Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Jan. 2015 - 20 W 30/15

bei uns veröffentlicht am09.01.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 24.11.2014, Az. 35 O 28438/13, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Kläger und Beschwerdegegner (im Folgenden: Beschwerdegegner) machte gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche geltend. Er beantragte, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 8.400,00 € nebst Zinsen zu verurteilen (Klageantrag zu 1), festzustellen, dass diese Zahlungsverpflichtung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten beruht (Klageantrag zu 2) sowie festzustellen, dass die Beklagten den Kläger gesamtschuldnerisch von den Kosten aufgrund einer etwaigen negativen Auseinandersetzungsbilanz sowie der persönlichen Haftung aufgrund seiner Beteiligung freizustellen haben (Klageanträge zu 3 und 4).

Mit Urteil vom 24.11.2014 (Blatt 154/166 d. A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen und mit Beschluss vom selben Tag (Blatt 156 d. A.) den Streitwert auf 8.400,00 € festgesetzt, da den Feststellungsanträgen neben dem Leistungsantrag kein eigener Wert zukomme.

Gegen diesen Beschluss, den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1 zugestellt am 01.12.2014, haben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1 (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schriftsatz vom 08.12.2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, im eigenen Namen Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert um 2.100,00 € zu erhöhen. Sie sind der Auffassung, dass der Klageantrag zu 2 mit 2.100,00 € zu bewerten sei. Zur Begründung der Beschwerde wird auf den Schriftsatz vom 08.12.2014 (Blatt 167/169 d. A.) Bezug genommen.

Die Prozessbevollmächtigten des Beschwerdegegners haben zu der Beschwerde mit Schriftsatz vom 29.12.2014 Stellung genommen und dabei insbesondere ausgeführt, dass das Landgericht den Streitwert zutreffend bemessen habe; insbesondere sei zu berücksichtigen, dass dem Beklagten zu 1 Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, so dass die Vollstreckungsaussichten faktisch nicht existent seien. Auf den Schriftsatz vom 29.12.2014 (Blatt 170/171 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 05.01.2015 nicht abgeholfen und dabei insbesondere ausgeführt, dass dem Klageantrag zu 2 auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung kein eigener Wert zukomme. Angesichts der dem Beklagten zu 1 bewilligten Prozesskostenhilfe sowie der Tatsache, dass er einer gerichtsbekannten Vielzahl von ähnlichen Verfahren ausgesetzt sei, sei eine Verbesserung der Vollstreckungsaussichten des Beschwerdegegners durch die begehrte Feststellung nicht zu erwarten gewesen. Auf die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses vom 05.01.2015 (Blatt 172/173 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in vollem Umfang unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere haben die Beschwerdeführer berechtigt nach § 68 GKG, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG im eigenen Namen Beschwerde eingelegt.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil das Landgericht bei der Bemessung des Streitwerts zutreffend den feststellenden Klageantrag zu 2 nicht streitwerterhöhend berücksichtigt hat.

a) Ob dem Antrag auf Feststellung, dass eine Zahlungsverpflichtung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhe, neben dem Leistungsantrag auf Zahlung ein eigener Wert zukommt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage 2014, § 3 Rn. 16 „Feststellungsklage“). Im Fall einer Klage analog § 184 InsO, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, bemisst der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 22.01.2009, IX ZR 235/08, NJW 2009, 920) den Streitwert nach den späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers. Diese Rechtsprechung betrifft aber nicht den vorliegenden Fall einer Feststellungsklage außerhalb eines Insolvenzverfahrens, die mit der Leistungsklage kombiniert ist, und ist auf diesen Fall auch nicht übertragbar.

