vorgehend
Landgericht Traunstein, Az. 36 O 33/16, 10.05.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht Düsseldorf.

Gründe

I. Mit Klageschrift vom 23.11.2015 zum Landgericht Traunstein (Az. 1 HKO 4151/15) begehrt der im Bezirk des Landgerichts Wuppertal wohnhafte Kläger von der nach dem Handelsregisterauszug im Landgerichtsbezirk Traunstein ansässigen Beklagten im Weg der Stufenklage Erteilung eines Buchauszugs, Zahlung der sich aus dem Buchauszug ergebenden Provision, ferner von Schadensersatz wegen vorzeitiger Kündigung sowie Ausgleich. Zugrunde lag dem ein Handelsvertreterverhältnis im Bereich Fräs- und Drehmaschinen. Nach § 19 Abs. 4 des schriftlichen Vertrags aus dem Jahr 2014 war Traunstein als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart.

Die Beklagte geht davon aus, inzwischen den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs erfüllt zu haben.

Mit Schriftsatz vom 26.4.2016 hat die Beklagte erklärt, bereit zu sein, mit dem Kläger den Gerichtsstand Düsseldorf zu vereinbaren und mit einer Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Düsseldorf - Kammer für Handelssachen - auf Antrag des Klägers einverstanden zu sein. Auf den folgenden Verweisungsantrag des Klägers hat sich das Landgericht Traunstein am 27.4.2016 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Parteien könnten als Kaufleute nach § 38 Abs. 1 ZPO die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf vereinbaren. Diese Vereinbarung sei auch „nach Rechtshängigkeit der Klage während des Rechtsstreits jederzeit möglich (OLG Düsseldorf NJW 1961, 2355)“.

Das Landgericht Düsseldorf hat sich seinerseits mit Beschluss vom 10.5.2016 (Az. 36 O 33/16) für örtlich unzuständig erklärt, weil es eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Rechtshängigkeit für unzulässig erachtet und sich an die Verweisungsentscheidung, die es ohne Auseinandersetzung mit der herrschenden Meinung für willkürlich hält, nicht gebunden sieht. Es hat den Rechtsstreit zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Oberlandesgericht München vorgelegt.

II. Die Voraussetzungen für die (örtliche) Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 37 ZPO durch das zuständige Oberlandesgericht München, zu dessen Bezirk das zuerst befasste Landgericht Traunstein gehört, sind gegeben (vgl. nur Zöller/Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 36 Rn. 25 m. w. N.). Es liegen beiderseitige, den Parteien bekannt gegebene Entscheidungen vor, zum einen in Form eines grundsätzlich bindenden Verweisungsbeschlusses nach § 281 ZPO, zum anderen in Form einer abschließenden Verweigerung der Übernahme durch Unzuständigerklärung. Die damit verbundene jeweilige Leugnung der eigenen Kompetenz erfüllt das Tatbestandsmerkmal „rechtskräftig“ in § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (siehe nur BGHZ 102, 338/340 m. w. N.).

Zuständig ist das Landgericht Düsseldorf (Kammer für Handelssachen). An die vom Landgericht Traunstein ausgesprochene Verweisung ist es gebunden. (Objektive) Willkür, die die Bindungswirkung aufheben würde, kann der Senat nicht feststellen.

1. Gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind Verweisungsbeschlüsse im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von verfahrensverzögernden Zuständigkeitsstreitigkeiten unanfechtbar. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (st. Rechtspr.; BGHZ 102, 338/340; BGH NJW 2002, 3634/3635; Zöller/Greger § 281 Rn. 16).

