, dass die Beklagten ihre Dienste im Internet unter der Domänenkennung ".com" in deutscher Sprache anboten, auf der betreffenden Webseite als Kontaktmöglichkeit eine E-Mailanschrift mit der Domänenkennung ".de" angaben und sich deutschsprachiger Prospekte bedienten, Indizien für das Ausrichten der Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf einen anderen Mitgliedstaat dar, die der Gerichtshof der Europäischen Union in dem Urteil vom 7. Dezember 2010 in den Sachen Pammer und Hotel Alpenhof (C-585/08 und C-144/09, NJW 2011, 505 Rn. 93) aufgeführt hat. Hinzu tritt, dass die Beklag- tenseite auf ihrer Internetseite eine Berliner Telefonnummer für ihr "Backoffice" angab.
2
1. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 9. Dezember 1987, NJW 1988, 625) ist anerkannt, dass auch der bloße Anschein einer unselbständigen Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ a.F. begründen kann. Für den hier maßgebenden Art. 15 Abs. 2 EuGVVO kann nichts anderes gelten. Das entspricht heute auch ganz herrschender Meinung (vgl. etwa LG Darmstadt ZIP 2004, 1924, 1926; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 13 f.; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht , 8. Aufl., Art. 5 Rn. 108, Art. 15 Rn. 28; Mankowski, EWiR 2004, 1221, 1222; Rauscher/Staudinger, Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 17; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., Art. 15-17 EuGVVO Rn. 7; jew. m.w.N.). Das von der Beschwerde angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 1987 (II ZR 188/86 - NJW 1987, 3081 = ZIP 1987, 1187) ist vor jener Entscheidung ergangen. Ebenso wenig steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. September 1994 (ZIP 1994, 1632) entgegen. Ob ein solcher Anschein tatsächlich begründet worden ist, wie es das Berufungsgericht hier angenommen hat, ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf keiner abschließenden Klärung im Revisionsverfahren. Infolgedessen kommt eine Zulassung der Revision auch im Hinblick auf den von der Beklagten vorgelegten, in der tatsächlichen Bewertung abweichenden Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. Juni 2006 - 4 U 43/06 - nicht in Betracht.

Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt;
2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind;
c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens;
e)
(weggefallen)
f)
(weggefallen)
g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.