b) Der Senat schließt sich in Fortführung seiner Rechtsprechung (OLG München, Beschluss vom 29.10.2014, 20 W 2094/14) entgegen der von den Beschwerdeführern zitierten Rechtsprechung insbesondere des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.12.2008, 7 W 79/08, NJW-RR 2009, 708, 709) der Auffassung des Landgerichts an, dass der mit der Leistungsklage kombinierten Feststellungsklage kein eigener Wert zukommt (im Ergebnis ebenso OLG Jena, Beschluss vom 05.07.2010, 4 W 277/10, BeckRS 2010, 25429). Der Streitwert des Leistungsantrags (Klageantrag zu 1) bemisst sich - wie auch sonst bei Leistungsklagen - unabhängig von den Vollstreckungsaussichten nach dem Nominalwert der Forderung. Es wird also im Rahmen der Streitwertfestsetzung der Leistungsklage ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse davon ausgegangen, dass der Gläubiger im Falle eines stattgebenden Urteils den Gesamtbetrag seiner Forderung eintreiben kann. Ziel des Feststellungsantrags ist es, für den Fall der Insolvenz des Schuldners sicherzustellen, dass tatsächlich die Forderung möglichst vollständig beglichen wird. Mehr als die Summe, die mit dem Leistungsantrag eingeklagt wird, kann der Gläubiger aber auch im besten Fall nicht erreichen, allenfalls weniger. Leistungs- und Feststellungsklage sind somit auf dasselbe wirtschaftliche Ziel gerichtet, hier darauf, dass die Klägerin von den Beklagten 8.400,00 € erhält. Da sich die Vollstreckungsaussichten, um die es bei dem Feststellungsantrag im Ergebnis geht, auf den Leistungsantrag nicht mindernd auswirken, können sich diese auf den Gesamtstreitwert beider Anträge auch nicht erhöhend auswirken.

III.

Das Verfahren über die Streitwertentscheidung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 32 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

Insolvenzordnung - InsO | § 184 Klage gegen einen Widerspruch des Schuldners


(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2009 - IX ZR 235/08

bei uns veröffentlicht am 22.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 235/08 vom 22. Januar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 184; ZPO § 3 Der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung

Oberlandesgericht München Beschluss, 29. Okt. 2014 - 20 W 2094/14

bei uns veröffentlicht am 29.10.2014

Tenor Die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) und der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 6.10.2014, Az. 35 O 20909/13, werden zurückgewiesen.