2. Die Bindungswirkung entfällt, wenn der ergangene Beschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (BGH NJW-RR 2013, 764/765; NJW 2002, 3634/3635; Zöller/Greger § 281 Rn. 17 m. w. N.). Dies ist der Fall, wenn er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich erachtet werden muss. Jedoch lässt bloßer Rechtsirrtum die Bindungswirkung nicht entfallen (BGH NJW-RR 2011, 1364; 1992, 902; Zöller/Greger § 281 Rn. 17). Nur bei groben Rechtsirrtümern (z. B. BGH NJW 2002, 3634/3635) fehlt es an der Bindung.

a) Das Landgericht Traunstein war - wie es nicht verkannt hat - nach der ursprünglichen Gerichtsstandsvereinbarung (§ 38 Abs. 1 ZPO) sowie nach § 17 Abs. 1 ZPO das örtlich zuständige Gericht.

b) Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Rechtshängigkeit begründet nach herrschender Meinung (Foerste in Musielak/Voit ZPO 13. Aufl. § 261 Rn. 14: „zweifelhaft“) beim angegangenen zuständigen Gericht nicht dessen Unzuständigkeit und rechtfertigt deshalb auch nicht eine Verweisung (ständige Rechtsprechung des BGH; etwa NJW-RR 2010, 891/892; NJW 2001, 2477/2478; 1963, 585; 1953, 1139/1140; NJW-RR 1995, 513/514; 1994, 126 f.; auch OLG München NJW 1965, 767; OLG Dresden vom 14.3.2011, 3 AR 15/11, juris Rn. 14; OLG Zweibrücken MDR 2005, 1187; Zöller/Greger § 281 Rn. 18; § 261 Rn. 12; Zöller/Vollkommer § 38 Rn. 12; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 37. Aufl. § 281 Rn. 2; § 261 Rn. 16; Geisler in PG ZPO 7. Aufl. § 261 Rn. 16; Roth in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 261 Rn. 37; Bork in Stein/Jonas ZPO 23. Aufl. § 38 Rn. 65; Hk-ZPO/Saenger 6. Aufl. § 261 Rn. 24; Assmann in Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 261 Rn. 113). Maßgeblich dafür ist § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, der im öffentlichen Interesse, nämlich zur Vermeidung der mehrfachen Befassung von Gerichten mit demselben Rechtsstreit, die Parteiendisposition einschränkt. Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit, die im Einzelfall für eine Verlagerung des Rechtsstreits sprechen könnten, ändern hieran nichts. Vielmehr gebührt nach dieser Ansicht der gesetzlichen Regelung der Vorzug (BGH NJW-RR 2010, 891/892; NJW 1965, 585/586).

Die Gegenmeinung, wonach in Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen die Parteien die Möglichkeit hätten, das öffentliche Interesse an der Vermeidung gerichtlicher Doppelbelastungen mit legalen Mitteln zurücktreten zu lassen, indem sie ihre Dispositionsbefugnis im Rahmen von § 38 Abs. 1 ZPO auch aus praktischen Erwägungen ausnutzen könnten, findet sich überwiegend in älterer Rechtsprechung (etwa OLG Düsseldorf NJW 1961, 2355; OLG Celle MDR 1957, 679/680; OLG Oldenburg MDR 1962, 60) und Literatur (Traub NJW 1963, 842; Schneider DRiZ 1962, 410). Sie wird aber auch hin und wieder bis in die Gegenwart vertreten (LG Meiningen vom 25.6.2013, 1 O 1037/12, juris; LG Waldshut-Tiengen MDR 1985, 941; MüKo/Becker-Eberhard ZPO 4. Aufl. § 261 Rn. 92; Wilske/Kocher NJW 2000, 3549/3550).

c) Von einer ganz herrschenden Meinung abzuweichen ist nicht willkürlich. Denn dem deutschen Recht ist eine Präjudizienbildung grundsätzlich fremd; deshalb ist eine Verweisung nicht schon allein aus diesem Grund ohne Bindungswirkung. Vielmehr bedürfte es zusätzlicher Umstände für die Annahme, dass der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGH NJW 2003, 3201/3202; NJW-RR 2002, 1498/1499; OLG Schleswig MDR 2005, 233; OLG Zweibrücken MDR 2005, 1187/1188). Besondere Zurückhaltung ist dort zu üben, wo die Verweisung auf übereinstimmendem - nicht vom Gericht provoziertem - Antrag beruht (BGH FamRZ 1988, 943; vom 26.2.2002, X ARZ 9/02 juris Rn. 12; NJW 2003, 3201/3202; siehe auch Senat vom 5.5.2015, 34 AR 108/15, vom 20.3.2015, 34 AR 42/15).