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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. Der Schuldner hat dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 235/08
vom
22. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete
Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, bemisst
sich nicht nach dem Nennwert der Forderung. Maßgeblich sind vielmehr die späteren
Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens
und Erteilung der Restschuldbefreiung. Wenn diese als nur zu gering anzusehen
sind, kann ein Abschlag von 75 Prozent des Nennwerts der Forderung angemessen
sein.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 - IX ZR 235/08 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 22. Januar 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. April 2008 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 11.481,19 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Klägerin begehrt gegenüber dem beklagten Schuldner die Feststellung, ihre zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners. Ihre Beschwer beträgt, wie vom Berufungsgericht in tatrichterlich vertretbarer Würdigung angenommen , 11.481,19 € und erreicht nicht den für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgeblichen Wert von über 20.000 € (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Der Heraufsetzungsantrag der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
2
1. Die Frage, nach welchen Maßstäben der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 184 InsO), zu bestimmen ist, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Einhelligkeit besteht nur darin, dass die Bestimmung des § 182 InsO, nach der für den Wert der Insolvenzfeststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter oder einen bestreitenden Gläubiger ausschließlich die zu erwartende Insolvenzquote maßgeblich ist, auf die Klage nach § 184 InsO nicht anzuwenden ist (FK-InsO/Kießner, 5. Aufl. § 182 Rn. 11; MünchKomm-InsO/ Schumacher, 2. Aufl. § 182 Rn. 4; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 182 Rn. 10; Graf-Schlicker, InsO § 182 Rn. 6; HmbKomm-InsO/Herchen, 2. Aufl. § 182 Rn. 3; Braun/Specovius, InsO 3. Aufl. § 182 Rn. 11).
3
a) Eine Ansicht geht davon aus, der Streitwert bemesse sich nach dem Nominalwert der geltend gemachten Forderung abzüglich einer etwaigen Insolvenzquote. Das Interesse des Feststellungsklägers bestehe in erster Linie darin zu verhindern, dass der Insolvenzschuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensperiode von der - bereits titulierten - Schuld befreit wird. Dieses Interesse, den titulierten Anspruch materiell zu erhalten, werde unabhängig von den konkreten Befriedigungsmöglichkeiten durch dessen Höhe bestimmt. Der Streitwert sei daher nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 2, 3 ZPO) zu bestimmen (OLG Hamm NZI 2007, 249; OLG Karlsruhe JurBüro 2007, 648; LG Mühlhausen ZVI 2004, 504; FK-InsO/Kießner, aaO § 182 Rn. 11a; MünchKomm-InsO/ Schumacher, aaO § 184 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Herchen, aaO; Braun/ Specovius, aaO; Musielak/Heinrich, ZPO 6. Aufl. § 3 Rn. 30 Stichwort Insolvenzverfahren ).
4
b) Nach anderer Auffassung ist nicht der Nominalwert der Insolvenzforderung maßgeblich, sondern auf die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung abzustellen. Auch müsse berücksichtigt werden, dass es sich lediglich um eine Feststellungsklage handele und der Schuldner nicht die Forderung an sich bestreite, sondern nur die geltend gemachte vorsätzliche Begehungsweise. Müssten die künftigen Vollstreckungsaussichten "eher zurückhaltend" beurteilt werden, so sei ein deutlicher Abschlag von 75 % gerechtfertigt (OLG Celle ZInsO 2007, 42 [4. ZS]; NZI 2007, 473 [7. ZS]). Diesem Ansatz folgt auch das OLG Rostock (NZI 2007, 358). Es hat jedoch aus einzelfallbezogenen Erwägungen in der angeführten Entscheidung die späteren Vollstreckungsaussichten als sehr günstig angesehen und deshalb nur einen Abschlag von 20 % für gerechtfertigt angesehen. Das LG Kempten (ZInsO 2006, 888) hat den Abschlag auf 80 % bemessen. Auch im Schrifttum wird diese Beurteilung geteilt (HK-InsO/Depré, 5. Aufl. § 182 Rn. 1; Pape, in Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 184 Rn. 113 f).
5
2. Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
6
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass sich bei einer Feststellungsklage die Beschwer des Beklagten danach bemisst, wie hoch oder gering das Risiko einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist (vgl. BGH, Urt. v. 14. Februar 1958 - VI ZR 43/57, VersR 1958, 318; Beschl. v. 28. November 1990 - VIII ZB 27/90, AnwBl 1992, 451; Urt. v. 13. Dezember 2000 - IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316, 317). Die zweifelhafte Realisierbarkeit des festzustellenden Anspruchs ist auch für die Festsetzung des Streitwerts maßgeblich (Hk-ZPO/Kayser, 2. Aufl. § 3 Rn. 15 Feststellungsklage ; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. Stichwort Feststellungsklagen). Dies gilt ebenfalls für die hier in Rede stehende Feststellungsklage nach § 184 InsO. Bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher wird dann, wenn ein Vollstreckungstitel von der Restschuldbefreiung ausgenommen wird, nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckung gegen den Schuldner nicht möglich sein, so dass das wirtschaftliche Interesse an der Feststellung des Anspruchsgrundes als auf unerlaubter Handlung beruhend nicht allzu hoch ist. Dieser allgemein bekannten Erfahrung muss bei der Bemessung des Streitwerts einer Feststellungsklage angemessen Rechnung getragen werden, indem die späteren Vollstreckungsaussichten des Feststellungsklägers nach Erteilung der Restschuldbefreiung für den Schuldner konkret bewertet werden. Können diese anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Lage des Schuldners auch für die Zeit nach Erteilung der Restschuld nicht als günstig angesehen werden, sind deutliche Abschläge vom Nominalwert der Deliktsforderung sachlich gerechtfertigt.
7
Diesen 3. Maßstäben entspricht die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts. Sie beruht offensichtlich auf den aus dem Prozessstoff erkennbaren wirtschaftlichen Gegebenheiten des Schuldners. Der Umstand, dass diese, den landgerichtlichen Beschluss abändernde Entscheidung verfahrensfehlerhaft erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung getroffen wurde, hat sich nicht zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt. Sie hat weder in ihrer Streitwertbeschwerde noch in der Nichtzulassungsbeschwerde Anknüpfungstatsachen vorgetragen oder Gesichtspunkte aufgezeigt, nach denen die Vollstreckungsaus- sichten gegenüber dem Beklagten günstiger beurteilt werden könnten. Es besteht mithin keine Veranlassung, ihr Feststellungsinteresse abweichend von der berufungsgerichtlichen Wertfestsetzung zu beurteilen.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.07.2007 - 10 O 537/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.04.2008 - 7 U 180/07 -

Tenor

Die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) und der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 6.10.2014, Az. 35 O 20909/13, werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Klägerin machte gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche geltend. Sie beantragte, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 12.904,08 Euro zu verurteilen (Klageantrag zu 1.) und festzustellen, dass diese Zahlungsverpflichtung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten beruht (Klageantrag zu 2.).