d) Derartige zusätzliche Umstände sind im Ergebnis nicht feststellbar. Das Landgericht Traunstein hat die - ausschließlich denkbare - abweichende (neue) Zuständigkeit aus einer formlos geschlossenen (§ 38 Abs. 1 ZPO) und „jederzeit möglichen“ Parteivereinbarung unter Kaufleuten nach Rechtshängigkeit hergeleitet und sich zur Begründung seiner Entscheidung darauf beschränkt, das Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW 1961, 2355) zu zitieren. Damit kann zwar von einer Auseinandersetzung mit der gegenteiligen (herrschenden) Ansicht keine Rede sein. Es kann aber auch nicht festgestellt werden, dass das Landgericht bei dieser Prozesslage zwingend Anlass hätte haben müssen, sich damit vertieft zu befassen. So wird vertreten, dass ein völliges Übergehen dieser Frage die Bindungswirkung nicht aufhebt (OLG Schleswig MDR 2005, 233/234). Eine Befassung insofern, als sich der Richter unter Beschränkung auf eine veröffentlichte obergerichtliche Entscheidung - wenn hier auch ohne jede Auseinandersetzung mit anderen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur - einer Mindermeinung anschließt, kann aber ebenso wenig ohne Weiteres die Willkür begründen. Notwendig wäre vielmehr, dass das verweisende Gericht eine etwaige Fehlerhaftigkeit der Verweisung erkennt und trotzdem eine sorgfältige Prüfung seiner Zuständigkeit in der Absicht unterlässt, jedenfalls eine Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses herbeizuführen (vgl. BGH NJW-RR 2010, 891/893). In diesem Fall wären nämlich die gesetzlichen Zuständigkeitsregeln und das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) missachtet, was auch dann nicht hinnehmbar ist, wenn die Parteien übereinstimmend Verweisung beantragen (BGH a. a. O.). Indessen erlauben die Akten nicht den Schluss, dass das Landgericht Traunstein sich bewusst der herrschenden Meinung nur deshalb verschlossen habe, um aus sachfremden Erwägungen die Sache „loszuwerden“. So findet sich die erstmals vom Gericht zitierte Entscheidung in den gängigen Kommentaren (etwa Zöller/Greger § 281 Rn. 18) im Kontext mit der gegenteiligen Auffassung; der zitierte Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf diskutiert seinerseits unterschiedliche Ansichten. Das deutet darauf hin, dass das Landgericht auch die abweichende - herrschende - Ansicht jedenfalls zur Kenntnis genommen hat. Bei unbefangener Betrachtung kann dem Landgericht Traunstein nicht unterstellt werden, es habe sich in dieser Kenntnis der von ihm vertretenen Ansicht aus sachfremden Gründen angeschlossen.

3. Mit der Verweisung an das Landgericht Düsseldorf muss es deshalb sein Bewenden haben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 23. Mai 2016 - 34 AR 65/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Beschluss, 23. Mai 2016 - 34 AR 65/16

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Beschluss, 23. Mai 2016 - 34 AR 65/16 zitiert 10 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Zivilprozessordnung - ZPO | § 261 Rechtshängigkeit


(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. (2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung ge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 38 Zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung


(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtli

Zivilprozessordnung - ZPO | § 37 Verfahren bei gerichtlicher Bestimmung


(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss. (2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht München Beschluss, 23. Mai 2016 - 34 AR 65/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Beschluss, 23. Mai 2016 - 34 AR 65/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2002 - X ARZ 9/02

bei uns veröffentlicht am 26.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ARZ 9/02 vom 26. Februar 2002 in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die

Oberlandesgericht München Beschluss, 20. März 2015 - 34 AR 42/15

bei uns veröffentlicht am 20.03.2015

Tenor Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Lichtenberg. Gründe Auf die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 37 ZPO ergangene Vorlage des Amtsgerichts Lichtenberg vom 11.3.2015 ist dessen Zuständigkeit auszusprechen. De

Oberlandesgericht München Beschluss, 05. Mai 2015 - 34 AR 108/15

bei uns veröffentlicht am 05.05.2015

Tenor Sachlich zuständig ist das Landgericht (München I). Gründe Mit Klageschrift vom 10.7.2014 zum Amtsgericht München machte der Kläger gegen den Beklagten als Betreiber eines Shisha-Cafes in dessen Teileigentum Nu

Referenzen

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 9/02
vom
26. Februar 2002
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. Februar 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

Gründe:


I. Die Klägerin hat Klage beim Amtsgericht G. erhoben, mit der sie von der Beklagten 2.259,68 DM nebst Zinsen verlangt. Sie hat vorgetragen, daß sie von der Beklagten als Teamleiterin für die Messe "C." vermittelt worden sei und auf dem Messestand eines Dritten habe arbeiten sollen. Gegenstand des Rechtsstreits sei die nicht gezahlte, ihr aber zustehende Vergütung aus einem Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien. Die Beklagte hat gerügt, daß das Arbeitsgericht zuständig sei, da nach dem klägerischen Vortrag die Klägerin als Arbeitnehmerin verpflichtet worden sei und sie Arbeitsentgelt geltend mache. Die Klägerin hat hierauf beantragt, die Sache an das Arbeitsgericht H. abzugeben. Die Beklagte hat erklärt, daß gegen die Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht H. keine Bedenken bestünden.
Mit Beschluû vom 15. Oktober 2001 hat sich das Amtsgericht für "funktionell und sachlich unzuständig" erklärt und die Sache an das Arbeitsgericht H. verwiesen. Der Beschluû enthält keine Begründung. Er wurde beiden Parteien zugestellt. Die Akten wurden noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist an das Arbeitsgericht H. übersandt.
Das Arbeitsgericht H. hat am 26. November 2001 beschlossen, daû die Gerichtsakte an das Amtsgericht G. zurückgereicht werde, weil der Rechtsstreit nicht bei ihm anhängig geworden sei. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es unter anderem ausgeführt, daû es eines Beschlusses bedürfe, der begründet und förmlich zugestellt werden müsse, da gegen den Beschluû das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben sei und daher eine Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt werde. Das möge nachgeholt werden. Der Beschluû enthalte keine Begründung und sei auch deshalb greifbar gesetzwidrig.
Das Amtsgericht G. hat daraufhin den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien dem Bundesgerichtshof mit der Bitte um Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist abzulehnen.
1. Der Antrag ist allerdings statthaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Berufungsgerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts ist § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bei negativen Kompetenzkonflikten zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entsprechend anwendbar (BGHZ 17, 168, 170; BAGE 23, 167, 169). Die §§ 17a, 17b GVG stehen dem nicht entgegen. Zwar hat der
Bundesgerichtshof entschieden, daû das Verfahren der Rechtswegverweisung in den genannten Vorschriften abschlieûend geregelt ist (BGHZ 144, 21, 24). Hieraus folgt indes nur, daû die Parteien sich nicht auf das Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO verweisen lassen müssen, solange eine Entscheidung nach § 17a GVG noch mit Rechtsmitteln angefochten werden kann. Soweit solche Rechtsmittel nicht zur Verfügung stehen, kann unter besonderen Voraussetzungen ein Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO hingegen möglich sein (Sen.Beschl. v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, zur Veröffentlichung vorgesehen; Sen.Beschl. v. 26.7.2001 - X ARZ 69/01, NJW 2001, 3631, 3632).