Mit Urteil vom 6.10.2014 wies das Landgericht die Klage ab. Mit Beschluss vom selben Tag setzte es den Streitwert auf 12.904,08 Euro fest, da dem Feststellungsantrag neben dem Leistungsantrag kein eigener Wert zukomme.

Hiergegen legten sowohl die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) (Schriftsatz vom 17.10.2014) als auch die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (Schriftsatz vom 22.10.2014) Beschwerde ein. Sie sind der Auffassung, dass der Feststellungsantrag mit mindestens 25% des Leistungsantrags zu bemessen sei.

Das Landgericht hat der Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) mit Beschluss vom 21.10.2014 nicht abgeholfen.

II.

Der Durchführung eines Abhilfeverfahrens im Hinblick auf die nach dem Beschluss vom 21.10.2014 eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) bedarf es nicht, weil das Landgericht seine Meinung zu der auf dasselbe Ziel gerichteten Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) bereits im Beschluss vom 21.10.2014 deutlich gemacht hat. Die Durchführung des weiteren Abhilfeverfahrens wäre daher reiner Formalismus.

Die Beschwerden sind zulässig. Dabei geht der Senat davon aus, dass auch die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) die Beschwerde im eigenen Namen aus eigenem Recht eingelegt haben, so wie dies die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) ausdrücklich getan haben, da eine Beschwerde des Beklagten zu 3) gegen eine zu niedrige Streitwertfestsetzung unzulässig wäre (BGH, NJW-RR 1986, 737).

Die Beschwerden sind aber unbegründet. Ob dem Antrag auf Feststellung, dass eine Zahlungsverpflichtung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhe, neben dem Leistungsantrag auf Zahlung ein eigener Wert zukommt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. Nachweise bei Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 3 Rn. 16 „Feststellungsklage“). Im Fall einer Klage analog § 184 InsO, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, bemisst der BGH (Az. IX ZR 235/08) den Streitwert nach den späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers. Diese Rechtsprechung betrifft aber nicht den vorliegenden Fall einer Feststellungsklage außerhalb eines Insolvenzverfahrens, die mit der Leistungsklage kombiniert ist, und ist auf diesen Fall auch nicht übertragbar.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, dass der mit der Leistungsklage kombinierten Feststellungsklage kein eigener Wert zukommt. Der Streitwert des Leistungsantrags (Klageantrag zu 1.) bemisst sich - wie auch sonst bei Leistungsklagen -unabhängig von den Vollstreckungsaussichten nach dem Nominalwert der Forderung. Es wird also im Rahmen der Streitwertfestsetzung der Leistungsklage ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse davon ausgegangen, dass der Gläubiger im Falle eines stattgebenden Urteils den Gesamtbetrag seiner Forderung eintreiben kann. Ziel des Feststellungsantrags ist es, für den Fall der Insolvenz des Schuldners sicherzustellen, dass tatsächlich die Forderung möglichst vollständig beglichen wird. Mehr als die Summe, die mit dem Leistungsantrag eingeklagt wird, kann der Gläubiger aber auch im besten Fall nicht erreichen, allenfalls weniger. Leistungs- und Feststellungsklage sind somit auf dasselbe wirtschaftliche Ziel gerichtet, hier darauf, dass die Klägerin von den Beklagten 12.904,08 Euro erhält. Da sich die Vollstreckungsaussichten, um die es bei dem Feststellungsantrag im Ergebnis geht, auf den Leistungsantrag nicht mindernd auswirken, können sich diese auf den Gesamtstreitwert beider Anträge auch nicht erhöhend auswirken.

III.

Das Verfahren über die Streitwertbeschwerden ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.