Der Bundesgerichtshof ist als derjenige oberste Gerichtshof des Bundes, der zuerst darum angegangen wird, für die hier zu treffende Entscheidung zuständig (BGHZ 44, 14, 15; Sen.Beschl. v. 26.7.2001, aaO; BAGE 23, 167, 170). Die Neufassung des § 36 ZPO durch Artikel 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts (SchiedsVfG) vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) hat an der früheren Rechtslage insoweit nichts geändert (Sen.Beschl. v. 26.7.2001, aaO; ebenso BAG, Beschl. v. 14.12.1998 - 5 AS 8/98, NZA 1999, 390, 392).
2. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor.
Eine Zuständigkeitsbestimmung nach dieser Vorschrift ist nur zulässig, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Daran fehlt es hier. Das Arbeitsgericht H. hat sich nicht für unzuständig erklärt. Es hat in seinem Beschluû entscheidend darauf abgestellt, daû der Rechtsstreit mangels Anhängigkeit zurückgereicht
werde. Es hat damit ersichtlich den am 26. November 2001 noch fehlenden Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses zum Anlaû für die Rückgabe der Akten genommen. Daû das Arbeitsgericht gegenüber dem Amtsgericht seine Kompetenz zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht abschlieûend geleugnet hat, ergibt sich insbesondere auch aus der im Beschluû gebrauchten Wendung "Das möge nachgeholt werden".
Die entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO kommt regelmäûig nicht in Betracht, wenn ein Gericht seine Zuständigkeit nicht endgültig leugnet, sondern die Anhängigkeit des Rechtsstreits gemäû § 17b Abs. 1 Satz 1 GVG wegen fehlender Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses verneint , da in einem solchen Fall der Streit der beteiligten Gerichte nicht die Zuständigkeit betrifft (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 36 Rdn. 24; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 821).
Die Sache ist daher an das vorlegende Amtsgericht G. zurückzugeben.
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin: Das Amtsgericht G. wird die Akten erneut dem Arbeitsgericht H. vorzulegen haben, nachdem der Verweisungsbeschluû vom 15. Oktober 2001, der den Parteien gemäû § 329 Abs. 3 ZPO zugestellt wurde, inzwischen rechtskräftig geworden ist. Das Arbeitsgericht ist durch die nach Gewährung rechtlichen Gehörs ergangene und nicht offensichtlich gesetzwidrige Rechtswegentscheidung des Amtsgerichts gebunden (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Die Bindungswirkung nach dieser Vorschrift entfällt nicht etwa wegen der fehlenden Begründung des Beschlusses vom 15. Oktober 2001. Zwar hat das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft nicht beachtet, daû der Verweisungsbeschluû nach § 17a
Abs. 4 Satz 2 GVG zu begründen ist. Die Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG besteht jedoch auch bei gesetzwidrigen Verweisungen (BGHZ 144, 21, 24). Die fehlende Begründung läût den Verweisungsbeschluû des Amtsgerichts noch nicht als offensichtlich gesetzwidrig erscheinen, nachdem die Entscheidung im Einvernehmen beider Parteien erging (vgl. BGH, Beschl. v. 23.3.1988 - IVb ARZ 8/88, FamRZ 1988, 943; Schmidt-Aûmann in: MaunzDürig , Kommentar z. Grundgesetz, Art. 103 Rdn. 100).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

Tenor

Sachlich zuständig ist das Landgericht (München I).

Gründe

Mit Klageschrift vom 10.7.2014 zum Amtsgericht München machte der Kläger gegen den Beklagten als Betreiber eines Shisha-Cafes in dessen Teileigentum Nutzungsentschädigung bzw. Miete für Juli 2014 in Höhe von 3.100 € geltend (Az. 461 C 16277/14).

Am 12.2.2015 traf das Amtsgericht einen Beschluss über die Verbindung (§ 147 ZPO) eines weiter anhängigen Verfahrens (Az. 461 C 20308/14), welches Nutzungsentschädigung/Miete für den Monat August 2014 in derselben Höhe zum Gegenstand hat. Ebenfalls am 12.2.2015 setzte das Gericht den Streitwert auf 6.200 € fest, erklärte sich für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit „auf Antrag des Beklagten“ an das Landgericht München I. Zur Begründung wird Geschäftsraummiete, die Streitwerthöhe und ein gemeinsamer Parteiantrag in der mündlichen Verhandlung vom 10.2.2015 (zu Az. 432 C 20308/14) angeführt.

Das Landgericht lehnte mit Beschluss vom 24.2.2015 (Az. 29 O 2639/15) die Verfahrensübernahme mit dem Hinweis darauf ab, dass die Verbindung mehrere Prozesse nach § 147 ZPO im Hinblick auf den Grundsatz der perpetuatio fori die einmal begründete sachliche Zuständigkeit grundsätzlich (Ausnahme: willkürliche Aufspaltung des Prozessstoffs) nicht tangiere. Die dennoch ausgesprochene Verweisung erscheine willkürlich, deshalb ausnahmsweise nicht bindend.

Das Amtsgericht erklärte sich nach Aktenrückgabe am 2.4.2015 erneut für sachlich unzuständig. Namentlich ist es der Meinung, der eigene Beschluss vom 12.2.2015 sei zwar fehlerhaft gewesen, jedoch nicht willkürlich. Das Gericht habe schlicht nicht die vom Landgericht erwähnte Rechtsprechung und Literatur gekannt. Seine Entscheidung sei auch mit dem Gesetz (§ 506 ZPO) nicht völlig unvereinbar oder diesem wesensfremd.

Das daraufhin erneut mit der Sache befasste Landgericht hat am 16.4.2015 die Akten zur Bestimmungsentscheidung (§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II. Auf die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässige (vgl. nur BGH NJW-RR 2013, 764) Vorlage des Landgerichts München I nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 37 ZPO ist die sachliche Zuständigkeit dieses Gerichts auszusprechen. Das Landgericht ist an den ergangenen Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts vom 12.2.2015 wegen § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO gebunden. Dessen Fehlerhaftigkeit mag sich aus der vom Landgericht aufgezeigten Rechtsprechung und Literatur (statt aller: Zöller/Herget ZPO 30. Aufl. § 506 Rn. 2; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 36. Aufl. § 506 Rn. 2; Hk-ZPO/Pukall 6. Aufl. § 506 Rn. 2) ergeben. Indessen fehlt es an Willkür.

1. Gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind Verweisungsbeschlüsse wie der vom12.2.2015 im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von verfahrensverzögernden Zuständigkeitsstreitigkeiten unanfechtbar. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (st. Rspr.; BGHZ 102, 338/340; BGH NJW 2002, 3634/3635; Zöller/Greger § 281 Rn. 16).

Die Bindungswirkung entfällt indessen, wenn der ergangene Beschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (BGH NJW 2002, 3634/3635; Zöller/Greger § 281 Rn. 17 m. w. N.). Dies ist der Fall, wenn er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt, wenn er deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (Beispiele bei Reichold in Thomas/Putzo ZPO 36. Aufl. § 281 Rn. 12; Zöller/Greger § 281 Rn. 17). Eine andere gebräuchliche Umschreibung von Willkür lautet, dass die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheint (z. B. BGH NJW-RR 2002, 1498; 2013, 764). Die - mehr oder weniger kasuistische - Rechtsprechung bejaht dies nicht schon bei bloßem Rechtsirrtum oder bei einer Abweichung von fast einhelliger Rechtsauffassung (vgl. BGH NJW 2003, 3201), hingegen durchaus bei Verkennung einer eindeutigen Zuständigkeitsnorm oder bei fehlender Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, wenn das Gericht von einer einhelligen Rechtsansicht abweicht (Beispiele bei Zöller/Greger § 281 Rn. 17).

a) Nach herrschender, vom Senat geteilter Meinung ist aber in Fällen, in denen das Amtsgericht den Rechtsstreit nach einer vom Kläger beantragten Verbindung mit einer anderen Sache wegen Überschreitung des dann zusammengerechneten Zuständigkeitsstreitwerts (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG) wegen vermeintlicher sachlicher Unzuständigkeit an das Landgericht verweist, der Beschluss für das Landgericht bindend (KG MDR 2007, 173/174; OLG Hamm MDR 2013, 1307; Zöller/Herget § 506 Rn. 2; Schelp in Prütting/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 506 Rn. 3). Das Kammergericht begründet seine Ansicht im dortigen Fall zwar auch damit, dass sich das verweisende Gericht mit entgegenstehender Meinung - ernsthaft - auseinandergesetzt und für seine abweichende Meinung eine Begründung gegeben habe. Indessen weist das Oberlandesgericht Hamm (MDR 2013, 1307) zutreffend darauf hin, dass eine grobe Gesetzwidrigkeit oder ein willkürliches Verhalten angesichts der Bestimmung in § 5 ZPO nicht schon in der Nichtbeachtung der perpetuatio fori (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) bestehe, die in diesem Fall nicht durch § 506 Abs. 1 ZPO außer Kraft gesetzt werde. Es handele sich vielmehr um einen einfachen Rechtsfehler, der die Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO unberührt lasse (OLG Hamm a. a. O.). Der erkennende Senat hat dies in einem vergleichbaren Fall ebenso beurteilt (Beschluss vom 17.1.2014, 34 AR 322/13 - unveröffentlicht).

b) Diese Grundsätze haben auch hier zu gelten. Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss vom 2.4.2015 eingeräumt, dass es die vom Landgericht für die ganz herrschende Meinung zitierte Rechtsprechung und Literatur nicht gekannt habe. Dies deswegen nicht berücksichtigt zu haben mag einen Rechtsfehler darstellen, kann im entscheidenden Fall jedoch noch nicht Willkür begründen, weil § 506 ZPO immerhin eine wenn auch eng begrenzte Durchbrechung des Grundsatzes der perpetuatio fori bildet und es nicht völlig unverständlich erscheint, § 5 ZPO bei isolierter Betrachtung auch auf die sachliche Zuständigkeit bei Verbindung anzuwenden.

c) Hinzu kommt noch, dass die Parteien übereinstimmend nach Verbindung „Abgabe“ an das Landgericht „wegen sachlicher Unzuständigkeit des Amtsgerichts“ beantragt hatten, was zutreffend als Antrag nach § 281 Abs. 1 ZPO zu würdigen war. Soweit das Amtsgericht in seinem Verweisungsbeschluss nur einen Antrag „des Beklagten“ erwähnt, beruht dies auf einem offensichtlichen Versehen. Einverständnis der Parteien mit einer Verweisung beseitigt zwar die aus sonstigen Gründen gegebene Fehlerhaftigkeit der Entscheidung nicht, die Entscheidung beruht dann aber, jedenfalls soweit die Frage zuvor nicht problematisiert war, regelmäßig nicht auf Willkür (BGH NJW 2003, 3201/3202).

Im Interesse der Prozessförderung, dem die Bestimmung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO Rechnung trägt, hat es deshalb bei der landgerichtlichen Zuständigkeit zu verbleiben.

Tenor

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Lichtenberg.

Gründe

Auf die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 37 ZPO ergangene Vorlage des Amtsgerichts Lichtenberg vom 11.3.2015 ist dessen Zuständigkeit auszusprechen. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 27.2.2015 entfaltet nämlich für dieses Gericht Bindungswirkung (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

1. Mit den Beschlüssen vom 27.2.2015 und vom 11.3.2015 liegt eine tatsächliche - verbindliche - Kompetenzleugnung zweier als zuständig in Betracht kommender Gerichte vor. Dies eröffnet den Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (siehe nur Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 36 Rn. 24 f. m. w. N.).

2. Gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind Verweisungsbeschlüsse im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von verfahrensverzögernden Zuständigkeitsstreitigkeiten unanfechtbar. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (st. Rspr.; BGHZ 102, 338/340; BGH NJW 2002, 3634/3635; Zöller/Greger § 281 Rn. 16).

Die Bindungswirkung entfällt indessen, wenn der ergangene Beschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (BGH NJW 2002, 3634/3635; Zöller/Greger § 281 Rn. 17 m. w. N.). Dies ist der Fall, wenn er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Die Rechtsprechung nimmt dies an, wenn Gerichte die endgültige und unwiderrufliche Ausübung des Wahlrechts und die damit herbeigeführte Bindungswirkung für das ausgewählte Gericht nicht beachten (vgl. bereits BGH NJW 1993, 1273; ferner BGH NJW 2002, 3634/3635).

3. Dem vorlegenden Gericht ist zuzugeben, dass das Amtsgericht München sich mit der eigenen Zuständigkeit (§§ 12, 13 ZPO) nicht befasst hat. Vielmehr hat es sich nur mit formelhafter Begründung unter Hinweis auf § 281 Abs. 1 ZPO für örtlich unzuständig erklärt und „an das örtlich zuständige“ Gericht verwiesen. Es hat hierbei nicht erkannt, dass die Klägerseite, wenn mehrere Gerichte örtlich zuständig sind, mit der Bezeichnung im Mahnantrag (§ 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) das ihr zustehende Wahlrecht nach § 35 ZPO ausübt.

a) Ein derartiges Wahlrecht hatte die Klägerin. Zum einen konnte sie den besonderen -gleichwohl nicht ausschließlichen - Gerichtsstand des gemeinsamen Erfüllungsorts (§ 29 Abs. 1 ZPO) für sich in Anspruch nehmen, weil das Bauvorhaben ein Objekt im Bezirk des Amtsgerichts Lichtenberg betrifft (vgl. BGH NJW-RR 2010, 891; Zöller/Vollkommer § 29 Rn. 25 Stichwort: Bauwerkvertrag). Zum anderen hatte die Klägerin aber auch den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten an dessen Wohnsitz in München (§§ 12, 13 ZPO) zur Auswahl. Mit der Angabe des Streitgerichts im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO übt der Gläubiger sein bei mehreren Gerichtsständen gegebenes Wahlrecht nach § 35 ZPO aus (BGH NJW 1993, 1273; NJW 2002, 3634/3635). Rechtshängigkeit ist mit Abgabe an das Amtsgericht München eingetreten (BGHZ 179, 329 Rz. 17 ff.; Zöller/Vollkommer § 696 Rn. 5). Das erloschene Wahlrecht der Klägerseite kann dann nicht mehr durch Antrag nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausgeübt werden (Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 35. Aufl. § 696 Rn. 24). Unkenntnis der Gläubigerseite von einem bestehenden Wahlrecht schützen ebenso wenig wie ein Büroversehen im Bearbeiten des Mahnantrags.

b) Beschlüsse, die die unwiderrufliche Ausübung des Wahlrechts missachten, sind zwar in der Regel als willkürlich zu erachten und binden deshalb entgegen § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht (BGH NJW 2002, 3634/3635; ebenso OLG Brandenburg vom 21.5.2014, 1 (Z) Sa 19/14, bei juris). Auch der Senat hat bereits entsprechend entschieden (etwa Beschluss vom 8.9.2014, 34 AR 127/14). Allerdings ist gerade im Hinblick auf den Vorwurf der (objektiven) Willkür der Einzelfall zu beurteilen und eine gewisse Zurückhaltung zu üben. So fand in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.9.2002 (NJW 2002, 3634/3635 zu II.2.c) zugrunde liegenden Fall eine gerichtliche „Verweisungsprovokation“ statt, während hier die Klägerin von sich aus zugleich mit der Anspruchsbegründung Verweisungsantrag gestellt hatte. Weil nun auch die Gegenseite einer entsprechenden Verweisung vorbehaltlos zustimmte (siehe dazu BGH NJW 2002, 3634/3636), kann dem verweisenden Gericht ohne sonstige - nicht vorhandene - Hinweise aus den Akten nicht unterstellt werden, es habe die bestehende Rechtslage (bewusst) nicht zur Kenntnis genommen und sich ohne weiteres darüber hinweggesetzt. Vielmehr spricht die objektive Aktenlage mehr für einen „einfachen“ Verfahrensfehler, nämlich ein Übersehen des durch die Bezeichnung im Mahnantrag bestimmten Gerichts, der die Bindungswirkung nicht beseitigt (Reichold in Thomas/Putzo § 281 Rn. 11/12 und 14). Auch das vorlegende Gericht dürfte dies ähnlich beurteilen, wenn es davon spricht, das Amtsgericht München habe die bindende Ausübung des Wahlrechts „offenbar übersehen“.

4. Mit Rücksicht auf den gesetzlichen Willen, wie er in § 281 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommt, muss es deshalb bei der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Lichtenberg verbleiben.

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.